Embrace me, demon von NamiHeartphilia (How can you keep me in chains?) ================================================================================ Kapitel 5: _coming out_ ----------------------- Anders als das letzte Mal wachte ich von alleine und nicht vom Klingeln des Weckers auf. Die Erleichterung, die mir das Vertrauen zu Adrian brachte, ließ mich auch besser schlafen. Zumindest hatte ich den Eindruck. Vielleicht war das ja aber auch übertrieben. Als ich mich noch im Halbschlaf im Bett wälzte, fühlte ich plötzlich etwas Zartes unter meiner Handfläche. Mit geschlossenen Augen tastete ich mich voran und stach mich, was mich reflexartig dazu zwang die Hand zurückzuziehen. Sofort sah ich nach, wonach ich da gegriffen hatte und sobald ich mein Bett anblickte, konnte ich mich nicht rühren. Es war mehr als Schock. Es war eine wirklich derbe Überraschung, die ich niemals erwartet hätte, verbunden mit einem Schuss Freude und doch etwas Unsicherheit ... Ein toller Mix aus Gefühlen auf jeden Fall, der mich für einige Sekunden eingefroren hatte. Über mein ganzes Bett waren Rosen verteilt. In rot und weiß. Und an eben einer dieser prächtigen Blume hatte ich mich vorhin gestochen, ... das heißt an ihren Dornen. Fassungslos stand ich auf und musste feststellen, dass sie nicht nur auf meinem Bett, sondern auch auf dem Boden und den Möbeln lagen. Na ja ... es kam mir eigentlich nur EIN einziger Kandidat für diese Aktion in den Sinn ... und der ... schlief gerade ,friedlich' in seinem Bett ... Genau, in seinem BETT ... Klingt das seltsam? Es meinen wohl die meisten Menschen, die an Vampire glauben, werden sich jetzt denken: "Schlafen Vampire nich in einem Sarg?" Ich werde es mal so erklären: als ich Adrian am Anfang dasselbe gefragt hatte, hat er erst einmal verdutzt geguckt und dann hat er angefangen zu lachen ... Ja, er hat lange gelacht ... und das war wieder einer der Momente, wo ich am liebsten ein Möbelstück nach ihm werfen würde ... Schließlich meinte er dann voll cool: "Ach, was, Victoria, Süße, du glaubst doch nicht diesen Quatsch ... Was hast du denn gelesen? ... Die ganzen Vampire haben das doch nur erfunden, damit das stilvoll klingt ... Man muss ja auch mal übertreiben für die Coolness ... Da is nix dran. Ich finds in meinem Bett viel gemütlicher. ... Magst du mal probieren?" Dann grinste er wieder so bescheuert ... Ok, wie auch immer, er schlief in seinem Bett, als ich in sein Zimmer reinschaute. Eigentlich wollte ich ja schon rausgehen, aber dann blieb ich noch einen Augenblick stehen und betrachtete ihn. Er lag auf dem Bauch und selbst der freie Rücken ließ einen darüber nachdenken, welcher Künstler so etwas Perfektes erschaffen konnte. Weil er schlief und ich den Eindruck hatte, er schlafe auch wirklich fest, kam ich näher heran und setzte mich an den Bettrand. Sein Gesicht ... die Züge waren ebenso perfekt und ein Glück, dass diese furchtbaren und doch wunderschönen Augen geschlossen waren. So konnte ich nur die schwarzen dichten Wimpern sehen. Hmm ... ich hatte ihn schon angesehen, aber nie konnte ich es mir leisten, ihn so genau unter die Lupe zu nehmen, weil es mich ... na ja ... weil es mich eben nie wirklich interessiert hatte, aber ... seit diesem Umschwung am Abend davor ... und die Rosen ... Richtig! Die Rosen! ... Was sollte das denn? Hatte er sich nicht schon entschuldigt? Das musste doch reichen. Wieso so übertreiben? ... Ich meine, ... es war jetzt nichts Überwältigendes ... für Leute, die so was gewohnt waren, sprich: für mich WAR das nun mal etwas Weltbewegendes! ... Es war so, als würde er völlig verrückt spielen. Woher kam das? ... War das ... der Streit? ... Wir hatten uns doch