Son of Ra von Autumn (YamixBakura) ================================================================================ Kapitel 11: Das Sonnenschwert ----------------------------- Schade, die 40er-Grenze ist doch nicht geknackt worden - aber diesmal bestimmt!^^ Hier ist also das neue Kapitel von "Son of Ra"! Viel Spaß beim Lesen! EDIT: Ich habe ein paar Inspirationsbilder on gestellt, die Baku+Yami oder Ati+Grabräuberchen zeigen. Ihr seid herzlich eingeladen, sie Euch anzuschauen!^^ Kapitel 11: Das Sonnenschwert Kurz nach halb vier brach eine interessante Reisegruppe in Richtung jenes Tales auf, das die beiden Männer der Vergangenheit aufsuchen sollten: Die Geschwister hatten dem Pharao ein eigenes Pferd besorgt, während der Grabräuber das von ihm entwendete Tier behielt. Sie ritten voran, der Karte folgend, eskortiert von Marik, der sich ebenfalls auf einem Pferd fortbewegte, während Ishizu sich von einem Kamel über die Dünen schaukeln ließ. Bakura war gar nicht entzückt, dass das Blondlöckchen sie bis zu dem Tal begleiten würde und verfluchte seinen adeligen Rivalen dafür, dass er dem zugestimmt hatte. >>Dieser blöde Schwachkopf von einem König!! Was hat er sich bloß dabei gedacht, in Ras Namen?! Will er mich absichtlich ärgern, oder was?! Schlimm genug, dass dieses Babyface in ihn verknallt ist, aber dass wir den Bengel dann auch noch mitschleppen müssen, ist wirklich zu viel für meine Nerven!! Ich frage mich, was er wohl auf Mariks Liebeserklärung geantwortet hat? Bah, schon allein die Erinnerung an dieses Gesülze reicht aus, um mich zum Kotzen zu bringen! Das war dermaßen widerlich, es gibt keine Beschreibung dafür!! Klar, und Mr. Obermacker muss unbedingt darauf bestehen, plötzlich ein eigenes Pferd zu haben!! Wir sind mit dem einen doch bisher wunderbar zurechtgekommen, also was soll der Mist?!<< Insgeheim regte ihn dieser Umstand vor allen Dingen deshalb so auf, weil er nun darauf verzichten musste, Yami hinter sich auf dem Sattel zu haben, folglich würde er diese starken Arme nicht mehr spüren, die sich um seine Taille schlossen....bei Apis, was war denn nur in ihn gefahren?!?! Drehte er jetzt völlig durch?! Im Grunde war es fantastisch, dass er nicht länger auf diesen grässlichen Aristokraten-Verschnitt aufpassen musste!! Es war nicht mehr sein Problem, wenn der Mistkerl vom Pferd fiel....!! >>Scheiße, scheiße, scheiße!!! Ich mache mir hier doch selbst was vor....! Ich merke, wie meine Verachtung für ihn schwindet....Wenn ich ihn ansehe, suche ich nach dem Mann, den ich fünftausend Jahre lang erbittert gehasst habe und nun musste ich entdecken, dass fast alles, was ich an ihm verabscheut habe, verzerrte Tatsachen waren....dass ich sogar ein Leben hätte haben können, in dem ich ihn....in dem ich ihn....<< Sein Herzschlag nahm zu und er fluchte gepresst, darum bemüht, seine gleichgültige Haltung zu bewahren. Seine Augen ruhten auf der stolzen Gestalt des Bunthaarigen, der sich tatsächlich unleugbar majestätisch auf dem Pferderücken hielt und das Tier mit sicherer Hand führte. Die sehnigen Muskeln seiner Arme kamen auf diese Weise besonders gut zur Geltung und auch die Art, wie er den Kopf wandte und den Weg beschrieb, der laut Karte vor ihnen lag, besass etwas königliches. Die Sonne malte goldene Reflexe in sein Haar und zauberte ein irisierendes Leuchten in jene Amethyste, durch die der Pharao auf seine Welt blickte. Marik machte soeben einen kleinen Scherz, um seine Schwester ein