Die Karten legt das Schicksal von Strichi ================================================================================ Kapitel 7: Vorfreuden --------------------- Ich fühlte mich komisch und schaffte es kaum, mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Müde strich ich mir durch die Haare und blickte mit trüben Augen auf den Bildschirm. Hatte Madeline Recht und ich schob sie tatsächlich ab? Ich wusste, dass ich nicht schlecht verdiente als Anwalt. Doch ich wusste auch, dass ich laufende Rechnungen hatte. Kredite die abbezahlt werden mussten und Versicherungen, welche ihr Geld wollten. Ich hatte ein gutes und schönes Haus mit einem schönen Garten. Der Kindergarten musste bezahlt werden, genau wie Klamotten, Lebensmittel und einiges von meinem Geld ging auf ein Collegefond für Madeline. Ich fand es toll, dass wir jedes Jahr wegfahren konnten und wollte all diese kleinen Luxussachen nicht missen. Die spontanen Flüge zu meinen Eltern, wollte ich nicht einstellen. Madeline brauchte schließlich auch ihre Großeltern. Ich hatte mich damals geweigert, von Brian Unterhalt zu beziehen. Natürlich, stand er Madeline zu, aber mir war damals der Abstand einfach viel wichtiger gewesen. Würde ich es schaffen, meine Rechnungen und meinen Lebensstandard zu halten, wenn ich an einem Tag eher ging? Und würde mein Chef sich darauf einlassen können? Ich musste mir darüber einfach mal Gedanken machen. Zuhause, in Ruhe. Ich freute mich auf das Treffen mit Paul und doch hatte ich das Gefühl, dass heute die Zeit einfach nicht verflog. Als es endlich so weit war, war ich regelrecht erleichtert. Ich versuchte mir nichts von meiner schlechten Laune anmerken zu lassen. Wir redeten einfach. Über unsere Freunde und unsere vorherigen Partner. Von Tag zu Tag gefiel er mir besser. Die Lippen, das markante Kinn. Auch der trainierte Körper und ich fragte mich, wie er wohl ohne diese ganzen Sachen aussah. Ich merkte zwar, dass auch er mich musterte, doch ich sprach ihn nie darauf an. Immer wieder überraschte er mich. Bei ihm hatte ich das Gefühl als könne ich über alles reden und das, obwohl wir einander noch nicht lange kannten. Er ließ mich meine schlechte Laune vergessen. War es komisch, dass es so schnell vergessen sein konnte? Vielleicht. Ich musste heute ein Ventil finden, um meiner schlechten Laune Luft zu machen. Also kotzte ich mich über Brian aus. Darüber wie er einfach verschwand, wie er mich mit dem Haus und den Kredit hatte sitzen gelassen und das er mich vermutlich auch betrogen hatte. Auch darüber, dass er nun wieder einfach aufgetaucht sei. Als Paul nach dem warum fragte, log ich, dass es um das Haus ging, da es auf unseren beiden Namen lief. Ich konnte mich bei ihm einfach wunderbar über meinen Ex aufregen. Er hörte mir zu und ich hatte das Gefühl, als interessierte es ihn. „Jeder hatte mal so einen, bei dem man sich hinterher nach dem: Warum? fragt“, meinte Paul. Auch er hatte einen Partner dem er heute die Pest an den Hals wünschte. Als ich fragte weswegen, erklärte er lachend: „Ach, der hat einfach einen an der Klatsche. Ich frage mich heute noch, wie ich mich auf diesen Typen einlassen konnte. Aber wenigstens, habe ich den nicht geheiratet.“ Er lachte und ich wusste, dass er es nicht böse meinte. Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte, dass Liebe einfach blind mache. Paul nickte nur und wieder einmal, war die Mittagspause viel zu kurz. Doch er hatte es geschafft, dass ich mich besser fühlte. Er begleitete mich bis zum Büro der Kanzlei und als wir uns verabschiedeten fragte ich mich, ob ich ihn nicht besser hätte küssen sollen. Leider war Madeline am Abend sehr anstrengend und wir stritten viel. Ich erwischte mich selbst, wie ich mich auf eine Diskussion mit ihr einließ und tatsächlich durfte sie an diesem Tag ihre Lieblingssendung nicht schauen. Ich hatte einfach keine Lust! Ich hatte keine Lust, auf das Gezicke und ich hatte auch keine Lust, mir ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen. Ich tat mein Bestes und mehr konnte ich nicht machen, auch wenn sie es einfach noch nicht verstand. Ich war wieder der Letzte im Kindergarten gewesen und durfte mir anhören, dass Madeline heute viel mit anderen Kindern gestritten hatte. Für mich klang es heute so, als würde ich alles falsch machen. Hörten alleinerziehende Mütter auch ständig wie schlecht sie alles machten oder war ich hier etwas Besonderes? Sehr häufig, hatte ich das Gefühl, dass sobald die Menschen wussten, dass ich Singledad und schwul war, ich unter einer vollkommen anderen Beobachtung stand. Doch vielleicht, bildete ich mich mir das auch einfach nur ein. Früh ging ich an diesem Tag ins Bett und lag noch länger wach, als ich eigentlich wollte. Mitten in der Nacht wurde ich wach und ging schlaftrunken in das Zimmer meiner Tochter. Sie schlief ganz friedlich und ich streichelte ihr vorsichtig durch die Haare. Sie schlief wie ein Stein und hielt ihr Stofftier im Arm. Ich lächelte leicht und atmete tief durch. Ich mochte es nicht, wenn wir stritten. Ich liebte sie schließlich. Zum Glück war sie nie lange sauer und schon am nächsten Morgen schien sie ihre Laune überwunden zu haben. Fröhlich redete sie davon, was sie mit Taylor am Wochenende gemeinsam unternehmen wollte und als sie sprach, hätte es auch eine Weltreise sein können. Ich ließ sie einfach reden, trank meinen Kaffee und ermunterte sie, etwas zu essen. Mein Handy vibrierte und als ich es rausnahm war ich erstaunt, dass es Paul war, der mir schrieb. „Freue mich auf heute Nachmittag. Lust nach der Arbeit noch was zu unternehmen?“ Ich stutzte und ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Es schien, als wolle er mich wirklich kennenlernen. „Ähm… Ich kann nicht. Ich muss zur Bank und was klären“, meinte ich ausweichend und klopfte mir selbst innerlich auf die Schulter. Dagegen konnte man wirklich nichts sagen. Nicht, nachdem ich gestern erklärte, dass ich mich mit Brian um das Haus stritt. „Und auch Freitag nicht. Da hat ein Freund Geburtstag. Wir treffen uns ja Samstag und ich freu mich total darauf den Tag mit dir zu verbringen“, sagte ich einfach und merkte danach erst, wie das in seinen Ohren klingen könnte. Ich hoffte, es wirkte nicht, als würde ich wie ein verliebter Teenie die Stunden zählen, bis wir mehr als nur eine Stunde zusammen hatten. Schnell kam eine Nachricht zurück: „Okay, dann vielleicht nächste Woche? Können wir später besprechen.“ Ein zwinkernder Smiley war an der Nachricht angeheftet und immer noch schmunzelnd fuhr ich Madeline später in den Kindergarten. Als Paul und ich uns trafen, sprachen wir wieder sehr viel miteinander. Er erzählte mir wie gerne er ins Fitnessstudio ging. Es war keine Bude, in welcher nur Pumper waren, so erklärte Paul. Und endlich traute ich mich zu fragen, ob er wegen eines Unfalls so seltsam ging. Er bestätigte meine Aussage. Er habe einen Unfall mit einem Motorrad gehabt. Früher hätte er es geliebt, damit zu fahren. Heutzutage stand die Maschine ungenutzt in der Garage. Ich hatte nie einen Führerschein gemacht, wenn ich ehrlich war, hatte ich tatsächlich Angst davor, diese Maschinen zu fahren. Erneut brachte er mich nach der Pause bis zum Büro. Kurz nahm ich seine Hand und drückte sie leicht, doch ihn zu küssen, dass traute ich mich nicht. Irgendwie, fand ich es nicht passend. Auch am Freitag trafen wir uns wieder in der Mittagspause. Ich