Schwarzer Drache: Silberschwingen von abranka (Schwarzer Drache III) ================================================================================ Kapitel 20: 20. Wut -------------------- Vorsichtig stiegen Allen und Louvain die Treppe vom Kellerraum in die Katakomben hinunter. Die Fackel in der Hand des blonden Ritters brannte rußig und ungleichmäßig, sodass die Treppe noch unheimlicher aussah, als sie es ohnehin schon war. Allen musste ein erleichtertes Aufseufzen unterdrücken, als sie endlich in dem großen Hohlraum am Ende der Treppe ankamen. "Und jetzt?" murmelte er leise. "Da lang!" sagte Louvain energisch und deutete auf einen weißen Kreidepfeil am Boden. "Das kann nur Merle gewesen sein..." Beherzt ging der Löwenjunge in den dunklen Tunnel hinein. Seine Fackel warf eine seltsame Mischung aus Licht und Schatten an die Wand. Allen zuckte mit den Schultern und folgte dem Freund in die Dunkelheit. Milerna half Drayos beim Ausmalen der Bilder in seinem Malbuch, als Shid auf den Balkon kam. Sofort verfinsterte sich das Gesicht des kleinen Jungen und er wollte sich aus den Armen seiner Mutter befreien, doch Milerna hielt ihn unerbittlich fest. "Hör auf, Drayos," sagte sie bestimmt. Murrend gab das Kind seine Befreiungsversuche auf und sah Shid aus zornig funkelnden Augen an. Der Herzog von Freyd seufzte auf und ließ sich in dem Korbsessel nieder, auf dem vor einer Weile noch Eries gesessen hatte. "Was hat er nur?" murmelte er leise. "Drayos, was hast du denn gegen Shid?" fragte Milerna und streichelte ihrem Sohn sanft über das dunkle Haar. "Ich hasse ihn!" kreischte der Junge und wandt sich schließlich frei. In einigem Abstand blieb er stehen und starrte Shid aus seinen violetten Augen wütend an. "Er hat alles! Und immer nimmt er mir alles weg!" "Was soll das heißen Drayos? Was hat er dir weggenommen?" hakte Milerna überrascht nach, doch Drayos drehte sich um und rannte auf seinen kurzen Beinen davon. Die blonde Prinzessin seufzte auf. "Ich werde ihm nachgehen. Passt du bitte so lange auf Ayres auf?" Shid nickte. "Natürlich, Milerna." Er sah seiner Tante und Ziehmutter nach, wie sie den Balkon verließ und betrachtete dann seine Halbschwester beim Schlafen. Lächelnd streichelte er ihr über die weiche Wange. "Nicht..." Der schwarze Drache sprach leise im Schlaf. "Nicht!" Seine Stimme erhob sich schlagartig zu einem Donnerhall und Staub rieselte von der Decke der Felskapelle. Er öffnete die Augen und starrte vor sich hin. "Was ist?" fragte Hitomi behutsam und streichelte ihm sanft über die Schulter. "Der Manticor... Er wird auch erwachen. Das Band zwischen uns... Es ist so eng... Noch kann ich es verhindern, aber nicht mehr lange..." Der Drache atmete schwer, dann schloss er die Augen wieder. "Langsam wird er mir unheimlich," murmelte Merle und tätschelte dem Drachen behutsam die Seite. "Wem sagst du das," gab Hitomi leise zurück. "Warum bekommt ihr Angst?" fragte der Drache leise. "Du bist so anders..." antwortete die Königin von Farnelia. "Wenn es nur das ist... Ich bin erschöpft. Der Kampf mit dem Manticor hat mich all meine Kraft gekostet. Und das Aufwecken war auch nicht gerade sanft. Ich bin nur müde, aber ich habe keine Zeit um Kraft zu sammeln... Ich muss den Manticor im Zaum halten. Noch schläft er tief, aber mit jedem einzelnen meiner Atemzüge nähert er sich dem Moment des Erwachens. Ich versuche, ihn schlafen zu lassen, aber ich weiß nicht, wie lange ich es kann. So erschöpft, wie ich bin..." Laures stellte allmählich fest, dass er offenbar in einer Truppe von lauter Schwächlingen gelandet war. Jeden einzelnen Soldaten hatte Van nach wenigen Minuten besiegt und entweder seine Technik, Kondition oder Kraft bemängelt. Die besiegten