[Volatile] - Inception von -Amber- (‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘) ================================================================================ Kapitel 12: Let me follow ------------------------- [[BILD=8338803.jpg]] *Arthur* Ein Telefon klingelte, der Wagen auf dem Gepäck transportiert wurde, quietschte etwas, Menschen schritten durch die Empfangshalle des Luxus-Hotels. Es schien Abend zu sein. Eine Paar schritt in Smoking und Abendkleid die Stufen hinunter. Offenbar waren sie auf dem Weg in die Oper oder ins Theater. Arthur blickte an sich hinab und hatte einen graublauen Anzug an. ‘Wie die Farbe seiner Augen‘, dachte er bei sich. Dann blickte er sich nach eben jenem „er“ um. *Eames* Die Eiswürfel klimperten, als er die goldbraune Flüssigkeit im Glas schwenkte. Die Bar, an der er saß, war elegant designt. Edles Material, gedeckte, dunkle Farben, klares, aber kein blendendes Licht, Barkeeper und Kellner in Schlips und blütenweißen Hemden. Ein paar Damen in Kleidern, die an die 50er Jahre erinnerten. Er nahm einen Schluck und schmeckte den edlen Tropfen: irischer Whiskey natürlich. Wenn er sich darauf einließe, könnte er sogar betrunken davon werden. Er leerte das Glas schließlich mit seinem nächsten Zug und stellte es ab. Er nickte dem Barkeeper zum Abschied zu und schlenderte dann durch die Lobby, wo er Arthur schließlich entdeckte. Das Totem in seiner Hosentasche fühlte sich fremd an. Die typische Einkerbung an der Seite fehlte und das Gewicht stimmte nicht. Routinemäßige Überprüfung der Lage. »Du verbringst wohl zu viel Zeit in teuren Hotels, Arthur.« Sein Blick schweifte aufmerksam durch die Halle. Sein Unterbewusstsein war unruhig, das spürte er, aber noch kein Grund zur Sorge. Das Paar, das die Treppe hinab schritt, bedachte Arthur mit einem etwas längeren Blick, der wie ein Vorwurf wirkte. Doch auch sie gingen weiter an ihnen vorbei. »Schöne Details, alles nur etwas steif.« *Arthur* Als die Stimme von Eames hinter ihm erklang, drehte sich Arthur um. Er lächelte leicht. "Du ja wohl auch", entgegnete er. "Wohl aber nicht aus denselben Gründen wie ich. Ich war hier schon kurz nach der Eröffnung als Student drin und habe gezeichnet." Ja, er war schon in wirklich vielen Hotels gewesen und hatte deren Architektur studiert. Aber es kam sehr selten vor, dass er darin auch nächtigte und den Komfort genoss. Günstigere Hotels reichten ja auch normalerweise aus, wenn man nicht zu Hause übernachten konnte oder wollte. Wobei er mit Dom grundsätzlich auch in den schickeren Hotels eincheckte – da war er aber nicht die treibende Kraft. Sein Blick folgte dem von Eames' zu dem Paar und er war etwas überrascht, dass er so angesehen wurde. Wehrte sich Eames Unterbewusstsein gegen ihn? Der Forger kannte sicher alle Sicherheitsmaßnahmen und verwendete sie normalerweise auch bei seinen Aktionen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn er es nicht so einfach unterdrücken konnte. Arthur spürte den Holster an seinem Rücken und war sich sicher, eine geladene Clock dort zu finden. Sein Würfel steckte in der Hosentasche und war damit Signal genug, dass er in einem Traum war. Eigentlich trug er ihn immer in der linken Innentasche seines Jacketts. »Schöne Details, alles nur etwas steif.« Arthur sah wieder zu seinem Begleiter. Was sollte er darauf jetzt sagen? War das so schlimm? Musste man das immer und immer wieder erwähnen? "Hast du etwas anderes erwartet?", fragte er gegen. So war er nunmal. So fühlte er sich wohl und sicher. So konnte er gut arbeiten. Und letztlich war das doch genau das, das ihm bei diesem Hotel entgegenkam, oder nicht? Das Four Seasons passte hinsichtlich des Designs ja auch ganz gut zu ihm. Er ging die Stufen hinauf zur Rezeption. "Den Schlüssel zur Presidental Suite bitte“, sagte er zu der Rezeptionistin. „Einen Moment, Mr. Moore“, lächelte ihn die junge Frau an und hole die Schlüsselkarte. Gemeinsam schlenderten sie zu den Aufzügen, um zur Suite hinauf zu fahren. Es dauerte nicht lange, bis einer der Aufzüge kam, um sie nach oben zu bringen. „Das Four Seasons ist so nett, Fotos von allen Suiten ins Netz zu stellen“, sagte er im Aufzug. „Ich habe das bereits angepasst, sofern ich an den Bildern erkennen konnte, aus welchem Material was ist. Wenn ich nachher in sein Zimmer komme, müsste ich den Rest schnell anpassen können.