A Dog named Seto von Idris (Seto + Joey) ================================================================================ Kapitel 4: Knall auf Fall ------------------------- Warnungen für diesen Teil: Komplette und totale OOCness auf Kaibas Seite ... ;__; *wimmer* vermutlich Kitsch und meine albernen Ideen. *drop* Vielen Dank an alle Kommentarschreiber (ihr seid soo lieb! ^__^ Danke!) und an Maddle, meine geniale Betaleserin! *-* *** Nach zehn Minuten hatte das kleine Hundevieh sich praktisch heiser gebellt, meine Geduld war am Ende, meine Laune auf dem Tiefpunkt, meine Arbeitsergebnisse absolut mangelhaft - und von Wheeler war weit und breit keine Spur zu sehen oder zu hören. Es war und blieb irritierend still. Bei näherer Betrachtung gehörte er vielleicht doch nicht zu den Menschen, die besonders gut auf sich aufpassen konnten. Denn das hätte ja ein Mindestmaß an Verstand und Vernunft erfordert. "Schönes Wetter heute, nicht wahr?" < "Also, ich war grade in der Gegend und ..." < "Doch, wirklich! Meine Spindnummer ist nur 173 Nummern von deiner entfernt ..." < Ich meine ... ganz ernsthaft. Was konnte man von so jemandem schon großartig erwarten? Er hatte es vielleicht doch geschafft, sich in den einzig verfügbaren Brunnen ringsum zu stürzen, nur um mich zu ärgern. Ich sah den Hund an. Ich sah nach rechts und nach links. Und wieder zurück zu der kleinen, kläffenden Töle. "Er tut das, um mich zu ärgern, nicht wahr?" Die Antwort bestand in einem leisen Fiepen. "Sag was du willst - ich weiß, das es so ist. Er tut das, weil er eine Nervensäge ist und weil es scheinbar sein einziger Lebensinhalt ist, mir auf den Keks zugehen! Du kennst ihn nur nicht so gut wie ich, sonst wüsstest du das." Genau. Weil dieser Penner mich ärgern wollte. Vielleicht war das alles eine Art perfider, heimtückischer Racheplan, um mir das dämliche Fellknäuel aufzudrängen, nachdem ich mich geweigert hatte, es zu sehen. Und jetzt saß er in irgendeinem Gebüsch und beobachtete meine Qual und lachte sich halbtot, dieser miese, kleine ... Aber so sehr ich es auch drehte und wendete - ausgeklügelte, raffinierte Rachepläne waren einfach nicht ... Joey Wheeler. "Ach verdammt ..." Langsam und widerwillig erhob ich mich. "Ist ja gut, hör auf zu bellen." Als hätte er mich verstanden, lief er sofort wedelnd zu mir und war tatsächlich still. "Ich mache das nur, weil ich dich anders nicht wieder loswerde, klar?" sagte ich unwillig und war gleichzeitig überrascht über seine Gehorsamkeit. "Und jetzt los. Such dein Herrchen! Such diesen drittklassigen Versager!" Und wehe, er war nicht mindestens unter einer Lawine begraben oder steckte in sonstiger akuter Lebensgefahr ... Nach weniger als fünf Minuten wurde klar, dass ich das kleine Vieh maßlos überschätzt hatte. Von wegen Lassie! Erst probte er einen oscarreifen Aufstand - und dann? Ich hatte erwartet, dass er mich zielsicher zu Wheeler führen würde, aber stattdessen stolperte er plan- und ziellos durch den Park, schnupperte an Kindern und Bäumen, rannte bellend den Schmetterlingen nach und hob sein Beinchen an jeder zweiten Parkbank. Ab und zu blieb er stehen und schnüffelte suchend am Boden, aber dann guckte er nur verwirrt und sah mich ratlos an, als er erwartete er von mir, dass ich ihm helfen würde. Es war so typisch! Wirklich nur Wheeler konnte einen dermaßen