Das Leben liebt die Unsterblichkeit von abgemeldet (~'*Legolas & Aragorn*'~) ================================================================================ Kapitel 10: *~pae~* ------------------- Bemerkung der Autorin: Alloha! ^o^Y Sorry, dass es jetzt so lange gedauert hat, aber wir müssen uns auch etwas Zeit lassen, damit ihr uns nicht überholt. Ist doof, unter Druck zu arbeiten. >___> Dieses Kapitel besteht weniger aus gefahrenvollen Situationen und dramatischen Geschehnissen. Es ist vielmehr eine kleine Pause... die Ruhe vor dem Sturm. >__< Viel Spaß ^^ Mono Legolas: Zu sehr schien er in den Kampf gegen die eigene Beklemmung vernarrt zu sein, als dass er meinen Worte mit Erwartung hätte begegnen können. Innehalten tat er, als ich die Stimme erhob. Selbst durch den ersten Ton, der leise und doch beabsichtigt schneidig über meine Lippen kam, schien ich geradlinig und direkt zu ihm vorzudringen. Er richtete sich aus der zusammengesunkenen Haltung auf, in der er dort gestanden hatte und er drehte sich zu mir um, wobei seine Bewegungen nicht an Sicherheit gewonnen zu haben schienen und er sich etwas geduckt hielt, übermannt von einer Beirrung, welche nahezu an Entsetzen grenzte und für meinen Teil eine zu übertriebene Reaktion darstellte. Erschütterung zeigte sich auch in seinen Augen, die sich, das erste Mal seit langer Zeit, durchgehend und deutlich auf die meinen richteten. Doch es war nicht Abschreckung genug, ihn so zu sehen... war es doch ein Verhalten, das so verworren schien, dass es vortrefflich zu ihm passte und mich nicht irritieren musste. So fuhr ich mit selbiger Stimme fort, sagte, was ich zu sagen hatte und erwiderte seinen Blick mit einer Sicherheit, der ich mich verdient fühlte. Ich war ihr nicht grundlos habhaft geworden... vieles gab mir Anlass, mich so zu verhalten, wie ich es nun tat. Und so sehr ich mich mir selbst auch entfremdete... Die Selbstentfremdung war nötig, stellte den einzig existenten Weg dar, um meine Gefühle für ihn offen kundzutun. Meine Gefühle, so wie sie in diesen Augenblicken und versteckt seit langem in mir herrschten. Und als würden meine Worte bis in sein tiefstes Wesen eindringen, dort, wo auch er verletzlich war... zeigte er sich gepeinigt, entfloh gar meinem Blick und richtete den Eigenen mit wehleidiger Miene auf den Boden. Als wäre diese Seite, die doch ihre feste Präsenz in ihm hatte, etwas fremdartiges für ihn, als wäre er sich ihrer nie bewusst gewesen... der Fehler, des Unrechts... Ich selbst scheute mich mit allen Mitteln davor, selbst Teilnahme zu spüren, gar zu offenbaren. Teilnahme an seinem scheinbaren Unwissen... durch das meine Worte schmerzlicher sein mussten, als ich es beabsichtigt hatte. Und er stand da wie ein grauer Stein in öder Gegend, reglos verharrend und in sich gekehrt. So entließ auch ich ihn aus meiner Beobachtung, lenkte mich ab und sah keinen Sinn mehr in meinem Hiersein. Wie auch immer sein festes Vorhaben einst ausgesehen hatte... es schien verwirkt, geschwächt und nach Stärke lechzend, die es nicht erhielt. Und trotz des Versuches, trotz seiner Vernarrtheit in ein Gespräch, das nur wir führten, war es doch nur so, als hätte er mit letzter Kraft einen Stein gehoben, die Lücke der Mauer zu schließen, durch wir uns noch sehen konnten. "Du bist..." Ich versteinerte in meiner Haltung, fasste seine Worte, die so gar nicht meinem Eindruck von ihm entsprachen, mit nicht minderer Ungläubigkeit auf, als er die meinen. Nur leise ertönte seine Stimme, lebendig erhob sich auch sein Atem und als hätte das Gespräch, welches in meinen Augen gescheitert war, in seinen Augen soeben erst seinen Anfang gefunden, richtete er sich auf. Wenn auch schwach und noch immer verlassen von den Kräften, die ich ihm genommen zu haben schien... Ich wendete mich ihm zu, verbarg meine Emotionen nicht und starrte ihn an. Entspannt wirkte seine Miene und doch tragend und Enttäuschung glänzte in seinen Augen, die er bisweilen doch nur sich selbst gegenüber empfunden hatte. Doch ein trauriges Lächeln begann matt seine Lippen zu zieren... und sein Kopf schüttelte sich langsam, als wolle er das bisher Gesagte von sich abstreifen... als besäße das Geschehene nicht die geringste Bedeutung. "... ein oberflächliger Narr, Legolas." Hatte ich mich soeben noch gestärkt und begründet in meiner Rolle gefühlt, so befiel mich nun schiere Verwirrung, da seine Worte so gar keinen Sinn zu ergeben schienen. Und dennoch bediente er sich Ihrer, als stellten sie eine Erklärung für einjedes Rätsel dar. Als laste eine immense Bedeutung auf ihnen, die meinen Augen verborgen blieb. Und er atmete tief ein, gelangte zu einer Fassung zurück, die ihn in ein anderes Licht treten, die mir sein Verhalten so verständlich erscheinen ließ. Und doch... Es war und blieb verworren. Ich verzog die Miene, sinnvolle Gedanken entrannen mir und ich fand mich verloren in dem Gehedder aus Unsicherheit, Verwirrung und Fehlleitung. So blieb ich stehen, wartete auf Gestiken, auf Blicke und Worte, die mich nur noch schlimmer diesem Zustand aussetzen würden. Und seine Stimme ertönte so matt und kraftlos, so leise und brüchig. Doch sie ertönte... und eine gewisse Entschlossenheit war ihr zuteil. "Welche Erklärungen sollte ich dir liefern?" Ging er unerwartet und so direkt auf meine Frage ein, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Keine Ablenkung...? Nichts, das Zeit schinden sollte...? Er schloss die Augen, als scheue er sich vor der eigenen Stimme. Doch sie erhob sich energischer als zuvor, lauter, als wäre es nicht die seine. "Welche Erklärungen sollte ich dir liefern? Sollte ich berichten, wie ich das Vertrauen König Théodens mit Füßen trat, indem ich nächst ein Duzend seiner Männer opferte, um dein Leben zu schützen?! Sollte ich dir erzählen, wie gleichgültig mir das Überleben der Hobbits war, als ich dich im Arm hielt?!" Seine Deutlichkeit traf mich in einem ungeschützten Moment, zu erschreckend kam sie und ich fühlte mich ihrer nicht gewachsen, obgleich ich mich doch stets nach ihr verzehrt hatte. Das Überleben der Hobbits... das, für das ich mich eingesetzt hatte und ohne unerwartete Hilfe dennoch gescheitert wäre...? Hastig und übereilt sinnierte ich nach vergangenen Zeiten und fand die Erinnerung in seiner Stimme, die gleich eines gespenstischen Hauchens in meinen Ohren summte, mich gebrechlich und zitternd bat, nicht zu sterben. Ich wußte nicht, ob er das Keuchen ausstieß oder ob es das meine war, als ich mir der Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Längst schon sah ich ihn nicht mehr an und keine weitere Erklärung wäre mehr nötig, um mich in die Perplexität zu stoßen, in der ich mich bereits befand. "Verlangtest du zu wissen, dass einjedes Wort der Gefährten und Verbündeten an Wichtigkeit verlor, sobald der Gedanke an dich in meinem Kopf tobte und mir nächtelang im Schlaf auflauerte?!" Stark und nach Aufmerksamkeit keifend, drängten sich diese Worte gegen mich und so gern ich sie auch von mir stoßen wollte, sich drangen in mich ein, als hätte ich nie daran gedacht, mich gegen sie zu wehren. Ich drehte mich zu ihm, starrte ihn an, ohne dass er mir dieselbe Beachtung zeigte. Ich fand mich schutzlos ausgeliefert an Tatsachen, die mir neuartig und doch so stark und entsetzlich schienen, als dass sie mir nie hätten entgehen dürfen! So viele Auffälligkeiten... So viele Emotionen und Gedanken, die ich beileibe nie in ihm vermutet hätte... Und er sprach sie aus, gnadenlos jegliche Pausen verwehrend, jedoch nicht hastend. Und als fürchte er sich, mich anzusehen, blickte er noch immer zu Boden und ich hätte ihm nichts entgegengebracht, als unwissendes Schweigen, als Blicke, mit denen ich mir so uneins war wie mit meinen eigenen Gefühlen, die durch diese Worte restlos überfordert und erlahmt zu sein schienen. Wie... wie konnte ein Grund aussehen, der ihn dazu trieb, mehr als nur die nötigen Gedanken an mich verlieren...? Warum tat er all dies?! "Strebtest du danach, zu erfahren, wie sehr ich mich in einem Netz voller Kabale verstrickte..." Ich wünschte, er würde verstummen! "... indem ich Gandalf Mut zusprach und ihm im nächsten Moment deinetwegen drohte?!" Meinetwegen?! Längst schon, raste mein Atem unkontrollierbar über meine Lippen und meine Augen suchten blind und stetig scheiternd nach Antworten... Antworten, die nur er mir geben konnte und vor denen ich mich dennoch unbeschreiblich fürchtete. Er gab sich mit Ernsthaftigkeit und Wahrheit als ein Mensch aus, den ich noch nie zuvor erblickt hatte! Unruhig trat ich vor und trat zurück, versuchte zu realisieren, zu verstehen... ... und ich brachte mir selbst mit diesem Vorhaben nichts als Überforderung. Doch war sein Leiden nicht minder und er verbarg die Augen mit der Hand, als wolle er nicht mehr nach außen dringen lassen, als er mit Worten ausdrücken konnte. Schwer schien die eigene Wahrheit auf ihm zu lasten und er wurde kleiner, so schien es mir, senkte das Haupt... Und ich hätte mich nicht weniger gern verschlossen, trieb mich einjedes seiner Worte doch mehr und mehr in die Benommenheit, in der ich nichts mit ihnen anzufangen wusste. "Wolltest du wissen, wie sehr ich unter dir leide und wie sehr ich es dennoch will?" Auf welche Art und Weise, der ich mir selbst so unbewusst war, brachte ich ihm Leid?! Nie war etwas dergleichen meine Absicht gewesen!! Er ließ mich wahrhaftig verzweifeln... bürdete mir das peinigende Gefühl der Schuld auf und ich hauchte seinen Namen, fand mich selbst zu erschöpft und gleichermaßen doch zu aufgewühlt, um mehr Kraft in meine Stimme zu legen, die genauso zitterte, wie ich selbst... bis in mein tieftes Wesen. Die Verzweiflung, die mir jede Faser seines Körpers offenbarte, konnte nicht mein Werk sein... in keinem Moment meiner Wut hätte ich ihm dieses Befinden gewünscht! "Welche Bedeutung Mittelerde noch für mich tragen würde, wenn ich in deiner Nähe bin?" Er machte es schlimmer... immer mehr trieb er mich in einen weiteren Zustand, mit dem ich nicht umgehen konnte... die Kontrolle weit entfernt und in ungreifbarer Ferne sah! Ich fühlte mich als würde ich frieren... zu offensichtlich labte sich das Entsetzen an mir und deutlich spürte ich auch, wie jegliche Farbe mein Gesicht verließ und meine Augen vor Zweifel an mir selbst schrieen, wie sie nach so grausamen Fehlern suchten, die ich selbst begangen haben musste! Wie sehnte mich doch danach, dass er es sah! Dass er sah, wie leer und ausgelaugt ich war, getrieben an die Grenzen des Zumutbaren... Und er tat es nicht. Annähernd meinte ich, eine vergleichbare Angst würde auch ihn quälen, würde ihn mit allen Mitteln abhalten, sich meinem Sehnen zu ergeben und aufzublicken... Unsicher näherte ich mich ihm... sammelte mit Verbissenheit Kraft und gleichermaßen den Mut, den nächsten Schritt zu tun... auf dass ich endlich die lang vermisste Gewissheit erfuhr! Wie zwanghaft wollte ich sie hören... ganz gleich, wie sie war, ganz gleich, was sie beinhaltete. Ein Stück mehr Schmerz würde ich ertragen, um mich endlich von der Unwissenheit losreissen, und über greifbare Tatsachen grübeln zu können! Doch ließ mich das leise Geräusch der Tür erschrocken inne halten und ich wollte nicht wahrhaben, dass es nun eine Störung gab! Reglos blieb ich stehen, drehte mich nicht um, war gefangen in mir selbst und vernahm die Stimme eines Mannes. "Verzeiht, Herr Aragorn." Ich schenkte ihm keine Beachtung, betete, er würde verschwinden, ohne den Grund seines Erscheinens zu nennen. Einfach so verschwinden... Doch... Aragorn fügte sich mit einem leisen Seufzen und nickte auch, worauf ich wegsah, mich leicht zur Seite drehte, jegliche Hoffnung aufgebend... den Fortgang dieses Trauerspiels deutlich vor mir sehend. "Der König verlangt nach Euch, Herr." Verbissen und erschüttert durch meine Verzweiflung stand ich dort, war bereit, zurückgelassen zu werden, jedoch nicht bereit für das Gefühl des schmerzhaften Leides, welches er in mir entfacht hatte... doch vielleicht nicht ersticken würde. Und ein kaltes Stechen brachte mir einen Vorgeschmack, als ich hörte, wie er losging, wie er dem Ruf des Mannes folgte... mich verließ. "Legolas..." Der Hauch eines Flüsterns erreichte mich gemeinsam mit der Brise, als er an mir vorbeizog und ich konnte mich trotz des sehnlichen Wunsches, der nun in Erfüllung zu gehen schien, nur als erschrocken bezeichnen. Noch immer keiner Bewegung fähig, blieb ich stehen auf meinem Fleck und er erreichte die Tür, ohne dass ich seinen Blick auf mir spürte. Noch immer mied er mich und ich unterdrückte den Atem, tauchte ein in die Atmosphäre, in der er kurz inne hielt und nur Zeit für wenige Worte finden würde. Mit geweiteten Augen und rasendem Herzen starrte ich auf die kahle Gesteinswand und eine Stille brach über uns herein... "Lle naa ilya ten...", deutlich war das Flüstern in ihrer Lautlosigkeit zu vernehmen. 'Du bist alles für mich'... hauchte er... Fahrig schweiften meine Augen zur Seite... "Gen aníron..." ... 'ich... begehre dich'... Ich versuchte zu schlucken, mich des Atems zu bemächtigen, den mir einjedes Wort geraubt hatte. Laut rang ich nach ihm, als ich mich ebenso hastend umwandte und zur Tür blickte, die sich bereits schloss... mir nur einen kurzen Moment offenbarte, in dem ich seine wehleidigen Augen erblickte. Wie sie die meinen streiften... bereit, als Grund den Abschied zu sehen... Und die Tür schloss sich... Ich wusste keinen Grund für meine schnelle Reaktion, wüsste ich doch nicht, was ich hätte sagen sollen... hätte er inne gehalten und mir etwas Zeit gegeben. Keuchend und zitternd, als wäre es noch immer nicht vorbei, stand ich dort und starrte auf die Tür, die verschlossen blieb, nur leise Geräusche zu mir durchdringen ließ, die meinen Ohren bisweilen vollkommen entgangen sein mussten. Aufgenommen hatte ich seine Worte... ja, tief in mir behielt ich sie... Doch... fehlte der Mut, mich mit ihnen zu beschäftigen, ihre Bedeutung zu erkennen, die doch so deutlich vor mir lag, nur aus Angst unbeachtet blieb... Mutwillig sah ich weg, verleugnete die Wahrheit, die mir gegeben war und doch keine Beruhigung brachte. Nein, vielmehr war sie des Gegenteils mächtig. Zurückgezogen hinter der Hülle aus Entsetzen und Ungläubigkeit drehte ich mich um, kehrte der Tür den Rücken und blieb dennoch stehen. Nur gedämpft vernahm ich auch die Schritte, die eilig an der Tür vorbeizogen. Ich schloss die Augen. Kraftlos wie ich war, sank auch mein Kopf hinab und die Arme wurden mir schwer. Lärm erhob sich, der mich umgab, als stamme er aus einer anderen Welt... als hätte mich nichts an ihm zu interessieren... und dem war so. Zu verbissen und angestrengt versuchte ich meinen Atem zu beruhigen, als dass es mir hätte gelingen können. Zu unkontrollierbar war er wie auch der Rest meines Körpers und ich verlor die Fähigkeit, mich auf den Beinen zu halten... sank hinab und kauerte auf dem Gestein. Nichts und niemandem Beachtung schenkend... die Augen gedankenlos und starr auf einen nicht existenten Punkt gerichtet, blieb ich zurück in der Kammer, die ich nie hätte betreten dürfen... Aragorn: Schwer fiel die Tür ins Schloss und ich sah ihr nicht nach, sondern folgte dem Überbringer des Befehls. Hmm... ich fühlte mich schwer, doch ebenso leicht. Wie eine Feder, die gleich eines Steines in der Leere zu Boden ging. Eine wahrhaft brisante Situation, die, so sehr ich versuchte in ein jedem Gesicht der mir vorbeieilenden Menschen zu lesen, doch keine Aufmerksamkeit weckte. Rasch durchschritten wir die Gänge, ließen die Treppe hinter uns und