His Destiny was Foreordained von mystique (♣ "Sein Schicksal war vorherbestimmt" RenxHorohoro) ================================================================================ Kapitel 17: Schuld ------------------ 17. Kapitel: Schuld Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
 Achte auf Deine Handlungen,
 denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten,
 denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter,
 denn er wird Dein Schicksal. Mit abwesendem Blick starrte Horohoro auf seine geballte Faust hinab. Ein sanftes Pochen ging von ihr aus und mit beinahe schon perfidem Interesse wurde sie von ihm betrachtet. Er war in seinem Leben selten außerhalb eines Schamanenkampfes handgreiflich geworden – das letzte Mal, an das er sich bewusst erinnern konnte war sein kürzlich ereigneter Kontrollverlust gegenüber Yoh gewesen, aber sonst? Und nun hatte es Ren getroffen. Seine Faust verkrampfte sich, während seine Knöchel hell hervortraten. Er lag im Rech. Es war nur gerecht, dass er sich Ren gegenüber so verhalten hatte. Ein geringer Teil von ihm protestierte gegen diese Behauptung, doch er drängte ihn rasch zurück, fixierte sich verbissen auf diese Gewissheit, um den Schmerz, der schon so lange in ihm wütete nicht noch stärker zu machen. Ren hatte sie verraten und war auf Haos Seite gewechselt. Ren hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er nichts mehr von ihm wissen wollte. Ren hatte im Stadion versucht, ihn umzubringen. Diese Gewissheit schmerzte am meisten von all dem, was in den letzten Tagen geschehen war. Er hatte damit leben können, dass Ren nicht mehr zu ihnen gehörte, doch das Wissen um das tatsächliche Ausmaß Rens Hasses war wie ein Dorn, der sein Herz durchbohrte und nicht gewillt war, es zu verschonen. Es war nur gerecht, dass er Ren einen Teil dieses Schmerzes hatte zurückgeben wollen. Auch, wenn er wahrscheinlich nur physisch war. Ein fester Griff um seine Schulter ließ ihn augenblicklich wieder in das Hier und Jetzt zurückkehren. Er spürte, wie er herumgerissen wurde und sah sich unmittelbar einem Paar zornig funkelnder brauner Augen gegenüber. Der Griff um seine Schulter nahm zu und ein beklemmendes Ziehen ging von ihr aus. Horohoro wollte protestieren, doch Yoh kam ihm zuvor „Was sollte das?!“, fuhr er ihn ungehalten an, während sich seine Augen vor Wut verengten. „Warum hast du das getan?“ Horohoros Blick wanderte an Yohs Gesicht hinauf, blieben an dessen Augen hängen. „Weil er es verdient hat“, antwortete er tonlos, ohne die geringste Spur von Reue. Fassungslosigkeit breitete sich auf dem Gesicht des Braunhaarigen aus, bevor seine Miene sich schlagartig verdüsterte. „Was willst du damit sagen?“, fragte er leise und seine Stimme klang bedrohlich. „Dass es ihm recht geschieht. Er hat nichts anderes verdient, wenn –“ Er brach gezwungenermaßen ab, da der Griff um seine Schulter sich um ein weiteres verstärkt hatte und der Schmerz allmählich den Bereich des erträglichen verließ. Seine Worte schienen der letzte Funke gewesen zu sein, der Yoh endgültig die Fassung verlieren ließ. Er hob die andere Hand und krallte sie in Horohoros freie Schulter. „Kannst du mir mal sagen, was in dich gefahren ist?!“, schrie Yoh ihn an. Horohoro wollte zurückweichen, doch die Hände hielten ihn davon ab. Er hatte Yoh noch nie so außer sich gesehen. „Was soll das heißen ‚er hat es verdient’?! Ist dir eigentlich klar, was du da gerade getan hast?