[Volatile] - Inception von -Amber- (‚What if I fall?‘ ‚Oh, Darling! What if you fly?‘) ================================================================================ Kapitel 1: Long time no see --------------------------- Arthur [[BILD=^8335419.jpg]] Die ewig gleiche Musik wehte von Playland Park hinüber, die ewig gleiche Melodie am Eingangstor des Freizeitparks, die ewig gleiche Musik, die ihn in Kindertagen durch eben diese geleitet hatte. Arthur stand auf der Terrasse seines Elternhaueses. Kindergeschrei und Stimmengewirr drang von Innen heraus zu ihm. Es wurde bereits dunkel, vielleicht würde es dann etwas kühler werden. Er hörte hinter sich die Klapptür mit dem Fliegengitter gehen. An den Schritten hörte er bereits, wer zu ihm trat. Er zog noch einmal an seiner Zigarette, inhalierte tief und drückte sie dann eilig aus, den Rauch über seine Lippen blasend, bevor er sich zu seiner Mutter umdrehte. Sie hasste es, wenn er rauchte. Aber meistens brauchte er das, wenn er hier war. Sie sah ihn mit diesem liebevollen Blick einer Mutter an, die Angst hatte, ihrem Sohn gegenüber emotional zu werden, ohne dabei zu bedenken, dass sie bereits emotional war. „Du solltest wirklich nicht rauchen“, sagte sie, wie jedes Mal, wenn er es tat. „Dein Onkel Billy…“ „Ich weiß, Mum!“, unterbrach er sie und sie blickte ihn entschuldigend an. „Es war schön, dass du hier warst!“, sagte sie und Arthur wusste, was folgen würde. Er solle öfters kommen, sich öfters melden. Vorsichtig hob sie die Hand und zupfte seinen Kragen zurecht, strich dann darüber, um vermeintlichen Schmutz wegzuwischen. „Du bist immer so ernst“, fuhr sie fort. Offenbar doch nicht – oder noch nicht – das schlechte Gewissen hinsichtlich der Abstände seiner Besuche. Sicher dann aber die Anmerkungen hinsichtlich seines Liebeslebens. „Bring doch mal eine Freundin mit. Was ist denn mit der netten Architektin, mit der du die Firma gegründet hast?“ Arthur unterdrückte einen tiefen Seufzer. „Ariadne ist nur eine Arbeitskollegin. Ich habe keine Zeit und kein Interesse an dem, was du dir wünscht. Er blickte an ihr vorbei in Richtung Haus, in dem seine ältere Schwester gerade dabei war, ihren Kindern zu erklären, dass sie nun endlich kommen sollten, da sie nach Hause müssten. „Patricia ist für die Familie zuständig, deine Enkel, - und auch Ted… Für mich ist das nichts.“ Er lächelte sie entschuldigend an und sie nickte. „Ich weiß…“, sagte sie leise, resignierend. „Aber du kommst uns bald wieder besuchen. Du kannst dich auch so mal melden, nicht erst, wenn jemand Geburtstag hat.“ Er nickte brav und trat auf sie zu, schloss sie in die Arme, was sie erleichtert erwiderte. „Danke, Mum, für den schönen Tag und das gute Essen. Es war schön, dass alle kommen konnten.“ Eigentlich wusste sie, warum er so selten kam. Er war nicht willkommen, nicht bei allen. Sie entspannte sich merklich in seinen Armen. Ob sie wusste, dass es nicht an ihr lag, dass er sich mit einer solchen Nähe nicht so leichttat? Er wusste, dass sie sich darüber Gedanken machte. Sie konnte nichts dafür. Sie war für ihn da, hinterher. Sie hatte nie gelernt, aufzubegehren und eigene Wünsche zu formulieren. Er machte ihr keinen Vorwurf. „Versprich mir, dass ihr endlich einen Elektriker holen lasst, der sich dieses Chaos, das ihr Stromleitung nennt, ansieht. Er wird die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich wundern, dass das ganze Haus noch nicht abgebrannt ist.