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A New Life

von

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Die Stunden Danach

Noch immer stand Piers einfach nur da und blickte hinaus ins tiefe Wasser.

Die Rettungskapsel war bereits aus seinem Blickfeld verschwunden und vermutlich schon beinahe an der Oberfläche angekommen.

Chris war sicher, aber was war mit ihm selber?

Piers hatte eigentlich schon in dem Moment mit dem Leben abgeschlossen, in dem er sich selber den Arm abgerissen und anschließend das C-Virus injiziert hatte, um Chris aus Haos‘ Griff zu befreien.

Ihm war klar gewesen, was für ein Risiko er damit einging. Wenn das Virus stärker gewesen wäre als er, hätte es am Ende Piers selber sein können, der seinen Captain tötete.

Aber der starke Wunsch, eben diesen zu retten, hatte Piers die Kraft gegeben, sich gegen das C-Virus zu behaupten und bei Verstand zu bleiben.

Er war mutiert, zumindest teilweise, und ihm war eine mächtige Waffe gegeben worden, mit der er der riesigen BOW gut hatte einheizen können.

Sie hatten Haos ausgeschaltet, zumindest vorübergehend, und Piers hatte mit seinem mutierten Arm den Weg zu den Rettungskapseln frei machen können.

Und natürlich hätte er gemeinsam mit seinem Captain in die Kapsel steigen und entkommen können, Platz genug wäre darin gewesen.

Aber nachdem einiges an Anspannung von Piers abgefallen war, nachdem Haos augenscheinlich vernichtet und Chris sicher gewesen war, hatte er gemerkt, wie sehr ihm dieses Virus zu schaffen machte.

Jeder einzelne Angriff mit diesem seltsamen Arm, der mit Elektrizität schießen konnte, hatte dem jungen Soldaten unerträgliche Schmerzen bereitet.

Am liebsten hätte er jedes Mal laut aufgeschrien, doch er hatte sich zusammengerissen und voll und ganz auf den Kampf konzentriert.

Diese Konzentration und das Adrenalin in seinem Körper hatten es ihm ermöglicht, bis hierhin durchzuhalten, bis zu diesem einen Moment, in dem sie die Rettungskapseln erreicht hatten.

Doch während Chris sich daran gemacht hatte, eine der Kapseln bereit zu machen, hatte Piers auf dem Boden gesessen, den Rücken gegen die Wand gelehnt, den Blick auf seinen pulsierenden, widerlichen, mutierten rechten Arm gerichtet.

Er begann, diese Mutation zu hassen, richtig zu verabscheuen, nun, da er sie mal genauer betrachten konnte.

Und ganz davon abgesehen spürte er nun, dass es ihm immer schwieriger fiel, bei Verstand zu bleiben, sich zu konzentrieren.

Immer wieder verschwamm sein Blick, und ab und an kam in ihm eine unbekannte Mordlust hoch.

Wenn er jetzt mit Chris floh, wenn er diesen nun in der Kapsel begleitete…

Das Risiko, dass er die Kontrolle verlor und seinen Captain wirklich noch angriff, war einfach zu hoch.

Und so hatte er seine Entscheidung getroffen. Die Entscheidung, die dazu geführt hatte, dass er nun alleine hier stand.
 

Chris hatte ihm aufgeholfen, und Piers hatte ihm sein Abzeichen in die Hand gedrückt, das er sich selber vorher irgendwie mit den Zähnen vom linken Arm gerissen hatte.

Dann hatte er seinen Captain in die Rettungskapsel gestoßen, sie geschlossen und startbereit gemacht.

Chris‘ Rufen, sein verzweifelter Blick, seine Panik, seine Ungläubigkeit…

Das alles hatte diesen Abschied nicht unbedingt leichter gemacht, aber Piers hatte einfach keine Wahl gehabt.

Er konnte eben einfach nicht riskieren, am Ende noch selber für Chris‘ Tod verantwortlich zu sein.

Und was sollte er, der mutierte Soldat, denn noch da oben?

Selbst wenn er ein Antivirus bekam, selbst wenn es funktionierte und seine Mutation verschwinden ließ, sein bisheriges Leben wäre so oder so vorbei gewesen.

Er hatte seinen Arm verloren, und einen einarmigen Soldaten würde man bei der B.S.A.A. sicherlich nicht zulassen, egal wie gut Piers auch sein mochte, egal, wie viele gute Worte Chris für ihn einlegen würde.

Im Büro konnte er vielleicht arbeiten, aber da würden sie eher jemanden einsetzen, der sich in diesem Bereich auch wirklich auskannte.

