Mental blackout von JoeyB ================================================================================ Kapitel 5: Change of mind ------------------------- Vorsichtig strich Bryan durch Max' blonde Haare, bevor er den Jüngeren näher zu sich zog. Als Max sich an den Oberkörper des jungen Russen klammerte, wurde ihm erst bewusst, was er hier tat: Er benahm sich wie ein kleines Flittchen! "Alles okay?", fragte Bryan leise und ließ Max los. Max löste sich nun ebenfalls von Bryans Oberkörper und schluckte leicht. "Ich weiß nicht", gab er zurück. "Ich... eigentlich..." Er senkte verlegen den Blick. "Du liebst Ray." Bryan nickte leicht. "Ist in Ordnung. Ich würde das auch nicht machen wollen, wenn ich jemand anderes lieben würde." Max biss sich unsicher auf die Unterlippe. "Wirklich in Ordnung?", fragte er. Irgendwie wollte er Bryan nicht zurückstoßen. Aber noch weiter wollte er dieses Spiel auch nicht treiben. Dazu fehlte ihm der Mut. "Wenn ich so notgeil wäre, wie du mir hier gerade unterstellst, würde ich dich einfach vergewaltigen", stellte Bryan ernst fest. "Ich bin stärker als du, schon vergessen?" Er beugte sich vor und hob sein Hemd und auch Max' Pullover vom Boden auf. "Hier." Er zog sein Hemd wieder an, schloss die Knöpfe jedoch nicht. Max' Oberkörper fror inzwischen wieder, doch er zog seinen Pullover nicht an. Stattdessen starrte er Bryans Oberkörper an. Schließlich hob er langsam die Hand und strich vorsichtig über einen der Kratzer. Die Haut war dort leicht geschwollen. Max lächelte, als er merkte, wie Bryan unter seiner Berührung zurückzuckte. Er zog seine Hand zurück und schaute dann in das verunsicherte Gesicht des jungen Russen. "Tut mir Leid." "Was tut dir Leid?", wollte Bryan wissen und fuhr seinerseits ebenfalls mit einer schnellen Bewegung über die Kratzer, so als wolle er Max' Fingerabdrücke wegwischen. "Die hier?" Max zuckte mit den Schultern. "Naja." Er legte den Kopf schief. "Das mit Ray, Tala und... mit uns." Bryan legte seinen Arm um Max' Schultern und zog ihn wieder näher zu sich. "Ich glaube, wir hängen momentan beide in der Scheiße, hm?" Er streichelte über den Oberarm des Blondschopf. "Du bist nicht in Tala verliebt, oder?", fragte Max missmutig. "Nein", gab Bryan zurück. "Und ich werde mich auch nicht in ihn verlieben." "Warum bist du dir da so sicher?", wollte Max wissen und blickte in das Gesicht des Älteren. "Naja." Bryan sah ihn nicht an, während er sprach: "Er ist einfach nicht mein Typ. Zu blass. Und zu kühl. Ich allein bin ja schon kalt genug für fünf Leute. Wenn ich also irgendwann tatsächlich mal mit jemandem zusammenkommen sollte, müsste er lebensfreudig sein. Und witzig. Und auf keinen Fall rothaarig." "Blond?", hakte Max nach. Nun blickte Bryan ihn doch von der Seite an. "Vielleicht", meinte er. "Blauäugig auf jeden Fall. Und kleiner als ich. Ich will was zum Beschützen haben." "Du solltest dich erstmal selbst beschützen." Max deutete auf Bryans Auge. "Stehst du auf Sommersprossen?" "Willst du mich mit dir verkuppeln?", stellte Bryan eine Gegenfrage. Max lachte. "Nein, will ich nicht", stritt er ab. "Dafür müsste ich mich nämlich auch in dich verlieben. Und leider hat selbst mein Herz eine begrenzte Speicherkapazität." "Dann kick doch diese blöde Schwuchtel raus", schlug Bryan vor. "Willst du mich mit dir verkuppeln?", fragte Max schnippisch. Nun war es an Bryan, zu lachen. "Quatsch. Ich hätte bei dir doch eh keine Chance." "Wieso nicht?" "Sieh dir mal Ray an und dann mich", sagte Bryan. "Du hast dich in die königliche Auslese verknallt. Da kann ich nicht mitziehen." "Aber du besitzt eine Eigenschaft, die Ray wohl niemals besitzen wird." Max seufzte leicht. "Du akzeptierst mich, so wie ich bin. Die königliche Auslese fühlt sich von allem angewidert, was nicht genauso denkt wie sie." "Du hast ihm also alles gestanden", stellte Bryan bewundernd fest. Max nickte. Seine gute Laune war genauso schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Er spürte, wie sich Tränen in seinen