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[Volatile] - Inception

‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘
von

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Howl

*Eames*
 

Jobs Zimmer hatte den identischen Schnitt zu ihrem Zimmer, nur gespiegelt. Es war groß, hell, luxuriös und unverschämt teuer eingerichtet. Four Seasons eben...

Wie drüben gab es einen Balkon und eine Art Wohnzimmer, das durch zwei breite Flügeltüren vom Schlafzimmer getrennt war.
 

»Verdammt, Arthur..«, entkam es ihm schockiert, als er sich umsah.

».. der Kerl ist ordentlicher als du. Jetzt sollten wir uns Sorgen machen...«
 

Nichts lag unnötig herum. Seine Armbanduhren waren mit penibel genaue Abstand zueinander auf einem hölzernen Uhrenhalter aufgereiht; die sechs Paar Schuhe glänzten alle und waren alle perfekt aufgereiht nebeneinander aufgestellt. Der Laptop lag in genau rechtem Winkel zur Tischkante, das Zubehör war peinlich gerade und parallel dazu angeordnet.

Irgendeine Art von Zwangsstörung musste wohl dahinter liegen. War nur fraglich, ob sich das eher vor-, oder nachteilig auf ihren Job auswirken würde.
 

*Arthur*
 

»Verdammt, Arthur..«

Arthur hatte Jesse gerade das Ok gegeben, die Kameras im Flur wieder zu aktivieren, als er erschrocken zusammenfuhr und sich Eames zuwandte. Sein Herz hatte einen spürbaren Sprung gemacht. in Erwartung an etwas … Schlimmes?

».. der Kerl ist ordentlicher als du. Jetzt sollten wir uns Sorgen machen...«

Genervt knirschte er mit den Zähnen, erwiderte zunächst aber nichts, sondern blickte sich um. „So ordentlich bin ich gar nicht“, knurrte er schließlich. Sicher mochte er eine gewisse Ordnung. Aber es gab durchaus auch Orte in seiner Wohnung, die weniger ordentlich, vielmehr als geordnetes Chaos beschreiben würde – seine Pinnwand zum Beispiel, oder seine Bücherregale, oder…. Wie auch immer.

Was Emanuel Jobs betraf, musste er Eames recht geben. Diese pedantische Ordnung war auffallend und in gewisser Weise unangenehm. Solche Neurosen entwickelten sich durch ein krasses Elternhaus, entweder überbehütet oder fehlende Zuwendung wie es bei ihm der Fall gewesen war. Er hatte ein seltsames Gefühl hier durch seine Psyche zu laufen. Aber für den Fall war das vielleicht hilfreich. Er dachte an die Schwester, die so verschlossen wirkte. Der Ausflug morgen wurde spannender und spannender. Er ging weiter in den Raum, die Kamera seines Handys gezückt und blickte sich um.

„Verändere ja nichts, sonst weiß er sofort, dass hier jemand drin war“, murmelte er und prägte sich genau ein, wie alles hingerichtet war. Sie würden hier nicht ein Staubkörnchen verändert hinterlassen dürfen, wenn sie unbemerkt bleiben wollten. „Das wird schwierig“, dachte er laut nach. „Menschen, die zu einem so krassen Ordnungszwang neigen, sind absolute Machtmenschen. Sie überlassen nichts dem Zufall und planen alles mehr als präzise. Sie folgen strengen Regeln und Ritualen. Ich könnte mir vorstellen, dass auch das Versteck des Chips und der Zugang zu diesem Chip genau einem solchen Prozess untergeordnet ist. Vermutlich funktioniert auch die Verschlüsselung genau einem klaren Schema, das bei Nichteinhaltung zum Supergau führt, vermutlich dem absoluten Verlust der Daten.“ One Chance – Heaven or Hell! Er spürte ein flaues Gefühl im Magen. Sie hatten definitiv zu wenig Zeit. „Wir müssen im Traum in jedem Fall mehr darüber in Erfahrung bringen. Und vielleicht hilft seine Zwangsstörung da auch. Angenommen wir suggerieren ihm, dass wir ihn aus dem Wellnessbereich hochbringen, weil er Kreislaufschwierigkeiten hat und er findet das Zimmer im Chaos vor, weil der Dieb bereits auf dem Stockwerk unterwegs ist, könnte es bewirken, dass er unkontrolliert handelt und den Chip überprüft. Das wäre eine Chance zu sehen, wie das Ritual funktioniert.“ Er drehte sich zu Eames. „Das bedeutet aber vermutlich auch, dass Mister Foster perfekt funktionieren muss.“
 

*Eames*

„Verändere ja nichts, sonst weiß er sofort, dass hier jemand drin war“

Er hob eine leicht angenervte Augenbraue und sah zu seinem Mister Perfect. Sein Blick sprach so etwas wie: Bitch please, ich bin Profi.

