Lebenslinien von Herzfinster ================================================================================ Kapitel 146: Sasukes Weg ------------------------ Lebenslinien Kapitel 146 Autor: Herzfinster Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an Naruto gehören irgendwem anders, jedenfalls nicht mir! Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeit zu lebenden und toten Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors. ~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~ Ihre Unterkunft für diese Nacht war ein verfallener Schrein weit ab des heute genutzten Waldweges. Er stand am Rande eines Abhangs und man konnte von dort ein großes Tal überblicken. Nebel wand sich dort an diesem Morgen wie eine riesige Wolke zwischen den hohen Fichten. Sasuke stand am Rande des Abgrundes und betrachtete das Schauspiel. "Anstatt dort zu stehen könntest du auch für ein Frühstück sorgen", riss ihn Ogamis Stimme aus seinen Gedanken. "Ich dachte, du schläfst noch", erwiderte der Junge und wandte sich seinem Reisekameraden zu. Ogami reichte ihm den kleinen Teekessel. Eine stumme Aufforderung zum Wasserholen. Es war viel Zeit vergangen seit sie damals gemeinsam den Unterschlupf in den Bergen verlassen hatten. Pakkun war bei den anderen zurückgeblieben und hatte sich Sayakas Ausbildung verschrieben. Manchmal dachte Sasuke noch an sie, doch immer wenn er das tat, musste er auch an Naruto denken und an all das, was ihn schließlich hierher geführt hatte. Ogami hatte ihn damals mitgenommen wie einen streunenden Hund. Offiziell war er sein Gehilfe. Aber Ogami war auch nur ganz 'offiziell' ein wandernder Schwertpolierer. Was sie eigentlich taten um ihr Brot zu verdienen war etwas völlig anderes. Ogami war eine Art Söldner. Er nahm jeden Auftrag an, wenn er nur lukrativ genug war. Was er mit all dem Geld anstellte wusste niemand. Er trug es jedenfalls nicht in seinen Taschen mit sich herum und er benutzte es auch nicht, um sich ein schönes Leben zu machen. Jedenfalls die meiste Zeit über nicht. Sasuke hatte in seiner Gesellschaft schnell gelernt, dass man sich mit Geld alles kaufen konnte und gelegentlich tat Ogami das auch. Für ein paar Münzen bekamen sie eine luxuriöse Unterkunft, feinste Speisen und schönste Gesellschaft, für ein paar Münzen mehr auch noch ein wenig Extraunterhaltung. Die fand dann aber meist in einem anderen Raum statt oder Sasuke verließ von sich aus für zwei oder drei Stunden das Zimmer. Ogami sprach nie mit ihm darüber, was in dieser Zeit passierte, er konnte es sich jedoch denken und hatte auch nicht das Bedürfnis darüber zu sprechen. Sasuke sagte sich selbst, dass er noch zu jung war um das genau zu verstehen – wenn das auch nicht mehr der Wahrheit entsprach – und man es einem Mann sicher nicht vorwerfen konnte, wenn es ihn gelegentlich nach solchen Dinge verlangte. Ogami hatte ihm nie vorgeschrieben, was er mit seinem Anteil an ihrem Lohn zu tun hatte, aber das lag sicher nicht in Sasukes Interessenbereich. Manchmal steckte er einem der Mädchen etwas zu, verlangte jedoch nie etwas dafür, wenn diese auch nur allzu bereit gewesen wären, ihm diese Freundlichkeiten zurückzuzahlen. Als Sasuke mit dem gefüllten Wasserkessel zurückkehrte, hatte Ogami eine Karte auf dem Boden des Schreins ausgebreitet. "Da bist du ja wieder. Ich wollte dir zeigen, wo unser nächstes Ziel liegt." Sasuke kniete sich hin und folgte Ogamis Fingern mit dem Blick. Er erkannte das Tal, von dem aus sie damals aufgebrochen waren. Ihre Reise hatte sie schließlich wieder an den Ausgangspunkt zurück geführt. Das Versteck in den Bergen war mit einem grünen Kreis auf der Karte markiert. Ogami zeige jedoch nicht darauf. Ihr Ziel war ein kleines Dorf an einem See. "Das ist Pilzen", erklärte Ogami, "Dort erwartet uns ein Kaufmann." "Unliebsame Konkurrenz?", erkundigte sich