Schwarz und Weiß von Dystopia (Bad Dreams) ================================================================================ Kapitel 1: Erwachen ------------------- "Fantastisch...einfach, wunderschön..." Die Stimme Seto Kaibas war zu einem ehrfürchtigen Flüstern geworden, als er die verkabelte, schlafende Gestalt betrachtete, welche in einer riesigen Glasröhre gefangen, wie gekreuzigt, über ihm hing. Verstohlen huschten einzelne Luftblasen die glatte, braune Haut hinauf und das Nährwasser bildete schemenhafte Schatten auf der zerbrechlichen Gestalt. "Wie lange wird es noch dauern bis er erwacht?", fragte Seto aufgebracht, während er mit verschränkten Armen vor dem Leiter der Wissenschaftsabteilung stand und ihn voller Erwartung musterte. "Nicht mehr lange. Sein physischer Kortex ist, wie Sie sehen, bereits komplett erstellt. Wir beginnen in wenigen Sekunden damit, alle bekannten Ereignisse und gedanklichen Erfahrungen des Originals in sein neurales Netzwerk zu kopieren." Seto biss sich erregt auf die Unterlippe, während er mit einer Hand über das kalte, glatte Glas strich. "Sehr gut... wird er danach erwachen?" "Noch nicht gleich, wir müssen noch die Tattoowierungen einbrennen um die äußerliche Erscheinung eins-zu-eins zu erstellen." Er stockte. "So wie sie es wollten, Mr. Kaiba." "Ganz recht. Er soll perfekt sein, wie sein Original. Eine genaue Kopie. Und dafür ist es notwendig ihm einige Schmerzen ein zweites Mal zuzufügen, wenn nicht vermeidbar." Der Wissenschaftsleiter nickte stumm und betätigte einen grünen Knopf, worauf ein Generator summend ansprang und einige Greifarme in das Nährwasser hinab gelassen wurden. "Er schläft noch. Er sollte von der Prozedur nichts merken." Ein Zucken durchlief den makellosen Körper und winzige Funken liefen durchsichtige Glasfaserkabel entlang, welche an den Schläfen des Klons angebracht worden waren. "Wir werden gleichzeitig mit dem Transfer der Gedanken beginnen. Dann sind wir schneller fertig." In dem Moment stürmte Roland zum durchsichtigen Eingang des Labors und begann heftig mit dem eingeteilten Wachmann zu streiten. Seto drehte sich verärgert um und winkte dem Wachmann zu, worauf dieser Roland vorbeiließ und ihm die großen Glastüren öffnete. Sie stoben mit einem lauten Zischen auseinander und Roland betrat gehetzt den Vorraum. "Mr. Kaiba, da ist Besuch für sie." "Wer denn?", schnaubte Seto und drehte sich sichtlich genervt zu einem der riesigen Bildschirme um, welche die Wände des Labors ausfüllten. Die aufgelisteten Formeln und Videobilder des Klons verschwanden und der Bildschirm wurde hell. Setos Magen verkrampfte sich. "Was kann ich für dich tun, Yami?" Er schaute mürrisch auf den Ägypter, welcher gerade vermutlich vor dem Gebäude stand und sich in seiner mürben Art Respekt verschaffte. "Hör auf. Was immer du da tust Seto, hör auf." Seto erwiderte Yamimariks Blick fassungslos und ignorierte ein plötzlich auftretendes Piepen irgendwo im Raum. "Womit soll ich bitte aufhören? Wer hat dich in das Gebäude gelassen? Geh oder ich lasse dich entfernen!" Der Ägypter verzog das Gesicht zu einem hässlichen Grinsen. "Drohst du mir? Wie wäre es wenn ich zu dir herein komme und dir zeige was ich von deiner angeberischen Art halte?" Setos Herz hüpfte nervös auf und ab und er hatte plötzlich das innige Bedürfnis sich hinter einem der riesigen Computer zu verstecken. Er hielt jedoch Yamis kalten, grausamen Augen stand und ging einen Schritt auf den Monitor zu. "Was willst du?" Zu Setos Erstaunen wurde der Ägypter ernst. "Ich weis, was du vorhast. Nicht genau wie du es fertig bringen willst, aber das wird nach deinem Erfolg sowieso egal sein." Seto blinzelte irritiert. "Was ich tue und lasse, ist immer noch meine Angelegenheit!" "Wenn du das was du vorhast in die Tat umsetzt, wird es dir schlechter ergehen, als du ahnst." Seto stockte. "Wovon redest du überhaupt?" Yami beugte sich näher in die Kamera und sein bedrohliches Gesicht ließ Seto einen Schritt zurückweichen. "Es gibt ihn nur einmal. Dagegen kannst du nichts ausrichten. Nicht mit deinem Geld und nicht mit deiner scheinheiligen Technik. Hör auf mich." Seto schmunzelte. "Auf dich hören? Was tust du denn den ganzen Tag außer Frauen beglücken? Wie willst du mir etwas beibringen, wenn das einzige was du in deinem Kopf hast die neue Ausgabe des Playboy oder deine nächste Bettgeschichte ist?" Yamis Gesicht verdunkelte sich. "Bist du überhaupt je zur Schule gegangen?" "Was du da tust, ist falsch." "Sagt wer?", fragte Seto in aggressivem Tonfall und wich einem Mitarbeiter aus, welcher mit bestürzter Miene auf die Quelle des Piepens zulief. "Du wirst sehen...", knurrte Yami und Seto sah den Hass welcher sich auf Yamis Gesicht breitmachte. Er fragte sich nervös ob er nicht doch zu weit gegangen war. "Das werde ich dann. Und jetzt lass mich in Ruhe arbeiten." Er wollte Yami den Rücken zukehren und spürte im gleichen Moment das er einen riesigen Fehler begangen hatte. "Ich werde dir nicht helfen, Seto. Egal wie sehr du mich darum anflehst. Ich werde dir nicht helfen." Mit den Worten erlosch Yamis Bild und Seto schaute verwirrt auf den Monitor, welcher automatisch begann aktuelle Daten aufzulisten und sie der Wichtigkeit nach zu ordnen. Er bekam eine Gänsehaut und dachte kurz über die letzten Worte des Ägypters nach, während sein Blick kurz und prägnant über den Bildschirm huschte. Was hatte Yami gemeint? Seine Gedanken kreisten um sein Vorhaben und um die Präsentation eventueller Folgen, welche in einer der letzten Konferenzen ausführlich besprochen wurden. Während er das tat fiel ihm etwas auf und er sog erschrocken die Luft ein. Die Daten spielten verrückt. Als hätte der Computer Setos Gedanken gelesen ertönte in diesem Moment statt des wiederholten Piepsens ein schrilles Alarmsignal und das Licht des Labors wechselte von Blau nach Rot. "Was zum...?!", setzte der Milliardär an, doch seine Stimme versagte als er in Richtung der Konsolen und der darauf aufgebauten Nährwassersäule blickte. Der Klon bewegte sich. Seto kniff die Augen zusammen und redete sich ein, seine Augen hätten ihm einen Streich gespielt, während er mit schnellen Schritten auf den Leiter der Abteilung zumarschierte. "Was ist hier los?!", brüllte er über den Lärm der Sirene hinweg und erschrak beim Anblick der weit aufgerissenen Augen seines Wissenschaftsleiters. "Es,...er...", stammelte dieser und tippte im Wahn auf einer silbrigen Tastatur herum. "Fassen Sie sich, Mann!", befahl Seto und drehte den kleinen Doktor entschlossen zu sich herum. Dieser behielt seinen ängstlichen Blick und fummelte nervös an seinem Kittel herum. "Wir