Er steckte trotzdem die Hände symbolisch in die Hosentaschen und schritt bedächtig durch die heiligen Hallen. Alles sah so unberührt aus, nahezu steril. So sauber, dass es schon fast verdächtig wirkte; als wäre Jobs kein Mensch.
 

Mister Foster musste perfekt funktionieren. Da waren sie sich wohl einig.

»Richtig. Ich kümmere mich darum«, bestätigte er bloß, war jedoch viel zu beschäftigt damit sich umzusehen.

Arthurs Konzept war simpel und gut. Das was ein guter Point Man eben tat: Informationen sammeln, Strategieren entwickeln, alles vorbereiten, Möglichkeiten abwägen und dann zurücklehnen, während der Extractor sich mit der Durchführung abmühte. So wie es schien könnte diese Geschichte zu einem regelrechten Spaziergang werden. Sofern sie Jobs dahin bekamen, wo sie ihn brauchten...
 

Eames schlenderte zum Bett herüber, kein Haar auf dem Kissen. Wahrscheinlich gehörte frische Bettwäsche jeden Tag hier zum allgemeinen Service.

Er berührte den kleinen Beistelltisch mit den Fingerspitzen, ertastete das glatte Holz. Dann bückte er sich noch ein Stückchen tiefer, öffnete die kleine Tür und entblößte einen Tresor in der Größe eines Schuhkartons, der eine Einheit mit der Wand hinter der hölzernen Ummantelung bot. Bingo; sein Glück hatte ihn noch nicht verlassen!
 

»Was haben wir denn da?«, dachte er laut und betrachtete das massive Teil eindringlich. Das Schloss war altmodisch; keine Elektronik. So ein Schloss ohne Code zu knacken war machbar, aber er war ungeübt (wozu denn auch, wenn man in Träumen nach den passenden Zahlenkombinationen suchen konnte). Dieses Risiko konnten sie nicht eingehen.

Er holte sein Handy raus, machte ein Foto und schickte es an Jesse und Arthur.

»Könnte was sein.«
 

*Arthur*

Eames vorwurfsvollen Blick ignorierte er gekonnt. Eames traute er durchaus auch zu, dass er auch Jobs‘ Massageöl aus dem Badezimmer mitnahm.

Sein Blick glitt über die Einrichtung, er strich über die Möbel, sprach leise ins Handy, was er für Beobachtungen machte, um später alles perfekt rekonstruieren zu können. Das wird noch viel Arbeit bedeuten, ein wirklicher Spaziergang war das sicher nicht. Nicht, wenn Jobs‘ Zwang mit Misstrauen gepaart war, der ihn zum methodischen Zweifler werden ließ.

Eames lapidares „Ich kümmere mich darum“ wirkte nicht sehr beruhigend auf ihn. Wie Jobs wohl mit seinem Sicherheitschef umging? Warum er wohl zu ihm das größte Vertrauen hatte? Es gab noch do viele Fragen, auf die sie in der kurzen Zeit hoffentlich noch Antwort bekämen.
 

Er war gerade im Bad, als er Eames hörte, der offenbar etwas gefunden hatte. Die Nachricht, die wenig später bei ihm aufleuchtete, verriet ihm, was es war. Genau deshalb war es wichtig gewesen, dass der Forger dabei war. Für so etwas hatte er keinerlei Talent. Es war dieses Gespür für alles Geheime, das er bei ihrer Arbeit an Eames bewunderte – bei sich zu Hause jedoch verfluchte.

Arthur machte Fotos von den Medikamenten, die akkurat im Badezimmer aufgereiht waren. Es war zweierlei. Wie sie funktionieren würden, war noch ein großes Fragezeichen auf der Pinnwand, aber elementarer Bestandteil ihres rudimentären Plans.
 

