[24/7] Zwischen den Zeilen von halfJack ================================================================================ Kapitel 32: Rücken zur Wand --------------------------- Rücken zur Wand   „Denkst du, es hat sich etwas an meinem Verhalten geändert?“, fragte L langsam und scheinbar völlig gelassen. Eine Hand stemmte er weiterhin gegen die Wand, um Light damit den Weg zu versperren, während er die andere mit sanfter Bestimmtheit auf dessen Schulter legte. Er kam seinem Partner noch näher, starrte ihm ungebrochen in die Augen und fragte erneut, diesmal mit eindeutig unheilvoller Stimme: „Hat sich etwas verändert, Light-kun?“ Keine Antwort folgte. Light verdrängte den Impuls, zurückzuweichen. Er zwang sich dazu, dem hastigen Schlagen seines Herzens nicht nachzugeben und stattdessen bedächtig ein- und auszuatmen, wobei er eine irritierte Miene aufsetzte, um Unverständnis auszudrücken. „Wenn ich mein Schweigen breche“, sprach L weiter, „bist du nicht der Einzige, der mit der Wahrheit konfrontiert wird.“ Er verstärkte den Druck auf Lights Schulter, sodass dieser sich fühlte, als würde er in einen Schraubstock eingeklemmt werden. „Ich kann es nicht beweisen, aber ich halte an meinem Verdacht fest. Yagami Light war Kira.“ „Sind wir an diesem Punkt nicht schon oft genug gewesen, Ryuzaki?“ Die Bemerkung veranlasste L dazu, seinen Partner gegen die Wand in dessen Rücken zu stoßen. Mit beiden Händen hielt er Lights Kopf fest, während er die Unterarme gegen dessen Oberkörper drückte und ihm somit seine spitzen Ellenbogenknochen in den Brustkorb bohrte. „Yagami Light ist es auch jetzt noch, auf welche Weise auch immer“, fuhr L unbeirrt fort. „Doch wenn ich darüber nachdenke, dann will ich nur den Fall sehen. Ich will dir nicht ins Gesicht schauen müssen, wodurch mir bloß ungewollt bewusst wird, dass du es bist, um den sich meine Deduktionen drehen.“ „Lass mich los“, forderte Light beschwichtigend, allerdings wurden seine Worte achtlos übergangen. Ganz im Gegenteil umfasste L seinen Kopf sogar noch nachdrücklicher, um den direkten Augenkontakt aufrechtzuerhalten und die Veränderungen im Blick des vermeintlichen Serienkillers erkennen zu können. „Ich werde Kira vernichten“, sprach L eindringlich weiter, „ob auf kurze oder lange Sicht, irgendwie werde ich ihn vernichten. Ich werde ihn überführen und den Staat das Urteil über ihn vollstrecken lassen. Wenn nötig, werde ich auch seiner Hinrichtung beiwohnen. Verstehst du, was das bedeutet, Light-kun?“ Leicht schüttelte L seinen Partner an den Schultern, bevor er ihn erneut gegen die Wand stieß, als wollte er ihn zum Zuhören bewegen. „Wenn ich mir bewusst mache, was sich hinter den Variablen in meinem Kopf verbirgt, dann erkenne ich immer wieder nur dich. Das ist der Moment, in dem ich akzeptieren muss, was das alles heißt.“ Er verzog seine Mundwinkel zu einem Lächeln, doch seine schwarzen Augen blickten leer und starr durch Light hindurch. Sich vorbeugend flüsterte er seinem Freund ganz sacht ins Ohr: „Ich werde dich töten.“ Lights Atem stockte. Das Bild vor seinen Augen begann zu flimmern, die schmucklose Einrichtung, die sterile Umgebung, die gekrümmte Gestalt jenes Menschen, der ihn mit eiskalten Händen festhielt und dessen Atem er warm an seinem Hals spürte. Er brauchte einen Moment, um zu verstehen, was L wenige Sekunden später hinzufügte: „Oder du mich.“ „Was redest du denn da?“, rief Light abwehrend aus und diesmal war nichts von seiner Reaktion gespielt. „Ryuzaki, bitte bleib ruhig und hör...“ „Du hast dich also in Amane Misa verliebt?