sind gerade dabei die Erinnerungen zu kopieren. Eigentlich sollte er erst in ein paar Stunden aufwachen. Ich..." Seto unterbrach ihn und schrie viel lauter, als es nötig gewesen wäre. "Was soll das heißen? Das er aufwacht?" Seto spürte eine Ahnung in sich aufsteigen, vertrieb den Gedanken jedoch hastig wieder und drehte sich zur gläsernen Säule um. Zwei violette Augen starrten ihn an. Mit einem stummen Schrei auf den Lippen stürzte Seto nach hinten und umfasste einen der kalten Laborstühle, während er entsetz versuchte soviel Raum wie möglich zwischen sich und die Kopie zu bringen. "Mein Gott, was..." Ihm schossen tausende Gründe durch den Kopf, wodurch das frühzeitige Erwachen des Klons hervorgerufen worden war und versuchte seine Angst in kühler Logik zu ertränken. Vor ihm löste sich der Doktor aus seiner Starre und schritt fasziniert einen Schritt auf die Säule zu. Seto fiel auf, dass das einst durchsichtige Wasser der Nährröhre durchzogen von dunkelroten Stellen war, welche aus dem Rücken der Kopie sickerten und sich langsam um sie herum verteilten. Winzige Laserkanonen leuchteten in der trüben Masse und erzeugten ein zischendes Geräusch, wie kochendes Wasser. "Die Wunden!", rief der Wissenschaftsleiter gerade und drehte sich froh über die Erkenntnis zu Seto um, den verwirrten Blick des wachen Klons in seinem Nacken. "Der Schmerz hat ihn geweckt!" Etwas in Seto schrie eine Warnung, doch es passierte zu schnell. Der Arm des Klons brach durch das doppelt geschichtete Glas der Nährröhre und durchbohrte den Brustkorb des Doktors in Höhe der Lungenflügel. Ein entsetztes Röcheln entfuhr dem Mund des Wissenschaftsleiters und er schaute ungläubig auf den Krallenbesetzen Arm hinab, welcher sich blitzschnell zurückzog um ihm den Kopf von der Schulter zu reißen. Setos Gedanken überschlugen sich und er schaute wie paralysiert auf die immer größer werdende Blutlache, welche sich sprudelnd aus dem Hals des Doktors auf den blanken Boden ergoss. Sein Blick wanderte vom zuckenden Leichnam auf den Klon im innern der Röhre, welche nur noch zu Hälfte mit Wasser gefüllt war, und erkannte, dass der Klon bereits dabei war sich seiner Verkablung zu entledigen. Hektisch drehte er sich um die eigene Achse um einen klaren Gedanken zu fassen und sah, das er der einzig verbliebene im Raum war. Das restliche Personal hatte die Vorschriften befolgt und sich nach Auslösen des Alarms selbst evakuiert. Plötzlich krachte die Nährröhre auseinander und Seto duckte sich unter einem Hagel aus Glassplittern, welche sich scharf und in vollem Tempo hinter ihm in die die Wand bohrten. Keuchend presste er sich auf den Boden und fühlte einen brennenden Schmerz oberhalb seines Ellbogens. "Ver...dammt!", fluchte er und wankte in Richtung des Ausgangs, während sich sein Mantel rot färbte und sein Blut sich mit den Splittern am Boden vermischte. Was war schief gegangen? Immer wieder dachte er darüber nach und über jenen schrecklichen Mord, welchen das Original des Klons nie von sich aus getan hätte. Er hatte ihn als perfektes Wesen erschaffen wollen, nicht als Mörder. Ein Schatten fiel über ihn und Seto versteinerte. Er atmete nicht einmal und starrte auf die Tür vor sich, welche er mit ein paar Schritten vielleicht erreicht hätte, während er bereits damit abschloss in seinem Labor zu sterben. Ein Seufzen. Dann eine warme Hand, welche sich auf Setos Schulter legte und Seto wurde herumgedreht, sodass er in das Gesicht des Klons schauen konnte. Er erschauderte. Es war Mariks Gesicht. So makellos kindlich und doch erwachsen, wie Seto es in vielen seiner Träume gesehen hatte und doch verschieden, da es zur einen Hälfte mit Blut, zur anderen durch Einstichwunden der Kabel verunstaltet war. "Wer bin ich?", sprach der Klon und Setos Magen zog sich zusammen als er die süße Stimme des Ägypters vernahm. Sie war im Gegensatz zum Körper des Klons nicht gleich mit dem Original, sondern ähnelte eher der des Yamis. Sie klang gefühllos und kalt, als spräche Seto mit einem Stein. "Du...du bist..." "Marik Ishtar", führte der Klon Setos Satz zu ende und nahm fasziniert seine Hand von Setos Schulter um sie mit einer undefinierbaren Geste an seinen Kopf zu führen. Seto verfolgte die Bewegung der gerade erst erwachten Kopie mit stiller Bewunderung. "Ja. Du bist Ägypter. Ich habe dich erschaffen." Marik schaute verwirrt und ließ seine Augen geistesabwesend über den Boden gleiten. Seto bemerkte erschrocken das Mariks Füße von Scherben aufgeschnitten Bluteten und seine Spur vom Computer bis zu ihm zu sehen war. "Erschaffen...wozu?" Marik drehte sich verwirrt um die eigene Achse und schaute auf seine ehemals intakte Nährröhre zurück. Sein Rücken war blutüberströmt. Seto erkannte schemenhafte Umrisse ägyptischer Hyroglyphen und entdeckte sogar ein kleines Teil des Lasermessers unter Mariks Haut, welche ihm die Zeichen eingebrannt hatten. "Wozu?", wiederholte der Klon und Seto stellte beängstigend fest das sich Ungeduld in Mariks Stimme gemischt hatte. "Um mir zu dienen." Marik drehte sein Gesicht zu Seto und schaute interessiert. Seto fühlte sich gestärkt und trat einen Schritt auf Marik zu. "Ich habe dich perfekt geschaffen. Mit all den Erinnerungen des Originals, mit all seinen Erfahrungen und Fähigkeiten." "Des Originals?" Marik legte den Kopf schief. "Ja, nur noch etwas besser! Ich habe dir mentale Fähigkeiten gegeben, mit denen du mir bei meinen Geschäften helfen kannst. Ich habe die Kraft des Milleniumsstabs gebündelt und seine Energie in dir verpflanzt." Seto erkannte zu spät das Mariks Frage auf etwas anderes anzielte und erschrak deshalb umso mehr als er sich der Klon wutentbrannt zu ihm umdrehte. "Das war nicht was ich wissen wollte, Seto!" Er zuckte zusammen. Seto! Die Übertragung des Wissens hatte also funktioniert! "Vergiss das Original. Du bist perfekter, du bist einzigartig!" Marik schaute auf seine Hände hinab und seine Wut war plötzlich wie weggeblasen. "Perfekt...einzigartig..." Marik flüsterte die Wörter eher als das er sie sprach und brach plötzlich mit einem gequälten Laut zusammen. Seto wollte zögernd zu ihm gehen, überlegte es sich jedoch anders und schritt ängstlich einen Schritt auf die hinter ihm liegende Tür zu. Marik richtete sich plötzlich mit einem Schrei wieder auf und zerkratzte sich mit schmerzverzerrtem Ausdruck das Gesicht. Seine Augen waren starr ins Leere gerichtet und er fuhr mit einer Geste des Entsetzens durch seine Haare. "Was ist das...was sehe ich...?" Seto wich einen weiteren Schritt Richtung Ausgang. "KAIBA!" Seto blieb wie angewurzelt stehen. "Was hast du mit mir gemacht? Was sind das für