"Eikskild" von Ithildin ("Eichenschild" Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe (modernes Setting)) ================================================================================ Kapitel 42: eine (vollkommen) unerwartete Begegnung --------------------------------------------------- Wir beide verloren kaum mehr ein Wort über den Vorfall während unseres mehr oder minder unfreiwilligen Zusammentreffens nach dem für uns beide so peinlich endenden Saunagangs und doch lag es greifbar in der Luft, denn auch ohne dass es einer von uns aussprach, war es ihm und mir klar geworden, dass wir emotional längst stärker aneinander gebunden waren, als uns das lieb sein konnte...nein um genau zu sein, als es MIR lieb sein konnte, denn ich blieb steif und fest dabei, mir auch weiterhin einzureden, dass ich ihn im Frühling hier zurück lassen würde...dass ich zu unser beider Wohl gehen musste...auch wenn mir mein Herz längst etwas ganz anderes sagen wollte, als mein Verstand. So vergingen einige Tage an denen wir es tunlichst vermieden hatten, einander so gut es eben ging in die Quere zu kommen und jeder sich soweit zurück gezogen hatte, wie es in diesen beengten Verhältnissen wie den unseren eben möglich war. Ich hatte mich wieder über mein Tagebuch her gemacht und alles fein säuberlich vermerkt, was mich beschäftigte und auch was mich gefühlsmäßig bewegte. Meinem Tagebuch gegenüber konnte ich wenigstens ehrlich sein...es würde mich bestimmt nicht für irgend etwas verurteilen und so vertraute ich mich dem an, was ich offen gesagt anderweitig für völlig unmöglich hielt. Ich beichtete dem toten Gegenstand aus weißen Blättern und Linien, dass ich mich längst in Eikskild verliebt hatte...ja dort und nur dort gelang es mir, meinem Inneren ehrlich das Herz auszuschütten und das auszusprechen, was mich insgeheim so stark beschäftigte. Es war eine Tatsache und ich wusste es...ja ich war in ihn verliebt...und das bis über die Ohrenspitzen hinweg...so sehr, dass mein Herz bis zum Hals hinauf schlug, wenn er mir auch nur ansatzweise zu nahe kam. Und so gab es nur einen einzigen Weg, ich musste ihn mir vom Hals halten, koste es was es wollte. Er sollte es nicht sehen...ich wollte nicht, dass er es irgendwie erfuhr…denn dann würde ich niemals mehr den Mut aufbringen, ihn im Frühling zu verlassen...auch das wusste ich. Ich versuchte es zunächst mit barscher Höflichkeit doch es führte zu nichts, als dass wir uns andauernd in die Haare bekamen und teilweise heftig stritten, solange bis der Trapper wieder einmal seine Hunde und meinen Hund nahm um in die schneebedeckte frostige Weite der Tundra zu „flüchten“ wenn es ihm reichte. Also änderte ich meine Strategie indem ich zwar nett zu ihm war, aber deutlich auf Distanz blieb. Bis auf die paar wenigen gelegentlichen Schachpartien bei denen wir gegeneinander antraten, die aber noch immer viel zu häufig zu seinen Gunsten ausfielen und so nicht sonderlich viel Begeisterung bei mir hinterließen, weil sie mir seine überragenden Fähigkeiten als Stratege und auch seine überraschend hohe Intelligenz demonstrierten...die ich bisher nur bei sehr wenig Männern in meinem Umfeld hatte erleben dürfen. Aber sie boten uns beiden doch auch die seltene Gelegenheit, dass wir uns weitestgehend ungezwungen miteinander unterhalten konnten und ich staunte dabei nicht schlecht darüber, wie emsig und clever er sich meinen Wortschatz weiter aneignete und dazu lernte. Und eins konnte ich mit Sicherheit sagen...Eikskild lernte verdammt schnell..bald