[Volatile] - Inception von -Amber- (‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘) ================================================================================ Kapitel 3: Flowers on the Wall ------------------------------ Eames [[BILD=8335854.jpg]] Die Wende kam dann doch überraschend schnell. Kaum hatten sie einmal die höfliche Wiedersehensfreude überwunden. Aber irgendwie bezweifelte Eames, dass das Geld ihn überzeugt hatte. Arthur wirkte eher, als flüchtete er vor etwas, und so wie er das sah, war es wahrscheinlich die nächste unterirdische Performance. »Sure!«, erwiderte er anstandslos und war bereits auf dem Weg um seinen Koffer zu holen, nachdem er gesehen hatte, dass Arthur – wie immer liquide – die Rechnung übernahm. Schmeichelhaft! Auch ihm tat die kühle Luft gut. Sein Kopf fühlte sich ganz heiß an, nach dem ganzen Whiskey und den Zigarren. Er fühlte sich gleich etwas nüchterner. Nur seine Rippen taten jetzt irgendwie mehr weh, aber er hütete sich allzu offensichtlich seine Handfläche auf die Seite zu drücken. Arthur musste nichtzwingend alles wissen, auch wenn er das gern wollte. Ein angestrengter Stöhnlaut entwich ihm lediglich, als er seinen Koffer auf Rollen die Treppen im Eingangsbereich hinab hievte. »Wie wär's mit dem Inder, wo wir vor sechs Jahren waren?«, witzelte er trocken. Bevor sie sich im Terra Blues getroffen hatten, waren sie sich beim Kabab Bites gewesen und hatten sich die Bäuche vollgeschlagen. Vier Straßen weiter, keine zehn Minuten mit dem Taxi entfernt. Aus diversen Gründen hatten sich gewisse Details dieses Abends perfekt in sein Gedächtnis eingebrannt. Andere wiederum entschwanden ihm und er war sich sicher, dass das auch gut so war. »Du verstehst heute keinen Spaß oder? Dann nehmen wir den Mexikaner in der Kanmere Street«, beschloss er und hob den Arm, um ein Taxi auf sich aufmerksam zu machen. Er war vielleicht nur einmal mit Arthur in New York ausgegangen, hatte aber selbst mal für kurze Zeit ein kleines Domizil in Manhatten bezogen. Das war ungefähr.. zwei Jahre her? Manchmal rannte die Zeit einfach, ohne dass man einmal Halt machen konnte, um nach links und rechts zu sehen. Arthur [[BILD=^8335420.jpg]] Die Irritation, die er vorhin schon verspürt hatte, kam wieder auf, als er beobachtete, wie Eames den Koffer hinabtrug. Er übersah etwas, irgendwas. Als er das Stöhnen vernahm, begriff er: Eames hatte Schmerzen, eine Verletzung oder sonst etwas. Wie sonst könnte der breitschultrige Mann stöhnen, weil er einen Koffer die Treppen hinuntertrug. Nicht dieser Mann, der gewohnt war einzustecken, der schon viel eingesteckt hat, und dessen so schön bemuskelter Nacken allein schon Arthur zeigte, dass er ein Kraftpaket war (an den schönen Rücken und den fein definiert bemuskelten Bauch dachte er lieber gar nicht erst). Einen Augenblick legte er den Kopf schief, wollte schon etwas sagen, schluckte aber die spitze Bemerkung hinunter. ‘Die Menschen wollen nicht immer die absolute Wahrheit hören. Sie wollen manchmal belogen werden. Und sie wollen nicht auf all ihre Fehler aufmerksam gemacht werden.