.hack//New Age von Jim (Das neue Zeitalter) ================================================================================ Kapitel 19: Veränderung ----------------------- Mit ernster Miene besah sich Hokuto die Liste, welche die zum Dienst eingetragenen Moderatoren zeigte. Bis auf ein paar wenige Einträge war die Liste vollkommen leer. Seit einem Tag war eine kleine Gruppe auf dem Server unterwegs und erledigte die Moderatoren immer wieder und wieder, bis sie einfach jedwede Motivation verloren. Die Chefetage hüllte sich bezüglich dieses Vorfalls, zumindest im Moment, in Schweigen. „Sie können nicht ewig wegsehen...“, knurrte die Moderatorin leise zu sich selbst. Und obwohl es jedem Prinzip in ihr widersprach, hatte sie sogar Balmung angerufen zu ihr zu kommen. Er hatte Erfahrung mit Hackern – und es stand für sie außer Frage das es sich in diesem Falle um Hacker handelte – und wusste vielleicht eine Möglichkeit wie man ihnen beikommen konnte. Immerhin waren sie die Moderatoren von „The World“, sie durften sich nicht von ein paar dahergelaufenen Typen so in die Ecke drängen lassen. „Die Liste ist dünn geworden.“ „Endlich bist du hier.“ Sie drehte sich zu Balmung herum, welcher mit vor der Brust verschränkten Armen hinter ihr stand und über ihre Schulter hinweg einen Blick auf die Liste warf. „Was möchtest du?“, fragte er kurz angebunden, „Ich bin im Moment recht beschäftigt.“ „Genau wie wir Balmung.“, schnaufte sie und lehnte sich an die Wand, „Ich denke du weißt über unser Problem Bescheid.“ „Diese Kerle die einfach die Moderation niedermachen? Natürlich.“ Ein süffisanter Ton schwang durch seine Stimme, dennoch verkniff er sich ein Grinsen. „Wie hätte ich es nicht mitbekommen können?“ „Du hattest damals mit den Vorfällen zu tun und hast sie untersucht, kannst du uns irgendwelche Hinweise geben?“ „Nein. Ich habe keine Ahnung ob diese Typen überhaupt Hacker sind, auch wenn es wohl nahe liegt. Aber selbst das hilft nicht viel, solange man nicht weiß wie sie arbeiten. Um es also kurz zu machen; ich habe keinerlei Information die euch von Nutzem sein könnte sie zu besiegen. Aber ich rate euch eure Leute zu trainieren – vielleicht haben sie ja ne Chance, wenn sie ein wenig besser sind.“ Ein gemeiner Seitenhieb und Balmung wusste das. Das Fähigkeitsniveau der Moderatoren lag weit über dem normaler User und er war sich sicher, dass die Moderatoren die man für diesen Server hier ausgewählt hatte, noch um eine Klasse besser waren. „Was sagen die Oberen zu der Sache?“ „Bisher noch gar nichts. Ich habe heute Nachmittag einen Termin mit ihnen.“ „Viel Spaß.“ „Spar dir deinen Sarkasmus.“, wies sie ihn zurecht, „Ich werde das schaffen, was DIR nicht gelungen ist - „The World“ von Hackern befreien.“ *** „Was denkst du?“ „Keine Ahnung wer die Typen sind.“ entgegnete Kite, „Aber sie müssen schon länger in „The World“ sein. Sie arbeiten viel zu gezielt und zu schnell, als das es Neulinge sein könnten. Ich habe versucht mich an ihre Fersen zu heften, aber genau so schnell wie sie aufgetaucht sind, waren sie auch schon wieder verschwunden.“ „Hacker also?“ „Mit Sicherheit. Anders könnten sie auch nicht die Überzahl an Moderatoren besiegen.“ Balmung seufzte und lies sich auf der Kirchenbank nieder. Er griff hinter sich und zog einen PDA hervor, welchen er Kite zuwarf. „Schau dir das Log an.