bisschen zu necken und der Meisterduellant lachte. Es war ein offenes, ehrliches Lachen, dem seine samtweiche Stimme zugleich etwas ungemein Sinnliches verlieh. >>....in dem ich ihn....geliebt hätte....NEIN!!! Sei verflucht, du verdammter....dämlicher.... arroganter....Oh Ra, warum quälst du mich so?! Was hast du dir dabei gedacht, so einen Erben deiner Krone zu erschaffen?! Yami ist so....so eigensinnig, so hochmütig, so selbstgefällig!! Für sein Mundwerk bräuchte er einen Waffenschein! Und sein snobistisches Getue geht mir gewaltig auf den Sack! Und er ist so....ich weiß nicht, so....so stolz, so temperamentvoll, so tapfer, so willensstark....ja, bin ich denn noch zu retten?!?! Wie komme ich dazu, hier Lobeshymnen auf diesen Trottel anzustimmen!?! Er ist doch bloß....wunderschön....<< Es hörte nicht auf. Seine Argumentation endete immer wieder am selben Punkt. Egal, wie oft er von vorne begann, um sich seinen Hass und seine Verachtung ins Gedächtnis zurückzurufen, sein Zorn und seine Abneigung verliefen sich nach und nach in dem heftigen, leidenschaftlichen Begehren, das er für den ehemaligen Herrscher empfand....und er war sich nicht ganz sicher, ob das alles war, was er fühlte, so erschreckend dieses Eingeständnis auch war. Zu behaupten, er würde diesen Mann nicht respektieren oder als ebenbürtig betrachten, wäre eine glatte Lüge. Bevor diese Mission angefangen hatte, hätte es noch der Wahrheit entsprochen, aber nun....nun wurde er mit den Regungen seines Herzens konfrontiert, von denen er sich seit Ewigkeiten gelöst glaubte. Dem war nicht so. Er hatte sein Herz unter einem Panzer aus Einsamkeit, Schmerz, Wut und Trauer verschanzt, doch es war noch immer in ihm und gewann an Stärke. Er wusste mittlerweile zu viel über den Pharao....zu viel, um ihn noch länger ernsthaft hassen zu können. Und Mariks sehnsüchtige Blicke in Richtung Yami verbesserten seine Stimmung nicht wirklich. Zwar ignorierte er den schmerzhaften Stich in seiner Brust, aber sein Zorn wurde dadurch nicht weniger, im Gegenteil. So war er ein recht schweigsamer Reisegefährte, worüber sich der Meisterduellant insgeheim wunderte. >>Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darum reißen würde, ständig seine nervtötende Stimme zu hören, aber ich frage mich doch, was mit ihm los ist. Er ist natürlich nicht der Typ für geistreiche Konversation, aber stumm zu sein wie ein Fisch ist in der Regel auch nicht seine Sache. Er scheint über Mariks Anwesenheit nicht besonders glücklich zu sein....ich meine, wenn Blicke töten könnten, wäre der arme Junge schon längst vom Pferd gefallen. Ob er misstrauisch ist, weil ich mit ihm unter vier Augen gesprochen habe? Er denkt doch nicht im Ernst, dass ich ihm von der Liebeserklärung erzählt hätte? Mit meiner Antwort muss sich Marik ohnehin abfinden....<< ~~ RÜCKBLENDE ~~ „Ihr seid jeder Größe fähig, mein Pharao. Ich....ich liebe Euch....!" Endlich, es war heraus! Der blonde Ägypter musterte seinen Gegenüber voller Angst. Er nahm nicht an, dass der andere seine Gefühle erwiderte, aber er hoffte, wenigstens eine Antwort zu erhalten, die ihm nicht zur Gänze das Herz brach. „Sieh mich an. Nein, wende deinen Blick nicht ab. Sieh. Mich. An. Ich bin fünftausend Jahre alt. Ich betrachte dich als guten Freund, aber nichtsdestotrotz bist du verglichen mit mir immer noch ein Kind. Ich hege bisweilen brüderliche Gefühle für dich, doch ich liebe dich nicht auf die gleiche Art, wie du mich. Ich weiß