‘ Ariadnes Worte kamen in ihm hoch. Sie konnte besser mit Menschen als er. Und vielleicht hatte sie recht. Er stieß vielen Menschen vor den Kopf, wenn er sie mit Tatsachen konfrontierte, die diese gerne unter den Tisch gekehrt hätten. Besonders wenn er es mit Idioten wie Bauleitern zu tun hatte…. Vielleicht war das bei Eames auch gerade so. Vielleicht sollte er die Dinge, die er sah, einfach mal nicht ansprechen. Vielleicht hatte jener vorhin deshalb erstaunt reagiert, als er Arthurs Sicht auf ihre ‚Beziehung‘ gehört hatte. Wobei Arthur eigentlich klar war, weshalb Tom da so reagiert hatte. Für jenen waren sie Freunde. Und er hatte ihm oft gezeigt, wie ‚wichtig‘ er ihm war. Er hatte oft gesagt, wie sehr er ihn wollte. Das war ihm alles einmal bewusst geworden. Und beinahe wäre er darauf hereingefallen. Doch er würde eines besseren belehrt. Eames kam nur zu ihm, wenn er ihm nützlich war - sei es als Point Man oder als Was auch immer er in ihm sah. Er meldete sich entweder für einen Job, oder wenn er betrunken war und sich sein Ego meldete, dass er ihn noch nicht rumgekriegt hatte. Bei der Antwort des anderen verzog Arthur keine Miene. Der Inder… Er schluckte. Es war gar nicht so einfach, friedlich zu sein, wenn der andere es nicht tat. Auch das Essen war eine eigentlich schöne Erinnerung. Eine Erinnerung an zu viele kitschige Deko, grell bunte Lichter, sehr gutes Essen und viel Gelächter. Er war schön gewesen dieser Abend. Nicht nur wegen Eames, aber hauptsächlich. Bis jener es wieder hatte übertreiben müssen. Wieso fuhr er damit auf? War das seine neue Art, ihn zu ärgern? Wollte er testen, wie er reagierte? Bei der Inception hatte der Forger es nie lassen können, zu sticheln, während sich Arthur um Professionalität bemüht hatte. Es war schließlich um Dom gegangen! Da hatte für nichts anderes Platz gehabt. Heute aber wurde das Sticheln zielgerichteter. Warum wollte er ihn ständig an die Zeit vor Tokyo erinnern? An den Abend vor sechs Jahren und die Zeit danach? Hing das auch damit zusammen, dass der Mensch gerne selektiv wahrnahm und sich nur an das Schöne erinnerte? Arthur schwieg vielsagend – offensichtlich reichte Eames das als Antwort, so dass er fortfuhr. „Nein, nicht wirklich“, entgegnete er trocken. „Mein Abend wird gerade gecrasht, der erste freie Abend seit 6 Monaten. Was erwartest du?! Aber Mexikaner klingt gut.“ Er hatte ein Bild vor Augen, das „La Esquina“. Noch war er dort nicht essen, was verwunderlich war für jemanden, der nur sehr selten (eigentlich nie) für sich kochte. Der Laden wirkte von außen eher wie ein in ein Diner gepresstes Restaurant mit Straßenverkauf – was er vermutlich auch war. Die fehlenden Buchstaben in der Werbung über der Tür wirkten nicht, als sei es dort besonders gepflegt. Aber er hatte schon von mehreren Seiten gehört, dass das Essen fantastisch sein solle. „Moment!“, sagte er nun aber schnell, als er sah, Dass Eames nach einem Taxi gewunken hatte. Er deutete dem Fahrer an, dass er weiterfahren solle. Seltsam. Immer wenn man eines brauchte, waren alle besetzt… Arthur blickte den Briten an. „Mein Wagen steht dort drüben…“, erklärte er mit einer Kopfbewegung. Dann griff er ohne etwas zu sagen Eames‘ Koffer, den dieser neben sich hingestellt hatte, und ging hinüber in Richtung seines Wagens. Im Gehen zog er den Schlüssel aus der Hosentasche und entriegelte das Auto, das sich mit dem Aufblinken der Lichter zu erkennen gab. Der Kofferraum öffnete sich und Arthur schob seine Trainingstasche zur Seite, um den Koffer einzuladen. „Steig ein“, wies er Eames ein, schloss den Kofferraum. Seinen Wagen würde er hier nicht stehen lassen, auch wenn er den Alkohol schon spürte. Noch war er klar genug. Ob es eine gute Idee war, ihn in der Nähe