dämlichen Hund besitzen. Ich hätte lachen können - wenn es nicht so verdammt peinlich gewesen wäre, mich mit ihm sehen zu lassen. Entnervt blieb ich schließlich mitten auf einem Spazierweg stehen. Irgendetwas lief hier schief. Wieso konnte er ihn nicht finden? Ich war beinah geneigt mir vorzustellen, dass ihm die Verantwortung, einen Hund zu besitzen, einfach zu viel geworden war, er das Fellknäuel kurzerhand ausgesetzt hatte und sich jetzt irgendwo weit weg einen faulen Tag machte. Aber auch wenn ich ihm einiges zutraute, der Gedanke passte einfach nicht. Joey hing mit einer wahren Affenliebe an dem kleinen Vieh, das hatte sogar ich inzwischen mitbekommen. Er hätte es niemals alleine hier herumlaufen lassen, ohne den gesamten Park verrückt zu machen und nach ihm zu suchen. Irgendetwas stimmte einfach nicht ... "Wheeler, ich will weder dich noch diesen räudigen, verlausten Köter jemals in meinem Leben wieder sehen, verstanden?!" < Ungebeten echoten meine eigenen Worte in meinem Kopf wieder. Er hatte doch noch nie auf das gehört, was ich gesagt hatte ... musste er ausgerechnet heute damit anfangen und sich praktisch in Luft auflösen? Nimm das doch nicht gleich so persönlich, du Versager ... Ich versuchte rational zu bleiben. Wenn ihm wirklich etwas passiert war, hätte ich das doch längst mitbekommen müssen. Schaulustige. Oder ein Krankenwagen. Vielleicht die Feuerwehr? Menschenmengen? Explosionen? Sirenen? Rauchwolken? Ich hatte immerhin jahrelangen gemeinsamen Chemieunterricht hinter mir und wusste, wozu er fähig war. Aber es gab weit und breit keine Spur von ihm. Alles war so friedlich ... die Sonne schien ... den Himmel hätte ich selbst kaum blauer programmieren können ... Kinder spielten ... alles war wie immer ... nur kein lauter, aufdringlicher Versager, wohin ich auch sah. Und trotz allem war da ein seltsames Gefühl in meiner Magengegend, welches ich nicht identifizieren konnte. Vielleicht wusste ich nur bis zu diesem Moment nicht, was für eine lebhafte Phantasie ich hatte. Da war ein Stapel an dummen Bildern in meinem Kopf, die sich vor meinem inneren Auge abspielten, wie ein schlechter Film. Ich konnte es praktisch vor mir sehen ... Joeys lachendes Gesicht mit Zahnlücke und brav glatt gekämmten Haaren ... auf einer Milchtüte abgedruckt. Schwarz umrandet und darunter in dicken Lettern: "Vermisst! Wer hat diesen Jungen gesehen?" "Hey - Köter! Komm her!" befahl ich scharf. Zu meiner Überraschung gehorchte er besser als Wheeler das jemals in seinem Leben getan hatte und tapste brav zu mir. Sekundenlang war ich sprachlos, aber dann ging ich vor ihm in die Knie und dachte scharf nach. Treudoofe Hundeaugen blickten aufmerksam zurück. So wurde das nichts. Wir mussten das Problem ganz methodisch und wissenschaftlich angehen. Das war ein Park. Irgendwo in diesem Park war Wheeler. Rein mathematisch ergab das eine eindeutige Gleichung. Aber vielleicht waren hier zu viele andere verwirrende Gerüche für einen kleinen, dämlichen Hund ... Wenn ich nur irgendetwas hätte, dass nach ihm riechen würde ... Vielleicht würde ihm das auf die Sprünge helfen. Mo~ment! Es war zwar albern, aber vielleicht war es einen Versuch wert. Hastig griff ich nach meiner Tasche und zog den Laptop hervor. Sekundenlang wog ich ihn in den Händen ab und betrachtete ihn nachdenklich. Vielleicht war es eine