wollte nicht auf diese Momente verzichten. Zu sehr freute ich mich auf ihn. Ich erinnerte mich, dass er mit einer Frau verheiratet war. Auch er hatte, wie ich, sehr früh geheiratet. Als ich nach dem warum fragte, schmunzelte Paul ein wenig. Es schien, als habe er diese Frage schon öfter gehört. Er stocherte in seinem Essen herum und erklärte nach einem Augenblick: „Meine Eltern haben auch sehr früh geheiratet. Ich wollte es genauso machen. Früh heiraten und dann ein Leben lang glücklich und zufrieden sein. Ich habe mir gedacht, dass aus meiner besten Freundin auch eine gute Partnerin werden könnte. Naja… den Rest kannst du dir denken. Es hielt nicht sehr lange und irgendwie war immer irgendetwas komisch. Man sollte sich wohl eingestehen, dass man nicht hetero ist, wenn man ständig Schwulenpornos schaut. Irgendwann habe ich es dann nicht mehr ausgehalten.…“ Er lachte ein wenig verlegen bei der Aussage. Skeptisch blickte ich ihn an und noch bevor ich fragen konnte, antwortete er auf meine nonverbale Frage: „Ich war in einer Bar und ein Mann hatte die ganze Zeit herüber geschaut und… na ja. Das Ende vom Lied war ein Blowjob auf dem Rücksitz seines Jeeps.“ Ich lachte leise und schüttelte schmunzelnd den Kopf. Ich hatte nie meinen Mann betrogen, auch wenn es sicher nicht immer leicht war. Aber ich wüsste nicht, ob ich es nicht getan hätte, wenn ich meine Sexualität so lange hätte verheimlichen müssen. Wieder war die Mittagspause fast vorbei. Fünfzig Minuten Mittagspause waren eigentlich immer viel zu wenig Zeit für unsere Gespräche. Am liebsten hätte ich stundenlang mit ihm weiter geredet. Ich musste und wollte diesen Mann einfach öfter sehen. Immer hatte ich das Gefühl, dass wir für uns allein waren, in unserer Blase. Wir redeten einfach weiter und er begleitete mich noch zur Kanzlei. Es störte uns nicht, dass es regnete und es störte uns nicht, dass der Wind gerade unangenehm pfiff. Wir blieben vor der großen Schiebetür stehen und als ich in seine braunen Augen blickte, glitt ein zufriedenes Lächeln über meine Lippen. „Ich freue mich auf morgen.“, sagte ich leise und es war mir fast ein inneres Bedürfnis, einfach seine Hand zu greifen. Erstaunlich warm, waren seine Hände. Ich konnte es einfach nicht lassen und strich mit meinen Fingern sanft über seine Fingerkuppen. Ich biss mir kurz auf meine Unterlippe und schmunzelte zufrieden, als ich Paul betrachtete. Er war einfach wirklich total mein Typ und ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich zog ihn zu mir und drückte meine Lippen auf die Seinen. Er schmeckte wunderbar, fand ich zumindest. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich ihn einfach mit nach oben in mein Büro genommen. Mein Herz schlug schneller, als ich spürte, wie er den Kuss erwiderte. Meine Hände glitten langsam durch seine Haare und ich drückte seinen Kopf an meinen. Seine Hand legte sich an meine Schulter und ich musste den Kuss einfach beenden, bevor noch mehr geschehen würde. Zufrieden grinste ich ihn an und auch Paul wirkte glücklich. „Bis Morgen, Rick“, meinte er locker und winkte mir, bevor ich zurück in die Realität musste. Ab diesem Zeitpunkt verging die restliche Tag wie im Flug. Mit einem zufriedenen und glücklichen Gefühl, schlief ich am Abend ein. Ich hatte noch lange über den Kuss nachgedacht und wie ich auf die leere Bettseite blickte, hätte es hier gerne eine zweite Runde geben können. Ich wollte ihn morgen wieder küssen. Das musste ich einfach machen, es war mir fast schon ein innerer Drang. Als der Schlaf mich empfing waren die Träume die mich einholten, nicht jugendfrei. Früher, als mir lieb war, wurde ich jedoch geweckt. Meine Decke bewegte sich und als ich müde die Augen öffnete, sah ich Madeline mit ihrem Stoffhund zu mir ins Bett kriechen. „Darf ich noch etwas mit dir kuscheln?