“ Diesmal war er es, der sie mahnend ansah, während er sich von ihr löste. Er hatte heute durch Zufall entdeckt, dass sein Vater versucht hatte, ein Stromkabel selbst im Haus so zu legen, dass er an einer bestimmten Stelle eine Steckdose hatte. Unabhängig davon, dass das hätte tödlich enden können, war es nach wie vor mehr als gefährlich, die Kinder überhaupt in die Nähe gelassen zu haben. Sie nickte. „Ich mach es – zur Not ohne sein Wissen. Er glaubt, dass man heutzutage noch immer alle alleine richten kann. Dabei sagt meine Freundin Maggy, dass dieses Internet einem viele Dinge abnimmt und man da günstig Fachkräfte findet.“ Arthur musste lächeln. „Ich bezahle das auch. Es ist egal, wie viel es kostet. Hauptsache, es wird richtig gemacht!“ Sie nickte lächelnd. „Ist gut.“ Sacht küsste er sie auf die Stirn. „Ich geh dann. Ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir.“ Im Haus verabschiedete er sich von allen – nur Tricia ahm wirklich Notiz davon - und ihre Kinder. Familienfeste waren anstrengend. Er freute sich schon jetzt nachher auf die Ruhe in seinem Apartment. Erleichtert stieg er in seinen DB11 und atmete tief durch. Bevor er losfuhr, holte er seine Clock aus dem Handschuhfach und steckte sie wieder in den Holster, Dann griff er in die Innentasche seines Jacketts und zog den Würfel hinaus. Er drehte ihn in den Fingern, fühlte das Gewicht. Alles war real… Dann fuhr er in das Trainingszentrum. Er musste dringend ein wenig Energie loswerden… Die Dusche tat gut. Sein Knochen unter dem rechten Auge schmerzte etwas. Sicher war es etwas rot. Aber in den nächsten Tagen war ihm das egal. Er hatte ein wenig Freizeit. Ariadne hatte vorhin noch geschrieben. Ein „We got it!“ war via Snapchat kurz aufgeflackert, bevor sich die Nachricht schließlich wieder selbst gelöscht hatte. Ein Auftrag, der in zwei Wochen beginnen würde. Bis dahin, so hoffte er, würde er etwas Zeit haben. Er wollte Dom besuchen, wollte Mals Grab besuchen, ein wenig Zeit an der Westküste verbringen, sich ein wenig Auszeit gönnen. Ariadne hatte ihn dazu verdonnert. Sie war schlimmer als seine Mutter, viel schlimmer. Aber er war glücklich, dass er sie vor einigen Monaten dazu gewinnen konnte, das Büro zu eröffnen, von dem er immer geträumt hatte. Nicht, weil er etwa das Dream-Sharing leid war. Nein! Einfach, weil er auch gerne Architekt war und sein Büro zusätzlich eine gute Anlaufstelle für Aufträge war, so lange Dom eine Auszeit brauchte. Er konnte es verstehen, konnte nachvollziehen, dass er Zeit mit seinen Kindern brauchte, verarbeiten musste, was geschehen war, bevor Saito ihm die Einreise in die USA ermöglicht hatte. Und dennoch fehlte jetzt der, der sich bisher um die Aufträge gekümmert hatte. Sein Leben war seltsam ruhig geworden. Er war weniger unterwegs, seit 6 Monaten in New York. Jetzt musste er sich selbst um Aufträge kümmern. Und Ariadne an seiner Seite war die beste Unterstützung, die er hätte haben können. „Warum wolltest du, dass ich dich küsse?“, hatte sie ihn gegengefragt, als er ihr seine Idee unterbreitet hatte. Er hatte sie lange angesehen, mit sich gehadert, was er sagen sollte. Dann hat er sich für die Wahrheit entschieden. „Es war eine gute Möglichkeit gewesen, um abzuklären, ob zwischen uns mehr passieren könnte, als dass wir Arbeitskollegen sind. Aber da war nichts, was ich empfunden habe. Und jetzt weiß ich, dass ich keine Angst haben brauche, dass unsere Firma wegen alberner Beziehungsproblemen scheitern könnte. Sonst hätte ich dich nicht gefragt, ob wir gemeinsam ein Baby großziehen.