nicht, ob es mir in dieser Welt, in diesem Leben je vergönnt sein wird, den einen Mann zu finden, dem ich mein Herz schenke. Vielleicht werde ich dieses Glück nie haben. Aber du bist noch jung. Du solltest nicht für immer an mir hängen. Geh aus, genieße es, ein Teenager zu sein, verliebe dich neu. Ich bin nicht der Richtige für dich. Du musst mich vergessen." „Vergessen! Ihr seid kein Mann, den man einfach so vergessen kann!!" (Anm. d. Autorin: Einen Kerl wie Yami vergessen....hm, das stelle ich mir tatsächlich schwierig vor. Der Altersunterschied zwischen den beiden beträgt übrigens 4984 Jährchen!) Eine Hand legte sich auf seine Schulter und tiefe, ernste Amethyste strahlten ihn an. „Sei vernünftig, Junge. Dir ist doch klar, dass es mit uns nicht funktionieren würde. Ich brauche jemanden, der aus meiner Epoche stammt, der mit Ägypten dieselben Erinnerungen und Empfindungen verbindet wie ich; jemanden, der meine Einsamkeit versteht und mich gut kennt, sowohl meine Stärken als auch meine Schwächen; jemanden, der mich als den Mann akzeptiert, der ich bin, mit allen Ecken und Kanten. Ich brauche jemanden, der reifer und erfahrener ist; jemanden, der mich nicht als erhabener betrachtet, nur weil ich Pharao bin; jemanden...." „....wie Bakura?" ( <= Wenn Baku das gehört hätte....!) Der einstige Herrscher sah den Jüngeren erschrocken an und setzte an, diese ungeheuerliche Vermutung zu widerlegen, doch ein automatisches Zögern verschloss ihm den Mund. Der Vorschlag an sich war gar nicht so abwegig wie er wohl zu Beginn dieser Mission gewesen wäre. Der Grabräuber war sein Verbündeter geworden und er konnte nicht leugnen, dass er ihn begehrte. Aber er sprach von jemandem, den er lieben konnte, nicht von einem Abenteuer für eine Nacht! Andererseits....bei Ra, der Kuss!! Der Kuss in jenem Leben, das Maat ihnen gezeigt hatte! Bakura und er hätten ein Liebespaar sein können, wenn Apophis nicht....! Aber nein, er durfte diesen Gedanken nicht zu Ende führen! Er....und der Dieb....zusammen....? ~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~ Jetzt war seine gute Laune auch in die Unterwelt verschwunden. Mariks direkter Hinweis auf den Weißhaarigen hatte ihn ziemlich erschüttert und die Erinnerung daran verdüsterte seine Stimmung. Er linste verstohlen zu seinem „Problem" hinüber und seufzte. Er konnte die Tatsachen nicht länger verdrängen, denn dass seine Gefühle für Bakura sich gewandelt hatten, war ein Fakt. Falls er ihn denn je so intensiv gehasst hatte wie er selbst von dem Banditen gehasst worden war, so hatte er mittlerweile gelernt, ihn zu respektieren und ihn als gleichwertig zu betrachten. Das war gefährlich, denn daraus konnte etwas entstehen, vor dem er sich fürchtete....und sein Stolz rebellierte dagegen. Nie würde er das dulden, nie!! In diesem Moment wandte der Grabräuber den Kopf und ihre Blicke kreuzten sich für die Dauer einer atemlosen, sich endlos dehnenden Sekunde, in der beide das laute Klopfen ihres Herzens hören konnten, das einem Trommelwirbel glich. >>Yami....<< >>Bakura....