"Eikskild" von Ithildin ("Eichenschild" Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe (modernes Setting)) ================================================================================ Kapitel 57: am seidenen Faden (oder zwischen Leben und Tod) - 2 --------------------------------------------------------------- Ich hatte den Knopf gefühlt noch nicht ganz los gelassen, als ich auch schon eine tiefe und recht locker klingende Männerstimme durch den Lautsprecher des Funkgeräts am anderen Ende der „Leitung“ vernahm. „Hallo hier Bodenstation in Longyearbyen Erik Olesøn am Sprechfunk...was gibt’s denn Barentsøya? Ist alles in Ordnung bei euch wie geht’s Eikskild?“ Das monotone Rauschen das unweigerlich mit der Rückfrage an mich mitgeklungen hatte verstummte augenblicklich und ich wusste, dass ich dran war ihm zu antworten. Ich erinnerte mich vage an den Namen, den ich schon einmal gehört hatte. Es handelte sich bei meinem Gegenüber offensichtlich um den jungen dunkelhaarigen Nordländer mit den eisblauen Augen, der mich im Oktober mit dem anderen Piloten zusammen hier her ins Reservat auf die Insel geflogen hatte. „Hallo Erik..ich ähh...bin die Frau, die Sie gemeinsam mit ihrem Kollegen zu Beginn des Herbstes auf Barentsøya zu Eikskild geflogen haben. Erinnern sie sich...Lyria Greenleav? Ich hatte Longearbyen vor zwei Tagen schon einmal angefunkt, wurde da aber vertröstet wegen der Schlechtwetterlage. Hören Sie Erik, es geht ihm verdammt schlecht. Eikskild ist wie schon gesagt von Wölfen angefallen und übel zugerichtet worden...sein Zustand ist mittlerweile lebensbedrohlich. Er hat sich eine üble Infektion zugezogen und ist zudem kaum noch ansprechbar. Wenn Sie ihn nicht sofort evakuieren und einen Helikopter für ihn schicken, wird er das sehr wahrscheinlich nicht überleben. Ich kann an der Stelle nichts mehr für ihn tun..ich bin mit meinen körperlichen Kräften und meinem Wissen am Ende. Ich flehe Sie an Mann, es steht wirklich schlecht um ihn. Bitte, er muss schnellst möglich in ein Hospital und das am Besten gestern schon, verstehen Sie mich Erik? Sonst wird er sterben…!“ Die letzten Worte wollten kaum noch aus mir heraus, so entsetzt hörte ich meine eigene Stimme in den Transceiver keuchen. Es folgte daraufhin wie zu erwarten kurzzeitige Stille am anderen Ende der Leitung...ehe ich das vertraute Knacken vernahm, mit dem sich die Verbindung zu mir erneut aufbaute. „Ich verstehe...das klingt sehr ernst Lyria, sind Sie wirklich sicher? Ich meine wir können nicht einfach zu Ihnen auf Verdacht kommen..das wäre zu teuer, das können auch Sie sich nicht leisten. Sind Sie sich also ganz sicher, dass es keinen anderen Weg mehr gibt?“ Hörte ich ihn eindringlich am anderen Ende fragen, ehe er die Verbindung abermals unterbrach. „Ich bin mir ganz sicher...verdammt noch mal...glauben Sie etwa, dass ich mir einen Scherz mit Ihnen erlaube oder wie soll ich das jetzt verstehen junger Mann!“ Brüllte ich ungeduldig und nahezu panisch in das Sprachmodul, als ich ihm nur eine Sekunde später nicht eben nett darauf antwortete. Kaum hatte ich den Knopf los gelassen, vernahm ich sein leicht verlegenes Räuspern am anderen Ende der Leitung. „Ähh nun nein...ich nehme ihrem Wortlaut zufolge an, dass Sie uns offenbar sie Wahrheit sagen Lady. Gut passen Sie auf Lyria...die Wetterlage beruhigt sich glücklicherweise langsam. Der Sturm flaut nach und nach ab und ich denke wir können in etwa drei Stunden starten. Bis dahin soll der Wind laut Wetterdienst