“ Horohoro verstand nicht, was auf einmal in ihn gefahren war. Yoh wusste doch, wie er für Ren empfunden hatte - er war es doch überhaupt gewesen, der ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. Warum stellte er sich auf einmal gegen ihn?! Unbändige Wut wallte in ihm auf und er riss sich ruckartig von Yoh los, machte einige Schritte zurück und brachte somit Abstand zwischen sie. „Ich habe ihn geschlagen!“, schrie er dem Braunhaarigen in derselben Lautstärke entgegen. „Und ich hatte verdammt Recht damit, um das mal klar zu stellen!“ „Einen Dreck hattest du!“, entgegnete Yoh und Horohoro schreckte bei diesen Worten zurück, hatte er den anderen doch noch nie derart mit jemandem reden hören. Schlagartig wuchs die Wut in ihm, wurde beinahe unerträglich. Seine Enttäuschung über Ren und der Verrat Yohs waren wie Salz, das in eine offene Wunde gestreut wurde. „Sei still! Du hast doch keine Ahnung!“ „Ich habe sehr wohl eine Ahnung! Wahrscheinlich habe ich sogar mehr Ahnung, als du, so wie du dich hier aufführst!“ „Was soll das denn heißen?! Willst du mir damit etwa sagen, ich wüsste nicht, was hier vor sich geht?!“ „Ja, genau das will ich. Du hast rein gar nichts erkannt, wenn das deine Reaktion darauf ist!“ Ein unkontrollierbares Zittern ergriff von dem Ainu Besitz. Er hob die Arme und umschlang schützend seine Körper mit ihnen, ganz so, als würde er mit dieser Geste den Schmerz, den Yohs Worte in ihm verursachten, verdrängen können. „Was weißt du denn schon?!“, schrie er Yoh aufgebracht an. „Du hast keine Ahnung, wie es sich anfühlt!“ Bei diesen Worten wich der Zorn aus Yohs Gesicht. Erstaunt blickte er auf den Ainu, welcher den Kopf schüttelte, während das Zittern noch immer nicht von ihm weichen wollte. Chocolove, welcher die ganze Zeit über stumm hinter ihm gestanden hatte trat langsam näher, bis er auf Höhe mit Yoh war. Auch er war überrascht. „Du hast keinen Schimmer, wie es ist!“, schrie Horohoro weiter, schien die Reaktion der beiden nicht bemerkt zu haben. Seine Augen blickten ins Leere. „Du weißt nicht, wie weh es tut, zu wissen, dass er dich ohne zu zögern verraten würde, dass er dich abgrundtief hasst, dass alles nur gespielt war, dass er versucht hat, dich umzubringen. Es tut weh und ich will, dass es endlich aufhört. Er hat es verdient, wenn damit nur ein Teil dieser Schmerzen endlich verschwindet!“ Yoh schluckte schwer. Er hatte mit etwas in der Richtung gerechnet, doch dass es so schlimm um den Ainu stand hätte er nicht erwartet. Er machte einige zögerliche Schritte auf den anderen zu. „Horohoro“, meinte er ruhig, doch dieser wich nur noch weiter vor ihm zurück, schüttelte heftig den Kopf. „Hör auf damit. Ich will es nicht mehr hören!“ Yoh folgte dieser Bewegung, bis er unmittelbar vor Horohoro stand. Er hob eine Hand und legte sie zaghaft auf die Schulter des anderen. Dieser zuckte unter der Berührung zusammen, blieb jedoch wo er war. „Horohoro“, wiederholte Yoh eindringlich und diesmal zeigte es Wirkung. Der Ainu hob den Blick und sah Yoh an. In ihnen spiegelten sich Schmerz und Enttäuschung wider. „Was ist auf einmal mit dir los?“, fuhr Yoh ruhig fort. „Noch vor wenigen Tagen hast du mir selbst gesagt, dass du glaubst, Ren hätte einen Grund gehabt, die Seiten zu wechseln.“ Horohoro wandte den Blick ab. „Das mag sein, aber – “ „Und Ren wollte dich während es Kampfes auch nicht umbringen. Um ehrlich zu sein“, Yoh zögerte, wusste er doch nicht, ob dies der richtige Moment war, um es dem Ainu zu eröffnen, beschloss dann jedoch, dass dieser ein Recht darauf hatte, es zu erfahren, „eigentlich war es eher umgekehrt der Fall.