<< Gegen sieben Uhr erreichten sie eine Schlucht, die steil bis in den Talkessel abfiel. Enge Serpentinen wanden sich in Gestalt eines felsigen Weges hinunter in den Abgrund und dort unten erhob sich in herrlicher Pracht und Größe der Tempel, in dem das Sonnenschwert verwahrt wurde. Ishizu zügelte das Kamel und sagte: „Dies ist das Tal des Unendlichen Himmels. Es wird von einem uralten Zauber geschützt und Unbefugte dürfen es nicht betreten. Nur den Söhnen des Ra und Heiligen Kriegern ist es gestattet, diesen Ort aufzusuchen." „Heiligen Kriegern? He, ich bin ein Krimineller! Wie soll ich da rein, wenn irgend so ein dämlicher Zauberbann mich zurückstößt?!" „Du vergisst, dass du ohne Apophis‘ Einmischung der Krieger der Maat geworden wärst. Demnach stehst du unter göttlichem Schutz und müsstest das Recht besitzen, das Tal zu betreten. Ist dir das etwa entfallen? Aber bei deinem mickrigen Gehirn ist es ja schon eine Leistung, wenn du dich an gestern erinnerst!" „Und für dich wäre es eine enorme Leistung, wenn du mal was anderes wärst als giftig!!" Der platinblonde Ägypter unterbrach den Disput und zeigte ein respektvolles Nicken, ehe er folgende Worte an den Pharao richtete: „Wir müssen Euch nun leider verlassen, mein König. Ich bin dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit hatte, Euch meine Gefühle zu offenbaren....und ich will versuchen, mich an Euren Rat zu halten. Lebt wohl - ich wünsche Euch alles Gute!" Seine Augen waren schmerzvoll und in seinen Wimpern hingen Tränen, doch er schluckte und zwang sich zu einem tapferen Lächeln. Auch seine Schwester verabschiedete sich ehrerbietig und so trennten sie sich. „Du hast ihm also deine Liebe gestanden, Brüderchen?" erkundigte sie sich, als sie außer Hörweite waren. Er wagte nicht, sie anzusehen und nickte nur stumm. „Hast du dir Hoffnungen gemacht?" „Ganz zu Anfang vielleicht, ja. Aber das ist vorbei. Seine Antwort war klar, ehrlich und unmissverständlich. Außerdem glaube ich, dass er bereits einen anderen liebt...." Die zurückgelassenen Reiter indessen schlängelten sich auf den halsbrecherischen Pfaden vorsichtig in das Tal hinunter und Bakura war ungemein zufrieden, dass Marik endlich abgehauen war. Seine Laune besserte sich dadurch ein bisschen und dass sie dem ersten Ziel ihrer Mission näher kamen, war ebenfalls vielversprechend. „Hier werden wir das Sonnenschwert finden. Leider wird seine Macht nicht ausreichen, um Apophis zu vernichten. Wo könnte das Mondschwert sein, was meinst du?" „Oh, es ist nicht unter deiner königlichen Würde, mich danach zu fragen? Erstaunlich!" „Hast du dich nicht vorhin darüber beschwert, dass ich zu giftig sei? Was man selber macht, darf man anderen nicht verbieten!" „Ich bin ja auch nicht giftig, ich bin zynisch." „Als wenn das bei dir irgendeinen Unterschied macht...." „Suchst du Streit?!" „Nein, eine Möglichkeit, dich zum Schweigen zu bringen!" Sie musterten einander zornig und drehten sich schließlich verächtlich voneinander weg. Ohne ein weiteres Wort ritten sie auf den Tempel zu, der seit Jahrtausenden von niemandem mehr betreten worden war. Das Mauerwerk war zerklüftet und der Wind heulte abscheulich in den steilen Hängen, die das Tal umgaben. Yami fühlte, wie ihm ein eisiger Schauer über den Rücken rann, als sie vor dem Eingang des Gebäudes von ihren Pferden stiegen. Sein Instinkt sagte ihm, dass irgendetwas Bedrohliches darin auf sie wartete....etwas, das die heilige Aura dieses Tempels verdarb und eigentlich nicht hierher gehörte. „Spürst du....das auch?" Der Dieb spannte jeden Muskel in seinem Körper an und nahm das schöne Messer an sich, das er mittlerweile als sein Eigentum betrachtete, obwohl die Beduinen es dem Pharao geschenkt hatten. Er nickte und untersuchte ihr Umfeld nach irgendetwas Verdächtigem, aber außer der erdrückenden Atmosphäre konnte er nichts feststellen. „Du hast