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Min Vilya ye Arda AR mennai an Tyel in Tingilya

Zwischen Himmel und Erde UND bis zum Ende der Sterne
von

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ein geraubter Kuss - er neithan miqe

er muile neithan miqe yen ye mornië - ein heimlich "geraubter" Kuss in der Dunkelheit
 

Thorin war von ihrem Anblick, von dem was er da sah jedoch noch immer so offenkundig verblüfft, dass er tatsächlich kaum den notwendigen Verstand besaß, sich schleunigst und möglichst unauffällig, wie nur irgend machbar wieder zurückzuziehen, so dass sie ihn nicht bemerken würde. Aber irgendwann ein paar Sekunden später, in denen er sie in etwa angestarrt hatte, als wäre sie eben zusammen mit einem wilden Warg aus dem Bett gestiegen, gelang es ihm dann doch irgendwie, sich von diesem für ihn noch immer vollkommen unwirklichen Bild loszureißen.
 

Da war also etwas geheimes, das an dieser für ihn so undurchschaubaren, wie außergewöhnlichen Frau war und ihm damit eindeutig anzeigte, dass ihr hochgeschätztes Elbenblut längst nicht so unverfälscht durch ihre Adern floss, wie sie es wohl gerne für sich gehabt hätte. Er kam nicht umhin, eine gewisse Befriedigung darüber zu verspüren, die ihm anzeigte, dass auch sie nicht gänzlich unfehlbar war und in ihrer ach so selbstherrlichen elbischen Arroganz, die sie auf die eine Art für immer unsterblich machen würde zumeist vergaß, dass gut die Hälfte ihres Blutes zweifelsfrei aus seiner Sippe entstammte.
 

UND er wurde sich im selben Moment ebenso deutlich darüber klar, dass er wirklich im Begriff war, sie auf eine ihm vollkommen unerklärliche Art und Weise an sein Herz heran zu lassen, wie er es noch nie zuvor bei jemandem Fremden getan hatte...zumindest nicht bei einer Frau und schon gar nicht so, wie es jetzt mit ihm geschah. Der Zwergenmann schluckte diese für ihn einerseits bittere Erkenntnis eilig hinunter und trat statt dessen, so lautlos wie nur irgend machbar den Rückzug an, damit sie ihn möglichst nicht entdeckte. Er wollte warten, bis sie wieder zu Bett gegangen war, um endlich selbst an die frische Luft zu kommen.
 

Also legte er sich in dem Fall noch einmal hin, doch mit dem wieder Einschlafen war das so eine Sache. Viel mehr lag er wach in der Dunkelheit, der kleinen Höhle und lauschte auf die leisen Nachtgeräusche, die ihn umgaben. Das kaum wahrnehmbare Schnarchen von Fili, die gleichmäßigen leisen Atemzüge, die von seinem jüngeren Neffen Kili kamen und dazu das leichte knacken des Holzes, das dem Spannungsausgleich von Wärme und Kälte unterlag und so zuweilen seltsam gespenstische Geräusche verursachte.
 

Er konnte nicht mehr einschlafen, so sehr er es gewollt hätte. Allerlei wirre Gedanken jagten ihm durch den Kopf, wie spitze Geschosspfeile. Er grübelte darüber nach, was er eben ungewollt mit angesehen hatte.
 

Sie war so vollkommen anders, als alles, was er jemals mit einer Frau seinem Weltbild entsprechend in Verbindung gebracht hatte...oder na ja nicht gänzlich. Irgendwie erinnerte ihn diese fremde Halbelbin unwillkürlich in einigen Zügen stark an seine jüngere Schwester Dis. Diese hatte nämlich einen ganz ähnlichen Dickkopf aufzuweisen, wie es ihm schien. Ja Lyriel war Dis an einigen Stellen ungleich ähnlicher, wie er wohl wahr haben mochte. Diese unbeugsame Willensstärke, ihr Mut und ihre fast schon kämpferisch anmutende Entschlossenheit. Das waren Eigenschaften, die auch seine einzige Schwester charakterlich auszeichneten, ebenso wie diese für ihn völlig fremde Frau.
 

