Auch Eis kann brennen, wenn es auf Feuer trifft von abgemeldet (...und kann lernen sich daran zu wärmen) ================================================================================ Kapitel 41: Dein Engagement ist unglaublich ------------------------------------------- Die Stunden waren inzwischen unaufhaltsam dahingeflossen wie Wasser, das man mit hohlen Hand zu halten versuchte. Ein Termin nach dem anderen hatte ihn in Anspruch genommen und die Arbeit schien kein Ende nehmen zu wollen. Aber das war im Grunde nichts ungewöhnliches für seinen beruflichen Alltag und nichts anderes war er gewohnt. Doch dieser Tag heute hatte dennoch einiges an Abwechslung parat gehabt, und das bezog sich nicht nur auf sein Treffen mit Sarah am heutigen Mittag. Denn bereits nach nur einer Stunde, nachdem Sarah sein Büro verlassen und vermutlich unverzüglich ihren Chef angerufen hatte, war dieser auch schon bei ihm aufgetaucht und hatte mit einem unverkennbar euphorischen Gesichtsausdruck den Vertrag als Dritter und Letzter unterschrieben. Nun war der Auftrag endgültig zu einem rechtswirksamen Geschäft geworden und die Freude des Geo der Promotions-Mark war aus seiner eigenen Sicht wenig überraschend. Schließlich bot sich ihnen hier gerade eine unvergleichliche Chance, die es vermutlich für so ein Unternehmen nicht so schnell wieder geben würde, und Sarahs Vorgesetzter hatte diese einmalige Gelegenheit ergriffen. War es demnach verwunderlich, dass sich der Mann mittleren Alters häufig ihm inbrünstig dankend vor ihm verbeugt hatte und immer wieder betonte wie froh er darüber sei mit der Kaiba Corporation zusammenarbeiten zu können und dass sie ohne Zweifel erstklassige Arbeit abliefern würden? Dieser Auftrag war schließlich die Möglichkeit sich von heute auf Morgen an die Spitze aller PR Firmen zu katapultieren und noch dazu auch finanziell mit einem Hauptauftragsgeber wie der Kaiba Corporation voll und ganz abgesichert zu sein. Es war demnach ohne Frage eine Chance für die Promotions-Mark…und für Sarah. Apropos Sarah, er hob den Blick von seinem flimmernden Bildschirm und sah sich in seinem Büro um, dabei fühlte er ein leichte Brennen seiner Augen das daher rührte, dass er zu lange auf den Monitor gestarrt hatte. Mittlerweile war es schon an die fünf Stunden her, dass er sie das letzte Mal gesehen hatte und der Inhalt der E-Mail die er gerade bekommen hatte offenbarte ihm nun einen Umstand, der ihr langes Fortbleiben erklärte. Yamaguchi, der Leiter seiner Organisationsabteilung, hatte ihm eine überraschende Neuigkeit offenbart. Er hatte ihm in der knapp gehaltenen Mail darauf hingewiesen, dass im vierten Stock, in den bisher eigentlich noch ungenutzten Räumen erstaunlich viel Treiben zu verzeichnen war. Genauer gesagt war die Rede von lauten Gesprächen, Zurufen ähnlich, Hämmern sogar bis hin zu Geräuschen eines Elektrobohrers. Kurz gesagt, im vierten Stock, der neuen beziehungsweise auch alten Marketingabteilung wurde bereits seit Stunden gearbeitet, was vermutlich bedeutete, dass man sich in den neuen Räumen einrichtete. Und er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass Sarah mitten im ganzen Trubel steckte und dabei alles andere um sich herum vergessen hatte...ihn eingeschlossen. Sein Blick kehrte zu dem kurzen Text auf seinem Bildschirm zurück, der ihn davon berichtete, dass die Promotions-Mark schon nach nur einer Stunde nach vorläufiger Vertragsunterzeichnung lautstark Einzug in die Kaiba Corporation gehalten hatte…und immer noch aktiv dabei waren, obwohl schon weitere vier Stunden verstrichen waren. Er drehte seinen Bürostuhl um 180 ° und mit überschlagenen Beinen warf er nun einen langen Blick durch die Raumhohen Fenster. Der Himmel hatte sich bereits tief orange verfärbt und die Sonne stand tief, so dass die Strahlen von geringer Intensivität kaum noch sein Büro zu fluten vermochten, anders als es heute Mittag der Fall gewesen war und Sarah dabei in helles Sonnenlicht getaucht worden war. Der Sonnenuntergang erinnerte ihn unerwarteter Weise an etwas, an eine beinahe vergessene Erinnerung. Es war schon geraume Zeit her, da hatte ein vergleichbar rötlich gefärbter Himmel seine Aufmerksamkeit geweckt, oder vielmehr das warme Licht welches diese Abenddämmerung auf das Gesicht einer jungen, ruhenden Frau geworfen hatte die auf seiner Couch im Apartment eingeschlafen war. Wochen waren seit jenem Tag vergangen an dem er Sarah zum ersten Mal schlafend vorgefunden hatte und deren sanfter Gesichtsausdruck ihn seither nicht mehr losgelassen hatte. Er erinnerte sich noch genau daran wie ihn der Anblick gefesselt hatte und er gefangen von ihrer weichen Mimik beinahe ihr Gesicht berührt hätte um eine Haarsträhne zurückzustreifen. Das war lange her und in der Zwischenzeit konnte er diesen bestimmten Gesichtsausdruck jede Nacht und jeden Morgen sehen, dazu musste er sich nur im Bett zu Sarah umwenden. Wenn er wollte, dann konnte er sie Stundenlang beim Schlafen beobachten und niemand hinderte ihn daran ihr Haarsträhnen hinter das Ohr zu streichen. Niemand hielt ihn davon ab all diese Dinge zu tun, am wenigstens er selbst, so wie er es damals getan hatte, weil er diese überraschenden und intensiven Gefühle für sie zuzulassen einfach nicht gewillt gewesen war. Doch die Erinnerung an jenen Anblick hatte sich fest gebrannt in seine Gedanken und weckten in ihm immer wieder aufs neue das Gefühl von Faszination und Ergriffenheit. Rötlicher Sonnenuntergang…es war spät geworden. Er drehte seinen Bürostuhl wieder seinem Schreibtisch zu und kehrte dem Farbenspiel den Rücken zu. Er war zu einer Entscheidung gekommen. Mit routiniertem Handgriff bedienter er die Maus und mit einigen wenigen Klicks gab er seinem Computer den Befehl herunterzufahren. Genug für heute, es gab noch anderes zu tun, eine junge und attraktive Frau aus dem vierten Stock aufzulesen zum Beispiel. Er erhob sich und fühlte wie sich seine Muskeln anspannten und gegen die plötzliche aufrechte Haltung rebellierten. Er hatte zu lange gesessen und sich zu wenig bewegt, der Nachteil daran Firmeninhaber und Vorsitzender zu sein, denn dieser Job bestand wohl zwangsläufig aus bis zu 90 Prozent Schreibtischarbeitarbeit. Er streckte sich dezent und fühlte wie sich sein Körper entspannte. Mit zügigen Schritten durchquerte er sein Büro und hinterließ einen akkurat aufgeräumten Arbeitsplatz, so wie er es jeden Abend zu tun pflegte wenn er seine Firma verließ und sich auf den Heimweg machte. Doch heute allerdings war es anders als all die unzähligen Male zuvor. Denn dieses Mal führte ihn ein kleiner Umweg in den vierten Stock anstatt in die Tiefgarage oder zu seiner vor dem Eingang wartende Limousine, genauer gesagt war er auf den Weg in den Teil des Gebäudes in dem die Marketingabteilung untergebracht war. Oder um es auch anders zu umschreiben, in dem die neue Marketingfirma Promotions-Mark ihren Sitz haben würde, wenn sie in den nächsten Tagen wie vertraglich festgehalten ihre Arbeit für die Kaiba Corporation aufnehmen würde. Mit gewohnt selbstsicheren Gang schritt er zielsicher durch die einzelnen Gänge, sich stets der Tatsache bewusst, dass er als Chef hier in seinem eigenen Weltunternehmen wanderte. Vermutlich war dies eine Erklärung die auch auf seine selbstbewusste Gangart verständlicher machte, aber er war nun einmal zurrecht stolz auf sein Unternehmen, welches er ganz allein mit eigenen Händen aufgebaut hatte. Er kannte seine Firma wie seine eigene Westentasche und dementsprechend zielsicher und entschlossen lenkte er auch seine Schritte. Aber selbst wenn er nicht der Besitzer gewesen wäre und sich demnach hervorragend in den Örtlichkeiten ausgekannt hätte, er hätte wohl auch als Fremder ziemlich rasch den Weg zu den besagten Räumen der PR Abteilung gefunden. Denn er hätte lediglich jenem Lärm folgen müssen, den sein Organisationsleiter in der vorherigen E-Mail beschrieben hatte und von dessen Lautstärke er sich nun in natura überzeugen konnte. Es stimmte, es klang wirklich erstaunlich nach Umzug. Nicht übermäßig laut, aber im Vergleich zu dem ansonsten herrschenden dezenten Bürogeräuschen, bestehend aus Tippen auf Tastatur und Telefonläuten, war dieser Lärmpegel einiges intensiver als gewohnt. Die Promotions-Mark war also in der Tat immer noch rege dabei sich einzurichten. Er betrat nun den Hauptraum der Werbeabteilung von dem aus alle anderen dazugehörigen Nebenbüros abzweigten und aus dem unzweifelhaft eben jene Geräuschkulisse in die Gänge drang, welche die Aufmerksamkeit seines Mitarbeiters geweckt hatte und der sich dann dazu verpflichtet gefühlt hatte ihn selbst darüber zu informieren. Einen Moment blieb er im Türrahmen stehen um sich einen ersten Überblick zu verschaffen und sich in dem Trubel zurechtzufinden. Im Vergleich zu den dank der abendlichen Stunde beinahe ausgestorbenen Büros an denen er vorbeigekommen war konnte man dieses hektische Treiben hier einfach nur als drastischen Gegensatz bezeichnen. Hier war ohne Zweifel eine Menge los und, was er ebenso anerkennen musste, sie waren tatsächlich schon weit vorangekommen. Der ganze Raum glich schon einem vollständig eingerichteten Büro, welches beinahe bezugsfähig schien. Allerdings wohl nur beinahe, denn egal wo er hinsah überall bewegten sich Leute, arbeiteten, schraubten, bohrten oder schleppten Hardware von einem Ende des Raumes zum anderen, wo sie anscheinend benötigt wurde. Über all der Bewegung herrschte ein ständiges Zurufen der Mitarbeiter untereinander. „Kannst du mir mal helfen?“ „Komm hier her damit, ich brauche das hier.“ „Halt das mal fest, nein nicht da, hier…und bloß nicht loslassen.“ Sein Blick huschte über die so unbekannten Gesichter und er versuchte bekannte Züge unter all den Menschen ausfindig zu machen. Doch die meisten von ihnen hatte er noch nie zuvor gesehen und er erst jetzt wurde ihm wieder bewusst wie viele Mitarbeiter die Promotions-Mark doch beschäftigte, deren Bekanntschaft er noch nicht gemacht hatte. Und so wie es schien war tatsächlich deren gesamte Belegschaft hier versammelt um bei dem Umzug mit anzupacken. Doch da, dort drüben bei dem mittleren Schreibtisch entdeckte er eine junge Frau, die ihm dann doch bekannt vorkam. Er mochte sie zwar noch nicht oft gesehen haben aber sein Erinnerungsvermögen bezüglich Gesichtern war glücklicherweise ausgezeichnet und somit konnte er diese Frau eindeutig als Hiroko identifizieren, die sich über die Arbeitsfläche des Schreibtisches gebeugt hatte und Kabel an einen Monitor anzuschließen schien. Dies ließ ihn zu einer einfachen aber vor allem logischen Schlussfolgerung kommen. Wo Sarahs beste Freundin war konnte sie selbst wohl auch nicht weit entfernt sein. Und selbst wenn Sarah nicht in ihrem direkten Umfeld zu finden wäre, so würde sie ihm zumindest mit ziemlicher Sicherheit Auskunft darüber geben können wo sie sich stattdessen aufhielt. Hiroko wusste vermutlich sehr genau wo Sarah sich herumtrieb und hatte stets ein wachsames Auge auf sie, seinem eigenen Verhalten nicht ganz unähnlich. Für diese Feststellung brauchte er nicht einmal seinen ausgefeilten logischen Verstand zu bemühen, denn das sagte ihm bereits sein gesunder Menschenverstand, und nicht zuletzt auch die Erfahrungen die er mit Sarah ihre engste Freundin betreffend gemacht hatte. Viel zu oft hatte sie deren Namen in Gesprächen erwähnt, als dass ihm nicht klar wäre welche bedeutende Rolle diese Frau in Sarahs Leben einnahm…und auch wie viel von ihr abhing. Ohne länger zu Zögern trat er in den großen Raum ein und näherte sich bis auf wenige Schritte dem besagten Schreibtisch über den Hiroko sich immer noch weit, mit ihrem ganzen Oberkörper, gelehnt hatte. Sie schien tief in ihre Arbeit vertieft zu sein, denn ihre ganze Konzentration galt den Kabeln und Anschlüssen, die sie am Computer zu befestige, so dass Hiroko sein Näherkommen noch nicht registriert hatte, obwohl er gerade mal zwei Meter von ihr entfernt zum Stehen gekommen war. „Ich brauche noch etwas mehr Kabel. Lass doch mal etwas lockerer.“ Ihre Stimme klang dumpf und gepresst, aber das war nicht weiter verwunderlich angesichts der Tatsache, dass sich ihr Brustkorb gegen die Schreibtischplatte drückte und somit nur noch eingeschränkt als Schallverstärker dienen konnte. Blieb somit nur noch die Frage mit wem sie gesprochen hatte. Sicherlich mit niemanden der anderen Anwesenden hier im Raum, denn dafür hatte sie ihre Stimme nicht laut genug erhoben, so dass eigentlich keiner ihre Aufforderung hatte hören können. Viel mehr klang es doch so, als habe sie mit jemanden geredet, der sich direkt in ihrer Nähe befand, obwohl er keine Person neben ihr ausfindig machen konnte. Forschend streifte sein Blick über Hirokos gebeugte Gestalt, weiter über die Arbeitsfläche, suchte den Raum dahinter ab und, blieb letztlich unter dem Schreibtisch hängen, genauer gesagt an jener Stelle, der normalerweise Platz für die Füße schaffte wenn man am Tisch saß. Doch anstatt des robusten aber dennoch nicht minder hochwertigen Teppichbodens bot sich ihm dort ein ganz andere Anblick. Ein leicht süffisantes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und er verschränkte die Arme vor der Brust um diese einmalige Aussicht in aller Ruhe und in vollen Zügen zu genießen. Wenn er diesen in engen Jeans steckenden Po mal nicht kannte…sehr gut sogar. Hatte er ihn schließlich vor wenigen Stunden erst von den lästigen Beinkleidern befreit und seine Hände über eben diesen gleiten lassen. Da kniete Sarah tatsächlich auf dem Boden, war unter den Schreibtisch gekrochen und hantierte dort an irgendwelchen Leitungen und Anschlüssen herum. Außer ihren knienden Beinen und den wohl geformten Po jedoch war kaum etwas von ihr zu sehen, doch diese Aussicht alleine war dennoch ansehnlich genug. Aufgrund ihrer Bemühungen den Computer mit all seinen Kabeln zu verbinden, zumindest nahm er die Situation analysierend an dass sie das gerade versuchte, folgte ihr Körper den Bewegungen, die diese Anstrengung mit sich brachte. Ihr Po wippte leicht hin und her und vollführte reizvolle Eigenbewegung, welche die überaus eng anliegenden Bluejeans in keinster Weise verbergen konnten. „Okay, versuch es noch mal. Die Kabel sind alle drin, jetzt müsste es klappen.“ Sarahs matte Stimme drang äußerst gedämpft unter dem Schreibtisch hervor, ihr war anzuhören, dass sie unter körperlicher Anstrengung stand und ihr Atem somit abgehackt war. Hatte er vor wenigen Stunden nicht noch die Nachteile dieser Jeans deutlich vorgehoben und stattdessen die Vorzüge eines Rockes angepriesen? Ihre schönen entblößten Beine, viel schneller auszuziehen…und dennoch musste er sich nun eingestehen, dass diese Hosen doch auch einen unerwarteten Gewinn darstellten. Ein wirklich lohnender Anblick, in der Tat. Hiroko richtete sich überraschend auf und gab nun einige schnelle Eingaben über die Tastatur ein. Erst jetzt realisierte er, dass der Computer an dem die beiden Frauen die ganze Zeit gearbeitet hatten, eingeschalten war und auf dem Bildschirm die ihm so vertrauten numerische Codes zu erkennen waren. Ein Programm also, dessen Zweck er von seiner Warte aus nicht erkennen konnte, denn dafür hätte er sich die Programmierzeilen genauer in Augenschein nehmen müssen um sie lesen zu können. Doch kaum hatte Sarahs beste Freundin die neuen Befehle eingegeben begannen die Zahlenreihen auch sofort damit in atemberaubender Geschwindigkeit über den Bildschirm zu rollen. Das Programm lief an und startete sich soeben selbst. „Es klappt.“ Die junge Frau klatschte begeistert in die Hände und lächelte strahlend. Anscheinend freute sie sich darüber ein kompliziertes Problem letztlich doch noch gelöst zu haben. Sarahs Hand kam an der Schreibtischkante zum Vorschein während sie mit langsamen Bewegungen rückwärts unter dem Tisch hervorkam um sich nicht den Kopf zu stoßen. Ihre Stimme dabei war wie zuvor gedämpft und ebenso ein wenig atemlos. „Na endlich.“ Sie war inzwischen soweit zurückgekrochen, dass sie sich nun, wenn auch ein wenig umständlich, erheben konnte und aus der Hocke heraus aufstand. Kaum stand Sarah auf den Beinen wischte sie sich kurz mit dem Handrücken der rechten Hand über die Stirn, wobei ihm nicht verborgen blieb, dass ihr Gesicht aufgrund der Anstrengung gerötet war. Ein seltsam vertrauter Anblick, auch wenn diese Anstrengung nichts mit dergleichen Dingen zu tun hatten, die sie erst vor einigen Stunden oben in seinem Büro getan hatten und die ihr sonst diese Röte ins Gesicht trieb. Sarah lächelte Hiroko zu und es war offensichtlich, dass sie sich genauso über den errungenen Erfolg freute wie ihre Freundin gerade eben. Beide Frauen standen sich inzwischen gegenüber, ihm allerdings halb den Rücken zugewandt so dass sie ihn immer noch nicht bemerkt hatten. Auch Sarah hatte beim Aufstehen keinen Blick in seine Richtung geworfen, viel zu sehr war sie mit dem Computer beschäftigt. Sie beugte sich nun wie zuvor ihre beste Freundin über den Schreibtisch und warf einen kritischen Blick auf die immer noch rasend schnell ablaufenden Programmzeilen. Wieder betonte diese Körperhaltung ihre Rückseite und lenkte den Blick besonders auf ihren Po. Als ob sie wüsste, dass er hinter ihr stand und sie beobachte und sie ihn auf diese Weise zu reizen versuchte. Doch dem war bedauerlicher Weise nicht so. Sarah neigte den Kopf leicht nach Rechts. „Hm…sieht gut aus. Ich denke in spätestens fünf Minuten müsste das Programm installiert sein.“ Hiroko nickte ihr zu wobei sie sich ebenfalls näher an den Bildschirm hinlehnte. „Denke ich auch.“ Sarah richtete sich wieder auf und streckte den Rücken durch, wobei man ihr die Verspannung ansah. Aber wer konnte schon sagen wie lange sie bereits unter dem Schreibtisch herumgekrochen war und sich in dieser verkrampften Körperhaltung befunden hatte? „Okay, dann wird es Zeit sich an die anderen Computer zu machen. Bei denen müssen wir schließlich auch noch unsere Software draufladen…und wenn das bei allen so mühsam mit dem vernetzen ist wie bei dem hier…“ „…dann hocken wir noch bis spätabends daran.“ Die junge Frau hatte sich ebenfalls aufgerichtet und Sarahs Satz wie selbstverständlich vollendet. „Ich weiß, ich weiß. Aber das lässt sich leider nicht vermeiden. Wir brauchen eben unser Designer-Programm, ohne das können wir nicht anständig arbeiten. Also auch wenn es viel Mühe macht, wir kommen nicht darum herum.“ Nun war es an Sarah als Antwort zu nicken. Erstaunlich wie gut die beiden Frauen einander kannten und wie vertraut sie miteinander waren. Sogar so sehr, dass sie die Gedanken des anderen erraten und auch gleich auszusprechen vermochten. Diese Vertrautheit ging wohl auf jahrelange und sehr tief verbundene Freundschaft zurück. Etwas, das nur schwer nachvollziehbar für ihn war, hatte er selbst doch im Grunde nie eine ähnliche Erfahrung in seinem Leben gemacht. Ob sich er und Sarah irgendwann auch einmal derartig nahe sein würden? Würden sie irgendwann einmal die Gedanken des anderen bereits im Voraus wissen und den anderen in und auswendig kennen? Waren sie sich vielleicht nicht sogar jetzt schon so vertraut, zumindest ansatzweise? Im Grunde hoffte er es, denn das war ein Ziel, dass zu erreichen sich lohnen würde. „Also dann, rann ans Werk.“ Sarahs Enthusiasmus war zurückgekehrt und wo zuvor Erschöpfung zu hören gewesen war vernahm er nun wieder Tatendrang und Energie in ihrer Stimme. Wie zuvor Hiroko klatsche nun auch Sarah in die Hände, nur um einiges lauter und drehte sich um die eigene Achse während sie ihre Stimme so weit erhob, dass sie im ganzen Raum und von allen Anwesenden Kollegen zu hören war. „Also gut Leute, wir werden jetzt das Programm…“ Sie erstarrte in ihrer Haltung und sah ihn mit überraschten Blick an. Endlich hatte sie ihn entdeckt, nun da sie sich umgedreht und somit dem Raum zugewandt hatte. „Seto? Was machst du denn hier?“ Da sie nun beinahe direkt vor ihm stand hatte ihre Stimme wieder die normale Lautstärke angenommen. „Seit wann bist du denn schon hier? Ich habe dich gar nicht bemerkt oder kommen hören.“ Er kämpfte darum sich sein amüsiertes Lächeln nicht all zu deutlich ansehen zu lassen, aber ihre Verdutztheit war schlicht weg zu vergnüglich. Seine Aufmerksamkeit wurde kurz abgelenkt, denn hinter ihrem Rücken hob Hiroko kurz die Hand zum Gruß und er erwiderte diese Geste mit einem knappen aber dennoch zuvorkommenden Nicken. Schließlich hing viel für ihn von Hirokos Sympathie für ihn ab und er dachte nicht daran sich diese zu verscherzen. Nicht nachdem er wusste wie viel Wert Sarah auf die Meinung ihrer besten Freundin legte. Immer noch die Arme lässig vor der Brust verschränkt bedachte er Sarah nun mit einem langen Blick, mit dem er sie genau musterte. Es war irgendwie erstaunlich, beinahe schon erschreckend wie gewohnt ihr Anblick für ihn geworden war und wie sehr sich ihr Wesen, ihre Gesichtszüge, einfach alles an ihr sich inzwischen in sein Gedächtnis eingebrannt hatte. Sie war nicht mehr daraus wegzudenken. „Nun, ich bin schon lange genug hier um feststellen zu können, dass ihr keine Zeit habt verstreichen lassen und bereits auf Hochtouren daran arbeitet um euch hier einzurichten.