Sasuke. Inzwischen hatte er ein ganz gutes Gespür dafür, wie ihre Aufträge aussahen und er wunderte sich auch nicht mehr über die seltsam klingenden Namen der Dörfer, durch die sie reisten. Tiefental, Goldgrube, Brücken und Fichten waren nur einige der Orte, die sie in letzter Zeit besucht hatten. Ogami nickte. "Ganz genau. Alles wie immer. Wir müssen diskret vorgehen." Er bedachte Sasuke mit einem durchdringenden Blick. Sasuke hielt dem stand. "Was willst du? Ich bin immer diskret." "Ich meine diskret mehr in dem Sinne von 'Was für ein furchtbarer Unfall'." Sasuke verzog das Gesicht. Er hasste 'Unfälle'. Die machten immer mehr Arbeit als beispielsweise 'grausame Überfälle im Dunkeln' oder 'tragische Selbstmorde'. Beides erforderte weit weniger Fantasie und Vorarbeit. Unfälle mussten auch wie solche aussehen. Niemand stürzte 'zufällig' in ein Schwert, das 'zufällig' auf der Treppe lag oder so. Es musste ein glaubhafter Unfall sein, auch für Laien nachvollziehbar und mit dem zustande gekommen, was sich im Haus befand. Alles andere ließ nur Misstrauen aufkommen. Einmal hatten sie einen dieser Unfallkandidaten rein 'zufällig' betrunken in einen Fluss fallen lassen. Dies hatte aber zu viel Aufsehen erregt, da man sie kurz zuvor noch mit dem Toten zusammen gesehen hatte. Unfälle im Haus waren viel sicherer. Doch nicht immer beinhaltete ihr Auftrag die Beseitigung einer Person. Der Großteil ihrer Tätigkeit beschränkte sich auf Diebstähle, Personenschutz oder der Überbringung wichtiger Paket- und Geldsendungen (Dinge, die zu wertvoll waren, als dass man sie einem gewöhnlichen Boten anvertrauen konnte). Diese Aufträge langweilten Sasuke oft furchtbar. In dieser Welt gab es nur wenige Krieger, die ihm wirklich ein ernster Gegner waren. Viel lieber hätte er sich mit Shinobi gemessen und seine Fähigkeiten trainiert. Er ahnte jedoch, dass alles, was er von Ogami lernte, ihm später noch sehr hilfreich sein würde. Immerhin musste er, wollte er an Itachi heran kommen, an eine der größten Verbrecherorganisationen herankommen, die es in seiner Welt gab. Dies ging sicher viel leichter, wenn man sich in gewissen Kreisen ganz gut auskannte und wusste, wie der Hase läuft. So gesehen waren dies nützliche Lehrjahre. Ihr Frühstück war karg und bestand hauptsächlich aus den Resten der letzten Tage. So war es immer, wenn sie lange Zeit durch menschenleere Gegenden wanderten. In diesem Land gab es viele Orte, die noch nicht von Menschen besiedelt waren oder nicht mehr. Immer wieder fanden sie Ruinen vor langer Zeit verlassener Siedlungen und Dörfer. Manche bestanden nur aus vier oder fünf Gebäuden, von denen nur noch schemenhaft die Mauern zu erkennen waren. Sie erinnerten Sasuke immer an die vielen verschiedenen Versionen von Konoha. Diese waren auch zum großen Teil Ruinen gewesen. "Mach dir darüber keine Gedanken", sagte Ogami immer, wenn er seinen nachdenklichen Blick bemerkte, "Die hier gewohnt haben sind schon so lange tot, dass sich keiner mehr darin erinnert, wer sie waren." Sasuke klärte ihn nicht darüber auf, woran er in Wahrheit gedacht hatte. Manchmal überlegte er was wäre, wenn er nachhause zurückkam und Konoha gab es nicht mehr. Er war schon so lange fort. Es konnte gut möglich sein, dass inzwischen ein Krieg ausgebrochen war von dem er nichts wusste. Oder wenn er zurückkehrte und Itachi lebte nicht mehr. Er führte ein gefährliches Leben und auch ein Uchiha Itachi war nicht unsterblich. In diesem Falle würde er wohl nie die Wahrheit erfahren. "Wann müssen wir da sein?", fragte Sasuke und packte das Essgeschirr wieder in den Beutel, den er zu tragen hatte. Ogami hatte ihm nie gesagt, woher er seine Aufträge bekam, doch Sasuke hatte längst herausgefunden, dass er seine Nachrichten von einem ganzen Schwarm dressierter Vögel gebracht bekam. Ogami, der gerade sein Schwert gereinigt hatte, blickte