“ Oben angelangt betraten sie die Suite, die einen kleinen Balkon und einen herrlichen Blick über Manhattan offenbarte. „Schlafen die Bodyguards mit in der Suite. Oder haben die etwas extra?“ Platz genug gäbe es in der Suite sicher. *Eames* Ehrlich gesagt hatte er genau das erwartet. Blanke Perfektion, der es an nichts fehlte, außer an der winzigen, chaotischen Komponente, die den sterilen Traum vom wahren Leben unterschied. Doch er wollte nicht urteilen, oder sich gar messen. Seine Träume hatten ganz andere Schwächen... Eames folgte Arthur, die Hände hatte er wie so oft in entspannter Haltung in den Hosentaschen versunken. Der Vorteil am Traum-Raub war, dass das Subjekt sich in der Regel nicht bewusst war, dass es träumte und deswegen nicht auf unlogische Details achtete. Eine Uhr, die rückwärtslief, oder Missachtungen der Naturgesetze. Was den Point Man betraf: er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Ein makelloser Übergang, einwandfreie Physik und Statik. Jobs würde sich umsehen, sogar im unwahrscheinlichen Fall, dass er ein Training absolviert hatte. »Soweit ich weiß, haben die beiden eigene Zimmer auf dem Gang.« Er schlenderte zum Balkon hinüber und sah durch die Glastür nach draußen. »Bezaubernd. Wenn der Fall vorbei ist, sollten wir uns auch eine Nacht hier gönnen. Das Spa-Angebot soll unschlagbar sein.« *Arthur* Arthur blickte auf den Fluchtplan im Zimmer. Auch diesen würde er überprüfen müssen. Sicherheitskonzepte wurden gerne regelmäßig überarbeitet. Dann blickte er zu Eames, der am Fenster stand und hinausblickte. "Eigene Zimmer klingen gut." Wieder etwas, was er klären sollte. Wenn der Chip in einem dieser Zimmer wäre, müssten sie darauf vorbereitet sein. Er war auch zum Fenster gekommen, hatte die letzten Worte in Gedanken etwas hin- und hergeschoben. "Wenn der Fall vorbei ist, und es noch ein WIR gibt, dann könnte ich mich dazu überreden lassen", sagte er und wandte nun den Blick zu Eames. "Ich habe Ariadne versprochen, dass ich mich erholen werde. Wenn ich ihr ein Souvenir mitbringe, würde sie mir vielleicht sogar glauben. Vorausgesetzt, dass du dir mit mir so etwas wirklich antun willst. Ich habe das noch nie gemacht..." Er schmunzelte leicht bei dem Gedanken. Zeit totschlagen mit Nichtstun war eine seltsame Vorstellung. Dann drehte er sich. "Komm, ich zeig dir etwas", sagte er nun und trat durch den Raum zum Flur. Diesen ging er entlang bis zum Fluchtweg. Er deutete auf die Tür zum Treppenhaus. "Hier ist meine endlose Treppe eingebaut, falls er doch Wächter haben sollte." Er machte sich nicht die Mühe, ins Treppenhaus hineinzugehen. Eames kannte sie. "Und hier ist etwas Neues." Er war vor einer Tür mit der Aufschrift "Staff only" stehen geblieben. "Öffne die Tür, schau hinein, schließe sie und öffne sie wieder", wies er den anderen an. Eames würde jedes Mal in einen anderen Personalraum blicken, vier an der Zahl: die Küche, der Spa-Bereich, das Lager oder die Wäscherei. Immer im Wechsel. "Ich bin darauf gekommen, über den Fluss des Herklit. 'Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in den selben - wir sind es und wir sind es nicht.' Die Welt ist in ständiger Bewegung und unterliegt ständiger Veränderung. Warum also nicht eine Tür kreieren, hinter der sich immer etwas verändert, ohne dass wir das Gebäude und damit das Labyrinth verlassen?!" Dass er ein wenig stolz darauf war, konnte man vermutlich sehen. "Lass uns den Wellnessbereich anschauen...", deutete er Eames. *Eames* „...und es noch ein WIR gibt, dann könnte ich mich dazu überreden lassen." Eames ignorierte die Andeutung, dass sie nach dem Fall höchstwahrscheinlich wieder geschiedene Leute waren und antwortete nur mit einem gediegenen: »Great!