Dazu kam noch, dass Lyriel sich in der Regel kein Blatt vor den Mund nahm. Sie war bestechend ehrlich und außerdem von einer solch ausdrucksstarken Selbtsicherheit behaftet, die ihm unversehens einiges an Respekt und Bewunderung abrang. Frauen wie er sie kannte, waren bis auf Dis zumeist alle ganz anders gewesen. Eher gefügsam devot und damit auch stark darum bemüht, ihm allesamt zu gefallen. Die Mehrzahl seiner Gefolgsleute, bis auf ein paar wenige enge Freunde wagten es ohnehin nicht, ihm in irgend einer Weise zu widersprechen, noch seinen Wünschen nicht nach zu kommen.
 

Thorin war es daher gewohnt, alle seine Befehle ausnahmslos ausgeführt zu wissen, jederzeit über alles zu verfügen, wonach ihm gerade der Sinn stand. Nun ER war ja zweifellos der legitime König des Erebor und damit der Fürst aller Zwerge seines Volkes, warum hätten ihm seine Untergebenen also nicht bedingungslos gehorchen sollen? Das war für ihn somit das normalste auf der Welt.
 

Diese in seinen Augen noch so jung wirkende Frau halbelbischen Blutes bereitete ihm zusehends Kopfschmerzen. Sie widersetzte sich ihm unbemerkt und dabei so äußerst geschickt, dass man es ihr zumeist nicht so sehr anmerkte.
 

Sie war zu allem Überfluss klug und dazu noch ungewöhnlich schlagfertig in ihrer Wortwahl, was er ja selbst schon am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte. Eigenschaften die ihn unbewusst stark an ihr beeindruckten, auch da es etwas fremdländisches an sich hatte, das er nicht kannte. Eigenwillige Frauen wie sie, waren dem Zwergenmann gänzlich unbekannt und entwickelten daher langsam aber stetig einen ganz eigenen Reiz für ihn, dem er sich nicht länger zu entziehen vermochte.
 

Ein leises Geräusch ließ ihn plötzlich aus seinen verwirrenden Gedankengängen hochschrecken und statt dessen unwillkürlich kurz die Luft anhalten. Er hatte angenommen, dass sie sich nachdem sie fertig wahr, wohl wieder zum Schlafen hinlegen würde, aber offenbar war dem nicht so. Thorin bemerkte mit einem Mal deutlich, dass sich ihm das unverkennbar leise Geräusch näherte, das nackte Fußsohlen auf dem Boden verursachten. Sie kam ganz eindeutig in seine Richtung...offenkundig nichts davon ahnend, dass er nicht schlief, wie er es eigentlich längst tun sollte.
 

Hastig schloss er die Augen und tat dabei so, als wäre er schon lange in den Tiefschlaf gesunken.
 

Lyriel, die von alledem nichts wusste, wollte nichts weiter, als das scharfe Messer eigentlich nur wieder zurück in den Spülstein bringen, das sie sich heimlich für den unschönen Zweck, der leider nicht zu vermeidenden Prozedur geliehen hatte, um ihrem lästigen Übel des übermäßigen Haarwuchses, an den für sie völlig falschen Stellen her zu werden. Auch damit möglichst nicht weiter auffiel, dass sie das Messer von dort weg genommen hatte. Dabei musste sie jedoch gezwungenermaßen an Thorin vorbei, dessen momentane Lagerstätte auf halbem Wege zu selbigem lag. Sie bemühte sich daher möglichst leise zu sein, um ihn oder die anderen Schläfer im Raum nicht zu wecken.
 

Doch als sie an sein Bett gelangt war, blieb sie unvermittelt stehen...er merkte, wie sie einen leisen Seufzer ausstieß und dann etwas für ihn unverständliches vor sich hin murmelte. Es waren eindeutig elbische Worte, da er sie nicht verstehen konnte und doch sagte ihm sein Bauchgefühl überdeutlich, dass sie unweigerlich etwas mit ihm zu tun haben mussten.
 

Denn urplötzlich beugte sie sich ein Stück zu ihm hinunter...als wollte sie sich vergewissern, dass er immer noch am Leben war. Er spürte so, wie ihr langes dunkelrotes Haar offen auf seine nackten Schultern fiel, denn es kitzelte ihn. Sie nahm ihm damit ungewollt das schwache Mondlicht, das ihm vorhin in kristallin schimmernden, langen Silberstreifen auf das Bettlager gefallen war und verdeckte es so, dass er jetzt vollkommen für sie unsichtbar im Dunkeln lag.
 