“, schnitt L ihm das Wort ab. „Ist das so? Ich verstehe. Dann ergibt dein Verhalten natürlich mehr Sinn. Du stehst solchen Dingen also eher offen gegenüber. Und selbstverständlich hast du damit Recht, denn eine derartige Einstellung ist viel schlüssiger als jede andere Behauptung.“ Nach wie vor lächelte L ihn falsch, fast ein wenig hochmütig an, während er ihm über die Wange und den Hals hinab strich, bis er beim Kragen des gestreiften Hemdes angelangt war und die oberen Knöpfe zu öffnen begann. „Beinahe hätte ich vergessen, dass du sowohl in der Schule als auch in der Universität verschiedene Freundinnen hattest. Wie war noch...“ „Ryuzaki, was soll das?“ Seine Panik ignorierend sprach Light äußerst gefasst, dem Anschein nach empfindungslos, und wollte L soeben aufhalten, als dieser sich blitzschnell dem Griff entwand und seinen Partner seinerseits gewaltsam an den Handgelenken festhielt. „Nicht doch, Light-kun“, sagte er milde überrascht. „Das ist doch albern, du verhältst dich wie ein frigides Weib.“ Nachdem Light darüber höhnisch und abweisend gelacht hatte, entgegnete er bissig: „Komm wieder runter, Ryuzaki. Du machst dich doch nur lächerlich. Das kann man ja nicht mit ansehen.“ „Dann mach die Augen zu“, spottete L mit einem ebenso aggressiv liebenswürdigen Lächeln. Kurz bevor er losließ, verstärkte er noch einmal seine Umklammerung, sodass Lights Handgelenk knackte. „Oder willst du dich später bei Misa-chan ausheulen, dass du ja gar nicht fremdgehen wolltest?“ Während er weiterredete, öffnete er die restlichen Knöpfe des Hemdes und streifte es seinem jungen Kollegen von den Schultern. Darunter trug Light noch ein kurzärmliges schwarzes Shirt. L bemerkte, dass sich die Muskeln an den nackten Armen seines Partners anspannten, doch hinderte dieser ihn kein zweites Mal an seinem Tun. „Was war es noch, was du damals gesagt hast? Die Mädchen wollten bloß ein bisschen Spaß haben? Mach dir also keinen Kopf und entspann dich, Light-kun, das ist doch nichts Ernstes.“ Resolut griff L nach dem Hosenbund, wobei er die Mimik des anderen Mannes musterte, welcher den Blick herablassend erwiderte. Light empfand gleichermaßen Erregung wie Verachtung. Er wollte keine Angst oder Schwäche zeigen, indem er der Konfrontation aus dem Weg ging. Wenn er es schaffte, sich unter Kontrolle zu halten, war das die beste und erniedrigendste Variante, um L abzuweisen. Doch er wusste nicht, ob ihm das gelang, ob er das überhaupt wollte. Vielleicht war es besser, zu fliehen, bevor es zu spät war. Verstärkte es wirklich den auf ihm lastenden Verdacht, wenn er ihm Einhalt gebot? Mitten in diese Gedanken und Zweifel mischte sich das Gefühl der Selbstaufgabe, als Light spürte, wie sich die fremde Hand in seine Hose schob. Auf einmal wurde ihm klar, dass er nicht widerstehen konnte. Er wandte den Blick zur Seite und versuchte sein Denken in weite Ferne zu lenken. Im Inneren war er unentschlossen und gespalten. Würde er es ertragen, unterlegen zu sein? Das konnte er nicht, er wusste es genau, und trotzdem lähmte Begehren seine Vernunft, sodass sein rastloser Wille vergeblich gegen den Selbstverlust anschrie, ihn zur Verteidigung seines Stolzes antrieb und doch nicht mehr bewirkte als eine halbherzige Gegenwehr, die seine Muskeln erstarren ließ, die Sichtbarkeit seiner Emotionen unterdrückte und nur mit wenigen Worten dem Angriff des Meisterdetektivs trotzte. Mit kalter Stimme, in der ein kaum wahrnehmbares Zittern mitschwang, warnte Light ihn: „Du solltest das besser sein lassen.“ „Willst du das denn jetzt noch?