“ Das PDA aktivierte sich, das Display leuchtete leicht grünlich und mit Knöpfen am Rand scrollte Kite den Text hinab. Nach gut einer halben Minute hoben sich seine Augenbrauen erstaunt in die Höhe, bevor er zu Balmung aufsah. „Wenn das hier stimmt, dann...“ „Ja. Sie haben die BackUps für die Städte gelöscht. Wie auch immer. Auf jeden Fall ist der Schaden den sie im Moment anrichten, zumindest vorerst, nicht mehr zu reparieren. Die Alten werden das wissen... und sie werden Hokuto heute ganz schön die Mangel nehmen. Ich muss etwas tun, aber ich weiß nicht was... wenn selbst du sie nicht zu fassen kriegst.“ „Kannst du noch auf administrativer Ebene auf Gebiete zugreifen?“, wollte Kite wissen. „Nun ja... ich könnte es, aber nicht unbemerkt. Was hast du vor?“ „Scherentaktik. Ein Gebiet wo einer der Typen drin ist abriegeln, dann von zwei Seiten aus angreifen. Aber ohne eine komplette Absperrung geht das nicht.“ „Ein Code Rot.“, murmelte Balmung, „Wenn ich Pech habe wird er aufgehoben kurz nachdem ich ihn verhängt habe.“ „Ein Risiko ist immer dabei.“ „Mir gefällt das nicht.“, seufzte Balmung, „Mir gefällt das ganz und gar nicht.“ „Sie sollten gesamten Server abriegeln und nicht wieder öffnen bevor er sauber ist. Aber wir wissen beide das sie dafür zur profitgeil sind.“, knurrte Kite. „Wenn es so weitergeht werden sie keine Wahl haben.“ „Du meinst also wir sollten nichts tun?“ „Das habe ich nicht gesagt. Aber warum sollte man sich unnötig viel Mühe machen? Denn genau das ist es. Die Zahl der Onlineuser hat sich ohnehin bereits halbiert und nimmt kontinuierlich ab, weil diese Kerle einfach jeden töten. Spätestens heute Abend dürfte es soweit sein, dass der Zugang gesperrt wird.“ „Das sind immerhin noch knappe 12 Stunden.“ „Und wenn schon – es passiert doch niemandem was.“ Balmung faltete die Hände hinter dem Kopf zusammen. „Immerhin ist es alles nur ein Spiel.“ *** „Du willst doch wohl nicht raus gehen während diese Kerle wüten, oder?“ Eine deutliche Besorgnis schwang in Emilys Stimme mit, obwohl sie die Antwort auf diese Frage bereits kannte. Es tat Shio weh sie so zu sehen, aber versuchte sie zu besänftigen so gut es ging. „Keine Angst. Sie werden mir schon nichts tun. Sie werden mich nicht mal bemerken.“ „Aber... was wenn doch?!“ Er legte einen Arm um sie und drückte sie sanft an sich. So weh es auch tat, genau so niedlich war es. Bisher hatte er sich nie viel aus Mädchen gemacht, aber dieses Abenteuer hatte ihn so eng mit Emily verbunden, wie er es bisher noch nie bei jemandem erlebt hatte. „Was treibt Mark eigentlich? Ich habe ihn schon einige Zeit nicht mehr gesehen.“ „Ach, er hat gerade Abschlussprüfungen und keine Zeit zum spielen.“ Sie kicherte. „Mum hat ihm seine Hardware weggenommen, bis die Prüfungen vorbei sind.“ „Und du nicht?“ „Doch, aber zum einen brauche ich nicht so viel lernen wie er und zum anderen muss ich hier bei dir sein. Das ist im Moment wichtiger.“ Für einen Augenblick kuschelte sie sich eng an ihn, bevor er ihr sich mit einem Kuss auf die Stirn wieder von ihr löste. Es war zwar schön, aber es brachte ihn bedauerlicherweise nicht weiter. Er musste immer noch rausfinden wo Aura war und was aus ihm geworden war. Und zuzusehen wie Loona Mec zu Bruch ging war seinem Ziel nun wirklich nicht dienlich. „Ich muss gehen.