folgten dann einem leichten Aufstieg, der zu den Bannern des Königs führte und zu seiner Halle. Der Mann öffnete die Tür, trat beiseite und ich setzte meinen Weg fort. Wie schon einst, sah der König von seiner Karte auf und aller Augen blickten mich an. Für einen kleinen Moment haderte ich, weiterzugehen, denn auch Gandalf war an des Königs Seite und auch seine Augen richteten sich auf mich. "Aragorn." König Théoden lächelte, wenn auch nur in einem flüchtigen Moment, aber ich wusste, dass es ein ehrliches Lächeln war. Die Anspannung war nicht vorhanden... zumindest jene, die stets mit mir ihren Weg ging. "Was Pippin sprach, nun...", fuhr der Zauberer fort, ruhig auf seine alte Art und Weise, wie ihn einjeder kannte. Und als ich ihn direkt anblickte, erwiderte er diesen Blick als wäre nie etwas geschehen. "Es war keine Lüge in seinen Augen. Ein Narr... aber ein ehrlicher Narr bleibt er. Er hat Sauron nichts über Frodo und den Ring verraten." Wenn ich ehrlich war, war mir erneut die Sorge um den Hobbit entgangen, da meine Konzentration einzig wieder Legolas bestimmt war... obwohl ich das schmerzverzerrte Gesicht des Hobbits gesehen hatte und selbst mit den Schmerzen in Verbindung kam. Und so war es mir auch entgangen, ihn danach zu befragen, als er seine Sorge um mich aussprach.. "Wir haben merkwürdiges Glück gehabt. Pippin konnte im Palantír einen kurzen Blick auf die Pläne unseres Feindes werfen." Erwartend hob ich die Augenbrauen, lehnte mich an die Kante einer langen Tafel und verschränkte die Arme vor dem Bauch. "Sauron plant einen Angriff auf die Stadt Minas Tirith." Sofort löste ich meine Haltung wieder. Ich hätte es wissen müssen, wenn ich es schon nicht erahnte! Die Weiße Stadt... "Seine Niederlage bei Helms Klamm hat unserem Feind eins gezeigt: Er weiß, dass Elendils Erbe hervorgetreten ist. Die Menschen sind nicht so schwach, wie er angenommen hatte." Gandalf nickte nachdenklich, während er sprach und begann ein wenig in der Halle umherzulaufen. Sinnierend und gleichsam sprechend. "Sie haben noch Mut und vielleicht noch Kraft genug, ihn herauszufordern. Sauron fürchtet das. Er wird es nicht riskieren, dass sich die Völker Mittelerdes unter einem Banner vereinen. Eher macht er Minas Tirith dem Erdboden gleich, als die Rückkehr eines Königs auf den Thron der Menschen mitanzusehen." Der Thron... welche Bürde. Eine, die ich lange Zeit vergessen hatte und ich erinnerte mich an das Versprechen, das ich Boromir gab... das ich mir selbst gab. Der Zauberer wandte sich an den König und ging schnellen Schrittes auf ihn zu. "Wenn die Leuchtfeuer Gondors entzündet sind, muss Rohans Volk kriegsbereit sein." Gerade, als er dies ausgesprochen hatte, kamen die beiden Hobbits. An ihren Seiten folgte der Herr Zwerg, der mit seiner Trunkenheit kämpfte und dennoch bemüht war, seine Nüchternheit zu beweisen. "Verssseiht...", nuschelte er verdrießlich und fand schließlich Platz auf einem Stuhl, zu dem die Hobbits ihn sicher geleiteten. Merry wirkte ernst und mied den Blick zu Gandalf, während Pippin amüsiert über Gimlis Zustand grinste und die Hände in die schlaksigen Hosentaschen steckte. Der Zauberer schüttelte den Kopf, holte tief Luft und wandte sich wieder an den König, dessen Miene versteinert auf der Karte haftete. Eine Zeit lang herrschte Stille... und ich schloss mich ihr an, sinnierte über die Weiße Stadt, blieb trotz allem aber beteiligt. Es schien mir, als hätte ich wieder ein Stück meiner alten Kontrolle gefunden... ich wusste, wo ich mich befand... "Sagt mir, warum sollten wir jenen zur Hilfe eilen, die uns ihre Hilfe versagt haben? Was schulden wir Gondor?" Gondor... Truchsessen regierten diese Stadt... sie leiteten fehl. Es war lediglich ein Mensch, der die Hilfe verweigerte... so dachte ich mir. Diesen Menschen brachte man sicher mit wenigen Worten zur Vernunft, so teilnahmslos er auch in den ganzen Kriegen war. "Ich werde gehen." Warf ich ein, denn ich wusste um meine Position, glaubte sie nun intensiver wahrzunehmen, als zu der Zeit, in der ich Bruchtal verließ. "Nein." Gandalf widersprach mir und ich löste mich von der Tafel und ging einen Schritt auf ihn zu. Ernst und verbissen wollte ich meinen alten Pflichten wieder nachkommen. Ich war es ihnen schuldig! "Sie müssen gewarnt werden!" Erwiderte ich nachdrücklicher. Ich wollte dorthin... dort, wo ich hingehörte und ich keinen Gedanken mehr an andere Dinge senden konnte. "Das werden sie." Der Weiße trat zu mir heran, sah mich eindringlich an und ich fürchtete, dass Worte folgen würden, die nicht an diesen Platz gehörten. Doch was auch immer ihn umstimmte, ihn daran denken ließ, dass meine Warnung vor wenigen Momenten verbindlich war... er tat nur seine Plicht. "Du musst auf einem anderen Weg nach Minas Tirith gelangen. Folge dem Fluss. Halte Ausschau nach den schwarzen Schiffen." Schwarze Schiffe... der Fluss... Anduin... Er wandte sich um, ehe ich eine Reaktion zeigen konnte und richtete erneut sein Wort an den König. "Eins muss Euch gewahr sein. Dinge geraten nun ins Rollen, die nicht aufzuhalten sind. Ich reite nach Minas Tirith." Nachdenklich ließ ich den Blick zur Seite schweifen, grübelnd, wie der Weg aussehen würde, den mir Gandalf benannte und wie ich es vollbringen sollte, jenen Schiffen - ja, Piraten, ein Gegner sein zu können. "Und ich werde nicht allein gehen." Ich schaute wieder auf, als der Zauberer dies sagte und folgte seinem Blick. Merry senkte den seinen und fuhr sich in einer leisen Verzweiflung durch den Schopf, während Pippin, auf dem der Blick des Zauberers ruhte, verdutzt von dem anderen Halbling zu Gandalf blickte. "Wo gehen wir hin?" Gandalf seufzte leise und schüttelte den Kopf auf diese unvortreffliche Frage des Hobbits und ging los. "Von allen naseweisen Hobbits, Peregrin Tuk, bist du der schlimmste! Hurtig, hurtig!" Er eilte an den Tischen vorbei, an den Hobbits und während Pippin weiterhin fragend umherschaute, schob ihn Merry bereits aus der Halle, missmutig und eine Trauer hinter dem Trotz verbergend, die ich dennoch sah. Ja, er wusste, was folgen würde... er wusste, was der dunkle Herrscher zu wissen glaubte. Ich sah ihnen nach, bis sie aus der Halle verschwanden und begann dann erneut, nachzudenken und für mich einen Entschluss zu fassen. Schwarze Schiffe... ich musste nachhaken, hoffen, dass es in Helms Klamm diverse Bücher gab, die mir mehr Aufklärung über jene Krieger auf dem Meer geben konnten... "Wir reiten morgen in aller Frühe nach Edoras zurück." Erneut holte man mich aus meinen Gedanken und ich nickte. Die Nacht würde mir nun nicht mehr zum Schlafe taugen. Apropos... ein lautes Schnarchen hallte in der großen Halle wider und annähernd bestürzt sahen wir zu Gimli, der in all der Zeit keinen Ton von sich gegeben hatte und nun selig schlummerte. Noch ehe ein Wort an mich gerichtet werden konnte, schüttelte ich schon den Kopf und setzte ein Grinsen auf. Nun... Trinkspiele waren nicht für Jedermann. "Ich kümmere mich um ihn." Der König nickte mir zu und verließ, dicht gefolgt von wenigen Männern, ebenso die Räumlichkeit, während ich langsam auf den Zwerg zuging und ihn musterte. "Das wird dir eine Lehre sein, mein Freund. Trinke nie gegen einen Elb." Und ich dachte mir nichts dabei, als ich dies sprach, hatte es wahrlich nur als Scherz ausgesprochen. Mit einem recht schiefen Grinsen griff ich nach dem Arm des Zwerges und hievte ihn hoch, beileibe nicht glaubend, dass er tatsächlich so schwer war, wie er sich hier gab. Doch war es auf eine Art ein amüsantes Unterfangen und ich ließ mich von dem Scherze packen, als wüsste ich, dass es alsbald nicht mehr viel zu scherzen gab. Legolas: Ein undefinierbares Gefühl der Müdigkeit beherrschte mich und meine Schultern waren schwer, als hätte mich eine unüberwindbare Last niedergdrückt, die keinen Widerstand duldete. Widerstand... mir fehlte die Kraft, ihn zu leisten und ebenso war ich mir keines Sinnierens bewußt, als ich dort saß, die Fingerkuppen auf dem Gestein des Bodens, kauernd auf den Knien und körperlich erschöpft, wie auch seelisch. Ich wollte, nein, gleichermaßen konnte ich diesen Raum nicht verlassen, war nicht bereit für das Treiben der Außenwelt, noch weniger dazu, jemandem Rede und Antwort zu stehen, Gespräche zu führen und mich zu geben, als wäre soeben nichts geschehen. Wie verräterisch wäre dies doch meinen Gefühlen gegenüber, wie selbstverlogen und feige. Stattdessen ging ich mit allen Kräften in mich, ließ meine Gedanken aufleben und setzte mich, wenn auch zögerlich, mit dem soeben Geschehenen auseinander. In den ersten Augenblicken versuchte ich Aragorn als Tölpel zu bezeichnen und in den nächsten scheiterte ich daran. Was hatte er getan...? Ich entsann mich seiner Worte, zu denen er sich gezwungen... die er ausgesprochen hatte. Was hatte er für ein Leben geführt, von dem ich nichts wusste? Wie hatte er sein Handeln gekleidet, während ich das Vorgehen als unauffällig und normal angesehen hatte? Wie weit war er doch entfernt gewesen, während er neben mir lief. Hatte er die Torheit nach sich greifen lassen...? War er ihr unterlegen oder entschuldigten aufrichtige Gründe seine Taten? Unbekannte Leben zu opfern, um ein Bekanntes zu retten? Besaßen sie dadurch einen geringeren Wert, als das meine? Anderes außer Acht zu lassen, um dies bewerkstelligen zu können...? Wie sehr war ihm doch scheinbar die Kontrolle entronnen und wie sehr sinnierte ich darüber, ob dies ein allgegenwärtiger Fehler der Menschen war. Leiteten sie sich selbst in gewissen Momenten fehl? War ihre Schwäche zu jenen Zeiten begründet auf ihr Wesen, welches so einzigartig war und diese Einzigartigkeit doch so schnell auf unmoralischen Wegen zeigte? War Bevormundung eine Sünde, die rasch vergeben wurde? Wie lange kannte ich Aragorn nun schon, wie lange hatte ich mich stark in dem Glauben gefühlt, seinen Charakter zu verstehen, sein Handeln, seine Gesten. Und nun, gar urplötzlich, fühlte ich mich fehlgeleitet in diesem Glauben und zurückgedrängt an den Anfang, an dem man alles neu aufbauen musste. All dies war geschehen und die Existenz dieser Fehler würde ich mit Akzeptanz abtun, doch war ich verstrickt in ihnen und nicht ohne Schuld. Wie sehr hatte sich Aragorn selbst gequält mit diesen Worten der Beichte und doch schienen sie geradlinig auf mich gerichtet zu sein, auf dass mich dieselbe Last befallen sollte. Verschuldete ich den Tod jener wackeren Männer des Königs? Wäre ich bei der sorgsamen Vorsicht geblieben... hätte ich vielleicht nicht eingegriffen.. Nein. Ich schloss die Augen, schüttelte den Kopf, verneinte mich selbst. Ehrenhaft war es, das Leben für das anderer zu opfern. Schuldlos und stolz hätte ich meiner Existenz entsagt. Doch Aragorn... Vielleicht... ja, vielleicht hatte er mich wahrlich vor dem Tod bewahrt. Doch... hatte er nicht das eigene Leben dafür geopfert, sondern das anderer, die jenen Angelegenheiten unbeteiligt gegenüberstanden. War dies ehrenvoll...? Hatte er meinen tiefen Dank verdient...? Er war ein Narr, dass er mir eine solche Wichtigkeit zusprach. Eine Wichtigkeit, die ich, der ich doch nur einer unter vielen war, nicht besaß. Und auch ich war ein Narr... Hatte ich in seiner übertriebenen Fürsorge doch nur die Freundschaft gesehen. Ich blickte auf, langsam und tragend, fühlte mich nicht imstande, mich schneller zu bewegen. Grau und leblos umgaben mich die Wände, einengend und meinen Gedanken ausliefernd, die so qualvoll und schwierig waren. Ich hätte nicht gewollt, dass er dies tat... Ich hätte nicht gewollt, dass er diese Fehler auf sich nahm und durch Schweigen mir gegenüber gleichsam die Schuldgefühle für sich behielt. Ich hätte nicht gewollt, dass er jenes wichtige Vertrauen brach... Nur für einen einzigen Moment des fehlgeleiteten Handelns und so schwer würde dieses Vertrauen wieder aufzubauen sein. Ich hätte nicht gewollt, dass es ihm diese fatalen Folgen wert war... Ich hätte nicht gewollt, dass er sich selbst verriet, sich seiner selbst entfremdete! Ich löste eine Hand von dem Boden und hob zu meinem Gesicht. Mein Arm war schwer und einjede Bewegung kostete mich Überwindung. Ziellos betastete ich mein Gesicht, suchte nach dem Ausdruck, dessen ich mir nicht bewusst war. Wie blickte ich drein? Zeigte ich mich offen und wehleidig? Versuchte ich gar immernoch gegen die Einsicht anzukämpfen? Einm beinahe lautloses Seufzen kam über meine Lippen und erneut sank ich in mich zusammen, während der Lärms des Treibens und Lebens weiter um mich schallte. Wie könnte ich ihn dafür verachten... wie könnte ich mir dieses Recht herausnehmen und die eigene Unwissenheit als Entschuldigung für all das nutzen? Ich war doch nicht besser, als er. Ich war nicht viel unschuldiger... Es entsetzte mich... Das Spiel, in welches ich mich zu Unrecht versetzt fühlte... Das Spiel, dessen Regeln ich nicht zu kennen glaubte... Das Spiel, in dem ich scheinbar der einzige Unwissende gewesen war... Welche Ironie... ich selbst hatte es eingeläutet. Es erschreckte mich... Wie ich in mich einem kurzen Moment danach sehnte, den zu finden, der die größte Schuld an alledem trug... Wie ich mich mit den Fehlern Aragorns auseinandersetzte... über sie sinnierte... ... und das wichtigste außer Acht ließ... Den Grund. Als würde es mir leichter fallen, oberflächlig zu sein... Aragorn hatte recht... ich war oberflächlig. Und ich war ein Narr. Lange blieb ich dort sitzen, mich beschäftigend mit nutzlosen Fetzen alter Erinnerungen, die mir keinen Fortschritt brachten und mich dennoch umfingen, als wären sie von größter Wichtigeit. Lange ließ ich mich mitreissen, lebte nur selten auf und grübelte ernst, nur um zu der Einsicht zu kommen, dass es mir nicht mehr Erfolg brachte, als das ziellose Daherdämmern. Das Wesen der Menschen wurde mehr und mehr zu einem unlösbaren Mysterium... Kurz wirkte es durchsichtig und überschaubar... im nächsten Augenblick so verworren, dass jegliche Suche nach Sinn von vornherein mit der Vorraussicht des Scheiterns aufgegeben werden konnte. Wie stolz waren sie in einem Moment und wie unvollkommen im Nächsten. Wie hoch stiegen sie hinauf und wie schnell stürzten sie wieder herab. Wie selbstsicher waren sie und wie sehr entfremdeten sie sich selbst. Wie deutlich sah ich ihn noch vor mir... hadernd mit sich selbst, unentschlossen und auf der verbitterten Suche nach Worten, die ihm in letzter Zeit kein gutes Werkzeug gewesen waren. Welch ein Leid ließen sie aufleben, welch ein Leid drang auch durch seine Mimik nach außen... als ruhe es bereits lange in ihm und wurde nur mit Verbitterung, gar Furcht unterdrückt. Zeugte es von Stärke oder von Torheit, dazu fähig zu sein? Und wie sehr ich ihn auch verstehen wollte... ich schaffte es nicht und der Wille allein brachte mir keine Kraft. Die Kluft zwischen Menschen und Elben bestand nicht grundlos... Zu unterschiedlich waren sie in ihrem Wesen, in ihrem Denken und Handeln... Wie schwer wäre es, Worte zu finden, die untermauerten und Verständnis brachten. Und als Aragorn den Raum verlassen hatte, hatte er damit nur gezeigt, wie es um uns stand. Wir entfernten uns, verließen einander, blickten uns nicht an und gingen aneinander vorbei. Wir beide hatten es heraufbeschworen und uns beiden schien die Kraft zu fehlen, eine Veränderung hervorzubringen. So dachte ich in meiner Traurigkeit und der Gedanke schien mir realistisch, wusste ich mit mir selbst doch nichts anderes anzufangen, als mich zurückzuziehen und mich versteckt zu halten. Dunkel wie die Nacht waren meine Gedanken und auch als das Licht des