Nein, Piers‘ Job bei der B.S.A.A. war vorbei, das stand außer Frage.

Man würde ihm eine Medaille in die Hand drücken, sich für seine Dienste und sein Opfer bedanken, ihm eine lebenslange, nicht einmal schlechte Rente zusichern, und dann war es das. Dann konnte er zusehen, wie er mit seinem weiteren Leben klarkam, als einarmiger Krüppel.

Klar, es gab immer die Möglichkeit, eine Prothese zu bekommen, und die Technik war weit genug entwickelt, um eine solche fast wie einen richtigen Arm bewegen zu können, aber wenn er wirklich überlebte und diese verdammte Mutation los wurde, dann wollte er da nichts mehr haben, was nicht wirklich sein eigener und echter Arm war.
 

Aber im Moment machte sich Piers solche Gedanken ohnehin nicht.

Erst einmal hätte er irgendwie entkommen müssen, und das war leichter gesagt als getan. Es gab hier noch weitere Rettungskapseln, aber diese befanden sich auf der anderen Seite, fast den ganzen Weg wieder zurück, bis dahin, wo sie Jake und Sherry das letzte Mal begegnet waren. Die einzige Kapsel, die hier noch war, war kaputt und ließ sich nicht mehr aktivieren.

Aber selbst wenn Piers den Rückweg in seinem Zustand geschafft hätte, es gab ja nicht einmal mehr einen.

Seit sie sich von Jake und Sherry getrennt hatten, waren gefühlt 90 Prozent des Weges hinter ihnen von Haos zerstört worden oder aus anderen Gründen eingestürzt.

Es gab also nur einen Weg, den Piers nehmen konnte, oder er blieb einfach hier und wartete auf sein Ende.

Aber dieses würde vermutlich noch lange auf sich warten lassen und voller Schmerz und Leid sein. Er würde nur immer weiter mutieren, den Verstand verlieren und am Ende vollständig als J‘avo durch die Gegend schlurfen. Besser als als Zombie vermutlich, aber das war nur ein schwacher Trost.

Und Piers wollte das auf keinen Fall. Auch wenn er bereit gewesen war, sein Leben zu geben, auch wenn er beinahe sterben WOLLTE, dann nicht so, nicht auf diese Art und Weise.

Er wollte als Mensch sterben, bei klarem Verstand, er selber sein.

Klar, es gab immer die Möglichkeit, sich selber das Leben zu nehmen. Er hatte noch seine Waffen, und auch so gab es hier genug Dinge, die Piers hätte nutzen können.

Aber so tief war er definitiv noch nicht gesunken, dazu musste noch weitaus Schlimmeres passieren, damit der Scharfschütze zu dieser Maßnahme griff.

Er atmete tief durch, biss die Zähne zusammen und verdrängte die immer stärker werdenden Schmerzen, ehe er, bereits am ganzen Körper zitternd und mit schweißbedeckter Stirn, noch ein weiteres Mal den Arm ausstreckte.

Piers setzte all seine schwindenden Kräfte in diesen Angriff, und der Strom schoss aus dem mutierten Arm, traf auf die Außenwand und zerschmetterte diese, als wäre sie aus Pappe.

Eines hatte Piers mit seinem vernebelten Verstand jedoch nicht bedacht: Den Druck des Wassers.

Die ganze Zeit über war von allen Seiten Wasser in die Einrichtung gedrungen, und nichts war passiert. Doch an dieser Stelle schien der Druck von außen so stark, dass die Wassermassen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit hereinströmten.

Sie erfassten den Scharfschützen, noch ehe dieser auch nur irgendwie reagieren konnte, und schwemmten ihn davon.

Piers keuchte erschrocken auf, schluckte dabei Wasser, hustete und prustete und riss vor schierer Panik die Augen auf.

Nein, auch so wollte er nicht sterben, das war doch jämmerlich.

Nach allem, was er überlebt hatte, sollte er nun aus eigener Dummheit einfach ertrinken?

Das durfte doch nicht wahr sein, das konnte nicht wirklich passieren!

Aber offenbar passierte es.

Das Wasser trieb Piers rasend schnell weiter, und er wusste schon gar nicht mehr, wo unten und wo oben war.

Irgendwann schlug sein Kopf durch die Strömung gegen einen Balken aus Metall, und um Piers herum wurde alles einfach nur noch schwarz.
 

Der Körper des jungen Soldaten erschlaffte durch die eingetretene Bewusstlosigkeit und hing nun nur noch leblos, wie ein nasser Sack, im Wasser und wurde immer weitergetrieben, getragen von der Strömung des hereinfließenden Wassers.