« Als ob die kalte Schulter nicht ausreichte. Anscheinend legte Arthur es darauf an, noch eins auf die Nuss zu kriegen. Arthurs Erfindung brachte Eames zum ehrlichen Erstaunen. »Man kann nicht zweimal in den selben Fluss steigen.« Er öffnete und schloss die Tür noch einige Male. »Gute Arbeit. Das eröffnet uns ganz neue Fluchtwege.« "Lass uns den Wellnessbereich anschauen..." »Nach dir.« Während sie so durch die Gänge schlenderten, um den nächsten Fahrstuhl zu erreichen : »Erinnerst du dich an unsere Sparring-Sessions?« Er schmunzelte. Der eigentliche Grund, wieso Dream-Sharing vom Militär entwickelt wurde: die Erprobung von Kampftechniken ohne Konsequenzen. Sie hatten früher einige Einheiten damit verbracht und damals war es größtenteils Spaß gewesen. Manchmal hatte Eames es auch als Vorwand gesehen, ein bisschen körperlich mit Arthur zu werden, aber nie auf die creepy-pervert Weise. Schon auf die ‚so fühlt sich ein Kinnhaken an‘-Weise. »Lust auf eine Runde?« *Arthur* Arthur nickte. Das hatte er damit bezweckt. Musste man vor Wächtern fliehen, betrat man einen Mitarbeiterbereich und schloss die Tür hinter sich. Die Wächter würden einen anderen Raum vorfinden. Blöd war nur mitunter, dass Orte wie die Küche unter Umständen neue Wächter hervorbrachten. Und zum anderen war nicht immer günstig, dass Orte wie die Wäscherei unten in den Katakomben waren, so dass man einen langen Weg wieder zurück hatte. Es kam letztlich auf die Situation an, in der man diese Türen nutzte. Ihn freute jedenfalls, dass es funktionierte. Sicher konnte man das ein oder andere daran noch verbessern. Sie liefen die Gänge entlang in Richtung Fahrstuhl. In Gedanken pinnte er auch jetzt seine Wand voll mit Kleinigkeiten, die er noch in Erfahrung bringen musste. Die Frage, ob er sich an ihre Trainingskämpfe erinnere, ließ ihn irritiert aufsehen. Seit Eames ihm gestern über den Weg gelaufen war, erinnerte er ihn permanent an die Dinge aus ihrer Anfangszeit. Der Inder, das Terra Blues, Tokyo, ihre gemeinsamen Stunden, die sie in Traumwelten verbracht hatten. Alles Orte, die voll schöner Erinnerungen waren. Erinnerungen an Situationen, die schön waren, die ihm gefallen hatten, an die er sich heute noch gerne erinnerte, die manchmal den Schmerz vergessen ließen, den er empfunden hatte, als er feststellen hatte müssen, dass sein Vertrauen Eames gegenüber fehl am Platz gewesen war, dass er auch nur Teil eines der vielen Spiele des anderen gewesen war, dass er einfach hintergangen werden konnte, obwohl er sich hatte öffnen wolle. Er nickte leicht, um zu sagen, dass er sich natürlich erinnerte. Nun aber wanderten seine Augenbrauen etwas nach oben. Er war im ersten Moment versucht, abzulehnen und die Arbeit vorzuschieben, die sie eigentlich noch verrichten mussten. Doch warum eigentlich nicht? Hier spielte Zeit nur eine bedingte Rolle. In vierzig Minuten würde sich der Traum vermutlich bereits auflösen, weil sie aufwachen würden. Er war zufrieden mit dem ersten Besuch hier im Hotel. Es sah alles gut aus, auch wenn einiges noch vor Ort überprüft werden musste. Aber das musste nicht hier und jetzt sein. Vermutlich würden sie in den nächsten Tagen hier noch öfters sein. Warum also nicht ein wenig trainieren. Er zuckte mit den Schultern. „Wieso nicht…“, erwiderte er und pikte dem anderen ohne weiter darüber nachzudenken in die Rippen auf der linken Seite. „Hier bist du wenigstens fit und kannst meinen Ansprüchen genügen…“ Er schmunzelte leicht. Eames war ihm schon immer überlegen gewesen. Er hatte damals ordentlich einstecken müssen und heute würde es nicht anders sein – auch wenn er deutlich besser geworden war, noch schneller. Aber vielleicht wäre auch das eine Möglichkeit, Eames wieder jenes Lächeln auf die Lippen zu zaubern, das er vorhin in seinem Arbeitszimmer wegen der Uhren verloren hatte. „Willst du einen Gymnastikraum? Einen Ring? Worauf hast du Lust?