auf. "In drei Tagen. Aber wir brauchen nur einen Tag bis Pilzen, also genug Zeit sich ein wenig auszuruhen und in Ruhe zu überlegen." "Und vielleicht ein wenig Spaß zu haben?" Ogamis Blick ruhte auf seiner Geldkatze. "Vielleicht. Mal sehen, ob ich dazu in Stimmung bin." Sasuke sagte dazu nichts, schulterte sein Gepäck und folgte Ogami über den zugewachsenen Pfad bis sie zur Hauptstraße nach Pilzen kamen. Oder vielmehr dem, was die Leute hier Straße nannten. Ein ausgetretener Pfad in den unzählige Ochsenkarren tiefe Furchen gefahren hatten. Man musste sehr aufpassen, wohin man auf dem feuchten Boden trat. Immer wieder entdeckte Sasuke zwischen den Nadelbäumen Überreste von Mauern oder Türen. Auch hier hatten einmal Häuser gestanden. Es war vielleicht fünfzig Jahre her, sicher nicht mehr. Es war für ihn immer noch seltsam zu sehen, wie diese alten Dörfer überall auftauchen wie die Skelette von lang ausgestorbenen Tieren. Jemand schrie auf. Dann brach die Stimme plötzlich ab. Ogami und Sasuke blieben stehen. Ogamis Blick wanderte zu seinem Lehrling. "Du willst bestimmt nachsehen, was da los ist." Doch Sasuke war schon losgelaufen in die entsprechende Richtung, während Ogami ihm noch nachsah. Im Stillen bewunderte er Sasukes Fähigkeit sich wie ein Eichhörnchen durch die Wälder zu bewegen. Er hatte sofort gewusst, dass ihm dieser Knabe nützlich sein würde. Schnell hatte Sasuke die gefunden, die da geschrien hatte. Ein Mann hatte die junge Frau gepackt und hielt ihr den Mund zu, während seine beiden Kameraden sich an ihrem Kimono zu schaffen machten. Sie wehrte sich nach Leibeskräften, doch sie hatte keine Chance. Sasuke machte sich nicht die Mühe Fragen zu stellen. Mit Sprung stand er hinter den beiden Männern und mit einem Hieb seines Schwertes hatte er sie auch schon erledigt. Der dritte Mann war einen Moment lang wie erstarrt, dann stieß er ihm die Frau in die Arme und wollte weglaufen. Ein Kunai setzte seiner Flucht ein Ende. Ogami kam gerade rechtzeitig am Schauplatz des Geschehens an um zu sehen, wie er zu Boden sank, ebenso die junge Frau. Zitternd schlang sie die Arme um ihren Körper und versuchte ihre Kleider zusammenzuhalten. Erst jetzt kam Sasuke dazu, sie richtig anzusehen. Und er sah zwei Mal hin. Dann erkannte er sie. Bisher hatte er gedacht, in dieser Welt gab es keine anderen Versionen von Menschen, die er kannte. Doch diese Frau war eindeutig Anko, die Prüferin vom Chu-Nin-Examen. "Vielen Dank", stammelte sie und sah Sasuke aus großen Augen an. Es stellte sich heraus, dass Anko die Schwiegertochter der Dorfältesten von Pilzen war und gerade auf dem Weg nachhause, als die drei Banditen sie überfielen. Sie überschlug sich beinah vor Dankbarkeit und bestand darauf, dass ihre 'Retter' mit zu ihr kamen und für die Zeit ihres Aufenthaltes im Dorf bei ihr wohnten. Ogami war dies einerseits ganz recht – so sparten sie das Geld für eine Herberge – andererseits auch wieder nicht – in einem Privathaushalt kann man nicht einfach 'Damenbesuch' empfangen. Er würde also wohl sein Vergnügen anderswo suchen müssen. Sasuke war dies gerade mal egal, allerdings war er nicht besonders erpicht darauf den Abend im Kreis einer fremden Familie zu verbringen. Den ganzen Weg bis ins Dorf erzählte Anko ihnen alles über ihre Familie, was ihr einfiel: wie ihr Mann war, ihre Schwiegermutter, ihre Kinder, Nichten, Neffen, Schwager, Schwägerinnen, Brüder, Schwestern... Sogar über die Hoftiere wusste sie alles Mögliche zu berichten, kannte jedes Tier mit Namen und schwor bei ihrer Seele, dass ihr einmal ein Huhn von einem Kobold gestohlen worden war. Sasuke war beinah froh als sie endlich das Dorf erreichten. Es war nur ein kleiner Ort, bewohnt von weniger als zwei dutzend Familien. Ein Bauerndorf, das sah Sasuke sofort. Jedes Haus hatte einen kleinen Stall für Ziegen oder Hühner. "Gibt