dämliche Idee. Vielleicht machte ich mich grade einfach nur lächerlich - während Wheeler sich damit verlustierte, in einem Pool zu paddeln und eisgekühlte Margaritas zu trinken. Zuzutrauen war es diesem Penner ja. Aber Tatsache war, er HATTE ihn neulich in der Hand gehabt und damit herumgespielt. Sogar eine ganze Weile ... "Mami, Mami, was macht denn der Mann da?" "Komm sofort her, Yumi! Geh da nicht zu nah ran." Ich spürte, wie die Leute rechts und links um mich herum begannen zu tuscheln und mir merkwürdige Blicke zuwarfen. Tz. Die sollten sich nicht so haben. Nur weil es nicht jeden Tag vorkam, dass ein junger Geschäftsmann, in einem teuren und nicht steuerlich absetzbaren Mantel, vor einem kleinen Hund kniete und ihm einen Laptop hinhielt ... "Los", zischte ich, als seine kleine, schwarze Schnauze aufmerksam über die Tastatur schnüffelte. "Los, du kleines hässliches Fellknäuel, mit dem Gehirn in Erdnuss-Größe - such Joey!" Er bellte und begann enthusiastisch herumzuhüpfen. Na also. Und wehe, das wurde diesmal nichts. Mit dem letzten Rest an Würde packte ich den Laptop wieder ein und erhob mich. Ich hüstelte dezent und warf einen scharfen Blick nach links und einen nach rechts, worauf schlagartig alle tuschelnden Stimmen erstarben. Besser für sie. "Mami, ich hab Angst - buhuuu!" Und wieder ein Kind zum Weinen gebracht. Ich fragte mich langsam, wie die Tagesbilanz bei anderen Leuten aussah. Das war alles Wheelers Schuld! Sobald ich mich vergewissert hatte, dass er nicht tot oder wenigstens halbtot war, würde ich ihn eigenhändig umbringen! Der kleine Kläffer rannte jetzt zielstrebig voran, schlug ein paar Haken in alle Richtungen, wich ein paar Kinderwagen und einem Eisstand aus, aber wirkte beinah so, als ob er jetzt wenigstens ungefähr wusste, was Sache war. Aus reinem Mangel an besseren Alternativen beschloss ich ihm erneut zu folgen. Alles kein Problem. Ich würde diesen Verlierer finden, ihm seinen dämlichen Köter wieder aufhalsen und dann konnte ich mich endlich wieder meiner wichtigen Arbeit widmen. Genau. Es war gar nicht zu fassen, was ich mir hier für einen Ärger machte ... wie viele überflüssige Gedanken ich schon an ihn verschwendet hatte ... Das bekannte, quietschende Kläffen ließ mich aufsehen. Wir waren in einem etwas abseits liegenden Teil des Parks gelandet, dort wo die Gärtner offenbar langsam die Lust an ihrer Arbeit verloren hatten - zumindest wenn man den Zustand der Überwucherung betrachtete. Das Fellknäuel hatte wenige Meter von mir entfernt etwas gefunden, tapste mit den Pfoten und spielte damit herum. Es war rot und schwarz, und die Form und Farbe kamen mir erschreckend vertraut vor ... Seto fing an zu bellen. Meine Schritte beschleunigten sich kaum merklich, wurden immer schneller, so lange bis ich direkt neben ihm stand und endlich erkannte, was es war. Es war Joeys kleiner, vollgekritzelter Rucksack. Es war der, den er immer in die Schule mitnahm und daraus zerknitterte Hefte hervorzog und nach nicht vorhandenen Hausaufgaben suchte. Der Rucksack, auf dem er herumkritzelte, wenn ihn der Unterricht langweilte, was praktisch Dauerzustand war. Den er heute Morgen dabei gehabt hatte, als er mich an meinem Spind abgefangen und zugetextet hatte ... Er lag einsam und verlassen unter dem Baum ... achtlos auf den Boden geworfen und dort liegen gelassen. Und