“, fragte L und intensivierte seine Berührungen, wobei er sich nach vorn beugte und seinen Freund seitlich am Hals küsste, was diesen zurückschrecken ließ. Light konzentrierte sich darauf, ruhig zu bleiben und seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Doch er bewirkte damit das genaue Gegenteil. Je mehr er seine Erregung zu unterdrücken versuchte, desto stärker wurde sie. Er hatte das Gefühl, das Herz müsste ihm in der Brust zerspringen, weil er sich kaum erlaubte Luft zu holen. „Ryuzaki, warte!“ „Warum wehrst du dich so sehr?“, raunte L leise in sein Ohr und jagte damit einen weiteren Schauer durch Lights Körper. „Nein, ich...“, setzte dieser zu einer Entgegnung an, stockte jedoch. Im Moment hasste er den Klang seiner eigenen Stimme. „Offenbar habe ich es ein wenig einfacher als du“, stellte L gleichmütig fest, „und das ganz ohne die Handschellen, mit deren Hilfe man jemanden gut festhalten kann. Ich weiß, du musstest dich damals ziemlich abmühen, nicht wahr? Vielleicht liegt es ja daran, dass ich älter bin. Aber wenn du mich bittest, könnte ich genauso wie du mit meiner Zunge...“ „Nein!“, stieß Light rau hervor. Er vergrub seine Finger in Ls Ärmel und senkte die Stirn auf dessen Schulter, um wenigstens zu verhindern, dass dieser sein Gesicht sah. Obwohl er sich mit aller Macht dagegen wehrte, erreichte L schließlich sein Ziel. Light konnte ein Zusammenzucken nicht verbergen, genauso wie sich ein plötzliches Keuchen ungewollt aus seiner Kehle stahl, als ihn sein eigener Körper hinterging und die Gefühle sein Bewusstsein übermannten. Natürlich bemerkte L es und drückte ihn daraufhin kaltblütig mit der linken Hand von sich und gegen die Wand in dessen Rücken. Von hilflosem Hass erfüllt wandte Light den Kopf zur Seite. Seine Augen waren fest geschlossen, die Zähne aufeinandergebissen, während er den Schmerz niederzukämpfen versuchte, der vermutlich unübersehbar seine Gesichtszüge entstellte und seine Erregung verriet. Er spürte regelrecht Ls erniedrigenden Blick auf sich ruhen. Dieser Bastard, dachte Light voller Zorn und Verlangen, dafür wird er sterben! In gespielter Verwunderung hob L seine rechte Hand und kommentierte ironisch: „Du hast wohl gerade an Amane Misa gedacht.“ Sofort rammte ihm Light die Faust in den Magen, obwohl er eigentlich nicht vorhatte, so zu reagieren. Es geschah schneller, als er sich darüber im Klaren werden und davon abhalten konnte. L hingegen hatte sehr wohl damit gerechnet. Trotz seiner reflexartig angespannten Bauchmuskulatur, ging er ein wenig in die Knie. Diesen Moment der Schwäche nutzte Light, um eilig seine Hose wieder hinaufzuziehen und danach erneut zuzuschlagen. Er folgte L, packte ihn am Kragen und schob gleichzeitig sein Bein von hinten in dessen Kniekehle, womit er ihm den Boden unter den Füßen entzog und ihn zu Fall brachte. Der Detektiv schlug keuchend auf, sammelte sich jedoch rasch und trat, halb auf dem Rücken liegend, mit dem Fuß in Lights Richtung. Dieser fing den Tritt rechtzeitig ab. Während er L mühselig festhielt, zog er ihn über den Boden näher zu sich und behinderte seine Bewegungsfreiheit, indem er dessen Beine rechts und links über seine Arme legte und sie im Hinabbeugen durch den mit seinem Körpergewicht beschwerten Druck seiner Schultern in eine angewinkelte Position zwang. „Na, wer ist jetzt in der ungünstigeren Lage?“, fragte Light überheblich und von der Situation berauscht. L gab seine Abwehrhaltung auf und begnügte sich damit, seinem Freund durchdringend in die Augen zu starren, welcher ihm eine ungemein demütigende Stellung aufzwang. Beide Männer atmeten schwer und schwiegen einige Sekunden, die Light ausreichend Gelegenheit gaben, um wieder zu Verstand zu kommen. „Hörst du mir nun zu?