war er bis auf den noch immer fürchterlich schiefen und zum Teil immer noch katastrophalen Satzbau durchaus in der Lage, auch deutlich schwierigere Sachthemen meiner Sprache zu erfassen und zu verstehen, beziehungsweise es auch in die entsprechenden Worte zu fassen, die für ein echtes Gespräch zwischen uns nötig waren. So versuchte ich mich beispielsweise ansatzweise über Politik und dem Weltgeschehen mit ihm zu unterhalten, weil ich wissen wollte, was MANN so von der Welt um sich herum hielt...und es waren zum Teil sehr aufschlussreiche und interessante Unterhaltungen, die wir beide dabei führten. Der Trapper war ein kluger weitsichtiger Mann, mit dem Herz auf dem rechten Fleck...das hatte ich inzwischen mehr als deutlich begriffen...und er imponierte mir...allein mit seinem eisernen Willen, diesem öden Flecken Erde allen Widrigkeiten der Natur zu trotzen..und das ohne jede Hilfe, ganz allein. Denn wenn ich fort war, würde er es unzweifelhaft wieder sein..und der nächste Winter würde kommen...ganz sicher! Allein das war es, was mir Hochachtung vor ihm ab rang, die ich am Anfang nicht mal ansatzweise verstanden hatte..ich hatte nicht verstanden, was das hieß ein solches Leben zu fristen, wie er das tat. Aber jetzt nach der Zeit in der ich bei ihm war, konnte ich es sehr viel besser nachvollziehen und musste den Mann schon dafür bewundern, denn aus einem solch zähen Holz wie er war sicher nicht jeder geschnitzt..dazu musste man(n) meiner Meinung nach geboren werden... Heute war wieder einer dieser Abende an dem wir schon länger als zwei Stunden vor dem Schachbrett brüteten um zu versuchen, den anderen in die Knie zu zwingen und (hoffentlich) Matt zu setzen...ich hatte meinen nächsten Zug bereits getan und meinen schwarzen Läufer in „Feindesgebiet“ vorrücken lassen. Eikskild der mir am Küchentisch gegenüber saß, war an diesem Abend ungewöhnlich schweigsam und ich bemerkte irgendwann den seltsam abwesend wirkenden Glanz in seinen blauen Augen, die mir im Halbdunkel des Raumes in einem eigenartig fahlen Licht entgegen schimmerten. Der Trapper hatte das markante Gesicht schwer in die Hände gestützt und machte den Eindruck als wäre er gedanklich Äonen weit fort… „Du bist am Zug..was ist...willst du hier übernachten oder was?“ Kommentierte ich meinen nicht unriskanten Zug mit einem herausfordernden Grinsen in seine Richtung, doch er sprang nicht darauf an...im Gegenteil ich sah ihn mit einem mal unvermittelt wie aus einem Traum hoch schrecken. „WAS? Was haben du gesagt Lyria? Oh du mir verzeihen, ich haben dir eben nicht zuhören...ich sein wohl ganz in Gedanken versunken.“ Hörte ich ihm mir plötzlich sehr leise aber ungewöhnlich eindringlich antworten wobei sich ein schmales Lächeln auf seine Lippen schob und mir einen seltenen Blick auf seine makellos weißen Zahnreihen verschaffte...die mich verwirrt aufmerken ließen. „Ja DAS sehe ich! Was ist los mit dir...willst du dich etwa schon geschlagen geben?“ Hakte ich damit nicht weniger provokativ in seine Richtung nach..doch ich merkte nur wie er mich plötzlich völlig entgeistert anstarrte...ehe er sich ruckartig aufrichtete und hastig die Hände vom Tisch nahm...wobei er unbeabsichtigt die Figuren umstieß die haltlos zu Boden kullerten… Doch der Trapper achtete nicht darauf, sein Blick war unterdessen weiterhin starr zur Türe hin gerichtet..so als würde er gleich jemanden erwarten..obwohl das nicht sein konnte...denn es hatte sich niemand angekündigt und das Wetter war im Augenblick ebenfalls eindeutig zu schlecht um vom Festland herüber zu fliegen..selbst mit dem robusten russischen Uralt Helikopter, der nahezu unverwüstlich war. Und dennoch vernahm ich seine tiefe Stimme auf einmal so zuversichtlich und nachdrücklich, so als wüsste der Trapper etwas, das ich nicht wissen konnte... „Es kommen jemand...ich können einen Motorschlitten hören…er sein bald da!