keine Spur von Joey weit und breit. Es war, als ob er sich einfach in Luft aufgelöst hatte. Mir wurde flau. Es ging ganz schnell und ich hatte keine Kontrolle darüber. Es war ein seltsames, ekelhaftes Gefühl in meinem Magen, dass innerhalb von einer Sekunde durch meinen ganzen Körper schoss und sich ausbreitete. Flau. Und kalt. Mit voller Wucht wurde die Milchtüte in meinem Kopf grausame Wirklichkeit. Seto bellte immer lauter und lauter. Er hatte begonnen, an dem Baumstamm hoch zu springen, aber ich fühlte mich zu betäubt um ihn davon abzuhalten. Ein einzelnes, grünes Blatt segelte vor meinem Gesicht vorbei zu Boden. "Seto!" Meine Augen wurden weit und mein Kopf flog nach oben. "Seto, da bist du ja! Lauf nicht wieder weg - ich hab mir Sorgen gemacht! Und du hast Hilfe mitgebracht, kluger Hund! Braver Hund! Oh ... nein, du hast Kaiba mitgebracht ..." Nur allzu vertrautes Blond schimmerte durch die Zweige, aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre - diese Stimme ... das sinnlose Gelaber ... war einfach unverkennbar. "Wheeler!" stieß ich hervor, während ich spürte wie mein Brustkorb begann sich wieder zu entkrampfen und meine Lungenflügel sich langsam wieder mit Luft füllten. "Was zum Teufel, machst du da?!" Diese Frage war in der Tat angebracht. Und ich wollte Antworten - und zwar schnell. "Hey Kaiba ... Du - hier?" Er klang verlegen. "N-nett dich zu sehen. Was führt dich denn in den Park?" Man sollte es nicht für möglich halten. Er hing in abartiger Höhe zwischen den Zweigen, sämtliche Gliedmaßen gnadenlos verzettelt, und klammerte sich mit den Händen grade noch an einem Ast fest. Und er wagte es tatsächlich trotz allem mir mit belanglosem Small Talk anzukommen. Eines Tages, so viel war sicher, würde ich ihn noch umbringen! "Hat dir noch niemand gesagt, dass Hunde nicht klettern können? Was soll das werden, du Verlierer?" "Öhm ... nichts ... ich häng hier einfach nur rum ... ha ha ..." Ich verschränkte die Arme und spürte wie meine Augen schmal wurden. Dieser undankbare Bengel! "Ich warne dich - solltest du mir blöde kommen, wird mir ganz spontan einfallen, dass ich noch einen dringenden Geschäftstermin habe und du kannst sehen, wo du bleibst!" "Was?! NEIN! Geh nicht!" Hastig schüttelte er den Kopf. Ich hörte wie die Zweige raschelten, angesichts seiner heftigen Bewegung. Langsam kam ich mir gedemütigt vor. Milchtüte ... das durfte ich wirklich niemandem erzählen. Am wenigsten Wheeler, der sich garantiert die nächsten Jahre darüber totlachen würde. "Dein Hund hat mich grade in den Wahnsinn getrieben ... und ich hoffe wirklich für dich, dass du eine gute Entschuldigung dafür hast." "Ich habe ihm gesagt, er soll Hilfe auftreiben. Vorzugsweise jemanden mit einer Leiter - oder Bergsteigerausrüstung ... kann ich wissen, dass er da ausgerechnet auf dich verfällt?" "Wheeler ..." "Schon gut, schon gut!" Er nickte krampfhaft und bemühte sich angestrengt, nicht nach unten zu sehen, während er sich ein wenig mehr an dem Ast nach oben zog. "Also, da war dieses kleine Mädchen ... und sie hat geweint, weil ihr Luftballon in den Baum geflogen ist. Und oh man ... ich kann kleine Mädchen einfach nicht weinen sehen. Dann muss ich immer an meine Schwester denken und ... das halte ich nicht aus ..." "Wie rührend." "Hey ...! Nur, weil du so ein gefühlloser Bastard bist, muss