“, erklärte er, „Log dich aus und bleib so lange aus „The World“ raus, bis ich mich bei dir melde. Alles andere wäre zu gefährlich... und in diese Sache wurden bereits mehr als genug Leute mit hineingezogen.“ „Nein! Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft das ich dich alleine gehen lasse.“ „Dir bleibt keine andere Wahl...“ Um ihren Körper herum erschienen drei goldene Ringe. Sie betrachtete diese für eine Sekunde, dann sprang sie nach vorne auf Shio zu und streckte ihre Hand aus. Doch als sie ihn erreichte war sie bereits so gut wie verschwunden und glitt einfach durch ihn hindurch. „Tschuldige.“, flüsterte er zu sich selbst und beendete in Gedanken die Konsole wieder, während er die Wohnung verlies „Aber es musste sein.“ Unten in den Straßen sah das Chaos viel schlimmer aus, als wenn man es von oben aus sicherer Entfernung sah. Von rechts kamen zwei Moderatoren angerannt. Als solche erkennen konnte man sie an der Kleidung, auch wenn diese bereits ziemlich ramponiert war. Wie aus dem Nichts erschien Trägheit vor ihnen auf der Straße. Der Mann im Anzug riss seinen Fuß hoch und traf einen der Beiden direkt unter das Kinn. Während der erste Moderator einige Meter hoch in die Luft geschleudert wurde, packte er den Zweiten bereits mit einer Hand am Kopf, drehte sich mit dem Kopf in der Hand einige Male um die eigene Achse und traf den in die Luft getretenen Moderator dann mit dem Körper des anderen. In diesem Moment lies er los und die beiden Charaktere verschwanden in den Flammen eines brennenden Hauses. Noch ehe das Feuer sie verschlungen hatte, war das Mitglied der Sünden bereits wieder spurlos verschwunden. Bei diesem „Kampfstil“ war es kein Wunder das die Moderatoren trotz ihrer Überzahl unterlegen waren. Auf einen Fall wie diesen waren sie nie vorbereitet worden. Allerdings wunderte er sich das der Server immer noch für den normalen Zugang geöffnet zu sein schien. Denn immer wieder, während er durch die Stadt wanderte, sah er hier und da vereinzelt normale User. Inzwischen musste auch die Chefetage wissen was los war. Lange konnte sie nicht mehr versuchen den normalen Betrieb aufrecht zu erhalten und wenn sein Plan aufging, würden die User und die Moderatoren ohnehin nicht mehr lange herkommen. Zufrieden begann er zu summen und vergrub die Hände in den Hosentaschen, während er sich daran machte die Stadt zu verlassen. Er bemerkte nicht die Gestalt, die hoch oben auf der Ruine kauerte, die man ein Gebäude mit vielen Wohnungen darin war, und ihn beobachtete. *** „Hokuto! Wie erklären sie sich die Situation?!“, donnerte eine Stimme. Hokuto stand in der Mitte des Nichts in einem Lichtkegel, neben ihr stand Archer. „Eine Gruppe Hacker greift an. Sie haben es irgendwie geschafft sich in die Datenbank einzuklinken und haben sämtliche BackUps vernichtet. Danach haben sie begonnen Chaos auf dem Server zu stiften. Wir wissen das es sich nur auf diesen Server beschränkt. Bisher konnten wir nicht herausfinden um welche ID es sich handelt, die User benutzen anscheinend eine Maske. Allerdings haben bereits viele Moderatoren den Dienst für diesen Server quittiert und es werden mit jeder Stunde mehr. Sie sind den Feinden nicht gewachsen. Ich brauche entweder sehr viel mehr Männer sodass wir sie überrennen können oder aber stärkere Waffen.