“, fragte er versöhnlich, ohne den Meisterdetektiv freizugeben. „Dann sprich“, antwortete L genervt. Sein Rückgrat schürfte unangenehm über den harten Boden. Er versuchte sich aufzustützen, doch durch die Körperhaltung und das Gewicht des anderen Mannes erschien ihm das unmöglich. Unbeteiligt zur Seite blickend stemmte er seine Beine, die auf Lights Schultern lagen, gegen dessen Rücken, doch auch das stellte sich als vergebens heraus. Amüsiert registrierte Light die versteckten Bemühungen, mit denen sich L von ihm zu befreien versuchte. Er ignorierte es und sagte: „Denk doch mal nach, Ryuzaki. Ich wollte Misa nicht ausnutzen, als wir uns sicher waren, dass sie die Videobänder verschickt haben musste. Irgendwie schien sie mit dem zweiten Kira in Verbindung zu stehen, aber jetzt ist es offensichtlich, dass hier irgendjemand im Hintergrund die Fäden zieht und uns alle nur benutzt hat, um den Verdacht von sich selbst abzulenken. Misas und meine Unschuld sind bewiesen. Nun kann ich meine Gefühle zulassen, weil es einfach keine mögliche Ausnutzung mehr in Bezug auf den Kira-Fall gibt.“ Bei diesen Worten schnaubte L verächtlich, einerseits über die Dreistigkeit seines Partners, andererseits fiel ihm das Atmen zunehmend schwerer. Anfangs war der Schmerz noch erträglich, doch verstärkte er sich mit jeder Sekunde. Seine Überlegenheit genießend fuhr Light teilnahmslos fort: „Es ist doch nicht überraschend, dass ich deshalb erst jetzt Klarheit erlangt habe. Wobei...“ Er zögerte, als dächte er offen darüber nach. „Wenn ich ehrlich bin, kam das gar nicht so plötzlich. Ich bin mir nach und nach dessen bewusst geworden. Allerdings wollte ich dir keine Angriffsfläche bieten, nachdem du mir schon einmal vorgeschlagen hattest, ich könnte Misas Gefühle missbrauchen, um ihr Informationen zu entlocken. Solange das alles noch ungeklärt war, habe ich mir selbst verboten, mich auf Misa einzulassen. Außerdem... was ist denn mit dir, Ryuzaki?“ L atmete angestrengt. Er verzog das Gesicht, hielt den Kopf aber weiter zur Seite gewandt. Es kam ihm vor, als würde der Schmerz ihn überwältigen. Dabei ging es nicht allein um den durch ihre Stellung verursachten körperlichen Schmerz, obgleich ihn nicht alles an seiner jetzigen Lage abstieß. Er fühlte sich ausgeliefert. Die Nähe war ihm zu intim. Er wusste nicht mehr, was er wollte und was nicht. Und damit war er nicht der Einzige. Eigentlich dachte Light, er würde die Erniedrigung seines Partners voller Hohn auskosten. Als er ihn nun so schutzlos und dennoch beherrscht unter sich sah, vereinnahmten ihn erneut widersprüchliche Gefühle. Anstatt das Spiel weiterzutreiben, zog er sich zurück und gab L frei. Er redete sich ein, dass er Fairness walten lassen wollte, weil ein ungleicher Kampf an Wert verlor. Er wollte L nicht so schwach sehen. Er wollte nicht selbst schwach werden. „Jedenfalls müssen wir jetzt dem echten Kira auf die Spur kommen“, meinte Light im Aufstehen. Auch L kam wieder auf die Beine. Er atmete, seine Glieder und Gelenke bewegend, geräuschvoll aus. Light betrachtete ihn eingehend, während er sagte: „Wir sind bisher immer nur falschen Fährten gefolgt. Es heißt also, wieder ganz von vorn anzufangen.“ „Geh, Light-kun. Bevor ich mich vergesse.“ Den Rücken zur Tür gewandt blieb L unbewegt stehen. Er schaute Light nicht an, der seinerseits einen Moment lang schwieg und dann seufzte. „Ich hoffe, du beruhigst dich bald wieder und erkennst, dass du mit deinen Vermutungen nicht immer richtig liegen kannst, Ryuzaki. Erst recht, wenn du es nicht schaffst, rational zu denken.“ Nach diesen abschließenden Worten ordnete Light seine Kleidung, hob sein Hemd vom Boden auf, streifte es über und knöpfte es zu. Daraufhin hängte er sich die Reisetasche um. Er verzichtete darauf, sich noch einmal umzuschauen. Im Vorbeigehen klopfte er seinem Freund auf die Schulter, schritt an ihm vorüber und verließ, ohne ein weiteres Zögern, den Raum. Hinter ihm fiel die Tür gedämpft ins Schloss. L verharrte reglos in dem nun stillen Zimmer. Mit leicht gehobenem Kopf und leeren Augen sagte er leise: „Heuchler...