“ Ein geschmeicheltes Lächeln zeigte sich auf ihren geschwungenen Lippen. „Natürlich, hast du denn etwas anderes erwartet?“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite und ließ seine Augen über ihr langes Haar gleiten. „Nein.“ Das geschäftliche Treiben um ihn herum hatte kaum nachgelassen, ungeachtet der Tatsache, dass Sarah dazu angesetzt hatte ihren Kollegen eine Mitteilung zu machen. Und obwohl sie mitten im Satz abgebrochen hatte, schien es den meisten wichtiger zu sein ihre Arbeit fortzusetzen anstatt sich danach zu erkundigen was los war oder was sie hatte sagen wollen. Gut für ihn. Er war bereits schon einmal im Mittelpunkt des Interesses der Belegschaft der Promotions-Mark gestanden und er erinnerte sich noch sehr gut daran, dass Sarah ihn davor bewahrt hatte von ihren Freunden ausgefragt zu werden. Und er musste zugeben, er war froh darüber gewesen. Doch die meisten schienen dieses Mal keinerlei Notiz von seiner Anwesenheit zu nehmen. Vielleicht lag es daran, dass sie zu beschäftigt waren oder dass sie sich dieses Mal in seiner Firma befanden, womöglich aber auch daran, dass sie sich mittlerweile an den Gedanken gewöhnt hatten, dass Sarah und er eine feste Beziehung führten und somit ihre Neugierde für dieses Thema verloren hatten. Vielleicht. Er war im Grunde nur erleichtert sich keinen bohrenden Fragen oder neugierigen Blicken stellen zu müssen. Eigentlich konnte man es fast schon so bezeichnen, als wäre seine Gegenwart zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Sarah trat einen kleinen Schritt auf ihn zu und lächelte ihn an. „Schade, ich habe jetzt eigentlich kaum Zeit. Ich muss noch das Design-Programm auf allen Rechnern installieren.“ Sie deutete mit einer ausladenden Geste auf den Raum um sich herum ohne den Blick von seinen Augen zu nehmen. „…und ich fürchte das wird noch etwas dauern. Das da…“ Sie zeigte mit dem Daumen über ihre Schulter hinweg auf den Schreibtisch hinter sich. „…war erst Nummer eins. Bleiben also noch gut zwanzig Computer die programmiert werden müssen.“ Darum ging es also. Sarah war dabei ein internes Netzwerk aller Computer untereinander herzustellen die von der Promotions-Mark genutzt wurden, so dass eine Verständigung der Mitarbeiter untereinander drahtlos von statten gehen konnte. Daten würden ohne weiteres von einem Rechner zum anderen geschickt werden können, Entwürfe, Werbegesinges…doch dazu mussten sie erst einmal die Computer der Kaiba Corporation, die fester Bestandteil dieser Büroräume waren, modifizieren und für ihre Zwecke abändern. Interessant. „Das mag alles durchaus sein, aber ich denke du solltest jetzt Schluss für heute machen. Es ist Zeit zu gehen, schließlich ist es spät geworden und unser Vertrag ist gerade einmal vier Stunden unter Dach und Fach. Ihr müsst nicht alles an einem Tag erledigen, dafür habt ihr noch genügend Zeit. Morgen zum Beispiel.“ Es war weniger ein Rat als vielmehr eine Aufforderung. Er hatte den Weg hierher sicherlich nicht gemacht um wieder mit leeren Händen und unverrichteter Dinge abzuziehen. Er würde diese Räume in Sarahs Begleitung verlassen, ob sie nun wollte oder nicht. Ein kurzes amüsiertes Lächeln stahl sich bei diesem Gedanken auf seine Lippen. Das war wohl sein gutes Recht als GEO und ihr Vorgesetzter, nämlich ihr zu sagen wann sie Feierabend zu machen hatte. Nur zu dumm, dass Sarah das vermutlich nicht einmal annähernd so sehen würde wie er und sich dem auch nie freiwillig fügen würde, zumindest nicht sofort. Seine eigensinnige und temperamentvolle Sarah. Er würde wohl erst noch etwas Überzeugungsarbeit leisten müssen, ehe sie sich geschlagen geben würde. Sie schüttelte leicht den Kopf, der erste Schritt zu ihrem Widerstand, doch er hatte nichts anderes von ihr erwartet. „Nein, das geht nicht. Ich weiß welche Ansprüche du an dein Umfeld stellst, besonders an deine Mitarbeiter. Du erwartest Perfektion und die werden wir dir auch liefern. Du hast uns schließlich nicht umsonst aus so vielen qualifizierten Firmen ausgesucht und du bekommst die fachgerechte Arbeit, die du für diesen Megaauftrag in dieser Höhe auch erwarten kannst.“ „Ich bin nicht hierher gekommen um eine Diskussion zu führen Sarah.“ Ein lächelnder Zug lag um seine Lippen und er versuchte auch gar nicht diesen zu verbergen. Im Gegenteil, Sarah sollte wissen, dass seine Worte einen nicht ganz unbeträchtlichen Teil an Schalk enthielten. „Sondern?“ Ihre Augenbrauen hoben sich fragend. „Um dich mitzunehmen selbstverständlich. Auf die eine oder andere Weise.“ Sein Blick wurde entschlossener. „Du kannst wählen wie es ablaufen soll, aber ich denke es wäre durchaus ratsam mich nicht dazu zu zwingen mich durchsetzen zu müssen.“ „Du meinst deinen Willen durchzusetzen? Das klingt irgendwie nach einer Drohung!“ Vielsagend verzog er seine Mimik zusammen mit einem Schulterzucken ohne ihr weiter Antwort zu geben. „Du bist ein Despot, ehrlich Seto.“ Obwohl sie versuchte ihn vorwurfsvoll anzusehen mühte sie sich allerdings sichtlich damit ab ein Schmunzeln zu unterdrücken, welches ihre Mundwinkel nach oben hob. „Nun, das muss ich wohl als deine Meinung hinnehmen, aber mehr werde ich mich dazu nicht äußern.“ Er trat den letzten trennenden Schritt auf sie zu und sah ihr einen Moment tief in die klaren Augen. „Und jetzt komm.“, Er umfasste mit lockerem Griff ihr rechtes Handgelenk und schon drehte er sich um die eigene Achse und wollte Sarah aus dem Großraumbüro führen. Doch er kam nicht weit, denn mit einer schnellen Handbewegung und indem sie den Arm anhob, befreite Sarah sich von seiner Hand und rührte sich nicht von der Stelle. Leicht überrascht wandte er sich erneut zu ihr um, da hatte er wohl zu früh mit ihrem erliegenden Widerstand gerechnet, denn noch schien sie nicht gewillt zu sein ihm zu folgen. Der Machtkampf ging also in die zweite Runde. „Ich kann nicht Seto, wirklich. Ich muss zuerst das Programm installieren…und dann müssten wir eigentlich auch noch ein Datenabgleich machen, mit allen Computern. Außerdem sollten wir am Besten gleich auch schon einmal die ersten Statistiken recherchieren und Tabellen dazu erstellen, damit wir gleich mit der Arbeit anfangen…“ Mit einer nun doch etwas ungeduldigen Geste schnitt er ihr das Wort ab. „Sarah stopp!“ Er konnte ihren Enthusiasmus nachvollziehen, denn sie brannte darauf ihre neue Aufgabe endlich aufnehmen zu können und unzweifelhaft wollte sie allen, vermutlich nicht nur besonders ihm sondern auch sicht selbst beweisen, dass sie diesem Großauftrag gewachsen war und dass sie sich dadurch nicht überfordern ließ. An sich eine verständliche Reaktion und es war gewiss nichts Falsches daran sich behaupten und gleichzeitig auch sein Besten geben zu wollen, nur leider übersah Sarah in ihrem Eifer, dass sie es übertrieb. Sie versuchte all die Arbeit von mehren Tagen in nur wenigen Stunden zu erledigen, ein absolut undenkbares Unterfangen, dass unweigerlich scheitern würde und somit zu ihrer Enttäuschung führen musste. Sich ein Ziel zu setzen das unmöglich zu erreichen war würde sicherlich nicht förderlich sein für ihr teilweise doch angeknackstes Selbstbewusstsein und somit lag es am ihm diesem Misserfolg entgegenzuwirken. Selbst wenn er ihr so einiges zutraute zu dem sie fähig war, das konnte sie dann doch nicht vollbringen, unabhängig davon wie sehr sie sich auch bemühen würde. „Du musst das nicht alles auf einmal tun, das verlangt niemand von dir.“ Sie öffnete bereits den Mund um ihn von Neuem zu protestieren, darum beeilte er sich weiterzusprechen und sie somit gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen. „Überdies ist das ohnehin nicht deine Aufgabe.“ Ihre Mimik erstarrte einen Augenblick überrascht und sie schloss den Mund wieder, da sie abermals angesetzt hatte ihn zu unterbrechen. Nun lag ein fragender Ausdruck in ihren Augen. „Für solche Dinge ist die Technikabteilung zuständig, dafür habe ich diese schließlich auch in der Kaiba Corporation ins Leben gerufen. Sie kümmert sich darum, dass alle nötigen Installationen ausgeführt und eventuelle Soft- oder Hardware Probleme behoben werden. Sie werden es übernehmen die Computer hier umzuprogrammieren, immerhin ist das auch ihr Job.“ „Aber…“ Erneut ließ er Sarah nicht weitersprechen. „Nichts aber. Dieser Leute sind eigens für jede weiterführende Angelegenheit mit unseren Computern angestellt und sind ohne Frage Experten. Sie werden sich darum kümmern, dass euere Software heute noch installiert wird. Wie gesagt, das ist nicht eure Aufgabe.“ „Aber…“ Dieses Mal stoppte er sie nicht und ließ sie weitersprechen. Nur schienen Sarah dafür im Moment die Worte ausgegangen zu sein, denn sie vollendete ihren Satz nicht und somit blieb ihr Einwand unausgesprochen, oder vielmehr gab es nichts mehr womit sie hätte diskutieren können. Ein siegreiches Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Sarah war sprachlos und das bedeutete, er hatte die Argumentationsrunde gewonnen. Er würde seinen Willen bekommen und sie hatte ihm nichts mehr entgegenzusetzen. „Nachdem dir keine Gründe mehr einzufallen scheinen die meinen Vorschlag entkräften gehe ich davon aus, dass du ihn akzeptierst.“ Ob sie nun wollte oder nicht, sie musste sich nun die Niederlage eingestehen. Doch er sah bereits an dem Funkeln, das in ihrem Blick aufflammte, dass ihr Kampfgeist immer noch ungebrochen war. Wieder zeigte sich ein amüsiertes Lächeln, das war wirklich die Sarah die er kannte…und mochte. „Jemand sollte deine Leute überwachen, dass sie auch wirklich das Richtige tun. Und nachdem ich die Leiterin dieses Projektes bin, worauf du ja selbst bestanden hast, sollte diejenige wohl eindeutig ich sein.“ Trotz und Herausforderung flammte in ihren Augen auf, da ihr endlich ein neues handfestes Argument eingefallen war mit welchem sie ihm die Stirn bieten konnte. Sie schien es inzwischen eindeutig zu genießen sich mit ihm in Wortgefechten zu messen und zu versuchen ihn aus der Reserve zu locken. Eine Entwicklung die er begrüßte, schließlich verdeutlichte dies Sarahs stetig anwachsendes Selbstbewusstsein. „Das wird nicht nötig sein. Wie bereits erwähnt sind meine Techniker Profis und ich kann dir versichern sie werden keine Fehler machen. Ich sage ihnen auf der Stelle bescheid und sie werden heute Abend noch damit beginnen alle Computer für eure Anforderungen zu modifizieren.“ Ein Seufzen entkam ihrer Kehle. „Ich habe wohl wieder einmal keine Chance, kann das sein? Du wirst solange weiterdiskutieren bis ich nachgebe, oder?“ Mittlerweile kannte sie ihn wirklich erstaunlich gut und inzwischen wusste er auch, was diese Worte zu bedeuten hatte. Sarah hatte ihren Widerstand aufgegeben. „Ja.“ Kurz sank ihr Kinn auf die Brust und Sarah schien mit ihrem Schicksal zu hadern, doch dann nahm sie es an und hob den Blick wieder, direkt zu seinen Augen. „Okay, ruf´ deine Leute an, sie sollen kommen.“ Er nickte kurz und mit einem zügigen Griff in die Innenseite seines Mantels förderte er sein Handy zu tage. Er hielt es für ratsam lieber schnell zu handeln, ehe Sarah es sich doch noch anders überlegte und erneut Argumente anbringen würde, um seinen Vorhaben zu vereiteln. Doch wenn er seinen Männern erst einmal den Auftrag erteilt hatte, dann gab es kein Zurück mehr für sie, darum hieß es sich zu beeilen und ihr keine Zeit für einen erneuten Widerspruch zu lassen. Ein kurzes Telefonat folgte, in denen er seinem Leiter der Technikabteilung mit knappen Worten sie Sachlage schilderte und was es zu tun galt, woraufhin ihm dieser versichert hatte, dass seine Leute spätestens in einer halben Stunde die Arbeit aufnehmen würden. Dank seiner vorsorglichen Planung alle grundlegenden Abteilungen in einem einzigen Firmengebäude unterzubringen würde dieser Zeitplan ohne Frage mit Leichtigkeit umzusetzen sein. Schließlich hatte er nicht umsonst derartig vorausschauend bei dem Aufbau seiner Firma geplant. Wenn er sich allerdings die bevorstehende Arbeit für die Techniker vor Augen führte, dann würden seine Mitarbeiter heute wohl eine Nachschicht einlegen müssen. Das war aber im Grunde nichts Ungewöhnliches, sie waren dergleichen gewohnt…und wurden immerhin auch mit den entsprechenden finanziellen Mitteln für diese Mehrarbeit entlohnt. Es gab immer Männer die gerne die Nacht- und Wochenendschicht übernahmen, der überbezahlten Überstunden oder aufgrund eines übereifrigen Engagements wegen, es herrschte demnach niemals ein Mangel an motivierten Arbeitern. Der Auftrag würde somit kein Problem für seine Leute darstellen und für die Umsetzung der Spezifikationen aller Computer für die Promotions-Mark war gesorgt. Das Mobiltelefon glitt in die Tasche zurück und sein Blick richtete sich erneut auf Sarah, die ihm das ganze Gespräch über nicht aus den Augen gelassen und jedes Wort mit gespitzten Ohren mitangehört hatte. Immer noch stand sie dicht vor ihm, gerade mal einen halben Meter, lediglich einen kurzen Schritt von ihm entfernt. „Spätestens in einer halben Stunde sind sie da.“ „Habe ich gehört.“ „Gut, dann lass uns jetzt gehen.“ „Ich will erst abwarten bis deine Techniker da sind um sicher zu gehen dass alles klappt.“ Nun neigte sich seine Geduld doch langsam dem Ende zu. Er verstand, dass Sarah sich weigerte auch nur einen Schritt von ihrem Projekt zu weichen, doch auch sie musste lernen loszulassen. Sie konnte nicht die ganze Nacht durcharbeiten, nicht wenn er doch vollkommen andere Pläne hatte, die wesentlich entspanntere Dinge umfassten als unzählige Stunden unter Schreibtischen herumzukrabbeln um Softwareprogramme zu installieren. Nein, es war genug für heute. Mit einem schnellen Schritt trat er auf sie zu und brachte die letzte Distanz zwischen ihnen beiden hinter sich. Und noch ehe Sarah überhaupt wusste wie ihr geschah, hatte er auch schon gehandelt, wobei er selbst mindestens genauso verwundert über sein überraschendes Verhalten war wie Sarah, doch er handelte rein instinktiv. Er raunte ihr noch ein „Ich habe dich davor gewarnt was passiert, wenn du mich zwingst mich durchsetzen zu müssen.“ zu, und schon hatte er seine Arme um sie geschlungen, war selbst leicht in die Hocke gegangen und, indem er sich aufrichtete und seine Hände fester gegen Sarahs schlanken Körper drückte, warf er sie sich über die rechte Schulter. „Das hast du dir nun selbst zuzuschreiben.“ Ein mehr als überraschter Aufschrei entwich ihr, doch es war bereits zu spät, denn er hatte sie schon fest im Griff. Seine Hände ruhten sowohl auf ihrem Rücken als auch knapp unterhalb ihres Pos, um ihr stabilen Halt zu geben doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie nun kopfüber über seiner Schulter hing. Er spürte ihr Gewicht, das nun auf seinem eigenen Körper lastete, doch Sarah war zierlich und somit leicht. „He, lass mich sofort runter!“ Einen Moment lang versuchte sie sich aus der unerwarteten Lage zu befreien, indem sie sowohl mit dem Armen als auch mit ihren Beinen strampelte, doch sein eiserne Griff machte jeden Fluchtversuch sinnlos. Und er war nicht im Geringsten gewillt sie so schnell wieder loszulassen. „Es ist zwecklos Sarah, hör´ auf dich zu wehren. Du wusstest was dich erwartet und nun füge dich. Wir gehen jetzt und nicht erst in einer halben Stunde. Es ist, wie ich dir schon am Anfang sagte, spät geworden, Zeit für den Feierabend.“ Noch während er sprach drehte er sich bereits mit seiner kostbaren Fracht um und bewegte sich in Richtung Ausgang. Es war in der Tat so wie er es sich gedacht hatte, er würde auf die eine oder andere Art dieses Büro mit Sarah verlassen…nun war es allerdings deutlich, dass es wohl mehr die andere Art sein würde anstatt der einen. Ihre Bewegungen stoppten jäh und sie beendete ihre hilflosen Befreiungsversuche. Mühsam musste er darum kämpfen nicht über das ganze Gesicht feixend seinen Triumph zu zeigen. Es war eine vollkommen ungeplante und in gewisser Weise auch irrationale Art gewesen sich Sarah wie einen nassen Sack über die Schulter zu werfen, und dennoch hatte diese spontane Aktion seinen Zweck ziemlich offensichtlich erfüllt. Darüber hinaus musste er zugegeben, dass diese neue Form des Körperkontaktes durchaus interessant und auch reizvoll war. Sarah war ihm nahe und gleichzeitig konnte er ihr seine Stärke demonstrieren, sie festhalten, sie schützen. Sarahs Körper wurde schlaff und hing nun widerstandslos über seiner Schulter. Sie hatte nachgegeben. „Okay…du hast gewonnen. Wenn ich dir verspreche mit dir zu gehen und nicht mehr zu widersprechen, lässt du mich dann runter?“ Er stoppte seine Schritte, die aufgrund des neu hinzugekommenen Gewichtes schwerer waren als sonst, und blieb letztlich stehen. Sie wollte runter? Gefiel ihr es nicht von ihm getragen zu werden? Fühlte sie sich dabei am Ende zu ausgeliefert, zu sehr seinem Willen und seiner überlegenen Körperkraft ausgeliefert? „Nein.“ „Seto, bitte.“ „Nein, mit gefällt es besser wo du jetzt bist. Da kann ich zumindest sicher sein, dass du auch wirklich mit mir kommst.“ Ein resigniertes Seufzen war das einzige, dass sie ihm daraufhin als Antwort gab. Er nahm seinen Weg wieder auf und setzte sich erneut in Bewegung, unaufhaltsam dem Ausgang zu. Selbstverständlich war er sich dabei der neugierigen Blicke der anderen bewusst, wie diese amüsiert lachten während die Mitarbeiter der Promotions-Mark auf sie beide zeigten. Sarahs Arbeitskollegen hatten ihr Interesse an ihnen wiedergefunden und in Anbetracht der Umstände, wie auffällig und wenig dezent Sarah und er sich momentan verhielten, war dieses Verhalten auch kaum verwunderlich. So etwas bekam man nicht jeden Tag zu sehen und außerdem gaben sie wohl ein einmalige interessantes Bild ab, wie er Sarah über die Schulter geworfen durch den Raum marschierte. Doch er spürte weder Spott in den Blicken noch hörte er Hohn aus den Stimmen. Stattdessen schienen Sarahs Freunde einfach nur belustigt über sein außergewöhnliches Handeln zu sein. Und damit konnte er leben. Doch abermals hatte er Sarahs Widerstandsbereitschaft unterschätzt und sie zu früh als geschlagen betrachte, denn unvermittelt setzte sie sich erneut zur Wehr. Er spürte, wie sie begann mit den Armen ungestüm zu rudern und ihr Körper wippte dabei hin und her, so dass es schwieriger wurde sie weiterhin fest zu halten. „Warte, warte, warte Seto, warte!“ Ihre Arme schlugen aus und sie versuchte somit ihn auf sich aufmerksam zu machen, was ihr anbetracht ihrer wilden Bewegungen ein Leichtes war. Er musste anhalten um nachzufassen und seinen Griff zu festigen, denn ansonsten drohte Sarah von seiner Schulter zu rutschen. „Was?“ Sein Blick richtete sich nach Rechts, doch selbstverständlich konnte er ihr Gesicht nicht sehen, schließlich hing dieses doch kopfüber seinen Rücken hinunter. Also betrachtete er an dessen Stelle ihren wohl geformten Po, welcher in diesen überaus engen Jeans steckte und nur wenige Zentimeter von seinem eigenen Gesicht entfernt war. Keine schlechte Alternative wie er in diesem Moment erneut feststellen konnte. Abermals ruderten ihre Arme verzweifelt als würde sie hinter seinem Rücken auf irgend etwas deuten worauf sie seinen Blick lenken wollte. Zwar konnte er diese Geste hinter seinem Rücken nicht sehen, doch fühlte stattdessen aber ihre Bewegungen. Nun begannen auch noch ihre Beine zu wippen und abermals musste er seine Hände fester greifen um sie weiterhin halten zu können. „Meinen Laptop.“ Ihre Stimme klang ein wenig gehetzt und kehlig, was aber ohne Frage davon kam, dass sie mit dem Kopf nach unten sprach. „Ich brauche wenigstens meinen Laptop, wenn ich schon nicht hier bleiben darf. Damit kann ich heute Abend zumindest noch ein paar Daten vergleichen.“ Ihre Bewegungen wurden hektischer und nun hatte er ernsthaft Mühe ihren strampelnden Körper Halt zu geben. In ihrer hektischen Art sich zu bewegen fühlte er die Entschlossenheit und die Aufregung, mit der sie versuchte ihn von der Notwendigkeit ihrer Ansinnens zu überzeugen. Sarah würde also solange nicht ruhen, ehe sie zumindest diesen einen Willen durchgesetzt hatte, wenn sie sich schon sonst so bereitwillig gefügt hatte. „Ich brauche meinen Laptop, ohne ihn gehe ich nicht. Wir müssen ihn mitnehmen!“ Seltsam, dass sie angesichts ihrer momentanen Situation Forderungen stellte, doch es entlockte ihm ein amüsiertes Lächeln. Was machte es schon ihr in diesem Punkt nachzugeben? Immerhin hatte sie sich bereiterklärt mit ihm zu gehen, darum war es wohl an der Zeit ihr genauso entgegenzukommen wie sie es bereits bei ihm getan hatte. „Ich würde zwar sagen, so wie es momentan aussieht gehst du ohnehin nirgendwo hin…“ Ihre Gegenwehr wurde augenblicklich heftiger. „…aber von mir aus, nehmen wir deinen Computer mit.“ Einen kurzen Moment verharrte sie steif in ihrer Haltung, doch dann endlich wurde ihr Körper wieder schlaff und ihre ruckartigen Bewegungen zusammen mit den herumfuchtelnden Armen kamen zum erliegen. Gut so. „Wo hast du ihn?