es hier überhaupt Kaufleute?", fragte Sasuke Ogami. Vielleicht hatte man sie ja in das falsche Dorf geschickt. "Die Verhältnisse hier haben uns nicht zu kümmern", erwiderte dieser. Anko lief auf eines der größeren Häuser zu und rief laut: "Ka-san! Ka-san, komm schnell! Wir haben wichtige Gäste!" "Anko-chan, bist du schon wieder zurück? Von welchen Gästen sprichst du?", antwortete die Stimme einer Frau aus dem Hauseingang und ihre Schwiegermutter kam heraus. "Oh...", kommentierte Sasuke ihr Erscheinen. Tsunade kam direkt auf sie zu, während Anko hastig berichtete, was im Wald geschehen war. Sie sah älter aus, als Sasuke sie kannte, doch es war eindeutig Tsunade. Mit großen Augen sah sie ihn an. "Junger Mann, ich bin dir zu Dank verpflichtet", sagte sie, "Und deinem Meister natürlich auch. Wie kann ich mich bei euch erkenntlich zeigen für eure Tat?" "Ein Bett für die Nacht und eine warme Mahlzeit für uns beide, das würde uns genügen, werte Dame", erwiderte Ogami ohne zu zögern. Natürlich willigte Tsunade ein und lud die beiden Männer in ihr Haus ein. Anko machte ihnen ein Gästezimmer zu Recht, wohin sie sich auch gleich zurückzogen. Ogami hatte von ihrem Auftraggeber eine grobe Karte des Dorfes erhalten. Es war nicht schwer damit das entsprechende Haus ausfindig zu machen. Sobald es dunkel wurde, würden sie losziehen und die Gegebenheiten auskundschaften. Direkt nach dem Abendessen zog Ogami los um sich ein wenig Gesellschaft zu besorgen. Sasuke folgte ihm mit einigen Schritten Abstand. Pilzen war nicht groß, doch auch hier gab es ein oder zwei Häuser in denen stundenweise Zimmer vermietet wurden – wahlweise mit oder ohne Dame darin. Ogami hatte auch schnell eines gefunden, dass ihm zusagte und auch die passende Frau. Sasuke wartete bis sich die Tür hinter ihnen schloss, dann kehrte er der Szene den Rücken. Vielleicht hatte ja noch irgendein normales Wirtshaus geöffnet. "Meine Kolleginnen sagen dir wohl nicht zu." Die Stimme kam von der anderen Straßenseite. Als Sasuke sich umdrehte entdeckte er abermals ein ihm bekanntes Gesicht. Das Mädchen in der Tür war eindeutig Ino. Doch sie war älter als er sie kannte, wirkte fraulicher und reifer. Aber vielleicht war das auch nur ihre Aufmachung. Sasuke musterte Ino eingehend. "Kennen wir uns?" Sie lächelte verführerisch. "Wenn du möchtest, dann kennen wir uns bereits", erwiderte sie, "Aber wenn es dir lieber ist, dann bin ich für dich die hübsche Fremde." Sasuke wurde klar was sie von ihm wollte. Das war ihm noch unangenehmer, als wenn es ein fremdes Mädchen gewesen wäre. "Bin ich nicht ein wenig zu jung, um dein Kunde zu sein?" Ino zuckte mit den Schultern. "Hast du Geld bei dir?" Sasuke nickte. "Dann bist du nicht zu jung." Sie lehnte sich gegen den Türrahmen damit er ihre Silhouette genau studieren konnte, doch sein Blick ruhte ausschließlich auf ihrem Gesicht. "Nur so aus Neugier... Was würdest du verlangen?" Er wusste, wie es Mädchen in diesem Gewerbe ergehen konnte. "2.000 Ryo", erwiderte sie nicht ohne Stolz, "je Stunde natürlich." Sasuke staunte nicht schlecht. Das war eine Menge Geld für ein wenig Spaß. "Das ist ein stolzer Preis." Ino ließ ihren Kimono etwas weiter auseinandergleiten. "Ich bin gut. Und ich bin jung. Das lassen sich die Kunden eben etwas kosten." Das konnte er sich vorstellen. Allerdings mochte er gar nicht darüber nachdenken, welche Art von Mann sich sonst ihre Dienste erkaufte. "Also? Was ist nun?" Doch Sasuke ließ nicht locker. "Wie viel von deinem Verdienst darfst du behalten?" Sie lächelte beinah mitleidig. "Genug, dass du dich nicht sorgen musst." Sasuke zögerte. Es war Ino – in gewisser Weise zumindest. Sie waren zusammen zur Schule gegangen. Sicher hatte sie ihm schon sehr unverhohlen ihr Interesse gezeigt, aber die Ino, die er kannte, hätte sich nie so angeboten. Weder für Geld, noch