“ Ihre Augenbrauen waren nach oben gewandert und sie hatte ihn eine Weile ungläubig angestarrt. „Das hätte ich dir auch einfacher sagen können“, war schließlich die Antwort gewesen, der ein ungläubiges Kopfschütteln gefolgt war. Seitdem arbeiteten sie zusammen, gut zusammen. Und sie hatten auch bereits ein paar kleinere Aufträge erfolgreich absolvieren können. Arthur stellte das Wasser ab, trat aus der Gemeinschaftsdusche und machte seinem Sparring-Partner Platz, der wohl etwas länger gebraucht hat, wieder auf die Beine zu kommen. Nach dem anstrengenden Geschäftstermin am Vormittag, war er schließlich ohne das Ergebnis abzuwarten, zu seiner Familie gefahren. Nicht ohne vorher seine Wohnung mal wieder zu betreten, in der er gefühlt einen Monat nicht mehr gewesen war. Er hatte sich im Büro ein Zimmer eingerichtet, in dem er schlief, wenn es stressig wurde. Doch dort, so hatte Ariadne ihm erklärt, würde sie ihn in den nächsten beiden Wochen, bis es losging, nicht mehr sehen wollen, sonst würde sie ihn in eine Hölle schicken, von der er sich nicht so bald wieder erholen könnte. Das schlimme war: er wusste, dass sie das konnte. Jetzt jedenfalls hatte das Training ihm gut getan, um all den Stress loszuwerden, der ihn die letzten Tage wenig hatte schlafen lassen. Doch so wenig er geschlafen hatte, so fit fühlte er sich gerade, weswegen er zögerte, als er sich wieder in sein Auto setzte. Er holte die beiden Handys heraus, das für die Arbeit und das, das er privat nutzte. Kurz überlegte er, ob er sie anschalten solle, um zu sehen, ob er etwas Wichtiges verpasst hätte. Er entschied sich dagegen. Die Nachrichten, die darauf waren, konnten bis morgen warten. Dann fuhr er los, um noch etwas trinken zu gehen. Was er danach machen würde, würde abzuwarten sein. Aber irgendwie war ihm der Gedanke gekommen, dass er sich eigentlich mal wieder ein wenig Abwechslung gönnen könnte. Kurz überlegte er, ob er sich dafür umziehen sollte, entschied sich aber dagegen. Bequemer und weniger förmlich bedeutete nicht, dass er sich wohl fühlte. Im ‚Terra Blues‘ versuchte eine viel zu zarte Frau sich mehr schlecht als recht an großen Stimmen des Jazz: Ella Fitzgerald, Nina Simon, Billie Holiday und andere. Dennoch ließ sich Arthur in der hellen klaren Stimme treiben, die den Raum erstaunlicherweise doch zu füllen schien. Er saß an der Bar und zückte sein Zigarettenetui. Er entzündete die Zigarette und blickte dann zu der Band. Er war schon lange nicht mehr hier gewesen. Für heute erschien es ihm zum Runterkommen der ideale Ort. Ruhe… einfach Ruhe und Entspannung. Er spürte, wie sich sein Körper neue Kraft tankte. Arthur nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Er sollte wirklich wieder aufhören. Eigentlich brauchte er sie nicht. Nicht, wenn er sich entspannen konnte, wie hier. Und doch leistete sie ihm wenigsten Gesellschaft. Seine Augen kehrten zurück zu der goldenen Flüssigkeit in dem Glas, das vor ihm stand und das er nun ergriff: Whiskey. Zumindest gab es hier irischen. Genießend trank er einen Schluck, als er hörte, dass sich das Stimmchen an „What a diffrence a day makes…“ (https://youtu.be/OmBxVfQTuvI) wagte – Dinah Washington. Seine Stirn zog sich kraus. Er würde später in jedem Fall noch einmal losziehen. Wenn