“ „Beides ist ausgeschossen. Stärkere Waffen als die, die die Moderatoren benutzen sind nicht vorhanden.“ „Genau.“, bestätigte eine weitere Stimme, „Und wir haben nicht genug Moderatoren um sie auf diesen Server schicken zu können. Auf den anderen Servern haben ebenfalls Moderatoren den Dienst abgesagt, aus Angst davor das Probleme von diesem Server auf die anderen herüberschwappen könnten.“ „Wie gedenken sie nun gegen dieses Problem vorzugehen, Hokuto?“ „Zuerst muss der Server abgesperrt werden. Die User die hier herumlaufen sind nichts weiter als unnötige Zielscheiben. Dann fordere ich eine Überprüfung der Datenbankzugriffe der letzten 48 Stunden, die durch Moderatoren geschehen sind.“ „Heißt das, sie vermuten einer ihrer eigenen Leute könnte mit diesen Angreifern zusammenarbeiten.“ „Auch, wenn ich das nach einem persönlichen Gespräch mit meiner Einheit für ausgeschlossen halte, traue ich der Beholder Einheit nicht. Anders als bei meiner Einheit ist mir der Zugriff auf ihre Logs verwehrt, weshalb ich hiermit um eine offizielle Überprüfung bitte.“ „Wir werden es in Betracht ziehen. Moderator Archer, sie hatten kürzlich in Loona Mec mit einem User zu tun, der versuchte auf einen Zwischenspeicher zuzugreifen.“ „Jawohl. Dank dem schnellen Einsatz konnte aber ein größerer Schaden verhindert werden. Ein Zugriff auf den Zwischenspeicher hat man nicht feststellen können. Bedauerlicherweise hat es der User geschafft zu entkommen. Wir konnten seine Spur nicht zurückverfolgen. Derzeit werden die Hand und der Unterarm welche ihm abgetrennt wurden untersucht, jedoch bereitet die Codierung Schwierigkeiten.“ Für einige Sekunden herrschte Stille. Dennoch konnte Hokuto förmlich hören wie die Köpfe der Alten arbeiteten. Sie waren am überlegen was am sichersten und gleichzeitig am lukrativsten für sie war. „Also gut. Die Sitzung ist beendet. Wir werden überlegen was wir bezüglich der Serverschließung des Verdachtes gegen die Beholder tun werden. Sobald eine Entscheidung gefällt wurde, werden wir dich informieren.“ Vor dem Raum stemmte Hokuto die Hände in die Hüften und seufzte entnervt. Mit einer solchen Reaktion, wenn man es denn so nennen wollte, hatte sie ja schon gerechnet. „Hokuto... ich könnte, wenn du sie einschleusen kannst, einige Ersatzmoderatoren auftreiben. Wenn wir eine gute Strategie ergreifen, dürfte die Zahl reichen um diese Hacker in Schach zu halten.“ Fragend zog sie eine Augenbraue in die Höhe und sah zu ihrem Mitstreiter herüber. Archer mochte unscheinbar sein wie ein neugeborenes Kind, aber sein Reportoire an Fähigkeiten und Bekannten war größer als das von irgendjemand anderem den sie kannte. „Wie viele Leute könntest du auftreiben?“, wollte sie wissen. „So an die dreihundert.“ „... da... das wären mehr Leute als wie vorher hier hatten.“ „Ich weiß. Ich weiß auch gar nicht ob ich alle auf die Schnelle erreichen könnte, aber einen Versuch zu unternehmen wäre kein großes Problem. Du müsstest nur Bescheid sagen und sie, wie gesagt, auf den Server hier bringen.“ Für einen Moment hielt sie inne. Sollte sie diese Art der Hilfe wirklich in Anspruch nehmen? Immerhin handelte es sich hier um vollkommen Fremde. Auf der anderen Seite hatte Archer seine Loyalität gegenüber der Moderation und „The World“ aberhunderte Male bewiesen. Er war mehr als vertrauenswürdig und wenn er sagte das die Leute in Ordnung waren, dann waren sie es auch. „Trommel sie zusammen...