“ Wieder richtete sich sein Blick stellvertretend auf ihren Po und er musste der Versuchung wiederstehen seine Hand von ihrem Rücken hinunterwandern zu lassen und sie nicht auf eben diesen zu legen. „Dort.“ „Wo?“ „Na dort!“ Kurz schloss er seine Augen und unterdrückte den Drang seine Stimme mit dem ihm so gewohnten Hohn zu füllen. Stattdessen atmete er tief durch die Nase und erinnerte sich selbst daran Geduld zu wahren, schließlich sprach er hier mit niemand anderen als mit seiner Lebensgefährtin. „Sarah, ich kann nicht sehen wohin du deutest. Du musst mir schon sagen wohin ich gehen muss.“ „Du könntest mich auch einfach runter lassen, dann wäre das nicht nötig und es wäre viel einfacher.“ „Keine Chance. Also wo?“ Er wusste nur zu genau, auch ohne es zu sehen, dass sich nun ein trotziger Zug um ihre Lippen legte und sie den Mund schmollend verzog. „Na gut, der zweit Schreibtisch von Rechts, da müssten meine Sachen liegen.“ Er warf einen suchenden Blick durch den Raum und entdeckte den besagten Schreibtisch. Sofort setzte er sich, Sarah immer noch über seiner Schulter tragend, in Bewegung. Er würde nicht das Risiko eingehen sie herunterzulassen und womöglich dann wieder von neuem eine Diskussion führen zu müssen, ob sie noch bleiben oder doch gleich gehen würden. Solange er Sarah über seine Schulter trug konnte er sicher sein, dass sie mit ihm kam und nicht doch die Möglichkeit zur 'Flucht' nutzte. Außerdem musste er zugeben, dass es ihm gefiel sie auf diese spezielle Weise herumtragen zu können. So etwas war mir auch noch nie passiert. Zumindest konnte ich mich nicht zurückerinnern jemals auf diese Weise behandelt worden zu sein, sprich wie ein Sack Kartoffeln über die Schulter geworfen und herumgetragen worden zu sein. Unglaublich was Seto sich da gerade herausnahm. Und unglaublich, dass es ihm derartig leicht gefallen war mich überzuwerfen, als würde mein Gewicht keinerlei Hindernis für ihn darstellen, denn als wäre ich wie eine Feder so leicht hatte er mich einfach über die Schulter geworfen. Warum half mir hier eigentlich niemand? Keiner meiner Kollegen und Freunde schien die Notwendigkeit zu sehen mir zur Hilfe zu eilen. Ich wurde hier quasi entführt und keiner erachtete es für nötig mich vor Seto zu retten? Wunderbar, Seto hatte also freie Hand mit mir zu tun was er wollte und niemand hielt ihn davon ab. Musste wohl daran liegen, dass er nun unser neuer Auftraggeber war und ein paar Milliönchen Umsatz für uns einbrachte. Wer würde ihm da schon entgegentreten wollen? Doch so sehr ich mich auch aufzuregen versuchte über Setos rüpelhaftes Verhalten, ich konnte es einfach nicht. Denn wenn ich wirklich ehrlich zu mir war, dann empfand ich es irgendwie sogar als angenehm. Diese Selbstverständlichkeit und diese Leichtigkeit mit der Seto sich mir auf diese Weise zu erkennen gegeben hatte, beinahe konnte man es als spielerisch bezeichnen. Und, was nicht unwichtig war, es fühlte sich interessant an ihn als derartig kraftvoll zu erleben. Er war kräftig und stark, mühelos fähig mich zu tragen…und mich zu beschützen. Im Grunde war es allerdings nicht wirklich von Belang wie ich dabei empfand, denn ich hatte schlicht weg keine andere Wahl als mich der Situation zu ergeben. Seto weigerte sich beharrlich mich wieder herunter zu lassen, also blieb mir nicht anderes übrig als mich zu fügen. Zum Glück allerdings konnte ich dieser ganzen Sache dann doch den einen oder anderen positiven Aspekt abringen. Seto blieb stehen und das gleichmäßige Ruckeln, das meinen Körper bei jedem seiner Schritte erfüllt hatte, endete jäh. So wie es aussah hatten wir wohl den Schreibtisch erreicht. Sehen konnte ich ihn allerdings nicht, denn außer Setos wirklich ansehnlicher Rückseite bekam ich nicht viel zu Gesicht. Mit der linken Hand hielt ich meine Haare notdürftig zusammen, so dass sie mir nicht ständig über die Augen fielen, was aber aufgrund meiner kopfüberhängenden Lage erschwert wurde. Und viel mehr rückte dadurch auch nicht wirklich in mein Sichtfeld. „Ist er das?“ Seto drehte seinen Körper nun so um die eigene Achse, dass er seitlich zum Schreibtisch stand und ich beinahe freien Blick auf die Arbeitsfläche hatte. Darauf verteilt erkannte ich Datendisketten, einige Papierstapel, Stifte, einen farbeigen Kabelhaufen mit unterschiedlichen Anschlüssen, einen Flachbildschirm zu dem der dazugehörige Tower unten am Boden stand und, beinahe vergraben unter den ganzen Kram, mein Laptop. Meine Mimik hellte sich bei diesem Anblick sofort sichtlich auf. „Ja.“ Begierig streckte ich meinen rechten Arm aus und griff nach meinem geliebten Stück Technik. Doch ehe ich auch nur in die Reichweite kam drehte Seto seinen Körper wieder so herum, dass er frontal zum Schreibtisch stand und mir abermals nichts anderes übrig blieb als seinen Po zu bewundern. Dabei war ich doch schon so nahe gewesen, nur wenige Zentimeter hatten mich von meinem Laptop getrennt. „Den nehme ich.“ Seto beugte seinen Oberkörper leicht nach vorne und ich spürte wie mein Gewicht dadurch seinen Schwerpunkt verlagerte. Aber ehe ich anfangen konnte von seiner Schulter zu rutschen richtete er sich schon wieder auf und unter seinem linken Arm geklemmt erkannte ich nun meinen tragbaren Computer. Erneut streckte ich meine Hände danach aus und wollte ihn Seto abnehmen. „Mein Laptop.“ Doch abermals zog er seine Hand so schnell zurück, so dass ich nur noch ins Leere griff. „Ich behalte ihn…als Sicherheit. Sozusagen als Pfand, dass du auch sicher bei mir bleibst und nicht auf dumme Ideen kommst.“ Meine Gesichtszüge entglitten mir und wenn Seto sie gesehen hätte, hätte er wohl erkannt wie perplex seine Aussage mich machte. Zuerst kidnappte er mich hier vor den Augen aller Anwesenden und dann machte er nicht einmal Halt vor einem armen hilflosen Laptop und nahm diesen als Geisel. Unfassbar. Ein tiefes Seufzen entkam meiner Kehle, nicht das Erste heute und vermutlich auch nicht das Letzte. Aber mir war nur zu klar, dass es wieder einmal sinnlos war mit Seto zu diskutieren, darum hob ich schon gar nicht mehr zum gerechtfertigten Protest an. „Aber nachher bekomme ich ihn schon wieder, oder?“ „Ja. Später.“ Damit setzte er sich in Bewegung und mit dem ihm so typisch zügig und eleganten Gang, der auch durch mein zusätzlich zu tragendes Gewicht nicht wirklich beeinträchtigt wurde, steuerte er den Ausgang an. Im Vorbeigehen, oder sollte ich besser sagen im vorbeigetragen werden, entdeckte ich das eine oder andere amüsierte Grinsen auf den Gesichtern mancher meiner Kollegen, wie sie uns unverhohlen beobachteten als wir den Raum verließen. Natürlich, für sie war das Ganze wohl eine einzige unterhaltsame Show die wir ihnen hier gerade boten. Sogar Hiroko konnte sich ein breites Schmunzeln nicht verkneifen und winkte mir obendrein auch noch arglistig zu als wir an ihr vorbeikamen, wobei sie sich zusammen mit einigen anderen an einen Schreibtisch gelehnt hatte und unseren Abgang demonstrativ beobachtete. Doch keinerlei Anzeichen dafür, dass sie mich aus dieser misslichen Lage zu befreien versuchen wollte. War sie doch nicht sonst immer diejenige gewesen die darauf bestand, dass ich mich gegen Setos dominantes Verhalten zur Wehr setzen und mich gegen ihn behaupten sollte? War sie nicht immer als erstes zur Stelle wenn es darum ging mich und meine Rechte zu verteidigen und das in jeder noch so brenzligen Lage? Und nun? Nun machte sie gemeinsame Sache mit Seto Kaiba und unternahm keinerlei Anstalten ihn aufzuhalten. Was sagte man dazu, sie hatte sich tatsächlich mit dem Feind gegen mich verschworen! Oder besser gesagt, sie hatte sich anscheinend mit meinen Freund arrangiert und ließ ihn einfach gewähren, und das ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt. Auch wenn ich schon so lange auf diesen Augenblick gewartet hatte, irgendwie war das nun doch der unpassende Moment dafür. Die Welt stand Kopf, und das in meinem speziellen Fall sogar nicht nur bildlich gesprochen. Also hieß das wohl, dass ich dieses Mal nicht mit meiner besten Freundin rechnen konnte und selbst mit der Situation klar kommen musste. Wir waren schon fast aus unserem neuen Büro, da hob ich nochmals den Kopf und warf einen Blick in die versammelte Runde. Fast alle meiner Kollegen hatten die Arbeit unterbrochen und blickten uns feixend hinterher. „He Leute, macht nicht mehr so lange, okay? Macht auch bald Schluss, die Techniker der Kaiba Corporation kommen gleich und übernehmen dann den Rest.“ Unbeholfen versuchte ich auf die Computer im Raum zu deuten doch so kopfüber wurde jede Geste zu einer wahren Herausforderung. Ein durcheinander an Stimmen war die Antwort. Ich hörte Worte heraus wie 'okay', 'machen wir' oder 'keine Sorge' und dann winkten mir die meisten noch dreist schmunzelnd zum Abschied. „Viel Spaß noch.“ „Übertreibt es nicht“ So oder ähnliche zugezwinkerten Worte schickten sie uns als Abschiedsgrüße hinterher. Seto allerdings ließ das alles vollkommen kalt, während ich hingegen nur zu deutlich spürte wie ich leicht errötete. Ein wenig peinlich war das Ganze ja dann doch, denn ich hatte durchaus auch die eine oder andere Anzüglichkeit aus den Bemerkungen meiner Arbeitskollegen heraushören können. Aber was sollten sie auch anderes denken, wenn Seto einfach ins Zimmer hereinspaziert kam, mich wie ein Steinzeitmensch als seinen Besitz über die Schulter warf und mit seiner Beute wieder abzog? Selbstverständlich konnten sie sich da zweideutige Anspielungen nicht verkneifen. Wenn die nur wüssten was Seto und ich vor nur einigen Stunden dort oben in seinem Büro getan hatten! Das hätte wohl noch wesentlich mehr Stoff für Anzüglichkeiten geliefert. Doch zum Glück blieb das unser kleines Geheimnis. Seto kam erst wieder zum Stehen als wir die Fahrstühle erreicht hatten, bis dahin hatte der monotone Gang seiner Schritte meinen Körper auf und ab wippen lassen wobei sein Griff jedoch keine Sekunde an Stärke nachgelassen hatte. Und das obwohl er mich nun nur noch mit einer Hand festhalten konnte, schließlich trug er in der anderen ja meinen Laptop. Er stoppte und hielt einen Moment inne, als würde er etwas überlegen, doch dann brach er das bisherige Schweigen. „Okay, ich lass´ dich jetzt runter. Aber vergiss nicht, ich habe immer noch deinen Laptop, also keine Fluchtversuche.“ Langsam nahm das Spiel wirklich immer mehr die Form von Geiselnehmer und Gefangener an, wobei dies wahrscheinlich noch so manch interessanten Aspekt für uns beide bereit halten würde. Was zum Beispiel würde er als Lösegeld für meine Freilassung fordern? Ich musste schmunzeln bei diesem Gedanken, während Seto mich langsam von seiner Schulter gleiten ließ und seinen Körper dabei nach vorne lehnte, so dass ich leichter den Kontakt zum Boden fand. Endlich stand ich wieder auf eigenen Füßen und konnte Seto nun direkt in die Augen sehen, wunderschöne, blaue Augen, in denen ein amüsiertes Glitzern zu erkennen war. Erneut war da dieser Bann den sein Blick mir auferlegte und wir sahen uns einen langen Moment einfach nur in die Augen. Kein Wort zu dem gerade eben Geschehenen, kein Vorwurf, kein Scherz, es herrschte einfach stummes Verständnis zwischen uns. Ihm hatte diese ganze Aktion genauso viel Spaß gemacht wie mir! Sein linker Arm hob sich kurzzeitig an und die Bewegung in meinen Augenwinkeln weckte meine Aufmerksamkeit. „Ich habe immer noch das hier als Pfand, nicht vergessen!“ Als ob ich je vergessen könnte, dass er meinen Laptop nicht herausrückte. Doch anstatt auf seinen Hinweis zu reagieren, drängte sich drängte sich mir eine andere Frage auf, welche ich ihm stattdessen stellen wollte. „Warum hast du mich jetzt auf einmal doch herunter gelassen?“ Sein Kopf deutete kurz nach Links zu den Fahrstühlen hinüber. „Man weiß nie, wem man so begegnet.“ Ein nachdenkliches Nicken war meine Antwort. Da war etwas Wahres dran. Die Gänge bisher auf dieser Etage waren wie ausgestorben gewesen, vermutlich aufgrund der vorgeschrittenen Feierabendstunde, doch das galt höchst wahrscheinlich nicht für die Fahrstühle oder die Lobby. Und es gab Dinge, die außer meinen Kollegen und Mokuba niemand sonst wissen sollte. Nämlich meine Beziehung zu Seto Kaiba. Das galt auch, oder aber besonders für die Angestellten in seiner Firma. Darum also hatte er mich zumindest teilweise freigegeben, damit wir nicht von ungewollten Personen in einer derartig vertrauten Situation gesehen werden konnten. Andernfalls hätten wir vermutlich schon morgen in der erst besten Klatschzeitung von unserer Beziehung lesen können, etwas das ich um jeden Preis verhindern wollte. Und Seto hatte mit seinen vorausschauenden Überlegungen erneut bewiesen, dass er meinen Wunsch respektierte. In diesem Moment öffneten sich die Fahrstuhltüren und glitten lautlos beiseite. Wann hatte Seto denn den Rufknopf betätigt? Anscheinend war ich so beschäftigt mit meinen Gedankengängen gewesen, dass ich das gar nicht bemerkt hatte. Und welch Glück, die Fahrkabine war leer, ganz im Gegenteil zu meiner Fahrt in den obersten Stock, der Chefetage, von heute Mittag. Wir traten ein und Seto drückte den Knopf für die Empfangshalle, der daraufhin hellgelb aufleuchtete. Seinen Blick eindringlich auf mir ruhend lehnte er sich mir gegenüber gegen die goldene Metallwand und ließ mich nicht aus den Augen während wir darauf warteten, dass sich die Türen schlossen und sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte. Mit einem leichten Ruck setzte sich die Kabine in Bewegung und nahm beinahe lautlos den Weg nach Unten auf. Mein Blick glitt über Setos hochgewachsene Gestalt, dann zu seiner linken Hand und somit seinem 'Pfand' hinüber. Da kam mir doch glatt eine Idee und ich hatte nicht vor lange damit zu fackeln, sondern sie gleich einmal versuchsweise in die Tat umzusetzen. Ich trat nahe zu Seto heran und sah mit koketten Blick zu ihm auf, wobei er mich und meine Bewegungen genau beobachtete. Nun trennte uns nur noch eine minimale Distanz und ich spürte bereits die Wärme, die durch seine Kleidung hindurch zu mir vordrang. Mit rauchiger Stimme begann ich ein neues Spiel. „Sag mal, willst du mir nicht vielleicht doch meinen Labtop wiedergeben?“ Mein Blick richtete sich intensiv auf seine Augen und ich versuchte mich an einer vielversprechenden aber vor allem erotischen Mimik. Mein Blick sollte leidenschaftlich sein. „Wer weiß…“ Ein hinterlistiges Lächeln legte sich nun auf meine Lippen, während meine rechte Hand über den glatten Stoff seines Hemdes den direkten Weg nach unten nahm. Ich fühlte das feine Material unter meinen Fingerspitzen und ließ sie unaufhörlich weiter gleiten. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es sich für dich lohnen könnte.“ Ich hatte mein Ziel erreicht und mit sanften Druck fuhr meine Hand über seinen Schritt und verweilte dort einen langen Moment um ihn meine Berührung fühlen zu lassen. Dabei spürte ich die mir inzwischen so vertraute Fülle in meiner Hand, ein angenehmes Gefühl. Ihm entwich ein genüssliches Stöhnen „Du Biest.“ Ich grinste mit einem arglistigen Lächeln zu ihm hinauf und zog meine Hand wieder zurück um ihn nicht zu sehr zu reizen. „Nein, ich bin ein Raubtier!“ Und fletschte Andeutungsweise meine Zähne, als würde ich meine gefährlichen Fangzähne entblößen wollen. Er hob seine rechte Augenbraue in die Höhe. „Wohl eher ein zahmes Kätzchen.“ Entrüstet starrte ich ihn an. Ich…zahm? Diese Reaktion wiederum entlockte Seto ein schmales Schmunzeln. „Nun, zumindest besitzen Kätzchen auch Krallen und Reißzähne und verstehen es durchaus sich damit zur Wehr zu setzen…Nur…meistens wollen sie es nicht.“ Seine Augen funkelten amüsiert. „Stattdessen ziehen sie es eher vor verschmust und treu zu sein.“ Ich formte einen Schmollmund und trotzig kamen die Worte „Ich bin nicht zahm!“ über meine Lippen, das wohl mehr an ein beleidigtes Kind erinnerte als an eine erwachsene Frau und schon gar nicht an ein bedrohliches Raubtier. So ähnlich schien es auch Seto zu sehen, denn daraufhin zeigte sich ein durchweg süffisantes Grinsen auf seinem Gesicht während er zu mir hinab sah. „Doch. Und das mag ich an dir.“ Damit zog er mich an sich heran, in seine Umarmung und an seine breite Brust heran, an der ich mein Gesicht lächelnd vergrub. Ich murmelte gegen den weichen Stoff seines weißen Mantels. „Und ich lieb´ dich, du Spinner.“ Ich schlang meine Arme fester um ihn und drückte mich enger gegen den vertrauten Körper. Es war schön ihm so nahe sein zu können wie niemand sonst es durfte. Ich fühlte wie Seto seine Hände sacht über meinen Rücken gleiten ließ und diesen sanft streichelte. Doch leider, wie mir nur zu bewusst war, konnte dieses friedliche Zusammensein nur von begrenzter Dauer sein, denn die Fahrt die wenigen Stockwerke zur Empfangshalle hinunter dauerte nun einmal lediglich einen kurzen Augenblick. Gerade lang genug um sich einen Moment im Arm halten zu können, doch schon mussten wir uns wieder von einander trennen. So trat ich gezwungener Maßen einen Schritt von ihm zurück und Seto ließ mich widerstandslos gehen, denn er wusste ebenso gut wie ich, dass wir nicht länger in dieser vertrauten Haltung verweilen konnten. „Was ist jetzt mit meinem Laptop?“ Ich schmunzelte zu ihm hinauf. „Bekomme ich ihn nun wieder?“ Er schloss einen Moment die Lider und ein leichtes Lächeln lag dabei um seine Mundwinkel. Anscheinend musste er sich konzentrieren um seine Selbstbeherrschung aufrecht zu erhalten, oder zumindest das, was noch davon übrig geblieben war und welche nicht mit meinem wenig dezenten Griff in seinen Schritt verloren gegangen war. „Nein.“ Ich formte einen Schmollmund. „Scheint irgendwie dein Lieblingswort zu sein, hm?“ Seine blauen Augen waren nun wieder direkt auf mich gerichtet und ich konnte beinahe körperlich fühlen wie er seine ganze Aufmerksamkeit auf mich konzentrierte. „Das kommt eher auf die Frage an. Vielleicht solltest du einfach nach solchen Dinge fragen, die ich sicherlich nicht mit nein beantworten würde…oder wollte.“ Hörte ich da etwa eine anzügliche Anspielung heraus? Na so was, Seto Kaiba scherzte wieder einmal mit mir. Unglaublich wie selbstverständlich das für ihn inzwischen geworden war. „Ich werde deinen Rat berücksichtigen, beim nächsten Mal.“ Ich zwinkerte ihm lächelnd zu. Mit einem kurzen Ruck kam der Fahrstuhl zum Stehen. Waren wir nun also Unten angekommen und es war Zeit die traute Zweisamkeit der Kabine zu verlassen. Die Türen glitten lautlos zur Seite und offenbarten mir abermals den beeindruckenden Anblick der riesigen Empfangshalle. Seto trat mit sicheren Schritten hinaus und ich folgte ihm, wobei ich penibel darauf achtete nicht zu nahe neben ihm und nicht ganz auf gleicher Höhe mit ihm zu gehen. Schließlich mussten wir nicht unnötig viel Aufsehen erregen oder zu haltlosen Spekulationen anregen. Es sorgte wohl schon für genug Gesprächstoff für jeden unbeteiligten Beobachter dass wir zusammen die Kaiba Corporation verließen, also Seto Kaiba zusammen mit einer unbekannten Frau. Darum war es wohl besser sich ein wenig zurückhaltender zu bewegen, denn es musste ja nicht gleich anhand unsere Körpersprache für Aulenstehende zu offensichtlich sein, wie wir tatsächlich zueinander standen. Im Vorbeigehen erkannte ich, dass die Empfangstresen immer noch besetzt waren, nun jedoch mit einem jungen Mann und einer mir fremden Frau. Anscheinend hatte inzwischen ein Schichtwechsel stattgefunden, Zeit dazu war ja genug vergangen seit meinem Eintreffen hier zur Mittagsstunde. Außer uns waren nur noch wenige Anzugträger in der Eingangshalle unterwegs. Vermutlich die eifrigen Mitarbeiter, die dabei waren Überstunden anzusammeln. Entweder um ihr Arbeitspensum bewältigen zu können oder um Eindruck bei ihrem jeweiligen Abteilungsleiter zu hinterlassen. Beweggründe gab es vermutlich mehr als genug, die deren Anwesenheit zu dieser Stunde erklärten. Wahrscheinlich war es aber sogar eine Mischung aus beidem. Seto jedoch warf keinen Blick nach Rechts oder Links, ihn schien sein ganzes Umfeld um ihn herum vollkommen gleichgültig zu lassen, denn er steuerte zielsicher den Ausgang an. Dabei hielt er immer noch meinen Laptop in der linken Hand, sicherlich nicht gewillt seinen Unterpfand so schnell wieder abzugeben. Er war nur einen Handgriff weit von mir entfernt, doch ich wusste, dass Seto ihn mir nicht kampflos überlassen würde, und das was wir nun am wenigsten gebrauchen konnten, war eine liebevolle Rangelei in aller Öffentlichkeit. „Schade, jetzt ist schon wieder nichts aus dem versprochenen Rundgang geworden. Erinnerst du dich noch daran?“ Es war lange her, um genau zu sein bei meinem allerersten Besuch in der Kaiba Corporation, da hatte Seto mir versprochen mir bei Gelegenheit seine Firma bei einer kleinen Führung genauer zu zeigen. Sein Blick war weiter gerade aus gerichtet als er antwortete. „Ich erinnere mich. Das werden wir dann eben beim nächsten Mal nachholen. Da werden wir sicherlich die Zeit dafür finden. Gerade da die Kaiba Corporation jetzt zu deinem Arbeitsplatz zählt, da solltest du ich gut mit den Räumlichkeiten auskennen.“ „Stimmt.