zum Vergnügen. "Deine Liebste zuhause wird es nie erfahren", sagte sie plötzlich. "Was?" Ino lachte. "Du hast so ausgesehen, als würdest du an eine andere denken." Sie löste sich vom Türrahmen und kam auf ihn zu. Forsch ergriff sie seine Hand und drückte sich gegen seine Brust. "Jetzt komm schon. Meine Haut ist genauso weich und zart wie ihre." Sasuke wusste nicht genau weshalb, doch schließlich ging er mit ihr. Der Morgen dämmerte bereits als Sasuke die Augen wieder aufschlug. Im ersten Moment wusste er nicht genau, wo er war. Dann berührte ihn eine zarte Hand sanft an der Schulter und ihm fiel alles wieder ein. Ino, und das Gefühl, welches sie in ihm ausgelöst hatte. Das Mädchen schmiegte sich an seine Seite und ihre Finger strichen über seine Wange. "Du warst vorher noch nie mit einem Mädchen wie mir zusammen, nicht wahr?", fragte sie und Sasuke spürte ihren Atem an seinem Hals. "Wie kommst du darauf?", gab er zurück. Ino kicherte. "Es ist die Art, wie du mich berührst. Beinah so, als würdest du mich lieben." Sasuke setzte sich auf und strich sich mit beiden Händen das Haar aus dem Gesicht. Es war anders, als er es sich vorgestellt hatte. Doch entgegen seinen Erwartungen hatte er kein schlechtes Gewissen. Vielleicht lag es an ihrem Blick. Sie schien zufrieden, fast schon glücklich. "Du kannst gerne wiederkommen", sagte sie, "Sobald die Sonne untergeht, stehe ich dir zur Verfügung." Der junge Shinobi griff nach seinen Kleidern. "Vielleicht wenn mich mein Weg wieder in dieses Dorf führt." Während er sich anzog kam sie von hinten an ihn heran und umarmte ihn. "Dann ziehst du heute schon weiter?" "Nein, erst in zwei Tagen, aber..." Plötzlich stand sie vor ihm. "Ich kann dir einen Sonderpreis machen, wenn du heute Abend wiederkommst." Ihre blauen Augen funkelten ihn an. "Ich... denke nicht, dass das so eine gute Idee ist." Sasuke machte einen Schritt zurück. Ino lächelte. "Das ist sehr schade, weißt du? Ich mag dich nämlich wirklich gern." "Schau... ich überleg es mir." Sasuke ging nicht wieder zu ihr. Nicht, dass es ihm nicht gefallen hatte. Er hielt es einfach für eine schlechte Idee, sie erneut aufzusuchen. Das war alles. Ogami musterte ihn den ganzen Tag über von der Seite, so als ahnte er etwas, sprach Sasuke jedoch nicht darauf an und der Junge sagte auch nichts. Der Auftrag war schnell erledigt – unter Zuhilfenahme einer Wäscheleine – ohne dass jemand etwas geahnt hätte. Am nächsten Morgen verbreitete sich die Geschichte von einem furchtbaren Unfall in Windeseile im Dorf und alle taten sehr erschüttert. Sasuke hörte aus den Kommentaren der Dorfbewohner heraus, dass der Verblichene sich wohl keiner allzu großen Beliebtheit erfreut hatte und niemand betrauerte sein Verscheiden ernstlich. Sie hätten gar nicht so vorsichtig sein müssen. Wahrscheinlich hätten sie den Kerl direkt vor den Augen der gesamten Dorfgemeinschaft abschlachten können und keiner hätte etwas getan, um sie aufzuhalten. Dies ging Sasuke durch den Kopf, während er im Schatten einer Zitterpapel im Gras lag und ihrem Rauschen lauschte, immer wenn ein wenig Wind aufkam. Er dachte an Ino und an Zuhause, an seine Kameraden und sein altes Team. Sie würden ihn gar nicht mehr wiedererkennen. Aber er hatte ja ohnehin nicht vor, wieder zu ihnen zurückzukehren. Noch nicht. Jemand tippte ihm auf die Schulter. Sasuke öffnete die Augen und vor ihm stand ein kleiner Junge, etwa fünf Jahre alt, und sah ihn aus großen, schwarzen Augen an. Wenn er sich richtig erinnerte, war es einer von Tsunades Enkeln. "Tante Anko sagt, du wärst ein starker Krieger", sagte er, "Ist das wahr?" Sasuke hatte keine Lust auf Kinderbelustigung und machte eine abwehrende Handbewegung. "Ja, sicher. Ich bin ein Drache. Und Drachen stört man nicht in ihrer Ruhe, also geh." Der Knirps zog streng die Augenbrauen zusammen. "Du bist kein