Tages erstrahlte, hingen sie in der gleichen Finsternis. Die ganze Nacht hatte ich ausgeharrt, den ganzen Morgen harrte ich auch weiterhin aus und so früh die Menschen auch wach waren, so fleißig sie ihren Aufgaben nachgingen und vor meiner Tür und tief unter dem Fenster riefen... ich hockte noch immer in der Kammer, die das Licht gleichermaßen wenig zu erreichen schien. Düster war sie und so bot sie mir den Schutz, auf den ich angewiesen war. Und meine Erschöpfung übermannte mich bald, machte mich gefügig und drängte mir seine letzten Worte in Erinnerung. Die Worte... die sein Handeln erklärten, jedoch nicht entschuldigten... Die Worte... Laut atmete ich ein, richtete mich aus der zusammengesunkenen Haltung auf und verzog wehleidig die Miene. Nie hätte ich geglaubt, zu hören, wie sie sich aus seinem Munde anhörten... Wie sie klangen, wenn er sie mit seiner Stimme erwähnte. Nie hätte ich erwartet, dass er sie aussprach, sich ihrer bediente... Und vor allem nicht, an wen er die Worte richten würde... Ich presste die Lippen aufeinander, begann mich zu regen und blieb dennoch kauern. Meine Hände suchten einander, fanden und falteten sich. Ich betrachtete mir ihre Bewegungen, besah sie mir und war doch ganz woanders mit meinen Gedanken. Liebe... Sie war nicht falsch, nicht unaufrichtig, nicht fehlleitend und verwirrend... Sie stellte das Gegenteil für mich dar, für mein gesamtes Volk. Ehrlichkeit, Ruhe, Sorglosigkeit... gingen die Menschen so anders mit ihr um? Was sahen sie in ihr? Etwas allmächtiges, dem sie wehrlos erlagen und sich zu Taten verführen ließen, die nicht ihrem Charakter entsprachen? Wie nur, konnte sie so gefährlich sein... so riskant, dass ihr eigentlicher Sinn verloren zu gehen schien? Aragorn: Wer hätte geglaubt, dass ein Zwerg solch eine Masse hatte? Ich war nicht mager an Kräften oder geschwächt von einem Trinkgelage, doch als es die Stufen hinauf zu den Schlafgemächern ging, fiel mein Atem schneller und mein Griff wurde schwächer. Der Herr Zwerg wachte nicht auf und ich erdachte, selbst wenn er mir aus dem Halt gerutscht und zu Boden gegangen wäre, er hätte weiterhin geschlummert. Doch letzen Endes hielt ich ihn eisern, öffnete die Tür zu dem großen Saal und legte ihn auf ein niedriges Ruhebett. Ein lautes Schnarchen ertönte.... Gimli wälzte sich schmatzend auf die Seite und nuschelte irgend etwas Unverständliches daher und ich tat es kopfschüttelnd als unbewusste Danksagung ab und verließ den Raum. Nun also... lag mir eine lange Nacht bevor. Und ich wollte sie nicht mit Sinnieren verschwenden, wollte nicht erneut dem Trübsinn erliegen. Es gab Arbeit, viel Arbeit und ich musste ihr aufmerksam entgegentreten. Ich schlug einen anderen Weg ein, folgte einer schmalen Straße hinab und sah mich prüfend um. Die Frauen und Kinder schliefen... die Männer hatten ebenso zu ihrer Ruhe gefunden, trotz ihrer anhaltenden Trunkenheit sogar in ihre Betten. Die Straßen und Treppen waren wie leergefegt und nur von wenigen Wachen besetzt. Da ich Helms Klamm nie besichtigt hatte und nur die Wege kannte, die ich stets beschritt, musste man mir erst den Weg beschreiben, auf dem ich zu einer kleinen Erfrischung fand. Ein Baderaum, nahe der Halle des Königs wurde mir genannt und ich folgte der Erklärung und erreichte alsbald den Raum. Er war nicht ausgeschmückt, hatte gerade mal das, was von Nöten war und dies wurde mir annähernd sympathisch. Es wirkte, als wäre es ein jedem gegönnt, hier etwas Wohlbefinden zurückzuerlangen, da er weder abgeschlossen noch von Wachen im Auge gehalten wurde. Ich atmete tief durch, beugte mich hinab und entledigte mich meiner Stiefel, trug sie zum Rand des kleinen Becken und sah mich um. Eine Pumpe an der Wand sorgte wohl für den Wasserhaushalt und darunter stand ein Eimer. Wer ein Bad nehmen wollte, müsste wohl Feuer unter dem Becken machen, welches auf einem Gitter gestützt stand und Scheiten darunter platziert waren. Doch mir strebte nicht der Sinn nach einem linderndem Bad... ich betätigte die Pumpe und füllte den Eimer nach wenig Mühe. Rasch entledigte ich mich der Weste, dem Hemd und meinen Waffen, ehe ich den Eimer zum Becken trug. Ich beugte mich weit über den Rand, hob den Eimer mit einer Hand und ließ das Wasser über meinen Kopf laufen. Kalt war es.. als würde ich direkt in einem See baden, der von winterlichen Temperaturen geprägt war, doch weckte es meinen müden Geist und verjagte diese Müdigkeit aus all meinen Gliedern. Ich war wach und fühlte mich gewappneter für eine Nacht, die ich zum studieren nutzen wollte. Langsam richtete ich mich auf, schüttelte den Kopf ein wenig und strich die nassen Strähnen aus meinem Blickfeld, als mir zeitgleich ein Tuch vor das Gesicht gehalten wurde und ich zur Seite blickte. Schüchtern und annähernd zurückhaltend hielt die junge Frau, die ich bereits im sicheren Schlaf geglaubt hatte, mir ein Tuch entgegen. Ich war verwundert über die Tatsache ihres Wachseins und ihrer annähernd übertriebenen Fürsorge meiner Person gegenüber. "Wieso schlaft Ihr nicht, Éowyn." Ruhig und auch besorgt fragte ich dies und drehte mich zur ihr. Sie schluckte schwer und ließ ihren Blick abschweifen. Durchaus bemerkte ich ihre kurze Musterung meiner Gestalt, doch ließ ich mir dieses Wissen nicht anmerken und schwieg. Sie schien es mir gleichtun zu wollen, neigte ihren Kopf etwas und hielt mir erneut das Tuch entgegen. Mit einem flüchtigen Nicken, jedoch noch voller Erwartung, nahm ich ihr das Tuch ab und trocknete mir das Gesicht, schritt voran und kehrte zu meinen Kleidungsstücken zurück. "Verzeiht...", ihre Stimme erklang leise und zaghaft, als würde sie befürchten, dass ich sie mit Worten strafen würde. Ich fragte mich ernsthaft, was in ihr vorging, weshalb sie mir beinahe auflauerte, ohne es boshaft zu tun. Während ich nun begann mich anzuziehen, blickte ich ab und an zu ihr und sie sah betrübt auf den Boden. "Worum sorgt Ihr Euch, Éowyn?" Die junge Frau rieb sich fröstelnd die Arme. "Ich hab geträumt, dass eine große dunkle Wolke über die grünen Länder stieg und über die Berge weiterzog." Ehrfürchtig sah sie mich an und ich nickte erneut, schnürte mir das Schwert um die Hüften und trat zur Tür. "Begleitet mich und erzählt mir, was ihr im Schlaf gesehen habt...", meinte ich ruhig und Verblüffung zeigte sich in ihrer Mimik. Nun... Sorgen erblickte ich nicht gern in ihrem Gesicht... wo ich ihr doch einjede Freude gönnte. Langsam trat ich hinaus, das Tuch währenddessen durch's Haar streifend und umherblickend, während Éowyn mir folgte. "Ich..." Unsicher begann sie mit den Händen zu gestikulieren und wir schritten Stufen hinab. "Ich stand an irgendeinem Rand und es war entsetzlich dunkel in dem Abgrund unter meinen Füßen." Jedes Wort nahm ich bedächtig auf und beobachtete sie dabei sorgfältig. Ihre Gesichtszüge, ihre Haltung, ihr Gehen... es wirkte alles so unsicher neben mir... "Hinter mir schien Licht." Wir nahmen eine Gasse und folgten dann einem Abstieg, der in die unteren Räume führte. Nur wenige Fackeln erhellten den Weg vor uns und mit einem Male blieb sie stehen und ich tat es ihr kurzerhand gleich. "Éowyn...?" Starr war ihr Blick gen Boden gerichtet und als würde immer noch Kälte und Angst um sie herum lauern, rieb sie sich die Hände. "Doch ich konnte mich nicht umdrehen. Ich..." Ich stellte mich ihr gegenüber, von Sorge übermannt. Ich kannte es nur von mir, dass mich Träume jagten und bis in die Realität hinein quälten. Aber umso besser wusste ich dadurch, wie sich ihr Leiden anfühlen musste... Matt sah sie auf und ihre Augen glänzten, wirkten beinah nass von Tränen. "Ich konnte nur dort stehen bleiben und warten..." Ihre Stimme war nun brüchig und sie verzog die Brauen leidend, so dass ich nicht anders konnte, als die Hände zu heben und nach der ihren zu greifen. Sie waren kühl.. "Die Nacht verändert viele Gedanken, Éowyn." Wie tröstete man jemanden, dessen Schmerz man am eigenen Leib gespürt und selbst nie Trost gefunden hatte? Ich sah sie ernst an, wusste ich doch um ihre Sorge, dass ich sie vielleicht nicht Ernst nehmen würde und gab ihre Hände frei. Sie blinzelte, strich sich eine Strähne beiseite und versuchte ein Lächeln aufzusetzen. Schwach war es und voller Müdigkeit. "Dieser Traum... ist eine Illusion. Viele werden kämpfen, um sie nicht in Erfüllung gehen zu lassen." Fügte ich noch hinzu und nickte. "Viele werden kämpfen... um das Land und Euch davor zu bewahren." Ihr Lächeln stärkte sich und ihre Verlegenheit kehrte zurück, in der sie flüchtig den Blick abwandte und schwieg. "Kehrt zurück zu Eurem Schlaf. Schlaft... so lange Ihr könnt." Ich erwiderte dieses Lächeln knapp und reichte ihr das Tuch, welches sie in einer Verbeugung an sich nahm und sich dann abwandte. Lange noch sah ich ihr nach. Ob ihr Vertrauen in mich nahezu größer war, als das zu dem König? Einerseits war ich froh, dass sie mir eine solche Verlässlichkeit zusprach, doch andererseits nahm meine beiläufige Spekulation zu. Weshalb ich und kein Anderer? Nur kurz gab ich mich dieser Frage hin, ehe ich meinen Weg seufzend fortführte und an die tiefergelegten Räume vorbeizog. Hier musste es sein... ich hatte den Raum gesehen, in dem Bücher lagen, viele und vielleicht all das Wissenswerte verborgen war, dass ich benötigte. Es war kein langer Irrweg gewesen, als ich den Raum endlich betrat. Die Decke war hoch und ein Fenster ließ das Licht des Mondes auf die vielen Bücher scheinen, die in großen Regalen aufgestapelt waren. Zunder und ein Feuerstein lagen auf einem Tisch, der mit vielen Kerzen gedeckt war, von denen nur eine einzelne brannte. Ich hielt mich etwas damit auf, einige mehr anzuzünden, schien es so, als dass hier selten gelesen wurde, ehe ich damit begann, die alten Bücher zu durchforschen... zu suchen nach Feinden, die geschickt wurden, um mit ihren schwarzen Flaggen den Völkern Rohans den Tod zu bringen. Jene, die Minas Tirith, die Weiße Stadt zu Fall bringen wollten. "Korsaren..." Viele Bücher hatte ich in Stunden der Nacht durchblättert.. unbeirrt und unnachgiebig gestöbert. Alte Karten hatte ich gefunden... Ich schob den Tisch beiseite, stellte die Kerzen auf den Boden und breitete sowohl die Karte, als auch jene Bücher aus, die mir, wenn auch nur wenig Auskunft geben konnten. Die Bezeichnung der Korsaren wurde hauptsächlich für Piraten und Freibeuter benutzt, die freilich im Meere operierten. Die bekanntesten waren die Bararesken, welche von der langen Küste Anfalas stammten. Verjagt wurden sie von diesem Ort, lange noch inmitten des zweiten Zeitalters Mittelerdes. Lange verkrochen sie sich in dem weißen Gebirge, doch unerklärlich starben viele und viele verschwanden spurlos. Nähere Daten waren nicht vorhanden, weshalb dies geschah und wer all dies niedergeschrieben hatte... Es war kein Lockbuch, das einst von einem dieser Schiffe stammte. In einem anderen Buch stand geschrieben, dass man zu jener Zeit Gefangennahmen durchführen konnte und diese Menschen, die jedem Bauern und Krieger die Angst in die Knochen jagten, selbst vor Furcht bebten und von Toten sprachen... Tote, die sie zu Fall brachten... Ein unglaubwürdiger Bericht, so schien mir... Hirngespinste, Wahnvorstellungen von denen, die der Blutgier unterlegen waren und Alpträume zur Realität machten. Die Nacht zog an mir vorbei, als wäre sie nur von Sekunden geprägt, die rasch zur Morgenröte riefen. Und ich las weiter... erhoffend, Schwachstellen zu entdecken oder gar einem Gedankenblitz zu erhalten. Nicht weniger bekannt waren die Korsaren, die ihrerseits gegen die Barbaresken kämpften, authorisiert von Mordor selbst. Ursprünglich hatten sie einen Antrieb zu ihrem eigenen Selbsterhalt, da Hunger und Krankheit sie befiel, aber im Laufe der Zeit war die Gier nach Beute ihre Motivation, gondoranische Schiffe zu überfallen und auszurauben. Lange Kampferfahrung hafteten in ihren Händen, die schwarzen Segel zum Siege zu führen. Oft war es ihnen gelungen... Mir entrann ein Gähnen, von Müdigkeit getrübt, die ich über die Nacht hinweg erduldet hatte und nun, nachdem ich aufgeblickt und mich gestreckt hatte, erreichte mich ein warmes Licht, dass mich in seiner Helligkeit blendete. Für wahr, der Morgen war angebrochen und außer einiger wenige Informationen, war ich meiner Suche nicht näher gekommen. Ein weiterer Tag begann und meine Einsamkeit zur Suche nach Fakten war dahin... denn nun folgten wieder die Pflichten, die ich zu befolgen hatte und denen ich mich nachgab. Die Leuchtfeuer Minas Tirith würden bald brennen und wir durften hier im Schutze nicht verharren. Nahe Edoras würde das letzte Feuer zu sehen sein... Ich rappelte mich auf, stellte rasch alles an seinen ursprünglichen Platz und verließ den Raum. Immer noch herrschte Ruhe... doch es wurde Zeit. Bald würde Gandalf die Weiße Stadt erreichen. Geschwind kehrte ich zurück zu den offenen Gängen und begann einige Wachen zusammenzurufen. Das Volk sollte geweckt werden. Sie sollten sich sputen, ihr Hab und Gut zusammenzupacken, denn das war im Sinne des Königs. Sie taten, wie ich es ihnen sagte und auch ich setzte mich erneut in Bewegung. Vielleicht war die Feier am gestrigen Tage unangebracht und verfrüht gewesen... ich konnte mir vorstellen, dass Vielen nun die Kraft fehlte, den langen Marsch nach Edoras zurückzulegen. Ich sah mich um, nahm dann den einen bestimmten Weg zu jenem Schlafgemach. Einen Zwerg im trunkenem Zustand zu wecken, stellte ich mir als rege Herausforderung vor... ich öffnete die Tür, tat einen Schritt und grölend schallte mir die Stimme des Zwerges wider. "Aufstehen, ihr Krieger!" Längst schien Gimli schon auf den Beinen zu sein und eine unglaubliche Freude schien ihn zu befallen, als er die schläfrigen Männer aus den Betten jagen durfte. "Wer trinken kann, kann arbeiten! Auf, auf!!" Ich lächelte und stemmte die Hände in die Hüften, als ich ihm dabei zusah. Und er brüllte weiter und erfreute sich an seiner Standfestigkeit nach solch einem verlorenem Spiel. Nur kurz ging ich dann zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter und ließ ihn dann weitermachen, um meiner Tätigkeit nachzugehen. Ein wackeres Volk waren sie doch, diese Zwerge. Nicht trinkfest, aber grob genug, um der Grausamkeit des Folgetages zu entgehen. Ja, dies entlockte mir ein Lächeln und der Ansporn blieb mir den Morgen über erhalten, als ich den Frauen und Männern bei dem Aufladen ihres Gepäckes half. Ich hielt selbst die Kinder zusammen, die sich durch die Menge jagen wollten, stellte ihnen gar kleine Rätsel, um sie bei Laune zu halten... und in mir selbst weckte es eine Freude, die ich in diesen Zeiten nicht ganz verstand. "Ist das Volk bereit?" Laut erklang die Stimme des Königs, munter schritt er durch die Menge, sein Pferd an den Zügeln. Viele Männer nickten und ich erwartete Befehle. "Herr Aragorn, Ihr reitet aus der Klamm und haltet mit den Kriegern Wache. Wartet, bis das Volk sich draußen versammelt und führt es dann an. Ich werde die Schlusslinie bilden." Es war kein Stolz... und doch war es genau das, was mich weiterhin mutig sein ließ. Man hatte Vertrauen... Ich nickte schnell, verließ rasch die Menge und rannte zu den Ställen, um Brégo zu holen. Auch er wirkte munter und gar begierig darauf, seinen Lauf über die Ebenen zu erfrischen, ohne das Kampf und Gesindel ihm im Wege stehen konnte. Gern tat ich ihm diesen Gefallen, schlug leicht gegen seinen Rumpf und sattelte ihn. An den Zügeln führte ich ihn hinaus aus dem Gestüt und bahnte mir behutsam einen Weg durch die Menschen, die bereitschaftlich zur Seite