so stark nachlassen, dass der Helikopter es wagen kann zu ihnen über die See bis zur Insel zu fliegen. Es sind ca.120 Seemeilen...also wird es dauern bis wir da sind. Machen sie so lange alles bereit zum Abtransport und packen Sie bitte jetzt schon alles notwendige zusammen, was Eikskild und Sie brauchen werden, die Zeit drängt. Wir können vor Ort nicht lange warten, da wir nicht wissen wie sich das Wetter weiterhin gestaltet. Es kann auch sehr schnell wieder umschlagen. Also sein Sie gerüstet, wenn wir bei Ihnen eintreffen. Wir werden Sie außerdem beide mit nach Longyearbyen nehmen. Der Trapper muss sofort ins Hospital, wenn es stimmt was Sie sagen Lyria und Sie können als Touristin ohnehin allein nicht auf Barentsøya in der Hütte bleiben, das wäre viel zu gefährlich...schon allein der Eisbären wegen. Wir wollen nichts riskieren“...knack...die Verbindung brach unwillkürlich ab. „ABER WAS IST MIT DEN HUNDEN, DIE KANN ICH DOCH NICHT ALLEIN ZURÜCK LASSEN?!“ Keuchte ich ihm hastig und entsprechend lautstark erschrocken in das Gerät, sobald ich wieder auf Sendung war und er mich hören konnte. Knack...die Verbindung unterbrach erneut… „Was Hunde, wovon in aller Welt sprechen Sie da überhaupt Lyria?“ Hakte Erik indessen völlig verwirrt und fassungslos nach, als ich den Knopf zum Sprachmodul endlich wieder los gelassen hatte. „Na Eikskilds vier Huskys und mein eigener Hund...davon spreche ich Mann! Wollen Sie jetzt etwa von mir erwarten, dass ich die armen Tiere einfach so ihrem Schicksal überlasse?“ Fuhr ich nicht minder erregt fort, als sich die Verbindung auf die Hauptinsel von Svalbard wieder aufgebaut hatte. Doch da kam bereits die entsprechend hastige Rückantwort von Erik Olesøn. „Ähhh warten Sie Lyria..einen Moment noch...ich habe da so eine Idee...ist vielleicht etwas verrückt könnte aber gehen...einen Augenblick noch….bitte!!“ Indem konnte ich hören wie er den Sprechknopf los ließ und hastig auf norwegisch mit einem Kollegen debattierte, der offenbar ganz in der Nähe war und unser Gespräch unweigerlich mitgehört haben musste. Nur etwa fünf Sekunden später als sie fertig waren erfolgte die Rückantwort an mich. „Lyria? Hören Sie...wir werden mit dem großen Frachthubschrauber kommen. Es gibt außerdem Transportboxen in der Quarantänestation für zu nahe an den Siedlungen herum streunende Eisbären am Rande von Lonyearbyen. Die für die Jungtiere werden wir mitbringen und die Hunde für den Abtransport dort hinein sperren. Machen Sie sich also keine Sorgen deswegen. Ich habe außerdem eben mit dem zuständigen Tierarzt der Station gesprochen. Sie können Eikskilds Huskys vorerst dort unterbringen. Die Station hat noch ein paar leere Käfige übrig, dort sind die Hunde gut aufgehoben, bis es Eikskild wieder besser geht...und noch etwas, der zuständige Notarzt wird den Flug begleiten, dem können Sie dann alles weitere erklären was nötig ist...bis in ein paar Stunden, wir sehen uns da!“ Longyearbyen Ende!“ Das Funkgerät verstummte augenblicklich mit einem lauten Knacken. „Ich habe verstanden Longyearbyen...over and out!