Das Tor von Trollfrau ================================================================================ Kapitel 22 - Getrennte Wege --------------------------- Elya und Laris hatten den Wald vor Sonnenuntergang längst erreicht. Seine Erinnerung wollte jedoch nicht wiederkehren. Elya hatte ihm bis jetzt noch nicht erzählen können, welches Schicksal Lena ereilt hatte. Jetzt jedoch hatte sie ein ziemlich schlechtes Gewissen. Denn er hatte die Frage erneut gestellt und sie konnte nicht länger schweigen. „Moros, der augenblickliche König dieser Stadt hat sie die Schlucht hinunterwerfen lassen.“ Laris begann zu schluchzen. „Die einzige Person an die ich mich wenigstens bildlich erinnern kann soll tot sein? Das ist nicht wahr!“ Elya musste ihn stützen. „Nicht nur du hast jemanden verloren, der dir wichtig war“, warf sie ein. Sie erzählte ihm jedoch nicht, das sie nicht von Lena sprach. „Wir müssen die finden, welche sich seit einiger Zeit in diesen Wäldern versteckt halten.“ „Wozu brauchst du mich dann?“ Laris war ohne jede Hoffnung. „Hör mir zu Bruder! ich brauche dich, weil du ein bewährter Kämpfer bist. Diese Fähigkeiten sind mir sehr wichtig. Hattest du etwa vor, mich hier alleine herumlaufen zu lassen?“ „Nein, natürlich nicht, aber warum erinnere ich mich an rein gar nichts?“ Seine traurigen Augen suchten jetzt Blickkontakt. „Lena meinte du wärst krank. Ich weiß jedoch nicht, wie man diese Krankheit heilen könnte.“ Behutsam drückte sie ihn an sich. „Ich werde dir zur Seite stehen so gut ich kann, aber jetzt müssen wir wirklich diese Leute suchen.“ Laris willigte ein und sie verschwanden im tiefen Wald. Die extreme Finsternis, welche die beiden jetzt umgab, schweißte sie wieder enger zusammen. Im Schutze der Dunkelheit ließen sie sich erst einmal nieder. Jetzt hier im Wald herumzustolpern wäre eine große Dummheit gewesen. *** Lena wurde vom rauschen des Meeres geweckt. Die Sonne schien in den Morgenstunden noch nicht hier her, dadurch war es doch recht kühl. Die Spuren, welche Tares neben ihr im Sand hinterlassen hatte, waren noch da. Er jedoch war verschwunden. Zu ihrem entsetzen musste sie feststellen, das seine Sachen und sogar seine Stiefel noch neben ihr auf dem Stein lagen. Der Schmerz in ihrem Arm war nach wie vor gut zu spüren. Ein lautes rauschen drang jetzt an ihr Ohr. Behutsam richtete sie sich auf. War dieser Kerl etwa baden gegangen? Mit ihrer Vermutung hatte sie recht. Splitternackt kam er mit großen Schritten aus dem Nebel auf sie zu. Lena nahm sofort die Hand vor ihre Augen. Wie konnte er nur, dachte sie sich. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er vorsichtig. Lena hatte die Hand noch nicht weggenommen. „Ist es bei euch Trollen üblich so herumzulaufen?“, fragte sie vorsichtig. „Entschuldigung, wenn das unmöglich von mir war, aber ich habe jetzt einfach ein Bad gebraucht.“ In Windeseile hatte er seine Hose wieder übergezogen. „Schon gut, vergiss es einfach okay?“ Dieser Mann war wirklich gut gebaut. Und wieder wurde ihr klar, was Elya an ihm fand. „Wird nicht wieder vorkommen, Lena. Du kannst die Hand wegnehmen.“ Die Schamesröte in ihrem Gesicht war allerdings noch nicht verflogen. Belustigt darüber setzte er wieder sein breites Grinsen auf. Lena wand den Blick ab. Ihr war das wirklich sehr unangenehm. „Wenn dieser Körperkult bei euch üblich ist, werde ich wohl besser Abstand halten.“ „Ach komm schon“, sagte er sichtlich beleidigt. „Findest du mich wirklich so abscheulich?“ „Nein, natürlich nicht! Es macht mich einfach nur nervös, verstanden!“ Tares hockte sich neben sie. Sein vor Nässe schimmernder Oberkörper hatte wirklich seinen optischen Reiz. „Lass mich doch gleich einmal nach deinem Finger sehen und um dich zu beruhigen, ich bin der einzige in der Familie , der diese Art von Körperkult, wie du es nanntest, pflegt.“ Loco schlich um einen der Steine herum und setzte sich neben sie. „Meinst du nicht sie kommen dahinter, dass wir nicht tot sind?“ „Vater hat ganz sicher nicht den Mut die Schlucht nach dem toten Körper seines eigenen Sohnes abzusuchen.“ Tares wickelte das kurze Stück des Verbandes ab und Lena kniff wieder die Augen zu. „Wenn man bedenkt, was mit deinem Finger passiert ist, sieht er wirklich gut aus. Die Blutung ist längst gestillt. Elya hat ihn hervorragend versorgt.