Ihr warmer Atem kam näher, kurz über seinem Mund geriet er für einen Augenblick ins Stocken, als wollte sie lediglich nachprüfen, dass er noch atmete. Aber ihm kam es dabei eher so vor, als ob sie tatsächlich die verrückte Absicht anstrebte, ihn küssen zu wollen. Ja es war in der Tat so nicht mehr als ein Wimpernschlag, den sie von ihm entfernt war, so nahe spürte er die angenehm warme Weichheit ihrer Lippen über seinen, die ihn doch nicht berührten. Anstatt dessen flüsterten sie etwas nahezu lautloses in die Dunkelheit zwischen ihnen hinein, etwas das er zu seiner grenzenlosen Überraschung diesmal sogar verstand, da sie es ob durch puren Zufall oder auch Absicht im Wortlaut des Westron aussprach.
 

„Wenn du wüsstest Zwerg..wenn du nur wüsstest...wie sehr du mich all meiner grundlegenden Prinzipien beraubst...wie sehr du mich zweifeln lässt, was nun richtig und was falsch ist? Und doch darf es nicht sein, hörst du? Es wird niemals etwas zwischen uns sein...oder ich würde mich für alle Zeit selbst verleugnen!“
 

Sie brach unvermittelt ab, er spürte wie ihr Atem auf seine Lippen blies, ganz zart und doch so offenkundig erschrocken darüber, wie sehr er sie verunsicherte. Indem verstand er endlich vollständig, dass es ihr dem Anschein nach, nicht anders erging wie ihm. Sie mochte ihn, sogar mehr als er bisher angenommen hatte und zugleich wusste sie, dass sie es ihm niemals offen zeigen durfte.
 

Mit dieser schmerzlichen Erkenntnis tat sie es...einfach so. Vielleicht in der Annahme, es wäre ohnehin das letzte Mal, dass sie ihn so verletzlich, so unschuldig ja nichts von alledem wissend vor Augen hatte. Auch da er schon in wenigen Tagen aufbrechen würde, sobald sein gesundheitlicher Zustand es zuließ. Dann war er weg, unvermeidlich und für immer...auch das wusste sie und damit tat sie es, sie konnte einfach nicht anders.
 

Bereits im selben Moment als Thorin die Augen aufschlug und sie verwirrt ansah, fühlte er in der Dunkelheit, wie ihre Lippen sich zögernd und vorsichtig tastend auf seine senkten. Damit lagen sie unwiderruflich auf seinen, noch einmal und so unvergleichlich und sehnsuchtsvoll, wie ehedem als sie es schon einmal getan hatte.
 

Er fühlte das schwache verräterische Zittern, das sich dahinter verbarg, die weiche Wärme, ihr Geschmack, der für ihn vollkommen unerklärlich nach wilden Waldfrüchten schmeckte und ihm so unversehens weiche Knie bescherte, wie er sie noch niemals zuvor im Zusammenhang mit einer Frau gehabt hatte. Es kostete ihn daher mehr, als all seine gesamte Willenskraft, diesen zarten, sowie eindeutig gestohlenen Kuss von ihr nicht zu erwidern, so wie er ihn ihr in dem Moment eigentlich nur zu gerne zurück gegeben hätte.
 

Aber er wusste nur zu gut, dass er es um keinen Preis tun durfte. Sie sollte nämlich um nichts in der Welt merken, dass er wach war und sozusagen voll das auskostete, was sie tat. Ihr zurückhaltender Kuss war dabei in etwa, wie warmer Frühlingsregen auf eine verdorrte Pflanze. Er weckte etwas in dem Zwergenmann, das lange tief verschüttet lag und nun mit aller Macht an die Oberfläche dringen wollte. Wenige Augenblicke später war es jedoch vorbei, so schnell wie es gekommen war. Sie löste sich ganz plötzlich hastig von ihm...als hätte sie sich an Thorin verbrannt.
 

Er hörte sie noch kurz beinahe lautlos, sowie sichtlich bestürzt in die Dunkelheit flüstern.
 