“ Hörte ich mich noch ein letztes Mal unendlich erleichtert und kraftlos antworten...dann warf ich das Sprechmodul wie ferngesteuert zurück auf das Regal in dem der Transceiver stand. Noch im selben Atemzug machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte regelrecht zu meinem Platz hin und ohne weiter darüber nachzudenken stopfte ich intuitiv alles was ich dachte das brauchbar sein könnte an meinen Sachen in den Traveler Rucksack hinein..inklusive meiner persönlichen Papíere, der Scheckkarte und des wenigen Bargeldes das ich noch besaß. » Sicher ist sicher. Fuhr es mit dabei ein wenig unwohl durch den Kopf, denn ich wusste ja nicht wo ich in Longyearbyen untergebracht werden würde oder schlicht so lange wohnen sollte? Doch das war jetzt wohl erst einmal mein kleinstes Problem, das es zu lösen galt, denn kaum hatte ich das erledigt, machte ich mich umgehend daran auch Eikskilds Sachen einzupacken. Ich fand zu diesem Zweck in seinem Kleiderschrank eine nicht besonders moderne aber dafür recht komfortable dunkle Ledertasche, die mit ungewöhnlichen Mustern und Ornamenten bestickt war und eine ausnahmslos schöne sowie prunkvoll gearbeitete Messing Schnalle hatte, die einem sofort ins Auge stach...diese Tasche war etwas ganz besonderes. In sie packte ich schließlich ohne zu zögern alles das ein, was ich an nützlichen Sachen fand, die ihm gehörten...alles nötige an sauberer Wäsche zum Wechseln, wobei ich nicht ansatzweise so etwas wie einen halbwegs vernünftigen Pyjama finden konnte..denn außer seinen verflixten langen unsexy Strampelanzügen schien Mann im Allgemeinen über so etwas irgendwie nicht zu verfügen. Doch damit nicht genug..packte ich auch seine Winterjacke und Stiefel dazu und eben alles was ich sonst noch wichtig fand. Kaum damit fertig geworden merkte ich, dass ich mittlerweile ganz schön ins Schwitzen geraten war...aber dann fiel mir ganz plötzlich sieden heiß noch etwas ungemein wichtiges ein und zwar, dass wir die Hütte ja unweigerlich für einen längeren Zeitraum verlassen würden...es würde also niemand mehr da sein um darauf aufzupassen...und wer wusste schon für wie lange? Indem erinnerte ich mich erschrocken daran, dass es da ja noch so ein paar Dinge gab, die für den Trapper mehr als alles andere zählten, ja die ihm überaus kostbar waren. Ich dachte da beispielsweise an den Harnisch..seine Waffen und diesen komischen weißen Stein in seiner Kaffeedose. Alles das war für eventuelle Diebe gefundenes Fressen, wenn ich sie völlig schutzlos zurück lassen würde. Also machte ich mich daran auch diese Dinge ordnungsgemäß zu versorgen..ich holte die Waffen aus ihrem jetzigen Versteck in der Hütte heraus und bereute diese Idee nur einige Augenblicke später bereits angesichts der verfluchten Schwere, die sie für mich aufwiesen und so kaum für mich als schwache Frau zu stemmen waren. Aber ich brachte es dennoch wieder erwarten irgendwie fertig sie allesamt wieder unter dem losen Bodenbrett im Schuppen zu verstauen..inklusive Eikskilds übrigen Gewehren. Wovon ich nur ein einziges für mich zurück behielt, auch da ich mich in Longyearbyen ja auch irgendwie auf den Straßen bewegen musste und dort möglichst keine weitere Bekanntschaft mit einem Bären mehr machen wollte. Einmal hatte mir dahingehend völlig genügt...ein weiteres mal brauchte ich eine solch intensive Begegnung gewiss nicht mehr, schon gar nicht unbewaffnet. Zum guten Schluss holte ich noch rasch die Kaffeedose aus dem Küchenkasten und vergewisserte mich, dass der kostbare Stein noch darin lag. Dann legte ich sie zu den übrigen Sachen und verschloss die Bodendielen gewissenhaft, wo ich sie mit allerlei an altem Gerümpel tarnte, so dass es nicht weiter auffallen konnte. Also dafür musste Mann mir aber mehr als dankbar sein..soviel war jetzt schon sicher! Als ich das endlich erfolgreich hinter mich gebracht hatte hastete ich weiter zum Schuppen in dem die Hunde untergebracht