“ Beim nächsten Mal also würde ich meinen Rundgang bekommen. Doch, das war etwas worauf es sich auf jeden Fall zu warten lohnte. Eine ganz private und persönliche Führung durch die Kaiba Corporation durch dessen überaus attraktiven GEO. Im Vorübergehen warf ich unauffällige Blicke zu den Leuten um uns herum um zu überprüfen, ob sie uns womöglich mit neugierigen Blick beobachteten und sich insgeheim fragten was diese Frau mit ihrem Chef zu schaffen hatte. Überraschender Weise jedoch schienen alle viel zu sehr mit ihren eigenen Dingen beschäftigt zu sein und eilten mit zügigen Schritten durch die Halle, so dass sie nicht einmal die Zeit fanden einen beiläufigen Blick in unsere Richtung zu werfen. Wir fielen also niemanden auf und niemand beobachtete uns misstrauisch oder war gar besonders aufmerksam auf uns beide geworden. Ein Glück. „Was hast du eigentlich vor Seto?“ Nun warf er im Gehen doch einen Blick nach Links, zu mir hinüber. „Ich meine geht es jetzt nach Hause?“ Doch statt einer Antwort, stellte er mir eine Gegenfrage mit dem typisch forschendem Blick. „Willst du das denn?“ Eine seltsame Frage die er da sofort parat hatte, es klang irgendwie danach als habe er wieder einmal etwas geplant. „Ich weiß nicht…kommt wohl drauf an.“ „Worauf?“ Wir hatten den Ausgang erreicht und traten hinaus ins Freie. Ich hatte gar nicht gemerkt wie spät es tatsächlich schon geworden war. Die Sonne war gerade am untergehen und es senkte sich bereits die erste Dunkelheit des Abends über Domino und somit war die Luft rapide abgekühlt. Die Temperatur war um einige Grade gefallen und ließ mich dadurch einen kurzen Moment frösteln. Es war nicht wirklich kalt, doch im Vergleich zu dem warmen Inneren der Kaiba Corporation eben kühl. „Nun ich würde sagen auf das, was du noch geplant hast.“ „Du bist eine kluge Frau.“ Ich musste lächeln. „Danke.“ Mein Blick fiel auf das Ende der Treppe, die wir gerade hinabstiegen. Seto war so zielsicher voran gegangen, dass ich gar nicht auf den Weg geachtete hatte oder was genau er angesteuert hatte, ich war ihm einfach nur gefolgt. Nun jedoch entdeckte ich sein Ziel. Eine lange und schwarz glänzende Stretchlimousine wartete dort unten auf uns, die er vermutlich schon von seinem Büro aus herbestellt hatte. Daneben stand bereits der Chauffeur, diesmal ein mir unbekannter Mann, und wartete darauf uns die Tür des Wagens öffnen zu können. Wie alle Fahrer der Kaiba Corporation trug auch dieser die so typische schwarze Uniform, ein vertrautes Bild. „So langsam scheinst du es erlernt zu haben, wie du mich und meine Handlungsweise verstehen und dementsprechend erahnen kannst. Ich bin beeindruckt.“ Wieder bestand meine Reaktion daraus ihn geschmeichelt anzulächeln. „Ich versuche mein Bestes, aber ich denke geheimnisvoll wirst du deswegen dennoch immer für mich bleiben, da komme was wolle.“ Sein Ausdruck war schwer zu deuten und es war mir nicht möglich herauslesen, was er von meiner Antwort hielt. Seto und sein berühmtes Pockerface, zur rechten Zeit ließ es ihn eben doch nicht in Stich. Der Fahrer öffnete die Tür und Seto ließ mich als erstes in die Limousine einsteigen, wobei ich wieder einmal ins Staunen geriet über das luxuriöse Innenleben. Vielleicht hätte ich mich schon langsam an derartige Dinge gewöhnen oder zumindest nicht mehr so überrascht davon sein sollen, aber irgendwie wurde ich mit diesem ganzen Reichtum einfach nicht wirklich warm. Immer noch erschien es mir wie eine so vollkommen andere Welt, in die ich einfach nicht hineingeboren worden war. Gut, das galt genau genommen eigentlich auch für Seto, doch er schien keinerlei Probleme damit zu haben sich in diese luxuriöse Welt einzuleben. Er ließ sich soeben zu meiner Rechten nieder und würdigte die aufwendig verzierten Holzverkleidungen und dem unglaublich angenehmen Stoff der Sitzbezüge keines Blickes. Zwar saß ich nicht zum ersten Mal in so einer Limousine, doch immer noch empfand ich das alles als beeindruckend. Mein Laptop hatte Seto rechts neben sich, dicht an seinem Körper abgelegt, während seine rechte Hand immer noch darauf ruhte. Wachsam und bereit ihn jederzeit vor einem Angriff von mir in Sicherheit und aus meiner Reichweite zu bringen. Er meinte es wirklich ernst mit seinem Pfand. „Also…was nun?“ Ich sah erwartungsvoll zu ihm auf. „Was hast du nun geplant? Oder hast du mich tatsächlich nur von der Installation des Computerprogramms weggezerrt um mit mir nach Hause zu fahren?“ „Wissbegierig und ungeduldig wie immer.“ Sein Blick glitt bedächtig über meine Gesichtszüge und etwas Versonnenes lag darin. Es schien deutlich zu sein, dass ihm diese Neugierde durchaus gefiel und er diese an mir nicht missen wollte. „Aber gut, du hast Recht, ich wollte dich zwar hauptsächlich von deiner Arbeit losreisen, damit du es heute nicht maßlos übertreibst, aber ich hatte durchaus auch noch einen Hintergedanken dabei.“ Dachte ich es mir doch und es stimmte was Seto gesagt hatte, inzwischen kannte ich ihn in der Tat schon so gut, dass ich ihn zu durchschauen vermochte…eben genauso wie er es bei mir in der Lage war. Das brachte wohl eine derartig enge Beziehung wie die unsere zwangsläufig mit sich, doch genau genommen konnte ich keinerlei Nachteil daran entdecken. Verschmitzt lächelnd sah ich zu ihm auf. „Und der wäre welcher?“ „Lust auf Abendessen?“ Ich neigte den Kopf verdutzt zur Seite. „Wie? Jetzt gleich?“ Seto nickte stumm zur Antwort. Kurz ließ ich mir den Gedanken durch den Kopf gehen um mir alle damit verbundenen Folgen bewusst zu werden. „Nur wir beide, ganz allein? Ohne Mokuba?“ Wieder nickte er stumm und nun war es für mich schier unmöglich das aufsteigende Lächeln zu unterdrücken. Nur Seto und ich…beim Abendessen…bei einem Date! Würde ich heute also doch noch zu meiner zweisames Verabredung bekommen, auf die ich am Mittag spekuliert hatte. „Klar will ich!“ Ein wenig zu enthusiastisch waren die Wörter über meine Lippen gekommen, so dass ich sie doch relativ laut ausgerufen hatte, doch ich freute mich eben einfach. Seto schien ähnliches zu denken, denn ein schmales Lächeln zeigte sich nun auf seinen Lippen. „Schön zu sehen, dass dir der Vorschlag gefällt. Also fahren wir los.“ Doch urplötzlich schloss sich eine eisige Hand um mein Herz und ein unangenehmes Gefühl erfüllte mein Inneres. Unruhe und Befürchtungen schnürten mir mit einem Mal die Brust zu. Ich hatte ein kleines aber durchaus entscheidendes Detail bei meinen Überlegungen außer Acht gelassen und dieses war mir gerade eben bei Setos Worten wieder ins Gedächtnis gerufen worden.. „Wo…“ Ich räusperte mich kurz, diese plötzlich aufkeimende Ahnung hatte mich kalt erwischt und meine ganze Freude war mit einem Schlag verschwunden. „Wo willst du denn hin?“ Mein Blick suchte unsicher den seinen. „Etwa ins 'the hour'?” Erinnerungen und beklemmende Gefühle aus einer fast vergessenen Zeit flammten in mir auf. Eine junge Kellnerin, Seto die sie im Arm gehalten und mit ihr geflirtet hatte. Der Schmerz, die Eifersucht…aber hauptsächlich dieser schrecklich stechende Schmerz. Setos Miene wirkte einen Moment verwundert, seine Stirn warf sich kurz in Falten und er musterte mich und meine unsicheren Gesten mit höchster Konzentration. Doch schon verschwand der nachdenkliche Ausdruck und an dessen Stelle trat eine ernste Mimik. „Nein, wir fahren nicht ins 'the hour'. Das hatte ich nicht vor, auch wenn ich bezweifle dass wir sie dort angetroffen hätten. Es arbeiten eine Unmenge an Servicepersonal dort, noch dazu in unterschiedlichen Schichten. Die Wahrscheinlichkeit wäre somit mehr als gering ihr überhaupt über den Weg zu laufen.“ Ein leises 'hmhm' kam über meine Lippen doch mein Blick wich dem Setos aus. Wir wussten beide wer mit 'sie' gemeint war. Für ihn mochte das Ganze im Gegensatz zu mir wahrscheinlich wenig Grund zur Sorge sein, denn der Gedanke ihr womöglich zu begegnen brachte ihn offensichtlich nicht im geringsten aus der Fassung. Vermutlich passierte es ihm sogar öfters, dass er hin und wieder einer seiner Ex-Bekanntschaften über den Weg lief, bei einer doch relativ kleinen Stadt wie Domino nichts ungewöhnliches, und er hatte sich inzwischen so an derartige Zusammentreffen gewöhnt, um noch davon peinlich berührt zu sein. Ein Glück nur, dass diese eine Kellnerin nicht zu dem engeren Kreis seiner ehemaligen Eroberungen zählte, denn allein das Wissen, dass er nicht mit ihr geschlafen hatte machte diese ganze Angelegenheit zumindest ansatzweise erträglich für mich. Dennoch empfand ich die Vorstellung mich mit ihr konfrontiert zu sehen, anders als für Seto, als erschreckend. Aber schließlich hatte er damals auch nicht die gleichen schmerzhaften Gefühle durchlebt wie ich. Seto dort mit einer anderen sehen zu müssen… „Seltsam.“ Seine nachdenkliche Stimme brachte mich nun doch dazu zu ihm aufzusehen. Er betrachtete mich mit forschendem Blick. „Irgendwie hatte ich wohl erwartet du würdest so eine Gelegenheit nutzen wollen, um ihr zeigen wer letztendlich dann doch dass Rennen gemacht hat. Sozusagen dich als Sieger zu präsentieren. Aber anscheinend scheint dich das gar nicht zu interessieren und ich habe mich diesbezüglich geirrt.“ Nun wich ich abermals seinem Blick aus, dieses Mal jedoch aus Verlegenheit. „Nun ja, ich muss zugeben ein klein bisschen habe ich doch auch schon daran gedacht. Irgendwie wäre es schon toll ihr zu zeigen, dass ich…“ Ich presste meine Lippen fest aufeinander. Das war doch gar nicht meine Art, jemanden etwas heimzuzahlen und dieser Frau unter die Nase reiben zu wollen, dass ich sie am Ende doch ausgebootet hatte und schließlich Seto, den Preis unseres stummen Wettkampfes, bekommen und somit seine alleinige Aufmerksamkeit erworben hatte. Aber ich musste mir eben eingestehen, dass ich, wenn es um Seto ging, die Eifersucht nicht ignorieren konnte…und die damit verbundene Schadenfreude wenn ich einer anderen beweisen konnte, dass dieser unglaubliche Mann mir gehörte und sie keine Chance bei ihm hatte. „Ahh.“ Ich sah zu ihm auf und ein wissendes Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Schon besser.“ Verwundert legte ich die Stirn in Falten und neigte den Kopf zur Seite. „So gefällst du mir schon viel besser.“ Er beugte sich leicht zu mir hinüber und strich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Lieber temperamentvoll und leidenschaftlich als so unsicher.“ Es war ein Trick gewesen! Verdammt, dieser Mistkerl! Mit einem Schmunzeln beugte ich mich zu ihm hinüber und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Er hatte das Thema absichtlich in diese Richtung gelenkt, denn er hatte meinen Kampfgeist wecken wollen um mein Unbehagen und die dunklen Wolken der Vergangenheit, die über mir gehangen hatten, zu vertreiben. Seto hatte gewusst, dass ich zugeben würde, dass mir der Gedanke der Kellnerin Rei zu zeigen dass ich sie ausgestochen und letztlich doch die Gunst des von uns beiden begehrten Mannes erlangt hatte, gefallen würde. Sehr geschickt, wirklich. Seto war einfach ein unglaublich raffinierter Mann. Und er wusste nun einmal wie er mit mir umgehen musste. Wie könnte ich also anders als ihn lieben? Ich hatte schlicht weg gar keine andere Wahl. Ihr weiches Haar schmiegte sich an seine Wange und er lehnte seinen Kopf leicht gegen den ihren, der auf seiner Schulter ruhte. Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen. „Zum 'Okushiga Kogen'.” Diese Order galt seinem Chauffeur, der die ganze Zeit wartend hinter dem Steuer gesessen und dezent weggehört hatte, während Sarah und er ihr Privatgespräch geführt hatten. Nun allerdings, da er ihr Reiseziel kannte, startete er den Motor und fuhr los. Der Wagen setzte sich in Bewegung und ein leichtes, aber kaum spürbares Vibrieren erfüllte das Innere. Das 'Okushiga Kogen' war nicht derartig bekannt wie das 'the hour' und konnte auch nicht ganz mit dessen Klasse mithalten, aber war deswegen nichts desto Trotz ein überaus exquisites Restaurant, dass seinen überaus guten Ruf in den gehobeneren Kreisen genoss. Es mochte nicht mit dem unvergleichlichen Ausblick des 'the hour' dienen können, hatte dafür aber andere Qualitäten aufzuweisen, die er schätzte. Einwandfreien Service, uneingeschränkte Privatsphäre, ein überaus ausschlaggebender Punkt angesichts der Tatsache, dass er mit Sarah zusammen essen würde, und das Essen selbst hatte ebenfalls mehrere Sterne Qualität. Kurz um, das 'Okushiga Kogen' war auf jeden Fall seine zweite Wahl wenn er ein Restaurant besuchte. Somit stand seine Entscheidung fest, denn es wäre unzumutbar gewesen Sarah in das 'the hour' zu zerren, das hatte ihr unsicheres und in sich gekehrtes Benehmen bei dem Gedanken dieses Restaurant nochmals betreten zu müssen nur zu deutlich bewiesen. Sie war über diese Sache von damals noch nicht hinweg, aber das war seine eigene Schuld. Er wusste nun ja, wie sehr es Sarah verletzt hatte ihn damals mit dieser Kellnerin zusammen sehen zu müssen, doch er hatte unbedingt seinen so unsinnigen Test durchführen müssen, der für alle Beteiligten einfach nur in einem Desaster geendet hatte. Es war seine Schuld und nun musste er die Folgen tragen. Das hieß, dass das 'the hour' fürs Erste einmal nicht mehr als Auswahl zur Frage stand. Ein geringer Verlust in Anbetracht Sarahs eingeschüchterter Reaktion, die er somit vermeiden konnte. Doch im Moment wirkte sie nicht im Geringsten beängstigt oder gar unsicher, ganz im Gegenteil. Voller Zutrauen und Sicherheit schmiegte sich ihr Körper von der Seite gegen den seinen. Er warf einen langen Blick auf die junge Frau neben sich, welche die Augen glücklich lächelnd geschlossen hatte. Sie hatte es endlich wieder gesagt, heute nach so endlos langer Zeit. Es war wirklich lange her. Er hatte schon angefangen zu glauben, dass ihre Worte von damals nur im Rausch der Gefühle und dem Schwindel der Leidenschaft des damaligen Tages über die Lippen gekommen waren, doch heute hatte sie es erneut zu ihm gesagt. Sie liebte ihn. Vorhin im Aufzug hatte er die lang vermissten Worte erneut gehört, die dieses seltsame euphorische Gefühl in ihm weckten. Aber wie sollten sie auch nicht, schließlich hatte noch nie jemand so für ihn empfunden und ihm schon gar nicht sowohl durch so viele Taten aber eben auch durch Worte bewiesen, dass es aufrichtig mit ihm meinte. Sarah jedoch liebte ihn. Es tat gut es wieder von ihr zu hören, in so einem Moment, der nicht von Lust getrübt war. Sie hatte es ernst gemeint, das war sicher. Falls er angefangen hatte zu zweifeln ob ihre Worte seinerzeit lediglich aus der Begierde heraus entsprungen gewesen waren, so war er nun eines Besseren belehrt worden. Zufrieden lächelnd lehnte er sich in das weiche Sitzpolster zurück und schlang seine Arme fester um Sarah und zog sie zu sich heran. Es waren zwar nur wenige Worte, doch sie hatten eine weitreichende Wirkung auf ihn. Zum wiederholten Male fühlte er sich in seinen Empfindungen bestätigt. Ja es war richtig Sarah zu vertrauen, es war richtig sie so nahe an sich heran zu lassen und es war richtig sie zusammen mit Mokuba zu seiner Familie gemacht zu haben. Das 'Okushiga Kogen' entpuppte sich rein vom Äußeren beinahe als ein etwas unscheinbares Restaurant, doch der erste Eindruck trog. Untergebracht war das Lokal in einem mehrstöckigen Hochhaus zusammen mit einer Vielzahl an erlesen Boutiquen, die mehr oder weniger alle als Anlaufstelle für die wohlhabendere Bevölkerung Dominos diente. Darunter fanden sich Bekleidungsläden von edlen Markendesignern, aber genauso auch Parfümerien, Juweliere oder aber Feinkostläden. Egal was das reiche Herz begehrte, hier wurde es fündig. Unser Ziel jedoch war keines dieser Geschäfte der Einkaufsmeile, sondern stattdessen eben das Luxusrestaurant im dritten Stock. Dass es sich dabei um ein nobles Lokal handelte erkannte man im Grunde umgehend nach dem Betreten des Foyers. Wäre ich zuvor nicht im 'the hour' gewesen, hätte mich diese pompöse Aufmachung überrascht und vermutlich auch eingeschüchtert, so wie es damals bei meinem Besuch tatsächlich der Fall gewesen war. Dennoch war mein erster Impuls Seto die Frage zuzuraunen, ob man mich überhaupt so gekleidet, in Jeans und Shirt wie ich nun einmal war, in das Restaurant einlassen würde. Doch dank Setos unverzüglicher Beteuerung, dass dies kein Problem darstellen würde, schließlich war ich mit ihm, Seto Kaiba als Begleitung unterwegs und niemand würde an meinem oder gar seinem Kleidungsstiel Anstoß nehmen, fühlte ich mich dann doch gleich viel beruhigter und nahm mir den letzen Rest Unsicherheit. Aber so hatte es eben wieder einmal einen Vorteil mit einem der reichsten Männer Japans leiert zu sein, man konnte sich sogar über Kleidungsvorschriften eines feinen Lokals hinwegsetzen. Im Foyer empfing uns ein Concierge, gekleidet im schlichten Schwarz aber aus erkennbar teurem Stoff . Der Mann erweckte, professionell wie es in einem derartigem Ambiente zu erwarten war, den Eindruck als habe er den ganzen Abend nur auf Setos erscheinen gewartet. Er wusste sowohl seinen Namen als auch den Platz der noch zur freien Verfügung stehenden Tische ohne einen einzigen Blick in sein Gästebuch werfen zu müssen. Dieser aufmerksame Service schien also eine Art Standard in derartig teuren Restaurants zu sein, denn Seto nahm das alles ohne jedes Wimpernzucken als selbstverständlich hin. Der Mann mittleren Alters führte uns nach kurzem und höflichen Geplänkel in den Speisesaal und zu unserem Tisch hinüber. Voller Neugierde sah ich mich in dem unbekannten Raum um und warf interessierte Blicke umher, damit mir auch jedes noch so kleine Detail nicht entging. Nun gut, das 'Okushiga Kogen' war etwas kleiner als das 'the hour' und es fehlte auch die atemberaubende Aussicht über ganz Domino, die das Restaurant so einzigartig und bekannt machte, aber dafür stand ihm dieses hier im Punkto Ausstattung und Luxus in nichts nach. Es empfing mich die gleiche Atmosphäre von Diskretion, Professionalität und Geld. Im Hintergrund spielte leise Klaviermusik deren Ausgangspunkt ich allerdings nicht ausmachen konnte, die Tische standen weit genug voneinander entfernt um für genug Privatsphäre zu sorgen und die Einrichtung war edel, aus teurem Holz und feinen Stoffen. Insgesamt, soweit ich bei meinen oberflächlichen Überfliegen feststellen konnte, war das Restaurant ungefähr zur Hälfte mit Gästen besetzt und zwischen den Tischen eilten die Kellner und Kellnerinnen in schwarzen Hosen, weinroten Hemden und schwarzen Krawatten umher, um die Wünsche der Kunden zur vollsten Zufriedenheit zu erfüllen. Ein wenig verwunderte es mich, dass die Arbeitskleidung hier nicht dem üblichen aber an sich doch tristen Schwarz-Weiß-Standart entsprach, doch ich musste zugeben, das Fünkchen Farbe ließ gleich alles etwas weniger steif erscheinen, jugendlicher um genau zu sein. Ganz abgesehen davon, dass die Farbe der Hemden perfekt zu den roten Tischläufern passte, die auf jedem Tisch als Überdecke zu finden war und sich von dem strahlenden weiß der gestärkten Tischdecken abhob. „Interessant?“ Ich hob den Blick von dem kunstvoll gedeckten Tisch, an dem wir gerade vorbeigegangen waren und deren meisterhaft arrangierte Servietten meine Aufmerksamkeit geweckt hatten und sah zu Seto auf, der mich mit amüsierter Mimik beobachtet hatte. Er war stehen geblieben und hatte sich zu mir umgewand, da wir unseren Tisch für zwei Personen erreicht hatten und dabei hatte er unweigerlich meine Blicke bemerkt. Und abermals schien es mehr als deutlich zu sein, dass Seto meine offensichtliche Neugier mochte. Würde er mich ansonsten mit einem derartig vergnügten Gesichtsausdruck mustern? Nein, ihm gefiel es, dass ich mich von solchen Dingen fesseln lassen konnte, die für ihn inzwischen reiner Alltag geworden waren. Außerdem, hatte er nicht schon hin und wieder angemerkt, dass er es mochte, wenn ich meine Gefühle offen und ungekünstelt zur Schau stellte? Erfischend ehrlich hatte er es einmal genannt. „Ja, ich finde das alles…faszinierend.“ Das entsprach selbstverständlich der Wahrheit, auch wenn ich nicht umhin kam wie bei meinem Besuch im 'the hour' wieder dieses Gefühl von Vorsicht zu empfinden. Stets bedacht darauf zu sein, nicht aus Versehen etwas Falsches zu tun oder am Ende noch etwas zu zerbrechen, das vermutlich so kostspielig wäre, dass ich mehrere Monatsgehälter hätte aufbringen müssen um es zu erstatten. Es war und blieb einfach eine andere Welt, in der ich mich nicht sicher fühlte und stets befürchtete mich daneben zu benehmen. „Dachte ich mir, dass dir das hier gefallen würde.“ Er vollführte eine ausladende Handbewegung und deutete somit auf den Raum um uns herum. „Das alles ist wirklich vollkommen ungewohnt für mich und ich kann mich irgendwie gar nicht richtig statt sehen. Denn unter normalen Umständen hätte ich so ein teures Lokal auch niemals von Innen gesehen, ganz sicher nicht mit meinem Gehalt.“ „Doch glücklicherweise haben sich die Umstände geändert.