„Bei Illuvatar, was in aller Welt mache ich da eigentlich? Bin ich denn jetzt schon ganz mit Dummheit geschlagen? I Valar wie komme ich dazu, ihn einfach zu küssen? Schon wieder...oh MACH so etwas NIE wider!“ Hast du gehört..Lyriel?“
 

Schalt sie sich entsprechend verblüfft und ganz offen selbst für ihren Mut, ja für ihre Spontanität, die sie zweifellos dazu verleitet haben mochte, zu tun was sie eben mit ihm getan hatte. Lyriel straffte sich, er konnte es im schwachen Silberschimmer des Mondlichtes sehen, das weiße Gewand umfloss ihre Körperlinie dabei wie klares Wasser.
 

Er sah wie sie sich rasch abwandte. Thorin konnte hören, wie sie wenig später das Messer auf den Spülstein ablegte und anschließend leise zurück in ihren Raum ging, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen. Als sie fort war atmete er hörbar auf....also wenn er das jemandem erzählen würde, sie würden ihn alle zweifellos für einen armen Irren halten...ganz eindeutig!
 

Er war sich ja längst nicht mal sicher, ob er das jetzt wirklich erlebt hatte, oder aber ob es vielleicht nicht doch ein wirrer Traum gewesen war, den er da geträumt hatte? Der Zwergenkönig war verunsichert, er wusste nicht, ob er seinen Sinnen überhaupt noch über den Weg trauen konnte und doch war er der Meinung, dass er das was ihm eben widerfahren war, wirklich erlebt hatte.
 

So wartete er noch eine geraume Zeit ab, bis sich wirklich nichts mehr um ihn herum rührte, ehe er selbst hinaus vor die Tür schlich, um wenigstens ein paar Atemzüge frische Luft zu atmen, einen klaren Kopf zu bekommen und um sich zu erleichtern, was zwischenzeitlich mehr als dringend notwendig geworden war.
 

Früh am nächsten Morgen...im Morgengrauen..
 

Es war der erste Tag seit seiner Ankunft, an dem Thorin sich so gut fühlte, dass er sich ohne weiteres gewachsen sah, das Bett wenigstens für einige Zeit zu verlassen. Er war so, wie durch Zufall der Erste von allen, der wach war. Zögerliches Licht sickerte bereits in grauen Spinnfäden zum Fenster herein und hüllte den kleinen Raum in zähflüssiges Halbdunkel. Es fiel auf sein Bett und hatte ihn als Frühaufsteher somit unweigerlich aufgeweckt. Er fühlte sich zudem von einer eigenartigen inneren Unruhe befallen, woraus er schloss, dass er so langsam aber sicher an die Weiterreise denken musste. Thraduil erwartete sie schon längst.
 

Sie waren schon eine geraume Weile überfällig und das würde vermutlich nicht nur den Elbenkönig des alten Grünwaldes allein beunruhigen, das wusste er. Thorin war sich schon im Klaren darüber, dass er vermutlich längst Boten nach dem Erebor geschickt haben musste, um nachzufragen, warum es denn so lange dauerte, bis Durins Erben endlich zu ihm kämen? Woraus er im Gegenzuge erfahren würde, dass sie ja im Grunde schon lange zuvor aufgebrochen waren und eigentlich schon längst bei ihm angekommen sein müssten.
 

Thorin versuchte diese unguten Gedanken energisch auf die Seite zu schieben und lieber sein gesamtes Augenmerk darauf zu richten, sich endlich in die Senkrechte zu erheben. Zumal sein Magen inzwischen ganz wie von selbst heftigst zu knurren begonnen hatte, das allererste mal überhaupt, seit er hier war. Ein gutes Zeichen, das ihm sehr deutlich anzeigte, dass er sich zumindest in dieser Hinsicht endlich auf dem Wege der Besserung befand, was er zur Abwechslung sehr begrüßte. Somit stand er auf, er fühlte sich wohl noch etwas wacklig auf den Beinen, aber längst nicht mehr so schwach, wie noch einige Tage zuvor.
 

Indem bemerkte er jedoch unangenehm berührt, dass er irgendwie noch immer ohne Hemd auskommen musste, da sein`s ja nicht mehr zu gebrauchen und sie ihn anstatt dessen kurzerhand in das Bett verfrachtet hatten, wie er gewesen war. Thorin besah sich also leise seufzend, seinen bis auf den quer über seine ganze Brust verlaufenden Verband noch immer nackten Oberkörper, der inzwischen halbwegs sauber und fast ohne irgend eine Schwellung war, beziehungsweise kaum noch blaue Flecke aufwies.
 