Bilder?" Ein erschrockener Schrei entwich Mariks Kehle und er stolperte zu Tode erschrocken zurück, bis er mit seinem Rücken gegen eine der Konsolen krachte. "WAS SIND DAS FÜR BILDER?!" Seto schluckte und seine ausgetrocknete Kehle bemühte sich um eine deutliche Aussprache. "Erinnerungen. Du siehst das Leben deines Originals." Marik riss die Augen auf und Tränen krochen seine zerkratzten Wangen hinunter. "Erinnerungen?" Seto empfand plötzlich Mitleid mit dem Klon und versuchte ihn durch Worte zu trösten. "Deine Kindheit war...nicht die eines normalen Kindes. Dein Vater war..." Er versuchte passende Worte zu finden. "Verrückt und skrupellos. Er hat dich gequält und etwas Böses aus dir gemacht. Aus dir herausgeholt." Marik schluchzte und schloss leidend die Augen, während er verzweifelt an seinen blutverklebten Haaren riss. "Mach, dass es aufhört...bitte", stammelte er und Seto verspürte einen schmerzhaften Stich. So oft schon hatte der wahre Marik ihn um dasselbe gebeten und so oft schon musste er untätig mit ansehen, wie dieser vor Schmerz und Kummer fast verrückt wurde. "Das...geht nicht. Sie sind für immer in deinem Kopf und bilden einen Teil deiner selbst. Ohne sie wärst du nicht der Marik, den ich erschaffen wollte. Dein Wesen wäre ganz anders." Der Klon drehte seinen Kopf herum und Setos Herz begann unkontrolliert schnell zu schlagen. "Du kennst mein Wesen nicht...", flüsterte der Klon bösartig und Seto hatte Mühe seine Worte zu verstehen. "Du weist nicht, wer ich bin..." Seto wurde schlagartig blass als er sich an das letzte Gespräch mit dem Original des Ägypters erinnerte, in welchem er sein Vorhaben indirekt angekündigt hatte und erkannte erschreckende Parallelen. "Klonen?", hatte der echte Marik amüsiert geäußert und in seiner unverwechselbar, schüchternen Art einen roten Kopf bekommen. "Wenn man mich klont, wird die Welt ein Problem mehr haben." Seto hatte verschmitzt gelächelt. "Wieso das? So gefährlich bist du doch nicht." "Nicht ich bin das Gefährliche, sondern mein Leben. Würde irgendjemand mein Leben noch einmal leben, ohne die Zeit die ich brauchte um meinen Schmerz zu überwinden würde er durchdrehen und unkontrolliert Schmerz verbreiten wollen um sich selbst besser zu fühlen." "So wie dein Yami?" Marik hob eine Augenbraue und schüttelte den Kopf, während er an seinem Saftglas herumhantierte. Seine Eiswürfel klapperten dabei unbeholfen in der hellorangefarbenen Flüssigkeit. "Nein. Yami ist verzweifelt und rachsüchtig. Er will, genau genommen, nur Leben und geachtet werden, ohne dass sich ihm autoritäre Personen oder Dinge in den Weg stellen. Ihm muss man nur aus dem Weg gehen und man ist in Sicherheit." "Würde man das bei dir nicht müssen?" "Man würde es nicht können." Er hatte Seto tief in die Augen geschaut und seine warme Hand auf Setos eigene gelegt. "Der Geist und die Psyche sind stabile Komponenten, welche, wie ein Computer Schaden nehmen, und nur durch Löschung des eingespeisten Virus wieder funktionieren können." Er hatte wissendlich das Beispiel eines Computers gewählt, um Seto seine These zu veranschaulichen. "Mit Virus meine ich schlimme Erfahrungen und darauf folgende, schmerzhafte Erinnerungen, welche das Programm "Leben" schädigen und es unfähig machen weitere Dinge zu verarbeiten, aufzunehmen oder abzulehnen. Das ganze hat sogar noch den unvermeidlichen Nebeneffekt, dass das Programm gleichzeitig anfälliger auf neue Viren wird, welche in den meisten Fällen nur darauf warten das Programm zu befallen." Er hatte seine Hand wieder zurückgezogen und einen Schluck aus seinem Glas getrunken, während Seto ihn gemustert hatte und darauf wartete, dass er mit seiner Erklärung fortfuhr. "Was hat das mit der Welt zu tun?" Marik lächelte. "Nur soviel, das es zwei Möglichkeiten gibt, wie sich das Programm bei Befall verhält, oder wie man es behandeln kann. Entweder das Programm zerstört sich selbst, wird durch ein entsprechendes Programm vernichtet, oder es wird durch den Virus verändert." "Das passiert bei Programmen eher selten." "Weil wir hier ja auch immer noch von Geist und Psyche eines Menschen, eines plötzlich erwachenden Individuums mit fremden Gedanken sprechen." Seto zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. Marik überlegte kurz und erklärte dann weiter. "Stell dir vor, ein intelligenter Computer, wie du ihn in deiner Firma besitzt, erhält eine Information, welche er nie zuvor behandelt hat, zu dem er also keinen Verarbeitungsverlauf kennt, die ihn aber zutiefst verschreckt und das Programm verseucht. Wie würde er sich verhalten?" "Er würde sich selbst abschalten und es den Programmierern überlassen, ihn zu reparieren." "Und wenn sich der Computer nicht abschalten ließe? Wenn er allein mit dem Programm fertig werden müsste?" Seto rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. "Er würde auf schon vorhandene Dinge zurückgreifen und versuchen das Problem zu lösen." "Und wenn der Computer nichts weiter besitzt als die verseuchte Datei? Er leer ist und dann vollständig verseucht wird?" Seto schaute verwirrt. "So etwas gibt es nicht. Jedes noch so kleine Programm funktioniert vorerst richtig, sobald es gestartet wird. Der Virus kommt erst später dazu." "Rein hypothetisch." Seto überlegte und antwortete kühl. "Er würde den Virus kopieren und für das richtige Programm halten, ihn starten und ausführen. Aber der Fall lässt sich vermeiden, indem man entsprechende Programme vorher installiert." Mariks Augen blitzen. "Also willst du Programme in dem Klon starten, bevor du ihn mit Viren voll pumpst?" Seto schüttelte den Kopf und betrachtete Marik mit Hohn. "Natürlich nicht." "Dann bespielst du den Klon also mit Viren, wenn er völlig leer und hilflos gegenüber den Angreifern ist." Er grinste und Seto erkannte worauf Marik hinaus wollte. "Solltest du mich Klonen und meiner lebendigen Hülle Erinnerungen einpflanzen, für die ich Jahre des Schmerzes und der Überwindung gebraucht habe um sie zu vergessen, mit dem entsprechendem Weltbild, dass sie falsch und schrecklich sind, wird sich der Klon entweder selbst umbringen, oder an den Virus anpassen und mit ihm leben, denken, dass er war und einzig ist, ausgeführt werden muss." Seto blieb stumm. "Also, klon mich besser nicht, die Folgen wären unabsehbar für dich, mich und für das arme Ding, welches in wenigen Sekunden mein Leben leben muss." Marik hatte gelacht und mit Seto angestoßen. Etwas neben Seto explodierte und er zog erschrocken den Kopf ein. Funken stoben aus einer Wand links von ihm und er erkannte den Klon, welcher in Raserei dabei war die glatte Fläche und die dahinter verlaufenden