Er kehrte aus dem Bad zurück ins Wohnzimmer, sich umsehend, wo er eine Wanze anbringen könnte. So recht gefiel ihm keine Option. Dann ging er hinüber zu Eames ins Schlafzimmer. „Ob er wirklich den hauseigenen Tresor für die Lagerung des Chips verwendet?“, fragte er Eames, während er sich auch hier umsah und das Interieur begutachtete. „Ich glaube, er wird kein Vertrauen in das Personal haben. Hat er einen Aktenkoffer dabei? Ich habe hier keinen gefunden.“ Er drehte sich Eames zu. „Ich hätte eine Wanze“, fügte er noch hinzu. „Hast du einen passenden Ort dafür, oder ist es zu heikel?“
 

*Eames*

Er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe, während er den Safe betrachtete. Er wagte es kau, ihn zu berühren. Er fuhr nur einmal mit den Fingern die Kanten ab, um sicher zu gehen, dass er wirklich so massiv war, wie er wirkte. Das Teil war locker 25 Jahre alt, aber ein extrem standhaftes Model. Sollte das Hotel heute in die Luft fliegen und in eine Einzelteile zerlegt werden, würde wahrscheinlich nur dieser Safe übrigbleiben.
 

»Wenn er ihn nicht benutzt, können wir ihn vielleicht dazu kriegen, ihn zu benutzen. Wenn seine aktiven Sicherheitssysteme versagen – seine Bodyguards, sein Aktenkoffer... «, sofern er eben einen solchen besaß.

»...– dann entscheidet sein Unterbewusstsein was der sicherste Ort ist.«
 

Der Vorteil daran wäre, dass sie schon wussten, wo der Tresor war, falls es dazu kommen sollte.

Eames fiel es schwer, sich wieder aufzurichten. Er spürte diesen untrüglichen Drang hinter das Geheimnis dieses kleinen, massiven Dings zu kommen. Diese unbestreitbare Lust in etwas Verborgenes vorzudringen. Besonders viel Respekt vor privaten Dingen hatte er wirklich nicht.
 

Eine Wanze also. Dieser kleine, ausgefuchste Scheißer und seine fantastischen Ideen, mal wieder.

Er stand auf, sah sich zwei, vielleicht drei Sekunden um, steuerte dann auf den Temperaturregler zu. Die Temperatur war auf 18 Grad eingestellt. Keine besonders warme Persönlichkeit, wie es schien.

Er frickelte ein bisschen grob an der Plastikabdeckung herum. Es knackte, dann hob er sie vorsichtig an. Sie war wegen des Displays mit ein paar Kabeln verbunden, aber die Öffnung war eine halbe Hand breit und der Innenraum war für eine moderne Wanze locker groß genug.
 

»Dank mir später«, ließ er noch fallen, in seiner englischsten Arroganz.
 

*Arthur *

Arthur nickte nachdenklich, als Eames seine Gedanken hinsichtlich des Safes mitteilte. Es war eine gute Idee und passte zu ihrem bisherigen Plan. Wenn er gezwungen wäre, seine bisherigen „sicheren Orte“ zu wechseln, würden sie die Rituale sehen können, bevor er den Chip in den Safe legen würde. „Klingt gut“, kommentierte er und wendete den Blick von Eames ab, den er eben dabei beobachtet hatte, wie er den Safe begutachtet hatte – fast zärtlich.

Auch er sah sich um, folgte dem anderen dann aber mit seinem Blick, als er zum Thermostat ging. Er nickte und trat näher, während Eames das Gehäuse abmontierte. Er holte die kleine Dose hervor und öffnete sie.