“ Sämtliche Farbe wich aus Horohoros Gesicht. „Umgekehrt?“, keuchte er entsetzt und Bildsequenzen, die er zunächst nur für einen Traum gehalten hatte, erschienen vor seinem inneren Auge. Er, wie er über Ren stand, welcher am Boden lag, den Eishammer in der Hand. Er, wie er zum vernichtenden Schlag ansetzte. Er, wie er versuchte, Ren zu töten. „Das kann nicht sein“, stieß er ungläubig hervor. Ein Würgen bahnte sich seine Kehle hinauf, als er sich vorstellte, wie er Ren umbringen wollte, doch er drängte es zurück. Übelkeit nahm ihm für einige Augenblicke die Sicht. „Ich wollte doch nie ... ich hatte nie vor“, stammelte er halb benommen, nicht imstande gänzlich zu realisieren, was Yoh ihm soeben eröffnet hatte. „Ich weiß“, meinte Yoh einfühlsam und seine Stimme riss Horohoro aus seiner vorläufigen Lethargie. Zögernd blickte er zu dem anderen auf. „Es warst auch nicht du, der Ren umbringen wollte. Hao hatte für eine bestimmte Zeit die Kontrolle über deinen Körper.“ „Hao?!“ Eine neue Erinnerung erschien vor seinem geistigen Auge. Eine schmeichlerische Stimme, die ihn zu sich lockte, die ihm versprach, den Schmerz, den er bei Rens Anblick empfunden hatte, von ihm zu nehmen, ihn davon zu befreien. Bitterkeit keimte in ihm auf. Er war dieser Stimme blind gefolgt! „Ren hat versucht, dich wieder zurück zu holen, doch war ihm klar, dass dies nur gelingen würde, wenn er dich besiegt“, fuhr Yoh fort, nahm seinen besorgten Blick dabei nicht von dem Ainu, welcher von Wort zu Wort mehr in sich zusammensank. „Warum?“, fragte Horohoro nach einiger Zeit leise. Seine Stimme schwankte und war nahe daran, zu brechen, doch er verhinderte dies. Vorerst. „Warum hat er versucht, mich zurückzuholen, wenn er uns doch verraten hatte?“ Yoh atmete einmal tief ein und aus, bevor er schließlich antwortete. „Wie du schon vor ein paar Tagen richtig erkannt hattest, hat Ren einen Grund dafür, uns zu verraten. Er wechselte nicht freiwillig auf Haos Seite. Mein Bruder hatte in Druckmittel, das ihn dazu zwang.“ „Wen?“, fragte Horo und hob den Blich, sah Yoh direkt in die Augen. „Etwa Jun? Aber sie war doch die ganze Zeit hier.“ „Hao braucht keine Geisel als solches, um jemanden zu erpressen. Wenn er es wirklich will, kann er Leuten schaden zufügen, ohne sie überhaupt zu sehen. Aber nein, es war nicht Jun.“ „Wer dann?“ Und als Yoh seinen Blick erwiderte, ihn eindringlich und voller Ernst ansah, da wusste er es, noch bevor der Braunhaarige es aussprach. „Du warst es.“ oOo Er wusste nicht, wie lange er gerannt war. Er nahm kaum wahr, dass er blindlings durch die Straßen Doby Villages stolperte, Menschen anrempelte und hörte nicht, wie sie sich über diese Unachtsamkeit beschwerten. ‚Verschwinde!’ Horohoros Worte hallten einem Echo gleich in seinem Kopf nach, malträtierten seinen Verstand und er hielt sich die Ohren zu, wollte es nicht mehr hören. ‚Ich will nichts von dir hören!’ Rens Schritte beschleunigten sich merklich, als er blindlings in eine Seitenstraße bog. Es sollte aufhören! ‚Bleib da stehen!’ Er rannte, seine Lungen schmerzten, verlangten nach einer Pause, nach mehr Sauerstoff, doch er ließ es nicht zu, wollte es nicht zulassen. Seine angebrochene Rippe sandte protestierend ob der Strapazierung Schmerzwellen durch seinen Körper, doch er war nicht gewillt stehen zu bleiben. Eher würde er seinen Körper an die Grenzen seiner Leistung treiben. Diese Schmerzen sollten den psychischen Schmerz überdecken. Sein Herz raste, schlug ihm bis zum Hals, doch er rannte weiter in die dunkle Gasse hinein. ‚Bleib stehen!’ Er riss die Augen auf und blieb von einer Sekunde auf die andere unvermittelt stehen. Einem Aufschrei gleich hatte er diese Worte vernommen und für wenige Augenblicke war ihm, als würde er wieder vor Horohoro stehen. Doch dann verschwamm dieses Scheinbild und er erkannte, wo er sich wirklich befand. Seine Augen weiteten sich, als er realisierte, dass er kaum einen halben Meter von einer rissigen Mauer entfernt stand. Langsam ließ er die Hände sinken, die bis dahin noch immer auf seinen Ohren verweilt hatten. Schwer schluckend wurde ihm bewusst, dass er in seinem Wahn in eine Sackgasse gebogen war, ohne es zu merken. Wenn Horohoros Worte ihn nicht in die Realität zurück geholt hätten, dann ... Der Spruch ‚mit dem Kopf durch die Wand’ hätte eine völlig neue Bedeutung bekommen. Er schüttelte den Kopf. Es war nicht der richtige Moment für Sarkasmus. Das penetrante Stechen in seiner Brust erinnerte ihn daran, warum er sich tatsächlich hier befand. Unwillkürlich begann er zu zittern. Seine Beine drohten, ihm den Dienst zu quittieren und rasch lehnte er sich an die nächste Wand, krallte eine Hand dabei Halt suchend in das feste Gestein. Sein Atem ging stoßweise und nur schwerlich beruhigte sich sein Herzschlag, weigerte sich jedoch letztendlich, wieder den gewohnten Rhythmus einzunehmen. Noch immer schlug es schnell, pumpte Blut durch seinen Körper, der nun umso deutlicher zeigte, wie sehr ihm Rens plötzlicher Sprint missfiel. Seine Rippen meldeten sich mit einer eindeutigen Beschwerde, ein Stechen breitete sich in seinem Oberkörper aus und er hob keuchend die Hand, presste sie in einem halbstarken Versuch, den Schmerz abnehmen zu lassen, darauf. Schwer atmend sackte er an der Wand hinab, als seine Beine ihn nicht mehr tragen konnten, sein Körper von einer unabwendbaren Schwäche übermannt wurde. Er senkte ergeben den Kopf und ein gnadenloser Schmerz jagte durch seinen Nacken, ließ ihn aufstöhnen und noch weiter in sich zusammensacken. All die Schmerzen, die nach Verlassen des Krankenbettes vorhin zu ignorieren versucht hatte, schienen nun auf ihn einzuströmen. In einem letzten Versuch, das ganze so erträglich wie möglich zu machen, drehte er sich so, dass er mit dem Rücken an die Wand gelehnt halb auf dem Boden saß. Die Knie zog er an und verbarg sein Gesicht in seinen Armen. Wäre er doch bloß niemals heute Morgen aufgewacht. Dieser Tag hatte sich von einem Albtraum zu einer Katastrophe entwickelt und sein Herz schien sich bei jedem Schlag zu verkrampfen. Dieser Schmerz war nicht mit den trivialen Blessuren seines Körpers gleichzusetzen. Er hatte in wenigen Augenblicken erfahren, dass psychischer Schmerz weit über den körperlichen hinausging. Dass wenige Worte, wenige Gesten einen Menschen zerstören konnten. Er hob die Hand und tastete nach seiner leicht pochenden Wange. Horohoro hatte einen harten Schlag. Wahrscheinlich lag dieser an all dem Hass, den der Ainu für ihn empfand. Ein bitteres Lächeln erschien auf Rens Zügen, während seine Hand sich in seine Wange krallte. Ja, das musste es sein. Horo hatte es noch nie geschafft, seine Gefühle im Zaum zu halten. Immer hatte er sie aller Welt offenbaren müssen. Immer ... und immer wieder ... Er biss sich auf die Lippen. Das war typisch für Horohoro. So war er. Der enthusiastische, gefühlsgesteuerte, tollpatschige