wichen. Ich erreichte die Krieger, stieg auf und überblickte die Menschen. Merry saß auf einem Pony, perfekt geradezu für seine Größe und ganz erwartungsvoll auf den Beginn der nächsten Reise wartend. Gimli fand ich weit hinten, erneut auf einem Ross sitzend und erneut durch die sichere Hand Éowyns geführt. Ihre Blässe hatte nicht abgenommen... doch sie lächelte und das reichte mir als Zeichen ihres Wohlbefindens. Ich ließ den Blick weiter schweifen... ja, ich vermisste jemanden unter der Menge und es wäre mir unbehaglich, ohne ihn zu reiten. Einige Zeit verharrte ich still, auch wenn man auf mich wartete und ich machte kehrt und ritt wenige Meter zurück, bis mir der Blick auf die Ställe gewährt wurde. Es war nur ein Gefühl gewesen, doch hatte es mich nicht getrübt... ich sah Legolas gemächlich die Straße passieren. Sein Blick blieb mir verschleiert und auch seine Bewegungen gaben bis auf diese ungewöhnliche Ruhe nichts auffälliges an. Wer wusste nun, was er dachte... und was in ihm vorging? Sein Auftreten würde für mich nun immer nur ein Auftreten voller Ungewissheit sein. Ich glaubte nicht, dass ich je wieder einschätzen könnte, was er dachte. Doch dieser Tatsache durfte ich derzeit nicht nachtrauern. Er würde folgen, das genügte mir. "Wir reiten!" Deutlich gab ich den Befehl, wendete Brégo und galoppierte an den Kriegern vorbei zum Tor. Ich ließ den Pass hinter mir und stoppte eine halbe Meile vor dem Tor. Wenn wir uns sputeten... würden wir Edoras in einem Tagesmarsch erreichen... Legolas: Wir hatten die Nacht des Kampfes hinter uns gelassen, hatten in der Finsternis um unser Überleben gefochten... erschöpft und vom schüttenden Regen durchnässt... Und der helle Tag, der nun darauf folgte, sollte heller sein, als jeder andere und ein Genuss für die Augen der Menschen, die aus diesem Glanz neuen Mut schöpften. Doch war er für mich ebenso dunkel wie die Nacht, die mich gekleidet hatte in leidvolles Sinnieren. Sie schwand und ich fand keine Freude daran. Ich weiß nicht, wie lange ich dort kauerte und mir Fragen stellte, die ich mir nicht beantworten konnte, wie lange ich der Zeit die Bedeutung entzog und für niemanden mehr da war. Es wirkte wie eine Ewigkeit und doch hatte alles seine Grenzen. Und ich trauerte über meine eigene Hilflosigkeit. Dennoch nahm ich wahr, wie mehr und mehr Menschen an meiner Tür vorbeieilten. Der Tag wurde nicht alt, bevor eine gewisse Eile zu herrschen begann und ich wollte mich ihr nicht anschließen. Ihren Grund betrachtete ich mir mit Desinteresse und hier in der Kammer fühlte ich mich in diesen Momenten wohl. "Wir kehren zurück nach Edoras!" Vernahm ich die Stimme eines Mannes, der an meiner Tür vorbeilief. "Unsere Pflichten sind hier erfüllt!" "Kommt schon, hurtig!" Rief ein anderer und leise Geräusche ertönten. Langsam blickte ich auf, betrachtete mir die rauen Strukturen des Gesteins und betastete abwesend meine Weste. Was brachte mir dieses hoffnungslose Unterfangen, Dinge verstehen zu wollen, die weit über die Grenzen meines Wissens hinausreichten? Was brachte mir das Sinnieren, außer der Erschöpfung? So sehr ich auch verstehen wollte... ihn... mich... ich konnte es nicht. Ich belog mich selbst, indem ich mich dazu zwang. Alles benötigte seine Zeit und ich musste sie mir geben. Ich rieb meinen Hals, nickte mir selbst zu und begann mich zu bewegen. Nur stockend und träge kam ich auf die Beine, fand noch nicht so recht mein Gleichgewicht und blieb kurz stehen. Nach Edoras also... dem musste ich mich wohl anschließen. Ich räusperte mich leise, hob die Arme, wurde mir meiner alten Beweglichkeit bewusst und drehte mich zur Tür. Lahm fuhr ich mir auch über das Haar, tastete nach den Waffengurten und zurrte sie fester. Wenigstens äußerlich wollte ich den Anschein erwecken, für das Treiben und gleichermaßen für die Weiterreise bereit zu sein. Meine Schritte, in denen ich mich der Tür näherte, zeigten jedoch anderes als das und weniger entschlossen drückte ich auch die Klinke hinab und verließ die Kammer. Nur kurz sah ich den Menschen nach, die an mir vorbeieilten. Mit ihrem gröbsten Hab und Gut strömten sie dieselbe Richtung. Es waren nicht viele... die Reise würde bald beginnen. Und dennoch hielt ich mich länger mit dem Zögern auf, bog nach einem langen Warten zur Seite. In langsamen und zu gemächligen Schritten fand ich den Weg zurück in die Halle, in der das tobende Fest stattgefunden hatte. Sie sah verwüstet aus und ich stieg über am Boden liegende Humpen, schlängelte mich durch verschobene Tische und verließ sie alsbald. Ich trat in den Gang hinaus, verschaffte mir kurz Orientierung und ging weiter, als eine bekannte Stimme ertönte und mich inne halten ließ. Hätte ich mich in anderen Umständen befunden, hätte ich mich wohl nicht viel mehr über ihr Erscheinen gefreut. Schweigend blieb ich stehen und wartete, bis sie mich erreichte. Es war keine geringere als die blonde Maid, die um mich trat, mich mit einem Lächeln grüßte und mich einer flüchtigen und besorgten Musterung unterzog. Still wich ich ihren Blicken aus und hoffte, dass auch sie an der Eile teilnahm und nicht viel Zeit besaß, sich mit mir zu beschäftigen. "Wie geht es Eurer Verletzung, Herr?" Erkundigte sie sich sanft und studierte meine Haltung. Aus den Augenwinkeln erkannte ich dies und aus den Augenwinkeln sah ich sie auch an. "Habt Ihr die Nacht gut überstanden? Habt Ihr zu Kräften gefunden? Wir kehren nach Edoras zurück." Sie schien keinen besonderen Wert auf meine Antworten zu legen, die Eile war ihr also zuteil geworden und ich antwortete mit einem stummen Nicken, um nicht zuviel Unhöflichkeit zu zeigen. "Ihr solltet Euch beeilen, die Reise beginnt in wenigen Augenblicken." Ich nickte erneut und ihr Lächeln vertiefte sich, bevor sie das Haupt senkte und gewchwind ihrer Wege ging. Und ich tat es ihr gleich, ohne ihr nachzuschauen. Menschen... mit jedem Augenblick schienen sie mir mysteriöser zu werden, doch hielt ich mich von jenem Sinnieren fern, tat ihr Verhalten mit Nichtbeachtung ab und erreichte bald den verwüsteten Innenhof. Eng drängten sich dort die Menschen Edoras' zwischen Lastkarren und Tieren. Die Luft war erfüllt von vielen Stimmen, die mit Aufregung durcheinandersprachen. Von hie und da ertönten die Befehle der Reiter. Auch sie riefen durcheinander, versuchten die Menschen etwas zu ordnen und zur Ruhe zu bringen. Es stimmte, sie waren bereits gewappnet und bereit. Länger hätte ich nicht warten dürfen. Obgleich der Lärm unüberhörbar in meinen Ohren dröhnte, versuchte ich ihm keine Beachtung zu schenken, senkte den Blick zu Boden und stieg die wenigen Stufen hinab. Ich nahm einen weiten Umweg, scheute mich davor, mich durch die Menschen zu drängen, ging lieber außerhalb meiner Wege und sah die Ställe als Ziel. Ich behielt die Ruhe bei, hastete nicht und suchte in der Menge nicht nach bekannten Gesichtern. Sicher hätte ich sie gefunden, doch wollte ich, dass man mir mit derselben Nichtbeachtung begegnete, die ich zeigte. Nach einem kurzen Marsch erreichte ich die Ställe. In diesen Momenten waren sie bereits leer und unbegangen. Nur einen Stallburschen sah ich durch eine schmale Tür verschwinden und nur ein einziges Pferd schnaubte in der hintersten Ecke. Mit Wohlwollen erkannte ich den weißen Hengst, der die Mähne schüttelte, der Eile nicht entgehen konnte und aufgeregt auf der Stelle trat. Ich hingegen, nahm mir die Zeit, den etwas kahlen Stall zu mustern, mich umzusehen und mich ihm nur langsam zu nähern. Und während ich den Stall öffnete, ertönten die Befehle des Aufbruches. Sie ertönten mehrfach und laut und hunderte von Schritten erhoben sich und zogen an den Ställen vorbei. Ich beachtete mein Zurückhängen nicht, trat zu dem Hengst und streckte die Hand nach ihm aus, ihn vorsichtig an der Plesse zu berühren, zu streicheln und näherzutreten. "Mae." Flüsterte ich leise, als er schnaufte und zurücktrat. "Mae." Ich tastete mich an seinem Hals entlang, schob beide Hände über das weiße Fell und kraulte seine Mähne. Seine Anwesenheit war mir die liebste. Angenehm und beruhigend war sie und keines einzigen Wortes bedurfte das Verständnis, welches zwischen uns herrschte. So anders war dies doch mit anderen Begleitern... Die lauten Befehle erhoben sich weiterhin, die Menschen schnauften, rau quietschten die Räder der Karren und ich lehnte mich matt gegen den Rumpf des Hengstes, sehnte mich nach Ruhe und fand sie in wenigen Augenblick, als ich die Bewegung des Leibes unter mir spürte, den Atem vernahm, gleichsam das starke Schlagen des stolzen Herzes. Ich schloss die Augen, bettete die Wange auf dem Rücken des Pferdes und begann mit dessen Mähne zu spielen. Abwesend zupfte ich an ihr, fuhr ihre Länge nach und vergrub die Finger in ihr. Tief holte auch ich Luft, bevor ich dann aufblickte, kurz den Blick schweifen ließ und mich unter einem bedauernden Seufzen von dem Rumpf löste. Schwerfällig klopfte ich den Hals des Hengstes, griff nach dem Halfter und trat vor ihn. Besonnen streifte ich ihm das Genickstück über die Ohren, streichelte flüchtig seine Plesse. Ich rückte den Halfter zurecht und begann die Riehmen zu lockern, die wie immer zu fest saßen. Vorsichtig biss er auf die Trense, bewegte das Maul und schnaufte. Langsam hob ich die Zügel über seinen Kopf und blickte dabei kurz zur Tür. Ich sah bereits die letzten, die an ihr vorbeizogen, das Ende der Schar, der ich lieber fernbleiben wollte. "Trasta cen." Hauchte ich, als der Hengst erneut unruhig wurde. "Trasta cen... mae... lhind." Ich strich seinen Rumpf hinab, als ich zu dem Sattel ging, mich vorsichtig über ihn neigte und den Arm unter die Rückenbeuge schob. So setzte ich ihn sorgsam auf seinen Leib, gab mich noch immer der Ungestörtheit hin und begann mit aller Ruhe, zu der ich mich zwang, den Sattel zurechtzurücken. Gemächlich hob ich dann das Sattelblatt, zog die festen Gurte heraus und begann den Sattel umzuschnallen. Ich brauchte eine lange Zeit, bis auch er für den Abmarsch bereit war und vor den Ställen nahmen die Geräusche der ziehenden Schar ab. Ich rieb die Hände, schob die hölzerne Tür mit dem Rücken auf und ließ den Hengst an mir vorbeitrotten. In langsamen Schritten folgte ich ihm, holte ihn behutsam ein und öffnete etwas träge die Tür. Nur wenige waren nun noch unterwegs. Die Bewohner Edoras hatten Helms Klamm also verlassen und die wenigen waren zurückgeblieben, die diese Feste hüteten oder an andere Orte zurückkehren würden, an denen sie sich sicher fühlten. Ich blieb an der Tür lehnen, neben mir kam der Hengst zum Stehen und er stubste mich mit dem Kopf an, als wolle er mich auf die Eile aufmerksam machen, die der einzige Weg wäre, die Schar einzuholen. Kurz und nachlässig musterte ich einige der Menschen, atmete tief durch und löste mich vom stabilen Holz. "Cil enni." Bat ich ihn und er folgte mir geruhsam. Wir beiden mochten einen merkwürdigen Anblick bieten, wie wir langsam zum Tor gingen, uns gaben, als hetze uns nichts, als wäre nichts von Bedeutung, das uns in unserer Ruhe stören könnte. Ich, der sich den Boden betrachtete, beide Hände in den Waffengurt gehakt. Und er, der neben mir trottete, ohne dass ich ihn führte. So passierten wir bald das Tor und traten hinaus auf die weite Ebene, auf der uns die Schar um ein weites Stück voraus war. Eine, wenn nicht gar zwei Meilen trennten uns. Sie beeilten sich... und ich blieb stehen, bevor ich ihnen nachsah, sie beobachtete und mir meines Entschlusses sicher wurde, nicht mit ihnen reiten zu wollen. Es gab auch andere Wege nach Edoras. Ich richtete mein Augenmerk zur Seite, betrachtete mir die losen Felsen, die die Klamm zu einer Seite umgaben. Und ich blickte zur Schar, die den Weg über die flache Ebene nahm. Eine lange Zeit war ich von vielen Menschen umgeben... hatte mich gar freiwillig unter sie gemischt, hatte mit ihnen gekämpft und hatte als Verbündeter ihre Anwesenheit genossen. Zu manchen Zeiten. Nur wenig blieb da für mich, zu wenig Abgeschiedenheit, zu wenig Ruhe, in der man sich auf andere Dinge konzentrieren konnte, als auf das Treiben der Umwelt. Es verlangte mir danach, mich dieser Fremde herzugeben, mich erneut von ihnen zu trennen und wenn auch nur für kurze Zeit, den Frieden der Einsamkeit zu finden. Zu viel gab es, worüber ich sinnieren musste. Ich bestätigte meinen Entschluss mit einem leichten Nicken, wandte mich zur Seite und tastete nach dem Zaumzeug des Hengstes. Gemächlich trat ich neben ihn, stieg in den Steigbügel und schwang mich in den Sattel. Träge lenkte ich ihn herum und ließ ihn trotten. So schlug ich einen anderen Weg ein, ritt durch das Gestein und den Fels, blickte nur selten auf und konnte die anderen bald nicht mehr sehen. Wir würden uns in Edoras wiedersehen. Und wenn dies geschah, dann unter anderen Umständen... so hoffte ich. Der Pfad, der zu steinig und zu eng war, um ihn mit einer Schar zu beschreiten, war alles andere für mich. Für einen einzigen Reiter war er angenehm zu passieren und ich schwieg, ließ alsbald die Zügel los und blickte gedankenlos in die Ferne. Was, dachte ich mir, würde noch geschehen? Wie würde wir die Reise fortgesetzen, war doch jetzt schon so viel geschehen, das wir nicht eingeplant hatten. Ich verlor mich im Sinnieren, achtete nicht auf den Weg und übergab dem Hengst die Entscheidungen. Immer geradeaus, durch karges Gestein und bald hinaus auf eine weite Flur, die zerfurcht war von Tälern und Hügeln, mir den weiten Blick verwehrte, ebenso, die anderen zu erspähen, die dasselbe Gebiet durchqueren würden. Sicher waren sie mir weit vorraus, denn sie wurden stets getrieben von Anspannung und Eile, während ich mich sorglos gab im Land, in dem die schwarzen Kreaturen Mordors oft gesehen wurden. Ich, der sich nicht wehren könnte gegen eine Überzahl... ich besaß die Ruhe, die denen, die von Reitern beschützt wurden, fern war. Genügsam trottete sich der Hengst aus, blieb stehen und senkte den Kopf, um am Gras zu zupfen, welches sich unter uns erstreckte. Ich selbst genoss den Wind, der sich auf dieser Ebene unaufhaltsam erhob und mir einen kurzen Moment des Glückes nahe brachte. Ich schloss die Augen, atmete in den frischen Brisen und hob auch die Arme, während der Hengst weiterschlenderte, erneut inne hielt und fraß. All meine Sinne lenkten sich auf den Genuss dieser friedlichen Stille und ich war ihnen dankbar für diese Freiwilligkeit, war es doch so schwer, sie zu zwingen, sich von einer Tatsache fernzuhalten, sie so schwer auf mir lastete. Doch nicht jetzt... nein. Hier gab es nur den Wind und die Freiheit, die mir das Herz erleichterte, beinahe für einen Moment vergessen ließ, was sich zwischen Aragorn und mich gedrängt hatte. Die mich sein wehleidiges Gesicht vergessen ließ... Die Worte, mit denen er sich selbst quälte... Und seine selbstlosen Taten mir zuliebe. Von alldem befreite ich mich auf der schier endlosen Steppe und erst nach geraumer Zeit drängte ich den Hengst zum Gehen und gewöhnte ihn an ein schnelleres Tempo. Den ganzen Tag durchritten wir die Ebene, sahen ihr keine Unterschiede an und mussten uns so durch nichts ablenken lassen. Über uns nahm die Sonne ihren Lauf, stieg hoch am Mittag und senkte sich gen Horizont, als der Tag älter wurde. Bald durchritten wir die Abenddämmerung und nicht all zu weit entfernt, erblickte ich hohes Gestein, das sich auf der Steppe erhob und ihr deutliche Formen gab. Diese setzte ich mir zum Ziel und als der Horizont der Sonne allmählich die runde Form nahm, erreichte ich es. Wir ritten durch, bis sich die Dunkelheit über Rohan legte