Irgendwo auf dem Weg strömte noch mehr Wasser herein, aus einer anderen Quelle, und als dort schließlich beide Strömungen aufeinandertrafen, entstand ein Wirbel, der dafür sorgte, dass Piers nun in eine andere Richtung getrieben wurde und schließlich, wie durch ein Wunder, außerhalb der Einrichtung landete.

Ein Stück weit trieb ihn der Druck des Wassers noch, dann wurde er weniger, und Piers‘ Körper kam mehr oder weniger zum Stillstand, trieb eine Weile lang halbwegs gleichmäßig auf der Stelle und wurde dann, nun erfasst von der natürlichen Strömung des Meeres, langsam aber sicher an die Oberfläche getrieben, und schließlich, nach einiger weiterer Zeit, sogar Richtung Ufer getragen.

Das alles bekam der Scharfschütze natürlich in keinster Weise mehr mit, aber wider alle Logik war er tatsächlich noch immer irgendwie am Leben, geschützt durch das Virus, das ihm jedoch nicht nur Kraft gab, sondern sie ihm gleichzeitig auch weiterhin entzog, bereit, diesen Körper vollständig zu übernehmen, wenn er doch noch gänzlich aufgab.

Aber das tat er nicht, noch nicht.

Nein, Piers war stur, physisch und psychisch, und er war einfach nicht bereit, sich nun doch noch unterkriegen zu lassen.

Auch wenn er eigentlich längst mit dem Leben abgeschlossen hatte, die Tatsache, dass er bis nach Chris‘ Flucht noch immer am Leben und er selbst gewesen war, hatte ihm irgendwie wieder Mut gemacht.

Ja, vielleicht würde er seine Arbeit verlieren, der B.S.A.A. vielleicht gänzlich den Rücken kehren müssen, aber immerhin würde er leben. Und Chris würde es wissen, Chris würde wissen, dass Piers am Leben war, er würde sich keine Vorwürfe mehr machen müssen, er würde überglücklich sein, dass sein Partner es doch irgendwie lebend aus alledem raus geschafft hatte.

Und diese Gedanken waren es, die Piers angetrieben hatten, durchzuhalten, bis zu dem Moment, in dem der Aufprall sein Bewusstsein ausradiert hatte.

Doch selbst jetzt war diese Sturheit noch vorhanden, obwohl Piers dem Tod wohl näher war als dem Leben, obwohl er nichts mehr mitbekam und alles einfach nur in vollkommene Dunkelheit gehüllt war.

Sein schlaffer Körper wurde weitergetragen, von Strömungen und Wellen, und letzten Endes, nach einer halben Ewigkeit, ans Ufer gespült.

Dort lag er nun, die Kleidung durchnässt und in Fetzen hängend, das Gesicht bleich, mit dunklen Ringen unter den Augen und einer bläulichen Verfärbung, die auf seinen Lippen lag.

Piers war entkommen, wie durch ein Wunder, und er war noch immer am Leben.

Doch lange würde er nicht mehr durchhalten, er brauchte Hilfe.

Das Virus gewann immer mehr an Kraft, je mehr Piers‘ Körper an dieser verlor.

Mit jedem schwächer werdenden Herzschlag flammte das Virus auf, und der mutierte Arm pulsierte, kleine Blitze umgaben ihn, und es schien, als würde sich die Mutation, die das C-Virus hervorgerufen hatte, immer weiter ausbreiten wollen, während es gleichzeitig den Anschein hatte, als würde zumindest Piers‘ rechte Gesichtshälfte nach und nach wieder normal aussehen, als würde sich die Mutation von dort verziehen, um sich voll und ganz auf den Arm zu konzentrieren.
 


 

Es war nun wieder tiefste Nacht, seit Chris‘ Entkommen aus der Einrichtung war schon mehr als ein ganzer Tag vergangen, und man hatte den Soldaten kurz nach seinem Auftauchen aus dem Meer mit einem Helikopter aufgesammelt und zurück in die USA gebracht, damit er dort seinen Bericht abgeben und sich untersuchen lassen konnte.

Hätte er gewusst, wer da nun in China ans Ufer gespült worden war, er hätte sich unverzüglich auf den Weg zurück gemacht, sich notfalls eigenmächtig einen der Helis geschnappt, um seinem Freund und Partner zu helfen.

Piers hatte sein Nachfolger werden sollen, wenn das alles hier vorbei war. Chris hatte sich zur Ruhe setzen wollen, um für seinen Second-in-command das Feld zu räumen.

Er konnte das alles einfach nicht mehr, er wurde schlicht und ergreifend zu alt.