des Mexikaners stehen zu lassen, wusste er auch nicht. Aber er liebte sein Auto. Arthur wartete, bis er auf die Straße treten konnte, um zur Fahrertür zu kommen. In der Stadt, die niemals schlief, war der Verkehr auch um diese Uhrzeit dicht. Als er schließlich einstieg, schnallte er sich an, drehte die Zündung und ließ den Motor an. Fast augenblicklich die Musik losging – Flowers on the Wall von The Satler Brothers. Arthur hatte den Soundtrack von Pulp Fiction im CD Spieler. (https://youtu.be/Bg1di8sGxWc) Eilig drehte er die Musik leiser, dann blickte er in den Außenspiegel und reihte sich schließlich in den Verkehr ein. while you 'n' your friends are worried about me i'm havin' lots of fun Der Zahn, die Schmerzen – Eames hat Ärger gehabt, oder noch immer am Hals. Ein Job? Vermutlich hatte er sich mit den falschen Leuten angelegt. Oder sah er den anderen schon wieder zu negativ? Sie waren vielleicht keine Freunde, die sich an ihren freien Tagen besuchen kommen, um sich über alte Zeiten auszutauschen – aber sie waren doch irgendwie ‚Freunde‘ – was auch immer das bei ihnen heißen mochte. Sie hatten schon einiges zusammen erlebt und zuletzt hatten sie sich ja irgendwie doch ganz gut miteinander arrangiert. Arthur bremste an der roten Ampel ab und blickte Eames einen Moment an. „Was ist das für ein Job?“, fragte er ihn nun und klang weniger gereizt als vorhin noch im Terra Blues. Eames [[BILD=8335854.jpg]] Sein Abend wurde also gecrasht, so so. Eames musste sich regelrecht auf die Zunge beißen, um sich ein Lachen über diese Aussage zu verdrücken. Er kannte Arthur, auch wenn er selbst darüber eine gänzlich andere Meinung hatte. Der Point Man war kein Mensch, der Freizeit wirklich genießen konnte. Sein Verstand ratterte vermutlich die ganze Zeit hinter seiner intelligenten Stirn und jagte ihn automatisch von einer Aufgabe in die nächste. Wahrscheinlich war er heilfroh darüber, dass Eames ihn davor gerettet hatte, nicht jeden Zentimeter seiner Wohnung mit einer Zahnbürste zu putzen, oder anderen lächerlichen Kleinscheiß zu erledigen, damit sein getriebener Geist bloß nicht zur Ruhe kommen und sich mit sich selbst auseinander setzen konnte. Die Zeitangabe machte ihn jedoch trotzdem stutzig. Sechs Monate - seit sie den Fisher-Fall abgeschlossen hatten? Das war selbst für ihn eine lange Zeit. Es überraschte ihn, dass Arthur selbst zum Terra Blues gefahren war. Immerhin hatte er wohl eindeutig vorgehabt einen zu kippen... oder hatte er das falsch beobachtet? Er würde nun aber sicherlich nicht damit anfangen der Vernünftigere von beiden zu sein. Es reichte, dass er der Ältere war. »Schöner Wagen«, kommentierte er lediglich anerkennend und beließ es dann dabei. Der fröhliche Country-Sound, der aus den Boxen drang, als Arthur den Wagen startete, passte eindeutig nicht zur Stimmung, aber er war froh, dass er es zumindest leise weiterlaufen ließ. Eames hatte nie Probleme damit die Stille zu füllen. Auch nicht die Stille auszuhalten, aber im Augenblick musste er sich darauf konzentrieren, möglichst nicht allzu angeschlagen auszusehen. Er hatte sich auf dem Flug mit Oxycodon zugedröhnt (die leichten Sachen wirkten bei ihm nicht) und während er ruhig in der Bar gesessen hatte, war ihm nicht aufgefallen, dass die Wirkung langsam nachgelassen hatte. Arthurs Frage gewann Eames ein Lächeln ab, während er entspannt in dem komfortablen Beifahrersitz ssaß. Allerdings erwiderte er den Blick zunächst nicht, sondern starrte noch einen Augenblick weiter geradeaus auf die nassglänzende Straße, als er begann zu sprechen: »Ein krimineller Job. Wir rauben jemanden aus.