“, fragte sie mich leise und auch ihre Stimme klang ziemlich verschlafen. Vermutlich, war sie auch gerade erst aufgestanden. Kurz überprüfte ich ob die Träume für Madeleine sichtbare Spuren hinterlassen hatten und ohne ein weiteres Wort Ohne zu sagen, hob ich die Decke gänzlich an und zog Maddy in meine Arme. Ich streichelte ihren Bauch und atmete den angenehmen Geruch von ihr ein. Ich lächelte zufrieden und schloss erneut die Augen. So anstrengend Kinder auch sein konnten, so dankbar war ich, dass ich sie hatte. Ich wusste nicht, wie spät es war, doch der Schlaf zog mich wieder in seinen Bann. Ich träumte von Madeline und Paul. Träumte, dass sie einander kennen lernten und dass, es dieses Mal gut ausging. Wir machten nicht viel. Madeline rannte herum und Paul und ich blickten ihr stumm nach. Er griff nach meiner Hand und zog mich zu sich. Im Traum drehte sich Paul zu mir und sagte Dad zu mir. Wieso tat er das denn? Ich spürte Hände auf meinem Gesicht und langsam merkte ich, wie mich der Schlaf aus seinen Fängen löste. „Daddy“, hörte ich erneut eine Stimme. Ich blinzelte leicht und erst im nächsten Augenblick, merkte ich, dass es meine Tochter war. Es waren ihre kleinen Hände die meine Wange piekten und ihre Stimme, welche mich aus meinem Schlaf riss. „Steh auf, Daddy“, sagte sie und als ich sie müde anblinkte, strahlte sie mich aus ihren großen Kulleraugen an. „Aufstehen… Ich habe Hunger“, sagte sie und erneut patschte sie mir auf mein Gesicht. Ich grummelte vor mich hin und leise murrend setzte ich mich auf. Ein Kichern erfasste den Körper des kleines Mädchens und als ich sie fragend anblickte plapperte sie: „Deine Haare sehen komisch aus.“ Ich griff mit meiner Hand zu meinen schwarzen Haaren und spürte, dass sie in alle Richtungen abstanden. Ich lachte leise und nickte nur. „Da hast du wohl Recht“, meinte ich leise. Immer noch war meine Stimme durch den Schlaf etwas belegt. Ich strich mir mit meinen großen Händen verschlafen durch mein Gesicht und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Ich hörte wie Madeline leise etwas murmelte. Ich verstand sie nicht und als ich fragte, was sie gesagt habe, meinte sie: „Ich habe Bolt gefragt, wie er geschlafen hat.“ Ich schmunzelte leicht und betrachtete Madeline, wie sie ihren Stoffhund streichelte. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und müde meinte ich: „Vermutlich gut. Er wird sich in der Nacht sicher nicht viel bewegt haben.“ Sie nickte und sah mir nach, wie ich mich fertig machte. Ich ging zu meinem Kleiderschrank und holte mir frische Klamotten raus. Bei einem Blick aus dem Fenster sah ich, dass es erneut bewölkt war. Ich zog mich schnell an und machte mich im Badezimmer frisch. Ich durchwühlte die Schränke in der Küche und fand eine Packung Fertigteig für Pfannkuchen. Ich fand sie erstaunlich lecker und an einem Samstagmorgen konnte ich für Madeline und mich auch mal so ein Frühstück auftischen. Ich goss die Milch in die Flasche und fragte Maddy: „Willst du mal schütteln?“ Sie lachte und ihre Augen strahlten. „Ja“, rief sie und rannte zu mir. Immer noch trug sie ihren Schlafanzug, doch da wir uns nicht beeilen mussten, durfte sie damit Frühstücken. Ich beobachtete, wie sie die Flasche in beide Hände nahm und versuchte so kräftig es ging sie zu schütteln. Während Madeline half, unser Frühstück fertig zu bekommen, rief ich Taylors Mutter an. Ich hoffte, dass sie abnahm und nicht ihr Mann. Doch ich schien Glück zu haben. Sie nahm das Gespräch entgegen und ich versicherte mich, dass ich Madeline bis circa sechs Uhr bei ihr lassen konnte. Es war in Ordnung für sie. Fröhlich und auch ein wenig erleichtert legte ich auf. Ich hörte etwas zu Boden fallen und wusste, dass Madeline die Plastikflasche aus der Hand gerutscht war. „Nichts kaputt“, rief sie und lächelnd ging ich hinter die Theke der Küche und sah wie sie immer noch die Flasche schüttelte. „Gib sie mir bitte“, meinte ich und hielt ihr meine Hand entgegen, „Ich mache den Rest.