Gut, er war nicht einmal ganz 40, aber trotzdem. Chris hatte einfach zu viel erlebt in den letzten Jahren, ganz besonders in diesem letzten guten halben Jahr.

Zweimal hatte er sein gesamtes Team verloren, und beim zweiten Mal war es ganz allein seine Schuld gewesen.

Hätte er die letzten Tage doch nur auf Piers gehört, wäre er nicht so verblendet gewesen durch seine Rachegedanken, dann wären einige seiner Männer jetzt noch am Leben.

Aber er hatte nicht auf Piers gehört, nein. Stattdessen hatte er ihn angeschrien, regelrecht angegriffen, und ihm gesagt, dass er ihm, wenn er ihm schon nachlaufen musste, wenigstens nicht im Weg stehen sollte.

Ein toller Captain war er…

Chris hatte es vermasselt, er hatte auf ganzer Linie versagt.

Und letzten Endes hatte er dann auch noch seinen letzten Mann verloren. Wegen seiner Dummheit hatte Piers sich selber opfern und infizieren müssen, weil er, der ach so große Chris Redfield, es einfach nicht geschissen bekommen hatte, auf sich selber aufzupassen.

Aber nun, genau wegen Piers‘ Opfer, konnte er nicht aufhören.

Wenn man ihn ließ, dann würde er weitermachen, würde er kämpfen, die Zähne zusammenbeißen und für all seine gefallenen Kameraden seinen Job als Captain fortführen.

Aber zu diesem Zeitpunkt war nicht einmal sicher, ob er das überhaupt durfte.

Chris war ein mentales Wrack, wenn man mal ehrlich war.

Das war ja auch der Grund gewesen, weshalb er hatte in den Ruhestand gehen wollen.

Er konnte emotional einfach nicht mehr, Chris hatte gemerkt, dass ihm die ganzen Ereignisse viel zu nahe gingen, dass er es nicht mehr schaffte, im Ernstfall konzentriert zu bleiben und sich nicht völlig von seinen Gefühlen übermannen zu lassen.
 

Und auch andere schienen das bemerkt zu haben.

Das, was in Edonia geschehen war, oder besser gesagt danach, war natürlich nicht unbemerkt geblieben. Die oberen Chefs der B.S.A.A. waren natürlich vom Krankenhaus informiert worden, dass Chris verschwunden war, und nur, weil man wirklich jeden einzelnen Mann gebraucht hatte, hatte man Piers damals gewähren lassen, als dieser Chris hatte suchen wollen.

Er hatte nicht aufgehört, seinen Captain in Schutz zu nehmen, ihnen zu versichern, dass das doch gar nicht seine Art war, dass das ein einmaliger Ausrutscher war, dass er nach allem, was passiert war, eben einfach verwirrt war und eine kleine Auszeit gebraucht hatte.

Was er ihnen jedoch bis heute nicht gesagt hatte war, wo er den Captain letztendlich gefunden hatte, und auch nicht, in welchem Zustand.

Und auch die anderen Soldaten des Alpha-Teams hatten keinen Ton gesagt, weniger aus Loyalität zu Chris, als vielmehr aus Angst vor seiner rechten Hand, Piers Nivans.

Natürlich hatten sie auch alle treu zu Chris gestanden und waren nach wie vor bereit gewesen, ihre Leben für ihn aufs Spiel zu setzen.

Aber sie hatten auch ihre Zweifel ausgesprochen, zumindest Piers gegenüber, als dieser Chris ausfindig gemacht und sie gebeten hatte, sich unbemerkt mit ihm in die Kneipe zu begeben, um ihn zurück zu holen.

Etwas, das Chris nicht wusste, und das dazu geführt hatte, dass auch Piers sich seitdem jeden Tag Vorwürfe machte, auch wenn es ihm, im Gegensatz zu Chris, gelang, sich nichts davon anmerken zu lassen.

Doch auch, wenn der Vorstand nichts von Chris‘ Saufgelage wusste, sie wussten zumindest, dass er damals einfach abgehauen war, nachdem sein ganzes Team gestorben war, und dass er auch nun wieder all seine Männer verloren hatte.

Es war klar, dass so etwas Spuren hinterließ, gerade bei einem so emotionalen Menschen wie Chris.

Er hatte nun nichts mehr, er hatte sein Team verloren, und alles, was ihm an Familie geblieben war, war seine Schwester Claire. Und Freunde… die, die er eigentlich hatte, hatte Chris im Stich gelassen, er hatte sich seit Ewigkeiten bei niemandem mehr gemeldet. Bei Jill nicht, bei Barry nicht…
 

Genau aus diesem Grund saß er nun hier, nicht in einem der Büros, sondern im Zimmer der B.S.A.A.-internen Psychiaterin. Und die blonde Frau, die ihre schmale Lesebrille zurechtrückte und ihn besorgt und ernst ansah, war nicht alleine in diesem Raum.