Drache", erwiderte das Kind, "Du bist ein Mensch." "Ich habe mich verwandelt", entgegnete Sasuke und drehte sich auf die Seite. Doch der Junge ließ nicht locker. Er lief um Sasuke herum und baute sich vor diesem auf. "Drachen können Feuer speien!", sagte er, "Das kannst du nicht. Also bist du kein Drache!" Sasuke beschloss, sich einen Spaß mit dem Winzling zu erlauben und stand auf. "Dann pass mal gut auf..." Der Shinobi drehte sich um und eine Feuerkugel schoss auf den Innenhof hinaus dass die Hühner eilig die Flucht ergriffen. Der kleine Junge hob schützend die Arme vor das Gesicht als er die Hitze auf seinen Wangen spürte. Als Sasuke sich ihm wieder zuwandte, starrte er ihn mit großen Augen an, und fing dann an bitterlich zu weinen. Der Junge hatte sich vor Schreck in die Hosen gemacht. Als sie das Weinen des Kindes hörten, kamen sofort einige Frauen der Familie angelaufen und nahmen sich des Jungen an. Sasuke folgte ihnen mit dem Blick und sah Ogami, der gerade aus dem Haus trat. Er hatte das Spektakel offenbar von drinnen beobachtet und wirkte ein wenig amüsiert. "Sasuke, hör auf rumzuspielen und komm her", rief Ogami zu ihm herüber, "Ich habe einen Auftrag für dich." Er hatte einen Auftrag? Für ihn? Sasuke stand auf und ging zu Ogami hinüber. Der Mann nahm auf der Veranda Platz und stellte seine Trinkschale neben sich ab. "Man hat uns zwei Aufträge angeboten", begann er, "Aber sie sind beide so einfach, dass wir uns dieses Mal aufteilen. Jeder erledigt einen und wir kassieren das doppelte Honorar." "Ah so?" Soll heißen: Es geht also nur um ein bisschen mehr Geld? Ogami schenkte ihm einen Blick der deutlich machte, dass es ihm völlig egal war, was Sasuke darüber dachte oder davon hielt. "Sperr die Ohren auf, Junge." Er hielt Sasuke die Karte der näheren Umgebung hin. "Du gehst von hier nach Westen bis in das Dorf Mittbergen. Dort gibt es ein Gasthaus 'Zum Rabenwirt'. Dort erhältst du nähere Informationen. Wir treffen uns dann in Hochheim wieder, das ist auf der anderen Seite des Waldes." Sasukes Blick wanderte über die Karte und er prägte sich den Weg ein. In dieser Gegend gab es eine Menge kleiner Dörfer. Hochheim lag auf dem höchsten Punkt der Berge. Es wäre also leicht zu finden. "Und du vertraust mir, dass ich nicht mit der Belohnung abhaue?" Ogami grinste. Die Belohnung wird nicht an dich ausgezahlt, sondern an mich, durch einen Boten. Es gibt also keinen Grund, dir zu misstrauen. Ich erwarte dich in drei Tagen in der Herberge 'Storchennest'." Sasuke kam sich mehr als einmal wie ein Botenjunge vor, als er sich auf den Weg nach Mittbergen machte. Ogami hatte eine andere Abzweigung genommen und war auf dem Weg in ein Dorf mit dem schönen Namen Schlachthof. Unnötig zu fragen, wovon die Leute dort lebten. Der Weg nach Mittbergen führte durch einen Mischwald und über eine ganze Reihe von Hügeln. Ständig ging es hoch oder runter, sodass Sasuke gar nicht einschätzen konnte, wie weit der Weg tatsächlich war. Er brauchte am Ende aber fast den ganzen Tag und erst als es bereits dunkel wurde erreichte er das Dorf. Mittbergen war weit größer als er erwartet hatte, größer als die meisten Dörfer hier waren. Auf den Straßen herrschte geschäftiges Treiben und es schien nicht so, als wäre bald Ladenschluss. Sasuke fragte sich bis zu der Gaststätte durch und fand sich in einem noblen Viertel wieder. Das hätte er gar nicht vermutet bei einem Laden, der 'Zum Rabenwirt' hieß. Das klang eher nach einer heruntergekommenen Schänke, doch das hier war einige Preisklassen höher. Sasuke musste gar nicht sagen, wer er war oder weshalb er gekommen war. Der Gastwirt nickte nur und brachte ihn in zu einem der Räume, welche für geschlossene Gesellschaften vorgesehen waren. "Ich bringe den Besucher", sagte der Wirt und die Tür wurde von innen aufgeschoben. "Du kannst gehen", sagte eine Frauenstimme