und im Schutze hoher Gesteinsbrocken stieg ich vom Rücken des Hengstes und nahm mir Zeit, zu neuen Kräften zu finden. Zuerst jedoch, hob ich den Sattel vom Rücken des Hengstes, löste auch das Zaumzeug von seinem Kopf und ließ ihn seiner Wege gehen, auf denen ich ihn nicht kontrollierte. Schnaufend trottete er davon, fand vereinzelte Grashalme und blieb an einer Mauer stehen, während ich auf einen der Gesteinbrocken stieg, mich umblickte und mir die weite Nacht betrachtete, die die anderen sicher ebenso zur Rast nutzen würden. Doch wollte ich auch meine Beine schonen und so setzte ich mich bald bequem auf den Fels, streckte die Beine von mir und legte mich nieder. Weit erstreckte sich der Himmel über mich und ich machte mich auf die Suche nach den Sternen, während ich in meine Ruhe hinabdriftete und neue Kräfte schöpfte. Aragorn: Ich wartete und wandte mich um, als ich meinen Standpunkt gefunden hatte und dem Volk nun die Wegleitung symbolisierte. Und viel mehr als nur symbolisch war die Verantwortung, die ich mit allerlei Dank trug. Die Krieger folgten rasch, doch kontrolliert an den Seiten des Volkes und auch diese Menschen eilten. Ja, es war nicht sicher auf der freien Ebene, doch konnte ich keinerlei Gefahr erkennen, roch sie nicht im Wind... spürte sie nicht im Boden. Sehr hilfreich wären mir hier Elbenaugen gewesen, doch konnte ich dem Einen nicht zumuten, mir eine Hilfe zu sein und gleichsam die Spitze zu verlassen, um ihn zu suchen. Ich musste mir selbst ein Ratgeber sein. Eine Rolle, die mir in den wenigsten Momenten zugeschrieben war, aber ich behielt die Welt vor mir offen und hoffte, dass dies zu guten Entscheidungen beitragen würde. Wenn der König an dem Ende dieses Marsches reiste, dann würde wohl auch mir die Entscheidung überlassen, wann eine Rast passend sein würde. Viele Augenblicke vergingen, ehe das Volk zu mir gefunden hatte und Karren und Kind sicher an den Seiten der Frauen und Männer waren. Brégo schritt den Hügel hinauf und gab mir so einen besseren Überblick. Ja, es folgte keiner mehr aus den Toren und ich konnte mir gewiss sein, niemanden zurückzulassen. König Théoden würde gewiss niemanden übersehen. Niemandem aus seinem Volke, so schien es... Ich nickte den Kriegern wortlos zu und wendete mich ab, ließ Brégo an der Spitze traben. Der Tag war noch jung und die Natur selbst war noch rege am Erwachen. Wir mussten uns sputen, doch sollten nicht hasten, so dass unsere Kräfte zu schnell versiegten. Während der gesamten Reise schwieg ich und verbarg meine leise Sorge, die mir in diesen stillen Momenten auflauerte, wie eine Schlange, die sich durch allerlei Laub zum Angriff bereit machte. Ich wusste nicht, wo er nun abgeblieben war. Er war zu den Ställen gegangen und ich war sicher gewesen, dass er sich angeschlossen hatte, dem Volke und dem König zu folgen... Aber ich hatte ihn nicht gesehen, keinen Moment lang war er mir unter die Augen gekommen... weder bei Gimli, noch bei Merry. Er war nicht unter ihnen. Ich seufzte leise und sah auf zum Himmel, der in seiner Schönheit aufheiternd und kraftspendend war, für mich allerdings mit Ironie prangte und mir das Herz schwer werden ließ. Vielleicht hätte ich mich wohler und sicherer gefühlt, wenn uns der Feind begegnet wäre. Auch dies war Ironie, schon fast zurückgedrängt durch puren Sarkasmus. Das Sinnieren sollte mir fernbleiben... ebenso die Sorge um ihn... Ja, er war stark genug, über sich selbst zu wachen... er war nicht schwach. Leise seufzend sah ich wieder umher, doch die Ruhe gab nicht nach... und nichts schien sich weitgehend zu verändern. Der Tag wurde älter und im Stillen weinte ich der Schönheit der roten Sonne nach, als sie niedersank und hinter dem Horizont zu verschwinden drohte. Rasch hatten wir die Tiefebene zwischen der Klamm und Edoras hinter uns gelassen. Den Ort, den wir auf der Hinreise als Rastlager genutzt hatten und erneut wandte ich mich um und versuchte in den Augen der Menschen zu lesen. Gut erkannte ich ihre beginnende Schwäche... doch Müdigkeit ließen sie sich nicht anmerken. Und so ließ ich sie weiterwandern, gab, als es allmählich düsterte, kein Zeichen zur Rast, sondern ließ sie noch einige Meilen hinter sich bringen. Was erwarteten sie, dass sie mir so schweigsam folgten? War das Erscheinen der Leuchtfeuer für sie ein Zeichen des kommenden Ende dieses Krieges, dessen Ausgang ungewiss war? Konnte man annehmen, dass sie nach der gewonnenen Schlacht um Helms Klamm an Zuversicht gewonnen hatten...? Ich hoffte es. Als die Dunkelheit uns völlig umgab und selbst meine Augen nur noch das nötigste erblickten, rief ich zur Rast. Die Krieger an meinen Seiten gaben diesen Ruf weiter und die Menschen kamen mit einem erleichternden Seufzen und Raunen zum Stehen. Der Mond hatte noch keine gute Höhe erreicht, erhellte den Pfad, den wir beschritten noch nicht annähernd so anschaulich, als dass man sich Gedanken darüber machen konnte, die Nacht durchzuhalten. Sie waren immer noch bei Kräften und bereit, diejenigen, denen die Kraft fehlte, zu unterstützen. Ja, ich glaubte, sie wollten zurück in ihre Häuser und zu ihrer Hornburg. Edoras lag nur noch wenige Meilen entfernt. Ich stieg ab, besah mir Brégo, der ebenso wacker durchhalten und weiterhin munter sein würde. Seine Freude am hohen Grase, welches wir betreten hatten, verbot mir, ihn langen Begutachtungen zu unterziehen und ich ließ ihn wieder gehen, seinen eigenen Zeitvertreib zu verfolgen. Wenige Felsen umgaben uns, aber ich erdachte uns hier in guter Deckung und ich setzte mich auf den Boden. Würde sich uns etwas boshaftes nähern, würde ich es spüren. "Herr Aragorn..." Ruhig und hell näherte sich mir die junge Frau, die ihre alte Sorge vergessen glaubte, doch von einer neuen befallen wurde. Ich sah zu ihr auf und winkelte die Beine an, um die Arme auf die Knie zu betten. Sie kniete sich zu mir ins Gras und ich beobachtete sie, gespannt, mit welchen Sorgen sie mir entgegentrat und insgeheim wünschend, dass mich diese von meinen eigenen, Versteckten ablenkten. "Euer Gefährte... der Elb Legolas." Sofort ließ ich den Blick abschweifen, wagte es nicht, ihr weiter ins Gesicht zu sehen und begann herumzuhantieren und nach meiner Pfeife zu suchen. Eine Sorge, die nun nicht mehr nur mich befiehl. Was für ein grandioses Netz aus unvorteilhaften Geschehnissen wurde in letzter Zeit in meiner Nähe gesponnen? Sie lehnte sich zu mir vor, als wolle sie nicht, dass Gimli es hörte, der munter durch die Reihen schritt und sich an dem festen Boden unter den Füßen erfreute. "... er ist nicht hier.", beendete sie flüsternd und sowohl Anspannung als auch Ungewissheit zeigte sich in ihrer Mimik, in der sie sich ungemein um Legolas sorgte. "Ich weiß." Erwiderte ich ruhig, verzog kurz die Augenbrauen und sah dann auf. "Kümmert Euch nicht darum. Er kann auf sich selbst aufpassen." Das musste genügen... es musste ihr reichen, um das Thema zu beenden. Doch es reichte ihr nicht. "Sorgt Ihr Euch nicht, Herr?" Ich schüttelte sofort den Kopf und das gewiss mit einer Unglaubwürdigkeit, die nur schwer zu schlagen war. "Was ist, wenn ihm etwas zugestoßen ist?" Nun... sie wusste, wie man Angst und Besorgnis weiter anschürte und ich tat Gutes daran, mich auf meine Pfeife zu konzentrieren, sie zu stopfen und zu schweigen. "Er wirkte abweisend, als ich zuletzt mit ihm sprach." Sie fuhr fort und ich nickte nur stumm und griff nach Zunder und Feuerstein. "Sehr höflich, doch sah man ihm die Last an. Was nur, wenn etwas geschehen ist?" "Éowyn." Verzweifelt versuchte ich Funken zu erhalten und mich an der höflichen Abweisung zu halten, der sich Legolas wohl auch bedient hatte und ließ letzen Endes die Pfeife sinken, um sie ernst anzublicken und ihre Sorgen endlich zu zerstreuen. "Er gehört zum Elbenvolk. Leichtsinnigkeit und Tollkühnheit schreibt man ihnen nicht zu. Er wird schon wissen, weshalb er nicht mit uns reitet." Lange noch haftete ihr Blick auf meinem Gesicht, schweigsam und beinah kontrollierend, doch schließlich nickte sie und erhob sich, um sich um die Menschen um uns herum zu sorgen. Ja, Legolas... er war nicht hier und einerseits war ich dankbar dafür, doch andererseits nicht. Die blonde Maid hatte nicht unrecht mit ihrer Sorge und mir selbst behagte diese Ungewissheit am allerwenigsten. Doch ich war nicht sein Herr. Ich gebot nicht über sein Handeln, Denken... Fühlen. Wie gern und wie oft hätte ich dies getan und wie verzweifelt war ich dadurch gewesen. Nicht über die Falschen herrschen, hm? Ohne mein Zutun zog sich einen Mundwinkel hoch und ich ließ den Kopf sinken. Wo auch immer er jetzt war und was er tat... es waren nur wenige Stunden, in denen ich keine Ahnung hatte, was bei ihm geschah und allein das reichte, um mich wieder wehmütig zu machen... Wie ging es weiter? Würden wir gemeinsam in den selben Krieg ziehen und dann gemeinsam siegen? Gemeinsam sterben? Was würde geschehen, wenn das Schicksal es so wollte und wir den Dunklen Herrscher niederrangen? Würde er verschwinden und in der Dämmernis Düsterwaldes verschwinden, in der ich ihm nicht folgen konnte, selbst, wenn ich den Mut dafür besitzen würde...? "Wir können weiter." Perplex sah ich auf und der König hielt vor mir, saß bereits wieder auf seinem Ross und schaute zum Himmel auf. "Der Mond leuchtet uns den Weg, als wäre er die Sonne in der Nacht und das Volk ist wach und entschlossen." Sein Blick richtete sich auf mich und ich kam langsam auf die Beine. "Sie wollen nach Hause." Ich nickte, kam wieder in Bewegung und schaltete die Gedankengänge ab. Alles was Legolas tat, war ihm überlassen. Ich würde es akzeptieren und hinnehmen. Hoffnung für ein neues Einverständnis...? Daran glaubte ich nicht. Ich pfiff laut und Brégo fand nach wenigen Momenten sofort zurück zu mir, wiehernd und freudig. Geschwind saß ich auf, blickte mich um und sah in ihren Augen jene Vorfreude, von der der König sprach. "Nach Edoras! Wir ziehen weiter!" Ich rief es ihnen allen zu und sah in einigen Gesichter ein Lächeln. Langsam richtete ich den Blick nach vorn und ritt weiter, schloss für einen kurzen Augenblick die Augen und öffnete sie wieder. Ich musste durchkommen. Ich musste diese Verzweiflung endlich hinter mir lassen und ebenso nach vorn blicken, wie ich es in diesen Zeiten auf die weite Flur tat. Das Durchhaltevermögen des Volkes überraschte mich sehr und ihre Freude, als sie nach etlichen Stundenmärschen ihre Hornburg erkannten, war, wie als sie die sichere Klamm gesehen hatten. Ich blieb an den Tormauern zum Stehen, während die Krieger an meinen Seiten das Tor öffneten und das Volk heimkehren ließen. Der Morgen graute... und ich ritt zuletzt mit dem König durch das Tor. "Ihr habt uns gut geführt, Herr Aragorn. Habt Dank." Der König lächelte auf diese gütige Art und ritt hinauf, nachdem ich mich verbeugt hatte und bei dem Hof geblieben war. Die Menschen würden erst einmal zur Ruhe kommen wollen. Sie hatten Kraftreserven genutzt, die sie nun in ihren weichen Laken wieder füllen konnten. Ich sah ihnen zu, wie sie in ihren Häusern verschwanden... "Lass uns auch zu Bett gehen!" Brummte Gimli, der gähnend zu mir trat und sein Pferd einem Stallburschen überlassen hatte. "Ich werde Wache halten." Erwiderte ich und sah mich um. Verdrießlich und wohl vergeblich, voller Unnutzen wollte ich Ausschau halten nach dem Einen... denn die Feuer, die wir erwarteten, würden uns sobald nicht erreichen. "Ja, es wird Zeit zu schlafen." Meldete sich auch Merry zu Wort, der mit stolz erhobenen Haupt an uns vorbeiritt und sein Pony zum Stall zu führen gedachte. "Das Nachtmahl scheint selbst hier noch keine Bedeutung zu haben." Flüsterte er uns noch heimtuerisch zu, ehe er davontrottete. Ich grinste, stieg von Brégo und führte ihn an den Zügeln. "Ich werde Wache halten. Geht schlafen." Wiederholte ich mich und machte mich auf den Weg zu dem Gestüt, doch erneut hielt mich der Zwerg davon ab. "Ja, das sagtest du oft, Aragorn. Und am nächsten Tag sah man dich wie einen ruhelosen Geist umherwandern! Neiiiin." Ruppig verschränkte er die Arme vor dem Bauch und ich sah ihn leicht irritiert an. "Man wird sich vor dir und deiner Blässe erschrecken und Angst und Bange sein! Überlass die Wache denen, die mehr Schlaf hatten, als du." Ein Widerspruch würde nichts nutzen, schätzte ich und ich gab mich nach langem Zögern geschlagen und nickte. Interessant war die Überzeugungsart des Zwergen immer wieder. Träge führte ich Brégo in den Stall und sorgte noch für seine Verpflegung, ehe selbst er mich mit seinen Kopf davonstieß und zur Nachtruhe zu schicken schien. Und ich ergab mich schließlich dieser Ruhe und brachte den Beginn des Tages in einem traumlosen Schlaf hinter mich. Als ich erwachte, wohlwollender und gestärkt, stand die Sonne bereits am hohen Himmel. Etwas verblüfft darüber, dass man mich nicht geweckt hatte, trat ich aus den Schlafgemächern, in denen ich zur Ruhe gefunden hatte und annähernd leer waren. Und draußen herrschte wieder das rege Treiben, das man kannte. Der Vormittag selbst war schon vorübergezogen... und es gab keinerlei Befehle an mich. Der König wünschte sich Ruhe, Bedenken und ich wusste welche er zu hegen hatte und zog mich zurück. Das Volk selbst war tätig und fleißig, so dass man glauben konnte, auch da wären meine Hände überflüssig. Gimli und Merry beschäftigten sich auf anderen Wegen, ich wusste nicht, wie, und verfolgte ihre Tätigkeit auch nicht... nur einmal hatte der Zwerg meinen Weg flüchtig gekreuzt und dabei stolz vor sich hingegrinst. Ob dies nun in rechtes oder ungerechtes Licht gerückt werden durfte... jedenfalls verbrachte ich in dieser Geschäftigkeit einen Tag voller Unbeweglichkeit und Gelöstheit. Ich aß, ich beschäftigte die Kinder und verbrauchte meine Kraft in Fangespielen und ähnlichem und fühlte mich selbst wie einer von ihnen... und ich vertrieb düstere Gedanken durch die Art und Weise, in der ich mit ihnen lachte... Als die Sonne ihren Lauf langsam gezogen hatte und zu ihrer alltäglichen Rötung zurückfand, hockte ich mit Pfeife auf einer Treppe eines Hauses, welches mir einen guten Blick auf das Weiße Gebirge gewährte, auf welchem jenes Licht sein sollte, das ich so sehnlichst erwartete. Legolas: Das, was die Menschen Träume nannten, nannte ich Visionen. In jener Nacht umfingen sie mich, machten das Verdrängte umso deutlicher und brachten mich zu dem Glauben, fortwährend den Gedanken an ihn zu erliegen. In bewusstem Zustand wusste ich mich selbst zu kontrollieren, doch in die Meditation vertieft, musste ich jene Kontrolle in die Hände meines Unterbewußtseins legen. Und dieses spielte mir in letzter Zeit, wie bekannt, des öfteren Streiche. Wehrlos erlag ich den Erinnerungen an ihn, sah Bilder und vernahm seine Stimme, Worte, die er nie ausgesprochen hatte und doch mit seiner Stimme genannt wurden. Seine Stimme, die so gar nicht zu ihnen passte, sich jedoch mit Sänfte an ihnen bediente. Und gleichermaßen mit einer Stärke, die man nur von ihm kannte, wenn er Befehle gab im tosenden Lärm des Krieges. Meine Irritation war mir selbst unangenehm und ich riss mich los von dem Zustand, in dem ich zu angreifbar war. Matt richtete ich mich auf und blinzelte in der tiefen Dunkelheit der Nacht, die mich allseits umgab. Bisweilen.. war ich mit mir selbst im Unklaren und betrachtete diese unbekannte Tatsache mit Unsicherheit. Wie deutlich waren seine Worte doch gewesen, wie offensichtlich hatte er mit ihnen ausgedrückt, was er fühlte. Und als gäbe es keinen Grund für mein quälendes Sinnieren, kämpfte ich gegen mich selbst