“ Ein feixender Ausdruck lag um seinen Mundwinkel. Ja, zum Glück hatten Seto und ich am Ende trotz aller Schwierigkeiten doch noch zusammengefunden, denn auf nichts anderes hatte er mit seinen Worten anspielen wollen. Wieder folgte eine Handbewegung, dieses Mal jedoch zeigte er auf den Tisch hinter sich, der in einer Art Nische stand und somit herrlich viel Privatsphäre ermöglichte. Genau das richtige für unser erstes richtiges Date. „Wir sollten uns setzen und…“ „Sarah!“ Überrascht wandten sowohl Seto als auch ich uns in die Richtung aus der die tiefe und irgendwie vertraut klingende Stimme gekommen war. In dem Tonfall war sowohl Überraschung als auch Freude herauszuhören gewesen. Ich drehte mich um die eigene Achse und…sah mich auf einmal einem hochgewachsenen jungen Mann konfrontiert, dessen dunkles Haar in einem rötlichen Schimmer glänzte und dessen erstaunlich graue Auge mich mit einem bekannt schelmenhaften Glitzern ansahen. Die Gesichtszüge waren kantig und äußerst attraktiv. Der Mann vor mir war ohne Frage bemerkenswert gutaussehend und auf keinen Fall ein Unbekannter. „A…Akio.“ Ich war perplex, nein mehr als das, ich war fassungslos. Alles hatte ich erwartet, wirklich alles, aber sicherlich nicht Akio Tanaka hier und zu diesem Zeitpunkt wiederzutreffen. Es war nun schon Monate her, dass ich den Geschäftspartner Setos das letzte Mal gesehen hatte, das war damals im Apartment gewesen, an dem Tag, an dem er mir eine Rose geschenkt hatte. Und ausgerechnet jetzt liefen wir uns wieder über den Weg, dann wenn Seto und ich unser erstes gemeinsames Date hatten. Ich betrachtete seine hochgewachsene Statur und mir fiel sein dunkler Anzug auf, der makellos saß. Abermals hatte Akio die obersten beiden Knöpfe seines dunkelroten Designerhemdes offen gelassen, was ihm einen verwegenen Ausdruck verlieh. Dass ich nun ausgerechnet in Jeans und Sweatshirt vor ihm, im Maßanzug gekleidet, stand, trug nicht unbedingt dazu bei mein angeschlagene Selbstsicherheit aufzuwerten angesichts meiner zugegebener Maßen doch unpassenden Kleidung die schlicht weg nicht dem gehobenen Ambiente dieses Restaurants entsprach. Mein Blick löste sich von dem markanten Gesichtszüge, die ich nun schon geraume Zeit sprachlos angestarrt hatte und erst jetzt viel mir der Mann auf, der neben Akio stand. Ein älterer Mann, mit teilweise ergrauten aber ansonsten ebenso dunklem Haar und einigen Falten um die Augen, doch die Gesichtszüge ließen noch sehr deutlich die Anzeichen von verschmitzter Jugendlichkeit erkennen. Auch jetzt noch, im fortgeschrittenen Alter, besaß er eine faszinierend männliche Ausstrahlung und, was mich einen Moment verwirrte, auch dieses Gesicht kam mir bekannt vor, obwohl ich sicher war diesen Mann noch nie zuvor gesehen zu haben. Doch diese hochgewachsene Gestalt, der Zug der Lippen, dieses markante Kinn…eindeutig, es bestand eine erstaunliche Ähnlichkeit zu Akio Tanaka. Dann musste dieser Mann wohl sein Vater sein, von dem er mir bereits einmal erzählt hatte, der Geschäftmann der sich in einigen Jahren zur Ruhe setzten wollte um seinen Sohn die Firma zu überlassen. „Sarah so eine Überraschung Sie zu treffen. Damit hatte ich jetzt überhaupt nicht gerechnet.“ Genauso wenig wie ich selbst, doch ihn schien das Treffen weniger aus dem Konzept zu bringen als mich. „Oh, und Sie sind auch hier Kaiba? Wirklich eine Überraschung ihnen beide hier zu begegnen.“ Ich warf einen Blick zu Seto hinüber, der nun zu meiner Rechten stand und Akio Tanaka musterte. Doch was ich sah versetzte mir einen kleinen, aber heftigen Schock, denn der Mann der neben mir stand war nicht länger mein Freund, der liebevoll und einfühlsame Mensch, der sich gerade noch darüber amüsiert hatte, dass ich voller Neugierde die Umgebung um uns herum betrachtet hatte. Neben mir befand sich…der kalte und abweisende Geschäftsmann, ohne Skrupel und einem Herz aus Stein. Seine Gesichtszüge waren hart und ohne jede Regung, nicht die geringste Spur von Zuneigung war darin zu erkennen, nichts von dem sanften beinahe verträumten Blick, mit dem er mich so oft einfach wortlos beobachtete. Neben mir stand ein vollkommen anderer Mensch, doch leider kein Unbekannter. Ich kannte diesen abweisenden Mann leider nur zu gut, denn so hatte ich ihn bereits bei unser allerersten Begegnung kennen gelernt. Und ihn jetzt so zu sehen, steif und ohne gutmütige Regung, war als stünde ich wieder vor eben jenen Mann, der mich einst angeschrieen hatte ich solle endlich aus seinem Leben verschwinden und ihm und seinem Bruder nie wieder zu nahe kommen, dessen Hass auf mich und die ganze Welt nahezu aus seinen Augen gesprüht hatte und den ich begonnen hatte zu fürchten. Ich musste mich erst wieder zur Vernunft rufen um den Schock zu überwinden. Es war ein Erinnerungsflashback gewesen, nicht mehr. Seto war nicht kalt und ohne Gefühl, ganz im Gegenteil, aber neben mir stand nun einmal Seto der Geschäftmann, der stets eine Maske, ein Pockerface trug um sein Gegenüber in Unklarheit über seine Empfindungen zu lassen und ihm keine Angriffsfläche zu bieten. Erst in diesem Moment wurde mir richtig bewusst wie sehr Seto sich bereits für mich geöffnet hatte. Ich hatte sein einfühlsames Verhalten als selbstverständlich hingenommen, seine liebvollen Taten und zärtlichen Worte als natürlich empfunden und hatte gar nicht bemerkt, wie weit Seto sich für mich verändert und was er bisher alles für mich getan hatte. Das alles hatte sich beinahe unterschwellig entwickelt und stets in kleinen Schritten seinen Lauf genommen, so dass mir die einzelnen Veränderungen gar nicht bewusst gewesen waren. Bis zu jenem Moment, indem ich wieder dem Mann gegenüber stand, der er für alle anderen war, außer für die Menschen die ihm wichtig war. Nämlich Mokuba und ich. Nur für uns beide war er der sensible Mann, der auf die Liebe seiner Familie angewiesen war, um ihm den Rücken zu stärken und weil er sich so sehr danach sehnte. Welch unglaubliches Zugeständnis er mir damit gemacht hatte, wie sehr er sich inzwischen auf mich eingelassen hatte und mir sein wahres Ich so bereitwillig offenbarte, erkannte ich erst jetzt in seinem ganzen Ausmaß. Und am liebsten wäre ich ihm dafür sofort um den Hals gefallen und hätte ihn mit Küssen nur so überhäuft. Nur leider gab es da eine kleine, nicht zu ignorierende Schwierigkeit. Akio. Ausgerechnet er lief uns über den Weg, an dem Tag an dem wir uns zum ersten Mal nur zu Zweit in die Öffentlichkeit trauten. Ausgerechnet er, den Seto so lange für seinen Rivalen gehalten und der ihn dazu gebracht hatte vor Eifersucht schier zu platzen, wie er mir selbst eingestanden hatte. Hoffentlich ging das gut und endete nicht in einer Katastrophe. Aber Seto wusste doch, dass ich nie an Akio interessiert gewesen war, das hatte ich ihm selbst gesagt. Also konnte ich nur hoffen, dass er sich an meine Worte erinnerte und nun nicht eifersüchtig reagierte wenn ich mit ihm sprach, denn das musste ich nun ohne Zweifel tun. Ich konnte einem Gespräch mit Akio nicht ausweichen da wir uns nun einmal unweigerlich begegnet waren. „Tanaka.“ Das Wort kam hart und ohne jede Gefühlsregung über die ansonsten doch immer so wundervoll weichen Lippen. „Ich hätte wirklich nicht damit gerechnet Sie hier anzutreffen. Und dann auch noch in Begleitung von Miss Danzigten.“ Die grauen Augen richteten sich dabei wieder auf mich und der schelmische Zug war erneut deutlich erkennbar, der ihm sein jugendliches Aussehen verlieh. „Kommen Sie denn öfters hierher?“ „Ähm…nein, ich bin das erste Mal hier.“ Ich lächelte Akio verhalten an, denn anscheinend hatte er die Frage an mich anstatt an Seto gerichtet. Irgendwie hatte ich das unbestimmte Gefühl, dass Seto in diesem Moment am liebsten seinen Arm um meine Taille geschlungen hätte um mich eng an sich zu ziehen. Oder einfach besitzergreifend den Arm um meine Schulter zu legen, vielleicht vertraut an meinem Ohr knabbern oder den Hals küssen wollte. Nur um Akio zu verdeutlichen, dass ich ihm gehörte, dass er es also nicht wagen sollte 'sein Mädchen' anzusehen oder gar anzumachen. Um zu beweisen, dass ich alleine zu ihm gehörte und er der einzige Mann war der mir so nahe kommen durfte, dass er derjenige war, der mich 'erobert' hatte, nicht Akio. Als wolle er sein Eigentum, seinen Besitz vor seinem Rivalen beschützen. Ich konnte diese Gefühlsregung sogar sehr gut nachvollziehen, hatte ich mich vor kurzem doch genauso gefühlt, als ich an die Kellnerin Rei und an ein Zusammentreffen mir ihr gedacht hatte. Natürlich wusste ich nicht wirklich ob Seto im Moment so fühlte, schließlich trug er immer noch seine undurchschaubare Maske, aber ich konnte es mir dennoch vorstellen…und verstehen. Und es schmerzte mich, dass ich ihm das nicht ersparen konnte, doch wir hatten beide keine andere Wahl als uns und unsere Beziehung zu tarnen, und das bedeutete bedauerlicherweise schauspielern. „Ah, Sie werden begeistert sein, dass Essen ist wirklich köstlich. Wir sind gerade fertig und waren im Begriff zu gehen. Wir kommen regelmäßig ins 'Okushiga Kogen'. Man könnte sogar so weit gehen und sagen wir sind inzwischen schon Stammgäste geworden.“ Ihm entwich ein kleines Lachen, das erstaunlich ansteckend wirkte. Ich hatte vergessen welchen Charme dieser Mann doch besaß, doch plötzlich kehrte ein erstaunter Ausdruck in seine Mimik zurück. „Oh verzeihen Sie, ich habe ganz vergessen Ihnen meinen Vater vorzustellen. Wo habe ich nur meine Manieren? Entschuldige Vater.“ Er zuckte entschuldigend mit den Achseln, als schalt er sich selbst einen vergesslichen Jungen, was mir abermals ein Lächeln entlocke. „Also das hier…“ Er deutete auf den älteren Herrn neben sich, dessen Ausstrahlung wirklich viel mit dem seines Sohnes gemein hatte, der allerdings die ganze Zeit über schweigend bei uns gestanden hatte ohne in irgendeiner Weise auf sich aufmerksam machen zu wollen. „…ist mein Vater. Isamu Tanaka. Und das hier…“ Damit wandte er sich leicht zu seinem Vater um und deutete mit der offenen rechten Hand auf mich. „Ist Sarah Danzigten. Sie ist in der Promotions-Mark angestellt, der PR-Firma.“ Sein Vater nickte und ein ließ ein leises aber wissendes 'ah' von sich hören, anscheinend war ihm der Name meiner Firma bekannt. „Freut mich Sie kennen zu lernen Miss Danzigten.“ Seine Stimme war noch tiefer als die seines Sohnes, aber genauso wohlklingend. „Ebenso Mister Tanaka, ich habe schon von Ihrem Sohn von Ihnen gehört. Selbstverständlich nur Gutes.“ Ich lächelte ihm zu und er tat es mir gleich. Auch sein Lächeln hatte erstaunliche Ähnlichkeit mit dem spitzbübischen Grinsen seines Sohnes. Zumindest war nun offensichtlich von wem Akio sowohl das Aussehen als auch den männlich, aber dennoch jungenhaften Charme geerbt hatte. „Und du und Mister Kaiba müsstet euch eigentlich kennen. Ihr hattet so weit ich weiß schon geschäftlich miteinander zu tun, nicht wahr?“ Nun richtete sich seine grauen Augen auf Seto und sahen ihn direkt in die Augen. „Ja.“ Damit nickte Seto dem älteren aus der Tanaka Familie zu und dieser erwiderte den Gruß ebenso wortlos. „So…“ Akio riss mich aus meiner kurzen besorgten Musterung von Setos starrem Gesicht und lenkte somit meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Nun müssen Sie mir aber erzählen wie es Ihnen ergangen ist Sarah. Wir haben uns ja schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Und als ich mich das letzte Mal bei Kaiba nach Ihnen erkundigte, meinte er, Sie wären inzwischen wieder ausgezogen und mehr könne er mir nicht dazu sagen. Deswegen bin ich auch ein wenig verwundert Sie beide gemeinsam hier zu treffen. Ich dachte Sie wären weg, fort aus Domino.“ Obwohl Seto direkt neben ihm stand, sprach Akio so als würden wir über einen Dritten sprechen, der abwesend war. Irgendwie ärgerte mich dieses Verhalten, schließlich war Seto mein Freund zu dem ich jederzeit und in jeder Lebenslage stehen wollte, aber andererseits wusste ich nur zu gut wie kompliziert er manchmal, und besonders in solch angespannten Situation, sein konnte. Hin und wieder war es einfach besser ihn nicht anzusprechen, wollte man sich Ärger ersparen. „Das stimmte auch, zumindest teilweise. Ich hatte einen Auftrag in Niigita angenommen und musste dazu für mehrere Wochen dorthin. Ich bin aber seit einigen Wochen wieder zurück in Domino und stehe natürlich auch weiterhin im Kontakt mit den Kaibas.“ Ich verwendete absichtlich die Mehrzahl, so dass sowohl Seto als auch Mokuba gemeint waren. So würde Akio hoffentlich nicht anfangen wilde Spekulationen zu äußeren…die vermutlich sogar äußerst zutreffend gewesen wären. Selbstverständlich hätte ich am liebsten sofort klargestellt, dass Seto und ich inzwischen ein Paar waren, aber obwohl ich Akio wirklich nicht für ein Schandmaul hielt, so sollte unsere Beziehung dennoch vorerst geheim bleiben. Wüsste Akio bescheid kannte vermutlich früher oder später doch die gesamte Geschäftswelt die Wahrheit, und sei es nur weil ihm aus Unbedacht ein falsches Wort entkommen wäre. Denn aus Böswilligkeit Tratsch zu verbreiten um andere zu schaden, das traute ich Akio auf keinen Fall zu. Doch so blieb mir nichts anderes übrig als auch vor Akio unser Beziehung geheim zu halten, auch wenn er ausgerechnet der Mann war, der Seto rasend vor Eifersüchtig machen konnte. Wie gerne hätte ich dieses ganze Schauspiel vermieden, aber leider ging es einfach nicht anders.. „Das ist wahr, mein kleiner Bruder Mokuba, Sie müssten ihn kennen, hängt sehr an Sarah. Sie haben sich auch während ihrer Abwesenheit regelmäßig E-Mails geschrieben, so ist sie mit uns im Kontakt geblieben. Und wir beide sind alleine hier weil…nun, weil wir noch einige Dinge zu besprechen haben.“ Beinahe wäre mir ein erleichtertes Aufseufzen entwichen, aber ich war so beruhigt, dass Seto auf meine Herangehensweise eingegangen war und mir somit nicht übel nahm, dass ich unsere Beziehung verschwieg. Seine Stimme hatte ebenfalls neutral geklungen, kein Anzeichen von Zorn oder Eifersucht. Außerdem hatte er nicht einmal gelogen, denn seine Worte entsprachen immer noch der Wahrheit, denn wir waren sicherlich auch hier ins Restaurant gekommen um das eine oder andere zu besprechen, auch wenn diese vermutlich eher von privater Natur wäre. „So, Dinge zu besprechen? Könnte es sich dabei eventuell über geschäftliche Vorgänge handeln? Womöglich sogar über einen Vertrag zwischen der Promotions-Marks und ihrer eigenen Firma?“ Akios Tonlage hatte einen unschuldigen, aber dennoch auch provozierten Klang angekommen. Er wollte anscheinend zeigen, dass er mehr wusste als wir ihm zugetraut hatten. „Woher wissen Sie das?“ Ich sah ihn verwundert an, woher konnte Akio von dem Geschäft wissen? Wer außer Seto meinen Arbeitskollegen und mir hätte von dem Auftrag erfahren können? Seine grauen Augen richteten sich wieder auf mich und sofort schwand der herausfordernde Ausdruck und machte einem Lächeln Platz. „Nun, man munkelt eben in vertrauen Kreisen, dass die Promotions-Marks eine geschäftliche Vereinbarung mit der Kaiba Corporation getroffen habe.“ Setos Bass ertönte und übernahm es somit zu antworten. „Sie sind wirklich erstaunlich gut informiert Tanaka. Der Vertrag ist noch nicht einmal 24 Stunden unter Dach und Fach.“ „Nun…“ Wieder ein schelmisches Lächeln, diesmal jedoch in meine Richtung. „..man hält sich lediglich auf dem Laufenden und spitzt seine Ohren wenn das eine oder andere Gerücht im Umlauf ist. Und natürlich interessiert man sich dafür mit welchen Aufträgen die PR Firma zu tun hat, auf die man ein Auge geworfen hat und überlegt sie für das eigene Unternehmen zu engagieren.“ „Sie wollten uns engagieren?“ Wieder sah ich Akio mit einer Mischung aus Verwunderung und Respekt an. Seine Firma war nicht eben winzig und auch wenn sie nicht mit der Kaiba Corporation mithalten konnte, so war es dennoch eine große Sache, hätten sie uns als PR-Firma angestellt. „Selbstverständlich. Schließlich will ich das Beste für mein Unternehmen und was man so von Ihnen und Ihrer Firma hört sind sie das auch.“ Etwas Ähnliches hatte Seto auch schon gesagt, doch so recht glauben konnte ich es immer noch nicht.. „Anscheinend sind meine Nachforschungen doch nicht so unbemerkt geblieben wie ich gehofft hatte. Ich hätte mich vielleicht doch etwas vorsichtiger umhören sollen.“ „Vielleicht.“ Akio lächelte vielsagend. Da schien gerade ein unausgesprochener Wettkampf zwischen den beiden Männern stattzufinden und es ging wahrscheinlich nicht nur ums Geschäft, sondern vielmehr ums Prinzip. Und so sympathisch ich Akio auch fand, Seto schien hierbei dennoch die Nase vorn zu haben. Zwar mochten seine Nachforschungen über die Promotions-Marks nicht so unbemerkt geblieben sein wie erhofft und so seine Pläne uns zu engagieren doch zu Akio vorgedrungen sein, aber dennoch hatte er letztlich das Rennen um unsere Anstellung gemacht. Und vermutlich war ihm dabei der kleine aber nicht unbedeutende Vorteil zugute gekommen, dass er eine Beziehung mit mir führte. Aber es war offensichtlich, dass die beiden Geschäftsmänner in Konkurrenz zueinander standen, dass sie die Schritte des anderen stets im Auge behielten und versuchten den anderen, selbstverständlich wie die Ehre es gebot, mit fairen Mitteln auszubooten. Männer, ich konnte nur den Kopf darüber schütteln. Wie sie sich gegenüber standen und einen wortlosen Kampf allein mit Blicken austrugen und sich gegenseitig nieder zustarren versuchten. Zumindest konnte ich mich mit dem Gedanken trösten, dass es hierbei nicht um mich ging, sondern allein um das verbissene Bestreben der beiden Sturköpfe erfolgreich in der Geschäftswelt zu sein, und zwar so erfolgreich wie möglich. Ungern hätte ich zwischen zwei Männern als Objekt der Begierde gestanden, zumal ich mich ohnehin immer nur für den einen von beiden interessiert hatte. Die gebräunte Hand Isamu Tanakas legte sich auf die Schulter seines Sohnes und brach somit den Augenkontakt der beiden Kampfhähne, da sich Akio nun zu seinem Vater umdrehte und seinen Blick von Seto nahm. „Ich denke es wird Zeit zu gehen Akio. Wir sollten Miss Danzigten und Mister Kaiba nicht länger vom Essen abhalten.“ Seine Stimme klang ruhig, nicht dominant oder fordernd, dennoch aber mit einem autoritären Unterton erfüllt. Trotz seiner dezenten Tonlage besaß er erstaunlich viel Durchsetzungsvermögen. Und dieser Mann war geschickt, wie ich feststellen musste, und ich schenkte ihm darum einen respektvollen Blick. Er schien ein Gespür zu haben wie er mit den Beiden umzugehen hatte und deren Wettkampf unterbinden konnte. Anscheinend hielt Isamu Tanaka nichts von dererlei jungendlichem Kräftemessen oder war einfach schon zu erfahren an Alter und Wissen, um sich noch auf solche patriarchalischen Machtproben einzulassen. Aber mit seinen Worten hatte er mir direkt aus der Seele gesprochen und ich war heil froh, dass das Starren endlich ein Ende gefunden hatte. Ich konnte diesem ganzen Wettbewerb darum, wer denn nun der Beste war einfach nichts abgewinnen, doch zum Glück war dies nun durch das Eingreifen von Akios Vater beendet worden. Dennoch war ich einen Moment überrascht, als Tanaka senior mit kurz verstohlen zuzwinkerte, als habe er meine Gedanken genau erraten. Tatsächlich schienen wir auf der selben Wellenlinie zu sein was diesen unausgesprochenen Streit zwischen 'unseren Männern' anging, oder aber er hatte mein Unbehagen bemerkt, mit dem ich die Beiden und deren prahlerisches Gebaren beobachtet hatte. „Du hast Recht Vater. Verzeihen Sie Sarah, wir haben nun in der Tat schon zu lange Ihre Zeit in Anspruch genommen.“ Er warf einen kurzen scharfen Blick zu Seto hinüber, vergaß über alle Wettstreitigkeiten allerdings nicht seine Manieren und blieb weiterhin höflich. „Wir sollten dann wirklich langsam gehen. Es hat mich sehr gefreut Sie zu treffen Sarah…und Sie natürlich auch Kaiba.“ Er lächelte mich an und wieder legte sich der schelmenhafte Zug um seine Augen. „Ich hoffe bis zu unserem nächstes Treffen werden nicht wieder einige Monate verstreichen!“ Indem er sich nun leicht vorbeugte und meine rechte Hand ergriff, gab er mir einen weichen Handguss, kaum mehr als eine hauchzarte Berührung. „Auf ein baldiges Wiedersehen.“ Damit zwinkerte er mir kurz zu und mit einem knappen Nicken als Abschiedsgruß zu Seto ging er, gefolgt von seinem Vater an uns vorbei und steuerte zielsicher den Ausgang an. Kurz blickte ich den beiden Männern hinterher und kaum waren sie außer Hörweite entwich mir ein Aufseufzen. „Puh!“ Entwarnung, die Situation war ohne Tote oder Schwerverletzte ausgegangen und die Gefahr war nun gebannt. Ich sah zu Seto auf der neben mir stand, immer noch mit steif durchgedrückten Rücken und dem versteinerten Gesichtsausdruck. Ob er wütend war? Darüber, dass wir Akio hier begegnet waren, dass ich ihn angelächelt hatte und letztlich sogar meine Hand hatte küssen lassen? „Seto?“ Mit beinahe banger Erwartung suchte ich nach Hinweisen in den mir doch so vertrauten Gesichtszügen, selbst wenn sie jetzt abweisend sein mochten. Sein Blick war den beiden Männern hinterhergerichtet, die gerade eben das Restaurant verlassen hatte. „Wir sollten uns setzten Sarah.