»Dank mir später.«

Arthur nickte bedächtig, während er das Gefühl von ‚genervt Sein‘ zügelte. Er reichte ihm die Wanze. „Erinner mich bei Gelegenheit daran“, sagte er mit einem eher abfälligen Blick. „Vielleicht hab ich dann Zeit dazu.“ Dann wendete er sich ab und ging noch einmal zum Schreibtisch hinüber. Selbst der Sessel war akkurat hingeschoben, nichts war einfach abgelegt, es war drapiert. Die Stifte gespitzt, feinsäuberlich nebeneinander, parallel zur Tischunterlage. Sein Blick fiel auf den einzigen Gegenstand, der so gar nicht dazu passte: eine Schneekugel. Arthur merkte sich genau den Ort, an dem sie gestanden hatte und hob sie hoch. Zwei Kinder im Schnee – sehr seltsam. Das Chaos, das die Bewegung auslöste schien so gar nicht zum Rest zu passen. Er stellte es wieder hin. „Das hier sollten wir im Traum auftauchen lassen…“, sagte er. „Ich glaube, das könnte von Bedeutung sein. Langsam bin ich wirklich neugierig, was sich hinter diesem Menschen verbirgt.“ Ob er die Schubladen aufmachen konnte? Wenn sich dabei etwas verschob, wäre das schlecht. Dennoch machte er sie vorsichtig, sehr langsam auf. Auch hier herrschte Ordnung, zumindest in der einen Schublade, die gefüllt war. Drei Akten, zwei zu den Menschen, die ihm in NewYork begegnen würden: Alexander Holmes, Gregor Methew

Die letzte war nicht beschriftet, Arthur hob sie vorsichtig heraus, blätterte vorsichtig auf. Es waren Dokumente zum Nachlass seiner Eltern. Er zückte sein Handy und fotografierte. Zumindest schienen diese Unterlagen nicht so bedeutsam zu sein, dass er sie sicherer verwahrte. Arthur erschrak, als sein Handy klingelte - Jesse. „Hm?“, fragte er und versuchte sich so viel wie möglich durchzulesen. „Bernard Marx ist im Anmarsch. Ihr solltet verschwinden…“
 

*Eames*

Er würde ihn sicher nicht noch einmal daran erinnern, wie dankbar er sein sollte, dass er spontan dieses geniale Versteck gefunden hatte. Denn wenn man das große Ganze im Blick behielt, war noch immer er derjenige, der dankbar sein sollte, dass Arthur sich in seiner Freizeit damit beschäftigte, ihm den Karren aus der Scheiße zu ziehen. Natürlich ein äußerst unangenehmer Gedanke, aber er war nicht arrogant genug, um diesen Fakt zu verkennen.
 

Eames sah sich seinerseits um, als Arthur jedoch den Schreibtisch in Augenschein nahm, folgte er ihm.

„Das hier sollten wir im Traum auftauchen lassen…“

Er nickte. Diese Schneekugel wirkte in dieser sterilen Ordnung vollkommen absurd. Es musste einen emotionalen Wert für Jobs haben.

Auch Eames' Neugier war geweckt. Er war sich sicher, dass es kein Kinderspiel werden würde, aber die Erfahrung zeigte, dass sich die meisten Probleme einfach von selbst lösten. Also keine wertvolle Energie damit verschwenden sich unnötig verrückt zu machen.
 

Jesses Anruf versetzte Eames direkt in Alarmbereitschaft. Den Beistellschrank mit dem Tresor hatte er wieder geschlossen, aber die Kappe des Temperaturreglers guckte noch etwas schief zur Seite. Er drückte ihn auf so gut er konnte, aber...
 

»Bloody hell...«

Er hatte es echt geschafft den Verschluss der Kappe zu schrotten. Ein winziges Plastickstückchen war abgebrochen. Er spürte wie sein Herz in die Hose rutschte. Er drückte die Kappe auf, so dass sie gerade eben hielt, aber wenn Jobs auf die Idee kommen sollte die Temperatur zu erhöhen, könnten sie auffliegen. Musste nicht, aber könnte sein.

»Bin so weit!«, bestätigte er und machte sich mit Arthur aus dem Staub.

Raus aus Jobs Zimmer, nochmal rein ins Nebenzimmer und Abwarten.
 

»Guter Mann, dieser Jesse.«

Er atmete erleichtert auf.

»Jetzt könnte ich wirklich einen Drink vertragen...«, und ein paar Schmerzmittel. Es war mal wieder seine Zeit und Arthurs Schläge am Nachmittag hatten ganz schön gesessen.
 

*Arthur*

„Aye, schalt die Kameras in Schleife“, entgegnete er Jesse, dann drückte er das Handy wieder aus. Sehr bedacht schloss er die Akte wieder, schob sie sachte wieder hinein und kontrollierte auf dem Handy, ob das Bild, das er vorher aufgenommen hatte, stimmte. »Bloody hell...« Arthur blickte auf, sah, dass Eames mit dem Regler kämpfte. Seine Stirn zog sich einen Moment kraus. Er hatte vorhin schon bei dem Klicken ein seltsames Gefühl gehabt. War etwas kaputt? Oder bekam der Grobian es nur mal wieder nicht hin, das Gehäuse einzusetzen?