“, meinte Hokuto, „Ich werde sehen was sich machen lässt.“ *** Seit langem wieder im Versteck der Wüstensöhne, wurde Shio herzlich empfangen. Doch schenkte er den normalen Mitgliedern kaum Beachtung. Stattdessen steuerte er direkt auf Kamui zu, welche ausnahmsweise nicht in seinem Raum saß, sondern an einem Tisch. „Shio... schön dich mal wieder zu sehen.“, begrüßte er ihn, „Nimm doch Platz.“ „Tut mir leid...“, seufzte er, „... aber ich fürchte dafür habe ich keine Zeit. Es ist etwas passiert.“ „Wir haben schon von den Vorfällen in Loona Mec gehört. Angeblich liegt die gesamte Stadt in Trümmern und diese Typen machen sich gerade daran, dass es anderen Städten ebenso ergeht. Gerüchteweise sollen sogar die Moderatoren inzwischen den Server verlassen wie die Ratten das sinkende Schiff.“ „Genau darum geht es. Diese Kerle werden den gesamten Server in ein Schlachtfeld verwandeln und sie werden keinen verschonen. Ihr müsst euch sofort ausloggen... und kommt in den nächsten Tagen nicht wieder.“ „Soll das ein Scherz sein?“ „Nein... es handelt sich dabei um die Gruppe die wir damals auf Lebend Mitternacht Vollmond getroffen haben. Die Zwei die wir damals dort getroffen haben gehörten zu der Gruppe die nun unterwegs ist. Wenn ihr hier bleibt könnte es sein, dass euch etwas schlimmes passiert.“ Seine Miene wurde finster. „So wie Jose...“ „Er hat uns gesagt was passiert ist. Niemand macht dir Vorwürfe.“ „Jose ist tot.“ Schlagartig wurde es still in der Halle. Shio fühlte sich so, als ob er gerade ein furchtbares Verbrechen gestanden hätte. Dabei war es nicht seine Schuld was geschehen war – dass wusste er. Und dennoch... „Wie?“, wollte Kamui wissen. „Er ist im Kampf gestorben... durch einen Schuss in den Kopf. Ich habe die Person die ihn getötet hat umgebracht... es tut mir leid... ich konnte nichts tun.“ „Warst du es der kürzlich in das Hauptquartier in Loona Mec eindringen wollte?“, erkundigte sich Kamui. „Ja. Ich hatte es auf einen temporären Speicherraum abgesehen. Aber die Codierung war zu gut gewesen, wir sind nicht reingekommen, obwohl wir direkt davor standen. Wir... ich... hatte es als eine letzte Möglichkeit gesehen, Jose wieder zurück zu holen.“ „Also gut... uns bleibt wohl nichts anderes übrig als dir zu glauben. Aber wir werden nicht fliehen.“ „Was?“ „Wir sind immerhin die Wüstensöhne... und deine Verbündeten. Wir werden mit dir kämpfen.“ „Diese Sache liegt außerhalb eurer Reichweite.“, entgegnete Shio. „Ich denke wir sind bereit.“ „Bereit? Wofür? Dafür das ihr womöglich am Ende hier gefangen seid? Dafür zu sterben? Für euch ist das hier im Moment nur ein Spiel, also belasst es dabei! Ich könnte womöglich nie wieder nach Hause kommen... ihr könntet vielleicht nie wieder nach Hause kommen wenn ihr hier bleibt – seid ihr DAFÜR bereit?“ Kamui und Shio starrten einander an. In ihren Augen loderten Flammen. Shio hatte sich inzwischen auf den Tisch gestützt und sich ein Stück nach vorne gebeugt. Er würde nicht zulassen das sie hier bleiben würden. Sie sollten nicht so enden wie Jose, keiner von ihnen! „Also gut...