“ *Eames* Eames legte sich bereits ein paar Argumente zurecht, falls Arthur verzichten wollte, aber er schien recht schnell überredet zu sein. Vielleicht hatte er selbst das Bedürfnis ein bisschen Frust abzulassen. Sollte Eames nur recht sein. »Pff!«, stieß er abschätzig aus, als Arthur seine Rippen antippte und seine abfällige Bemerkung machte. Es war irgendwie unangenehm, wenn Arthur gegen die Stelle kam, weil er einfach ein unterbewusstes Gefühl mit in den Traum genommen hatte, aber nicht die Brüche an sich. Außerdem war er sich sicher, ihn auch mit kaputten Knochen klein zu kriegen. Er musste nur treffen. Arthur war vielleicht schlanker und flexibler als er und Eames musste sich wirklich anstrengend ihn zu erwischen, aber wenn er ihn dann hatte... Er winkte ab. »Der Hinterhof des Hotels sollte genügen.« Asphalt und Dreck. Hinfallen musste schon wehtun, sonst machte es doch keinen Spaß. *Arthur* »Der Hinterhof des Hotels sollte genügen.« Das 'Bling' der Fahrstuhltür lenkte die Aufmerksamkeit von Eames ab und Arthur betrat den Fahrstuhl, drückte auf die Taste, die sie in den Bereich des Personals bringen würde. Ein Schmunzeln lag auf seinen Lippen. "Some things never change", murmelte er ‚very british‘, vergrub die Hände in den Hosentaschen und wartete geduldig darauf, dass sich die Türen wieder öffneten. Ihr Weg führte sie kurz darauf durch die Personalräume zum Lieferanteneingang. Die Menschen, denen sie begegneten, schienen ihnen wenig Aufmerksamkeit zu schenken, zumindest fiel Arthur nichts Ungewöhnliches auf. Eine nicht ganz so kalte Luft wie in der Realität schlug ihnen entgegen, als sie den Hinterhof betraten. Das riesige Gebäude ragte weit in den Himmel und ließ den Hinterhof mit den Mülltonnen, ein paar Fahrrädern und einem abgestellten Lieferwagen ziemlich düster wirken. Dass Eames sich das hier aussuchte, war mehr als typisch für ihn - fand Arthur. Doch es störte ihn nicht so, wie er im ersten Moment gedacht hätte. Arthur ließ den Kopf kreisen und streckte sein Kreuz leicht. Nun, dann würde er sich wohl ein wenig Prügel abholen. Aber leicht würde er es Eames nicht machen. Definitiv nicht! War ja nicht so, dass er nicht regelmäßig ins Training ging und das schon seit geraumer Zeit. Vielleicht gerade deswegen... Er drehte sich Eames zu, lockerte seine Arme und verlagerte sein Gewicht gleichmäßig auf beide Beine. "Du hast zugenommen, seit du dich vor einem halben Jahr am Flughafen in L.A. nicht verabschiedet hast", sagte er unvermittelt und hob die Hände, während sich automatisch die Bauchmuskeln anspannten. "Kommt mir sicher entgegen." Nur leicht hatte er den linken Fuß nach vorne genommen. Seine Stärke war die Beweglichkeit und Schnelligkeit. Daher stand er frontaler zu seinem Gegenüber, als die Distanzkämpfer das normalerweise taten. Nun wartete er ab. *Eames* Eames hatte keine Ahnung wie der Hinterhof des Four Seasons aussah, aber dieser Ort hier entsprach seiner Vorstellung. Es war vermutlich der dreckigste Ort des Nobelhotels und auch der dreckigste Ort in Arthurs Traum – passender konnten sie es also nicht treffen. Übertragenermaßen ging es ja auch um schmutzige Angelegenheiten. In aller Seelenruhe befreite er sich aus dem khakifarbenen Jackett und legte es über eine der geschlossenen Mülltonnen. Dann krempelte er die Ärmel seines Hemdes hoch und legte die schwere, goldfarbene Armbanduhr ab. "Du hast zugenommen, seit du dich vor einem halben Jahr am Flughafen in L.A. nicht verabschiedet hast" Er schmunzelte und diesmal hatte es etwas Bösartiges. Im Gegensatz zu Arthur machte er keine Anstalten, sich zu dehnen oder seine Beweglichkeit zu erproben. Er legte lediglich den Kopf leicht zur Seite, damit seine Nackenwirbel durchknackten. "Kommt mir sicher entgegen." »Oh darling, wenn du einen Abschiedskuss gewollt hättest, hättest du nur was sagen müssen.