„Mit Feingefühl hast du es nicht so…“, kommentierte er, hörte dann aber Eames »Bin so weit!« Offenbar saß wieder alles am rechten Fleck.
 

Arthur betrat das Zimmer nebenan und schickte Jesse ein „Back again“. „Das kann man wohl sagen“, nickte er und sah Eames an. Ein Drink… Es war gerade mal 20Uhr durch. Eames hatte noch 4 Stunden, bis er sich an Fosters Versen heften würde. Arthur ging zu seinem Koffer hinüber und schaltete die Wanze an, legte ein Tablet auf den Nachttisch. Das Zimmer war noch die ganze Woche gemietet. Die Daten wurden auf das Tablet übertragen, auf das er online würde zugreifen können. „Ne Stunde könnte ich dir noch Gesellschaft leisten. Wollen wir runtergehen? Oder irgendwo anders etwas essen?“ Er hatte noch etwas Zeit, bevor er bei seinem Bastler auflaufen konnte. „Wie bist du auf ihn gekommen?“, fragte er dann ehrlich interessiert nach, während er seine Sachen nahm. Dass sich „Durchgeknallt“ und „Chaos“ gut verstanden, war nicht immer unbedingt gegeben.
 

*Eames*

»Jesse?«, er grinste, als er die rhetorische Frage stellte. Dabei schlenderte er zur Minibar herüber und holte eine kleine Flasche Vodka heraus.

»Wir haben mal zusammen gearbeitet. Das war vor sechs...«, er schraubte die Flasche auf, während er laut nachdachte »... oder sieben Jahren.«, er war sich nicht sicher, ob es klug war noch mehr zu offenbaren. Schließlich konnte er nicht riskieren, dass Arthur ihm oder dem Hacker misstraute.

Er fummelte eine kleine Tablette aus der schier unerschöpflichen Innentasche seines Jacketts und spülte sie mit einem großen Schluck aus der 70-Dollar-Flasche aus dem Kühlschrank herunter. Nur ein Schlückchen für die Nerven.

Er verzog das Gesicht, schüttelte sich kurz.

Der Schmerz wurde stärker. Seine letzte Einnahme lag nun schon ein Weilchen zurück.
 

»Was deinen Termin angeht... ich komm schon zurecht. Geh ruhig, ich esse später.«, ihm war gerade wirklich nicht nach fester Nahrung und wenn Arthur schon von „Gesellschaft leisten“ sprach, fühlte sich Eames als würde er Almosen bekommen. Darauf konnte er gut und gern verzichten.

»Ich bleib einfach hier.«, ein unfreundliches Lächeln flog über seine Züge.

»Du wolltest mich doch heute Abend so wie so rauswerfen, oder?«

Schmerz machte ihn unhöflich, aber er war sich ziemlich sicher, dass es nicht nur das war. Irgendwie war das auch einfach er.

Lately it's hard to let you know that I'll never learn

I am explosive and volatile, I'm on the turn…

(https://youtu.be/f6WB_3sEq64)
 

*Arthur*

Doch schon so lange?! Arthur war überrascht. Aber gut, ihm konnte es recht sein. Dann wussten die beiden offenbar, worauf sie sich miteinander einließen und es funktionierte. Mit einem etwas missbilligenden Blick sah er dem Briten dabei zu, wie er seine Medikamente nahm. Er biss sich auf die Unterlippe, bevor ihm etwas herausrutschte, was jener sicher falsch verstand. Dass Eames sich damit kaputtmachte, war ihm sicher klar. Aber es ging ihn letztlich nichts an – außer es betraf die Arbeit. Und da es hier um Eames Wohlergehen ging, musste jener selbst verantworten, wenn er irgendwann kollabierte.