“ Kräftig schüttelte ich die Flasche und sorgte dafür, dass keine Klumpen im Teig übrig blieben. Ich schaltete den Backofen ein und als die ersten Pfannkuchen auf dem Teller im Backofen waren, stand Madeline auf den Zehenspitzen um in den Backofen schauen zu können. Ich hatte eine erstaunlich moderne Küche. Hochgebockter Backofen, eingebaute Mikrowelle, breite Ausziehschränke. Brian war leidenschaftlicher Koch gewesen. Ich selbst hatte bei der Planung damals nicht viel zu sagen gehabt, nur bei der Mikrowelle hatte ich mich durchgesetzt. Ich war es auch, der hochglanz wollte. Etwas, was ich mit einem Kleinkind einfach nur bereute. Ich reichte Madeline Teller und ohne eine Erklärung nahm sie die Sachen und stellte sie auf den Tisch. „Ich will Marmelade“, sagte sie, als ich den letzten Pfannkuchen aus der Pfanne geholt hatte. „Das heißt, ich möchte Marmelade“, korrigierte ich sie und lächelte sie freundlich an. Leise wiederholte sie den Satz und leicht nickte ich ihr zu. Ich bestrich ihren Pfannkuchen mit der roten Cranberrymarmelade und auf meinem verteilte ich etwas Erdnussbutter. Ich rollte Madeline ihren Pfannkuchen zusammen, damit sie ihn besser essen konnte. Ich war aufgeregt, ich freute mich auf Paul. Kurz betrachtete ich auf dem Handy das Bild, welches er als Profilbild nutzte. Ich hatte ihn noch nie in Uniform gesehen. Ich zwang mich das Handy wegzulegen und ihm nicht zu schreiben! Ich aß schließlich gerade mit meiner Tochter. Ich blickte auf die Uhr und sagte ihr: „Ich bringe dich in zwei Stunden zu Taylor.“ Madeline folgte meinen Blick. Sie konnte die Uhr noch nicht lesen und sie wusste sicher auch nicht, wie lange zwei Stunden sein würden. „Okay“, meinte sie und kleckerte mit ihrem Pfannkuchen auf ihren Schlafanzug. Ich war genervt davon und mahnte sie, vorsichtiger zu essen. Ja, das war der Nachteil… Doch ich konnte ihr nicht immer beim Essen helfen, sie musste es lernen und das bedeutete für mich extra Dreck. Mit großen Augen blickte sie an sich hinab und fingerte mit ihrem Zeigefinger auf dem Fleck herum. „Jetzt mach es nicht noch schlimmer“, sagte ich streng und holte einen Lappen aus der Küche. Ich wischte ihr die klebrige Masse von den Fingern und entfernte notdürftig den Fleck auf der Kleidung meiner Tochter. Ich war erstaunt, dass Madeline es tatsächlich schaffte, gleich zwei Pfannkuchen zu verdrücken. Ich scherzte als ich schmunzelnd sagte: „Du willst wohl wachsen, hm? Isst du deswegen wie ein Scheunendrescher?“ Sofort nickte Madeline und grinste mich an. „Ja“, rief sie fröhlich und trank aus ihrem Lieblingsbecher einen Schluck Wasser, „Ich wachse, bis ich so groß bin wie du!“ Ich schmunzelte leicht. Ich war schließlich nicht gerade klein. „Na ja“, meinte ich kichernd, „Damit du so groß wirst wie ich, muss du aber dein Gemüse essen.“ Ich beobachtete, wie sie schnell ihr Essen hinunterschluckte. „Du isst dein Gemüse auch nie auf“, beschwerte sie sich und sie hatte nicht Unrecht. „Hm…. Ich bin ja aber auch schon groß und will nicht mehr weiter wachsen“, sagte ich gut gelaunt und trank einen Schluck Kaffee. Ich beobachtete, wie es in dem Kopf meines Kindes ratterte. Es war niedlich, wenn man sehen konnte, wie sie ihre Schlussfolgerung aus meinen Aussagen schloss. „Das heißt, wenn ich so groß bin, wie ich es möchte, dann muss ich kein Gemüse mehr essen?