und der Wirt ließ ihn allein dort stehen. Solch eine Heimlichtuerei war Sasuke gar nicht gewohnt. Dieser Klient schien viel Wert auf Diskretion zu legen. Als er eintrat, fiel sein Blick auf drei Frauen, die im Zimmer auf dem Boden knieten und ihn ernst ansahen. Ihre Kleidung ließ darauf schließen, dass sie sehr wohlhabend und bedeutend waren. Hinter einem Wandschirm verborgen machte er eine vierte Person aus. Alle schwiegen. Eine Dienerin schob die Tür hinter ihm zu. "Bitte tritt näher", sagte eine der drei Damen und winkte Sasuke heran. Der Junge nahm einige Schritte von ihnen entfernt Platz. "Ogami schickt dich?", erkundigte sich eine der Frauen. Er nickte. Sie sahen einander an. "Deine Aufgabe", begann die älteste der drei Frauen, "soll es sein, der Prinzessin ihren Schatz zurückzubringen." Sasukes Blick wanderte zu dem Wandschirm. Prinzessin? "Er befindet sich auf dem Weg zur Hauptstadt. Folge den Männern, die ihn haben und bring ihn hierher zurück." Die Frau, welche zuerst gesprochen hatte, musterte ihn kritisch. "Ogami sagt, du bewegst dich wie ein Schatten und schnell wie der Wind", sagte sie, "Wenn dies der Wahrheit entspricht, so dürfte es für dich kein Problem darstellen, von ihnen unerkannt zu bleiben." "Es soll aber wie ein Diebstahl aussehen", füge die dritte Frau hinzu und hob mahnend den Finger, "Wenn du so gut bist, wie man sagt, dann sollte dies ein Leichtes für dich sein." Sasuke Blick ruhte noch immer auf der verborgenen Prinzessin. "Wie sieht dieser Schatz aus?", fragte er. Die Dienerin trat nun näher und stellte ein kleines Holzkästchen vor ihnen ab. "Der Schatz befindet sich in einem Kästchen wie diesem. Es gibt nur zwei davon, also besteht keine Gefahr, dass du ein falsches mitbringst. Öffne es nicht, bring es nur wieder." Sasuke sah sich das Kästchen genau an. Es war sehr aufwendig gefertigt mit vielen Einlegearbeiten und Gravuren. "Musst du ansonsten noch etwas wissen?", fragte die Älteste. Der Junge stellte das Kästchen wieder ab. "Eins nur: Weshalb beauftragt eine Prinzessin einen Dieb, für sie ihr Eigentum zurückzuholen?" Die drei Frauen sahen ihn empört an. "Das hat dich nicht zu interessieren!" "Du bist ein Söldner, also führe deinen Auftrag aus!" "Spar dir deine Unverschämtheiten für die Dirnen, mit denen du verkehrst!" "Lasst ihn", mischte sich eine vierte Stimme ein. Alle Blicke glitten zu dem Wandschirm. Die Prinzessin stand auf und trat hervor. Ihre Hofdamen wollten protestieren, doch sie gebot ihnen mit einer Geste zu schweigen. Sasuke war erstaunt, wie blass und zart die Prinzessin war. Wie ein Püppchen in einem hübschen Kostüm. Sie trat von ihrem Podest herunter und blieb direkt vor Sasuke stehen. "Mein Gemahl hat mir das Kästchen fortgenommen", sagte sie, "Ich bitte dich, mir wiederzubringen, was mir rechtmäßig gehört. Du stehst außerhalb unserer Gesellschaft, also kannst du dies für mich tun." Sasuke war beeindruckt von ihr. Sie sah zwar wie ein Püppchen aus, doch in ihren Augen erkannte er eine sehr starke junge Frau. In seiner Welt hätte er ohne großes Aufhebens ihr zu diensten sein können. Dort war er ein Shinobi. Hier war er nur ein Dieb und Verbrecher. "Wie Ihr wünscht, Hime-sama." Es war einfach die Prozession ihres Gemahls zu finden. Er reiste mit hunderten von Gefolgsleuten quer durch die Berge und sie machten dabei einen Heidenlärm. Während sie in der Nacht rasteten, kundschaftete Sasuke aus, wo dieses Schatzkästchen aufbewahrt wurde. Es wäre leicht gewesen, es einfach zu nehmen und abzuhauen, doch es sollte ja wie ein Überfall aussehen. Also musste es Zeugen geben. Er wartete, bis die Gruppe am Morgen ihren Weg fortsetzte und folgte ihr parallel des Weges durch den Wald. Die Reise ging für ihn ungewohnt langsam voran. Offenbar hatten diese Leute es kein bisschen eilig – oder vielleicht konnte man es dem Adel