Noch etwas stieß ihm auf: er bot ihm an, was mit ihm zu trinken, aber offenbar war die Minibar verlockender. Nun, ihm konnte es recht sein. Musste er die Visage nicht den ganzen Abend ertragen, Idiot! Die nächsten Worte bestätigten das Desinteresse an seiner Gesellschaft. So what…

Er ging in Richtung Tür. »Ich bleib einfach hier.« Arthur stutzte. Dieses Lächeln… was sollte das denn jetzt wieder bedeuten?! »Du wolltest mich doch heute Abend so wie so rauswerfen, oder?« Seine Mine verfinsterte sich. Wenn Eames nichts gesagt hätte, wäre es ihm doch letztlich egal gewesen. Besser jener schlief bei ihm, als sonst wo… Wobei er zugegebenermaßen nicht darüber nachgedacht hatte, dass jener hier bleiben könnte. Wieso auch? Und doch wurmte es ihn, dass er das Thema anschnitt.

„Ganz recht!“, sagte er zuckersüß. „Das Problem ist ja nur, dass meine ganze Wohnung mit deinem Zeug zugemüllt ist.“ Gelassen zog er sich seinen Mantel an. „Und um an meinen Ersatzschlüssel zu kommen, müsste ich dir vermutlich an die Wäsche. Also hatte ich mich eigentlich damit abgefunden, dass du morgen irgendwann bei mir aufschlägst. Allerdings kann ich dir gerne deine Sachen noch vorbeischicken. Vielleicht hast du ja noch mehr von Yusufs Wunderpillen in deinem Koffer, die du dringend brauchst. Möchte dir ja nicht im Weg stehen, wenn du dich langsam aber sicher kaputt machst.“ Er richtete sich den Kragen des Mantels und griff nach seinem Koffer. Zeit hier zu gehen! Definitiv!
 

*Eames*

Da spielte es wieder; das alte Lied. Er hatte ein furchterregendes Talent, schöne Dinge in Scheiße zu verwandeln.

„Ganz recht!“

Oh, dieser Ton konnte nichts gutes bedeuten, das war Eames sofort klar. Er spürte bereits, wie es sich zwischen ihnen abkühlte. So schnell kam man von Wut über Leidenschaft über echte Intimität zu Eiseskälte. So in der Art sah wahrscheinlich seine persönliche Hölle aus; Arthur hatte sich anscheinend einen grotesken Platz darin erspielt.
 

Er wollte nicht im Weg stehen, während er sich kaputt machte? War da doch so etwas wie Sorge, hinter dem verletzten Stolz? Erschreckend wie leicht sie aufeinander losgingen... wie fragil ein bisschen Frieden sein konnte. Und doch sah Eames nicht schwarz, trotz des unangenehmen Ziehens, dass sich durch seine rechte Körperhälfte zog wie ein heißer Draht.
 

»Wenn ich mich richtig erinnere, warst du der Letzte, der auf mich eingeschlagen hat, darling.«
 

Ein unnötiger Kommentar. Dieses Spielchen könnten sie ewig weiter spielen, schließlich war nicht ganz auszuschließen, dass er ein paar der Schläge verdient hatte. Außerdem rechtfertigte das sicher nicht seinen unvorsichtigen Mischkonsum.
 

»Tz«, ein abfälliges Zischen. Wenn er „sich selbst kaputt machte“ - er war vielleicht hier und da unvorsichtig, aber er würde sicherlich nicht sang- und klanglos den Löffel abgeben. Immerhin war er nicht irgendein Typ...

»Mach dir keine Sorgen. Kümmern wir uns lieber um den Job.«

War er jetzt übermütig, arrogant oder dramatisch? Wahrscheinlich ein bisschen von allem.

»Wir sehen uns morgen bei dir.«
 

Natürlich würde er den Schlüssel behalten, auch wenn er Arthur in diesem Augenblick gern aus einem Affekt heraus das bescheuerte Ding um die Ohren geschmissen hätte. Allein wegen diesem ungerechtfertigten Vorwurfs. Aber er brauchte diese Brücke... er brauchte die Verbindung zu Arthur, bevor sie wieder einriss und er nie wieder eine Chance bekommen würde.
 

