In an other world von Miko_Milano (my little paradise) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Es ist gleich acht Uhr, draußen ist es dunkel, ich sitze in meinem Zimmer und lausche der Stille die nur in den wenigen Stunden herrscht, in denen es Nacht ist. Ab und an hört man noch jemanden reden, draußen vor meiner Tür geht meine Schwester her und meine Mutter sitzt am Computer. Sarah ist bereits ins bett gegangen und ich höre nur den Wäschetrockner piepen und die Uhr auf dem Nachtschränkchen neben meinem Bett tickt leise und stetig vor sich hin. Ich schaue wieder auf den Boden, noch immer habe ich ihn nicht aufgeräumt. Noch immer habe ich das Bad nicht sauber gemacht. Ich wollte es, wirklich, habe auch schon angefangen das Bad zu säubern, doch irgendwann als ich den Schrank geöffnet habe, da sah ich ihn. Der Rasierer lag da, unschuldig, doch so gefährlich. Scharfe Klingen, so scharf und doch so erleichternd. Die Klingen sind kalt und aus glänzendem Metall. Doch ich habe sie rot gefärbt. Meine arme brennen, die Schnitte sind nicht tief, aber tief genug um zu bluten, um weh zu tun, um den Schmerz in mir drinnen zu überdecken. Nachdem ich es wieder getan hatte, war die Kraft um weiter zu machen mit dem putzen einfach weg. Ich habe mich wieder zurück gezogen, zurück in mein Zimmer. Habe mich der anderen Welt hingegeben. Dort bin ich öfter. Immer wenn es mir nicht gut geht, wenn ich traurig bin, wenn ich weinen möchte. Immer wenn ich die Augen schließe, dann sehe ich sie vor mir. Diese andere Welt. Ein kleines Stück vom Paradies, nur für mich allein. Dort ziehe ich mich zurück, wenn ich mich einsam fühle. Dann laufe ich durch die Wiesen, pflücke Blumen und mach daraus einen Blumenstrauß. Dort lache ich mit der Sonne um die Wette, fliege mit den Vögeln, lasse den Wind mit meinen Haaren spielen und schaue den Sternen zu, wie sie um die Wette funkeln. Tag und Nacht bin ich dort. Kann dort ich selbst sein. Und ich weigere mich meine Welt wieder zu verlassen, will nicht mehr erwachen, würde gerne für immer dort bleiben. Aber manchmal, wenn ich in meinem Paradies bin, merke ich wie einsam es dort ist. Es ist niemand da, dem ich den Blumenstrauß schenken kann, es sieht niemand wie ich lache, niemand fliegt mit mir, niemand spürt mit mir den Wind und niemand ist bei mir, wenn ich den Sternen zuschaue. Niemand sieht mein wahres Ich. Dann werde ich traurig, fange an zu zweifeln, ob es richtig ist, dort hin zu verschwinden, wenn mir zuhause in meinem Leben die Decke auf den Kopf fällt. Eine Sucht, die von mir besitz ergriffen hat, meine kleine Welt, die ich liebe, für die ich alles geben würde, in der ich wirklich lebe. Ich schaue auf die Uhr, gleich halb zehn, schon wieder, hab gar nicht bemerkt wie die Zeit vergangen ist. Ich kann noch nicht schlafen, will noch nicht schlafen, möchte die Ruhe genießen, so lange es geht, genieße es, einfach nur da zu sitzen und zu lauschen, spüre die Sehnsucht nach mehr, Sehnsucht nach jemandem, der diese Ruhe mit mir teilt. Der mich einfach in den Arm nimmt, mit mir schweigt und einfach nur da ist. Wieder bemitleide ich mich selbst, wieder sehe ich mit großen, traurigen Augen aufs kalte Fensterglas, sehe mich selbst, wie ich dort auf dem Bett sitze, die Beine angezogen, die Haare fallen mir ins Gesicht, einzelne Tränen hinterlassen feuchte Spuren auf meinen Wangen und ein falsches Lächeln ziert meine schmalen, blassen Lippen. Wässrige Augen sehen mir entgegen, rot gequollen vom weinen. Ein heiseres Lachen entweicht meiner Kehle. Das bin nicht ich, das Fenster lügt. Das bin nicht ich. Das kann nicht sein. Nein. Das darf nicht sein! Schnell wische ich die Tränen weg, richte meine Haare, drücke die Lippen fest aufeinander, damit sie wieder Farbe bekommen und setze ein glückliches Lächeln auf, welches nicht so falsch aussieht und doch noch falscher ist, als das davor. Schon kommt meine Mutter ins Zimmer, sieht sich um, sieht mich an. "Ich geh jetzt hoch, ich kann nicht mehr. Ich bin müde. Wann hast du morgen Schule?" "Um acht" ich sehe sie nicht wirklich an, rede einfach, hoffe, dass es auf die Frage passt, da ich nicht wirklich höre was sie sagt, rate nur, da es eh jeden Abend das gleiche ist. "Gut, dann mach auch langsam mal Schluss! Du kommst morgen sonst nicht raus!" Dann beugt sie sich rüber und gibt mir ein Küsschen. Ich erwidere nichts. Wüsste nicht, was ich sagen sollte. Die Türe schließt sich wieder und meine Mutter geht die Treppen hoch, ins Schlafzimmer. Ich lausche ihren Schritten und den Geräuschen der Türe, dann ist es ruhig. Seufzend sehe ich mich noch einmal um, dann lege ich mich hin, starre noch lange an die Decke. Denke nach, versinke in Erinnerungen, lasse den Tag noch einmal Revue passieren. Irgendwann schlafe ich ein. Dann bin ich wieder alleine, alleine in einer anderen Welt. Wieder im Paradies. Träume und will nie mehr erwachen. Ich lächle, selbst mein schlafender Körper ist entspannt. Mein Atem geht ruhig. Das Paradies gehört in diesen Nächten nur mir. Dort lebe ich, bis mich am nächsten Morgen die Realität erneut zurück holt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)