“, fragte sie und klang dabei erstaunlich ernst. Ich nickte nur und grinste innerlich vor mich hin. Kinder mussten, nein, sollten auch mal verarscht werden. „Okay“, sagte sie und blickte mir in mein Gesicht, „Aber wenn ich groß genug bin, kaufen wir das nicht mehr.“ Ich lachte leise und sagte ihr, dass ich da vielleicht drüber nachdenken werde. Ich aß gerade meinen dritten Pfannkuchen. Ja, diese Fertigteigpfannkuchen waren echt klasse. Madeline nahm die Pfannkuchenrolle wieder zur Hand und biss die Spitze des Süßes Teiges ab. Mit jedem Bissen sah sie weniger begeistert aus. „Muss ich aufessen, wenn ich nicht mehr kann?“, fragte sie mich und ich schüttelte den Kopf. Ich zwang sie nie aufzuessen, außer wenn sie den ganzen Tag kaum etwas gegessen hatte. Wenn ihr Körper ihr sagte, dass sie satt sei, sollte sie nicht noch mehr in sich hineinschaufeln. „Dad, können wir heute Abend zusammen baden“, wollte sie wissen und folgte mir in die Küche, als ich begann aufzuräumen. „Können wir machen“, sagte ich und bat Madeline mir die Spülmaschine zu öffnen. Pünktlich um zwölf war ich mit Madeline bei ihrem Freund Taylor. Ich hatte nicht viel Zeit und Mrs. Simpson öffnete mir die Tür. Wie ich es mir denken konnte schien ihr das Telefonat mit mir und ihrem Mann immer noch eine bleibende Erinnerung. Sie schien nicht traurig, dass ich nur wenig Zeit zum Verabschieden hatte. Zudem gingen mich ihre Eheprobleme nichts an. Also fragte ich nicht nach. Ich freute mich einfach endlich zu sehen, wie Paul lebte. Endlich mehr als eine Stunde gemeinsam mit ihm zu haben. Ich war froh, dass samstags nicht viel los war auf den Straßen. Das schlechte Wetter hielt die Menschen in ihren Häusern. Ich erinnerte mich, dass ich Madeline versprochen hatte morgen mit ihr in den Zoo zu fahren und als der Nachrichtensprecher sagte, dass es morgen ein trockener Tag werden soll, lächelte ich zufrieden vor mich hin. Paul lebte am Rande der Innenstadt. Sein Haus lag am Ende einer Sackgasse. Es passte sich der Reihe der anderen Häuser an. Es war holzvertäfelt. Über drei Stufen kam man auf die Veranda vor der Haustür. Es war ein klassisches kleines Haus, welches an die Bauweisen des Kolonialstils erinnerte. Die Veranda und Fensterrahmen waren weiß gestrichen. Die Wände waren glatt verputzt. Er hatte eine Doppelflügel Haustür, über der sich ein kleiner Balkon befand. Es sah fast so aus wie ein Miniaturherrenhaus. Es war sehr gepflegt und wirkte frisch gestrichen. Eine Fußmatte lag vor der Haustür und ich klopfte an. Es dauerte nicht lange, bis die Tür sich öffnete. Eine gut sitzende Jeans und ein lockeres Hemd kleideten den Mann vor mir. Seine Haare schienen noch etwas feucht zu sein. Vermutlich, hatte er noch geduscht. Ich betrachtete die dunklen Augen des Mannes und fröhlich blickte er mich an. Ich bemerkte wie sein Blick an mir hinab glitt und zufrieden lächelte ich. Irgendwie sah er mich anders an als sonst. Doch ich konnte es nicht entschlüsseln. „Hi, darf ich rein?“, fragte ich gut gelaunt und mit einem „Na klar“ ließ mich der Polizist in seine Wohnung. Direkt hinter der Tür befand sich ein schmaler Flur und eine steile Treppe, welche in den oberen Bereich des Hauses führte. Fast alle Türen hatten zwei Flügel und Glasfenster oder waren ausgebaut. Die eher kleinen Räume wirkten dadurch groß und offen. Paul klopfte beim Vorbeigehen gegen eine Tür und erklärte schnell: „Da ist das Badezimmer.