“ Kamui stand auf und seufzte. „Was auch immer du vorhast... sei dir deiner Sache besser sicher. Es ist schon schlimm genug das ich eine Beerdigung besuchen muss.“ Der Hacker schnipste mit den Fingern und nahezu synchron verschwanden sie alle mit dem üblichen Geräusch. Erleichtert seufzte Shio und lies sich auf einer der Bänke nieder. Nun waren alle aus „The World“ verschwunden an denen ihm etwas lag. Auf die eine oder die andere Art. Ein seltsames Gefühl machte sich in ihm breit. Zwar fühlte er es schon längere Zeit, aber erst jetzt wurde es sich ihm vollkommen bewusst. Es war so als ob sich in seinem Bauch ein schwarzes Loch auftat. Seine Hand begann leicht zu zittern und so sehr er auch versuchte es zu unterdrücken, es wurde nicht schwächer, sonder nur stärker. Krampfhaft ballte er seine Hand zu einer Faust und bis die Zähne zusammen. Mit dem Zittern breitete sich auch langsam ein stechender, glühend heißer Schmerz in seinem Arm aus. Die Haut des Arms begann sich zu verfärben. Immer dunkler wurde sie, bis der Ton bei einem blassen dunkelbraun stehen blieb. Währenddessen wuchs an seinem Ellbogen der Knochen ein Stück weiter nach hinten sodass er überstand und seine Finger wurden dünner und spitzer, bis es viel mehr Klauen eines Tieres waren, als die Hand eines Menschen. Ein dumpfer Herzschlag drang an sein Ohr und er sah schnaufend auf. „Hehe...“, kicherte er hämisch grinsend, „Du warst also doch die ganze Zeit da, huh?“ *** „Das sind sie.“ Hokuto überblickte von dem Podest aus die gefüllte Halle. Es waren fast ausschließlich User von den anderen Servern, wie man an ihrer Kleidung und den Charaktermodellen erkennen konnte. Zwar war es ein gutes Stück Arbeit gewesen, aber dafür waren es wirklich knapp 400 Leute die sie nun zu ihrer Unterstützung hatten. Ihre Vorgesetzten wussten davon natürlich nichts. Niemals hätten sie eine derartige Aktion genehmigt, aber sie sich zum handeln gezwungen. „The World“ war im Begriff zerstört zu werden. Balmung konnte ihr nicht helfen, oder aber er wollte es nicht – also musste sie es selbst tun. Sie würde diese Hacker ein für alle Mal aus „The World“ verbannen. „Okay, Ruhe bitte... Ruhe bitte!“, bat sie in das Mikrofon, dass auf einem kleien Podest vor ihr stand. Langsam kehrte tatsächlich Ruhe in den Raum ein. „Wie sie sicherlich alle wissen befinden wir uns in einer Notsituation. Eine Gruppe übermächtig guter Hacker greift diesen Server an. Derzeit befinden sie sich noch in der Root Town Loona Mec. Es gilt Feuer mit Feuer zu bekämpfen, bis wir in der Lage sind sie zu sperren. Viele Moderatoren auf diesem Server verweigern bereits aufgrund ihrer Unterlegenheit den Dienst. Sie sind nun die letzte Verteidigungslinie. Wir können diese Angreifer nicht gewinnen lassen. Sie werden mit dem Server gemäßen, aktuellen Waffen ausgerüstet.“ Sie deutete mit einer Hand auf eine Doppeltür die in einen Nebenraum führte. „Danach werden wir in das Kriesengebiet eintreten. Loona Mec wird eingekreist um eine Flucht zu erschweren. Gibt es noch irgendwelche Fragen? ... ... Gut, dann gehen sie bitte in den Raum nebenan und rüsten sie sich aus.