“ Konnte ich den merkwürdig alarmierten Tonfall so klar und deutlich von ihm hören, dass es mich unvermittelt stutzig machte. Ich fuhr damit ebenso verwirrt von meinem Platz hoch, denn ich hatte bisher nichts dergleichen vernommen. „Ach echt? Und warum höre…?“ « ...ICH dann nichts? » Hatte ich noch zu ihm sagen wollen, doch da war es schon zu spät, denn da hatte ich bereits das Geräusch vernommen, dass er offensichtlich weitaus früher vor mir wahrgenommen hatte. Denn noch In dem Moment als diese Worte meine Lippen verließen, hörte ich das typische Aufheulen eines Motors in der Ferne, das von draußen zu uns herein drang, ebenso deutlich wie er es gehört haben musste. Er hatte recht..da kam wirklich jemand...und zwar ganz eindeutig in unsere Richtung...und ja es klang tatsächlich unverwechselbar nach einem Motorschlitten. Noch bevor es mir gelungen war meine Fassung halbwegs wieder zu erlangen, war Eikskild schon auf den Beinen und mit vier großen Schritten beinahe an der Türe angelangt..ich sah ihn mit zwei geschmeidigen Bewegungen nach seinem warmen Pelzmantel und zugleich nach seinem Gewehr greifen..dann war er auch schon draußen vor der Tür. Eilig riss ich meine dicke Daunenjacke von der Garderobe und folgte ihm, wenn auch weitaus weniger geschmeidig, da mir der Schreck noch in den Gliedern saß und ich zudem in meine Jacke schlüpfen musste, die er selbst schon am Leib trug. Wie schnell er das geschafft hatte in seinen Mantel zu kommen, blieb mir bis dato allerdings ein Rätsel. Doch da zog der immer schneller näher kommende Motorschlitten bereits all meine Aufmerksamkeit auf sich und ich sah auch, wie angespannt Eikskild wirkte, der nur eine Schrittlänge vor mir stand und dem Gefährt entgegen blickte. „Ein Glück es sein nur einer...ein Fahrer Lyria..nicht mehr!“ Hörte ich ihn mir leise aber eindeutig warnend entgegen flüstern. Ich nickte indessen knapp. „Vielleicht ist es ja Yokky?“ Antwortete ich ihm einen Augenblick später halbherzig, schon weil mir da sehr deutlich klar wurde, dass es nie und nimmer der hochgewachsene Trapper mit der wilden Mähne sein konnte..denn dieser da der auf dem Motorschlitten saß, war allein von der Körperstatur wesentlich kleiner...viel kleiner als der gutgelaunte, hünenhafte Freund des Trappers um genau zu sein. Eikskild drehte sich ganz plötzlich halb zu mir um… „NEIN..das sein gewiss nicht Yokky, das hätten ich schon längst bemerkt. Es sein eindeutig ein Fremder, du daher besser vorsichtig sein, ich nicht wissen was er von uns wollen?! Vielleicht sein es auch nur ein Tourist der sich aus dummen Zufall hier her verirrt haben..aber wir es nicht sicher wissen. Du bleiben so lange besser hinter mir, bis wir es wissen. Ich werden ihn ansprechen..haben du das verstanden?“ Hörte ich seine tiefe Stimme eindringlich befehlend in meine Richtung dringen...und ich sah so auch die Sorge in seinen Augen, er war sich nicht sicher was da auf uns zukam...vielleicht das erste Mal überhaupt seit ich ihn kannte und so nickte ich nur knapp. „Klar ich habe verstanden...natürlich, du hast das Gewehr Eikskild und nicht ich..aber sei trotzdem vorsichtig hörst du?