*Arthur*

»Wenn ich mich richtig erinnere, warst du der Letzte, der auf mich eingeschlagen hast, darling.«
 

Arthur blickte einen Moment Eames erstaunt an. Das konnte jetzt nicht sein Ernst sein, oder?! Er hatte in der Tat ein schlechtes Gewissen deswegen, aber er hatte auch allen Grund dazu gehabt, seine Wut an ihm auszulassen. Der Moment des Erstaunens schwand jedoch schnell wieder, bis er den Mund schloss und seine Miene sich versteinerte. Die nun folgenden Worte plätscherten dahin. keine Sorgen bla bla blubb Job bla bla bla morgen bei dir

Andere Worte drängten sich ihm viel präsenter auf: “Gib mir eine Chance!“

‚Wozu? Um mich immer wieder demütigen zu lassen? Damit du dein Ego immer wieder auf meine Kosten aufwerten kannst? Damit du auf mir herumtrampeln kannst, wie es dir passt?‘
 

Arthur griff nach der Türklinke und wollte gehen, dann verharrte er noch kurz.

„Für die Schläge habe ich mich bereits entschuldigt.“

Nichts anderes hatte das „Es tut mir leid,… dass ich dich verletzt habe!“ bedeutet – das und nichts Anderes. „Ich weiß nicht, wie lange ich morgen unterwegs bin. Ich melde mich, dann treffen wir uns – oder auch erst übermorgen.“ Damit verließ er das Zimmer.

Er hatte an diesem Tag, in diesen beschissenen 24Stunden einen entscheidenden Fehler begangen, einen riesigen Fehler. Wie hatte er nur so emotional werden können?! Wie hatte er nur so angreifbar werden können?! Eames würde sich nie ändern und durch das Leben trampeln wie KingKong.

Das ist ja das faszinierende an Kakerlaken: egal wie oft man sie das Klo runter spült, sie schaffen es immer wieder die Schüssel hochzuklettern.

Ja, er war ungerecht, aber im Moment fühlte er das genau so.
 

*Eames*
 

Eames sah schweigend zu, wie Arthur verschwand. Die Pulle noch immer in der Hand, den Verschluss hatte er nur lose zugedreht.

Morgen, übermorgen... wie auch immer. Es spielte keine große Rolle mehr. The damage was done.

Die Leere, die mit Arthurs unschönem Abgang einherging, war erdrückend und schmerzte mehr als er gedacht hätte. Mehr als seine gebrochenen Rippen. Leider hatte er gegen so einen Schmerz keine passende Medizin (jedenfalls nicht, wenn er in vier Stunden fit sein musste).
 

Er zog sein Handy aus der Hosentasche und überlegte angestrengt, ob er Arthur eine Nachricht schreiben sollte. Ob es irgendetwas gab, das die Sache zwischen ihnen wieder besser machen könnte. Aber so verfahren, wie sie waren; so stur und stolz; gab es im Augenblick wahrscheinlich nichts, was sie wieder vereinen könnte. Erst recht nicht, wenn noch so viel zwischen ihnen ungeklärt war.
 

Also konzentrierte sich Eames auf den Job. Er ließ sich den Zimmerservice kommen, aß zu Abend, schlief noch ein paar Stunden und machte sich dann daran Henry Foster nachzustellen.
 

Nach dem Powernap fühlte er sich tatsächlich nicht mehr ganz so fertig; der Schmerz hielt sich auch in Grenzen. Hätten sie sich in diesem Augenblick verabschiedet wäre die Situation wahrscheinlich gänzlich anders ausgegangen. Er erinnerte sich nur zu gern an die müden, sanften Blicke, als Arthur neben ihm auf dem Bett gelegen hatte. Frieden fanden sie wohl nur im Schlaf...
 

Er ließ sich ein paar Hygieneartikel von den Servicekräften besorgen, Dusche, machte sich so schick er konnte, schrubbte die verdammten, schiefen Zähne und verließ das Hotel, um sich noch eine Verkleidung für den Abend zu besorgen. Sein Plan war natürlich nicht mit Arthur abgesprochen, weil er befürchtete, dass es eher weniger Zustimmung dafür gegeben hätte. Aber für andere Ideen hatte er leider keine Zeit.
 

Falsche Zähne, Hut, Brille und eine Ammi-Schnauze pflegen, et voila. Was sollte schief gehen? Der Abend verlief schlussendlich nicht, wie erwartet, aber das konnte Eames nicht aus der Bahn werfen. Es brachte ihn sogar nach vorn und schlussendlich saß er mit Henry Foster an einem Tisch, trank Bier und sinnierte über Football und die scheiß Demokraten und noch einiges mehr...


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