Das Tor von Trollfrau ================================================================================ Kapitel 31 - Das Amulett ------------------------ Mit zitternder Stimme und ausgestrecktem Arm, hielt sie die Kette und las die Worte des ersten Spruches vor. Sie hoffte so sehr, dass dieser sofort der richtige war, doch es geschah – nichts. Einige Sekunden vergingen – auch jetzt nichts. Lena bückte sich, um eine der anderen Seiten aufzuheben. Doch im selben Moment passierte es. Das unangenehme Kribbeln, was sie die ganze Zeit fühlte, während sie die Kette hielt, wurde stärker – nahezu unerträglich. Lena ließ die Seiten wieder fallen und klammerte sich mit beiden Händen am Schmuckstück fest. Das rote Juwel strahlte auf. Das rötliche Leuchten ging durch ihre Hände hindurch. Es bewegte sich entlang ihrer Arme. Sofort lies sie die Kette fallen und schloss die Augen. „Verdammt,“ fluchte sie. Tares stürzte auf sie zu. „Alles in Ordnung mit dir?“ Er klang sehr besorgt. „Was war das denn eben?“, fragte sie verwirrt. Langsam öffnete sie ihre Augen, alles sah irgendwie anders aus. Außer dem Troll hatte sich niemand herangetraut. Tares erschrak und wich zurück. Lena schloss erneut kurz die Augen. Auch nachdem sie diese wieder öffnete schien sich dennoch nichts geändert zu haben. „Was hast du denn?“ Sie schaute sich verängstigt um. Endlich trat auch Rion aus dem magischen Bereich heraus. Der Troll schaute ihn erzürnt an. „Hattest du vor, sie zu töten!?“ „Was ist mit mir los?“ Lena hatte Angst und Rion fuhr ebenfalls zusammen. „Was stimmt nicht mit mir?“ Um Erklärung bittend, schaute sie erneut zu Tares auf. „Deine Augen sind... .“ Er wusste nicht so recht, wie er es ihr erklären sollte. „Sie sind vollständig weiß“, rückte er mit der Sprache endlich heraus. „Was?“, vernahmen alle ihre zitternde Stimme. Eine unbekannte Wut stieg in Lena auf. Sie schaute sich auf die Hände. Das eigenartige Leuchten wollte nicht verschwinden. Hasserfüllt starrte sie Rion an. „Was hast du mit mir gemacht!?“ Sie wollte auf ihn losgehen, doch Tares hielt sie zurück. „Beruhige dich doch wieder. Das kommt ganz sicher wieder alles in Ordnung“, versuchte er sie zu besänftigen. Der Troll hielt sie mit festem Griff an den Oberarmen fest, doch das war nicht genug. Mit einer blitzartigen Bewegung hatte sie sich befreit und starrte den Troll mit dem selben Zorn an wie zuvor den Elfen. „Fass mich nicht an!“, tobte sie. Mit einer unerwarteten Kraft stieß sie den Hünen bei Seite und floh mit schnellen Schritten noch tiefer in den Wald. Erschüttert blieben die beiden Männer zurück. „Nun lauf ihr schon nach!“, versuchte Rion den Troll zu befehligen. „Oh nein! Ganz sicher nicht! Was es Hexen angeht hatte ich schon immer so meine Probleme!“ Er dachte an seine anfängliche Beschimpfung. Eine Hexe? Sollte das etwa heißen, dass er damit Recht hatte? „Dir haben wir doch diese Sache zu verdanken. Lauf du ihr gefälligst nach!“ Doch auch Rion rührte sich nicht. Der Angstschweiß lief ihm über die Stirn. Laris trat aus dem Nichts heraus. Es schien, als hätte er erneut die Chance gewittert, von hier verschwinden zu können. „Ich hole sie zurück!“, bot er zur Überraschung aller an. „Macht mich los!“ Rion überlegte nicht lange. Er zog seinen Säbel und schnitt seinen Bruder los. Sofort stürzte dieser mit großen Schritten davon. „Ich hoffe nur, er macht sich jetzt nicht einfach aus den Staub,“ hatte Rion plötzlich zu bedenken. Tares warf ihm einen wütenden Blick zu. Wenn er solche Angst davor hatte, dass Laris einfach verschwinden würde, sollte er ihn nicht seine Arbeit machen lassen. Was war nur los mit ihm? Er hatte Lena doch gern. Seit ihrem gemeinsamen Abenteuer war sie ihm irgendwie ans Herz gewachsen und jetzt das? Er mochte sie doch. Warum hatte er jetzt solche Furcht? Tares konnte sich das einfach nicht erklären. Laris hatte sich nicht, wie erwartet, einfach davongestohlen. Mit schnellen Schritten hastete er hinter Lena her. Sie nur mit Worten zum Anhalten zu bewegen schien seiner Meinung nach nicht das Richtige zu sein, also musste er sie einholen. Einen Namen, mit dem er sie rufen könnte, hatte er im Augenblick ohnehin nicht. Als Lena das letzte Mal versuchte davonzukommen, war es für ihn ein Leichtes