Augen bildeten. "Er findet mich ekelhaft und abstoßend", sagte er und wagte es nicht, in Bryans Gesicht zu schauen. Nun, da er sich mehr zu dem Russen gedreht hatte, lag er schon wieder beinahe komplett in dessen Armen. Er lehnte sich nun gegen den Oberkörper des Älteren und konnte ein Schluchzen nicht verhindern. "Und ich führe mich auf wie ein kleines Kind und heule fast ununterbrochen!" "Hey, ist ja gut", hauchte Bryan und streichelte langsam über Max' Rücken. "Der Typ hat doch gar keine Ahnung, was er bei dir verpasst. Du bist zu gut für ihn, Max." "Und wieso redet er dann nicht mehr mit mir?", fragte Max und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. "Und wenn er mal mit mir spricht, nennt er mich Schwuchtel und Tunte und so." Er schluchzte abermals und presste sein Gesicht wieder gegen Bryans Körper. Es tat unheimlich gut, sich endlich bei jemandem ausweinen zu können. Überhaupt mit jemandem darüber zu reden. Seine Teamkollegen wussten ja nicht, weshalb Ray neuerdings nichts mehr von Max wissen wollte. Außerdem wusste Max, dass Bryan ihn verstand. Dieser war zwar nicht verliebt, doch er wusste, wie es war, anders zu sein. Bryan schloss nun seine Arme um Max und wiegte ihn leicht hin und her. "Du verschwendest nur deine Tränen, Kleiner. Wenn Ray so einen Müll redet, ist er es nicht wert, dass überhaupt jemand an ihn denkt." Er sagte noch mehr Dinge. Mit ruhiger, etwas unsicherer Stimme. Max war erstaunt darüber, dass Bryan ihn überhaupt tröstete. Er glaubte nicht so recht daran, dass Bryan allzu oft irgendwelche weinenden Teenager im Schoß liegen hatte und beruhigend auf sie einredete. Max bekam zwar über die Hälfte von dem, was Bryan sagte, nicht mit, doch er spürte trotzdem eine unglaubliche Wärme. Dass ausgerechnet dieser gefühlskalte Mensch so verständnisvoll war. Hatte Bryan eine 180-Grad-Wende hinter sich? Auch das, was Bryan vorhin gesagt hatte, ließ Max wieder auf sich einwirken. Bryan hatte gesagt, dass er jemanden zum Beschützen brauchte. Vielleicht hatte er soeben eine Testperson gefunden. In Bryans Armen fühlte sich Max seltsam geborgen und sicher. Bryan war so kräftig und Max hatte das Gefühl, hier in Bryans Armen selbst vor einer Naturkatastrophe geschützt zu sein. Irgendwann würde Bryan bestimmt jemanden finden, der sich bei ihm genauso sicher und geborgen fühlte wie Max. "Geht es wieder?", fragte Bryan nach einer Weile. "Ja", sagte Max leise. "Danke." "Ich habe übrigens deine Socken gefunden", fiel Bryan plötzlich ein. "Grün mit weißen Kringeln?!" Max seufzte leicht. Vielleicht würde Bryan doch ewig einsam bleiben... "Halb zwölf", sagte Tala, als Bryan die Wohnung der Demolition Boys betrat. "Hast du wieder getrunken?" "Nein", gab Bryan kaltschnäuzig zurück. "Sicher?", wollte Tala wissen und kam auf ihn zu. "Ja", antwortete Bryan. Tala hob prüfend eine Augenbraue. "Du riechst nicht nach Alkohol", stellte er fest. "Na, dann." "Du bist heute vielleicht freundlich", meinte Bryan aggressiv. "Kannst du nicht einmal in deinem Leben nett sein?" Tala machte eine abwinkende Bewegung mit den Händen. "Wieso sollte ich?", fragte er ablehnend. "Es gibt genug nette Menschen auf der Welt." Er drehte sich wieder um und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Bryan verdrehte leicht die Augen. Also hatte Tala tatsächlich nur hier in der Küche auf ihn gewartet, um einen Alkoholtest durchzuführen. Als Tala die Tür schon geöffnet hatte, drehte er sich für einen kurzen Moment zu Bryan um. "Außerdem", fügte er noch an, "wer sagt denn, dass ich nicht nett bin?" Bryan grinste breit. "Guck dir mal mein Gesicht an", schlug er vor. "Ich sage, dass du nicht nett bist." Tala verschränkte die Arme vor der Brust. "Jeder hat halt eine andere Art, sich Sorgen um einen Freund zu machen." Und rumms schlug er die Tür hinter sich zu. Bryan blickte ihm verdattert hinterher. Was war denn das gewesen? Hatte Tala ihn soeben als einen Freund bezeichnet? Und hatte er zugegeben, dass er sich Sorgen um Bryan machte? Bryan