“ Erst jetzt sah er mich an und in sekundenschnelle vollzog sich vor meinen Augen eine erstaunliche Wandlung. Gerade eben hatte er noch die Kiefer fest aufeinander gepresst und der Blick war mörderisch gewesen, doch nun, da er mich ansah wurden seine Züge augenblicklich weich. Ein beinahe besorgter Ausdruck erschien in seinen Gesichtszügen und er musterte meine Mimik genau. „Machst du dir etwa schon wieder Gedanken?“ Er klang fast etwas irritiert und vorwurfsvoll gemeinsam. „Wie könnte ich nicht nach dem gerade eben?“ Ich deute auf den Raum hinter mir, auf den Ausgang um zu verdeutlichen, dass ich auf das Zusammentreffen ansprach. „Es ist doch nicht deine Schuld, dass wir Tanaka hier über den Weg gelaufen sind, das entzog sich vollkommen deinem Einfluss.“ Der zärtliche Ausdruck nahm überhand. „Also hör´ auf dir über diese Dinge den Kopf zu zerbrechen, für die du ohnehin nicht verantwortlich bist…und mach dir schon gar keine Vorwürfe deswegen.“ „Aber Akio hat…ich meine, hat es dich nicht irgendwie wütend gemacht, dass er…“ Ich hob meine rechte Hand, ihm den Handrücken zugewandt, weil mir die Worten fehlten das auszudrücken, was ich meinte. Nämlich ob es ihn rasend gemacht hatte, dass Akio mir so nahe gekommen war und ich es zugelassen hatte. „Ich muss zugeben, dass es mich nicht ungerührt gelassen hat das zu sehen, aber…“ Ein süffisantes Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. „Soll er dir von mir aus die Hand küssen, dafür kann ich sagen, dass mir im Gegenzug ganz andere Bereiche an dir offen stehen und ich dich küssen kann wo ich will. Also etwas, in dessen Genuss er niemals kommen wird, egal wie viel Charme er auch versprüht.“ Seine Worte entlockten mir ein Lächeln, selbst wenn es etwas gehässig klang so war diese Reaktion immer noch um Weiten besser als brodelnde Eifersucht. „Und nun sollten wir uns doch setzten.“ Er deutete zu unserem Tisch hinüber und ich nickte ihm zu. „Wir wollen doch nicht mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen als nötig, nicht wahr?“ Lächelnd nickte ich ihm zu. „Stimmt.“ Gemeinsam nahmen wir an dem gemütlichen Zweiertisch platz, uns gegenübersitzend auf wunderschön engen Raum. Nun hatte unser Date also doch noch nach all den anfänglichen Strapazen eine Richtung eingeschlagen, die traute Zweisamkeit umfasste. Ich warf einen behutsamen Blick in den Raum, doch alle Gäste, die ebenfalls hauptsächlich zu Zweit an den Tischen saßen, waren nur mit sich und ihrem Gesprächpartner beschäftigt. Niemand schien aufmerksam auf uns geworden zu sein, und das obwohl wir doch einige Minuten doch recht auffällig mit Akio und seinem Vater mitten im Restaurant herumgestanden hatten, selbst wenn wir uns dabei in Zimmerlautstärke unterhalten hatten. Doch mir kam das nur Recht, denn wieder einmal befand ich mich in einem vornehmen Lokal, in dem sonst die Wohlhabenden Dominos zu speisen pflegten und dass ich dieser Gesellschaftsschicht nicht angehörte war mir von Anfang an bewusst gewesen. Darum wollte ich auch deren Interesse gar nicht erst auf uns, oder genauer gesagt auf mich lenken. Mein Blick richtete sich wieder auf die markanten Gesichtszüge meines Gegenüber und versank kurzzeitig in dem intensiven blau dieser geliebten Augen. „Das war irgendwie…unangenehm, nicht wahr? Ich meine Akio ausgerechnet hier und jetzt über den Weg zu laufen, wo wir doch zum ersten Mal…nun ja, eben das erste Mal alleine unterwegs sind.“ Nun, es war natürlich nicht wirklich so, dass wir vorher noch nie nur zu Zweit ohne 'Aufsichtsperson' gewesen waren, aber Seto schien zu verstehen was ich eigentlich damit meinte. Nämlich unser erstes Date in der Öffentlichkeit, dass zwar durchaus intime Elemente enthielt, aber dennoch irgendwie keine wirkliche Verabredung war, weil wir unsere Beziehung vor diesen Außenstehenden verheimlichen mussten. Ich versuchte diese etwas angespannte Stimmung zu berechen, die seit wir uns an den Tisch gesetzt hatten zwischen uns herrschte. Seto wirkte in Gedanken versunken, als würde er sich über Akio den Kopf zerbrechen. War das wirklich der Fäll, wäre es dann nicht doch besser einfach darüber zu reden? „Ich hatte nicht damit gerechnet ihm hier zu begegnen, das stimmt, aber anderseits hätte ich darauf vorbereitet sein müssen. Dieses Restaurant ist ein beliebtes Lokal für Geschäftmänner und Reiche. Es ist also nicht ungewöhnlich, dass wir ihm begegnet sind.“ „Ja, aber dennoch irgendwie unangenehm.“ Seto schüttelte kaum merklich den Kopf. „Früher oder später hatte das so kommen müssen. In der Geschäftswelt kann man sich nicht langfristig aus dem Weg gehen, dafür hat man einfach zu viel miteinander zu tun und demnach zu viele Berührungspunkte. Das macht auch vor dem Privatleben nicht halt.“ „Vermutlich hast du Recht.“ Ich betrachtete seine Gesichtszüge und versuchte daraus zu lesen, wie er zu dem Treffen mit seinem Geschäftspartner stand. Doch ich wurde nicht wirklich schlau aus seiner nachdenklichen Mimik. „Denkst du er hat etwas gemerkt?“ Ich deutete mit einer unauffälligen Handbewegung auf uns beide, um zu zeigen dass ich auf unsere Beziehung anspielte. Abermals schien Seto einen Augenblick nachzudenken und sich die Szene nochmals durch den Kopf gehen zu lassen, ehe er mich wieder unverwandt in die Augen sah. „Das ist unwahrscheinlich. Wir haben ihm keinen Anlass gegeben misstrauisch zu werden. Hätte er irgendetwas in dieser Richtung vermutet, dann hätte er sicherlich nicht versucht mit dir zu flirten, wie er es offensichtlich ja getan hat.“ Hörte ich da etwa Unzufriedenheit aus seiner Stimme oder bildete ich mir da nur ein? Vermutlich, denn seine Gesichtszüge blieben weich, kein Anzeichen von Wut oder Unbehagen war darin zu erkennen. „Wollen wir es hoffen. Ich denke zwar nicht, dass er es wirklich herumposaunen würde, aber dennoch ist es mir lieber, wenn er nichts geahnt hat.“ Ich neigte den Kopf leicht zur Seite. „Das geht ihn nämlich gar nichts an, sondern nur uns beide.“ „Aber irgendwann wirst du auch in der Öffentlichkeit dazu stehen müssen, so etwas lässt sich nicht ewig geheim halten…und sollte es auch nicht, schließlich besteht kein Grund dazu.“ Ein leises Seufzen entkam mir. „Ich weiß, es ist etwas Schönes, dass man mit anderen Menschen aus Freude teilen sollte.“ Kurz zuckte ich verzeihend mit den Schultern, denn ich verstand seinen Standpunkt besser als er wohl ahnte. „Irgendwann, versprochen. Gib mir nur noch etwas Zeit mich an den Gedanken zu gewöhnen.“ Seto nickte und ich wusste, dass er hinter mir stand und meine Entscheidung respektierte. Und ich würde in der Tat früher oder später bereit sein mich der Presse und somit der Öffentlichkeit als die Frau an Seto Kaibas Seite zu präsentieren…nur jetzt noch nicht. Doch bis dahin war ich dankbar für sein Verständnis und seine Geduld. „Und woher wusste Akio nun eigentlich das von dem Vertrag?“ Eigentlich war es das Letzte was ich wollte weiterhin an dem für Seto wohl leidigen Thema Tanaka festzuhalten und womöglich erneut Eifersucht und Unwillen in ihm hervorzurufen, aber diese Frage beschäftigte mich unablässig seit Akio diese mehr als offensichtliche Andeutung gemacht hatte. Seto zuckte kurz, beinahe desinteressiert mit den Schultern. „Er hat sich umgehört und er hat meine geschäftlichen Aktivitäten überwacht…so wie ich es bei ihm auch tue. Und auf diese Weise ist es ihm nicht entgangen, dass ich auf dem offenen Markt Erkundigungen über euch eingeholt habe.“ „Dann hat er das mit dem Auftrag nur gesagt um dich aus der Reserve zu locken?“ Ich hob fragend die Augenbrauen. An Setos Gesichtszügen war zu erkennen, dass er kurzzeitig nachdachte, denn es bildeten sich kleine Fältchen auf seiner Stirn und seine Mimik war einen Moment angespannt während seine Augen sich auf einen leeren Punkte hinter mich richteten. „Nein, das glaube ich nicht. Ich denke er hat das ernst gemeint. Es würde nicht zu ihm passen auf diese Weise zu bluffen.“ Sein Blick fokussierte sich wieder auf meine Augen. „Er hatte sich wohl tatsächlich auch überlegt euch zu engagieren, vermutlich sogar noch bevor er von meinen Nachforschungen erfahren hat, doch ich habe ihm dabei einen Strich durch die Rechung gemacht. Er ist zu spät gekommen.“ Ein neckisches Lächeln schlich sich auf meine Lippen. „Und das gefällt dir, nicht wahr?“ Seine Augenlider schlossen sich einen Moment und ein dünnes Lächeln zierte nun auch seinen fein geschwungenen Mund. „Ja.“ Wir sahen uns in die Augen und lächelten uns dabei gegenseitig an. Es war ein perfekter Moment, voller Harmonie und Ausgeglichenheit. Wir waren ganz auf einer Wellenlinie und selten hatte ich mich so eng mit Seto verbunden gefühlt wie in diesem Augenblick des stummen Verständnisses, denn wir wussten genau was der andere zu diesem Zeitpunkt dachte. Der Moment wurde erst unterbrochen, als ein junger Mann zu uns an den Tisch trat und sich mit einer kurzen Verbeugung vorstellte. Ich war mehr als erleichtert darüber, dass wir dieses Mal von einem Kellner bedient wurden und ich somit keinen unlieben Erinnerungen mit einer gewissen Kellnerin ausgesetzt war, selbst wenn wir uns in einem anderen Lokal befanden als damals. Wir trafen unsere Wahl und bestellten das Essen, wobei es mir sehr gelegen kam, dass Seto mir dieses Mal bereitwillig mit Rat und Tat zur Seite stand und mir half eine passende Auswahl aus der wirklich umfangreichen Speisekarte zu treffen. Wenn ich ein Gericht nicht kannte, so schilderte er mir kurz worum es sich dabei handelte und wie er selbst dazu stand. So tatkräftig unterstützt fiel es mir wirklich leicht das Richtige für mich auszusuchen und bei unserem Kellner zu ordern. Ich nippte an meinem Wasser, das die Bedienung mir gerade gebracht hatte, und warf dabei zum wiederholten Male einen interessierten Blick in des Esssaal des Restaurants, in dem langsam gedämpftes Licht Einzug hielt. Die nun angezündeten Kerzen, von denen auf jedem Tisch mindestens eine stand, verliehen dem ganzen Raum eine romantische Stimmung, candel-light-dinner, und das obwohl es im Grunde erst früher Abend war. Aber ich war froh, diese einfühlsame Atmosphäre mit Seto genießen zu können, gerade an unserem ersten gemeinsamen Abend vor fremden Publikum, unsere erstes heimliches Date. Was konnte man sich mehr wünschen? Ich stellte mein Glas wieder auf den Tisch, sah zu Seto hinüber und bedachte seine Gesichtszüge mit einem verträumten Blick. Das gedämpfte Licht und die leicht flackernde Kerze verliehen ihm ein noch männlicheres Aussehen. Wir warteten auf unser Essen, was allerdings wohl noch etwas dauern würde, da wir erst vor Kurzem unsere Bestellung aufgeben hatte. Der Service mochte erstklassig sein, aber so schnell konnte der Küchenchef seine Arbeit dann doch auch wieder nicht verrichten. Aber es war ganz gut, denn so verschaffte uns das ein wenig gemeinsame Zeit, an der wir uns erfreuen konnten. Bisher hatten wir noch nicht viel gesprochen, nicht seit der Kellner mit unseren Essenwünschen unseren Tisch verlassen hatte, aber es war dennoch eine angenehme Stille zwischen uns. Es herrschte ein gewisser Gleichklang und bedurfte darum nicht vieler Worte. Ich erkannte, dass Seto gerade dabei war meine Gesichtzüge mit leicht zur Seite geneigtem Kopf zu betrachten. Wie gerne hätte ich einfach über den Tisch gegriffen und seine Hand umschlossen, doch wir waren immer noch inkognito unterwegs, deswegen mieden wir derartig vertraute Berührungen. „Sarah…“ Er wartete einen Moment, bis er sich sicher war, dass er meine ungeteilte Aufmerksamkeit gewonnen hatte. „…erzähl´ mir von deinen Eltern.“ Diese Aufforderung kam unerwartet, so dass ich ihn überrascht ansah. War das am Ende der Grund gewesen, warum er mit mir hatte in dieses Restaurant gehen wollen, um einen Moment der Ruhe zu finden um mich danach zu fragen? Oder aber hatte er einfach nur die passende Gelegenheit erkannt und auch gleich genutzt, um mehr über meine Vergangenheit zu erfahren? „Meine Eltern?“ „Ja.“ „Was möchtest du denn hören?“ Ich hob fragend die Augenbrauen und sah ihn forschend an. Auch wenn es mich verwunderte, dass Seto mich danach fragte, so sah ich eigentlich dennoch keinen Grund ihm nicht zu antworten. „Nun…Wie ist es gekommen ist, dass du mit 15 ausgezogen und in eine Pflegefamilie gekommen bist? Wie war, beziehungsweise wie ist dein Verhältnis zu ihnen…Was ist schief gelaufen?“ Seine Mimik war ernst, aber dennoch auch behutsam. Man konnte ihm ansehen, dass er diesen Abschnitt meines bisherigen Lebens mit größter Vorsicht anschnitt und nicht zu forsch vorgehen wollte. Es war eben doch ein heikles Thema und das wusste er. Es wunderte mich nicht einmal, dass Seto diese privaten Dinge von mir wusste, obwohl ich ihm noch nie davon erzählt hatte. Aber inzwischen kannte ich ihn gut genug um zu wissen, dass er eben so seine Beziehungen hatte um an Informationen zu kommen. Allerdings war es auch nie ein Geheimnis gewesen, dass ich mich in doch recht jungen Jahren von meinen Eltern losgesagt hatte, denn das alles war in den Akten des Jugendamtes und des Jugendgerichtes zu finden, und keines davon hatte wohl ein Hindernis für seine Nachforschungen über meine Person dargestellt. Vermutlich wusste er bereits vor meinen ersten Einzug genauestens über mich bescheid und hatte alle Informationen über mich eingeholt, die es in Erfahrung zu bringen möglich war. Und sicherlich waren das nicht eben wenige gewesen. Interessanter hingegen war vielmehr die Frage warum er mich danach fragte. Aber auch dies war für mich inzwischen leicht zu beantworten, so vertraut wie er mir schon geworden war. Familie war für Seto ein komplizierter Begriff und in seinem bisherigen Leben hatte er, mal abgesehen von seinem Bruder, doch eher schmerzliche Erfahrungen damit gemacht. Selbstverständlich interessierte er sich bei seiner Vergangenheit für mein Familienleben, das ähnlich in die Brüche gegangen war wie sein eigenes. Und, was auch nicht ganz unbedeutend war, genauso wollte er auch mehr über mich erfahren und alles über mich wissen. „Hm, wo fange ich da am Besten an?“ Ich ließ meinen Blick gedankenverloren durch den großen Raum gleiten ohne wirklich etwas zu sehen. Aber dennoch spürte ich, dass Seto sich zurückhielt und mich in keinster Weise zu einer Antwort drängte. Er räumte mir alle Zeit ein, die ich zum Nachdenken benötigte. „Vielleicht so…“ Ich blickte ihm nun wieder direkt in die Augen, da ich ihn ansehen wollte während ich erzählte. Es war nicht unbedingt ein einfaches Thema für mich, emotional ohne Frage, aber ich wollte mit ihm darüber reden, wollte hören was er davon hielt und sehen wie er auf meine Erzählungen reagiert. Ob er mich dadurch besser verstehen würde? „Ich möchte vorab klären, dass ich meine Eltern liebe, egal was zwischen uns auch alles vorgefallen ist. Sie sind immer noch meine Eltern und ich könnte sie wohl nie hassen.“ „Du kannst niemanden hassen Sarah.“ Ein melancholisches Lächeln lag dabei auf seinen Lippen während Seto mich leicht versonnen betrachtete. Wahrscheinlich sah er mich da in etwas zu hellen Licht, denn ich war mir nicht sicher ob ich von mir das Gleiche mit der selben Überzeugungskraft hätte behaupten können, aber es schmeichelte mir dass er mich als derartig gütigen Menschen sah. „Na ja, vielleicht fast niemanden.“ Ich lächelte ihm einen Moment zu, doch kehrte dann zu meinem Gedankengängen zurück. „Also wie gesagt, ich liebe meine Eltern trotz allem und dennoch…gleichzeitig bin ich auch unglaublich wütend auf sie.“ Kurz zuckte ich mit den Schultern, doch fand keine andere Worte um das zu beschreiben, was ich nun einmal fühlte. „Das ist irgendwie widersprüchlich, nicht?“ Mit einem entschuldigenden Blick sah zu ihn über den Tisch hinweg an. „Nicht im Mindesten.“ War ich wirklich überrascht, dass Seto meine Gefühle anscheinend nur zu gut nachvollziehen konnte? Vermutlich hätte ich darauf vorbereitet sein sollen, wenn ich da an seine eigene Vergangenheit dachte. Wir hatten diesbezüglich einige Gemeinsamkeiten, so dass er viele meiner Empfindungen und Betrachtungen nachvollziehen konnte, oder teilweise sogar genauso empfunden hatte. „Weißt du, meine Eltern sind…oder besser waren…ach ich weiß auch nicht.“ Frustriert seufzte ich auf, weil ich mich so schwer damit tat das zu formulieren, was mir auf der Zunge lag aber einfach nicht richtigen über meine Lippen kommen wollte. „Es ist schwer das in Worte zu fassen, vor allem weil ich hauptsächlich auf Spekulationen angewiesen bin. Ich habe mit meinen Eltern nie über all das gesprochen was zwischen uns vorgefallen ist, deswegen weiß ich nicht wie sie tatsächlich dazu stehen und was sie darüber denken.“ Seto hörte schweigend zu während ich versuchte das zu erklären, was all die Jahre in mir vorgegangen war. Es war wirklich schwerer als ich gedacht hatte diesen Teil meines Lebens jemand anderen zu schildern. Die Worte dafür waren alle in meinen Kopf, doch wenn es darum ging sie auszusprechen schienen sie auf einmal auf den Weg zu meinem Mund verloren gegangen zu sein, obwohl ich Seto wirklich von meiner Vergangenheit erzählen wollte um ihn an diesem Abschnitt meines Lebens Anteil haben zu lassen. Irgendetwas in mir schien sich allerdings noch davor zu sträuben dies alles vor mir preiszugeben, doch ich kämpfte dagegen an. „Wichtig ist wohl zu sagen, dass es sich bei unserem Verhältnis nicht um Misshandlung im eigentlichen Sinne handelte. Sie habe mich also nie geschlagen oder gar verwahrlost, das nicht, denn ihre Art mit mir umzugehen war subtiler, nämlich in Form von Gefühlskälte und das all die Jahre lang, die ich bei ihnen gelebt habe. Im Grunde war es so, dass meine Eltern von Anfang an, seit ich geboren worden bin, irgendwie…desinteressiert an mir waren. Ich weiß zwar dass sie mich lieben, auf ihre eigene Art und Weise, so weit es ihnen eben möglich ist und sie der Meinung sind wirklich alles für mich getan zu haben, aber sie waren nichts desto trotz nie wirklich an mir als Person interessiert. Ich war einfach da, ein Mitläufer in ihrem Alltag, jemand der zwar zu ihrem Leben dazugehörte, aber für den sie sich nicht tiefgreifend interessierten.“ Ich strich mir die Haare hinter das Ohr und spürte, dass es mir langsam leichter fiel die richtigen Worte zu finden um mich auszudrücken. „Vielleicht wird es an Beispielen verständlicher. Also sie haben sich um mich gekümmert, das ohne Frage, denn als sie zum Beispiel merkten, dass ich mich fürs Zeichnen interessiere, da haben sie mir Malutensilien besorgt. Stifte, Zeichenpapier und alles Nötige haben sie mir gekauft, aber dann…dann haben sie mich damit allein gelassen. Ich meine, ich war vielleicht gerade zehn Jahre alt und wusste doch gar nicht wie man richtig zeichnet sondern nur, dass es mir Spaß macht…etwas das für meinen jetzigen Beruf als Werbedesignerin grundlegend ist und was ich auch heute immer noch sehr gerne tue. Und dann saß ich da, allein in meinem Zimmer mit all den schönen neu gekauften Sachen und…fühlte mich schrecklich einsam. Ich musste aus Büchern lernen wie man technisch ausgefeilt zeichnet und nicht durch meine Eltern. Sie saßen nicht neben mir am Schreibtisch um mir zuzusehen, mich in meinem Bestreben zu bestärken oder mir dabei zu helfen das Zeichnen zu lernen, so wie ich es mir eigentlich gewünscht hatte.“ Meine Stimme hatte einen traurigen Unterton angenommen, den ich nicht verhindern konnte. Die Gefühle von damals wurden durch meine Erzählungen wieder allgegenwärtig und es war schwer sich vor Augen zu führen, dass das alles hinter mir lag und ich in diesem Moment nicht mehr das kleine Kind war, dass einsam und allein in seinem Zimmer saß und sich nach seinen Eltern sehnte. „Sie haben mich voll und ganz mich selbst überlassen ohne weiter darüber nachzudenken, dass ich vielleicht Hilfe oder liebevolle Aufmerksamkeit gebrauchen könnte. Und als ich dann zum Beispiel mit einem fertigen Bild zu ihnen kam, stolz darauf, dass ich es doch aus eigener Kraft herausgefunden und zustande gebracht hatte, da haben sie nur einen kurzen Blick darauf geworfen und gemeint 'sehr schön' ohne eine liebevolle Umarmung, ohne weiteres herzliches Lob und haben sich schon wieder dem Fernsehprogramm zugewandt. So in etwa ist meine ganze Kindheit verlaufen. Dabei spielte es keine Rolle um welches Thema es jeweils ging, es lief immer das gleiche Schema ab.“ Meine Hände hatten begonnen mit der Serviette zu spielen, die vor mir auf dem Tisch gestanden hatte und in einer fantasievollen Figur gefaltet gewesen war. Ich fühlte den schweren und gesteiften Stoff zwischen meinen Fingern doch war dies nur etwas Unbewusstes um meine Hände zu beschäftigen „Egal was ich tat, meine Eltern haben sich nie wirklich dafür interessiert. Zwar haben sie dafür gesorgt dass ich meinen Interessen nachgehen kann indem sie mich finanziell abgesichert haben, aber mehr auch nicht. Sie haben sich nie ausgiebig mit mir beschäftigt und wie du dir vorstellen kannst war der finanzielle Aspekt wenig tröstlich für mich. Was hilft mir all das Geld, wenn ich stattdessen doch eigentlich nur eine liebevolle Umarmung gewollt hatte?