das nicht auch auf andere zutreffen!" "Komm zum Punkt", befahl ich schärfer als beabsichtigt. "Tu ich doch grade! Ich habe ihr gesagt, ich hole ihn für sie runter. Immerhin bin ich ein Gentleman! Und es war auch gar kein Problem hier hinaufzukommen ... aber dann ist er weggeflogen und die Äste haben unter mir nachgegeben. Und dann hing ich irgendwie fest und es ging nicht mehr weiter und dann ist Seto weggelaufen und das Mädchen auch und ..." "Kleine Mädchen sind ja so undankbar" "Machst du dich grade über mich lustig?!" "..." "Ach vergiss, dass ich gefragt habe!" "Lass mich das präzisieren." Ich räusperte mich. "Dein Hund probt einen stundenlangen Zwergenaufstand, hält mich vom Arbeiten ab, gibt mich öffentlicher Scham und Demütigung preis, hetzt mich durch den gesamten Park ... und das alles nur, weil du in einem Baum festhängst?" "... ja?" Mir fehlten die Worte. "Ähm ... ach ... ha ha ... kann doch jedem mal passieren ..." "Ich denke, ich gehe wieder." "Nein! Kaiba, warte!" Es gibt dumme Menschen. Es gibt sehr dumme Menschen. Und es gibt Joey Wheeler. Und nur letztere Spezies ist imstand, wie eine Katze auf einen Baum zu klettern und es nachher nicht mehr hinzubekommen auch wieder den Weg nach unten zu finden. "Ist dir der Gedanke gekommen, dass wenn du hochgeklettert bist, du auf demselben Weg auch wieder runterkommen kannst?" Er schüttelte heftig den Kopf und machte die Augen zu. Einige Blätter rieselten um mich herum zu Boden. "Ich kann nicht! Wirklich nicht. Mein T-Shirt hängt irgendwo fest ... und ich glaube, dass der Ast gleich nachgibt ... und wenn ich nach unten sehe, wird mir schlecht und ..." Sogar aus der Entfernung war mir schon aufgefallen, dass er ziemlich blass um die Nase wurde, wann immer er es wagte zu mir hinabzublicken. Scheinbar war seine Klappe doch nicht so groß, wie er eben noch getan hatte. "Bitte, Kaiba ..." Zum ersten Mal klang er leise und beinah kleinlaut. "Tu was ...!" "Was soll ich deiner Meinung nach tun? Die Feuerwehr rufen? Soweit ich informiert bin, holen die nur Katzen aus Bäumen." "Weiß ich nicht - irgendwas! Meine Arme geben gleich nach!" "Sieh es mal so, dann bist du wenigstens unten. Ist das nicht das, was du willst?" erwiderte ich spöttisch. Er stöhnte leise. "Deine Witze waren auch schon mal besser." Ich rollte mit den Augen und seufzte. "Ich kenne wirklich niemanden außer dir, dem so etwas passieren könnte." "Ja los, gib´s mir! Immer schön zutreten, wenn der Andere schon am Boden liegt ...", maulte er und warf mir von oben einen giftigen Blick zu. "Meine Fresse ..." Ich war kurz davor, etwas gleichermaßen Bissiges zu erwidern, als es plötzlich knackte. Das war die einzige Warnung, die wir erhielten. Der Ast brach. "Vorsicht!" Scharf holte ich Luft und verfluchte mich dabei, dass wir so viel Zeit mit reden verschwendet hatten. Seto bellte wie verrückt und sprang wie wild um den Baum herum. Blätter und kleine Zweige rauschten um mich herab und ich hörte, wie Joey aufquietschte, als er fiel. Die Äste zerbarsten mit einem schmerzhaften Geräusch, als er durch das Geäst sauste. In letzter Sekunde, und schon auf halbem Weg nach unten, schaffte er es, sich an einem anderen Ast festuzklammern. "Waaaah ...!!! Au, au, au, au ...!" Keuchend und nach Luft ringend hing er über mir, seine langen, schlanken Beine baumelten in der