<Wie ungemein beruhigend!<
 

Dachte er dabei etwas ernüchtert, ob der Tatsache zu beobachten, wie sein gesamter Muskelapparat im Oberkörper steif und sehr ungelenk wirkte.
 

Also tat er das für sich einzig Vernünftige, er dehnte und steckte sich sorgfältig und versuchte so wieder etwas mehr Beweglichkeit in seine steifen Glieder zu bekommen. Anschließend ging er nicht gerade leise zu seinen Satteltaschen, die noch irgendwo im Raum herumlagen und stöberte nach, ob sich denn irgendwo noch ein sauberes Ersatzhemd in den tiefen seiner Satteltaschen für ihn finden ließ. Als er es tatsächlich gefunden hatte, drang unwillkürlich und völlig spontan ein Laut der Zufriedenheit aus seiner Kehle, tief und brummig und damit unüberhörbar für sein übriges Umfeld.
 

Sekundenbruchteile später stand sie bereits in der Tür zu ihrem Raum...in eben jenem weißen Nachtgewand, das er schon gestern Nacht an ihr gesehen hatte und außerdem mit gezogenem Schwert im Anschlag. Sie wirkte offenkundig verwirrt und noch vollkommen übernächtigt. Ihr langes rotes Haar war wild und durcheinander geraten...als hätte es ein Sturm zerzaust. Aber als sie sah, dass ausgerechnet er es war, der sie zu dieser frühen Stunde so unschön aus dem Bett geholt hatte, blieb ihr vor Verblüffung beinahe der Mund offen stehen.
 

Zum Einen weil sie ihn zum ersten Mal seit Tagen wieder einigermaßen zivilisiert und halbwegs mannhaft vor Augen hatte...und zum Anderen, weil sie im selben Augenblick peinlich berührt bemerkte, dass sie noch immer in ihrem Nachthemd dastand und das unübersehbar für aller Augen und damit in erster Linie auch für die Seinen. Da hatte sie ihn zweifelsfrei am Hals, diesen undankbaren Kerl, der sie eben völlig unverblümt aufgeweckt hatte.
 

„WAS sollte das? Seid ihr eigentlich nicht ganz richtig in eurem dickköpfigen Zwergenschädel?“
 

Fauchte sie ihn daher entsprechend wütend und mit blitzenden Augen an, die ihm in diesem diffusen Licht dunkelgrün wie Smaragde entgegen schimmerten. „Wieso um alles in der Welt weckt ihr das ganze Haus, um diese nachtschlafende Zeit? „Barad ich dachte wirklich, ich hätte es mit irgendwelchen ungebetenen Eindringlingen zu tun!“ Hakte sie sofort danach mit einem solch giftigen Unterton nach, dass es ihm in dem Moment regelrecht die Sprache verschlug. Lyriel ließ Thorin dabei nicht eine Sekunde aus den Augen...auch da er sie dummerweise ja noch immer im Nachthemd dastehen sah.
 

< Na wunderbar....was sollte schon noch schlimmer sein als das? >
 

Dachte sie dabei reichlich ernüchtert. Aber wenigstens blieb ihr die gewisse Genugtuung darüber, dass er zwar das Gesuchte gefunden hatte, da er es zweifellos in Händen hielt. Aber zum Anziehen seines Ersatzhemdes war er wie es aussah wohl noch nicht gekommen. So hatte sie also die Gelegenheit, seinen durchaus beeindruckend mächtigen Oberkörper, samt deutlich ausgeprägten Bizeps etwas genauer in Augenschein zu nehmen, der ihr im Übrigen schon mal so unverhofft, wie neugierig unter die Nase gekommen war.
 

Sehen lassen konnte ER sich in der Beziehung auf alle Fälle...das musste man ihm wirklich zugestehen. Auch wenn sie, was ihren Geschmack betraf, ansonsten ja eigentlich eher auf hochgewachsene und feingliedrigere Männer ansprach. Was in diesem speziellen Fall jedoch nicht wirklich etwas auszusagen hatte. Denn sie hätte sich Lügen strafen müssen, wenn sie weiterhin abgeleugnet hätte, dass Thorin ihr auf eine ganz bestimmte Art durchaus zu gefallen begann.
 