das so weiterging, würde er hier nicht mehr lange bleiben. Nicht weit von hier gab es genügend Clubs, in denen er jemanden aufreißen konnte, um morgen früh nicht alleine aufzuwachen. Eames [[BILD=^8335425.jpg]] What a difference a day makes,… schwirrte in Eames Kopf umher, als er an diesem späten Samstagabend in der Business-class der Singapore Airlines erwachte. Gestern hatte er noch in Piana Grande in der Strandbar seines 5-Sterne-Hotels gesessen, mit offenem Hawaii-Hemd und ohne Hose und hatte Margaritas geschlurft, während ein wunderschönes, sizilianisches Dienstmädchen ihm den Schirm zurechtgerückt und angeboten hatte, seine Füße zu massieren. Er genoss durchaus ein Leben mit gewissen Vorzügen und der wichtigste davon war Geld. Leider entwich ihm die Kohle ständig schneller, als er sie verdienen konnte (sehr mysteriös), was Eames dazu gezwungen hatte, eine altbekannte Quelle anzupumpen. Da wo ihm die Scheinchen förmlich entgegen gepustet wurden. Er hatte im Laufe der vergangenen fünf Jahre rund die Hälfte der Spielbanken an der südlichen Küste Siziliens bestohlen. Die Systeme waren lächerlich einfach zu knacken, für jemanden mit internationalem Erfahrungsschatz auf dem Gebiet und zwei geschickten Händen. Falsche Chips, falsche Karten, versteckte Rechensysteme und das Wissen über Zugangscodes, die er eigentlich nicht haben dürfte (Dream-Sharing machts möglich), bescherten Eames regelmäßig ein herrliches Klingeln in seiner Kasse. Eine Einnahme, auf die er sich in Krisenzeiten immer verlassen konnte. Leider hatte er dieses Mal zu hoch auf sein Glück gepokert und hatte ein paar ziemlich üble Arschlöcher auf sich aufmerksam gemacht, die anscheinend schon länger daran gearbeitet hatten, das Leck in ihrem Schiff zu finden. Das kleine Loch, aus dem das Geld aus ihrem System und ihrer Sichtweite floss: Meine Damen und Herren, Thomas Eames. Verantwortlich für ihr finanzielles Desaster. Zugegeben, er hatte sein Glück reichlich überstrapaziert. Sie hatten ihm einen Pistolenlauf in den Mund gesteckt, deepthroat für Fortgeschrittene. Dann hatten sie ihm ein paar Rippen gebrochen und wieder der Pistolenlauf. Rein damit, bis es am Zäpfchen kitzelte. Dieser kahlköpfige Wichser hatte ihm damit unten links einen Zahn abgebrochen... Eames hatte schnell begriffen, dass es keinen Sinn machte, nach Ausflüchten zu suchen. Sie hatten den richtigen Mann und das war allen Beteiligten sehr bewusst. Also begegnete er ihnen mit einer seiner größten Waffen: Improvisation. Er bot an für sie zu arbeiten. Der nächsten Gedankenraub, den er begehen wollte, könnte locker zwei Millionen einbringen, ein großes Ding. Ein CEO, des MoneyGram Unternehmens, Italiener, zufälligerweise. Er versicherte ihnen, dass jeder Cent, den er dort machen würde, direkt an sie gehen würde. An Lorenzo und seine Kumpels, Ihre freundlichen Mafia-Kameraden von nebenan. Nachdem er einige Details seiner Plans offenbart hatte, waren die werten Herren gewillt gewesen, ihm diese Chance zu geben. Diese eine. Wenn er versagte würden seine Leute, Zitat: „Antipasti aus seinen Eiern machen“ und „Chinesische Böller in seinem Arsch anzünden“. Nun gut... Er hatte also gepackt, war zum Flughafen gefahren und hatte den nächsten Flug nach New York genommen, den er kriegen konnte. Zwei von Lorenzos Leuten folgten ihm und achteten genau darauf, dass er nicht irgendwo anders hinflog. Seine Familie würde auf der anderen