auch nicht zumuten, schneller zu reisen, wer wusste das schon. Sasuke wartete fast drei Stunden bis er sich sicher war, dass sie eine passende Stelle erreicht hatten. Der Weg war hier besonders schmal und lag ein wenig tiefer als die Bäume. Ein Kinderspiel würde dies werden. Es musste nur genug Aufsehen erregen. Der Junge lief ein wenig voraus und ließ sich auf einem Ast nieder. In der Nacht bereits hatte er alles vorbereitet. Jetzt musste er nur noch warten, bis die Träger mit dem Schatzkästchen genau unter ihm vorbei kamen. In aller Seelenruhe nahm Sasuke den aufgerollten Draht aus seiner Tasche, an dem er wie eine Girlande kleine Bomben befestigt hatte. Er nahm je ein Ende in eine Hand. Verborgen in den Blättern bemerkte niemand den Shinobi. Es blickte auch niemand nach oben. In dieser Welt rechnete man in den Bäumen nur mit Vögeln und Eichhörnchen, nicht mit Attentätern. Die saßen in den Büschen. Zwei Träger hatten das Schatzkästchen in ihrer Mitte, verborgen in einer größeren Kiste mit jeder Menge anderen Dingen, die man als Adliger wohl unbedingt zu brauchen schien. Sasuke wartete, bis das Kästchen genau unter einem Ast war, dann warf er seine Girlande wie ein Lasso über die beiden Männer. Alle Bomben explodierten gleichzeitig als sie auf dem Boden aufschlugen. Eine gewaltige Staubwolke erhob sich und Menschen schrien auf. Sasuke ließ sich von seinem Ast fallen und landete auf der Kiste. Mit einem Schlag hatte er das Schloss geöffnet und nahm das Kästchen an sich. "Banditen! Banditen! Räuber!", schrie irgendjemand und einige Soldaten kamen auf Sasuke zugerannt. Lanzenträger und Bogenschützen. Kein Problem, mit denen wurde er fertig. Die Soldaten stießen mit ihren Lanzen nach dem Dieb, doch der Junge wich ihnen aus als bewegten sie sich in Zeitlupe. Er packte eine der Lanzen und entriss sie seinem Besitzer. Das Ding war nicht unbedingt seine Lieblingswaffe, doch als Kampfstab tauge sie allemal. Er schlug damit die Lanzenträger in vorderster Reihe nieder, bevor die Bogenschützen sich dazu durchringen konnten, auf ihn zu schießen. Sasuke entließ einen Feuerball in die Luft und lediglich ein paar verkohlte Überreste fielen zu Boden. "Ihr seid langweilig", sagte er zu seinen Gegnern, klemmte sich das Kästchen unter den Arm und war mit einem Sprung wieder auf einem Ast. Einige Pfeile trafen das Holz, doch der Shinobi war bereits entkommen. Erst nach einer recht langen Strecke warf Sasuke einen Blick zurück. Er war jetzt weit genug von der Reisegruppe fort um nicht so bald eingeholt werden zu können. Die Sache war so schnell gegangen, dass er jetzt mehr als genug Zeit für eine kurze Pause hatte, bevor er zurückkehrte und das Kästchen ablieferte. Er landete auf einem umgestürzten Baumstamm, welcher eine natürliche Brücke über einem Bach bildete. Sasuke besah sich das Kästchen etwas genauer. Es war nicht sehr groß und auch nicht besonders schwer. Es war sicher kein Schmuck oder Gold darin. Sicher etwas Persönliches, was ausschließlich für die Prinzessin einen gewissen Wert hatte. Weshalb nahm ihr Gatte es ihr dann fort? Vielleicht waren es geheime Liebesbriefe? Etwas traf ihn hart im Rücken. Das Kästchen flog hoch in die Luft, Sasuke nach unten ins Wasser. Ein Mädchen lachte hell auf und als Sasuke sich umdrehte, stand sie breitbeinig auf dem Baumstamm und hielt triumphierend das Kästchen wie einen Siegerpokal in die Höhe. Sie war sehr schlank und von wenig fraulicher Statur, das konnte aber auch nur an dem ledernen Rüstzeug liegen, das sie trug. Ihr langes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sasuke fühlte sich überrumpelt und von ihr vorgeführt. "Hey! Was soll das?" Wieder lachte sie auf. "Was glaubst du? Ich stehle dir deine Beute", erwiderte sie. Als sich das Mädchen umdrehte, erkannte er Sakura. TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)