Röhren zu zerfetzen. Er schrie wie ein wildes Tier und ertrug zu Setos Erstaunen unzählige Stromschläge, welche seinen Körper verbrannten. Blitzschnell drehte sich das Duplikat um und hob eine Scherbe vom Boden auf, worauf er sie sich tief in beide Handgelenke stieß und eine Menge Blut auf dem Boden verteilte. Seto keuchte vor Entsetzen und war kurz davor zu der Kopie Mariks zu springen und ihm die Scherbe aus der Hand zu reißen. Doch das schien nicht nötig. Der Klon heulte verärgert als er auf seine Arme hinab sah und Seto bemerkte, wie sich die geschnittenen Wunden des Glases langsam wieder schlossen. Kaum hatte der Klon dies erkannt rammte er sich mit einem verzweifelten Schrei die Scherbe in den Leib und keuchte erschrocken, als sein Körper die Wunde ebenfalls binnen Sekunden wie von selbst schloss. "Was machst du da?!", schrie Seto erschrocken und zwang sich beim Anblick des vielen Blutes seine aufkeimende Übelkeit zu verdecken. Die Antwort erübrigte sich und Seto fiel es wie Schuppen von den Augen. Der Klon versuchte sich umzubringen. "Aber...das ist unmöglich", flüsterte er und überdachte seine Vorkehrungen, welche nach Mariks Prognose seiner selbst in den DNA-Strang der Kopie eingebaut wurde. Ein Selbstheilungsgen hinderte den Klon daran Zellzersetzung auf künstlichem oder natürlichem Weg, ohne Heilungschancen zu akzeptieren. Der Körper der Kopie war als unverwundbarer Gegenstand erschaffen worden, mit einer einzigen Schwäche, welche Seto in Anbetracht des wütenden Klons gerade zu lächerlich erschien. "Es ist sinnlos!", rief er stattdessen und deutete auf einen der Monitore, welcher im Chaos des Labors wie ein leuchtendes Tor zur Außenwelt aussah. "Du kannst dich nicht töten. Dafür habe ich gesorgt." Marik stand wie paralysiert inmitten herausgerissener Kabel und drehte den Kopf in Richtung der Anzeigetafel, während ihm sein eigenes Blut vom Arm hinab troff. Der Monitor zeigte Tabellen und DNA Analysen, welche jedem geschulten Auge Informationen zu Mariks Körperstruktur gab. Marik schluchzte. Dann verhärtete sich sein Ausdruck. "Das war ein Fehler." Seto bemerkte zu spät, dass der Satz an ihn gerichtet war und spürte Sekunden später wie ihm etwas Langes, Spitzes die Bauchdecke aufriss und ihn etwas Großes zu Boden warf. Er stöhnte vor Schmerz und drehte sich auf den Rücken. Seine Hände tasteten benommen nach seinem Mantel und er erkannte, das da, wo das weiße Leder hätte liegen sollen ein langer Riss klaffte, kurz oberhalb seiner linken Hüfte. "Dafür", zischte Marik "wirst du leiden, Kaiba." Setos Blick war verschwommen und er konnte nur vermuten wo der Klon sich befand, während er die roten Klumpen seiner blutbesudelten Hände betrachtete. Das kreischen der Alarmanlage dröhnte schmerzhaft in seinen Ohren und die Luft war erfüllt von den kupfernen Gerüchen nach Blut und Metall. "Dafür, werden alle leiden..." Die plötzlich bösartige Stimme des Klons schien von rechts zu kommen und Seto tat das ihm einzig vernünftige in dieser Situation. Er zog seinen Revolver und schoss. Er feuerte blind in die Richtung aus der die Stimme kam und drehte sich keuchend zur Seite, als das Magazin leer war, hoffend sein Ziel wenigstens verwundet zu haben. Sein Blick schärfte sich unverhofft und er wagte es in die entsprechende Richtung zu sehen, ohne erfolgt. Marik war verschwunden. Er fluchte leise und betätigte den eingebauten Sprechknopf am Kragen seines Mantels. "Kaiba hier. Schicken Sie einen Arzt zu Labor Sieben und beeilen Sie sich!" Das Funkgerät knackte und ein Mitarbeiter murmelte hektisch eine Bestätigung. Seto wollte sich gerade entspannen, als er im Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Es war nur ein Schatten und doch wusste er mit Sicherheit nicht alleine zu sein. "Was ein jämmerliches Bild, Setolein", drang eine süßliche Stimme an sein Ohr und Seto zuckte unweigerlich zusammen. "Hast du Angst?", fragte sie genüsslich und der Klon löste sich links von Seto aus dem Schatten seiner Nährröhre. Der Milliardär verzog schmerzlich das Gesicht und betrachtete Marik eingehend. Er trug den Blutbefleckten Kittel des Wissenschaftsleiters, welcher ihm um die Hüfte baumelte und das nötigste verdeckte. Ein groteskes Bild, und Setos Angst wuchs ins unermessliche, als er ein Skalpell in der linken Hand des Klons erkannte. Noch erschreckender war jedoch das Grinsen, welches Marik umspielte während er mit deutlicher Vorfreude das Skalpell schwang. Er führte es so gelassen wie einen Stift. Seto entfuhr ein Geräusch des Entsetzens und er versuchte in Richtung des Ausgangs zu kriechen. Marik kicherte vergnügt und war mit einem Satz bei Seto, versperrte ihm den Weg und kniete sich amüsiert nieder. "Soll ich dich Dad nennen? Oder eher Mutter?" Der Hohn in Mariks Stimme war beinahe greifbar, während er sanft mit dem Skalpell über Setos Wange strich. Seto versuchte zu sprechen, doch sein Leib schien zu bersten und er spuckte einen Schwall Blut. "Du bist schwach, Seto. Wie schon immer. Ein kleiner überheblicher Junge im Körper eines superreichen Eisblocks, der sich für nichts zu schade ist um an den Körper seiner innigsten Träume zu gelangen und ihn in sein Bett zu holen." Marik grinste. "War dir das Original zu langweilig?" Seto verzog das Gesicht. Der Klon machte ihn wütend. "Wahrscheinlich. Ist mir auch gleich. Ich werde ihn besuchen und von deinen Taten berichten. Vielleicht erzähle ich auch Bakura davon." Etwas in Seto zersplitterte schmerzhaft. "Du hast mich erweckt..." Marik küsste Seto unerwartet auf die Stirn und wischte etwas Blut aus dessen Gesicht. "Ich bin dir was schuldig." Damit drehte sich der Klon um verschwand im Chaos des zerstörten Labors. Setos Gedanken kreisten um den Versuch Marik aufzuhalten, doch er fühlte wie das Leben bereits seinen Körper verließ und er legte stöhnend den Kopf auf den kalten Boden. Er verlor das Bewusstsein, kurz bevor Sanitäter und Sicherheitsmänner das Labor betraten und staunend alles dokumentierten was sie sahen, inklusive des ermordeten Doktors und des bewusstlosen Seto Kaibas. Und der verlassenen Nährröhre. Kapitel 2: Böse Träume ---------------------- Marik erwachte und schrie. Mit weit aufgerissenen Augen tastete er nach seiner Lampe und betätigte schockiert den Schalter, worauf hin sein Schlafzimmer von warmen Licht durchflutet wurde. Neben ihm knurrte Bakura verstimmt. "Wieder der Traum?", fragte der weißhaarige schläfrig und legte erschöpft einen Arm um die Hüften seines nackten, verschwitzen Freundes. Marik nickte und erinnerte sich daran, das Bakura seine Geste nicht sehen konnte. "Ja. Aber es geht schon..." Bakura schnaubte