“ *** In einer Sphäre die sie für den nomalen Blick unsichtbar machten, schwebten Kite und Balmung über Loona Mec. Die Flammen waren meilenweit in der virtuellen Welt zu sehen. Dadurch das die Back Ups zerstört worden waren, herrschten anderen Regeln als zuvor. Normalerweise waren die Häuser unzerstörbar. Sollte es dennoch geschehen das sie beschädigt wurden, wurden die nötigen Dateien umgehend vom Back Up ersetzt und das Gebäude war binnen weniger Sekunden wieder ganz. Doch nun... „Mein Gott... eine solche Zerstörung hat nicht mal Skeith angerichtet.“, murmelte Balmung. „Immerhin ist es nur die Stadt... nichts was man nicht wieder aufbauen kann. Ich fände es viel schlimmer, wenn sie den Datenentzug beherrschen würden.“ „Hey...“ Kite deutete auf den Stadtrand und die Sphäre begann sich plötzlich in Bewegung zu setzen. Mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit raste sie über die Root Town, obwohl man innerhalb des runden Schutzes nichts von der Beschleunigung spüren könnte. Über dem Stadtrand angekommen sahen sie eine große Gruppe von Personen, ausgerüstet mit großen und starken Schusswaffen. „Was geht da vor?“ Balmung trat aus der Sphäre heraus und begann zu fallen. Lautlos breitete er seine Schwingen aus, sein Fall verlangsamte sich und er glitt sanft zu Boden. Natürlich bemerkten die User ihn und traten einige Schritte respektvoll zurück, als er vor ihnen landete. „Was geht hier vor? Was macht ihr hier?“, fragte er. „Hokutos Order.“, antwortete Archer, welcher sich auch unter den Usern befand, „Die Stadt wird eingekreist, die Hacker ausgelöscht, die Kontrolle zurückgewonnen.“ „Hokuto? Wo ist sie?“ „Auf der anderen Seite der Stadt und gibt dort den Truppen letzte Instruktionen.“ „Ich hoffe ihr wollt nicht ernsthaft da rein gehen...“ Er deutete mit dem Daumen über esine Schulter nach hinten. „Oh doch. Wir können immerhin nicht zusehen wie „The World“ zugrunde geht, nur weil eine kleine Gruppe erbärmlicher Hacker meint, dass diese Welt ihnen gehöre.“ „Ihr scheint euch ein wenig zu überschätzen.“ „Ich glaube sie unterschätzen uns, Balmung.“, zischte Archer, „Vergessen sie nicht das sie im Moment nichts weiter sind als ein normaler User. Wir sind die Moderation... vertrauen sie uns, wir wissen was wir tun.“ Archer grinste und klopfte Balmung auf die Schulter, dieser stieß die Hand aber sogleich wieder von sich weg. „Ihr wisst gar nichts! Diese Typen haben es geschafft Back Ups der Umgebung zu löschen, glaubt ihr mit diesen Spielzeugen könnt ihr ihnen beikommen?“ „Wir wären keine guten Moderatoren, wenn wir es nicht wenigstens versuchen würden.“, antwortete Archer scharf, „Und in meiner Aufgabe als Moderator verweise ich sie hiermit des Gebiets.“ „Was..?“ „Verschwinden sie.“ Balmung konnte nicht anders als ihn belächeln. Der arme Tor würde noch erfahren was es bedeutete sich mit Hackern auf diesem Niveau anzulegen. Wäre hier der Datenentzug mit im Spiel, hätte er anders reagiert. Aber das einzige was er verlieren würde, sollte er sich in die Stadt wagen, war sein virtuelles Leben. So breitete er seine Schwingen wieder aus und schwang sich in die Lüfte. Sollte ihm ein User nachschauen, würde es so aussehen als ob er einfach verschwinden würde, als er wieder in die Sphäre eintrat. „Und?“, erkundigte sich Kite gleich. „Die Narren wollen tatsächlich die Stadt angreifen... bzw. die Hacker. Hokuto hat es veranlasst.“ „Sie hat sich wirklich kein Stück geändert...