“ Ich nickte nur und folgte dem Mann in sein Haus. Ich war erstaunt als ich sah, dass sein Flur in Grün gestrichen war. Ein schwarz-weißes, großes Bild hing an der Wand. Ich erkannte den Ort, der abgebildete war. Eine belebte Kreuzung in der Stadt. „Das habe ich gemacht“, meinte Paul auf einmal und schmunzelte leicht. War es Stolz? Ich kannte ihn noch nicht lange genug um jede Regung in ihm zu eruieren. „Wusste gar nicht, dass du Fotos machst“, sagte ich, während ich mich langsam zu ihm drehte. Sein Blick war auf das Bild geheftet und er schmunzelte als er erwiderte: „Du hast ja auch nie Zeit gehabt um dich zu treffen. Was soll ich dir denn alles in deiner Stunde Mittagspause sagen?“ Ich war überrascht, als er mir über den Oberarm strich und mit einer Kopfbewegung folgte ich ihm weiter durch sein Haus. Tatsächlich, hatten wir uns nie beim Essen angefasst, umso überraschter war ich, als er es jetzt tat. Ich war erstaunt, als er mir tatsächlich zuzwinkerte. Wenn ich je Sorge gehabt hatte, dass der Kuss zu schnell kam, hatte sich diese gerade in Luft aufgelöst. Ich freute mich und mein Herz begann schneller zu schlagen. Als schien es sich uneinig zu sein, welchen Takt es angeben wollte. Ich war verblüfft von seinem Einrichtungsstil. Dunkle und helle Möbel standen herum. Es wirkte ein wenig zusammengewürfelt und die Stoffcouch in der Ecke war voll mit Kissen. Einige Pflanzen standen auch herum. Ich ließ meinen Blick schweifen und sah einen freundlichen, kleinen Essbereich. Dahinter konnte ich durch den Türrahmen die Küche erkennen. Mir persönlich gefiel es besser, wenn der Kochbereich und der Wohnbereich zusammen gelegt waren. Doch jeder Geschmack war nun einmal anders. Erneut, ließ ich meinen Blick schweifen. Ein dunkelblauer Teppich lag unter einem sehr auffälligen Couchtisch. Es war eine Baumscheibe. An der Seite war noch die Rinde zu sehen. „Das sieht cool aus“, kommentierte ich und Paul folgte meinen Blick. „Ja… Ich hasse Fernsehschauen… Ich habe in meinem Keller eine Werkstatt und ab und zu mag ich es, so etwas zu Bauen… Aber ich brauch dafür immer etwas Zeit. Mein Großvater ist Hobbyschreiner. Ich hatte dir doch gesagt, dass ich mit ihnen und meinen Eltern in einem Haus gewohnt hatte. Auch mein Vater schreinert viel…“ Anerkennend nickte ich und betrachtete erneut den Couchtisch. Ich hatte so etwas noch nie gesehen und stellte fest, dass ich es wirklich schick fand. „Sieht gut aus“, bekräftigte ich meine Aussage. „Du hast also viele Hobbys“, kommentierte ich und setzte mich neben Paul auf seine Couch. Ein Fernseher stand auf einem Sideboard und als mein Augen wieder zu Paul glitten, sah ich, wie seine Augen erneut an meinem Körper entlangstreifte. „Ja, einige Interessen… Das Fotografieren mache ich aber noch nicht so lange. Nach dem Motorradunfall brauchte ich einfach ein neues Hobby und mein bester Freund hat mir seine alte Kamera gegeben. Konnte ja nicht mehr zum Sport, die erste Zeit.“ „Ich habe im Urlaub immer viele Bilder gemacht. Da mag ich es auch zu fotografieren“, meinte ich gut gelaunt und fischte mein Handy aus der Tasche. Ich suchte nach Bildern von meiner letzten weiten Reise. Ich war mit Madeline noch nie Interkontinental geflogen. Zu meinen Eltern oder auch mal an das Meer, doch das Land hatte ich mit ihr tatsächlich noch nie verlassen! Ich hatte einen Ordner und zeige Paul ein Bild der geheimen Inkastadt. Die Reise lag zwar Jahre zurück, doch ich liebte diese Bilder. Auch, wenn ich mit diesem Ort meinen Heiratsantrag in Verbindung brachte, würde ich jederzeit erneut in die Anden fliegen. Dieser geheimnisvolle und coole Ort, war majestätisch und eindrucksvoll. „Das hat schon was. Vor allem die ganzen Lamas“, sagte Paul und rückte an meine Seite. Sofort fiel mir sein Geruch auf. Das Duschgel, welches sich mit seinem eigenen Geruch vermischte, war echt toll. Nicht aufdringlich, angenehm herb. So würde ich ihn