und suchte mein wahres Wesen im dichten Nebel der Mysterien, mit welchem ich stetig in Berührung kam. Ich labte mich an der nächtlichen Frische, die nur meinem Leib eine Hilfe war, nicht meinem Inneren, welches wohl den größten Teil der Hilfe benötigte. Ich schluckte, tastete im ersten Moment nach den Waffen, die neben mir lagen und suchte im nächsten nach meinem Pferd, welches ich nahe der Felsen beim Grasen erspähte. Wie lange hatte ich der Realität entsagt? Wie lange war ich ihr fern geblieben? Kurz stellte ich mir diese Fragen und ebenso rasch verdrängte ich sie, wie ich es in letzter Zeit so oft und gern tat. Für mich verlor die Zeit in dieser Nacht an Bedeutung... Meine Einsamkeit sollte lang und erholsam sein, obgleich ich nicht behaupten konnte, dass mir Erholung bisher zuteil geworden war. Erinnerungen an düstre Stunden voller Ungewissheit brachten mir nichts dergleichen, doch verlangte es mir auch nicht danach, weiterhin nach ihr zu suchen. Lieber wollte ich meinen Weg fortsetzen. Zu Abgeschiedenheit käme ich noch. So griff ich nach den Waffen, schnallte sie um meinen Leib und erhob mich, um durch Bewegung Ablenkung zu finden. Langsam stieg ich von jenem Felsen, setzte den Fuß in das dunkle Gras und stieß ein beinahe lautloses Seufzen aus, als auch ich einen gemächligen Spaziergang begann. Sicher fand er Verständnis für mein jetziges Verhalten, nach meinem Sehnen nach Ruhe. Es war dem seinem recht ähnlich und hatte ich das an ihm verurteilt, fand ich mich nun in derselben Lage, sah meinen Aufenthalt in ihr jedoch als begründet an. Begründet... genau wie es seine Handlungen gewesen waren und ich hatte in meiner Unwissenheit falsch darauf reagiert. Ich wusste nicht, ob es gar Reue war, die ich spürte. Schwer war mein Herz allemal und diese feste Tatsache ließ es unnütz erscheinen, nach den näheren Gründen zu suchen. In Gedanken vertieft, tastete ich mich an dem rauen Gestein entlang und trat hinaus auf die weite Flur, auf der der Hengst genügsam seiner Wege ging. Ich blinzelte im Wind, ließ die Hand vom Gestein gleiten und schritt durch das Gras. Doch... es war Reue, die ich fühlte. Ungerecht war es, ihm die normalen Schwächen als Fehler aufzulasten. Und ich musste mich nicht verbergen, war nicht weniger in all das verwickelt, als er. Ruhigen Schrittes erreichte ich den Hengst, setzte die Hand träumerisch auf seinen Hals und durchkämmte mit der anderen seine Mähne. Weit schweifte mein Blick über seinen Schopf hinweg, driftete über die große Ebene und so lehnte ich mich gegen den Hengst, fand an seinem Leib den Halt, den ich suchte und bettete die Wange auf seinem Fell. Lange stand ich dort bei ihm, sinnierend und doch hilflos, bis ich mich von ihm löste, über seine Plesse strich und zu unserem Lager zurückkehrte. Und er folgte mir bereitwillig. Im Gegensatz zu mir, schien er zu neuen Kräften gefunden zu haben. Nun jedoch, hatten wir lange genug hier verweilt und ich glaubte, die Finsternis der Nacht bereits flüchten zu sehen, als ich den Sattel anhob und ihn auf den Rücken des Hengstes setzte. Es erfüllte mich nicht mit Unruhe, beinahe die gesamte Nacht untätig gewesen zu sein. Auch wir würden Edoras erreichen und Stunden spielten keine Rolle. In diesen Zeiten war man auf einen Einzigen nicht angewiesen, doch zur Seite stehen würde ich den Menschen sofort, bei den ersten Anzeichen eines Krieges. So dunkel und bedrohlich diese Zeiten auch waren... sich auf die eigene Individualität zu konzentrieren, war das Recht eines Jeden und ich nahm es mir heraus. Bequem zügelte ich den Hengst, entschied mich jedoch dazu, einen Teil des Weges zu Fuß zu bestreiten. So ging ich gemächlich und das Pferd fand seinen Gefallen an dieser Art der Reise. Sehr lange führten wir den Weg so fort, bevor wir die Steppe erreichten, die uns zuletzt noch von Edoras trennte. Bequem saß ich auf dem Rücken des Hengstes, als dieser stolz und erhobenen Hauptes auf einem Hügel stehen blieb und sich mit mir die Gegend betrachtete. Rasch war der Tag an uns vorbeigezogen und klammheimlich war die Sonne bereits unter den Zenit gesunken, war auch dem Horizont nicht mehr fern und es erschien mir, als bestünde dieser Tag lediglich aus wenigen Stunden. Doch ich musste mich nicht wundern... zu träge und gedankenlos war ich gewesen. Ich blickte weit über die Steppe, die meinen Augen kein Hindernis entgegenstellte und sie bereits das Ziel erspähen ließ. In weiter Entfernung erkannte ich verheißungsvolle Flecke, dunkle Punkte auf einem spitzen Hügel. Die Hornburg... Edoras. Freudig schlug der Hengst mit der Schweif, wurde unruhig auf seinen Beinen und wieherte. So wollte ich ihn nicht länger von seiner Heimat fernhalten und ließ ihn laufen. Da ich den Lauf der Sonne nun aufmerksamer verfolgte, wusste ich, dass wir einen halben Tag benötigten, um unser Ziel zu erreichen. Nur noch eine Meile lag zwischen uns, als ich wieder aus dem Sattel stieg und die letzte Strecke lieber zu Fuß bewältigen wollte. Ich hatte es nicht eilig, mich wieder unter die Menschen zu begeben und obgleich der Hengst anders fühlte, leistete er mir Gesellschaft und lief nicht davon. Gemeinsam näherte wir und so dem Berg und rasch hatten uns die Wachen auf den hölzernen Wehrgängen erspäht. Sie wandten sich zu uns, beobachteten uns und leise vernahm ich auch einen Ruf. So erreichten wir bald das Tor, es wurde uns geöffnet und wir passierten es in denselben gemächligen Schritten, liefen nebeneinander und betraten den breiten Weg, der hinaufführte zu den Häusern. Ich hielt die Arme vor der Brust verschränkt und betrachtete mir den Boden zu meinen Füßen. Ich war nicht darauf aus, Blicken zu entgehen, nein, ich labte mich am leisen Gefühl des Friedens, welches trotz all der Strapazen in mir aufzuleben schien. Eine frische Brise erfasste mich, ließ mein Haar tanzen und das Maul des Hengstes zwickte spielerisch meine Schulter, worauf ich ihn mit der Hand ertastete und flüchtig sein Kinn kraulte. Beinahe schmiegte er den Kopf gegen mich und ich blickte kurz zu ihm, meinte einen weiteren Freund gefunden zu haben, mit dem sich schwere Zeiten durchstehen ließen. Wieder fand ich die Kraft zu einem Lächeln, als ich mich nach vorn wandte. Ich schenkte meiner Umgebung keine Beachtung und doch fühlte ich seine Anwesenheit. Beinahe in einjedem Winkel schien sie mich zu umgeben und ich wurde an einem Grund reicher, auf den Boden zu schauen. Ich wollte mich nicht trüben lassen, nicht das leise Gefühl des Glückes verlieren, welches durch seine Seltenheit so einzigartig und besonders war. Ich blieb neben dem Hengst, fand durch ihn den sicheren Weg zum Stall und folgte ihm hinein. Entsattelt und entspannt hatten die Pferde ihren alten Platz gefunden und einige von ihnen begrüßten meinen Begleiter freudig, als ich ihm bis in die hinterste Ecke folgte. Dort öffnete ich ihm auch die Tür zu seinem großen Stall und als ich wieder mit ihm gehen wollte, ertönte eine Stimme. "Schlag mich tot, wer ist denn da?!" Rau und laut schallte sie durch den Stall und ich drehte mich um, erkannte den Zwergen, der, stets einen gewissen Abstand zu den Pferden haltend, auf mich zustampfte. Stolpernd und eilig folgte ihm auch Merry. "Hat der holde Herr Elb doch noch den Weg gefunden?! Hielt es wohl nicht für nötig, sich uns anzuschließen. Muss sich ja immer so mysteriös und geheimnisvoll benehmen!" Ich hob die Augenbrauen, wusste nichts zu erwidern und trat zu dem Hengst in die Kammer. Und ich ließ mich nicht stören, als ich das Zaumzeug zu lösen begann und von seinem Kopf zog. Hier wiegte ich mich in Sicherheit vor dem Zwerg. Und wirklich, er blieb zögerlich stehen, versuchte kurz den Fuß in den Stall zu setzen und fluchte über sich selbst, als er daran scheiterte und zurücktrat. "Ich habe dich nicht auf der Reise gesehen." Merry trat neben mich und unterzog mich einer tiefgründigen Musterung, die ich kurz und verwundert erwiderte. Ich sah ihn an, warf auch dem Zwerg einen flüchtigen Blick zu und ließ das Zaumzeug sinken, als ich sonst niemanden erspähte. "Wo ist Pippin?" Erkundigte ich mich dann und die Miene des Hobbits wurde von einer gewissen Beklommenheit befallen. Doch er schwieg und unbeabsichtigt war es mir mit der Frage gelungen, Gimlis Zorn zu zügeln und seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. "Er ist mit Gandalf auf dem Weg nach Minas Tirith." Murrte er, als verbinde er eine unangenehme Erinnerung mit dieser Tatsache. "Man erwartet einen Angriff auf die Stadt." "Minas Tirtih?" Wiederholte ich ungläubig und hängte das Zaumzeug langsam über einen Haken. Merry nickte schweigend und ich musste mir eingestehen, recht verwundert über all diese Neuigkeiten zu sein. Wieviel war mir im kurzen Moment der Anwesenheit entgangen? Ich grübelte, wandte mich wieder dem Hengst zu und begann die starken Riemen des Sattels zu lösen. "Er ist selbst schuld." Murmelte Merry trotzig und verschränkte die Arme vor dem Bauch. "Nur verständlich, dass es zu gefährlich war, ihn bei uns zu lassen." Ich hatte ihn angesehen, verinnerlichte mir die Worte schweigend und hob den Sattel vom Rücken des Pferdes. Aragorn: Es kam mir vor, als wäre es wie vor den Zeiten des Ringkrieges. Als hätten man die dunklen Wogen, die aus dem Osten kamen, nur durch düstere Schleier der Ahnung und der Träume erblickt. Zu der Zeit, als man geglaubt hatte, dass die Dunkelheit hinter den schweren Türen verborgen bliebe. Noch nie zuvor hatte ich einen so kurzen Tag erlebt und oft, in den Momenten, in denen ich mich in Sicherheit wusste, hatte ich mir verboten, es je dazu kommen zu lassen. Wachsame Augen waren immer besser als geschlossene Lider und doch brauchte ich keine Sorge daran hegen, irgend etwas versäumt zu haben. Ich sah zu, wie die Sonne immer tiefer sank, saß seit Stunden auf diesen Stufen und rauchte meine Pfeife und lauschte der Stille, die mich trotz schwatzender Gesellen umfing. Ich schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken... Frieden und Einsamkeit. All das, was ich lange gespürt hatte und dies nicht mit dem Bewusstsein, das es verdiente. Ich wollte mich darauf besinnen, wie es sein könnte, wenn all dies vorüber ging... wenn Frodo diese Bürde ablegen und alle retten würde. Ob ich nun diese Begebenheit erleben durfte oder nicht... ich wollte mir vorstellen, wie sich die Simbelmynen hinter den Toren Edoras ausbreiteten und durch die Sonne an Farbe gewannen... wie die Gräser mit ihrem alten Grün die Länder erhellten und verdorrtes Geäst zur wundersamen Frische zurückfand. Ich sehnte mich nach dem hellen Schein der Weißen Stadt, wie sie zu den Zeitaltern der alten Könige auflebte und dem Land Gondor und all seinen Verbündeten, Frieden und Hoffnung spendete. Frieden... ja, Frieden war alles, was ich zu wünschen gedachte und der einzige Herzenswunsch, dem ich noch mit Hoffnung entgegentreten konnte... so klein dieser Funken Glück auch sein möge. Die Stimmen der Mauerwächter holten mich aus meinem Sinnieren und ich öffnete die Augen. Mit dem Öffnen des Tores kam ein sanfter Wind auf und ich stemmte mich von den Stufen ab und stand auf. Meine Gewissheit war schneller als mein Verstand, als ich zu ahnen glaubte, wer dort durch das Tor kam und erneut viele Augen auf sich lenkte. Der Verschollene war zurückgekehrt und ich war froh darüber und sah ihm schweigend zu, wie er Edoras betrat... zügellos an seiner Seite das weiße Pferd. Sie waren so schnell Freunde geworden und mein Herz erwärmte sich durch das Lächeln, das sich auf den schönen Lippen des Elben offenbarte. Es schien so einfach, ihn glücklich zu machen... und ich war derjenige, der die Begabung besaß, diese einfache Sache zu einen Sumpf zu führen, in dem ich stetig mehr versank... und ihn fest mit mir zog. Nicht umsonst beließ er den Blick auf den Boden... Ja, er wusste, dass ich ihn beobachtete. Endlich wusste er, dass all meine Blicke, die je in seine Richtung verliefen, nur auf ihn selbst gerichtet waren. Ruhig sah ich ihm zu, wie er seinen Weg fortsetzte, langsam hinter den Mauern der anderen Häuser verschwand und zielsicher auf die Ställe zuging. Er verschwand aus meinem Blickfeld und ich lächelte aus unerklärlichen Gründen. Und wenn es mir nur noch die Beobachtung sein konnte... in der Zeit, in der ich mich nicht auf ihn konzentrieren durfte, würde es mir genügen und ich wäre froh. Und wenn dann der Augenblick kam, an dem ich erneut nachdenken durfte... gar träumen und wären es schöne Träume, würde ich Tränen vergießen. Vor Glück und vor Trauer, dass er nicht daran zerbrechen würde, wie ich es in später Vereinsamung täte, wenn der Tod mich nicht zuvor holte. Langsam setzte ich mich wieder nieder und klemmte die Pfeife zwischen die Lippen. Die Sonne versank in ihrem wunderschönen Rot hinter die Hügel der Lande. Der Himmel hatte sich verfärbt und leuchtete in einem Spiel weinroter und ozeanblauer Farben... doch mit einem Male hielt ich inne, als ein orangeroter Punkt an den Gipfeln des Gebirges erschien und in seiner Auffälligkeit sofort meine Aufmerksamkeit lenkte. Das Feuer brannte... es brannte! Ich sprang auf, ließ die Pfeife fallen und rannte los. Über den Hof sprintete ich, so schnell mich meine Füße tragen konnten und ließ die Stufen zur großen Halle rasch hinter mir. Gehetzt legte ich die Hände an die Tore und drückte sie auf. "Die Leuchtfeuer von Minas Tirith! Die Leuchtfeuer brennen! Gondor ruft um Hilfe!" Der König blickte auf und zeigte seine Überraschung, als hätte er nicht daran geglaubt, dass es wirklich geschehen würde. Für einen kurzen Moment schwieg er und ich fürchtete schon das Schlimmste, während ich schwer atmend vor ihm stand und auf seine Antwort wartete. Sein Mund öffnete sich stimmlos... dann schloss er ihn und setzte einen Fuß zurück. Er würde nicht helfen...? Ich ließ die Schultern sinken und in diesem Augenblick setzte König Théoden seinen Fuß wieder vor - Entschlossenheit glänzte in den Augen. "Und Rohan wird antworten. Die Heerschau soll beginnen!" Éomer, der an der Seite des Königs stand, nickte stumm und schritt an mir vorbei aus der Halle, zeitgleich, als Éowyn hineinkam. Noch ehe sie eine Frage stellen konnte, ertönte der Klang einer Glocke und der König setzte sich in Bewegung und ich folgte ihm. Sehr schnell hatten sich Männer vor der Halle versammelt und standen bereit. "Versammelt das Heer im Dunharg, so viele Männer, wie sich finden lassen. Ihr habt zwei Tage. Am dritten reiten wir nach Gondor und in den Krieg." Er ließ eilig die Stufen hinter sich, sah sich um und hob die Hand. "Gamling!" Ein älterer Mann trat zu ihm und verneigte sich tief. "Mein Herr." Der König nickte kurz. Es war lange her, dass ich Könige so handeln sah, als ob man glauben wollte, sie hätten ein jedes Problem vor Stunden schon erahnt und beseitigt. "Eilt geschwind durch die Riddermark, ruft jeden tauglichen Mann nach Dunharg ein!" Die Geschäftigkeit begann von Neuem... nun würde sie beginnen... die Zeit der Schlacht... um das Schicksal der Menschen... und dann... der Kampf um ganz Mittelerde. Legolas: Obgleich meine Sehnsucht nach Abgeschiedenheit nicht an Kraft verloren hatte, hielt ich mich doch bei ihnen, ging meine Wege an ihrer Seite und lauschte ihren Worten. Wenn ich es recht bedachte, war dies die beste Ablenkung, die ich in diesen Zeiten finden konnte und erneut versuchte ich mir des Genusses bewusst zu werden, Zeit mit zwei meiner Gefährten verbringen zu können. Vor kurzem waren wir sechs gewesen und nun blieben nur noch vier zurück. Wieder spaltete sich die Gemeinschaft und in der Zwischenzeit schien