und blinzelte feindselig in Richtung des grellen Lichts, während er sich aufbäumte um seinen muskulösen Körper vom Bett zu heben. Er griff träge nach einer Zigarette und kurz darauf erfüllte trüber Rauch das stickige Zimmer, drehte sich langsam im Kreis des sich stumm bewegenden Ventilators. "Wolltest du nicht aufhören?" Vorwurfsvoll drehte sich der Ägypter zu seinem Partner um und nahm ebenfalls einen langen genüsslichen Zug. Bakura schaute ihn verständnislos an und verschwand beinahe inmitten des weißlichen, tödlichen Nebels. "Muss ja sehr schlimm gewesen sein, dieser Traum", murmelte er, als sich Marik als Folge des Zuges hustend, mit zusammengekniffenen Augen zurück auf das Bett warf. "Du ahnst nicht wie..." Bakura lächelte. "Kann ich dir irgendwie helfen?" Marik zeigte ihm verspielt die Zunge, doch Bakura wusste es besser. "Es macht dir zu schaffen. Worüber handelt er? Deinen Yami?" Marik schaute beleidigt. "Mit ihm hab ich mich langsam abgefunden... Sicher, er erschreckt mich und macht mein Leben zur Hölle... aber schließlich", fügte er neckisch hinzu "kannst du das auch ganz gut." "Nur, wenn du mich darum bittest, Darling." Bakura beugte sich über ihn und küsste ihn flüchtig auf die Stirn. "Und wenn du gerade in Stimmung dazu bist." Marik schluckte eine gehässige Bemerkung herunter, welche ihm angesichts der derben Anspielung Bakuras auf der Zunge lag und drehte sich gelangweilt auf den Bauch. "Glaub mir, es ist nichts." Bakura runzelte die Stirn und küsste langsam Mariks Rücken hinab, bis er an dessen Steißbein inne hielt. Marik kicherte. "Hast du etwa schon wieder Lust?" "Wenn du deinen Körper entbehren kannst, treib ich es auch allein mit ihm." Marik drückte den Kopf in sein Kissen und stöhnte genervt. "Typisch irgendjemandes Yami!" Bakura lächelte über Mariks Bemerkung und schwang sich graziös aus dem Bett. Er stolperte über seine Kleider und fluchte leise, während er durch den dunklen Teil des Zimmers torkelte um das Fenster zu öffnen. "Hier drin ist ne schreckliche Luft! Es riecht nach Zigarettenrauch und - " "Nach Liebe...", führte Marik verträumt zu ende und drückte sich tiefer in sein Kissen. Bakura hasste es wenn er dessen Sätze weiterführte. "Du tust es schon wieder...", tadelte Bakura, und Marik drehte sich mit entschuldigendem Gesichtsdruck um. "Tut mir leid." "Ja, ja... ist schon gut." Die beiden schlüpften gemächlich in ihre Morgenmäntel, ohne weiter auf Mariks Traum einzugehen, welcher ihn allem Anschein nach doch tiefer beschäftigte, als er zugeben wollte. "Möchtest du Zucker in deinen Kaffee?" Marik drehte sich verwirrt um und sah Bakura fassungslos an. "Ich trinke keinen Kaffee. Ich hasse Kaffee!" "Da haben wir es wieder", maulte Bakura. Marik machte große Augen. "Du hörst mir nicht zu. Ich frage dich was du trinken möchtest und du murmelst irgendwas. Ich frage dich ob es Kaffee ist und du murmelst wieder irgendwas. Ich denke: Hey, vielleicht hat ihm die letzte Nacht gefallen und er will zur Ausnahme mal Kaffee trinken, und jetzt erfahre ich das ich falsch lag. An was zum Teufel denkst du die ganze Zeit? Solange es nicht dieser hochnäsige Milliardär ist, kannst du es mir doch erzählen!" Marik hatte matt lächelnd die Beine übereinander geschlagen und beobachte Bakura in seiner Euphorie mit stiller Bewunderung. "Ich liebe dich." "Ja, ja... und als nächstes erzählst du mir, du möchtest Kaffee zum Frühstück." Marik lachte. "Glaubst du mir nicht?" Bakura schüttete das schwarze Getränk frustriert in den Abfluss und stemmte seine Hände in die Hüften. "Möchtest du Kaffee?" "Nein." "Na also. Hier, dein Tee." Marik war fasziniert wie der Yami ihn immer wieder von schlimmen Dingen in seinem Leben ablenken konnte. "Du bist einzigartig", lächelte Marik und trank genüsslich einen Schluck süßlich, duftenden Tee. "Genau wie du, Schatz." Marik zwinkerte ihm zu und vergaß für einen Moment seinen erschreckenden Traum, in dem eben jene letzte Aussage nicht mehr ganz zutraf. Yamimarik summte, während er die spärlichen Chromteile seiner nachtschwarzen Suzuki VX800 säuberte, und erhaschte sich selbst dabei, den Tag als ausnahmsweise gelungen anzusehen. Sein Achselshirt klebte an seiner braunen Haut und er fuhr sich gering erschöpft mit seinem Handrücken über die Stirn. "So, Baby, nun glänzt du wieder." Er warf den Putzlappen in einen Eimer und ließ sich gelassen auf das Rasenstück vor seiner Wohnung sinken, welche er mit seinem Hikari bewohnte. Die Straße vor ihm war spärlich befahren von einzelnen Passanten, die versuchten so schnell wie möglich der Mittaghitze zu entkommen und verstohlene Blicke auf Yamis Spezialanfertigung des Motorrads warfen. Von irgendwo her erschall das Gelächter von Kindern, welche ausgelassen in der Sonne tobten und dumpfe Jazzmusik erklang aus einer Wohnung des gegenüberliegenden Wohnblicks. Yami lächelte einer blonden Schönheit zu, welche ihre feuchten Schwimmsachen an einer Leine ihres Balkons zum Trocknen auf hing und wurde durch ein leichtes Erröten derselben belohnt. Ja, der Tag schien perfekt zu sein und für einen kurzen Moment döste Yami entspann auf dem Gras, schloss genüsslich die Augen und träumte von einem gemeinsamen Bad mit Naomi Campbell. "Welch ein Anblick. Begnügt sich der Herr des Highways nun auch damit faul vor seiner Residenz herumzulungern?" "Kommt darauf an, wer fragt", bemerkte Yami bissig und blinzelte. Vor ihm erhob sich die hoch gewachsene Gestalt Seto Kaibas. "Was willst du denn hier?" Seto rümpfte die Nase. "Kommt drauf an, wer fragt." Yami blieb stumm. "Ich will zu Marik." "Hab ich mir gedacht." Setos Augen blitzen. "Ist wohl alles etwas schief gegangen, nicht wahr?" Seto wandte sich nichts sagend um und schritt auf die Tür des Wohnblocks zu. Er hielt sich dabei den Bauch und versuchte krampfhaft das Gleichgewicht zu halten. Yami beobachtete ihn dabei amüsiert und pfiff lässig eine Melodie, welche auf beinahe jeder Beerdigung gespielt wurde. "Wenn du fällst, fang ich dich nicht auf." Seto ignorierte die spöttische Bemerkung. "Wo bleibt Marik? Hat er die Klingel nicht gehört?" "Die ist kaputt." Setos Gesicht wurde rot vor Zorn und er drehte sich wutentbrannt um. "Wenn blöde Sprüche reißen das Einzige ist, was du in dieser kritischen Zeit zu tun hast, dann geh in eine deiner Bars und verderbe da den Leuten die Laune!" Yami lachte gehässig. "Ohne dich wäre die Lage nicht so kritisch. Marik wird nicht erfreut sein zu hören, was du zu sagen hast. Und Bakura erst..." Er stieß beeindruckt die Luft aus und wedelte anerkennend mit seiner Hand. "Ich werde ihn dieses Mal nicht aufhalten, wenn er dir an die Gurgel springt. Und