Zumindest rein körperlich gesehen, war der Zwerg wirklich nicht so übel....rein körperlich betrachtet wohlgemerkt. Von seinen charakterlichen Eigenschaften mal ganz abzusehen, denn die hatten es ihrer Meinung nach wirklich in sich. Sie hatte selten einen solch eigensinnigen und sturen Mann kennengelernt, wie dieser es zweifelsfrei war. Und eben diesem Eigensinn machte er nur Sekunden später prompt alle Ehre, wobei sie sehen konnte, wie seine Gesichtszüge sich schlagartig verfinsterten.
 

„Ich kann mich nicht erinnern euch angeschafft zu haben, hier mit dem Schwert im Anschlag vor meiner Nase aufzutauchen und wären es wirklich fremde Eindringlinge gewesen, hätten die euch wohl längst allesamt kalt gemacht. Also was wollt ihr von mir, ich hatte eigentlich nichts weniger vor, als mir endlich mal ein frisches Hemd zu besorgen Andaneth! Das wird ja wohl hoffentlich noch erlaubt sein oder etwa nicht?“
 

Fuhr er sie daher entsprechend grimmig, wie kurz angebunden an. Lyriel die ihr Schwert inzwischen herunter genommen hatte, lächelte ihn daraufhin säuerlich an. Sie antwortete ihm jedoch ganz entgegen ihrer deutlich angespannten Nerven relativ gelassen. „Ach ja so ist das...wie aufschlussreich Herr Zwerg und wer soll dann nochmal nach eurer Befindlichkeit sehen, wenn ihr es mir so schwer macht? Ich hatte eigentlich vor, euch den Verband wenigstens noch einmal zu wechseln. Das geht angezogen aber allerdings mehr recht als schlecht. So und nun, was schlagt ihr mir anstatt dessen vor? Soll ich ihn euch lieber ÜBER das Hemd ziehen oder wie?“ Sagte sie im Anschluss daran, mit einem solch unüberhörbar zynischen Unterton in der Stimme, der ihn unwillkürlich aufhorchen ließ.
 

„Bei Mahal, das konnte ich doch nicht wissen. Was haltet ihr davon, dies in diesem Falle gleich zu erledigen? Wisst ihr, dann hättet ihr beizeiten eure Ruhe...und ich auch!“ Sagte er daher relativ nüchtern zu ihr. Er versuchte es sachlich zu betrachten und wollte das notwendige Übel des Verbandswechsels, wenn dann so schnell als möglich hinter sich bringen. Ihm war mehr als unwohl bei dem Gedanken daran, dass sie ihn dafür unweigerlich berühren musste und er wusste beim besten Willen nicht, wie er auf diese Berührung von ihr reagieren würde. Lyriel sah ihn indessen wie von Blitz getroffen an.
 

„WAS ähhh so? Ja seid ihr denn irre?“
 

Sagte sie daher entsprechend hastig, wobei sie ihren Blick urplötzlich auf sich selbst lenkte und seinen gleich mit. Diese offensichtliche Verlegenheitsgeste ließ ihn jedoch spontan grinsen. „Wieso habt ihr etwa Angst, ich könnte dabei etwas zu Gesicht bekommen, das mich nichts angeht oder das ich vielleicht nicht schon mal gesehen haben könnte?“ Sagte er dabei völlig ungerührt zu ihr.
 

Lyriel schluckte unwillkürlich. „Ihr seid nicht nur widerlich unverschämt, sondern dazu auch noch reichlich undankbar...Casar!“ Sagte sie so abgrundtief angewidert, dass ihm das etwas unverfrorene Grinsen beinahe sofort danach regelrecht aus dem Gesicht fiel. Kaum war sie fertig damit, machte sie auf der Stelle kehrt und wollte ihn einfach stehen lassen. Doch Thorin war nicht so ohne weiteres gewillt, dies auch zu akzeptieren.
 

„ So...w a r t e t...doch...rief er ihr damit eilig nach...ich..es tut mir ehrlich leid, ich wollte nicht taktlos erscheinen, verzeiht mir. Ich werde hier auf euch warten, bis ihr fertig seid!“ Lyriel drehte sich überrascht herum. Man sah es ihrem Gesicht an....sie hatte wohl mit allen gerechnet, aber mit einer Art Friedensangebot von ihm wohl am Allerwenigsten.
 