Ainu. Seine Augen schlossen sich von alleine. Mit dem Herzen auf der Zunge, der kaum einem Menschen gegenüber negative Gefühle empfand ... Er hob die Hände und krallte sie in seiner Haare. Eine Welle der Hoffnungslosigkeit übermannte ihn, verschlang ihn. Warum hörte dieser Schmerz nicht auf?! Wie lange sollte er noch warten, bis seine Seele es endlich akzeptierte, sein Herz wieder normal schlug und er nicht mehr das Gefühl hatte, als hätte man ihm etwas Wichtigem beraubt?! Warum hatte er Horohoro auch verraten müssen?! Er hob den Kopf gen Himmel. Die Sonne war auf dem Weg in den Zenit, vereinzelte Wolken störten das klare Blau, welches sich über ihm ausbreitete, ein Vogel flog über Doby Village hinweg. Ein Falke. Rens Augen öffneten sich, als er die Stimme erhob und den Schmerz aus seiner Seele entließ: „Warum musste ich ihm das antun?!“ Und am Himmel schrie der Falke, als wolle er damit Rens Verzweiflung, die stumme Frage nach der Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren war, mit ihm teilen. oOo Horohoro saß auf seiner Schlafmatte. Den Blick voller Unglauben auf seine Hände gerichtet, war er bereits seit Stunden nicht mehr ansprechbar. Unverwandt ruhten seine Augen auf den Händen, die Ren verletzt hatten, die ihm grundlos Schaden zugefügt hatten – in dem Glauben, das Richtige zu tun. Wie er es überhaupt zurück in ihr Zimmer geschafft hatte entzog sich seinem Wissen, es interessierte ihn jedoch wenig. Yohs Worte, die Offenbarung von Rens Handlungsmotiv, war wie ein Schlag mitten ins Gesicht gewesen. Seine Ansichten waren schlagartig über den Haufen geworfen worden und das kurze Glücksempfinden darüber, dass Ren sie doch nicht freiwillig verraten hatte wurde augenblicklich von der schrecklichen Last der Schuldgefühle übermannt. Er hatte Ren mehr als nur Unrecht getan. Er war es, der dadurch Ren verraten hatte. Nicht umgekehrt. Wie hatte er nur so blauäugig sein können? So selbstsüchtig. So dumm. Er hasste sich selbst für das, was er getan hatte, mehr denn je. Der Schmerz darüber, dass er seinen einstigen Traum durch das Ausscheiden aus dem Schamanenturnier nicht verwirklichen konnte war gering dagegen, selbst die Hoffnungslosigkeit, Enttäuschung und Verzweiflung die er verspürt hatte, in dem Glauben, Ren habe ihn töten wollen erschienen nichtig gegen diese Empfindungen. Huh! Kororo spürte seine innere Aufgewühltheit. Sie saß auf seiner Schulter, das grüne Blatt in der Hand und schmiegte sich tröstend an seinen Hals. Mach dir nicht solche Vorwürfe, schien diese Geste zu sagen, doch nahm Horohoro sie nicht wirklich wahr. „Wie konnte ich nur?“, fragte er sich zum unzähligsten Mal. Er hatte diese Frage schon so oft in den leeren Raum gestellt. Nie hatte er eine Antwort auf sie gefunden. „Wie konnte ich ihm das antun?“ /Meister Horohoro?/ Der Ainu zuckte zusammen, als habe man ihn geschlagen und wirbelte herum. Seine Augen weiteten sich, als er Bason erblickte, der im Eingang zu dem Zimmer schwebte und ihn besorgt musterte.Angst erschien in Horohoros Augen und er wich leicht zurück. „Was willst du?“, fragte er beinahe schon mit einer Spur Panik in der Stimme. Bason kam zaghaft näher, hielt jedoch inne, als Horohoro weiter zurückwich. /Ich will dir nichts tun/, meinte er behutsam und betrachtete den verschreckten Ainu mit einer Mischung aus Sorge und Mitleid. /Ich bin nur hier, um mit dir zu reden. Du wirkst aufgewühlt und verwirrt./ Horohoro lachte auf. Es war ein kaltes, gefühlloses Lachen. „Aufgewühlt bin ich, ja. Verwirrt weniger. Aber warum willst ausgerechnet du mit mir reden? Du solltest mich hassen, nach allem, was ich Ren angetan habe.