Neben ihr stand eine weitere Frau, die ihn ebenso ernst und besorgt ansah, das rot-braune Haar genau so kurz wie damals, vor 15 Jahren.

Noch so eine Freundin, die Chris im Stich gelassen, bei der er sich seit Jahren nicht wirklich gemeldet hatte.

Rebecca wirkte noch immer so jung, als wäre sie kaum einen Tag gealtert. Wenn er sich dagegen selber mal ansah… Wenn man ein Foto aus seiner S.T.A.R.S.-Zeit sah, hätte man ihn vermutlich kaum wiedererkannt.

Warum war sie hier? Sie war Biochemikerin, Forscherin, sie arbeitete im Labor, meistens nicht einmal im Gebäude der BS.A.A.. und mit Psychiologie hatte sie doch eigentlich rein gar nichts zu tun. Nein, das hier war nun wirklich kein Ort, an dem Chris Professor Rebecca Chambers erwartet hatte.

Wenn überhaupt, dann Jill, schließlich war diese auch Soldatin der B.S.A.A., und sie war doch seine Freundin, bis vor etwa zwei Jahren war sie sogar…

Chris brach diesen Gedanken ab und versuchte, die Erinnerung zu verdrängen.

Es hatte einfach nicht mehr gepasst, sie hatten sich im Guten getrennt, und alles war in Ordnung. Er liebte Jill ja nicht einmal mehr. Aber irgendwie…

Ja, es war so, dass es Chris gar nicht um seine Beziehung mit Jill ging, sondern vielmehr darum, dass er an sich nicht alleine sein wollte. Dass er geliebt werden wollte, dass er sich nach menschlicher Nähe sehnte. Aber irgendwie schaffte er es eben immer wieder, alles kaputt zu machen.

Claire hatte er schon um die tausend Mal versprochen, sich häufiger zu melden, und das war nun auch schon wieder fast ein Jahr her.

Zu Jill hatte er seit der Trennung nur Kontakt, wenn sie sich hier zufällig mal sahen, auf dem Weg zur Kantine, bei irgendwelchen Besprechungen, oder wenn sie einander mal irgendwelche Unterlagen ins Büro bringen mussten.

Von Barry wollte Chris erst gar nicht anfangen, und Rebecca…

Er wusste gar nicht mehr, wann er sie das letzte Mal gesehen hatte.
 

Das Schlimmste war jedoch, dass ihm nie einer Vorwürfe machte.

Wenn er sich dann doch mal bei Claire gemeldet hatte, war sie einfach erleichtert und froh gewesen, dass es ihm gut ging, und dass er seine kleine Schwester noch nicht vergessen hatte.

Und auch in Rebeccas Blick lag nun keinerlei Vorwurf.

Da war nur diese große Sorge, gepaart mit etwas Unsicherheit.

Was sollten sie nur mit diesem Mann tun?

Er wirkte immer wie ein tapferer, starker Bär, dem keiner was anhaben konnte, der sogar Albert Wesker vernichtet hatte, der ein wahrer Held war.

Aber wenn man ihn nun so sah, wirkte er einfach wie ein kleiner Teddy, ein kleiner trauriger Teddy, der einfach nur dasaß und beinahe hilflos zu den beiden Frauen sah.

Chris tat Rebecca so unendlich leid, sie wusste ehrlich gesagt gar nicht, was sie nun sagen sollte. ‚Es tut mir leid‘? War ein bisschen wenig oder? ‚Das, was passiert ist, war nicht deine Schuld‘? Das würde Chris nicht überzeugen, und so hart es auch klingen mochte, es wäre nicht wirklich wahr gewesen. Rebecca wollte ihn aufbauen, ja. Aber belügen wollte sie Chris auch nicht.

„Es… es tut mir so leid, Chris…“, murmelte sie deshalb doch einfach nur und senkte leicht den Blick.

Am liebsten hätte sie den Älteren nun einfach in die Arme genommen, ihn an sich gedrückt und ihm versichert, dass alles gut werden würde, aber auch das hätte alles nichts geändert.

Chris war ein gebrochener Mann, der so gut wie alles verloren hatte.

Und als die Psychiaterin, Miss Williams, ihn nun ansprach, und er den Kopf hob, um sie anzublicken, wirkte sein Blick mit einem Mal so erschreckend leer, dass es Rebecca regelrecht das Herz brach.



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