Seite auf ihn warten… witzig. Er meinte natürlich nicht den Tod, das wäre schön. Er meinte den Nordatlantischen Ozean. Und mit Familie, meinte er weitere loyale, bezahlte Stronzos in Anzügen. Ursprünglich wollte er Emanuel Jobs in aller Ruhe angehen. Dieser war augenscheinlich charismatisch, über die Maße intelligent und hatte einen 24/7-Geleitservice und -Sicherheitsservice. Darüber hinaus würde er sich die meiste Zeit seines New York Aufenthaltes in Gebäuden mit diversen Kameras aufhalten – dieser Mann überließ selten etwas dem Zufall. Es gab Wege an ihn heran zu kommen, aber die waren rar gesät. Und nun, da er die lächerliche Frist von zehn Tagen aufgedrückt bekommen hatte, um diesen Mann zu knacken, waren diese Möglichkeiten wahrscheinlich nur noch durch extrem geschicktes Zusammenspiel mehrerer Komponenten zu erreichen. Äußerst schwierig, aber möglich, wenn er die richtigen Leute zusammen bekam. Einen Chemiker aufzutreiben, war das kleinste Problem. Yusuf war nach dem Fisher-Job nicht mehr abgereist und in den Staaten geblieben. Er hatte ein eigenes kleines Unternehmen gegründet und arbeitete hin und wieder für Saito, wie Eames gehört hatte. Einen Extractor brauchte er nicht. Diese Aufgabe würde er selber übernehmen - so wie früher immer. Wenn sie schnell und geschickt vorgingen, konnte der Forger zuhause bleiben. Und sie mussten schnell sein, da das vorgesehene Zeitfenster, in dem sie Extrahieren würden, äußerst begrenzt war, und sie vielleicht sogar auf die zweite Traumebene verzichteten mussten. Ein Architekt war notwendig und jemand, der ihm half, alles über Emanuel Jobs in kürzester Zeit herauszufinden... er brauchte einen Point Man. Und eigentlich wusste er schon bevor er sich überhaupt auf den Deal eingelassen hatte, dass er nicht irgendeinen brauchte, sondern einen ganz bestimmten. 32 Nachrichten auf verschiedenen Plattformen und vier Anrufe später sah er ein, dass er keine andere Wahl hatte, als auf sein Glück zu vertrauen. Er wusste von Cobb, dass Arthur „so was wie Urlaub“ hatte. Schwer vorzustellen, dass ein Stick-in-the-butt wie er sich überhaupt jemals so etwas wie Freizeit gönnte. Dennoch war er darauf angewiesen, dass er es irgendwann tat und zwar bald, sonst wäre er aufgeschmissen. Sollte er nicht bald über seinen Schatten springen und sich dazu herablassen ihn zurückzurufen. Kein Problem, Darling, es geht nur um mein Leben. Hatten sie in den sechs Monaten seit Fisher überhaupt gesprochen? Ja... hatten sie. Es gab ein Gespräch vor... einem Monat? Zwei? Eames hatte angerufen und einen recht genervten Arthur am Apparat gehabt; wie immer gestresst und überarbeitet. Scheinbar unfähig zur Ruhe zu kommen. Fazit des Telefonats? Sir Darling wollte nicht mit Belanglosigkeiten gestört werden, wenn er mitten in einem Projekt war. Well well. Und seither hatte er ihn auch nicht mehr mit seinen unwichtigen Angelegenheiten gestört. Dieses Mal jedoch ging es tatsächlich um seinen Allerwertesten. Er versuchte also sein Glück im Terra Blues. Auch aus nostalgischen Gründen. Vor ungefähr sechs Jahren, war er bereits einmal mit Arthur hier ausgegangen. Cobb war dabei gewesen und Mal und es war ein echt fantastischer Abend gewesen. Bis auf das Ende. Aber deswegen werden Geschichten ja auch nie wirklich bis zu Ende erzählt. Weil man sich gern den Teil erspart, in dem der Hauptcharakter völlig besoffen eine Schlägerei anfängt. Niemand will hören, dass