“ Seine Stimme schwankte verdächtig und er wandte den Blick ab, starrte gebannt auf den Boden des Zimmers. „Du solltest mich mindestens genauso hassen, wie ich es tue.“ Bason seufzte. /Ich hasse dich aber nicht. Genauso wenig wie Meister Ren dich hasst./ Horohoros Kopf schnellte bei diesen Worten in die Höhe. „Woher willst du das wissen?!“, fragte er aufgebracht. „Ich habe ihn verletzt – ich habe ihn geschlagen! Wir haben uns in unserem Leben noch nie geschlagen, aber ich habe es getan! Damit habe ich alles zerstört!“ Er sprang auf, blickte voller Zorn auf Bason, welcher seinem Ausbruch stumm folgte. Es schien so, als bräuchte der Ainu jemanden, bei dem er sich aussprechen konnte, dem er sagen konnte, was derzeit in ihm vorging, auch wenn er es sicherlich abstreiten würde, sollte man ihn direkt danach fragen. „Ich dachte, ich könnte ihm die Schuld für alles geben, ihn dafür hassen, dass er mich so verletzt hat und jetzt stellt sich heraus, dass dieser Hass – dies alles – vollkommen unbegründet ist! Nicht einmal Hao kann ich jetzt noch die Schuld geben, denn letztendlich bin ich der Grund dafür, dass Ren dies alles geschehen ist! Ich bin es, nicht Ren oder Hao! Einzig ich – alleine durch die Tatsache, dass ich existiere. Und als ob das nicht genug ist, muss ich Ren auch noch zum Dank für alles schlagen. Er muss mich dafür einfach hassen! Dafür und für den anderen Schmerz, der ihm durch mich widerfahren ist!“ Seine Augen brannten fürchterlich, doch er ließ es nicht zu. Er durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Er durfte nicht noch schwächer werden, als er ohnehin schon war! /Denkst du nicht, dass Ren sich dessen durchaus bewusst war, als er Haos Forderung zugestimmt hat?/ Basons Stimme war ruhig, sein Blick ernst auf Horohoro gerichtet, welcher den Schutzgeist ungläubig ansah. /Glaubst du nicht, dass Ren wusste, was es für Konsequenzen haben würde, wenn er euch verriet – wenn er dich verriet?/ Der Ainu schluckte schwer, er senkte den Blick. „Doch ... das nehme ich an, aber –“ /Und dennoch hat er es getan/, fuhr Bason unbeirrt fort. Sein Blick wurde milder. Er sah Horohoro, der auf ihn wie ein verlorenes Kind auf ihn wirkte – ja, genauso wie Ren schon oft in seinen Augen ausgesehen hatte – beinahe schon väterlich an. /Er hat es getan, weil er nicht wollte, dass dir etwas geschieht. Er wusste, du würdest ihn für diesen Verrat hassen, doch er tat es trotzdem. Und der Gedanke an deinen Hass schmerzte ihn sehr. Beinahe wäre er daran zugrunde gegangen./ Horohoros Blick trübte sich, Seine Sicht verschwamm. Hastig hob er den Arm und wischte sich fahrig über die Augen. „Dass -“, er stockte und musste sich einige Sekunden sammeln, bevor er weiter sprach, „ich wusste nicht, dass es so um ihn stand. Ich ... anfangs verstand ich sein Handeln nicht, ich war verletzt und verurteilte es. Doch dann erkannte ich irgendwann, dass der Ren den ich kannte - den wir alle kannten - niemals grundlos so handeln würde. Ich nahm an, dass es etwas geben musste, dass Ren dazu gebracht hatte. Ich klammerte mich an diesen Gedanken, in der Hoffnung, er würde stimmen. Und ... nachdem Hao die Kontrolle über mich übernommen hatte ... ich dachte wirklich, Ren würde versuchen, mich umzubringen. Dieser Gedanke tat unendlich weh und nach dem Kampf war ich davon überzeugt, Ren habe uns tatsächlich verraten. Das, was mich daran jedoch am meisten schockiert ist ...