“ Konnte ich mich ihm betont um Gelassenheit bemüht antworten hören...alles was ich darauf von ihm erntete war ein leises kurz angebundenes Grollen, das tief aus seiner Kehle drang, dann war der Fremde auf seinem Motorschlitten nahezu in Sichtweite. Er fuhr weiter in höchster Geschwindigkeit auf die Hütte zu und bremste erst ab, als er uns beide unmittelbar vor der halbgeöffneten Türe stehen sah, aus der Licht fiel und die Dunkelheit in angenehmer Sicherheit durchdrang. Es war eiskalt, der Fahrer des Schlittens war dick in warme Outdoorkleidung eingepackt und hatte Kopf und Gesicht durch Kapuze über der Mütze, sowie dicke Schals geschützt...dass man beim besten Willen nicht auf Anhieb erkennen konnte, ob es sich hierbei um einen Mann oder eine Frau handeln könnte. Erst als er ganz nahe war, bremste er und stellte den Motor ab..soweit ich es sehen konnte, war er unbewaffnet..aber das konnte durchaus täuschen, denn sein Gewehr könnte er auch auf dem Schlitten abgelegt haben. Eikskild sah ihm während dessen weiterhin angespannt und höchst alarmiert entgegen, ich bemerkte es daran, wie er sich straffte schon bereit den Fremden anzusprechen der inzwischen abgestiegen war und mit großen Schritten durch den tiefen Schnee watend auf uns zu gestapft kam...bisher hatte er noch keinen Ton gesagt, ehe er nicht in Hörweite war. Doch als ich einen Augenblick lang in das Gesicht des Trappers sah, mit dem er sich halb zu mir herum drehte..als ich sah, wie das blanke Entsetzen, sowie nackte Ungläubigkeit nach ihm griff...die ihn beim Anblick des Fremden sämtliche Farbe im Gesicht zu rauben schien und Eikskild weiß wie ein Laken werden ließ, genau der Anblick erschreckte mich zutiefst und eine gewisse Vorahnung beschlich mich…ohne es genauer erfassen zu können. Er musste ihn kennen...DEN der da auf uns zukam...ja irgendwie kannte Eikskild diesen Fremden...und ich hörte ihn auch hastig etwas vor sich hin murmeln…doch seine Stimme klang nahezu tonlos, als er zu sich selbst sprach. „Mahal..so wie er sich bewegen...ich kennen es...ich wissen es..aber er können es nicht sein...oder doch? Ab..aber das sein einfach nicht möglich..?!“ Indem war der Fremde so nahe gekommen, dass er nicht mehr als ein Stück vor uns an der Hütte anhielt...er sah uns entgegen und hob die flachen Hände in seinen übergroßen Fäustlingen beide zum Gruß, wobei er im Anschluss daran rasch Kapuze und Schal vom Gesicht fort zog, damit man ihn erkennen konnte. Ich sah somit ganz plötzlich in das offene Gesicht eines noch jungen Mannes, mit dunklem Dreitagebart und langem dunkelbraunem Haar, sowie ebensolchen eindringlich dunkelbraunen Augen..mit dem er uns beiden ein ebenso überraschtes wie kurzes verlegenes Lächeln schenkte. Aber noch bevor er etwas sagen konnte, hörte ich Eikskild auf eineml heftig und entsprechend erregt in die Stille keuchen... “Khazad ai menu...Mahal….KILI…du bist es wirklich!” Ich sah bei diesem Satz des Trappers noch den letzten kläglichen Rest an Farbe aus seinem Gesicht weichen und merkte, dass er beinahe sein Gewehr fallen ließ und kurz davor war zu straucheln… “Gamut manun Irak’adad...gamatu yenet menu”… sagte der junge Mann leise, als fiele ihm das Sprechen ebenso schwer und ich sah zutiefst verblüfft dabei zu, wie er mit einem Mal eilig auf den Trapper zulief, wo er ihm ganz plötzlich um den Hals fiel… "Mein Junge....hörte ich Eikskild leise keuchen...oh Schöpfer, mein Junge...das träume ich doch nur? Bitte sag mir, dass das kein Traum ist!” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)