die ganzen ausgeklügelten Annäherungsversuche gescheitert sind und am Ende nur unangenehmes Schweigen und eine dicke Lippe bleiben. Es ist keine richtige Geschichte, wenn der Held der Story schlussendlich doch nicht der Held ist, sondern am Ende des Abends allein in seinem Hotelzimmer in seiner eigenen Kotze auf dem Fußboden einschläft. Mit heruntergelassener Hose und einem Rucksack voll Bedauern und Wut und Koks. Das gute alte Terra Blues. Arthur hatte den Laden geliebt. Zumindest war dies Eames Interpretation der Dinge gewesen. Damals hatte er noch geglaubt, der junge Point Man hätte vielleicht doch so etwas wie Gefühle. Eames hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, in ein Hotel einzuchecken. Stattdessen war er mit seinem handlichen, kleinen Reisekoffer direkt ins Terra Blues gewandert und hatte es sich in einer lauschigen, versteckten Ecke mit Whiskey und Zigarren bequem gemacht. Von seinem Standpunkt aus hatte er den Eingangs- und Barbereich recht gut im Blick. Sollte Arthur tatsächlich hier aufschlagen, würde er es mitbekommen. Ansonsten musste er eben härtere Maßnahmen ergreifen, um seinen Point Man zu finden. Klassisches Stalking wäre wohl eine Möglichkeit. Die Kleine auf der Bühne gab sich wirklich alle Mühe, er wusste ihr Engagement zu schätzen, aber das half der armen Dinah Washington leider auch nicht. Er stopfte sich gerade eine Hand voll Erdnüsse in den Mund, als er aus dem Augenwinkel die die wohlbekannte, drahtige Gestalt wahrnahm. Ein Fest. Arthur hatte damals und noch immer eine beängstigende Anziehungskraft auf Eames ausgeübt. Dass er ihn abgewiesen hatte, hatte die Sache nicht besser gemacht. Eames war es gewöhnt, das zu bekommen, was er wollte. Umso verletzter war sein Stolz. Mister Perfect steht über den Dingen. Nicht einmal sein Rachefick vor fünfeinhalb Jahren mit der Rothaarigen, die Arthurs Interesse geweckt hatte, hatte schlussendlich eine Wirkung gehabt. Nichts. ‚Arthur - Mann aus Stein‘ oder so ähnlich könnte der Film über sein undreckiges Leben heißen. Seine Zunge umkreiste gedankenlos den abgebrochenen Zahn hinter verschlossenen Lippen. Er beobachtete ihn eine Weile zwischen dem weißen Qualm seiner Zigarre hinweg. Im Schutz der anderen Gäste. Mit dem pastellfarbenen Paisleymuster auf seinem Hemd und der gemütlichen Anzughose, stach er nicht wirklich aus der Masse hervor. ... Twenty-four little hours Brought the sun and the flowers Where there used to be rain Der Song begleitete ihn bereits den ganzen Tag. Flammte immer wieder auf, wenn er daran dachte, in was für eine prekären, lebensbedrohlichen Situation er steckte. Und trotzdem stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, weil er sich insgeheim doch für unbesiegbar hielt. Nichts und niemand konnte ihn klein kriegen, auch kein Lorenzo oder die Cosa Nostra. Alle nur Fliegen, die um die offene Bierflasche herumschwirrten. What a difference a day made »Bushmills, bitte, und was auch immer der Mister hier trinkt«, bestellte er bei dem Barkeeper, der gerade gelangweilt seine Gläser polierte. Er hatte sich an Arthur herangeschlichen; eigentlich war er einfach nur gemütlich herübergeschlendert; und lehnte nun mit einem Ellbogen an der Theke neben ihm. Süffisantes Lächeln. Unbeeindruckt, aber mit dem Zugeständnis der Wiedersehensfreude. »Long time no see, Arthur.« And the difference is you! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)