recht, da ist etwas....doch zurück können wir nicht mehr, das ist dir hoffentlich klar, du feiger Idiot? Wenn du Schiss hast, dann warte hier draußen auf mich und ich hole das Schwert!" „Erstens ist es keine Angst, sondern Vorsicht, und zweitens kannst du nicht in die Kammer des Schwertes gelangen, wenn du den Schlüssel nicht hast!" „Die Kartusche mit deinem blöden Namen?" „Ja, die Kartusche! Die unnötige Beleidigung meines Namens hättest du dir übrigens sparen können, aber von einem Trottel wie dir ist das nun mal zu viel verlangt. Plustere dich nicht so auf, das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um zu zanken! Wir haben eine Aufgabe, also beweg deinen faulen Hintern und komm mit!" Der Weißhaarige murmelte irgendetwas Unfeines vor sich hin und folgte dem anderen in das Innere des Tempels. Die hohen Säulen und Fresken erweckten einen schwachen Eindruck von der einstigen Herrlichkeit dieses Bauwerks, aber die Eiseskälte, die durch dessen Korridore kroch, ließ die beiden Männer ungewollt erschauern. Endlich erreichten sie den Altarraum. Hinter dem Altar für die Opfergaben erhob sich ein großes Tor mit vielen kunstvollen Verzierungen, in dessen Mitte ein Abbild des Gottes Ra prangte. Er war in seiner hybriden Erscheinungsform dargestellt, also mit dem Körper eines Menschen und dem Kopf eines Falken. In einer Hand hielt er das Ankh-Symbol und er blickte zu der leeren Kartusche, die neben ihm eingemeißelt war. Ohne Zweifel der Platz für den Schlüssel. Der Monarch lief die Treppe hinauf, die zu dem Tor führte und schickte sich an, seine Kette von seinem Hals abzunehmen, als der peitschende Schwanz eines Reptils ihm das wichtige Schmuckstück aus der Hand schlug. Er schoss herum und sah, wie eine riesige Schlange mit drachenähnlichen Flügeln über ihnen Kreise zog, um nochmals herabzustürzen. Ein Diener von Apophis! Er hätte es wissen müssen! Nur eine solche Kreatur konnte eine derartig kalte Aura verbreiten! Er wich ihrer Attacke geschickt aus und holte seinen Dolch hervor. Bakura hatte das Messer gezückt und verpasste dem Wesen eine klaffende Schnittwunde in der Nähe des Kopfes, als es nach ihm stieß. Es fauchte boshaft und wütend und schwang sich zurück in die Höhe, um erneut einen Angriff auf den Grabräuber zu starten. Dieser rannte davon, sprang umher wie ein Hase und verteilte währendem gezielte Hiebe mit seiner Waffe. Er traf nicht immer, aber oft genug, um die Schlange zur Weißglut zu treiben und sie von Yami abzulenken. Der Meisterduellant erkannte, was sein Kamerad mit seiner Provokation bezweckte und ließ seine scharfen Augen über den Boden gleiten, um die Kette wiederzufinden. Er entdeckte sie unter dem zuckenden Schwanz der Bestie, die gerade wie verrückt nach ihrem Gegner schnappte. Er hechtete hinüber, bekam die Kartusche zu fassen und hängte sie sich sicherheitshalber um, als das Reptil ihn bemerkte und ihm einen kräftigen Schlag mit seinem Körper verpasste. Er wurde brutal gegen das Tor geschleudert, sackte zusammen und blieb ohnmächtig liegen. Der ehemalige Geist des Millenniumsringes war unterdessen auf den Altar gesprungen, um den tödlichen Zähnen zu entgehen und starrte auf den regungslosen Pharao hinunter. Die Kreatur hatte offensichtlich das Interesse an ihm verloren, denn sie kroch nun auf den Bunthaarigen zu und bohrte ihr bleiches Gebiss in sein Fleisch. Dann warf sie ihn herum und donnerte ihn gegen eine Säule. Ein befriedigtes Zischeln folgte dieser