Luft. Verzweifelt tasteten seine Füße in den ausgetretenen Turnschuhen nach Halt, aber es gab keinen. "Also, falls du irgendeinen genialen Plan hast", hörte ich ihn japsen, "dann wäre JETZT der geeignete Zeitpunkt, um damit herauszurücken! Irgendwas ... ich nehme alles!" "Lass dich fallen." "WAS?!" "Lass los", befahl ich. "Mach schon." "Das ist dein Plan?! Na danke ...! Ich hätte ein wenig mehr Genialität vom großen Seto Kaiba erwartet!" "Wheeler! Tu gefälligst, was ich sage!" Ich konnte die Schrammen und Kratzer auf seinen bloßen Armen sehen, die durch die unsanfte Begegnung mit den Ästen entstanden waren. Es war klar, dass es wesentlich mehr Schaden anrichten würde, wenn er noch einmal so durch das Geäst rasselte. "Du wirst so oder so gleich hier unten landen." Er schüttelte heftig den Kopf und schloss erneut die Augen. "Oh nein ... oh nein ... ich werde draufgehen ... ich weiß es ... Adieu, du schöne Welt! Bitte, versprich mir, dass du auf Seto aufpassen wirst, wenn ich-... Uwaaaaaaaaah!!" Seine Hände rutschten weg, und im selben Moment machte ich einen Schritt nach vorn. Blätter segelten auf mich hinab, während er hinunterrasselte, kleine Zweige zerbrachen, und er fiel ... Natürlich direkt auf mich. Ich hatte irgendwie nicht einmal damit gerechnet, dass ich ihn auffangen würde. Aber ich tat es. Wann war ich nur so schrecklich sozial geworden? Immer macht er nur Ärger ... Sein Schwung riss mich mit, so dass ich ins Taumeln geriet und zurückstolperte. Joey quietschte und klammerte sich an mir fest. Wir waren ein einziges Gewirr aus Armen und Beinen, als wir schließlich auf dem Boden landeten, seine Arme in meinem Nacken. Der Aufprall raubte mir sekundenlang den Atem. Wir lagen im Gras. Der blaue Himmel drehte sich über uns und ich spürte sein warmes, lebendiges Gewicht auf meiner Brust. Sein Herz hämmerte. Sämtliche Luft war aus meiner Lunge gewichen und sekundenlang war ich damit beschäftigt hastig einzuatmen. Ich dachte an die ganze Arbeit, die ich seinetwegen nicht geschafft hatte ... und an die viele Zeit und Nerven, die er mich gekostet hatte ... und in wie viele Peinlichkeiten ich mich seinetwegen gestürzt hatte ... und dass jetzt mit Sicherheit Hundesabber an meiner Tastatur klebte ... und an die Milchtüte mit seinem Photo darauf ... Ein Leben ohne Joey Wheeler wäre ohne Zweifel sehr, sehr ... ruhig. "Whoa ...", hauchte er atemlos. Er lag direkt auf mir, so dass ich spüren konnte, wie heftig sein Brustkorb sich hob und senkte. Widerspenstige Haarsträhnen streiften mein Gesicht, als er langsam den Kopf hob. "... Kaiba ..." Er war dermaßen unorganisiert. Laut. Aufdringlich. Nervig. Überflüssig. Chaotisch. Planlos. Er besaß einen Hund, der meinen Namen trug. "Ich lebe noch!!" Sein Gesicht war direkt über meinem und seine Augen in beinah komischer Art und Weise aufgerissen. "Das würde ich annehmen", erwiderte ich, ohne den Kopf zu heben. "Da es deiner großen Klappe offenbar nicht geschadet hat." "Oh Gott, was ist mit dir? Bist du verletzt?" Ein kurzer, flüchtiger Ausdruck von nahezu Panik machte sich auf seinem Gesicht breit, vielleicht weil ich so reglos unter ihm lag. "Tut mir leid, das wollte ich wirklich ni- ...!" "Pfoten weg!" Seine Hände, welche bereits auf bestem Wege gewesen waren, meinen Körper auf Verletzungen zu untersuchen, hielten mitten in der Bewegung inne. Ich