Soldaten saßen kopfschüttelnd an der Seite und verfolgten das Geschehen. Bisher hatte es noch niemandem gegeben, der Van Farnel länger als fünf Minuten etwas hatte entgegen halten können. Aber Laures musste auch zugeben, dass sein Vater ein ausgezeichneter Schwertkämpfer war. Seine Technik war perfekt, ebenso der Einsatz seiner Kraft. Ich kann ihn nur über die Kondition kriegen... Er hat schon gegen 19 Männer gekämpft, wenn ich an der Reihe bin. Aber ich bin ausgeruht... Ein Lächeln huschte über Laures' Lippen. "Der Nächste," sagte Van, als der 19. Soldat zu Boden gegangen war und sich nun langsam aufrappelte. Er war auf einen der ältesten Tricks Gaias hereingefallen und hatte sich zusätzlich noch ein Bein stellen lassen. Laures bezog vor Van Stellung und sah seinem Vater fest in die Augen. "Hier bist du also wieder, Laures von Styx," murmelte Van leise. Sie sahen einander abwartend an. Dann stieß Laures mit seinem Schwert plötzlich vor und eröffnete den Kampf. Van parierte den Schlag elegant und drang seinerseits auf Laures ein. Geschickt sprang Vans Sohn bei Seite und rollte sich ab. Federnd kam er wieder auf die Füße und wirbelte gerade rechtzeitig herum, um den nächsten Schlag seines Vaters abzublocken. "Du hattest einen guten Lehrmeister," meinte Van anerkennend. Der Kampfstil des Jungen gefiel ihm. Er war effektiv und geradeaus. Allerdings erkannte er für seinen Geschmack etwas zu viel Wagemut in den Attacken und in der Vernachlässigung der Deckung. Blitzschnell nutzte Van den kurzen Moment, den Laures seine Deckung preisgab, um seine Attacke zu führen. Nur mit Mühe konnte der schwarzhaarige Junge dem Schlag des Königs ausweichen. Ein Lächeln huschte über Laures' Gesicht. Sein Vater war wirklich gut. "Euer Lehrmeister scheint ebenfalls gut gewesen zu sein..." gab Laures zurück. Schweiß rann ihm über die Stirn und zu seiner Verblüffung sah er, dass Van noch immer frisch und erholt aussah. Der König schien sich noch nicht übermäßig angestrengt zu haben. "Mein Lehrmeister war Vargas, der beste Schwertkämpfer Gaias. Wer war deiner?" Laures gab keine Antwort, sondern nutzte den Moment, um Van mit einem Hagel von Schlägen einzudecken. Van wehrte sie aber geschickt ab. Seltsam. Diese Attacke kenne ich doch von... Dilandau?! Wie soll denn Dilandau diesen Jungen unterrichtet haben? Das kann nicht sein! Van wurde von seinen Gedanken abgelenkt und sah Laures' Schlag erst im letzten Moment. Er sprang bei Seite und spürte, wie das Schwert des Jungen seine Uniform auf der Seite aufschlitzte und die Haut schmerzhaft anritzte. Van wirbelte um die eigene Achse und prellte dem Jungen mit einem harten Schlag das Schwert aus der Hand. Laures stolperte und fiel hinterrücks zu Boden. "Nicht schlecht," sagte Van und presste seine Hand auf die Seite. "Keine Schwachstellen. Er kann mit der Elite trainieren. Die sind seiner würdig," meinte er in die Richtung von Leutnant Asha. Dann lächelte Van Laures zu, steckte er sein Schwert weg und reichte dem jungen Soldaten die Hand. Einen Moment lang zögerte Laures, doch dann ergriff er die Hand seines Vaters und ließ sich von ihm hochziehen. In dem Moment, als Van Laures berührte, spürte er eine unglaubliche Vertrautheit, die ihn mit Laures von Styx verband. Er sah seinem Sohn lange in die schwarzen Augen. Das Lodern in ihnen machte ihm Angst. So viel Schwärze und Hass hatte er noch nicht einmal in der Anwesenheit der Manticor verspürt. Nachdenklich ließ er Laures' Hand los. Auch Laures sah seinem Vater fest in die Augen. Zum ersten Mal war da etwas anderes als nur der Hass und die Wut, die er für seinen Vater empfand. Anerkennung. Er verspürte Anerkennung für Van. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)