« Er hob die Fäuste klassischer Boxer-Stellung; eine Hand zum Schutz unterhalb des Kinns, die Linke für den Gegner. Natürlich improvisierte man viel, wenn man sich spontan verteidigen musste, aber klassisches Boxen war im Grunde das, was Eames als Basis diente. So hatte es für ihn angefangen. Sein Blick fixierte sein Gegenüber mit etwas wie garstiger Vorfreude. Ohne Arthur weiter überlegen zu lassen, machte er einen schnellen Schritt nach vorn und zielte dabei mit der Faust geradewegs auf sein perfektes Gesicht. Dem offensichtlichen Schlag konnte Arthur problemlos ausweichen und teilte im Gegenzug ein paar Fäuste gegen seinen Oberkörper aus, was Eames mit der breiten Außenfläche seines Oberarms abfangen konnte. Als recht unorthodoxen Konter stieß sich Eames direkt mit der Schulter voran mit dem ganzen Körper gegen ihn, um ihn nach hinten zu stoßen. Sein Blut kam in Wallung, genau das, was er sich erhofft hatte. *Arthur* Vielleicht hätte er sich auch seines Jacketts entledigen sollen. Vielleicht hätte er die Knöpfe seines Hemdes öffnen sollen. Aber das mochte Arthur nicht. Letztlich war es hier auch einfach völlig egal, ob etwas schmutzig wurde oder kaputtging. Das schier gruselige Schmunzeln des anderen auf seine Worte hin, war die erhoffte Reaktion. Eames belastete etwas. Besser, wenn er hier Dampf abließ. Wenn er ihn triezte und er wütend würde, hatte er vielleicht eine Chance, doch den ein oder anderen Treffer zu landen. "Hätte ich wohl - wenn es so gewesen wäre", seufzte er. Tatsächlich war es ihm wie immer komisch vorgekommen. Tatsächlich hatte es ihn gewurmt. Tatsächlich hoffte er jedes Mal auf eine Verabschiedung, ein Zeichen, dass er ihm nicht gänzlich gleichgültig war. Tatsächlich hasste er es jedes Mal wieder, das zu denken. Tatsächlich hatte Eames zudem recht: er hätte sich selbst auch verabschieden können. Seine Mutter sagte zurecht immer, dass er sich wie eine Diva verhielt, die erwartete, dass man sich bei ihr meldete. Dass Eames direkt anfing, kam ihm nur gelegen. Er mochte dieses Rumgetänzel und vorsichtige Herantasten nicht wirklich. Arthur duckte sich mit Leichtigkeit weg, setzte gegen, wurde jedoch abgeblockt. Immerhin bewegte sich sein Gegenüber hier im Traum tatsächlich frei. Als er ihn vorhin gepikst hatte, schien die Psyche die Rippenbrüche mitgenommen zu haben. Dass Eames ihm nun körperlich konterte, kannte er schon. Jener hatte letztlich mehr Masse und damit Gewicht, dem er nicht standhalten konnte. War also klar, dass jener das einsetze. Arthur taumelte zwei Schritte nach hinten, bevor er wieder stand und nun versuchte seine Schnelligkeit über zwei linke Gerade auszunutzen, was Eames jedoch mit seiner Schlaghand abfing. Arthur deutete einen weiteren Jab an, drehte sich jedoch dann, um einen Cross Punch zu setzen. Er verfehlte das seitliche Kinn jedoch und spürte recht deutlich den Ellenbogen des anderen in seiner Seite. Schnell drehte er sich weg, um dem Schmerz zu entgehen, duckte sich unter einer nachsetzenden Faust weg, trat nach dem Schienbein des anderen und musste sich dann abrollen, um mit etwas Abstand zwischen ihnen wieder aufzustehen. Schade für den schönen Anzug. *Eames* Es war wie früher, bloß dass Arthur noch viel schneller war, als damals. Verflucht viel schneller und stärker. In ihren Anfängen war Eames dem „Kleinen“ (er war ihm nur klein vorgekommen, weil er so viel schmächtiger gewesen war) wie ein Lehrer entgegengetreten. Durch seinen Dienst bei der British Army hatte er von vornherein mehr Erfahrung und ein dickeres Fell mitgebracht. In wenigen Monaten hatte der Jüngere diesen Nachteil jedoch perfekt ausgeglichen. So wie Prinz Arthur immer alles perfekt machte. Schlussendlich kein Wunder. Ihr Job war hart und erforderte, dass man immer auf Höchstleistung gehen konnte - körperliche Auseinandersetzungen mit inbegriffen. Er hielt die Luft an, als die Faust an seinem Kinn vorbeiflog. Das war knapp gewesen. Er setzte einen Ellbogen nach und traf. Spürte, wie Arthurs Körper, sehnig, hart den Schlag auszubalancieren versuchte. Der Tritt gegen das Schienbein traf ihn unvorbereitet und ihm entkam ein überraschter, schmerzlicher Laut. »Son of a...