beschreiben. Am liebsten, hätte ich ihn einfach auf die Couch runtergedrückt! Ich verbot mir den Gedanken weiter zu spinnen, denn ich wollte es einfach richtig angehen. Doch wer sagte denn, was richtig ist. Langsam sah Paul von dem Handybild auf und als sich erneut unsere Blicke trafen konnte ich den Ausdruck des Mannes nicht deuten. So, war es doch nie beim Essen in dem Bistro gewesen?! Doch irgendwie, war es nur natürlich, dass es sich hier anders, privater, anfühlte. Hier war kein Lärm, hier saß keiner neben uns. Wir hatten zwar immer, so fand ich es jedenfalls, unsere eigene Blase erschaffen, doch war es hier natürlich anders. Endlich konnte man sich einfach wirklich kennen lernen. „Freut mich echt, dass du Zeit hast, Rick“, meinte Paul und leicht strich seine Hand über meinen Oberschenkel. Ich spürte das Prickeln, welches von dieser Stelle ausging. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich glaubte, dass dieses Dauerlächeln mich heute den ganzen Tag begleiten würde. Gemächlich erhob sich Paul und ich sah, wie er in die Küche ging. Langsam stand ich auf und folgte ihm in die Küche. Sie war kleiner, als meine. An vielen der Hängeschränke war Glas und das Holz war recht dunkel. Die Knäufe wirkten schon etwas älter, sahen aber noch gut aus. Ein großer Kühlschrank stand herum. Anders als bei mir war er nicht in die Küchenzeile integriert. Ein kleinerer Esstisch als im Wohnzimmer stand hier und vermutlich aß er hier, wenn er keinen Besuch hatte. Paul holte gerade aus einem Hängeschrank zwei Gläser raus und automatisch glitt mein Blick zu seinem Hintern. Ich war nie ein Mensch, der es langsam angehen musste. Ich hatte auch einige One Night Stands gehabt. Sex beim ersten Date war nichts Schlimmes, oder etwas, was man nicht sollte. Ich war schließlich nicht mehr Anfang zwanzig. Und doch war es trotzdem komisch, dass Paul plötzlich so offensichtlich flirtete. Ja, ich hatte gemerkt, dass er mich gemustert hatte. Ja, er hatte den Kuss erwidert, doch er hatte es viel niveauvoller gemacht, als ich es getan hätte. Ich konnte mir denken, woran es lag. Er war hier zuhause und dieser Ort gab ihm einfach Sicherheit. Und trotzdem konnte ich es mir nicht verkneifen zu sagen: „Irgendwie…. Ich weiß auch nicht, suchst du heute ziemlich viel Körperkontakt.“ Die gute Laune schwang in meiner Stimme mit und ich blieb im Türrahmen stehen. Ich beobachtete, wie Paul eine Wasserflasche hochhielt und mich fragend anblickte. Ich nickte auf die nonverbale Frage nur und schmunzelnd meinte Paul: „Na ja, wir haben endlich genug Zeit und niemand der ständig kommt und uns was fragt. Und hier ist es wesentlich ruhiger…“ Ich nahm das Glas Wasser entgegen und nickte leicht. „Ja“, bestätigt ich ihn, „Da hast du durchaus Recht.“ Ich trank einen Schluck und stellte das Glas wieder beiseite. „Ich finde dein Haus echt schön“, meinte ich anerkennend und blickte mich um. „Danke“, sagte Paul und zwinkerte mir erneut frech zu. Als ich dies sah, biss ich mir erneut leicht auf meine Unterlippe. Überall in diesem Haus, roch es nach diesem Mann. Überall! Mein Herzschlag wollte und wollte sich einfach nicht beruhigen! „Wenn du weiterhin so flirtest, vergesse ich mich noch….“, nuschelte ich und meine Augen weiteten sich, als Paul langsam auf mich zukam. Immer näher und als er vor mir stand und sich zu mir beugte, war ich perplex, als er plötzlich sagte: „Dann sollten wir vielleicht lieber anfangen zu kochen… Habe auch noch nichts gegessen heute…“ Ich konnte seine Wärme spüren und ich sparte mir den Spruch, dass ich bereits am Brodeln war, denn ich glaubte, dass es dem Mann vor mir durchaus bewusst war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)