“ „Nein. Aber ich glaube spätestens wenn sie zum fünften Mal gefallen sind wie die Fliegen, werden sie sehen wer der Stärkere ist. Mit ein paar Gewehren werden sie wohl kaum Schaden anrichten können.“ „Es würde mich wundern.“ Man konnte sehen wie sich an mehreren Positionen kleine Grüppchen einfanden die dann schließlich nach einigen Minuten die Stadt betraten. Kurz darauf begannen die Kampfgeräusche. Balmung und Kite beobachteten das alles aus sicherer Entfernung. Es schien so als wäre nur noch einer der Hacker aktiv in der Stadt tätig. Dabei handelte es sich um einen großen Mann mit dunkler Haut. Mit bloßen Fäusten schlug er die Gebäude kurz und klein. Nach einigen Minuten war er eingekreist. Von dieser Distanz lies sich nicht sagen ob er die Gegner mit Absicht so nah an sich herankommen lies, aber er fand sich gegenüber Hunderten von bewaffneten Aushilfsmoderatoren mit dem Rücken zu einer Hauswand wieder. Der Schwarze setzte die Finger an den Mund an und pfiff. Aus dem Nichts heraus erschienen zwei Personen um ihn herum. Eine seltsame Gestalt mit künstlichen Spinnenbeinen hing an der Hauswand über ihm, ein Mann in einem feinen Anzug manifestierte sich rechts von ihm. Die Feinde der drei legten ihre Gewehre an. Kite sah auf. „Was ist los?“, fragte Balmung. „Da kommt etwas...“ Am Horizont blitzte etwas auf. Ein undefinierbares Geräusch wurde zunehmend lauter, beinahe so als ob ein Zug direkt von einem vorbeischoss. Der Lärm wurde schließlich unerträglich laut und sowohl Kite als auch Balmung sahen sich gezwungen, sich die Ohren zuzuhalten. Auch die Personen in der Stadt wurden von dem Geräusch sichtlich aufgeschreckt. Dann war auf einmal alles still. Die Leute in Loona Mec sahen zum Himmel. Kite und Balmung sahen zum Horizont. Nichts geschah, nichts war zu sehen. Und dann, von einem Herzschlag auf den nächsten, schwebte eine Kreatur über Loona Mec. Mit einem lauten Knall erschien sie einfach und nur Kite war in der Lage, dank extremer Verlangsamung seiner Umgebung, zu sehen das diese Gestalt herangeflogen kam. Und nun schwebte sie da. Mitten auf dem Punkt, bewegte sich kein Stück, nur wenige Meter von der Sphäre entfernt und viele Meter über der brennenden Stadt. Zwar hatte das Monster menschliche Züge, war aber alles andere als ein Mensch. Die Haut hatte einen dunkelbraunen Ton der teilweise ins Blaue überging. Die Finger waren klauenartig, Füße hatte sie nicht. Der Kopf sah aus wie eine Maske auf der sich die Gesichtszüge nur grob erkennen ließen. Zwei Lange, spitze Hörner zeigten nach hinten. Außerdem waren die Gliedmaßen nicht miteinander verbunden, jedenfalls nicht sichtbar. „Das kann nicht wahr sein...“ Balmungs Augen weiteten sich. Das Ungeheuer drückte sein Kreuz durch und ein bestialischer Schrei erklang. „Balmung... ich glaub unsere Situation hat sich gerade ganz gravierend verändert.“ [Kommentar: Und wieder ein Kapitel geschafft. Es kam mir so vor als hätte das hier bloß ein paar Stunden gebraucht, in Wirklichkeit wars aber schon um einiges länger. Fans der Serie werden die Gestalt erkennen die da nun gegen Ende aufgetaucht ist. Ich will nur so viel sagen: Nein, es ist NICHT Skeith aber JA, es ist so etwas wie Skeith. Aber was genau es nun ist, wird sich noch zeigen. Ich will ja immerhin nicht zu viel vorweg nehmen. - Jim] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)