«, knirschte er und richtete sich humpelnd wieder auf. Er setzte ihm nach, keine Chance lassend, sich zu kalkulieren oder zu sammeln. Eames hörte das Blut in seinen Ohren rauschen – jetzt wurde es persönlich. Er versuchte ihn am Kragen zu fassen zu kriegen, doch Arthur entwich ihm mit Leichtigkeit. Jedes Ausweichen war wie Spott. Er setzte ihm weiter nach, deutete an und bekam ihn dann doch zu fassen. Beide Hände krallten sich wie Schraubstöcke in den Stoff seines Hemdes und des Jacketts; er steckte ein paar üble Tritte und Schläge von Arthur ein, doch Eames steckte sie weg; er schnaufte lediglich vor Anstrengung. Mit einem heftigen Schwung wuchtete er Arthur herum, so dass er rücklinks gegen eine der Mülltonnen landete. Sein Blick glühend direkt das Gesicht seines Gegenübers gerichtet. *Arthur* Ein Schmunzeln huschte ihm über die Lippen, als er sah, dass sein Tritt gut platziert war. Doch wirklich Zeit hatte er nicht, das zu genießen. Eames kam ihm entgegen, suchte kaum die Defensive, sondern suchte seltsamerweise eher die Nähe. Dabei wäre ein Schlag ins Gesicht aus einer gewissen Distanz gegen ihn vermutlich ziemlich effektiv. Wobei seine Schnelligkeit erst einmal ausgetrickst werden müsste. Die half ihm tatsächlich, ein- zweimal den Händen des andren zu entkommen, bevor er auf eine Finte hineinfiel und sich nun am Kragen gepackt wiederfand. Ohne zu zögern versuchte er sich mit Schlägen und Tritten aus dem Klammergriff zu befreien, aber vergebens. Eames zog ihn hoch, wuchtete ihn herum und ziemlich heftig knallte er gegen die Mülltonne. Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch den Körper, als ihm die Luft hinausgepresst wurde und er unsanft auf dem Boden landete. Einen Moment brauchte er, dann richtete er sich auf. Hm, wäre zu schön gewesen, wenn er wirklich etwas gegen ihn hätte ausrichten können. Doch so leicht gab er sich nicht geschlagen. Scheiß Muskelprotz! Den Schmerz ignorierend richtete er sich auf, und seine Augen glühten vermutlich nicht minder als die des anderen. Mit einem kräftigen Antritt ging er auf Eames los, doch diesmal setzte er den Fakt ein, dass er der Architekt war. Ein Mauervorsprung errichtete sich aus dem Nichts, den er als Trittbrett nahm, hochsprang und mit einem Kick gegen die Schulter des anderen, diesen zur Seite abdrängte. Den Schwung balancierte er aus, als er landete, wobei der Schmerz in seinem Rücken ihn einen Moment zischend Luft einsaugen ließ, bevor er sich drehte und Eames heftig in die Seite schlug. Vielleicht nicht die feine englische Art, aber er war Ire, verdammt! *Eames* Eames tastete nach seiner Unterlippe und stellte fest, dass diese aufgeplatzt war. Vollkommen egal im Traum, aber der Schmerz blieb unangenehm. Der nächste Move war unvorhergesehen und ein klares Zeichen, dass sie jetzt beide wirklich ins Spiel eingestiegen waren. Arthur drehte an der Realität des Traumes, erschuf sich einen unfairen Vorteil und verpasste ihm dadurch einen heftigen Tritt, gefolgt von einem Schlag in die Seite, der ungefiltert auf seine kurzen Rippen ging. Er hasste dieses Gefühl... immer wieder dieselbe Scheiße. Er hielt sich die getroffene Stelle und taumelte zur Seite, nach Luft schnappend. Er fing sich einen weiteren Tritt; erst den folgenden konnte er mit dem Unterarm abwehren, während die freie Hand sich zur Faust ballte und kräftig auf Arthurs Brustbein niederschlug. Es musste einfach wehtun. Beide mussten leiden, aus unterschiedlichen Gründen, daran führte kein Weg vorbei. Er atmete schwer, schnaufte eher. Der Schweiß glänzte ihm auf der Stirn. Er spukte Blut und Speichel zur Seite aus. »Komm her!«, brüllte er ihn an, während er zusah, wie Arthur rückwärts schwankte. »Mach schon, du Miststück, trau dich mal was!