niemandem mehr aufzufallen, dass auch dies nichts mehr an der Tatsache des Versagens änderte. Was blieb uns nun anderes übrig, als das zu tun, was das Beste war? Was hielt uns davon ab, unsere eigenen Wege zu gehen? Wählerischkeit konnte man sich in jenen Zeiten nicht leisten und so versuchte ich auch im Tragischen das Schöne zu finden, zog mit den Beiden durch die Gänge der Hornburg und vertraute auf Gimli, der sein festes Ziel zu haben schien. Ebenso rasch, wie der Tag vergangen war, brach nun auch die Nacht über uns herein und bald erhellten Kerzen die Gänge und Säle. Fackeln flackerten auch im rauen Wind und die Menschen schliefen. Auffällig hallte auch die Stimme des Zwergen in den Fluren und Hallen wider, als er seiner Zuneigung zu Pferden freien Lauf ließ und uns bald in einen Saal führte, in dem gegessen wurde. Hungrig saßen die Männer Theodens an einer langen Tafel, stärkten sich mit Braten und Wein, sprachen miteinander und einjeder von ihnen musste Erleichterung verspüren an diesem vertrauten Ort. Wenn er auch unsicherer war und beiweitem leichter zu stürzen, als jene Feste, die uns Schutz geboten hatte... hier war ihr Heim und keine Gefahr machte es unsympathischer. "Nun lasst uns unsere Bäuche füllen!" Rief Gimli triumphierend und ich blieb stehen, als er sich murrend und ungeduldig durch die grobschlächtigen Männer drängte, sich eine freie Stelle suchte und an der Tafel Platz nahm. Eine Ahnung hätte mir sein Vorhaben offenbaren müssen... es war zu offensichtlich, weshalb ihn hin und wieder die Muse am Schopfe packte und seine Stimmung auf dem Höchstand kam. Und ich war zu unaufmerksam gewesen und stand nun einer Sache gegenüber, die mir weniger lieb als friedliche Gespräche war. Merry schloss sich meinem Zögern nicht an, bevor er sich lachend neben Gimli setzte und sich auch einen Bissen gönnte. Sicher war die eilige Reise kraftraubend gewesen und nur wenige besaßen die Ruhe, gar die Ausgeglichenheit, in diesen Zeiten Schlaf zu finden. Dumpf ging die Hand des Zwergen auf die Bank nieder und er versuchte den Kopf zu mir zu drehen, schien jedoch nicht über den Anblick des Bratens hinwegzukommen und fuchtelte harsch nach mir. "Auch dich meine ich, Herr Elb!" Rief er schmatzend und griff nach einem Krug Wein. "Bei meinem Barthe, die Säbel führst du, als hättest du nie etwas anderes getan, doch richtiges Essen hast du nie erlernt! Wie grausam... nun komm schon!" Auch Merry rief nach mir und so ließ ich mich neben ihm nieder. Ich war ihrem ablenkenden Hunger dankbar, fand mich weniger beachtet und stützte mich langsam auf das Holz des Tisches, um mir die Speisen zu betrachten und lieber nachzudenken, als sie zu genießen. Neben mir schmatzte es und ich blickte kurz zu Merry, erfreute mich an seiner Heiterkeit und erkannte seine Stärke an, die Sorge um Pippin nicht zu zeigen. Stets waren sie zu zweit gewesen und nun, da man ihn einsam sah, schien gar mehr zu fehlen, als ein einziger Hobbit. Ich wandte mich der Tafel zu, senkte etwas den Kopf und blinzelte. Gimli, der tollkühne Zwerg und energische Zeitgenosse. Merry, der kleine Mann, der doch viel mehr war, als nur das. Und Aragorn, der zurückgezogene und stille Krieger, der nicht nur gegen Feinde einen Kampf führte, viel zu oft auch einen gegen sich selbst... Und ich. Wir vier, so hoffte ich, würden lange noch denselben Weg beschreiten, uns gegenseitige Stärke schenken, unseren Zusammenhalt festigen, war er doch zu so vielen unserer Gefährten zerbrochen. Boromir, der viel zu früh den Pfeilen erlag... in sich selbst die Schwäche fand und sich zwingen ließ, den finstren Verführungen zu erliegen. Frodo, der den sichersten Weg in der Einsamkeit und Fremde zu finden glaubte. Sam, sein einziger Begleiter auf der düstren Reise und gleichermaßen die einzige Verteidigung neben Frodos eigenem Schwert... Gandalf, der fortritt, das zu tun, was so dringlich von Nöten war. Und Pippin, der seinem Freund durch die eigene unvorsichtige Neugierde entrissen wurde. Nun waren es nur noch vier von den einstmaligen acht. Ein dünner Splitter der einst so entschlossenen und starken Gruppe. ... und ich betrachtete es mit Grauen, auch nur einen weiteren von ihnen zu verlieren. Langsam streckte ich die Hand nach einer Schale aus, zupfte eine Traube vom Stengel und bewegte sie sinnierend zwischen Daumen und Zeigefinger. Je mehr gingen, desto mehr mussten die Zurückbleibenden kämpfen... Abwesend hob ich die Traube zum Mund und neben mir hielt der Zwerg in jeglichen Bewegungen inne. "Hoarr!" Rief er und riss mich aus den Gedanken. Beirrt ließ ich die Traube sinken und der Wein rann ihm aus dem Mundwinkel hinab in den Bart. "Würde ich dich nicht kennen, würde ich denken, unter Illusionen zu leiden! Seht euch das an! Eine Traube! Eine Traube macht doch keinen Mann aus dir!" Verdutzt betrachtete ich sie mir, verzog die Miene und der Mann, der neben mir saß, schlug mir lachend gegen die Schulter, bettete die Hand grob auf ihr und zog mich etwas zu sich. Ich fühlte mich etwas überfordert... Auch Merry begann leise zu lachen und der Zwerg brüllte. "Würdest du den Schlaf kennen, so würde ich dich füttern, während du dich ihm hingäbst!" Rief er und der Mann rüttelte lachend an mir. "Was ist das für ein Krieger, für den ein kräftiger Windstoß eine größere Gefahr darstellt, als die Klinge eines Feindes?!" Er schlug sich gegen den Bauch und die Traube entglitt meine Fingern, als jener Mann erneut zuschlug und daraufhin endlich von mir abließ. Etwas zerzaust und noch immer irritiert, richtete ich mich auf, suchte kurz nach der Traube und runzelte die Stirn. "Mein blonder Elbenfreund!" Fuhr Gimli mit einem erstaunlichen Durchhaltevermögen fort. "Deine Art erfüllt mich mit Erstaunen! Ihr seid die Ältesten, doch wie hieltet ihr euch an der Existenz? Und was bist du uns für eine Hilfe, wenn du auf dem Schlachtfeld verhungerst?!" "Und was bist du für ein Zwerg, wenn du nach neun Krügen das Bewußtsein verlierst?" Antwortete ich ruhig und Gimli verschluckte sich am schmackhaften Braten. Mit erschütterten Augen starrte er mich an, spürte rasch Merrys Aufmerksamkeit und die amüsierten, teils wissenden Blicke der Männer. Ich tastete nach einer neuen Traube und nachdem ein lautes Räuspern ertönt war, grabschte der Zwerg nach seinem Braten und machte sich eilig daran, sich mit ihm zu beschäftigen. Ich vernahm sein unverständliches Brummen und das belustigte Raunen der Männer, welches durch die Reihen zog, jedoch rasch von einer lauten Stimme übertönt wurde. "Krieg!" Rief ein junger Mann, der eiligen Schrittes die Halle betrat und sofortige Aufmerksamkeit erhielt. "Ein erneuter Krieg wird kommen!" Geschwind verstummte auch das leiseste Raunen und einjedes Augenmerk richtete sich auf ihn. Auch ich drehte mich auf der Bank. "Wir ziehen nach Minas Tirith, alte Bündnisse zu festigen! Es ruft um Hilfe und es ist des Königs Befehl, diese mit allen Kräften zu leisen! Stärkt euch nur nach gröbsten Nöten! Im Dunharg sollen sich jegliche Streitkräfte sammeln, noch ehe der zweite Tag vergangen ist!" Er keuchte gepackt von Aufregung und die Männer wechselten flüchtige Blicke. Zu schnell kam dieser weitere Krieg, zu geschwind und gnadenlos, hatten sie doch soeben erst den Letzten hinter sich gelassen. "Am dritten Tag ziehen wir nach Minas Tirith!" Somit wandte er sich ab, weiterzuziehen und die Nachricht zu verkünden. Auch ich begann die Gesichter zu studieren und ohne auch nur ein Wort des Zweifels und des Leides, wandten sich die Männer mit festen Haltungen ihren Tellern zu, aßen einen weiteren Bissen und erhoben sich von den Bänken. Bereitwillig und mit Stolz zeigend, dass noch immer Kraft und Entschlossenheit in ihnen herrschte, verließen sie nacheinander die Halle, die letzten Vorkehrungen zu treffen und dem Befehl ihres Königs so rasch wie nur irgend möglich, zu folgen. Schweigend sah ich ihnen nach und der Zwerg brummte. "Dass Gandalf und Pippin uns verließen, bringt uns nun Erfolg." Flüsterte Merry mit leiser Stimme und deutlich gemischten Gefühlen. "Minas Tirith wird also die Verstärkung erhalten, auf die es angewiesen ist. Es ist also geglückt." Er nickte sich selbst zu und beugte sich über seinen Teller, um zu essen. Stumm sah ich auch ihn an und nun saßen wir alleine hier. "Welch eine tödliche Macht muss gegen sie stehen, dass die goldene Stadt dem Untergang sicher wäre, würde es an Verstärkung fehlen." Meldete sich auch der Zwerg zu Wort und starrte nachdenklich auf seinen Teller. "Und zu was wird der Feind noch imstande sein, wenn wir ihm, verlassen von jeglichen Kräften und ohne Verstärkung, gegenüberstehen?" Ich holte tief Atem und war doch nur zu Schweigen imstande. "Falls dem so sein sollte...", raunte Gimli, "... wozu wir erst die nächste Schlacht überleben müssen. Sie wird gewaltig sein und doch steht uns schlimmeres bevor, das uns die Freude, das Leben auch weiterhin genießen zu können, nehmen wird." Wir alle hatten mit uns selbst zu kämpfen, als wir uns daraufhin trennten, unsere eigenen Wege beschritten... und einer war so düster und voller Zweifel, wie der andere. Langsamen Schrittes begab ich mich hinaus in die Finsternis der Nacht, stieg hinauf die Felsen des Berges und ging sie gedankenlos ab. Ich fühlte mich nicht, als stünde mir das Ende bevor. Durch den Krieg... durch den Tod, der die Unsterblichkeit unwichtig erscheinen ließ. Sterben würden wir alle in diesem Krieg, den jeder fürchtete... und in den sich einjeder dennoch stürzen würde, die Angst hinausschreiend, stolz dem Ende entgegen. Nein... für mich war es ein weiterer Krieg, ein weiteres Erwehren der Übermacht, die uns gegenüberstand und so manchem die Hoffnung nahm. Doch empfand ich tiefes Mitgefühl und Verständnis für die, die Furcht verspürten und mit Anerkennung stand in denen gegenüber, die sie nicht zeigten. All diese Tatsachen schienen so offensichtlich zu lauern und doch kreisten meine Gedanken um andere Dinge, als ich mich im schwarzen Schatten eines Felsen niederkauerte, mich auf den rauen Boden setzte und mit schweifendem Blick auf das Meer aus weißen Simbelmynen schaute. Sie leuchteten sogar in der Nacht, fanden im Licht des Mondes genügend Kraft, um sich zu entfalten und ich vertiefte mich in diesen Anblick. Der Mond... der doch die Dunkelheit symbolisierte und dennoch Unauffälligkeiten hervorhob, deutlich machte. Wie sehr wünschte ich, mit dem letzten Bund des Widerstandes würde es genau so sein... Nicht siegend und dennoch auffallend und der Erinnerung würdig. Ich wandte den Blick ab, senkte die Lider und verharrte reglos. Es waren andere Ängste, die sich in mir regten. Andere... die dennoch fest mit dem Krieg verbunden waren. Die Furcht, die ich kannte... die ich nun aus einem anderen Blickwinkel sah und die dennoch dieselbe zu sein schien. Aus dem Leben zu scheiden und Ungereimtheiten zurückzulassen. Zu gehen, ohne zu erklären... ... ohne sich zu verbünden zum letzten Kampf... ... und einsam zu sterben. Die Distanz zu Aragorn, die ich selbst aufgebaut hatte, schmerzte... und in wenigen Augenblicken sehnte ich mich, ihn bei mir zu haben... sofort in diesem Augenblick, um ihm sagen zu können, was ich nicht wusste... ... um Gefühle auszudrücken, die ich selbst nicht kannte... ... um mit ihm sprechen zu wollen und dennoch dem Schweigen zu verfallen. Könnte man Differenzen so tilgen, ginge es mir besser und obgleich ich mir der Realität bewusst war, obgleich ich mich zurückzog, um Worte zu finden... ... jetzt nur für mich und irgendwann auch für ihn... Ich wusste, dass sich seine Sorge, dass sich meine Sorge, nicht durch Worte abschwächen würde. Und ich blieb sitzen, die ganze Nacht, mich sehnend und doch untätig. Ich betrachtete mir die Blumen, blickte auch auf und sah zum Horizont, der weit entfernt, rot glänzte, als würden Flammen ihn verschlingen. Und gab meine Gedanken preis, schenkte ihm mein Sinnieren, schenkte ihm mein Hoffen und meine Sorge... Die Nacht schien unendlich in ihrer Zeit zu sein und gereichte mir zum Vorteil, schenkte mir Gelegenheit, an Dinge zu denken, mit denen ich mich lange nicht befassen konnte. Und als die Nacht einen Teil ihrer düstren Finsternis verlor und das Kommen des Tages verriet, erhob ich mich von meinem Platz und stieg hinauf zum steinernen Gebäude. Viel musste ich tun, um diesem neuen Krieg vorbereitet zu begegnen, viel Aufmerksamkeit musste ich ihm schenken und umso weniger Zweifel. Und mit dem ersten Licht des Tages, schloss ich mit der Nacht und ihren Tücken ab, entfernte mich von ihr und wollte mich zum Aufbruch bereit machen. Zielstrebig waren meine Schritte, fest auch die Entschlossenheit, die ich mir aufzwang. Und ich war nicht der einzige, der sich zum Dunharg begeben würde. Schon vor Einbruch der Nacht waren viele losgezogen und ebenso viele sattelten nun auch ihre Pferde, rüsteten sie aus, trafen Vorkehrungen und nahmen Abschied. Ich blickte mich um, als ich den Weg betrat und nahe an der Halle des Königs vorbeizog. Ich wollte nicht länger als nötig hier verweilen und dennoch wurde ich aufgehalten. Ein Gefolge aus den stärksten und treuesten Männern hinter sich, schritt der König die Stufen hinab und hätte er mich nicht lange angesehen, wäre er nicht gar stehen geblieben, wäre ein flüchtiger Blick das einzige gewesen, mit dem ich ihm begegnet wäre. Doch blieben seine Augen auf mich gerichtet und ich hielt inne, als er es ebenso tat. Er war stattlich, von stolzer Haltung und einer Miene, die nichts anderes sein konnte, als königlich. Gutmütigkeit erkannte ich in seinen ernsten Augen, als ich seinen Blick erwiderte und Festigkeit lag in der Handgeste, mit der er seine Männer bat, vorzugehen. Er war König... jedoch nicht meiner, weshalb ich mich, ohne Reue zu verspüren, nicht der übertriebenen Höflichkeit bediente, ihm auch nicht entgegenkam, als er sich mir näherte, mich einer kurzen, jedoch genaueren Musterung unterzog und schweigend in sich hinein nickte. Unten vom Hof drangen laute Befehle an meine Ohren und ich wandte den Blick ab, sah das Getummel aus Reitern, die sich formierend drängten, die Frauen und Kinder, die am Wegesrand standen, sich bangend an den Händen hielten und zu den Kriegern aufblickten... zu ihren Vätern... ihren Söhnen... ihren Gemahlen. Ich hörte einen tiefen Atemzug. "Ihr reitet mit uns?" Abwartend sah er mich an, hielt den Blickkontakt aufrecht und es schien, als wolle er sich nicht mit meiner äußeren Hülle zufrieden geben, als wolle er tiefer gehen. Doch ich brachte mich schnell zu einem Nicken, welches ihm die Antwort gab, die er brauchte. Und er erwiderte die Geste, senkte kurz die Lider und schweifte zu der Menge ab. "Ich kann es nicht von Euch verlangen." Sagte er. "Euer Volk nahm seit jeher an diesem Krieg teil und tat es nun wieder, ohne sich vor Verlusten zu scheuen. Und diese kamen zahlreich, zerstörend und gnadenlos. In der letzten Schlacht fielen alle von denen, die uns zur Hilfe eilten, so aufrichtig und bereitwillig, obgleich sie selbst in ihrer Zahl geschwächt und mittellos sind." Wieder kreuzten sich unsere Blicke und war er doch soeben kurz in sich zusammengesunken, stand er nun wieder stolz vor mir und studierte mich ernst. "Was treibt Euch in diese Schlacht?" Ich blinzelte, versuchte in seinen Augen zu lesen, auf den Grund zu stoßen, weshalb er mir diese Frage stellte, konnte er sich doch ebenso an den Zwerg oder den Hobbit wenden, die unter den Menschen nicht weniger auffielen, als ich. Doch trotz der Suche, war ich mir der Antwort bewusst und ich gab sie ihm. "Ein Bündnis, welches