Tat und Bakura war es, als stoße man einen spitzen Stachel direkt in sein Herz. Blut quoll aus der Wunde, die sich unglückseligerweise an derselben Stelle befand wie der Biss der ersten Schlange - und dieses Tier war ihnen in Normalgröße begegnet, nicht in dieser monströsen Form. Der einstige Regent von Ägypten rührte sich nicht, sein Gesicht war aschfahl....und mit einem Mal überschwemmte den Dieb ein lähmendes Entsetzen, der Gedanke, dass Yami vielleicht sterben würde....Er betrachtete das edle, aristokratische Antlitz, die vollendete Hals- und Schulterlinie und wunderte sich über die Anmut, die der Pharao selbst in diesem Moment noch besass, da er doch bewusstlos war. „Wie konntest du, du Missgeburt?! Fass ihn nicht an....fass ihn nicht an!!" schrie er, als die Schlange sich erneut auf ihn zubewegte. Er stürzte zu dem Herrscher hinüber, brachte die Kette in seinen Besitz und grinste hinterhältig: „He, du zu großgeratener Riesenwurm! Ist es der Schlüssel, den du suchst? Komm und hol ihn dir!" Die Kobra wandte sich ihm zu und flog hoch zum Deckengewölbe, um wie ein Raubvogel ihre Beute zu schnappen. Bakura zögerte keine Sekunde. Er rannte zu dem Tor und steckte die Kartusche in die dafür vorgesehene Vertiefung. Ein dumpfes Grollen ertönte, und die schweren Türflügel ächzten zur Seite. Ein gleißendes Licht strahlte in den Altarraum und er musste die Arme vor die Augen heben, um sich dagegen zu schützen. Er betrat die Kammer und sah das Sonnenschwert, das auf magische Weise über einem Sockel schwebte und von einem Lichtkranz umsäumt war, dessen Leuchten jedoch immer mehr an Intensität verlor und schließlich ganz erlosch, als der Grabräuber den Griff umklammerte. Es war eine wunderbare Klinge, aus bestem Stahl gefertigt und mit Gold überzogen, genau wie der in einem dunkleren Goldton gehaltene Griff, in dessen Mitte ein Sonnensymbol schimmerte. Am Schaft stand in Hieroglyphenschrift: „Die Waffe des Königs". Das Reptil ließ ihm keine Zeit, sich an diesem Anblick zu erfreuen, denn es raste wie der Blitz in die Kammer hinein und hieb nach dem Weißhaarigen. Er duckte sich weg, rollte nach links und stürmte aus dem Zimmer hinaus, das zornige Geschöpf immer hinter sich. Es wirbelte ihm nach und setzte zu einer zerstörerischen Attacke an; da drehte sich Bakura plötzlich um und schlug der Bestie in einer fließenden Bewegung den Kopf ab. Das Sonnenschwert zertrennte ohne Probleme festes Muskelgewebe und dicke, schuppige Haut, Sehnen und Nerven wurden in einem einzigen Streich gekappt und die Schlange verschied mit einem letzten, verzerrten Zischen. Der Bandit wischte sich den Schweiß von der Stirn und trat zu dem Pharao hinüber. Er hob ihn auf seine Arme und trug ihn zu den Pferden hinaus. Er breitete den Beduinenmantel vor den Tempelstufen aus und bettete den Bewusstlosen achtsam auf den weichen Stoff. Die Klinge legte er daneben und schob das schwarze Top nach oben, um die Verletzung zu begutachten. Sie blutete stärker als für einen Schlangenbiss üblich und um die Wunde hatten sich eitrige Wucherungen gebildet. Es würde nichts nützen, das Gift auszusaugen. Da erinnerte er sich an den Heiltrank, den Yami ihm gegenüber erwähnt hatte - damit hatte er ihn auch von Apophis‘ Biss heilen können. Er durchsuchte die Reisetaschen und fand eine violette Karaffe mit goldenem Henkel darin. Das musste der Trank sein! Er riss von seinem Hemd ein Stück ab, träufelte etwas von der Flüssigkeit darauf und rieb vorsichtig die Wunde damit ein. Die heilende Kraft entfaltete rasch ihre Wirkung; der Eiter fiel ab und die Blutung wurde gestoppt. >>Was hat er zu mir gesagt, als wir uns wegen dem Bedanken gestritten haben? Ich glaube, irgendwas von, dass er mir den Trank eingeflößt hätte. Vielleicht sollte ich das auch tun, das könnte seine Schmerzen lindern....