schüttelte resignierend den Kopf. Er würde seinen Teamleader wohl niemals verstehen. Max schloss vorsichtig die Tür hinter sich. Ray schlief schon und er wollte den jungen Chinesen ungern wecken. Also ließ er das Licht aus und kleidete sich im Halbdunkeln aus. Er zog sich seine Schlafanzughose an, aber da das Oberteil in der Dunkelheit nicht auffindbar war, beließ er es auch dabei. Er legte sich in sein Bett und lauschte dann dem gleichmäßigen Atmen seines Teamkollegen. Es hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn. Durch das Licht der Straßenlaternen, das durch die halbgeschlossenen Rollladen in das Zimmer fiel, konnte er nach einer Weile die Silhouette des Schlafenden erkennen. Max lächelte traurig. Er wollte den Blick abwenden, konnte es aber nicht. Da lag die Person, in die er schon so lange verliebt war. Wenn er Ray so anblickte, spürte er wieder dieses unglaubliche Gefühl in seinem Magen. Es war auf eine Art wunderschön, doch es tat weh. Und das obwohl Max doch bloß die Umrisse des Asiaten erkennen konnte. Wieso war das Leben so unfair? Warum war ausgerechnet Ray so intolerant? Warum konnte er nicht auch einfach schwul sein? Das würde alles so viel einfacher machen. "Max?", fragte Ray leise. "Was ist?" Max hatte gar nicht mitbekommen, dass Ray aufgewacht war. Der junge Chinese setzte sich in seinem Bett auf. "Du hast mich schon wieder angestarrt", stellt er fest, dieses Mal mit etwas lauterer Stimme. "Ray, ich...", begann Max, doch Ray unterbrach ihn: "Was muss ich tun, damit du damit aufhörst, Max?" Max schluckte schwer. "Nichts", gab er zurück. "Bitte lass mich einfach in Ruhe", flehte Ray ihn schon beinahe an. "Ich will nachts keine Angst haben müssen, dass du..." Max spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. "Das traust du mir zu?", fragte er ungläubig. Ray schwieg einen Moment. "Nein", sagte er dann etwas unschlüssig. "Tut mir Leid, das hätte ich nicht sagen sollen, aber..." "Ich kann auf der Couch schlafen", stellte Max nüchtern fest. "Wenn du dich dann sicherer fühlst." "Du könntest auch einfach das Zimmer mit Kai tauschen", schlug Ray vor. "Kai ist stärker als ich", meinte Max schnippisch, als er die Absicht hinter Rays Worten verstand. "Wenn ich über dich herfallen würde, könntest du dich wehren. Gegen Kai hättest du keine Chance, Schätzchen." Mit Absicht hatte er das letzte Wort betont. Er hasste es, so von Ray behandelt zu werden. Aber er wollte doch auch nicht, dass sich jemand wegen ihm unwohl fühlte. Doch gleich das Feld räumen... Das wäre so, als wenn er kampflos aufgeben würde. In diesem Moment beschloss Max, das Zimmer nicht zu verlassen. Wäre ja noch schöner. Er konnte doch auch nichts dafür, dass Ray ihn so magisch anzog! Ray schaltete das Licht an. Er blickte Max ernst an. "Wie hast du mich genannt?", wollte er scharf wissen. "Ray", sagte Max und zuckte leicht mit den Schultern. Er konnte sich ein Grinsen einfach nicht verkneifen. Er hatte definitiv zu viel Zeit mit Bryan verbracht. Sowas war ansteckend. "Wag es ja nicht noch einmal, mich als dein Schätzchen zu bezeichnen", fauchte Ray. "Ich habe dich nicht als mein Schätzchen bezeichnet", gab Max gereizt zurück. "Soll ich dich vielleicht Kais Schätzchen nennen? Bist ja ganz scharf drauf, dass er in dein Zimmer kommt und dich tagtäglich beim Strippen beobachten kann!" Ray stand nun auf. Und ohne ein weiteres Wort zu sagen, rauschte er an Max vorbei aus dem Zimmer. Die Tür knallte er hinter sich zu. Anscheinend war es ihm scheißegal, ob die anderen davon wach werden konnten. Es war ihm ja auch scheißegal, dass Max wieder Tränen in die Augen stiegen. Wenigstens sah Ray nicht, dass er wieder weinte. Max hatte sich wacker geschlagen. Er hatte gekontert, so wie Bryan es ihm vorhin geraten hatte. Er sollte diese ganzen Beleidigungen nicht einfach schlucken. Wie sonst sollte er Ray klarmachen, dass er ein wehrloses Opfer seiner Gefühle war? So wie jeder Mensch... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)