das wird er, sicherlich." Seto schaute finster drein. "Wenn er Pech hat, wird das bald nicht mehr möglich sein." Yami verstummte grinsend. "Seto!" Marik hatte den Kopf vom Balkon herab gestreckt und winkte ihm glücklich zu. Seto erwiderte die Geste halbherzig und deutete ihm mit einer kurzen Bewegung herab zu kommen, während sich Yami hinter ihm aufrichtete und zu seiner Maschine ging. Er streifte Seto und der verletzte Milliardär zuckte unweigerlich zusammen. "Bring es ihm schonend bei." Es klang wie ein Befehl und Seto nickte stumm, unfähig dem Yami in dieser Situation zu widersprechen. Darauf hin schwang sich Yamimarik elegant auf den Sitz seiner doppelmotorigen Suzuki und startete sie, während er mit einer lässigen Bewegung den Ständer der Maschine nach hinten klappte. Ohne Seto eines weiteren Blickes zu würdigen rollte er über die verdreckte Straße und hielt vor der Tür des gegenüberliegenden Blocks an, um der sich eben umgekleideten, blonden Schönheit den Aufstieg zu ermöglichen. Er schaute kurz zurück, zwinkerte Seto zu und verschwand brausend hinter der nächsten Straßenecke. Seine Begleiterin kicherte dabei aufgebracht. Seto schüttelte den Kopf. "Er wird sich nie ändern..." "Wer?" Marik war in der Zwischenzeit bei Seto angelangt und blieb kurz vor ihm stehen, immer noch den erfreuten Ausdruck auf dem Gesicht. Sein zierlicher Körper war in einen silbernen Morgenmantel gewickelt und Seto erspähte ein Stück von Mariks zart duftender glatter Haut. Seto verkrampfte sich. "Nun, ich muss mit dir reden. Lass und reingehen." Marik druckste herum. "Das ist nicht so gut... Bakura ist oben, weist du?" Er wurde rot und Seto lächelte gequält. "Das macht nichts. Du kannst deinen Bluthund jawohl für ein paar Minuten zurückhalten. Es ist wichtig." Marik schaute beleidigt und drehte sich weg. "Er ist kein Hund..." "Aber er knurrt mich dauernd an." Marik antwortete gekränkt. "Und das mit gutem Recht. Du hast ihm sehr wehgetan." "Und er mir erst." "Hör auf." "Womit?" "Ihm dauernd die Schuld zu geben!" "Wem soll ich sie dann geben?" "Mir, wenn´s dir besser passt!!" Er drehte sich wutentbrannt um und stürmte ins Haus. Seto seufzte. Er folgte Marik schwerfällig und blieb unterhalb der grauen Treppe stehen, welche zu Mariks Wohnung hinauf führte. "Es... tut mir leid. Ich bin wegen etwas anderem hier. Wegen dir." Marik steckte verstimmt seinen Kopf durch die Tür. "Das bist du immer." Seto lachte und nahm so der Situation die unnötige Spannung. "Das stimmt. Aber dieses mal ist es was Ernstes." Marik winkte ihn hinein und zog eine Augenbraue hoch. "War es das damals nicht?" "Lass uns mit dem Thema endlich mal abschließen." Marik nickte und Seto nahm sich ernsthaft vor das Thema in Zukunft seltener anzuschneiden. Er betrat das modern eingerichtete fünf - Zimmer Apartment und hing seinen Mantel an einem Haken der Garderobe auf, bevor er hinter Marik die Küche betrat und ihm der angenehme Geruch frischen Kaffees in die Nase stieg. "Na so was. Ich dachte du trinkst keinen Kaffee?" "Tut er auch nicht." Bakura tauchte im Türrahmen des Badezimmers auf und Marik kicherte. "Ist ne lange Geschichte." Seto nickte Bakura kurz zu und war froh, dass der Weißhaarige es bei einer strengen Musterung beließ. Vielleicht hatte Marik ihn auch darum gebeten. "Was verschafft uns die Ehre?" Marik rollte genervt mit den Augen um Bakuras ironischen Tonfall zu tadeln. "Er ist unser Gast, Baku." "Du meinst deiner." "Unser." Marik zischte erbost. Bakura zuckte nur mit den Schultern und setze sich Seto direkt gegenüber, an einen kleinen Stahltisch mitten im Raum. Der Milliardär hatte keine Chance dem anklagenden Blick des Yamis zu entkommen und fühlte sich sofort unbehaglich. "Nun, warum bist du nun hier? Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?" Seto lehnte ab. "Na gut." Der Milliardär hielt sich plötzlich in einem Anfall von Schmerz den Bauch und winkte Marik ab, welcher mit besorgtem Blick näher kam. "Es geht schon." "Um Himmels Willen, was ist denn mit dir passiert?" Seto konnte die überdeckte Schadenfreude Bakuras kaum überhören. "Es gibt also doch etwas, was alle Yamis verbindet, ihre Unfähigkeit Gefühle, wenn vorhanden zu überdecken", dachte er verbittert, während er seine Arme auf den Tisch stützte und überlegte wie er am besten beginnen sollte. Er holte tief Luft und bat Marik sich zu setzen. "Es gab einen Unfall in meiner Firma, gestern Nacht. Etwas... nein. Jemand ist entkommen und könnte nun auf dem Weg zu dir sein, ich wollte, dass du vorbereitet bist." Marik schnappte sich seine Teetasse und blieb unbeeindruckt. "Um wen handelt es sich?" Seto schaute betreten zu Boden. "Nebenbei, darfst du überhaupt jemanden in deiner Firma gefangen halten?" "Das habe ich nicht behauptet, Bakura." "Aber du sprichst von "entkommen". Also?" Seto bemerkte die Ungeduld des Weißhaarigen und wunderte sich über Mariks stille Art, welche nicht zu seinem Charakter passte. "Es ist jemand entkommen. Aber jemand, der erst in meiner Firma entstanden ist." Bakura schaute verwirrt. Seto fuhr fort. "Ich habe jemanden erschaffen, ähnlich wie in Noahs Fall, vor vielen Jahren. Ihr erinnert euch sicher an das Battle City Turnier?" Die beiden nickten stumm. Niemand der Beteiligten hatte ausnahmslos gute Erinnerungen an das wohl spannendste Duell aller Zeiten und er beließ es dabei. Marik zuckte. "Also hast du jemanden geklont." Seto erschrak innerlich. Marik lächelte. "Es liegt nahe.", erklärte Marik "Du hast in letzter Zeit viel über Genetik in Erfahrung gebracht. Ich arbeite in deiner Firma. Schon vergessen? Es ist nicht schwer eins und eins zusammen zu zählen. Außerdem bist du sehr auffällig." In Setos Augenwinkel grinste Bakura hämisch. "Korrekt. Ich habe jemanden geklont." "Wen denn?", fiel Bakura Seto ins Wort "einen deiner Yamis? Ihr seid wohl noch immer zu wenige." Seto schüttelte erbost den Kopf und hielt sich krampfhaft zurück, keinen Streit mit Bakura anzufangen. Er hätte nichts lieber getan als das, doch Marik zuliebe löste er sich aus dem Blick des Weißhaarigen und schaute den Blonden direkt an. Täuschte er sich, oder hatte plötzlich Erkenntnis in den Augen des Ägypters gefunkelt? Wenn ja, verbarg Marik sein Wissen geschickt hinter einer Schwade weißlichen Nebels, welcher gemächlich aus seinem Tee hervorquoll. "Schluss mit der Heimlichtuerei!" Ohne weitere Umschweife erzählte Seto nun den Rest des Geschehens und bemerkte wie Mariks Augen dabei immer größer wurden und Bakuras Kiefer immer offener. Schließlich endete er und der Weißhaarige sprang mit einem Schrei auf. "Das sieht dir ähnlich du Scheusal! Nimmst dir