“ Ich schüttelte den Kopf und verneinte damit meine eigene Aussage. „Liebe kann man nicht durch Geld oder Geschenke ersetzten, egal wie aufrichtig gemacht sie auch sind und wie gut man es damit meint. So etwas entschädigt einen nicht für all die einsamen Stunden die man allein in seinem Zimmer saß und Brettspiele gegen sich selbst gespielt hat, weil die Eltern trotz der vielen Bitten einfach keine Lust hatten sich mit einem zu beschäftigen. Oder dafür, wenn man jedes Mal wenn man sich doch einmal seine Eltern etwas zu fragen traute und um etwas zu bitten, dann doch immer und immer wieder diese schrecklichen Worte 'Nein, ich habe keine Lust', 'Nein, beschäftigte dich doch einfach alleine' oder 'Nein, ich habe dafür jetzt keine Zeit' hören muss, die nicht weniger schlimm sind als eine Ohrfeige und einen mindestens genauso hart treffen können, und zwar jedes einzelne Mal aufs Neue. Gleichgültigkeit tut meistens sogar mehr wehr als alle körperlichen Schläge zusammen, weil sie Wunden versacht, die man weder sehen noch anfassen kann und die man nicht einfach mit einer Salbe behandeln kann. Es ist furchtbar schmerzhaft immer wieder von gerade den Menschen abgewiesen zu werden, die man am meisten liebt.“ Ich ließ endlich von der inzwischen schon ganz zerfledderten Serviette ab und sah Seto direkt in die aufmerksamen Augen. Er hörte immer noch schweigend zu und ich spürte, dass er sich voll und ganz auf mich konzentriert hatte und jedes meiner Worte in sich aufnahm. „Weißt du, es war sehr hart für mich. Ich dachte die ganze Zeit irgendetwas müsste mit mir nicht stimmen und müsste fürchterlich abschreckend sein, denn warum sonst würden sich sogar die eigenen Eltern nicht für einen interessieren? Es musste doch etwas schreckliches an mir sein, was sonst wäre der Grund?“ Ich fragend die Augenbraue ohne wirkliche eine Antwort von Seto zu erwarten und so fuhr ich in meiner Erzählung fort. „Es hat lange gedauert und hat viele Sitzungen bei einem Therapeuten gebraucht bis ich begriffen habe, dass es gar nicht an mir lag, sondern dass meine Eltern einfach nicht mehr von sich geben konnten, selbst wenn sie es versucht hätten. Ich kenne den Grund nicht warum sie, alle beide, so kalt gewesen sind, aber ich weiß, dass sie aus ihrer Sicht alles für mich getan haben was in ihrer Macht stand um mich glücklich zu machen, dass sie mich so sehr geliebt haben wie sie es eben konnten…nur dass es für mich als Kind einfach zu wenig war. Aber trotzdem weiß ich, dass meine Eltern mich lieben, so wie ich sie liebe, dennoch…irgendwann habe ich es Zuhause mit diesem distanzierten Umgang miteinander einfach nicht mehr ausgehalten.“ Ich faltete die Hände ineinander um zu verhindern, dass sie wieder begannen mit dem schweren Stoff der Serviette zu spielen und als Ablenkung durch die Finger gleiten zu lassen. „Ich steckte mitten in der Pubertät, eine ohnehin verwirrende und sehr aufwühlende Zeit, und gerade jetzt wo ich am meisten Halt und Hilfe gebraucht hätte, da fand ich genauso wie in meiner Kindheit keine Sicherheit bei meinen Eltern. Sie konnten oder wollten mir nicht mit Rat und Trost zur Seite stehen und ich fühlte mich verlorener als jemals zuvor. Ich war reizbar und gleichzeitig so vollkommen in mich gekehrt. Ich habe mich ständig mit meinen Eltern gestritten…um zumindest überhaupt eine Reaktion von ihnen zu bekommen, um überhaupt noch von ihnen wahrgenommen zu werden. Meinen damaligen Lehrern ist mein verändertes und verschlossenes Verhalten aufgefallen und sie haben nach einigen gezielten Fragen herausgefunden, das wohl etwas mit meinen Familienverhältnissen nicht stimmen konnte. Nach einigen Gesprächen mit dem Schulpsychologen und letztlich dann auch mit dem Jugendamt sind wir schließlich zu der Einigung gekommen, dass es wohl das Beste für alle Beteiligten wäre wenn ich zumindest einige Zeit in eine Pflegeeinrichtung oder zu einer Pflegefamilie komme. Trennung auf Zeit könnte man es wohl auch nennen. Meine Eltern waren nicht begeistert von dieser Idee, ich glaube sie sehen es bis heute noch als Verrat von mir an ihnen, aber sie haben am Ende doch zugestimmt. Nun ja, gegen das Jugendamt hätten sie ohnehin nicht viel ausrichten können und so mussten sie sich fügen.“ Mein Blick wurde melancholisch und verlor sich einige Momente im Raum hinter Seto ohne wirklich etwas davon wahrzunehmen. Meine Erinnerung war gerade zu etwas zurückgekehrt, dass mich mit schwermütiger Wärme erfüllte. „Wenn mein Großvater damals noch gelebt hätte, dann wäre es vermutlich anders gekommen. Ich hätte zu ihm gehen können um bei ihm zu leben, anstatt bei einer zwar sehr liebevollen aber mir dennoch so vollkommen fremden Pflegefamilie. Er war Amerikaner, ein Soldat, wie du sicherlich schon aus der einen oder anderen Akte erfahren hast, und hat meine Großmutter in Japan kennen gelernt als er hier nach dem zweiten Weltkrieg stationiert war…und er ist hier geblieben als sie sich ineinander verliebt hatten. Sie haben schließlich geheiratet und von ihm stammt auch mein englischer Namen. Ich habe meine Großmutter nicht mehr kennen gelernt, denn sie starb vor meiner Geburt, aber mein Großvater…er war ein gütiger und liebevoller Mensch, der mich immer voller Wärme behandelt hat, aber er starb als ich zwölf Jahre alt war. Ich habe mir auch oft Gedanken über sein so ruhiges Gemüt gemacht, und deswegen verstehe ich auch nicht, warum mein Vater, der Sohn eines derartig liebevollen Mannes, kaum fähig war Liebe zu empfinden oder aber nur diese zu zeigen. Vielleicht ist irgendetwas vorgefallen von dem ich nichts weiß, das kann ich nicht sagen. Das einzige was ich weiß ist, dass die beiden vom Charakter her zwei vollkommen unterschiedliche Menschen waren, obwohl sie so eng miteinander verwandt gewesen sind. Von meinem Großvater habe ich immer Liebe und Wärme erfahren, ich denke das hat mir auch geholfen als Kind nicht zu verzweifeln.“ Wieder bildete sich ein an schöne Erinnerungen versunkenes Lächeln auf meinen Lippen. Ich hatte ihn sehr geliebt und oftmals hatte ich ihn schmerzlich vermisst, den Mann, der mir stets im liebevollen Umgang so viel von seiner Heimat Amerika erzählt und so viele Traditionen davon gezeigt hatte. Nicht zuletzt auch die Art wie man ein typisches Sandwich zubereitete, so wie jenes dass ich einmal vor sehr, sehr langer Zeit mit Seto geteilt hatte als wir zusammen in der Küche des Apartments gestanden hatten. „Ich habe heute noch, genauso wie zu der Zeit in der ich in der Pflegefamilie untergebracht war, Kontakt mit meinen Eltern, selten zwar, meistens nur zu Geburtstagen, aber nun ja, wie schon gesagt, ich liebe und hasse sie zur gleichen Zeit, das macht den Umgang schwer für mich. Einerseits will ich sie fest in die Arme nehmen und sagen wie sehr ich sie liebe und sie mir fehlen und gleichzeitig möchte ich sie anschreien warum sie mich so behandelt haben und warum sie nicht liebevoller zu mir waren. Dass sie schuld daran sind, dass ich von klein auf irrtümlich geglaubt hatte, irgendetwas würde mit mir nicht stimmen und wäre abstoßend. Unser Verhältnis ist distanziert und ich denke, dass es auch nie wirklich herzlicher sein wird, aber…ich kann inzwischen damit umgehen, ich habe mich damit arrangiert und weiß, dass meine Eltern nun einmal so sind wie sie sind und dass ich das nicht ändern kann. Und dass es nicht an mir liegt und auch nie an mir gelegen hat. Meine Kindheit war zwar keine unbedingt unbesorgte, aber ich bin mit meiner Vergangenheit im Reinen.“ Meine Stimme erstarb und ich war am Ende meiner Erzählungen angekommen. Alles was mir bedeutend erschienen war hatte ich Seto berichtet. Nachdem ich geendet hatte herrschte erst einmal einige wenige Minuten stummes Schweigen in denen keiner von uns beiden etwas sagte und die mir deswegen lang und zäh vorkamen. Mein Mund war trocken vom langen Sprechen und so nahm ich erst einmal einige kräftige Schlucke Wasser zu mir. Ich betrachtete etwas unsicher Setos Gesichtszüge und erkannte, dass er in Gedanken versunken war und vermutlich das eben Gehörte verdaute. Es war wohl auch viele Informationen auf einmal gewesen über die er nun nachdenken musste. Seto hatte meinen Schilderungen stumm zugehört ohne mich zu unterbrechen und auch seine Mimik hatte keine Anzeichen darüber gegeben wie er über das dachte, was er gerade gehört hatte. Wie sah er mich nun, war ich in seinen Augen jetzt ein anderer Mensch? Oder aber erinnerte ich ihn an sich selbst und an seine eigene Jugend? Angespannt wartete ich darauf, was Seto dazu sagen würde, auf jene Dinge, die er von mir hatte erfahren wollen und über die ich ihm bereitwillig Auskunft gegeben hatte. Mit einem leisen Räuspern weckte er meine Aufmerksamkeit und riss mich aus meinen Gedanken, in die ich versunken war während ich auf seine Reaktion gewartet hatte. Mit gespanntem Blick sah ich zu ihm hinüber. „Du hast einiges erlebt in deiner Kindheit. Es ist schwer vorstellbar, dass eine so sanftmütige Frau wie du das alles bereits hinter sich hat.“ So viel Anteilnahme sprach aus seiner Stimme und kein befürchteter missverständiger Blick. Für ihn waren meine Schilderung nicht übertrieben oder gar überempfindlich, er stempelte es nicht als Nichtigkeit ab, wegen der ich mich nicht so anstellen sollte. Er verstand mich und diese Tatsache gab mir mehr Halt und Sicherheit als er sich wohl vorstellen konnte. Bei ihm fand ich nicht nur körperliche Zuwendung sondern auch Verständnis für die schlimmsten Erinnerungen meiner Vergangenheit und somit auch seelischen Beistand. „Es wundert mich, dass du nach all dem nicht verbittert bist.“ Seto neigte seinen Kopf nachdenklich zur linken Seite und musterte meine Gesichtszüge mit diesem durchdringenden Blick „Warum bist du nach all diesen Erlebnisse dennoch so warmherzig geworden, so einfühlsam und hast trotz alledem nicht den Glauben und das Vertrauen an das Gute im Menschen verloren? Ich an deiner Stelle hätte…“ Er brach den Satz abrupt ab und beendete ihn auch nicht mehr. Doch es war nicht nötig, dass er weitersprach, denn wir wussten beide was er hatte sagen wollen. Seto war an meiner Stelle gewesen, und zwar durch die Erfahrungen seiner eigenen Jugend, und er hatte einen anderen Weg eingeschlagen als ich. Er hatte den Glauben an die Menschen aufgegeben und hatte sich stattdessen dem Zynismus und Argwohn zugewandt. Um ehrlich zu sein, konnte ich seine Reaktion sehr gut nachvollziehen denn ich selbst hatte oftmals auch kurz davor gestanden von Zweifeln zerfressen anzufangen zu glauben, dass alle Menschen kalt und verlogen sein mussten. Seto und ich waren gar nicht so unterschiedlich, nur hatten wir zwei verschiedene Entscheidungen getroffen. Er hatte nach Jahren der 'Gehirnwäsche' seines Stiefvaters dessen Worten Glauben geschenkt, dass anderen Menschen zu vertrauen unweigerlich zu Verrat und Untergang führen würde, da alle Menschen schlecht und durchtrieben seien. Was also war stattdessen mit mir geschehen das mich abgehalten hatte so zu werden wie er? „Weißt du Seto, genau kann ich das auch nicht sagen warum ich so geworden bin. Vielleicht wollte ich einfach daran glauben, dass jeder Mensch zur Liebe fähig ist und habe mich deswegen derartig an diese Hoffnung geklammert. Weil ich somit weiterhin hoffen konnte, dass mich meine Eltern eines Tages so lieben würden wie ich es mir so sehnlichst erhofft habe. Aber vielleicht lag es auch an meinem Großvater, der mir gezeigt hat, dass es Liebe gibt und immer warmherzig zu mir war.“ Ein gutmütiges Lächeln bildete sich auf meinen Lippen und ich sah ihm in die leuchtenden blauen Augen. „Womöglich bin ich aber auch einfach nur ein sehr optimistischer Mensch. Zumindest hat sich meine Theorie schon einmal bei dir bewahrheitet, denn du magst zwar nach Außen hin distanziert wirken, aber in Wirklichkeit…bist du ein warmherziger Mann. Das sieht man spätestens dann, wenn man dich zusammen mit Mokuba sieht.“ Ich hoffte, dass Seto mir diese doch recht rührselige Bezeichnung verzieh, aber anders hatte ich ihn einfach nicht beschreiben können. Natürlich wollte er für seine Mitmenschen als knallhart und unnahbar wirken, aber das bedeutete doch nicht, dass er deswegen keine Gefühle hatte. Und zuhause, bei Mokuba und mir, lebte er diese eben aus. Deswegen hoffte ich, dass Seto nicht böse war, dass ich ihn als warmherzig beschrieben hatte. Denn genau das war er nun einmal wenn wir unter uns waren, ich hatte also durchaus die Wahrheit gesagt. Setos Blick richtete sich einen langen Moment auf die Tischdecke und fixierte den roten Stoff mit abwesenden Ausdruck. Doch dann hob er die Augen und sah mich wieder direkt an. „Du bist der Grund, dass ich langsam zu glauben beginne, dass nicht alle Menschen hinterlistig sind und man manchen wenigen sogar sein Vertrauen schenken kann…ohne von ihnen betrogen zu werden.“ Ein wenig fassungslos blickte ich ihn an und versuchte das eben Gesagte ganz in mich aufzunehmen und mir dessen weitreichende Auswirkung bewusst zu werden. Wegen mir fing Seto an das Gute in seinen Mitmenschen zu glauben und das obwohl ihm in seiner frühen Jungend genau das Gegenteil eingetrichtert worden war? Hatte ich tatsächlich derartig viel Einfluss auf ihn? „Ich vertraue dir Sarah.“ Ein immer intensiver werdendes Lächeln breitete sich nun auf meinem Gesicht aus. Es war schon einige Zeit her, dass er dies das letzte Mal zu mir gesagt hatte, doch wie immer hatte er genau die richtige Zeit für die richtigen Worte abgepasst und er hätte nicht passender sein können als in diesem so intensiven Moment. „Und ich vertraue dir Seto.“ Nun tat ich es doch, ich griff über den Tisch hinweg nach seiner rechten Hand und legte meine eigene in einer sachten Berührung darauf. Ich spürte seine warme Haut unter meiner und streichelte sanft seinen Handrücken. Es war mir sogar egal, dass uns jemand in dieser vertraulichen Geste sehen konnte, aber ich hatte meinen gerührten Gefühlen einfach Ausdruck verleihen müssen. Dennoch beließ ich es bei einer kurzen Berührung und zog meine Hand dann wieder zurück, ich musste das Schicksal schließlich nicht unnötig herausfordern oder ein Bild in der erstbesten Klatschzeitung am nächsten Morgen provozieren. Schließlich wusste man nie, wo plötzlich ein Reporter auftauchen oder man heimlich fotografiert werden konnte. Er schenkte mir noch einen langen und intensiven Blick, dann fiel auf einmal die Ernsthaftigkeit des Moments von ihm ab und eine gewisse Unbekümmertheit nahm stattdessen ihren Platz bei ihm ein. „Genug davon. Die Vergangenheit ist vorbei, wir sollten jetzt nicht länger daran festhalten. Besonders wenn es so viele andere, erfreulichere Dinge gibt über die wir uns unterhalten können.“ Damit war das Thema 'Eltern' also abgeschlossen und Seto wollte sich stattdessen eher unbekümmerteren Gesprächsstoff zuwenden. Dabei machte es mir auch nichts aus, dass er mir anscheinend nichts von seiner eigenen Vergangenheit erzählen wollte, obwohl wir gerade beim Thema gewesen waren. Ich hatte bereits einiges aus Setos Kindheit durch Mokubas Erzählungen erfahren, genug um zu wissen, dass dies ein äußerst heikler Punkt für ihn war. Deswegen wollte ich ihn auch in keinster Weise bedrängen mir davon zu erzählen, auch wenn es mich interessierte ob das Alles wirklich derartig schrecklich es für ihn gewesen war. Nicht dass ich noch etwas daran ändern konnte, geschehen war es nun einmal schon, aber ich wollte einfach nur gerne wissen wie er darüber dachte, wie er diese traumatische Zeit empfunden und wie er diese letztlich dann doch überstanden hatte. Mitgefühl und Verständnis wären wohl das einzige, das ich ihm im Gegenzug für seine Erzählungen entgegenbringen könnte, aber vielleicht war das ja genau das, was ihm helfen könnte. Vielleicht, denn auf einen Versuch könnte man es sicherlich ankommen lassen. Aber da ich nun einmal wusste wie ungern Seto sich mit diesem Teil seines Lebens konfrontiert sah, forderte ich ihn auch nicht auf mir davon zu erzählen. Wenn er soweit war darüber zu sprechen, dann würde er von selbst dieses Thema wieder anschneiden. Dann würde ich auch wissen, dass er ganz von sich aus darüber berichten wollte um diese traurigen Erlebnisse mit mir zu teilen und er sich nicht nur mir zuliebe überwand um meiner Forderung wegen von seiner Jungend erzählte. Das wäre dann ein viel wertvolleres, nämlich ein freiwilliges Geschenk als sich eine Antwort zu erzwingen. Wenn die Zeit reif sein würde, dann würde er mir davon erzählen, weil er es wollte. Und mir war auch klar, dass Seto meine Entscheidung voll und ganz akzeptiert hätte, wenn ich seine Bitte gerade eben abgewiesen und ihm nicht von meinen Eltern hätte erzählen wollen. Nur war für mich bereits die Zeit gekommen und ich hatte mit ihm über meine Eltern sprechen wollen, und nicht weil er mich womöglich mit seiner Frage dazu gedrängt hatte. Ich hätte jederzeit mit nein antworten können ohne dadurch Setos Groll auf mich zu ziehen und ich war mir dieser Option stets bewusst gewesen. „Okay, dann schlag ein anderes Thema vor. Ein, wie du es nanntest, erfreulicheres.“ Ich lächelte ihm über den Tisch hinweg an und ein provokativer Zug legte sich dabei auf meine Mimik. Seto nahm meine Herausforderung an und hob mit eindeutig demonstrativer Geste die Augenbraue. „Es gibt viele Themenbereiche die ich unter diesen Oberbegriff zusammenfasse. Allerdings nur wenige davon, die ich mich auch hier in aller Öffentlichkeit mit dir zu besprechen trauen würde…des Anstandes und der Sitte wegen.“ Das leicht Anzügliche darin seine Worte zu betonen war nicht zu überhören, wobei er es jedoch geschickt verstand sowohl seine Gestik als auch Mimik vollkommen unverbindlich zu halten. So konnte niemand der im Restaurant Anwesenden auch nur ansatzweise erahnen, welche doch zweideutige Richtung unser Gespräch inzwischen eingeschlagen hatte, denn außer aus dem Inhalt der Worte konnte meine keine Schlüsse darauf ziehen und diese waren viel zu leise, als dass sie auch nur der Nebentisch hätte verstehen können. Diese Unterhaltung war in der Tat nur für uns beide bestimmt und niemand sonst konnte dieser lauschen. „Ach tatsächlich?“ Ich hob seinem Bespiel folgend herausfordernd die Augenbraue. „Was genau verstehst du denn darunter. Möchtest du mir nicht mit dem einem oder anderen Beispiel behilflich sein, damit ich mir besser vorstellen kann wovon du sprichst?“ Ein dünnes Lächeln huschte über Setos Lippen und ließen ihn noch verführerischer aussehen, als er es ohnehin schon war. „Wenn du darauf bestehst.“ Er nutzte geschickt eine Kunstpause um den Moment an Spannung gewinnen zu lassen, dann beugte er sich mit seinem Oberkörper leicht zu mir hin und erzeugte somit eine vertraulichere Gesprächsituation. „Unter diesen Dingen würde ich zum Beispiel all das zählen dass wir beide…“ Abrupt setzten wir uns beide wieder aufrecht und der verschworene Moment brach, wobei der gerade an unserem Tisch aufgetauchte Kellner Seto ersparte seinen Satz beenden und mir einige seiner intimen Gedanken mitteilen zu müssen, denn dieser brachte gerade unser Essen. Mit einem Lächeln setzte er die erstaunlich ansprechend dekorierten Teller mit dem äußerst verlocken duftenden Gerichten vor uns ab und entfernte sich nachdem wir seine Frage, ob er uns noch auf irgendeine Weise behilflich sein könnte, verneint hatten. Zu schade, der Moment war vorüber und anstatt nun heimlich über kleine Unanständigkeiten zu sprechen wandten wir uns stattdessen unserem Essen zu. Doch der unglaubliche Geschmack entschädigte mich rasch für diesen Verlust, und dafür nahm unser folgende Unterhaltung nun eine etwas harmloseren aber deswegen nicht minder offenen Inhalt an. Es war immer so einfach sich mit Seto zu unterhalten, und auch erfüllend. Mit ihm ein Gespräch zu führen wurde nie langweilig unabhängig um welches Thema es auch gerade gehen mochte. Und das war ein Aspekt unserer Beziehung, den ich ebenso würdigte als auch genoss. „Bleib mal schnell dran.“ Er hielt den Telefonhörer etwas von seinem Ohr entfernt und lauschte angespannt in den Raum hinein. Etwas hatte seine Aufmerksamkeit geweckt und ihn veranlasst sein Telefonat zu unterbrechen. Noch ehe die Tür wieder ins Schloss fallen konnte hörte er bereits die Stimmen mit denen sie sich angeregt unterhielten und so wie es klang ging das Ganze schon eine geraume Zeit. „Jetzt komm schon Seto. Langsam hört es echt auf witzig zu sein.“ Sarahs Stimme klang sowohl fordernd aber auch verzweifelt. Es schien, als hätte sie dieses Thema schon langanhaltend angesprochen und ihre Aussagen ständig wiederholt, ohne dass sich der erhoffte Erfolg eingestellte hatte. Die Frustration die mit diesem stetigen aber erfolglosen Bitten einherging war nicht zu überhören. „Ich hatte auch nie behauptet, dass es als Witz gedacht gewesen war.“ Sein Bruder hingegen klang so selbstsicher wie eh und je ohne die geringsten Spuren erkennen zu lassen, dass der Nervenkrieg zwischen ihnen beiden auch nur die geringste Wirkung zeigte. Er hatte eindeutig wieder einmal die Oberhand. „Seto jetzt reicht es langsam wirklich.