funkelte ihn an und er sah zurück. Leider war mir irgendwie entfallen, dass mein Blick bei Wheeler in den meisten Fällen nicht die geringste Wirkung zeigte. "Hey, Kaiba ...", sagte er leise. "Fass mich an und du stirbst." Er grinste. "Also, weißt du ... das wird mit jeder leeren Drohung unglaubwürdiger ..." Bevor ich ihn davon abhalten konnte, verlagerte er sein Gewicht auf mir und schob sich ein wenig nach oben. Er streckte eine Hand aus. Ich konnte seine Finger spüren, die durch meine Haare fuhren und zuckte gegen meinen Willen zusammen. Behutsam entfernte er ein kleines Ästchen, welches sich in meinem Pony verfangen hatte. "Es ist echt nett, dass du gekommen bist, Alter ...", sagte er leise und wie beiläufig. "Ich meine, ich hatte schon Angst, dass ich da oben übernachten müsste." "Wuff wuff!" Ohne Gnade schob sich eine schwarze, haarige Schnauze zwischen uns und es wurde kurz und liebevoll über Joeys Gesicht geschleckt. Wer jemals eine Hundeschnauze aus nächster Nähe und von unten gesehen hat, wird mir sicher zustimmen, dass es kein schöner Anblick ist. "Ist Seto nicht ein toller Hund?" Seine Augen leuchteten und er begann über das schwarze Fell zu streicheln. "Ich fasse es nicht, dass er mich ganz alleine wieder gefunden hat, obwohl er noch so klein ist! Er ist ja so klug - er ist ein Genie!" Ich beschloss, dass jetzt nicht der geeignete Augenblick war, um die Geschichte mit dem Laptop zu erwähnen. Vielleicht später. Oder ... nie. Ich räusperte mich. "Ich will eure Wiedersehensfreude ja nicht stören, aber ..." "Ja?" "Du liegst auf mir." "Oh ..." "..." "..." "Das ist der geeignete Zeitpunkt um von mir herunterzugehen. Ich meine ... jetzt!" "Oh ... ach ja ...!" Hastig erhob er sich und rutschte zur Seite, während ich mich vorsichtig aufrichtete. Das schwarze Fellknäuel sprang wie auf Kommando auf seinen Schoß und machte Männchen, wobei es die Pfoten auf seine Brust stützte. Er wedelte so sehr, dass Joey ihn mit beiden Händen festhalten musste, damit er nicht hinunterfiel. "Ich hab dich auch vermisst, Seto ...", murmelte er rührselig. Ich betrachtete mit Missfallen die zahlreichen Grasflecken auf meinem Mantel und versuchte nicht dabei zuzusehen, wie Joey seinen Köter abknutschte. Es gab Dinge, wo nicht einmal ich hinsehen konnte. "Ich fass es nicht - wir leben beide noch!" hörte ich ihn murmeln. Innerlich konnte ich ihm nur zustimmen. "Kaiba?" Gegen meinen Willen sah ich auf. Schmutzstreifen zierten sein Gesicht, seine Kleidung war mehr als mitgenommen und seine Arme waren übersäht mit Kratzer und Schrammen. Seinen Zustand als chaotisch zu beschreiben wäre eine Untertreibung gewesen. Trotzdem breitete sich langsam aber sicher ein gigantisches Strahlen in seinem Gesicht aus und seine Augen leuchteten. "Danke ...", fügte er etwas leiser hinzu. "Denk bloß nicht, dass ich dich freiwillig aufgefangen hätte. Ich stand nur zufällig im Weg", sagte ich irritiert. "Nein, ich meine ... danke." Er hatte den Kopf leicht gesenkt und blickte durch zerzauste Haarsträhnen zu mir hoch. "Wovon redest du?" "Na ja ..." er lächelte. "Du bist hier, nicht wahr?" Ich hatte vergessen, dass ich ihn nie wieder sehen wollte. Verdammter Park. Verdammter Wheeler. Und vor allem anderen - verdammter Köter! Fortsetzung? Lasst es mich wissen. ^-^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)