« *Arthur* Dass Eames sich sammeln musste, musste er ausnutzen und so trat er erneut auf den anderen ein. Dann wurde er unvorsichtig. Der Schlag gegen sein Brustbein trieb ihm erneut die Luft aus den Lungen. Er japste, kurz wurde ihm schwarz vor Augen. Die Worte des anderen hallte in ihm wieder. Er versuchte sich zu sammeln. Langsam kehrte die Luft zurück, langsam fing er sich wieder, wie aus einer Zeitlupe erwachend. Der Solarplexus war also zum Glück nicht getroffen. Er atmete schwer ein, richtete sich langsam auf, der Schmerz in der Brust war ätzend! Ein Knurren löste sich aus seiner Kehle. Dann eben mit Gewalt. Er atmete tief durch, dann ging er auf Eames los. "Dir geb ich Miststück!", fauchte er, während er versuchte, den anderen mit schnellen Kombinationen zu treffen. In jedem Schlag legte er seine ganze Kraft. Einfach nur weh tun! Alles andere war egal! Einfach nur Schmerzen zufügen! Mehr wollte er nicht. Aber gerade das war langfristig zu kurzsichtig. War es nicht das, was Eames provozieren wollte? Ja, das war es, merkte er, als sein Kopf herumflog, sich der metallische Geschmack von Blut in seinem Mund ausbreitete und er das Gefühl hatte, sein Kopf müsse zerspringen. Der Boden kam ihm schneller entgegen, als er reagieren konnte. Scheiße! Er schloss die Augen und blieb einen Moment liegen. Hoffentlich war es das wert! *Eames* Endlich hatte er ihn da, wo er ihn haben wollte. Auch wenn Eames längst nicht mehr klar darüber nachdachte, was er eigentlich wollte, wusste er, dass es genau das war, was er erreichen wollte, als Arthur auf ihn losging. Er steckte ein paar ein, Blut spritzte aus seiner Nase; er gab ein paar aus, traf ihn hart, versenkte seine Faust in dem Gesicht, das ihn ständig in seinen Träumen verfolgte. Arthur wehzutun war genauso quälend, wie erlösend für Eames. Die Schmerzen durch Arthurs Schläge seine gerechte Strafe. Er hatte all das verdient, nichts anderes, als das. Als Arthur auf dem harten Boden aufschlug und Eames keuchend und schwitzend über ihm stand, fühlte er all das Elend wieder über sich hereinbrechen. Es war heilsam und zerstörerisch zugleich. Er kniete sich zu ihm und zog ihn am Kragen hoch in eine halbwegs sitzende Position. Sein Gesicht hatte ein Mosaik aus dunkelroten Blutflecken auf dem dreckigen Asphalt hinterlassen. »Komm schon, Arthur. Tu das nicht.« Dass es immer eskalieren musste. Er wischte ihm ein paar losgelöste, schwarze Strähnen von der Stirn. Sie waren feucht von Schweiß und Blut. Seine Hand zitterte. Dass es nie einfach gut sein konnte. Er hasste sich, während er das malträtierte Gesicht vor sich sah; sein Werk; Arthur der zwischen Ohnmacht und Bewusstsein hin und her glitt. Das Blut ließ seine Haut fast weiß wirken. *Arthur* Seine Augen flackerten, seine Gedanken schwirrten, sein Körper bebte vor Schmerz, vor Adrenalin. Er versuchte, sich wieder aufzurichten, versuchte wieder klar zu denken, versuchte wieder die Augen zu öffnen, aber so recht wollte ihm das nicht gelingen. Sein Gesicht schien ein einziger Schmerz zu sein. Das hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Dass sich Eames neben ihn kniete, bekam er nicht wirklich mit. Er fühlte sich am Kragen gepackt, zuckte zusammen und versuchte die Hände zu heben, als erwarte er weitere Schläge. Doch sie blieben aus. In weiter Ferne eine Stimme, die Worte machten keinen Sinn. Er spürte Finger auf seinem Gesicht, die zärtlicher waren, als erwartet. Erneut versuchte er seine Augen zu öffnen und blickte nun in ein Gesicht, das von ihm in Mitleidenschaft gezogen worden war, ja, doch vor allem verletzlich wirkte. In den Augen des anderen lag eine Mischung aus Sorge und Erleichterung. Ein Lächeln huschte ihm über die aufgeplatzten Lippen. "Geht es dir jetzt wieder besser, du elender Scheißkerl?!", fragte er und schloss die Augen für einen Moment. Es war nicht böse gemeint. Im Gegenteil. Arthur konnte sich durchaus reflektieren. Eames war abhängig von ihm, das wusste