“ Er brach ab, nicht imstande, den Satz zu Ende zu führen. Die grausame Realität schmerzte mehr, als alles andere. Er amtete stoßweise ein und aus, sein Herzschlag erschien ihm mit einem Mal unnatürlich schnell. Unsicher fuhr er fort: „Es war nicht die Nachwirkung von Haos Kontrolle, die mich so denken ließ. Diese feste Überzeugung kam von mir. Mein Verstand und mein Herz waren zu diesem Schluss gekommen und ich glaubte wirklich daran. Dafür habe ich ihn gehasst.“ Er schüttelte sich aus Abscheu vor sich selbst. „Ich habe es tatsächlich geglaubt, ich kann es nicht fassen! Ren hat so vieles durchgemacht und nach alldem ist der einzige Dank, dem ich ihm dafür entgegenbringe ein Schlag ins Gesicht. Verabscheuungswürdig, mehr bin ich nicht!“ /Das stimmt nicht/, warf Bason ruhig dazwischen. /Alleine die Tatsache, dass du deine Fehler erkannt hast, zeugt von Stärke. Menschen irren sich. Sie machen Fehler. Sie glauben manchmal Dinge, für die sie sich später verurteilen. Meiste Ren wird dies verstehen. Auch er hat in seinem Leben Fehler begangen, für die er sich noch heute schuldig fühlt./ „Ich kann ihm nie wieder in die Augen sehen“, flüsterte Horohoro gebrochen, den Blick ausdruckslos an die gegenüberliegende Wand gerichtet. „Nicht nach alldem, was geschehen ist.“ Er zögerte, schien mit sich selbst zu ringen, dann fuhr er an Bason gewandt fort: „Tut mir Leid, aber ... ich muss jetzt alleine sein. Kororo.“ Das Mädchen verstand und erhob sich von seiner Schulter. Mitleidvoll sah sie ihm nach. Horohoro wandte sich ab und verließ schnellen Schrittes das Zimmer. Bason blickte auf den Schutzgeist hinab. /Du hast einen außergewöhnlichen Meister. Ich verstehe, warum Ren so viel an ihm liegt./ Und Kororo lächelte ihn an. oOo „Es wäre zwecklos, jetzt mit ihm zu reden.“ Yoh nahm dankend die mit Tee gefüllte Tasse von Anna entgegen. Leise seufzte er, dann nahm er zaghaft einen Schluck von dem heißen Getränk. Die Blonde goss sich ebenfalls ein wenig davon ein, dann reichte sie die Kanne an Chocolove weiter. „Wie lange ist er schon dort oben?“, fragte sie. „Bald sind es zwei Stunden. Ren ist auch schon so lange verschwunden.“ „Er könnte mittlerweile überall sein“, warf Chocolove ein, nahm sich einen Keks aus der Schale, die auf dem hölzernen Tisch stand und biss eine Ecke davon ab. Mic ist von der Suche noch nicht zurückgekehrt – entweder hat Ren einen wirklich sicheren Ort gefunden, oder er hat längst das Land verlassen.“ Anna warf ihm einen strengen Blick aus den Augenwinkeln zu. „Man macht keine Witze“ – Chocolove zuckte ertappt zusammen – „beim Tee trinken.“ Der Dunkelhäutige verschluckte sich an seinem Keks und fing haltlos an zu husten. Nur knapp entging er dem Erstickungstod, woran Yoh nicht ganz unschuldig war, hatte er sich doch letztendlich dazu erbarmt, dem Komiker fest auf den Rücken zu schlagen. „Und da sagt man mir, ich sei makaber“, murmelte Chocolove mit einem verstohlenen Blick auf die Blonde, während er schmollend an seinem Rest Keks knabberte. „Beim Tee trinken ... also echt ... kein Funken Mitgefühl.“ „Das musst du gerade sagen, Möchtegern-Unterhalter“, gab Anna spitz zurück. „Ich versuche nur, die Leute aufzumuntern, wenn sie traurig oder besorgt sind“, widersprach Chocolove empört und wedelte, seine Worte damit zusätzlich unterstriechend, mit seinem Keks vor Annas Gesicht hin und her. Sie verzog missbilligend den Mund. „Sollten wir ihn nicht besser selbst suchen?