“   Ein kurzer greller Signalton erklang beim Entriegeln der elektronischen Türsperre. Light schob die Sicherheitskarte zurück in seine Tasche. Der Detektiv hatte sie seinem Partner vorhin auf dem Flur, als er ihm seine neue Unterkunft zeigte, in die Hand gedrückt. Das war geschehen, bevor sie zum letzten Mal in ihr gemeinsames Zimmer gingen. Nun betrat Light allein ein Quartier, welches sich in Zuschnitt und Ausstattung kaum von dem anderen Raum unterschied, den er wochenlang zu zweit bezogen hatte. Selbst das Bett hatte die gleiche Größe. Geruhsam stellte er darauf seine Tasche ab, zog den Reißverschluss auf und entnahm ihr seine persönlichen Hygieneartikel, die er auf dem sauberen Stoff des gemachten Bettes zwischenlagerte. Nachdem er die Armbanduhr, das Geschenk seines Vaters, vom Handgelenk gelöst und sie mit Vorsicht auf dem Nachttisch niedergelegt hatte, sammelte er die Utensilien zusammen und trug sie ins Bad. Dort ordnete er sie sorgfältig auf der gefliesten Ablagefläche an. Er drehte sich um, machte die Tür von innen zu und schloss ab, obwohl niemand sonst bei ihm war. Es war lange her, seit er das letzte Mal so allein war wie jetzt. Seine Hand ruhte noch eine Weile auf der Klinke, als wäre sie erstarrt. Als wäre sein ganzer Körper zu Eis gefroren. Von einer Sekunde zur nächsten drehte sich Light zur Seite und schlug mit der Faust gegen die Fliesen, immer und immer wieder, Schlag auf Schlag. „Verdammt! Verdammt! Verdammt! Er hat es schon wieder getan.“ Zwischen den Wänden des Badezimmers hallte das hohle Geräusch wider. Umsonst darauf wartend, dass der Schmerz in seinen Fingerknöcheln seine emotionale Erschütterung milderte, vergrub Light die Hände in seinen braunen Haaren. Er sank wütend, nervös und entkräftet gegen die Wand. Die glatten Fliesen kühlten ein wenig seine erhitzte Stirn. L hatte es erneut geschafft, ihn zu demütigen, auch wenn Light es ihm heimgezahlt hatte. Auge um Auge. Zahn um Zahn. Die Vergeltung war einfach nicht genug. Es reichte nicht. L musste noch mehr dafür büßen. Doch trug er wirklich die Schuld an dem, was passiert war? Wie konnte das überhaupt geschehen? L hatte gar nicht die Macht, um Light so etwas anzutun. Niemand konnte Kira kontrollieren, weil nur er allein alles in der Hand hielt. Warum hatte er es so weit kommen lassen? Warum hatte er es nicht verhindert? Lights Körper bebte. Seine schmerzhaften Atemzüge wurden unterbrochen von einem leisen Lachen, das seinen Brustkorb erzittern ließ. Es war noch nicht vorbei. Wozu grämte er sich? Schließlich hatte er den Kampf offensiv gesucht, der Eintönigkeit und Ungerechtigkeit der Welt mit dem Death Note ein Ende bereitet, um eine neue Zeit einzuläuten. Ein neuer Gott konnte nur aus den Trümmern eines Schlachtfeldes auferstehen. Er musste den Gott der alten Weltordnung zu Grabe tragen. Natürlich war der Krieg längst entschieden, aber ein paar Schlachten mussten noch geschlagen werden. Kira sollte dankbar sein, dass L nicht kampflos aufgab. Lachend lehnte sich Light gegen die Wand in seinem Rücken. Er wehrte sich nicht mehr gegen die Angst, den Hass und die Besessenheit. Es war gut so, wie es war. Jedes Leben wird ja erst durch Spaltung und Widerspruch reich und blühend. Was wären Vernunft und Nüchternheit ohne das Wissen vom Rausch? Was wäre Sinneslust, wenn nicht der Tod hinter ihr stünde? Was wäre Liebe ohne die ewige Todfeindschaft? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)