« So wie eigentlich immer. Er hatte dieses füchsische, vorfreudige Lächeln aufgelegt, worauf häufig eine Pointe folgte, als er Arthurs Blick schließlich erwiderte. »Lass uns beim Essen darüber reden.« Das kleine Business-1x1: Immer beim Speisen verhandeln. Alkohol war auch nicht schlecht, aber in Maßen. Er wollte schließlich nicht, dass sich Arthurs unangenehme Gefühle ihm gegenüber noch verstärkten. Arthur [[BILD=^8335420.jpg]] Arthur investierte gerne in schöne Dinge, er konnte es sich letztlich leisten. Er wohnte in seiner eigenen Wohnung in seinem eigenen Mehrfamilienhaus nahe Harlem, dass er sich von dem Geld des Tokyo-Falls damals gekauft hatte. Er hatte keine eigene Familie, sein Einkommen war gut – und sein Nebenverdienst verdammt gut. Sein Geld verprasste er höchstens in Buchläden, im Musikladen oder für Bluerays – wobei er für all das eigentlich zu wenig Zeit hatte. Und er gab es für Klamotten aus – und die Reinigung selbiger. Das Geld, das er hatte, legte er an und machte sich die Mühe, den Wirtschaftsteil der Zeitung auch zu lesen. Seit 2008 die Börse gecrasht war, war er vorsichtig, auch wenn er nicht in Immobilien etc. investiert hatte. Dass er sich ein etwas teureres Auto leistet war sicher der Tatsache verschuldet, dass er sonst nicht wusste, was er mit dem Geld anfangen konnte - unabhängig davon, dass er schnelle und schicke Autos liebte. Seiner Familie half er natürlich. Aber auch da musste er aufpassen, damit sie keine Fragen stellten oder irgendein Schwager zum Betteln kam. Das Lächeln des anderen, als er ihn nach dem Job fragte, ließ ihn einen Moment schmunzeln. Er kannte dieses Lächeln, hatte es öfters bei Eames gesehen. Auch wenn er wusste, dass genau dieses Lächeln alle Alarmglocken schrillen lassen sollte, machte es den anderen aber auf eine Art sympathisch, der er sich nicht so leicht entziehen konnte. Die Antwort, die nun kam, war wenig befriedigend. Eher belanglos. Er war von nichts anderem ausgegangen und ein wenig Unmut regte sich wieder in ihm. Als Eames den Kopf drehte, fing er das Schmunzeln, das eben noch seine Lippen geziert hatte, wieder ein. Das Blitzen in den Augen des anderen war deutlich zu sehen, das Lächeln jetzt noch deutlicher. Vermutlich war es genau dieser Ausdruck, der alle Frauen (und auch Männer) sich Eames zu Füßen werfen ließ. Arthur jedoch nervte es, weil ihn die Antwort des anderen nervte. Sie zeigte davon, dass Eames ihn nie wirklich für voll nahm. Er hätte jetzt darauf bestehen können, dass der andere mit den Informationen herausrückte. Aber er wollte ja auch nicht zu offensichtlich zeigen, dass ein Teil in ihm erleichtert war, die nächsten zwei Wochen doch anders zu verbringen, als die Zeit abzusitzen. Daher richtet er den ungerührten Blick nach vorne, als die Ampel auch schon von Rot auf Grün sprang und der Verkehr weiterging. Es war nicht mehr weit und so sah er sich bald nach einem Parkplatz um. Erst ließ er ein Zeit Möglichkeiten vorbeiziehen, bis er sich zufriedengab und sich vor einen Juwelier stellte, der wenigstens Kameras vor der Tür hatte, die er anzapfen könnte, wenn seinem Auto etwas zustieß. Wobei das in Lower Manhattan eigentlich selten vorkam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)