waren. Ich gab ihnen allen zu fressen und zu saufen, damit wenigstens das erledigt war, wenn der Hubschrauber kam. Dann bekamen alle fünf noch eine kurze Streicheleinheit ehe ich mich schweren Herzens zurück ins Haus begab, um endlich wieder nach Eikskild zu sehen. Um alle Aufgaben zu erledigen hatte ich etwa knappe anderthalb Stunden gebraucht...und jetzt saß ich gewissermaßen im Schweiße meines eigenen Angesichts an seinem Bett und versuchte ihm vorsichtig von den Resten des aufgebrühten Kräutertees einzuflößen, wobei er kaum noch etwas davon schluckte, aber interessanterweise gerade so als ob er es intuitiv ahnen würde kurzzeitig zu sich kam. Er sah mir dabei mit fiebrig glänzenden Augen entgegen und wollte ansetzen etwas zu sagen, doch ich legte ihm zärtlich die Fingerspitzen auf den Mund und hielt ihn mit sanftem Nachdruck zurück. „Schhhhh...sag jetzt nichts...das strengt dich viel zu sehr an. Der Helikopter kommt bald, ich habe ihn zum Glück endlich her rufen können. Wir bringen dich von hier weg in ein Krankenhaus in Lonyearbyen. Alles wird gut...hörst du? Du hast es fast überstanden Eikskild. Bitte du darfst jetzt nur nicht aufgeben. Sie sind bald da, du musst nur noch eine Weile durchhalten...dann haben wir es geschafft. Ich werde dich bestimmt nicht allein lassen, ich verspreche es dir!“ Ich spürte wie er seine Hand hob und mit schwachem Widerstand versuchte meine von sich fort zu schieben. „Was sein mit den Hunden...wir sie können doch nicht hier allein zurück lassen?“ Konnte ich ihn mir nur einen Moment später als es ihm gelungen war kaum vernehmbar entgegen flüstern hören. Ich sah ihn an und schenkte ihm dafür ein spontanes und liebevolles Lächeln. „Mach dir keine Sorgen um die Hunde Eikskild, wir werden sie einfach mitnehmen. Erik Olesøn hatte eine glänzende Idee, die Piloten haben Transportboxen aufgetrieben in denen sie normalerweise die Störenfriede von Eisbären packen und in die Quarantänestation verfrachten, wenn sie im Herbst zu früh auf Svalbard auftauchen.“ Antwortete ich ihm leise, wobei ich den Trapper eindringlich ansah. „Sein das dein Ernst?“ Hörte ich ihn mir erschöpft aber trotzdem nicht gerade mit Begeisterung entgegen grollen. „Ja das ist mein Ernst, es ist die einzige Möglichkeit und das wissen wir beide. Ich kann von der Verwaltung des Nationalparks aus nicht alleine hier auf der Insel bleiben. Sie lassen mich nicht ohne dich...also müssen die Hunde und ich zwangsläufig mit dir mit...so einfach ist das, du sturer Kerl von einem nordischen Mannsbild und jetzt gib endlich Ruhe und sieh lieber zu, dass du dich nicht so aufregst denn es schadet dir nur. Ruh dich lieber aus...ich bitte dich und vertrau mir nur ein einziges Mal. Ich regele das schon, es wird ihnen nichts geschehen oder glaubst du vielleicht ich ließe es zu, dass sie Keira und die anderen Hunde schlecht behandeln würden?“ Schnaubte ich ihm somit ebenso ungehalten entgegen, woraufhin ich ihn plötzlich schwach nicken sah. „Ich wissen, dass du es gut machen und ich werden dir vertrauen Lyria. Du sollen auch wissen dass ich dir für alles danken, was du für mich getan haben“... …..Eikskilds Stimme erstarb urplötzlich unter dem lauten Geräusch von sich schnell nähernden Rotorblättern und dem damit verbundenen unverwechselbaren Lärm. Ich sah ihn an...dann schrie ich vor Erleichterung und Glückseligkeit alles aus mir heraus. „Der Helikopter...oh Gott sie sind da...sie sind endlich gekommen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)