gewesen, ihr zu folgen. Trotz, dass sich der Untergrund, auf dem sie jetzt liefen, nicht anders war, wie das letzte Mal, machte ihn die jetzige Verfolgung körperlich ziemlich fertig. Laris hielt an. Er hatte ihre Spur verloren. Der aufgezogene Frühnebel und die Strahlen der erst aufgegangenen Sonne schränkten seine Sicht erheblich ein. Warum folgte er nur einer wildfremden Frau? Alle schienen sich zu fürchten nur er fühlte diese Angst nicht. Er schaute sich um. Ein knappes Stück vor ihm, vernahm er wiederholt ein knacken dürrer Äste. Sofort setzte er seinen Sprint fort. Einige Male musste er jetzt umgestürzten Bäumen ausweichen oder sie gleich überspringen. Laris hatte die ihm fremde Menschenfrau endlich eingeholt. Lena hatte ihr Tempo verlangsamt also erhöhte der Elf seines. Er packte sie an der Hüfte und hielt sie an. Gerade als sie am liebsten wieder ausgeflippt wäre, merkte Lena wer sie da eigentlich angehalten hatte. Er war der Allerletzte, dem sie etwas antun wollte. Sie legte ihre Hände auf seinen Arm. Die unnatürliche Wärme dieser, lies den Elf zusammenzucken, doch an Loslassen dachte er deswegen nicht. Auch jetzt atmete er noch sehr schnell und gut hörbar. Er war vollkommen außer Atem. Ohne Lena freizugeben, lief er um sie herum. Sicherlich hatte er das mit ihren Augen gehört, konnte es aber nicht so recht glauben. Diese wiesen auch jetzt keine Pupillen auf, doch ihn schien das nicht zu ängstigen. „Sie erwarten jetzt von mir, dass ich dich zurückbringe“, begann er das Gespräch. „Mich halten sie für gefährlich und vor dir haben sie auch Angst. Ich finde wir sollten beide einfach verschwinden“, schlug er vor. „Ich will dir nicht wehtun“, sagte sie und verzog keine Miene. „Ich werde nicht mit dir mitkommen. Dieses verfluchte Medaillon hat in mir Kräfte geweckt, die ich nicht zu kontrollieren weis.“ Lena schloss die Augen. „Ich weis nicht was es ist...“, sprach der Elf weiter. Seine Stimme wurde ziemlich leise. „Irgend etwas an dir zieht mich an.“ Er küsste sie. Nichts hätte ihn jetzt davon abhalten können. Erstaunt riss Lena die Augen auf. Laris küsste sie einfach weiter. Ihre Augenfarbe kehrte so langsam wieder zurück. Glücklich darüber schaute der Elf sie an. „Vielleicht sollten wir doch wieder zurück gehen“, schlug er jetzt stattdessen vor. Lenas Hände schienen sich ebenfalls zu normalisieren. Erstaunt schaute sie Laris an. Was war das nur, das sie mit diesem Kerl auf diese Weise verband? Vorsichtig streichelte sie ihm die Wange. „Habe ich irgendwem wehgetan?“ Der Elf schüttelte lächelnd den Kopf. „Bitte komm wieder mit zurück. An deiner Seite fühle ich mich irgendwie sicher.“ Diesen Wunsch konnte sie ihm nicht abschlagen, obwohl es ihr wirklich sehr schwer fiel. Als sie das Lager wieder erreichten, standen die beiden Männer genau noch da, wo sie es vorher schon taten. Elya hatte sich zu Tares gesellt. Verschämt oder gar verängstigt schauten alle auf den Boden. Lenas Hand griff sehr fest nach der des Elfen. „Geht es euch gut?“, war Elyas zaghafte Frage. Sie wusste nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Ganz sicher hatte das nicht nur Elya, außer den beiden Männern mitbekommen. Ganz bestimmt stand der Rest der Gruppe jetzt von innen an der magischen Barriere und würden diese Unterhaltung mitverfolgen. Mit angestrengtem Blick stierte Lena in deren Richtung. Das anormale, leuchtendende weiß ihrer Augen kehrte zurück. Sogleich riss sie sich von der Hand des Elfen los und hielt sich die Augen zu. „Warum hast du mir das angetan, Rion?“ Sie starrte ihn an und dieser fuhr erneut erschaudert zusammen. „Ich hatte doch keine Ahnung um wie viel mächtiger du bist als Theodora.“ Lena schaute erneut in Richtung Schutzzauber. „Sie stehen alle am Rand der Barriere. Jeder einzelne hat seine Hand bereits an seiner Waffe. Ich kann sie von hier aus sehen!“ Unsicher wand sie sich davon ab. Laris verspürte nicht die geringste Angst vor ihr und drückte sie erneut an sich. „Warum jetzt? Warum war diese Kraft nicht schon da, als ich meinen Fuß das erste mal auf diesen Boden setzte?“ „Ich weiß es nicht, Lena“, gestand Rion. „Vielleicht wurde sie erst nach dem Tod deiner Großmutter auf dich übertragen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)