er seit er die zahllosen Nachrichten und Kontaktversuche gesehen hatte. Und er genoss diese Abhängigkeit weidlich. Vermutlich würde er sich auch verprügeln, wenn er Eames wäre. Er hatte all das verdient, nichts anderes als das. Ihre verkorkste Situation machte zudem nicht nur Eames aggressiv. Lieber hier den Frust abbauen, der sich zwischen ihnen jedes Mal ansammelte. Lieber hier in einem Traum. Auch wenn ihm andere Träume durchaus lieber wären. Seine Hand, die ihn vorhin vor noch mehr Schlägen hatte schützen wollen, legte sich auf Eames' Wange, glitt über die leicht rauen Bartstoppeln nach hinten in das viel zu weiche Haar des anderen. So zog er sich näher an ihn und in diese 'Umarmung'. Nur einen Moment ausruhen. Nur einen kleinen Moment... Erste Steine flogen neben ihnen zu Boden, während sich der Traum langsam begann aufzulösen. *Eames* Ob es ihm besser ging, fragte er. Eames war hin und her gerissen zwischen Wut und Zweifel und Frustration – offensichtlich hatte Arthur ihn durchschaut und hatte sich so leicht zu einem Match überreden lassen, weil er ahnte, dass Eames wütend auf ihn war. Ob er auch wusste wieso? Ob er auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, was in ihm vorging? Eames knirschte die Zähne vor Verzweiflung. Er strich ihm weitere Strähnen aus dem Gesicht, allein des Kümmerns willen, als könnte es irgendwie dafür sorgen Arthurs Schmerzen zu lindern. Er hätte alles getan. Die Hand an seiner Wange machte alles schlimmer. Nun fühlte er sich erst recht elend. Wie ein dummer Idiot – Arthur hatte wohl Recht was ihn betraf. Und gleichzeitig hasste er Arthur noch mehr dafür, dass er anscheinend wusste, was los war. Dass er es die ganze Zeit gewusst hatte; vielleicht sogar vor Eames selbst. Warum quälst du mich so, wenn du so viel weißt?, dachte er und ließ die Umarmung zu. Eins von Arthurs Paradoxen. Das laute Krachen um sie herum, das elende Biegen und Brechen von massiven Stahlträgern, das jämmerliche Ächzen, als ein Trümmerstück in der Mülltonne neben ihnen einschlug und Eames schlag seine Arme fest um Arthur und atmete zitternd ein und aus. Für einen winzigen Augenblick hatte er eine Idee davon, wie perfekt alles hätte sein können. Alles hätte gut werden können und er wäre jetzt nicht so verdammt einsam und aufgeschmissen. Scherben prasselten auf sie nieder und zerschnitten seinen Rücken, während sich der Himmel über ihnen verdunkelte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich der riesige Gebäudekomplex laut und schwer stöhnend über sie beugte. We can run, forget ourselves Leave them behind, we can make believe Tell our story, live another life And so reappear Take me with you, take me with you Or let me follow (https://youtu.be/Xv0M-5RUFQM) *Arthur* Er war schon auf so viele Arten gestorben, verdammt viele. Er war explodiert, war zerquetscht worden, war in den Tod gesprungen, war erstochen worden, war erschossen worden, hatte sich selbst eine Kugel durch den Kopf gejagt. Dieses Mal war es das erste Mal, dass er sich wünschte, der Tod hätte noch etwas auf sich warten lassen. Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, Dann will ich gern zugrunde gehn! Eames' Arme hielten ihn fest und sie fühlten sich gut an, diese Nähe, die er nie zuließ, fühlte sich so gut an. So gut, dass sich eine unbekannte Verzweiflung in sein Herz schlich und auch nicht verschwand, als er die Augen aufschlug und in seinem Arbeitszimmer erwachte. Sein Herz schlug heftig gegen seine Brust, sein Körper fühlte sich verkrampft an. Der Schmerz, der eben noch so präsent gewesen war, war verschwunden. Ein anderer geblieben. Wirklich unbekannt war dieses Gefühl allerdings nicht, nur sehr sehr gut weggesperrt gewesen. Seine Hand legte sich auf sein Herz, tastete nach dem Würfel in der Brusttasche, der ihn auch daran erinnerte, weshalb er diese Verzweiflung so gut wegsperrte. Sie würde ihn sonst zerfressen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)