schon früher in die Haare gekriegt, aber ... SOWAS? ... Nun gut, ich beruhigte es und entschied mich dafür, es als etwas ... sagen wir mal ,Normales' anzusehen und versuchte mich selbst zu überzeugen, dass das sicherlich eine einmalige Sache gewesen war und nichts zu bedeuten hatte. Nachdem ich mich also wieder in Griff hatte, sammelte ich erst einmal die ganzen Rosen ein und stellte sie in eine Vase. Dabei fiel mir noch auf, dass die Blumen die besten waren, die ich je gesehen hatte. Wie teuer waren die bloß? ... Augenblick mal ... Welcher Florist hat denn bitte um 2 Uhr nachts offen?! ... Woher hatte er die Rosen? Er war doch NACHTS unterwegs ... "Sei ruhig und hör auf über jedes Detail nachzudenken!", sagte ich zu mir selbst. Hatte ich mir nicht vorgenommen, mit dem Zweifeln aufzuhören? ... Mit diesem Satz in meinem Kopf betrachtete ich die Rosen noch einmal und lächelte. Eigentlich ... war es doch sehr aufmerksam von ihm gewesen. Um ehrlich zu sein, hatte es mir auch gefallen. Ausgerechnet von ihm so was zu bekommen. Wenn man von jemandem etwas bekommt, was noch nie jemand zu vor von ihm bekommen hat, kommt man sich wichtig und besonders vor. Es ist ein wunderbares Gefühl, trotz aller Zweifel, die tief in einem Menschen sitzen und ihn bei jedem geringsten Detail zerfressen, bis man nur noch verwirrt und unsicher ist. Muss nicht alles Schöne einen Preis haben? So habe ich es gelernt. Das Thema sollte hier mal wieder enden. Weiterhin passierte nichts Sonderbares an dem Tag: ich ging einkaufen, erledigte dies und das, ein ganz normaler Tag eben. Als ich dann beim Abendessen saß, hörte ich Adrian aufstehen. Plötzlich rasten mir sämtliche Gedanken durch den Kopf: sollte ich ihn jetzt einfach so darauf ansprechen? Oder wäre es jetzt das Beste, so zu tun, als wäre das normal? Ich meine, die Sache mit den Rosen. Schließlich war das nicht normal. Es war jedoch zu spät, denn er kam bereits ausgeschlafen und topfit in die Küche und setzte sich an den Tisch. "Wie haben dir meine Rosen gefallen?", fragte er lächelnd, so dass mir fast die Gabel aus der Hand fiel. "Äh ... ja, danke ... sie sind sehr schön ... W-woher hast du sie mitten in der Nacht bekommen?" Sein Lächeln wurde breiter und er erklärte mit einem Wort: "Connections." "Ach, ich dachte schon, du hättest einen Blumenladen ausgeraubt ..." Ich grinste, um meine Fassung wieder zu gewinnen. "Na ja ... ich denke, das hätte ich auch gemacht, wenn ich keine andere Wahl hätte." Immernoch das Lächeln. Das war schon fast gruselig. Weil es eben nicht das typische Adrian-Lächeln, besser gesagt Grinsen war. "Und ... womit habe ich die Blumen verdient?", fragte ich zaghaft und stellte den Teller weg. "Hmm ... brauchst du wirklich einen Grund? Ich wollte dir einfach Rosen schenken." Zu gern hätte ich meinen eigenen Gesichtsausdruck in diesem Moment gesehen. Auf einmal war er auch näher an mich herangerückt. "Adrian, hör mal, wenn das wieder einer deiner ...", fing ich an, doch brachte ich den Satz nicht zu Ende, weil er kurz den Kopf senkte und aufstand. "Was soll ich dir denn noch schenken?", fragte er, wobei ich merkte, dass ein bisschen Resignation in seinem Ton lag. "Du müsstest längst wissen, dass ich nicht auf Gegenstände aus bin ...", antwortete ich tonlos, weil im Inneren einen solchen Krampf hatte, der jeden Ton von mir übertrieben klingen lassen würde. "Aber ... etwas anderes nimmst du doch gar nicht an." Seine Stimme war bitter und das Argument stechend. Doch wohl hatte er nicht Unrecht ... Er ging ins Bad und es klingelte an der Tür. Leise seufzte ich und machte auf. Zu meiner Überraschung war es einer aus dem Hause Williams, also ein Bote. Er hatte einen