“, meinte Yoh mit einem besorgten Blick auf die Uhr, die Auseinandersetzung der beiden schlichtweg nicht beachtend. „Er ist noch immer nicht wieder ganz fit, wer weiß, was ihm noch passiert.“ „Das bringt nichts“, entgegnete seine Verlobte unbeirrt und trank, Chocolove ignorierend, in aller Ruhe ihren Tee weiter. „Er will offenbar nicht gefunden werden, ansonsten hätte Chocoloves Schutzgeist ihn längst zurückgebracht oder uns zumindest über seinen Aufenthaltsort informiert.“ „Auch wieder wahr“ Erneut seufzte Yoh /Nimm es nicht so schwer Yoh/, meinte Amidamaru tröstend. /Er wird sicher bald von alleine zurückkommen./ „Seine körperliche Verfassung beunruhigt mich nur an zweiter Stelle. Viel mehr mache ich mir Sorgen ...“ Seine Worte verklangen, als sie schnelle Schritte und Gepolter hörten, welche eindeutig aus Richtung der Treppe stammten. Wenige Sekunden später sahen sie Horohoro über den Flur, an dem Aufenthaltsraum vorbei und in Richtung Tür eilte. „He, Horohoro!“ Yoh erhob sich, doch die Tür des Hauses fiel bereits wieder zu. Langsam ließ er sich zurück auf seinen Platz sinken. Eindringlich sah er Anna an. „Wir sollten ihn nicht ohne weiteres gehen lassen.“ Das Mädchen stellte ihre Tasse ab und setzte gerade zu einer Antwort an, da erklang hinter ihnen Basons Stimme: /Das ist nicht nötig. Was zu klären ist, wird sich klären./ „Wie meinst du das?“, wollte Chocolove interessiert wissen. Sein Keks war bereits aufgegessen und unter Annas strengen Blicken wagte er es nicht, sich einen neuen zu nehmen. /Ich habe mit ihm geredet. Er hat Schuldgefühle – sogar sehr starke, aber ich bin davon überzeugt, dass er sich wieder fängt. Er ist stark, ich glaube sogar noch stärker als Ren./ „Und was ist mit ihm?“, fragte Yoh, noch immer nicht zur Gänze überzeugt. „Solltest du nicht zumindest mit ihm reden?“ Bason schüttelte den Kopf. /Dieses Mal kann ich ihm nicht helfen. Ren ist gefangen in seinem Schmerz und nur Horohoro wird es schaffen ihn aus diesem Käfig zu befreien./ „Hast du ihm das gesagt?“, harkte Yoh nach. /Nein, auch darauf muss er alleine kommen. Es würde für sie nie eine Zukunft geben, wenn sie nicht selbst erkennen, was zu tun ist./ „Er hat Recht“, stimmte Anna zu, während sie sich Tee nachgoss. „Horohoro weiß jetzt, wie Ren für ihn empfinden muss. Ren tut dies nicht – es liegt also an Horohoro, den ersten Schritt zu tun. Zumindest muss er es sein, der auf Ren zugeht. Das muss er von sich aus erkennen.“ „Diesmal bin ich ganz Annas Meinung“, stimmte Chocolove zu und hob die Hand. „Nicht, dass ich das sonst nicht wäre“, fügte er rasch hinzu, nachdem er einen gefürchtete Blick der Blonden geerntet hatte, „aber das Ganze ergibt durchaus einen Sinn. Wir können wohl nichts anderes tun, als abwarten und Tee zu trinken.“ Demonstrativ nahm er einen Schluck aus seiner Tasse. „Ja, offenbar“, meinte Yoh schließlich. Er stutzte, dann erschien ein Lächeln auf seinen Zügen. „Hey Chocolove, das war jetzt tatsächlich witzig.“ „Wie?“ Chocolove war von diesen Worten sichtlich überrascht. „Findest du echt?“ Seine Augen begannen zu leuchten. Und zur Feier dieser Premiere gönnte er sich noch einen Keks. Anna schüttelt nur stumm den Kopf, während Bason den Blick aus dem Fenster gen Himmel schweifen ließ. /Ihr müsst es alleine schaffen. Vertraut auf euch. Ihr seid stark. Ihr müsst nur eure Ängste überwinden und es erkennen./ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)