was du willst, ohne an die Folgen zu denken! Ich sollte dich töten, hier und jetzt!" "Versuch es und ich hetze dir meine Männer auf den Hals!", schrie Seto zurück, welcher Bakuras Frechheit nicht länger ertragen konnte. "Ach ja? Dann zerreiß ich sie in der Luft!" "BAKURA!" Der Yami fuhr erschrocken zusammen und auch Seto blickte ungläubig in Mariks Richtung. Die Gestalt des Ägypters hatte sich verändert und Marik hielt sich verkrampft an der Kante des Tisches fest, als hätte er Angst von seinem Stuhl zu fallen. "Seto wird nun gehen und uns alleine lassen. Es ist nicht nötig ihn zu bedrohen." Setos Kiefer klappt herunter und er wunderte sich, hatte er doch damit gerechnet das Marik ausrastete, oder zumindest in Tränen ausbrach. Nichts von beiden geschah und er ergriff zögerlich das Wort. "Marik. Ich..." "Geh!", befahl der Ägypter mit strenger Geste und Seto erhob sich. "Es tut mir..." "GEH, VERDAMMT NOCHMAL!" Seto drehte sich um und verließ die Wohnung in Sekundenschnelle. Seine Verletzung war für einige Minuten vergessen und er litt erst wieder unter ihr, als er den Rauswurf Mariks verkraftet, und sich, in seiner Limousine sitzend, wieder entspannt hatte. In Mariks Apartment sprach niemand ein Wort und selbst das Ticken der nah gelegenen Wanduhr wurde vom anhaltenden Schweigen geradezu verschluckt. "Ich habe davon geträumt", brach Marik kleinlaut die Stille und Bakura riss erschrocken die Augen auf. Marik fühlte sich sichtlich unwohl und Wasser schoss ihm in die Augen. "Ich war dort, in dem Labor. Und habe Seto verletzt." Bakura verkrampfte sich. Marik biss sich auf sie Unterlippe. "Ich konnte das Blut riechen und Setos Angst... ich habe jemanden getötet." Er schloss die Augen. "Warum?", Bakuras Stimme war nur ein flüstern und er bemühte sich ruhig zu bleiben. Marik zögerte. "Ich... habe gelitten..." Bakura stockte. "Wie damals?" Marik nickte stumm und ein paar Tränen liefen seine Wangen hinab. Bakura blieb wo er war, unschlüssig ob er seinen Freund trösten sollte, oder nicht. "Ich habe es geahnt. Ich habe es gewusst. Irgendwie habe ich es gewusst." Mariks Stimme zitterte und er sah hilflos zu Bakura hinüber. "Ich habe nichts getan." Bakura überwand das kurze Stück, welches ihn von seinem Freund trennte und schloss ihn fest in seine Arme, strich beruhigend mit seiner Hand über Mariks Rücken. Marik schluchzte. "Ich habe nichts getan! Ich hätte den Doktor warnen können." Bakura wusste nicht von welchem Doktor Marik sprach, doch vermutete ihn als Mordopfer und drückte den Ägypter an sich. "Hey. Woher hättest du denn wissen sollen das deine verrückten Alpträume war werden? Also bei mir war das noch nie der Fall." Er lächelte zaghaft. "Anderenfalls hätte dich jetzt ein weißes Kaninchen mit Schleife im Arm." Marik beruhigte sich nicht, sondern weinte still und hilflos in Bakuras Morgenmantel, während er seine Hände verzweifelt in Bakuras Brust krallte. "Das ist nicht alles. Ich habe noch mehr geträumt. Schreckliche Dinge." Bakura schaute über Mariks Schulter und erstarrte. "Da bist du nicht der Einzige", dröhnte plötzlich die dunkle Stimme Yamimariks durch den Raum und Marik entfuhr ein entsetzter Schrei, als er die Gestalt seiner Bösen Seite betrachtete, welche blutend und zerschunden im Türrahmen stand und mit ernstem Gesichtsausdruck, den toten verdrehten Körper einer blonden, durchaus hübschen Frau in den Armen hielt. "Und ich fürchte, Träume sind unser geringstes Problem." Kapitel 3: Problemlösung ------------------------ Nachdem Yamis Wunden provisorisch verbunden und der blonde Riese sich erschöpft auf Mariks Sofa niedergelassen hatte, kümmerte sich Seto um die Beseitigung der Leiche. Er wählte die Nummer seiner Firma und sprach gedämpft in sein Handy, während er sich Mühe gab keinem der Anwesenden zu offenbaren, was er vorhatte. "Wir müssen sie zu ihren Eltern bringen", murmelte Yami plötzlich und schaute bedrückt auf die verdeckte Gestalt hinab, welche winzige Blutflecken auf Mariks Teppich verteilte. "Sie war noch sehr jung... und so hübsch..." Bakura legte betreten eine Hand auf die Schulter des Yamis. "Finger weg, Bakura." Blitzschnell zog Weißhaarige sich zurück und trat neben Marik, welcher mit seinem bereits kalten Tee vor einem Fenster stand und in den, hinter dem Haus liegenden Park, schaute. Er legte schweigend einen Arm um die Schultern seines zitternden Freundes. Hinter ihnen hatte Seto das Gespräch beendet. "Das geht nicht", widersprach der Milliardär und trat ungerührt neben die tote Frau. "Wir müssen sie in meine Firma bringen." "Warum das?" Yami schaute Seto erbost an und konnte sein Leiden nicht vollständig verbergen, sodass Seto in beruhigendem Tonfall sprach. Yami konnte im Schmerz unberechenbar werden. "Was willst du ihren Eltern denn erzählen? Das ein verrückter Klon deiner guten Hälfte sie getötet hat?" Yami blickte Zähne knirschend zu Boden. "Wir werden sie präparieren und es wie einen Unfall aussehen lassen. Wir müssen so tun als sei sie in ihrer Wohnung verunglückt." Yami starrte Seto überrascht an. "Und woran bitteschön? Mit diesen Verletzungen wird man einen Unfall für unwahrscheinlich halten. Und wenn nicht, dann wenigstens Nachforschungen anstellen." Seto hatte bereits vergessen, dass Yami nicht so doof war, wie er ihn immer behandelte. Er überlegte kurz. "Was ist?", fragte Yami aggressiv denn Seto hatte ihn ausdruckslos gemustert. "Wir können es wie ein Sexualdelikt aussehen lassen." "Wie bitte?!" Yami ballte unbemerkt seine Hände zu Fäusten. "Du hast sie doch sicher nicht umsonst mit auf dein Motorrad genommen. Oder? Sicher hast du schon mit ihr geschlafen. Man könnte diese Indizien ausbauen und..." Yami sprang blitzschnell auf und donnerte Seto gegen die hinter ihm liegende Wand. Ein Bild fiel klappernd zu Boden und Yami drückte Seto mit einem Arm die Kehle ab. "Du bist widerlich", zischte Yami. "Sprich gefälligst mit mehr Respekt von ihr! Verstanden? Ich habe nicht mit ihr geschlafen!" Seto schloss röchelnd die Augen und keuchte. Verzweifelt versuchte er sich aus Yamis Griff zu befreien und kratzte mit seinen Fingernägeln über Yamis gespannten, kräftigen Arm. "Mein Gott Yami! Lass ihn los!" Bakura eilte Seto zur Hilfe und zerrte Yami zornig von ihm weg. "Er versucht nur zu helfen!" Bakura wunderte sich über seine Worte, schob Yami aber unbeirrt weiter in Richtung Küche. Seto fiel auf alle Viere und betastete sich zitternd den Hals, während Yami ihm tödliche Blicke zuwarf. "Lass nur...Bakura", stammelte der Milliardär und erwiderte Yamis Blick trotzig. "Wahrscheinlich ist das der Grund, warum er so traurig über ihren Tod ist. Er hatte noch