“ „Sei mir nicht böse, aber ich kann mir das einfach noch nicht anschauen. Die Schlinge denke ich, brauche ich nicht mehr. Der Arm ist zwar noch nicht ganz schmerzfrei, aber ich werde es schon aushalten.“ Tares setzte sich so mit seinem breiten Kreuz so davor, das sie den Finger nicht mehr sehen konnte. Lena schaute sich diesen Mann jetzt nocheinmal genauer an. Wenn er ein Mensch wäre und sie so einen mit nach Hause bringen würde, wäre ihre Mutter sicherlich hellauf begeistert. Mit seiner Größe und Stärke wäre er ganz bestimmt nicht nur für sie selbst eine große Hilfe – und Freude. Tares merkte, dass sie ihn genau beobachtete, drehte den Kopf und griente sie an. „Ich hätte jetzt wirklich Interesse zu erfahren, was du wohl gerade über mich denkst.“ Lena spürte, wie sie erneut rot wurde und wand den Blick ab. Der Troll sagte nichts weiter. Er stand auf um in einer der Nischen zwischen den Steinen nach den Bündeln zu suchen. Loco schaute aufs Meer hinaus. Ganz bestimmt hatte er jetzt einen der Fische springen sehen. Ob er sich wohl nach seinem Herrchen sehnte. Ganz sicher würde sich Laris auch jetzt nicht an ihn erinnern. Tares lies sich mit den Bündeln erneut neben ihr nieder. Seine Stiefel standen immer noch neben einem der Steine auf dem auch sein Hemd lag. Der Troll packte einige der Sachen aus. „Ich habe aus den Haus noch etwas essbares mitgenommen.“ Er gab Ihr den größten der eingesteckten Äpfel. Lena griff nur sehr zaghaft danach, allerdings nicht weil sie sich nicht traute, sondern der Schmerzen im Arm wegen. „Ich kann dich auch gerne füttern, wenn du das möchtest.“ Lena verzog verärgert das Gesicht. Tares musste deswegen heftig lachen. Sein Lachen war von der Sorte, welches unweigerlich ansteckte, obwohl ihr nun wirklich nicht danach zumute war. „Bitte sei mir nicht böse. Ich bin nur so froh, dass wir diesen Sturz überlebt haben.“ Tares schaute ihr tief in die Augen. Irgendwie hatte er Recht. Diese Begebenheit schrie förmlich danach gefeiert zu werden. Vielleicht sollte sie einfach einmal mit diesem Apfel anfangen. Sachte biss sie hinein. Auch er ließ sich erst einmal einen davon schmecken. Aus einem der Lederbeutel hatte er behutsam etwas von dieser grünlichen Paste auf Lenas Finger aufgetragen. Da sie gerade am kauen war, hatte sie nicht so recht die Möglichkeit, einen Schrei herauszulassen, was Tares ganz sicher nur recht sein konnte. In seinen großen, rauen Händen steckte überraschenderweise jede Menge Feingefühl. Auch dieses mal saß er genau so, dass sie nicht sehen konnte was genau er da eigentlich tat. Schnell hatte er die Binde wieder darauf festgebunden. Um dem Ganzen mehr Halt zu geben, wickelte er auch den Ring und Mittelfinger darin mit fest. Langsam wurde es angenehm warm unter dem Verband. Diese Paste, aus welchen Kräutern sie auch immer bestehen mochte, wirkte Wunder. Unruhig begann Loco um die Beiden herumzuhüpfen. Lena streckte die Hand nach ihm aus, um ihn mit ein paar Streicheleinheiten zu beruhigen. Tares stand auf und schaute sich um. Die Nervosität des Kuscheltieres übertrug sich auch auf ihn. Die zierliche Frau hatte jetzt endlich die Möglichkeit, einen Blick auf den Verband zu werfen. Ihr wurde wieder klar, was sich darunter verbarg. Der Troll war sich sicher, dass die Unruhe von Loco völlig unbegründet war. Als er sich wieder zu Lena setzte, waren ihr beim Anblick des Verbandes die Tränen gekommen. Besorgt kniete sich Tares vor ihr in den Sand. Worte des Trostes vielen ihm in diesem Moment bedauerlicherweise keine ein. Der Troll strich ihr langsam über den Kopf. Lena war so ziemlich am Ende. Vorsichtig drückte er sie an sich. „Es tut mir wirklich leid, dass das passieren musste.“ Sein Körper war noch nass und er fühlte sich kalt an. Lena befreite sich dennoch nicht. „Hätte ich schneller reagiert, wäre das sicher nicht passiert.“ Sie legte ihm ihre zitternde Hand auf den Rücken, daraufhin lies er sie wieder los und schaute sie berührt an. Lena versuchte zu lächeln. „Wir sollten jetzt wirklich die anderen beiden suchen, bevor sie uns wirklich für tot halten“, äußerte sie unbeachtet seiner letzten Worte. Tares half ihr auf. „Mach dich doch bitte nicht verrückt. Du weißt genau, dass das nicht deine Schuld war.“ Tares zog sich Stiefel und Hemd wieder über. Da sie außen um Senos herum gehen mussten, würde der Weg die Beiden ein ganzes Stück Zeit kosten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)