Ihre deutlich angespannte Mine verzog sich leicht säuerlich und doch entgegnete sie ihm folgendes. „WARTET hier, ich bin gleich zurück, dann werde ich mir euren Verband noch einmal ansehen und ihn gegebenenfalls wechseln wenn nötig.“ Thorin erwiderte ihren Blick mit dem sie ihn ansah standhaft. Er nickte...“ist gut ich werde hier auf euch warten!“ Sagte er dabei jedoch relativ entspannt.
 

Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und war einen Augenblick später in ihrem Raum verschwunden. Zu seiner grenzenlosen Verwunderung dauerte es allerdings nicht mehr als einige Minuten, ehe sie fast vollkommen angezogen, gewaschen und sogar mit einem halbwegs vernünftig zusammengebundenem Nackenzopf zurück kam.
 

Thorin sah dabei den leicht goldenen Schimmer in ihrem rötlichen Haar, den ihr die zum Fenster noch schräg herein fallende Morgenröte in feurigen Flammen darauf malte. Lyriel straffte sich, sie wusste, dass diese Angelegenheit jetzt verhältnismäßig unangenehm werden würde. Im wachen Zustand hatte sie ihm den Verband bisher noch kein einziges Mal gewechselt. Es graute ihr einerseits davor, ihm noch einmal so nahe kommen zu müssen, damit sie es tun konnte.
 

Andererseits begann ihr Herz plötzlich heftig in der Brust zu schlagen, in der Erkenntnis darüber, gleich abermals seinen für sie so unverständlich anziehenden Geruch in der Nase zu haben. Sie spürte, dass ihre Handflächen bereits beim einfachen Gedanken daran feucht wurden und damit auch leicht zu zittern begannen. Innerlich schalt sie sich für diese wenig standhafte Haltung ihrerseits und biss sich zornig auf die Zähne. Nein sie würde sich nichts anmerken lassen....um nichts in der Welt würde sie ihm diese Schwäche zeigen. Thorin blickte ihr zum Einen neugierig, zum Anderen jedoch entsprechend angespannt entgegen....ihm war diese Angelegenheit ebenfalls nicht sehr angenehm.
 

Als sie nur einige Augenblicke später Anstalten machte, etwas zögerlich in seine Richtung zu kommen merkte sie, wie er deutlich sichtbar schluckte. Sie sah dabei kurz in diese magisch, dunkelblauen Augen und fühlte sich sofort ungewollt von ihnen gefangen genommen....es lag etwas in ihnen, das sie nicht deuten konnte. Der seltsam unnahbare Ausdruck darin war ihr völlig fremd und doch zog es sie förmlich zu ihm hin, als zwänge sie etwas dazu. Thorin bemerkte damit sehr wohl, dass sie deutlich hörbar ausatmete, als sie nur einige Momente später vor ihm zum Stehen kam. Sie sah ihn ganz bewusst nicht an.
 

„Ich werde jetzt anfangen, wenn es euch recht ist?“ Sagte sie statt dessen leise. Er nickte eilig, wobei sie aber doch das kaum hörbare und etwas verlegene Räuspern vernahm, das im Anschluss darauf folgte. „Gut wie ihr wollt Andaneth, ich werde euch sicherlich nicht daran hindern, eure Pflicht zu tun!“ Sagte er überraschend gelassen.
 

Doch als ihre kühlen Fingerspitzen kurz darauf vorsichtig tastend über den Verband und damit auch unweigerlich über seine nackte Haut strichen und ihm diesen danach mit fachkundiger Hand abnehmen wollten, konnte er sich ein heftig verwirrtes Keuchen nicht länger verkneifen, das deutlich hörbar aus seiner Kehle drang. Es war ihm dabei, als hätte sie ihm eben einen vollen Schlag mit der Faust verpasst...und das nur indem sie ihn berührte.
 

So intensiv ging ihm dies durch und durch.
 

Etwas wie diese vollkommen ungewollte Reaktion auf eine simple Berührung wie die von ihr, hatte er Zeit seines Lebens noch niemals zuvor so verwirrend und zugleich so faszinierend empfunden, wie hier und jetzt in diesem Augenblick.
 

Es war als wollte ihm das Schicksal bewusst ein Schnippchen schlagen, denn sie war eindeutig die Falsche.....wenn er denn schon jemals eine Gefährtin für sich wählen sollte, dann ganz bestimmt nicht diese...auf keinen Fall diese..
 

....auf gar keinen!



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