großen Umschlag in der Hand, was hieß, dass uns ein neuer Auftrag erwartete. Ich nahm ihn dankend ab und als ich damit in die Küche kam, saß Adrian wieder auf seinem Platz und in seinem Gesicht konnte ich nicht wirklich etwas lesen. ... War das sein Ausdruck, wenn er ... enttäuscht war? So hatte ich ihn nämlich noch nie gesehen ... Vorsichtig öffnete ich den Briefumschlag und las kurz den Auftrag. Dann warf ich einen Blick auf die Pläne und Ausweise. "Das wird doch dein letzter Auftrag, nicht wahr?" Er erinnerte sich also immer noch daran. "... Das weiß ich noch nicht ..." "Ich will nicht, dass du gehst ..." Stumm starrte ich ihn an. "Geh nicht." "Adrian, jetzt reicht es aber, was soll das Theater denn?" "Theater?! ... Das ist kein Theater!" "Warum tust und sagst du solche Dinge? Macht es dir Spaß mich zu ärgern oder wie? ... Du verhältst dich völlig anders - was ist los mit dir? Wieso spielst du mir hier irgendwelche Gefühle vor?" Leider konnte ich es nicht länger aushalten und redete einfach los. Es überkam mich einfach das Gefühl, dass ich das nicht auf Dauer aushalten würde, ohne zu wissen, was los war. "Du merkst es nicht?" Er machte ein Zeichen, ich solle mich setzen. "Was merke ich nicht?" Er seufzte. "Es mag ... verletzend klingen, aber ... du bist so in dir selbst eingeschlossen, dass du nicht einmal merkst, wenn dich jemand braucht ..." "Du willst nicht sagen, dass du ..." Wie schon in der Nacht davor legte er auf einmal seine Hand auf die meine, wobei wieder diese Wärme da war. Die anziehende Wärme, die für mich so ungewohnt war und nach der es mich dürstete, sobald ich auch nur einen Funken bekam. "Doch. Und das ist mein Ernst." Darauf konnte ich nichts antworten. Es war zu viel auf einmal. Der Kerl, ... derselbe, der kaltblütig tötete, der mich ständig nur als ... irgendeinen Menschen gesehen hatte, der mich verletzt hatte ... er sagte jetzt, er bräuchte mich?! Wieso konnte er mir das sagen und ich nicht? ... So anders fühlte ich mich nicht ... "Ich habe es dir nie gesagt, weil ich in deinem Benehmen mir gegenüber stets Abneigung gesehen habe. Ich dachte, wenn ich es dir sage, glaubst du mir nicht. Also habe ich mich wie immer benommen. ... Und gestern in der Limousine, da habe ich gemerkt, dass dir meine Einstellung zu dir nicht egal ist, denn sonst wärst du nicht so wütend gewesen. Deshalb ... habe ich beschlossen, dass ich aufhören sollte, unsicher zu sein." "Und ... deshalb auch ... diese Entschuldigung auf einmal und ... die Rosen und das alles, ja?" "Ja. Ich hatte gehofft, du nimmst das an." Also noch einmal: ... er war derjenige gewesen, der meinte, ich wäre das gefühllose Wesen und hatte immer diese Shows abgezogen, um das, was er wirklich dachte, zu vertuschen ... Ich kannte ihn so lange und die ganze Zeit über spielte er sich auf. Wir waren doch nur Partner, dachte ich und er ... hatte er etwa gedacht ...? "Und ... gehst du nach diesem Auftrag?", fragte er noch einmal voller Hoffnung und zog meine Hand an sich. " ... Ich ... ich ... überlegs mir ... Auf jeden Fall ... müssen wir ein Ehepaar spielen ..." Auf seinen verwirrten Blick hin, öffnete ich den Umschlag und hielt ihm die Beschreibung hin. Wir sollten in einem Hotel einige Edelsteine holen und mussten uns dafür als Ehepaar ausgeben. Er las den Text, stand auf und legte den Umschlag auf den Tisch. Ich stand auch auf, weil ich dachte, das Gespräch sei zu Ende und er wolle gehen, doch ganz unerwartet legte er seine Arme von hinten um meinen Körper und sagte mir leise ins Ohr: "Das wird aber nicht klappen, weil du mich so abweist." "Ich weise dich nicht ab." "Nein?" "Nein ..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)