<< Er nahm einen Schluck aus dem Fläschchen, presste die adeligen Lippen auseinander und verschloss sie mit seinem Mund. >>Mach schon, Atemu....du musst es schlucken! Ja, gut so....<< Er löste sich fast widerstrebend von diesen sinnlichen Lippen und ließ seine Augen über die ohnmächtige Gestalt wandern, die mit einem Mal so verletzlich zu sein schien. Weshalb hatte er diese maßlose Angst empfunden? Warum hatte er sich davor gefürchtet, dass dieser Bastard sterben könnte? Hatte er ihn nicht seit Ewigkeiten selbst töten wollen? Und dieser Schmerz in seiner Brust....wie war das zu erklären? Wollte er ihn....nicht verlieren? War es das? Aber das war doch vollkommen ausgeschlossen! Seine Rache zu genießen, den arroganten König der Spiele tot zu sehen, das war sein Wunsch gewesen....und jetzt sollte das alles nicht mehr zählen!? „Du blöder Mistkerl...." flüsterte er, während er sich über den anderen neigte und ihn eingehend musterte. „Du hirnverbrannter, dämlicher Schwachkopf....konntest du nicht besser aufpassen? Aber nein, du musstest ja unbedingt die bescheuerte Kette wiederhaben! Warum hast du nicht abgewartet, bis ich sie geholt habe? Du musst doch immer deinen Dickschädel durchsetzen, du verdammter Idiot! Dich für diese lächerliche Mission so in Gefahr zu bringen, dir ist echt nicht zu helfen....!" Er ignorierte hierbei die Tatsache, dass er sich wegen Yami in eine ähnlich riskante Situation hineinmanövriert hatte, denn er konnte und wollte sich das einfach nicht eingestehen. „....Du bist wirklich der größte Narr, den diese Welt je gesehen hat....überheblich, selbstgefällig und herablassend....und dabei stolzer als ein Gott und härter als der Diamant.... Dumm genug, um für deine lumpigen Freunde dein Leben in die Waagschale zu werfen und dich selbstlos in irgendwelche Kämpfe oder Duelle zu stürzen....ja, dumm....oder mutig. Pah, wo liegt da der Unterschied? Sich für andere einzusetzen, ist nichts weiter als Torheit, und Tapferkeit ist die größte Dummheit, über die man verfügen kann! Du bist ein Trottel....und ein Bastard....der schlimmste, aufgeblasenste Bastard der Geschichte! Hörst du mich, Pharao? Los, antworte! Mach die Augen auf und wehr dich! Erprobe deine spitze Zunge und weise mich in meine Schranken, so wie du es sonst immer tust!" Doch der Bunthaarige war nach wie vor ohnmächtig, was er wohl während des Heilungsprozesses auch weiterhin bleiben würde. Eine zitternde Hand strich ihm ein paar vorwitzige Strähnen aus der Stirn und streichelte sanft über seine Wange. Der Grabräuber wusste nicht genau, weshalb er plötzlich der Zärtlichkeit huldigte, aber irgendetwas reizte ihn dazu. Ob Yamis fesselnde Schönheit der Grund dafür war? Er sah ihn an und das Begehren schnürte ihm die Kehle zusammen. Das Blut rauschte ihm in den Ohren und sein Atem beschleunigte sich. >>Nur einmal noch....nur ein....einziges Mal....<< Bezwungen von einer Sehnsucht, gegen die er sich bisher aufgelehnt hatte und der er keinen Namen zu geben wagte, beugte er sich hinunter und küsste ihn auf den Mund.... Wird fortgesetzt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)