keine Gelegenheit sie zu vögeln." Bakura versteifte sich und erwartete das unvermeidbare nach Setos lebensmüder Äußerung. Yami explodierte förmlich. Aber anders, als Bakura und auch Seto vermutet hätten, denn Seto hatte sich halb aufgerichtet und die Hände vorsorglich zur Verteidigung erhoben. Der Yami drehte sich auf dem Absatz um und schlug so heftig gegen die Wand, dass tausende Holz und Steinsplitter durch den Raum flogen und der hinter der Wand stehende Kühlschrank scheppernd zu Boden krachte. In der Wand klaffte ein Loch von beträchtlichem Durchmesser und Yamis Hand blutete bedrohlich aufgeschlagen. "Wenn du nicht der einzige verdammte Mensch auf der Welt wärst, der diesem armen Mädchen das Leben zurückgeben kann, würde ich dich hier und jetzt in Stücke reißen und die Eingeweide in deiner Firma verteilen!" Er schnaubte wie ein tollwütiger Büffel und Seto wurde blass, als er den Ernst in Yamis Stimme bemerkte. "Und glaub mir, du wirst sie wieder zum leben erwecken, ansonsten Sorge ich dafür das du an deinen Eiern aufgehängt wirst!" Seto, unfähig zu sprechen, schaute hilfesuchend zu Bakura, welcher ebenso betroffen aussah und schulterzuckend den Kopf schüttelte. "Wie, ähm...", stammelte Seto und leckte sich nervös über seine plötzlich ausgetrockneten Lippen, "soll ich das machen, Yami?" Yami knurrte bedrohlich und Seto wich verängstigt zurück. "Hat es dir dein überschlaues Hirn zerquetscht?" Ein gemeingefährliches Lächeln huschte über sein Gesicht. Seto schluckte, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. "Du sollst sie klonen, du Schlaumeier! Dann erzählen wir ihren Eltern, sie wäre im Urlaub oder so Ähnliches, bis sie wieder lebt, löschen ihre Gedanken an den Unfall und legen sie in ihr Bett." "Das klingt einleuchtend", bemerkte Marik, welcher das Geschehen ausdruckslos beobachtet hatte. "Und du bist es ihr schuldig". Yami nickte düster und atmete schwer, während er versuchte sich zu beruhigen. Seto nickt und zuckte zusammen, als in diesem Moment die Hupe eines Autos, vor dem Haus, erschall. Bakura blickte hinunter und erspähte einen schwarzen Leichenwagen, geschmückt mit zwei unverwechselbaren, silbrigen Initialen. "Na gut. Yami, trag sie nach unten aber wechsle deine Kleider vorher, du siehst verdächtig aus. Und Zeugen, die einen wahnsinnig wütenden Kerl mit einer entstellten Frau im Arm sehen, brauchen wir jetzt am aller wenigsten." Yami widersprach seinem Hikari nicht und ging an Seto vorbei ins Schlafzimmer, wobei er es sich nicht nehmen ließ, dem Milliardär mit seiner Schulter schmerzlich anzurempeln. Bakura schüttelt den Kopf. "Das war dumm von dir, Kaiba. Er hätte dich töten können." Seto schaut kurz auf das Loch in der Wand und verschwand schließlich stumm aus der Wohnung, darauf bedacht, sich weder von Bakura, noch von Marik zu verabschieden. Bakura runzelte die Stirn. "Warum hat er das nur getan?" "Er hatte Angst..." Mitgefühl hatte sich in Mariks Stimme gemischt und der Weißhaarige erkannte mit Argwohn, dass dieses Mitgefühl Seto galt. "Wenn dumme, ängstliche Tiere sich eingeengt fühlen, beißen sie, ungeachtet der Konsequenzen." "Aber Seto ist nicht dumm." Marik schaute ihn mit stummer Ungläubigkeit an. "Hättest du gewusst, was man gegen meinen Yami hätte tun können, bei seiner Laune eben?" Bakura schüttelte den Kopf und betrachtete das zersplitterte Loch in der Wand. "Nein..." Es war die ehrlichste Antwort, die Bakura hätte geben können und Marik nickte stumm, während er unglücklich die dunklen Blutflecke auf seinem Teppich betrachtete. Er seufzte und beugte sich herab, um die Decke, welche die Leiche provisorisch verdeckte, anzuheben, wurde jedoch durch einen scharfen Befehl unterbrochen. "Rühr sie nicht an!" Marik hockte wie angewurzelt neben der Toten und starrte seinen Yami ungläubig an, welcher mit frischen Kleidern und wildem Ausdruck in der Schlafzimmertür stand. Plötzlich wurden seine Augen klar. "Marik...es tut mir - " "Er hat ausgesehen wie ich. Nicht wahr?" Yami sah zu Boden. "Es ist schon gut. Bring sie jetzt runter." "Gib mir keine Befehle", murmelte der Riese kleinlaut und hockte sich dann stumm neben seinen Hikari, um den Körper der Frau anzuheben und auf seine Arme zu hieven. Marik erkannte für Sekundenbruchteile Zorn und tiefen Schmerz, in dem Gesicht seiner Bösen Hälfte und zweifelte an der Aussage seines Yamis, er habe noch nie mit der Frau geschlafen. Vielleicht hatte er sie sogar schon etwas länger gekannt, doch Marik beließ es bei seiner Spekulation und trat beiseite um seinem Yami Platz zu machen. Bakura sah Yami ebenfalls mit verunsicherter Miene nach und öffnete den Mund um etwas zu sagen, entschloss sich dann aber anders und drehte sich zu Marik um. "Er ist doch sonst nicht so." Marik nickte. "Er ist verunsichert. Etwas das aussieht wie ich überfällt ihn, tötet seine Begleiterin und beinahe auch ihn selbst. Dazu kommt noch, dass ich nie die Hand gegen ihn erheben würde weil ich weis, dass ich keine Chance hätte. Und das weis er auch. Trotzdem falle ich, dieser Klon, ihn an und mache ihn rasend wütend. Und er ist machtlos. Es gibt nichts Schlimmeres für Yami als machtlos zu sein. Und dann noch mir gegenüber." Bakura schaute zu Boden. "Was sollen wir jetzt tun?" "Wir müssen zu Seto." Bakuras Magen zog sich zusammen. "Aber er ist Schuld an allem!" "Und er ist der einzige der die Mittel und Wege besitzt, den Klon aufzuhalten!" "Warum erschießen wir ihn nicht einfach...", murmelte Bakura verbittert. Marik schluchzte und erst jetzt bemerkte Bakura Mariks unglückliches Gesicht und die Tränen, welche sich über seine Wangen ergossen. Der Ägypter biss sich auf die Lippe und saß immer noch über das Blut der Frau gebeugt. "Das wäre zu einfach...viel zu einfach..." Plötzlich brach er wimmernd zusammen und krallte sich in den fleckigen Teppich. Bakura eilte zu ihm und verfluchte den schwachen Gemütszustand seines Freundes, welcher sich abermals übertrieben zeigte. "Ist schon gut, Kleiner...ist schon gut..." Er nahm Marik in seine Arme und strich ihm behutsam durch die Haare, während er ihm beruhigende Worte zuflüsterte. Er fühlte den schmerzhaften Stich der Hilflosigkeit, welcher ihm allen Mut raubte und er drückte sich fester an den Ägypter, welcher sich ein neues Ziel gesucht, und sich nun in Bakuras Hemd verkrallt hatte. "Es wird alles gut." "Herzallerliebst", zischte währenddessen ein graziöser Schatten auf dem Dach eines gegenüberliegenden Gebäudes und leckte sich genüsslich und in Seelenruhe Reste gerinnenden Blutes von seinen Fingern. "Wirklich... zum sterben schön..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)