“ Sie versuchte Nachdruck in ihre Worte zu legen doch stattdessen war es die Verzweiflung die deutlich zu erkennen war. Sie versuchte es mit Drohungen wobei sie wohl genau wusste, dass diese aufgrund des fehlenden Durchsetzungsvermögen nicht bei seinem großen Bruder fruchten würden. Was genau hätte sie ihm auch schon als Strafe androhen können, wenn er nicht das tat was sie forderte? Ausgerechnet ihm, einem Kaiba? Er hielt sich den Hörer wieder ans Ohr und haspelte eilig einige Worte. „Du Kasuke, ich muss Schluss machen, meine Leute kommen gerade nach Hause. Ich ruf´ dich später wieder an.“ Als er bereits das Telefon in der Hand hielt um den Knopf zum Auflegen zu drücken hörte er wie aus weiter Entfernung noch das leise 'okay' seines Freundes, welches er ihm als Antwort gegeben hatte. Doch schon hatte er die Verbindung mit einem schnellen Knopfdruck unterbrochen und legte den Hörer ab. Endlich traten die beiden in sein Sichtfeld und er drehte sich auf dem Hocker von den Küchentresen in ihre Richtung, kehrte somit seinem Abendessen dem Rücken zu, welches er gerade dabei gewesen war während seines Telefonats mit seinem besten Freund Kasuke zu sich zu nehmen. Interessiert ließ er seinen Blick über die beiden Gestalten gleiten um herauszufinden worüber sie sich die ganze Zeit unterhielten. „Gib ihn wieder her. Seto!“ Sarah tänzelte um seinen großen Bruder herum und versuchte bei ihren Worten nach etwas zu greifen, dass dieser mit festem Griff unter seinen linken Arm geklemmt hatte. Er hielt jedoch trotz Sarahs Bemühungen nicht an, sondern schritt zielstrebig durch das Wohnzimmer auf ihn zu, so dass sie gezwungen war ihm zu folgen. „Er gehört mir, jetzt gib ihn mir schon zurück.“ Ein seltsames Bild wie Sarah immer wieder mit eiligen Schritten aufholte und sich vor seinen Bruder zu stellen um abermals zu versuchen ihm dieses Etwas mit einer schnellen Handbewegung abzunehmen. Nur um dann wohl zum wiederholten Male an dem unnachgiebigen Griff seines Bruders zu scheitern und von seinen unaufhörlichen Schritten beiseite gedrängt zu werden, woraufhin das Schauspiel vom Neuen begann. Sarah schien fest entschlossen nicht aufzugeben, doch sein Bruder schien mindestens genauso entschlossen zu sein nicht nachzugeben. Nachdem beide sich nun ein ganzes Stück genähert hatten erkannte er endlich was es war, worüber sie diesen kleinen Machtkampf ausübten, nämlich ein Laptop und wie er aus Sarahs Äußerungen hatte entnehmen können offensichtlich ihr eigener, den sein Bruder ihr aus welchen Gründen auch immer abgenommen hatte und nicht wieder zurückzugeben gedachte. Wieder folgte eine Attacke Sarahs, dieses Mal allerdings eine weitaus gröbere als all die sanften Versuche ihm den Computer unter dem Arm herauszuziehen. Denn jetzt stieß sie mit den Händen gegen die Brust seines großen Bruders um ihn zum einen zum Stehen zu bringen und zum anderen ihn auch aus dem Gleichgewicht zu bringen, den Überraschungsmoment nutzend versuchte sie ihm jetzt den Laptop zu entreisen. „Vergiss es Sarah.“ Der Griff seines Bruders war eisern und es schien, als wäre er auf diesen Angriff vorbereitet gewesen, was zur Folge hatte, dass dieser somit nicht einmal die Hälfte der erhofften Wirkung gehabt hatte und ihn gerade einmal zum Stehen aber dafür kaum zum Taumeln gebracht hatte. Also musste Sarah abermals einsehen, dass ihr Plan misslungen war, denn sein Bruder gab den Laptop nicht frei. „Aber er gehört mir…und ich brauche ihn.“ Frustriert stampfte sie mit dem Fuß auf und sah mit glühenden Augen zu seinem Bruder auf. Er selbst hätte spätestens in diesem Moment aufgrund des so bittenden und gleichzeitig auch brennenden Blickes nachgegeben und ihr den Computer zurück gegeben, doch sein Bruder war in dieser Hinsicht anders. Ihn schien dieser Blick nicht im mindesten zu erweichen oder gar seinen Wiederstand zum schmelzen zu bringen. Es war schlicht weg kaum möglich sein Mitgefühl zu wecken, denn da war sein großer Bruder steinern, das änderte auch der so flehende Blick aus Sarahs großen Augen nicht. „Und ich sagte dir, ich würde ihn als Pfand behalten.“ Sein Bruder, der inzwischen doch zum Stehen gekommen war, sah zu Sarah hinab und überrascht glaubte er doch tatsächlich erkennen zu können, wie seine Gesichtszüge weicher wurden. Anscheinend war er doch nicht so vollkommen resistent gegen den Ausdruck in ihren Augen, wie er selbst geglaubt hatte. „Ja, aber nur damit ich mit dir mitkomme und mich nicht länger mit der Installation des Computerprogramms beschäftigte. Es war nie die Rede davon gewesen, dass du ihn mir auch zuhause nicht wiedergibst.“ Sarahs Hände ballten sich zu Fäusten und es war offensichtlich, dass sie der Argumentationen müde war und sich langsam der Frustration und Wut ergab. Ein lautes und resigniertes Seufzen kam über seine Lippen und übertonte in beabsichtigt lauter Lautstärke einen Moment alle anderen Geräusche. Es hatte den erwünschten Erfolg, denn sowohl Sarah als auch sein Bruder drehten sich zu ihm um und sahen ihn beinahe etwas überrascht an. Fast so, als wären sie sich gerade eben erst seiner Anwesenheit bewusst geworden, aber angesichts ihrer hitzigen Diskussion war es wohl auch nicht weiter verwunderlich, dass sie ihn übersehen hatten. „Was ist denn nun schon wieder los?“ Er streckte den Rücken weiter durch und lies einen tadelnden Blick zwischen den beiden hin und her wandern. „Kann man euch denn tatsächlich keine Minute ohne Aufsicht lassen ohne dass ihr euch gleich wieder zankt?“ Mit einem kurzen Schnalzen der Zunge schüttelte er verneinend den Kopf. Man mochte nicht glauben, dass sich die beiden tatsächlich als die Erwachsenen bezeichneten und sich als seine Erziehungsberechtigten aufspielten. Dabei war es doch wohl eher an ihm auf sie zu achten und zu erziehen. Sofort schnellte Sarahs Arm in die Höhe und mit ausgestrecktem Zeigefinger deutete sie auf seinen großen Bruder. „Er hat angefangen!“ „Ist mir egal wer angefangen hat, ich will wissen was los ist.“ Mit abschätzender Miene betrachtete er seine beiden Streithähne. „Also?“ „Seto hat mir meinen Laptop weggenommen und gibt ihn nicht mehr her.“ Sarahs Stimme hatte einen kindlichen Beiklang angenommen der zusammen mit ihrer entschlossenen Mimik einen erstaunlich jugendlichen Effekt auf sie hatte. Zwar war ihm bewusst, dass sie das Kleinkind nur spielte, doch die Ähnlichkeit war ohne Frage verblüffend. „Aha.“ Sein Blick richtete sich nun auf seinen großen Bruder. „Und warum hast du ihr den Laptop weggenommen?“ Sein Bruder zuckte kurz mit der Schulter und einen langen Augenblick fürchtete er, dass sich dieser nicht auf das Spiel einlassen sondern es stattdessen mit einem geringschätzigen Blick ausschlagen würde. Doch dieser Moment verflog, als er das kaum merkliche Schmunzeln auf dessen Lippen entdeckte. „Weil ich so sicher sein konnte, dass sie mitkommt. Ansonsten hätte ich sie doch nie von den Computern wegbekommen und sie wäre jetzt immer noch in der Kaiba Corporation und dabei dieses Marketingprogramm zu installieren.“ „Aber du kannst ihn mir nicht für immer wegnehmen, er gehört mir.“ „Das ist allerdings wahr großer Bruder.“ Die Gesichtszüge seines Bruder verzogen sich leicht, während sein Blick ununterbrochen auf ihm ruhte. „Aber wenn ich ihn ihr zurück gebe, dann wird sie sofort wieder damit beginnen den Werbeauftrag zu bearbeiten, Daten sammeln, Hochrechnungen erstellen und was weiß ich was noch, und darüber wird sie alles andere vergessen.“ Ja, eine ähnliche Reaktion hatte er von Sarah erwartet, denn vermutlich war dieses verbissene Engagement auch einer der Hauptgründe gewesen, warum sein großer Bruder die Promotions-Mark als neue PR Firma für die Kaiba Corporation angestellt hatte. Anscheinend eine weise Entscheidung die er getroffen hatte, selbstverständlich nachdem er sein eigenes Einverständnis zuvor eingeholt hatte. Schließlich gehörte ihm selbst ein nicht gerade unbeträchtlicher Anteil dieser Firma und irgendwann würde er neben seinem Bruder zusammen die Kaiba Corporation als Teilhaber leiten. Es war also selbstverständlich, dass ihn sein Bruder bei solchen Entscheidung bereits jetzt schon zur Rate zog und seine Zustimmung abwartete. Und in diesem Fall war es ihm besonders leicht gefallen ihm diese zu geben, handelte es sich immerhin um Sarah und ihre PR-Firma für die sein großer Bruder den Werbeauftrag vorgesehen hatte. Er hatte sich niemanden besseren für diesen Job vorstellen können und hatte aus diesem Grund ohne Umschweife seinen Segen für die Sache gegeben. Es konnte nur für alle Beteiligten gut sein, wenn sich Sarah noch mehr in der Nähe seines Bruders aufhalten würde und somit weiter diesen unübersehbar positiven Einfluss auf ihn ausüben konnte. „Das mag schon sein großer Bruder…“ Er hob mahnend den Zeigefinger in die Höhe und ein Grinsen zierte bei seinen nächsten Worten seine Mund. „…aber es war dennoch nicht richtig Sarah ihr Eigentum einfach wegzunehmen, das gehört sich nicht. Also gib Sarah ihr Spielzeug wieder!“ Ein brummender Ton der Unzufriedenheit kam über die Lippen seines Bruders und dessen blauen Augen verengten sich einen kurzen Moment. „Wenn es denn dann sein muss.“ Damit lockerte sein Bruder den festen Griff und reichte Sarah ihren Laptop, den er die ganze Zeit so eisern bewacht hatte. Dabei schien es niemanden der Anwesenden zu verwundern, dass dieser ausgerechnet auf ihn, seinen kleinen Bruder gehört hatte, als wäre seine Anordnung Gesetz für ihm. Doch das war eben Teil des Spiels. Freudig strahlend nahm Sarah ihren Computer in Empfang und ein erfreutes „na endlich“ kam dabei über ihre Lippen. Es war ein angenehm rührendes Bild diese so vollkommen ehrliche Freude beobachten zu können, die Sarahs Augen, ihr Gesicht, nein sogar ihre ganze Gestalt zum Leuchten brachte. Es war als würde sie von Innen her strahlen und die ganze Wohnung mit Glück erhellen. Nun jedoch umarmte sie ihren Laptop in inniger Umarmung, hob ihn sich vor das Gesicht und küsste ihn so überschwänglich, als hielte sie ein geliebtes Haustier oder gar ein kleines Kind im Arm. „Habe ich dich endlich wieder!“ Abermals herzte sich den Computer. „Hat der böse Kerl dich nicht hergegeben? Jetzt ist ja alles wieder gut, du bist wieder bei mir.“ Damit presste sie sich den Laptop fest gegen die Brust als fürchte sie, man könnte ihr diesen so geliebten Vertrauten abermals entreisen. „Komm, wir beide gehen jetzt da rüber und ich schau´ nach, ob er dir auch wirklich nichts getan hat.“ Dabei warf sie einen bösen Blick zu seinem großen Bruder hinüber womit klar war wer mit 'er' gemeint gewesen war, den dieser allerdings vollkommen ungerührt über sich ergehen ließ. Sarah hingegen ging tatsächlich, ihren Computer fest umarmend, zur Couch hinüber und ließ sich zusammen mit ihrem so wertvollen Schatz dort nieder um ihn genau in Augenschein zu nehmen, und in nebenbei auch gleich hochzufahren um wohl ein wenig daran zu arbeiten. Er sah ihr nach wie sie ins Wohnzimmer hinüber ging und sich an ihrem Laptop zu schaffen machte. Vermutlich kannte sie nur den einen Gedanken, nämlich so schnell wie möglich nötige Tabellen oder Statistiken zu erstellen, die ihr bei dem Werbeauftrag behilflich sein würden. Ein wenig erinnerte sie dabei an einen versessenen Workaholic, der seine Arbeit um jeden Preis perfekt erledigen wollte, eine Eigenschaft, die er selbst nur gut aus eigener Erfahrung kannte. Doch angesichts des großen Auftrag den sie und ihre Firma heute von ihm übertragen bekommen hatten verwunderte ihn dieses Verhalten nicht im geringsten. Es ging dabei schließlich um eine ganze Menge, Geld und Publicity eingeschlossen, und das war sie sich eben bewusst. Und immerhin konnte er mit ruhigem Gewissen sagen, dass er sie all die Stunden, die sie gemeinsam im Restaurant verbracht hatten voll und ganz von der Arbeit abzulenken vermocht hatte. So war es durchaus verzeihlich, dass sie sich nun wieder an die Bearbeitung des Marketingprojektes machte. Ein Lächeln glitt über seine Lippen während er ihr vom Esszimmer aus dabei zusah, wie sie sich nun in aufrechter und mit so gar nicht mehr kindischer Gestik auf ihrem Laptop zu tippen begann. Diese Frau war…er vermochte es nicht in Worte zu fassen was dieser Anblick in ihm auslöste. Vermutlich ließ es sich am ehesten noch mit Zufriedenheit, Harmonie und Freude beschreiben. Einfach ein zustand vollkommener Ausgeglichenheit, der sich bei ihm einfand wenn er sie wie jetzt einfach nur beobachten konnte. „Weißt du großer Bruder…“ Er wandte den Blick von Sarah ab und sah Mokuba an, der direkt vor ihm auf einer der Barhocker vor den Küchentresen saß. Kurzzeitig hatte er über den so faszinierenden Anblick seinen kleinen Bruder vergessen. „…ich mag was sie aus dir gemacht hat.“ Er hob überrascht und nicht minder verwundert die Augenbrauen und sah seinem kleinen Bruder in die leuchtenden Augen. „Ja wirklich großer Bruder. Du bist schon beinahe wieder wie früher, so wie vor der Adoption. Du lachst sogar wieder und bist immer häufiger richtig gut gelaunt. Ich mag, dass Sarah dich wieder zu dem Menschen von früher gemacht hat, den mochte ich nämlich sehr gerne.“ Immer noch war er sprachlos und wusste nicht was er auf diese Worte hätte erwidern können. Derartiges aus dem Mund seines Bruders zu hören war mehr als verblüffend. Er hatte nicht geahnt, dass Mokuba so empfand und seine Beziehung mit Sarah mit diesem Wohlwollen betrachtete. Genauso wenig wie er gewusst hatte, dass sich sein kleiner Bruder nach dem Menschen sehnte der er früher, vor so unendlich langer Zeit, einmal gewesen war. Sarah. Ja, sie hatte wirklich begonnen ihn zu ändern, ohne es tatsächlich zu tun. Alleine ihre Anwesenheit war ausreichend genug um diese Veränderungen bei ihm zu bewirken. Sie brachte ihn dazu sich ausgeglichen zu fühlen und, wie er ihr heute sogar selbst gesagt hatte, sie ließ ihn wieder an Vertrauen glauben. Nicht alle Menschen waren schlecht und die Welt wohl nicht unbedingt ein vollkommen kalter Ort. Es gab auf jeden Fall einige wenige und darum äußerst wertvolle Ausnahmen, Sarah war eine davon. Er schloss einen langen Moment die Augen und sammelte seine Gedanken ehe er wieder in die fliederfarbenen Augen seines Bruder blickte und ein leichtes Schmunzeln dabei seinen eigenen Mund umspielte. „Soll ich dir etwas sagen Mokuba…“ Kurz blickte er zu der jungen Frau hinüber, die auf der hellen Couch saß und vertieft in den Recherchen an ihrem Computer arbeitete, sah seinen Bruder dann jedoch wieder direkt in die Augen. „…ich mag auch was Sarah aus mir gemacht hat.“ Denn ohne sie wäre er wohl kaum in der Lage gewesen diese doch durchaus intensiven Gefühle für jemanden zu empfinden, wie jene die er nun Sarah entgegenbrachte und er war dankbar dafür. Er mochte es sich so zu fühlen wenn er in ihrer Nähe war, er mochte es so für sie zu fühlen. Nun bildete sich auf den schmalen Lippen seines kleinen Bruders ein hocherfreutes Lächeln, welches er zwar wesentlich dezenter aber dennoch sichtbar erwiderte. In diesem Punkt waren sich die beiden Kaiba Brüder also einig, sie waren beide froh darüber, dass Sarah in ihr Leben getreten war. Und sie hatte mehr für sie und ihre Familie getan als sie vermutlich ahnte. Jaaa, Tanaka ist wieder einmal aufgetaucht *happy ist* Ich hatte echt nicht gedacht, dass ich den Guten nochmals irgendwo unterbringen könnte, doch dann…kam mir mal wieder eine plötzliche (nächtliche) Erleuchtung und ich hatte die ganze Szene im Restaurant vor meinem inneren Auge und musste sie dann nur noch tippen. Manchmal kann Kreativität so hilfreich sein ^.^ Man hat einfach einen Geistesblitz und all die kleinen Probleme der Planung sind auf einmal gelöst. Denn ich gestehe, dass ich seit seinem letzten Auftritt ständig überlegt habe wo ich Akio nochmals reinschreiben könnte…und war leider zu keiner Lösung gekommen. Bis jetzt zumindest. Wie gesagt, die Restaurant-Szene ist mir sozusagen im Schlaf zugefallen und so musste ich die beiden, Seto und Sarah, nur noch irgendwie dazu bringen ins Restaurant zu fahren, aber dass war dann das Unkomplizierteste. So kann´s also gehen *smile* So, was sagen wir dann zu Akio? Ich war selbst etwas von mir überrascht, dass ich doch tatsächlich seinen Charakter (scheinbar) etwas umgeschrieben habe und er irgendwie mehr wie der böse Manipulator erscheint, der mit unfairen Tricks arbeitet und Seto die Freundin ausspannen will. Dabei ist Akio doch nichts von alledem T.T Zum einen weiß er ja überhaupt nichts von der Beziehung der beiden sondern flirtet einfach nur wie immer (!)mit ihr wenn er Sarah sieht, will sie Seto also nicht ausspannen. Und zum anderen…also er hat es durchaus ernst gemeint, er hatte auch daran gedacht die Promotions-Mark zu engagieren und das sogar schon seit dem ersten Treffen mit Sarah. Nur habe ich das damals nicht so deutlich herauskommen lassen, sondern habe mir diesen Aspekt mehr für mich selbst gedacht. Aber er sagte damals im Gespräch mit ihr so etwas ähnliches wie: „Ja ich kenne ihre PR-Firma, wenn man gutes Marketing für sein Unternehmen will, dann sollte man sich an sie wenden.“ Also kann man, mit etwas Vorstellungskraft zwischen den Zeilen herauslesen, dass er selbst auch an ihrer Arbeit für seine Firma interessiert war. Wie dem auch sei, Akio hat das mit dem Engagieren tatsächlich ernst gemeint und wollte Seto nicht einfach nur damit ausbooten. Allerdings ist der Wettkampf, bzw. der Machtstreit der beiden natürlich ungebrochen. Beide wollen hoch hinaus und viel erreichen und sie messen sich dabei gerne miteinander. Männer eben ^.^ Na ja, aber das war auf jeden Fall der letzte Auftritt von Akio (nebst Vater, der nur eine absolute kleine Statistenrolle spielen durfte) für diese Geschichte. Nehmt also Abschied von dem gutaussehenden und wirklich charmanten Geschäftsmann namens Akio Tanaka. (seufz, ich glaube ich habe mich ein klein wenig in ihn verknallt *schwärm*) Was nun die ganze „Über die Schulter Wurfaktion“ angeht. Ich habe selbst lange mit mir gehadert, ob ich Seto so etwas machen lassen kann, denn irgendwie ist das doch sehr impulsiv und wie sollte so etwas zu dem selbstbeherrschten Mann passen, der er nun einmal ist? Außerdem war da die Schwierigkeit, dass man in der Serie eigentlich nur immer sieht, wie die Jungs jemanden auf dem Rücken huckepack tragen (meistens ja, wenn man wieder jemand bewusst- beziehungsweise seelenlos war). Die Frage ist also…tun die überhaupt so etwas wie über die Schulter werfen? Na ja, ich habe mir das Ganze dann einfach als absolut spontane Aktion vorgestellt, dass Seto auch von sich selbst richtig überrascht ist, dass er zu so etwas fähig ist und es in keinster Weise geplant war. Er wollte sie aber unbedingt dazu bewegen mit ihm zu kommen und so war es eben der schnellste und sicherste Weg dafür, selbst wenn es spontan war. Aber bei Sarah wird er eben gerne mal etwas impulsiver *zuzwinker* Und noch dazu muss er ja vor Sarahs Arbeitskollegen keine Hemmungen haben, die wissen ja als einzige Außenstehende bescheid über deren Beziehung, so dass er sich nicht zurückhalten muss. Noch ein Argument, warum diese Aktion plausibel erklärbar ist ^.^ Und einige von euch hatten hin und wieder angemerkt, dass sie gerne etwas mehr von Sarahs Vergangenheit erfahren möchten und ihnen die bisherigen kurzen Rückblenden gefallen haben, in denen ihre Probleme aus der Kindheit durchblitzten. Also voillá hier hätten wir die Szene. Allerdings muss ich zugeben, dass das alles zu schreiben sich als wirklich SEHR schwierig herausgestellt hat. Vor allem die Dinge so zu erklären, dass sie für andere verständlich wurden. Ich habe versucht mit Beispielen zu arbeiten damit man nachvollziehen kann was Sarah meint, wenn sie von Gefühlen wie „Einsamkeit“ oder „Allein gelassen“ spricht. Es ist in der Tat eine ziemliche Herausforderung derartige Emotionen zu schreiben, weil es eben Gefühle sind und nichts so Einfaches oder besser gesagt „Greifbareres“ wie zum Beispiel eine Raumbeschreibung. Man verspürt in dem Moment zwar das Gefühl, welches Sarah damals und auch in dem Moment indem sie in Erinnerungen versunken davon spricht empfunden haben soll, aber wie soll man das nun für den Leser so beschreiben, dass er das gleiche Gefühl empfindet wie sie (bzw. es der Autor sich gedacht hat) wenn er die Stelle liest? Das war in der Tat mit Abstand eine er schwersten Szenen die ich bisher geschrieben habe. Doch ich hoffe, dass mir dies einigermaßen gelungen ist und ihr Sarah jetzt etwas besser verstehen könnt und sie auch ein wenig besser kennen gelernt habt. Auch wenn sie keine tragischen Traumata in ihrer Vergangenheit erlebt hat (z.B. Vergewaltigung, körperliche Züchtigung oder ähnliches wie man oft in vielen FFs liest, und von denen ich mich absichtlich mit meiner Version von Sarahs tragischer Vergangenheit distanzieren wollte) so hat sie dennoch einiges durchgemacht. Schließlich hat sich diese „emotionale Unterversorgung“ jahrelang hingezogen und das kann für ein Kind auch sehr traumatisch sein. Doch zum Glück hat sich das Blatt ja inzwischen geändert und sie bekommt sehr viele positive Zuwendung von Außen…besonders von Seto *zuzwinker* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)