ich mit niemand anderem, als mit mir selbst schloss." Einen kurzen Moment schwieg er nachdenklich, bewegte stumm die Lippen und beließ es bei einem weiteren Nicken, als er sich abwandte und seinen Weg gemächlich fortsetzte. Auch ich tat dies und ohne mich länger mit diesem Ort zu beschäftigen, schwang ich mich auf den Hengst, der mir vorgeführt wurde, gezügelt mit robusten Halfter und schwerem Sattel, den Leib vor tödlichen Klingen geschützt durch eine leichte Panzerung. Diesmal jedoch, nahm ich mir einen Augenblick, um nach meinen Gefährten zu suchen. Ich hielt den Hengst zurück, fasste die Zügel kurz und blickte um mich, während er aufgeregt zu tänzeln begann. Kurz glaubte ich, Gimli in der Menge zu sehen. Bereit zu kämpfen, jedoch beinahe daran scheiternd, auf das Pferd zu kommen. Auch Merry erspähte ich, wie er sich, gekleidet in eine leichte Rüstung, durch die Menge schlängelte. Doch hielt mich nicht lange bei ihnen auf... ... suchten meine Augen doch nach einem ganz anderen. Das Gedränge um mich herum wurde größer und ich eilig drehte ich mich um und schaute in die andere Richtung. Schnaufend galoppierte der Streithengst des Königs an der Menge vorbei, auf dem Weg zur Spitze, um das Heer anzuführen. Und schnell setzte es sich in Bewegung und ich sah mich dazu gezwungen, mich einzureihen, mich loszureissen von meinem hoffnungslosen Suchen und nach vorn zu schauen. In einem geschwinden Tempo galoppierte das letzte Aufgebot also durch das Tor, hinaus aus Edoras... hinaus auf die Steppe. Es war kein langer Weg zum Dunharg. Nur wenige Stunden würden mir benötigen, um unser Ziel zu erreichen und hoffentlich wartete dort keine Enttäuschung auf uns. Wir brauchten mehr... wir brauchten viel mehr Stärke, um überhaupt erst eine Gefahr darzustellen. Aragorn: Ich gab mein bestmöglichstes, den König bei seinen Vorbereitungen zu unterstützen, nahm Befehle zur Überbringung verschiedener Nachrichten an, ließ Männer in die Hallen und Häuser stürmen und eilte selbst umher. Gerade eben war ich noch dem arglosen Gefühl der Ruhe gefolgt, nun war Hast der einzige Gedanke, den ich zu hegen vermochte. Ich stieg zu der Waffenkammer hinab, zog mein Schwert und nutzte dort die großen, runden Schleifsteine. Handliches Werkzeug, das Zeit gewinnen ließ, die uns nun durch die Finger gleiten wollte. Nach wenigen Bewegungen besah ich mir die Klinge. Ich stellte fest, dass ihr Nutzen sehr bald schon ausgedient hatte und befürchtete, dass sie schartig werden würde. Doch ich musste mit ihr Vorlieb nehmen, hatte seit jeher mit ihr gekämpft und schätzte es selbst in geringem Glauben, dass ich sie noch lange benötigen würde. Wie viele würden kommen, selbst, wenn der König selbst nach ihnen rufen ließ? Uns würde ein Heer gegenüberstehen, das nur mit großer Anzahl und viel Stärke besiegt werden konnte. Ja, selbst mit dieser Stärke waren die Aussichten auf einen Sieg gering... Nur nicht hoffnungslos und so lang dies so sein würde, so lange würde ich nach vorn blicken. Das Schwert kehrte in die Scheide zurück, ich blickte mich um und nahm mir einen Köcher und füllte ihn mit wenigen Pfeilen. In Dunharg müsste ich mir mehr beschaffen, konnte hier nicht den Kriegern ihre Waffen nehmen. Rasch füllte sich der Raum... die Männer machten sich bereit und es wunderte mich nicht. Sie selbst mussten sich nun einer Schlacht stellen, die mit der um die Klamm nicht mehr zu vergleichen war. Es würde ein Ende kommen und sie befürchteten, es wäre das ihrige. Ich sah es in ihren Augen, obgleich ihre Mienen eisern und fest blieben. Geschwind kehrte ich wieder an die frische Luft, überquerte unbeirrt den Hof und kehrte zu den Stufen zurück, an denen ich zuvor gesessen hatte, um dort meinen Bogen zu holen, den ich ebenso achtlos, wie die Pfeife liegen gelassen hatte, als ich die Feuer erkannte. Bis zur weißen Stadt würden so einige Tagesmärsche kommen, selbst von Dunharg aus, dass dafür umso näher bei uns war. Eine leise Ahnung ließ mich kurz inne halten und ich rannte zurück zu der Halle des Königs, um ihn dort aufzusuchen. Wenn sich ein Heer nun von hier bewegte, würde es die Aufmerksamkeit auf die Späher des Dunklen Herrschers lenken und ihn schneller informieren, als uns lieb war. Zu schnell würde man erkennen, dass Edoras nun unbewacht sein würde und zu schnell würden Orks und Gesindel hierhin zurückfinden, selbst, wenn die Schlacht für den Feind ungünstig ausfiel. Ich trat erneut in die Halle und sogleich kam mir der König entgegen. "Ein Drittel meiner Männer wird in wenigen Stunden bereit sein." Wissend nickte ich und trat von einem Bein auf das Andere. Nicht der bevorstehende Krieg forderte diese Ungeduld in mir... die Angst, durch jede Sekunde, die wir hier in Reden und Klügeleien verbrachten, eine Sekunde als Hilfe zu versäumen war es, die mich dazu trieb. "Reitet voraus mit ihnen, Herr Aragorn. Gebt Anweisungen, die uns die Vorbereitung zur Schlacht erleichtern." Für einen Moment atmete ich tief ein und biss mir auf die Unterlippe, ehe ich erneut nickte. Wenn wir die Nacht durchritten, würden wir noch ehe die Sonne aufging, Dunharg erreichen und alles ins Rollen bringen. Nicht übereilt, sondern gewappnet. Ich hob den Kopf und zeigte den Stolz, den ich nun ganz offen preisgab, ernst und unverfälscht, wie ich mich vor langer Zeit fühlte, als ich ein Licht darstellte und Hoffnung brachte. "Das werde ich." Damit wandte ich mich ab und verließ die Halle ebenso dringlich, wie ich sie betreten hatte. Mein Weg führte mich weiter zu den Ställen. Ich betrat den einen und ging strikt auf die Box Brégos zu, der unruhig war. Auch er spürte, was nun vonstatten ging... und ich glaubte zu wissen, dass ihn die Furcht vor einen weiteren Krieg zu schaffen machte. Vorsichtig ging ich auf ihn zu, hob ruhig und sorgsam die Hand, den Blick auf ihn gerichtet, doch nicht starr oder abwartend. Ich wollte ihn keine Reise aufzwingen, die er nicht bestreiten wollte. "Man bedim len, Brégo?" (Welchen Weg gehen wir, Brégo?) Leise fragte ich ihn dies und er wich anfänglich vor meiner Hand zurück, doch sein Atem wurde ruhiger und gar leise, als ob er mir intensiv lauschen würde. Sanft legte ich die Hand auf seinen Nüstern und begann ihn beruhigend zu kraulen. "Nin govedich...?" (Begleitest du mich?") Ich legte die Stirn in Falten als ich ihn ansah, legte den Kopf etwas seitlich und wanderte mit der Hand zu seinem Hals hinab. Ich konnte nicht versprechen, dass ihm nichts geschah, konnte ihn nicht Glauben machen, dass alles gut werden würde. Doch lieber hatte ich ihn an meiner Seite, als einen Fremden. Ja, auch wenn ich ihn nicht so recht verstand, wie Legolas es mit seinem Ross konnte, so war Brégo mir ebenso teuer, wie ein Freund. Einige Zeit stand ich bei ihm und streichelte ihn, trat jedoch nicht in die Kammer, aus der Ahnung, ihm gar doch die Bürde des Zwanges aufzusetzen. Doch dann hörte ich die Rufe der Männer und ihre gegenseitige Kontrolle über ihre Waffen und Bereitschaft. Kurz sah ich nach draußen, beobachtete auch noch die wenigen Männer, die ihre Pferde holten und mir, ehe sie den Stall wieder verließen, einen abwartenden Blick zuwarfen. Ich drehte mich wieder zu Brégo, begutachtete ihn ein weiteres mal und ließ dann die Hand sinken. "Tollen i lû." (Es ist Zeit.) Matt tat ich einen Schritt vor den Anderen, trat um die sichere Tür herum und öffnete sie weit. In diesem Moment wich der Hengst erneut einen Schritt zurück und ich schluckte schwer, ehe ich aufblickte. "Nin govedich?" (Begleitest du mich?) Wiederholte ich die Frage noch einmal und doch zeigte er einfach keine Regung. Seine Angst war zu groß, glaubte ich und ich nickte, wandte den Blick ab und spürte sofort diese Trauer, die sich in mir breit machte. "Bedin len." (Ich gehe den Weg.) Ich lächelte kläglich und schritt voran, ließ die Tür offen, damit er seinen Weg gehen konnte, wenn es ihm danach verlangte. "I naur í- rhûn 'wanatha." (Das Feuer des Ostens wird vergehen.) Nur gehaucht konnte ich diese Worte sprechen... sollten sie mir doch wieder Mut entgegenbringen, doch fühlte ich mich wieder allein. Verlassen vielleicht, aber ich wollte dem, der rechtes daran tat, dem Krieg fernzubleiben, keinen Vorwurf aussprechen. Träge machte ich mich zum Ausgang auf und hoffte, dass man mir ein Ross anvertrauen würde... aber es würde anders sein, da ich nie zuvor ein Pferd sah, dass die Gefahr so früh erkannte... ehe man sie im Winde und auf der Erde spüren konnte. Ein Trauerspiel. Doch kam ich plötzlich bei all diesen trübsinnigen Zweifeln zum straucheln und wäre in meiner Unaufmerksamkeit beinah zu Boden gegangen, da man mich beinah schon boshaft nach vorn stieß. Verwirrt drehte ich mich um, als ich doch zur richtigen Zeit mein Gleichgewicht gefunden hatte und erblickte das Pferd mit einem Male direkt hinter mir. Als hätte er zu alten Mut, zur alten Stärke wiedergefunden, wieherte er annähernd vergnügt und ich konnte nur noch den Kopf schütteln und breit grinsen. "Ah, Brégo... Ðin nama is tanc, mellon nîn." (Dein Name ist stark, mein Freund.) Erfüllt von einer regen Dankbarkeit, kraulte ich ihn am Kinn und zog ihn dann mit mir hinaus. Ja sie warteten... auf mich und den Beginn der nächsten Reise, die Männer Rohans. Doch glaubte ich meinen Augen flüchtig nicht zu trauen, als ich ein grauweißes Pferd erblickte, vor dem die blonde Maid stand und es gerade sattelte. Ich ging zu ihr, zog Brégo mit mir und blieb neben ihr stehen, verwundert und fragend. "Reitet Ihr mit uns?" Sie erschrak und drehte sich zu mir um, erst bestürzt, aber dann lächelnd und die Hand auf die Brust legend. Schnell gewann sie ihre Fassung zurück, räusperte sich leise und nickte. "Nur bis zum Feldlager. Es ist Brauch, dass die Frauen am Hofe die Männer verabschieden." Erwiderte sie nun ruhig und ihre Miene wurde wieder etwas ernster, während sie ihrem Pferd das Geschirr anlegte. Skepsis breitete sich in meinem Gesicht aus und in dem Moment, in dem sie beschäftigt war, hob ich die Decke unter dem Sattel an und entdeckte das, was ich vermutete: Ein Schwert. Schnell bemerkte sie meinen Frevel und deckte es wieder ab, mich ernst und eindringlich anblickend. Was ging nur in einer solchen Frau vor, wenn sie sich für eine Schlacht bereitmachte, die nicht für sie bestimmt war? "Die Männer haben ihren Heerführer gefunden. Sie werden Euch in die Schlacht folgen, selbst in den Tod. Ihr schenktet uns Hoffnung." Nun... die Falsche, dachte ich mir und erwiderte ihren Blick ausdruckslos und nur mit einem Hauch von Mahnung. Ich konnte auch ihr nicht verbieten, uns zu folgen, würde sie es dennoch tun, selbst wenn ich einen Widerspruch einlegte. Ein sturer Kopf... ja, das war sie... und da war sie nicht allein. Wortlos wandte ich mich ab und führte die Männer an. Ich hob nur die Hand und sie folgten mir, leise und bedächtig, um die Menschen, die in der Zeit unserer Vorbereitung wieder zur Ruhe finden wollten, nicht daran zu hindern. All die Anderen würden am nächsten Tage weiterziehen und wir sollten ihnen diesen Schlaf gönnen und die Kinder nicht aus ihren Träumen reißen. Erst als wir das Tor erreichten, stieg ich auf und ersuchte die wachen Blicke der Krieger, die sich fest auf den meinen konzentrierten. "Wir reiten die Nacht durch. In Dunharg könnt ihr zur Ruhe finden, doch bis dahin, seid wachsam!" Ich würde Éowyn beweisen, dass ihr Wunsch zu kämpfen, vergeblich war, auch wenn ich ihr ein Geschick an Schwertlenkung und Beherrschung zusprechen konnte. Noch nie hatte sie getötet und es wäre bekümmernd, würde sie nun ihre Hände mit Blut besudeln. Ich gab Brégo die Sporen und er bewies seine Schnelligkeit in wenigen Sekunden. Angespornt durch den Enthusiasmus, den ich den Menschen aus Rohan zeigen wollte, hielten die Männer soweit es ihre Reittiere erlaubten mit und ich stellte fest, dass die Nacht so rasch an uns vorbeizog, wie ich es mir nicht vorgestellt hätte. Und nicht nur der Mond zog über die weite Steppe dem Horizont entgegen, auch die Dunkelheit verließ uns nach und nach. Ich sah mich um, als die ersten Sonnenstrahlen nach Wegstunden das Land zu erleuchten begannen und fühlte mich, als würde das Weiße Gebirge an uns vorbeiziehen, ohne dass wir in jener Schnelligkeit ritten und nur der Wind uns trieb. Ja, der frische Wind des Morgens lag uns im Rücken und ließ uns geschwind die Pforte Rohans passieren... die Sonne hatte sich nicht einmal zu ihrer halben Schönheit offenbart, da erreichten wir bereits das Ende der Gebirgskette und damit Dunharg. Kaum, dass man uns bemerkte, sah man uns schon und Éowyn, die zu meiner Verblüffung nicht zurückgefallen war, in einer Nacht, in der Schlaf nicht von Bedeutung war, ritt sie an meiner Seite. Ihr Antlitz war den Kriegern bekannt und sogleich verneigte man sich vor ihr, als wir an den Wachposten vorbei trabten. Ich bemühte mich keinen Gedanken daran zu verschwenden, weswegen sie hier sie bekannt war und wie viele Kämpfe sie möglicherweise doch bestritten hatte und stieg von Brégo ab und überließ ihn dankend einem der hurtigen Burschen. Viele Zelte waren bereits aufgeschlagen, viele an dem weiten Hügel, auf dem ich mich befand und als ich zum Tale hinabblickte, noch zahlreiche mehr. Ein älterer Mann kam zu mir, stattlich und kampferprobt sah er aus und er nannte mir seinen Namen und dass er von Gamling verständigt worden war. "Grimbolt, sagt mir, wie viele es sind. Erzählt mir alles!" Er nickte eilig und wandte sich ab, lief eilends los und ich folgte ihm. Während die Männer, die mit mir geritten waren, von ihrem Ritt zur Ruhe fanden, durchquerte ich die Lager, ließ mir berichten, welche Zeltreihe zu welchem Orte gehörten und erkundigte mich über die Lage der Weißen Stadt. Doch von ihr waren keine Boten gekommen.. vielleicht hatten sie es aber auch nicht geschafft. Der Tag erreichte schnell und hastig die späte Stunde und fand zur Nachmittagszeit, als würde die Sonne ihr Bestes geben, um hinter dem Horizont verschwinden zu dürfen, als ein Horn ertönte und man auf weitere Reiter aufmerksam gemacht wurde. Der König selbst war es und ich lief auf ihn zu, ermattet und ermüdet. Seine Miene war ernst und erschüttert, sofort nachdem er einen Blick über die Lager geworfen hatte und ich wusste warum, hatte ich mich doch selbst vergewissert, wie viele wir nun waren. "Herr Aragorn! Wie viele?" In schnellen Schritten folgte ich seinem Pferd an der Spitze, soweit es mir meine Kräfte erlaubten. "Ungefähr fünfhundert Männer aus der Westfold! Und weitere dreihundert aus der Fennmark!" Er nickte, unzufrieden aber bedächtig. "Wo sind die Reiter vom Schneeborn?" Ich holte tief Luft und schüttelte dann den Kopf. "Es sind keine eingetroffen, Herr!" Er hob die Augenbrauen und blickte sich dann kurz an, ehe er sein Pferd zum Galopp anspornte und sich aufmachte. Ich hatte es bereits geschätzt... hatte den Tag damit verbracht, nachzuprüfen, wie viele wir waren und wie viele nach Grimbolts Worten wohl noch zu uns stoßen würden. Sechstausend... Sechstausend würden nicht genug sein, um die Linien Mordors zu durchbrechen. Die Männer, die dem König folgten, ritten geschwind an mir vorbei und ich wandte mich ab und schlug einen anderen Weg ein. Mein Weg sollte in dem Zelt enden, das mir überlassen wurde. Meine Kräfte hatten mich sehr schnell verlassen, so hatte ich es im Gefühl und ich trottete an den eifrigen Männern vorbei. Direkt an dem Gebirge hatten sie sich niedergelassen... hier konnte man bedächtig zum Schlafe finden, da diese Kette uns allerlei Schutz bot... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)