Light my Fire von abgemeldet (Feuerfutzi und Orangentusse - die neue Story!) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Graue Herbstnebel stiegen vom Meer auf, hüllten die gesamte Insel in einen undurchdringlichen Mantel, ließen sie unsichtbar werden. Stille lag über dem Hafen von Kokos, nur durch das leise Plätschern des Wassers, als es von dem Rumpf eines Bootes geteilt wurde, durchbrochen. Ace strich sich durch seine, von dem schweren Nebel nassen, Haare, versuchte angestrengt etwas zu erkennen. Wie lange war er doch schon nicht mehr hier gewesen. Einige Jahre bestimmt. Seit er damals, zusammen mit Ruffy und seiner Crew, zu Weihnachten Namis Schwester besucht hatte, war er nicht mehr in die Gegend gekommen. Warum auch? Erst jetzt, Jahre danach, hatte es ihn wieder hierher verschlagen, wieder wegen seinem Bruder. Nunja, besser gesagt, wegen dessen Navigatorin. Mit einem kurzen Seitenblick vergewisserte er sich, dass das Päckchen, welches sie ihm mitgegeben hatte, noch bei seinem Jutesack lag und richtete den Blick wieder nach vorn. Wer war er eigentlich, dass er hier den Postmann spielte? Und dann auch noch für diese aufgeblasene Tusse, die ihn letztes mal einfach vor die Tür gesetzt hatte. "Ace! Nicht! Ace, um Himmels Willen! ACE! NICHT!!!" - BOOM. Innerhalb weniger Sekunden züngelten Flammen die Wände entlang, breiteten sich auf dem Tisch aus, kokelten die Sitzkissen an. Nami kreischte. Ruffys Augen glitzerten vor Freude, als er breit grinsend das Spektakel betrachtete. Lysop ließ sich vor Angst den Wassereimer auf den Fuß fallen. Dann wurde es dunkel. Das nächste an was er sich erinnern konnte war, dass er mit schmerzendem Kopf auf der Hausschwelle aufwachte. Nachdem ihm auf sein Klopfen hin nicht geöffnet wurde, stand er auf und ging zum Hafen, doch nur, um die Flying Lamb dort nicht mehr vorzufinden. Mürrisch schüttelte er den Kopf. Was so schlimm daran sein sollte, dass er es nun mal etwas übertrieben hatte mit dem Heizen des Ofens, verstand er bis heute noch nicht. Schließlich hatte er es doch nur gut gemeint und wenn dieses Mädel sich keine Einrichtung kaufen konnte, die etwas aushielt, dann war das ja wohl nicht seine Schuld. Auf jeden Fall war dies alles kein Grund gewesen ihm derart eine überzubraten und ihn dann die ganze Nacht über draußen in der Kälte sitzen zu lassen. Falls Ruffys Navigatorin den gleichen Schlag draufhatte wie ihre Schwester, so verstand er nur zu gut, warum der Jüngere solchen Respekt vor ihr hatte. Allerdings schienen die beiden sich in letzter Zeit außergewöhnlich gut zu verstehen, fügte er grinsend in Gedanken hinzu. Sein Gesicht wurde wieder ernster, als sich der Nebel vor ihm kurz lichtete und die Sicht auf den Hafen frei gab. Nicht lang genug um bis an das Pier zu kommen, aber ausreichend, ein Bild im Kopf zu haben, nachdem er sich richten konnte. Ohne den Blick von der undurchdringlichen grauen Masse vor sich zu nehmen, beschleunigte er das Boot etwas, lenkte auf das im Nebel verschwundene Ziel zu. Umrisse größerer Schiffe tauchten verschwommen in seinem Blickfeld auf, verschwanden wieder, sowie sein Boot nahezu geräuschlos an ihnen vorbei glitt. Langsam kristallisierte sich das Pier aus den Nebeln, zunächst noch verschwommen, doch bald feste Form annehmend. Sich nachdenklich am Kopf kratzend hob er den Jutesack vom Boden, warf ihn sich über die Schulter und nahm das Päckchen in die Hand. Er konnte nur hoffen, dass der Nebel sich gelichtet hatte, bis er zurück kam. So langsam fahren zu müssen auf Grund der schlechten Sicht machte ihn wahnsinnig. Ein großer Schritt und er stand auf dem Pier, zog mit geübten Handgriffen das Boot näher und vertaute es. Sein Blick glitt kurz über die nur schwer erkennbaren Siluetten der Häuser. Das war also Kokos. Nun, viel hatte sich nicht geändert. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, während er seine Schritte in Richtung Orangenplantage lenkte. Die Missy würde wohl nicht schlecht gucken, wenn er jetzt plötzlich wieder vor ihrer Tür stand. "Darf ich vorstellen Nojiko, das ist Ace!" "Ace?" "Ja, der Typ da hinten, der sich keine Hemden leisten kann." "Doch nicht etwa... ist das..." "Jap, das ist er, Ace mit der Feuerfaust. Nicht übel, was?" "Also ich muss sagen, er sieht noch besser aus, als ich gedacht hätte. Und mit dem warst du auf einem Schiff? Ist da vielleicht...?" "Ach, was du schon wieder denkst! Den kannst du dir ruhig krallen, ich interessier' mich für wen anders." Er wusste nicht warum, aber es war ein komisches Gefühl wieder hier zu sein, hier vor dieser Tür zu stehen, anzuklopfen. Wenn er es sich so überlegte, kannte er Namis Schwester gar nicht richtig, wusste so gut wie nichts über sie, obwohl er an jenem Abend mehr von ihr erfahren hatte, als ihm lieb gewesen war. Zum Beispiel, dass sie äußerst kräftig zuschlagen konnte. Ob sie ihm noch immer böse war wegen der Küche? Hoffentlich nicht. Er konnte sich schwer vorstellen, dass jemand so nachtragend sein konnte. Wie sehr er sich geirrt hatte, sollte er jedoch schon wenige Augenblicke später feststellen. Ein Klicken, als der Schlüssel herumgedreht wurde, dann öffnete sich die Tür - und fiel mit einem Knall wieder ins Schloss. Bitte? Was sollte das denn? Ace schüttelte verwirrt den Kopf, ließ seinen Hut nach hinten rutschen, sodass er von der Schnur gehalten in seinem Nacken baumelte. Vielleicht hatte sie ihn ja nur nicht erkannt. Möglich war es ja bei dem Nebel, außerdem war es noch früh, da sah man eben nicht so genau hin. "..........." Shit. Wie hieß die Tussi doch gleich? Irgendetwas mit Na... Na... nein, Nami hieß die Navigatorin seines Bruders. Na... Nu... No... genau, irgendetwas mit No. Nojiko? Ha! War er nicht toll? Die Leistung sollte erstmal einer nachmachen. Über Jahre hinweg so einen Namen zu behalten war doch wirklich eine Meisterleistung. "Nojiko?", erneutes Klopfen. "Hee, Nojiko!?" Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis die Tür endlich wieder geöffnet wurde. Nicht, dass er es kaum erwarten konnte, diese Schönheit vom Lande wieder zu sehen, er hatte nur einfach keinen Bock mehr hier in dieser Suppe zu stehen. Anstatt, wie es sich eigentlich für jemand seines Kalibers gehörte, überschwänglich begrüßt zu werden, fixierten ihn zwei hübsche Augen abschätzend. Halt mal, hübsche Augen? Na ok, sie waren hübsch. Zwar nicht außergewöhnlich, aber... hübsch. "Was willst du?" Und er hatte gedacht, nur Nami konnte so eisig klingen, wenn sie gerade einmal wieder ihre Schulden eintrieb. "Eine Begrüßung kannst du dir nicht leisten, oder?" RUMS! - zu war die Tür. "...ich hab's nicht so gemeint!" Und, oh Wunder, sie öffnete sich wieder. "Also? Was willst du?" Diese Frau konnte einen wirklich wahnsinnig machen. "Bist du noch sauer wegen der Küche?" Für einen Moment legte sich ein verdutzter Ausdruck auf ihre beiden Gesichter. Warum, um Himmels Willen, fragte er so einen ausgemachten Schwachsinn? Seine Verwunderung über die eben gestellte Frage war wohl kaum geringer als die ihre, eher noch größer. Er hatte überhaupt nicht vorgehabt, das zu fragen, es war einfach passiert. Und jetzt starrte sie ihn noch zorniger, als sie es ohnehin schon getan hatte, an. Das tiefe Luftholen war wohl kaum als gutes Zeichen anzusehen. "Wenn ich das so brennend interessiert...", erwiderte sie ruhig. Zu ruhig, seinem Geschmack nach. "JA! Weißt du eigentlich, wie teuer es war sie zu reparieren!? Wenn du meinst, du könntest jetzt hier auftauchen, nachdem du damals einfach ohne ein weiteres Wort oder irgendetwas verschwunden bist, und ich dir alles verzeihe, dann hast du dich geschnitten! Und da helfen dir alle deine Geschenke nichts!" Geschenke? Was für Geschenke? Sein Blick folgte ihrem, glitt an ihm herunter und blieb an dem Päckchen in seiner Rechten hängen. Ja, richtig, Namis Geschenk. "Hör mal, Schätzchen-" "Schätzchen!?" Er verdrehte genervt die Augen. Musste die alles so genau nehmen? "Süße, das einzige was ich sagen will-" "SÜßE!?" "Jetzt halt doch einmal deine Klappe, du Orangentusse! Ich bin nicht wegen deiner dummen Küche hier!" RUMS! Nein, nicht die Tür. Ihre Faust auf seinem Schädel. RUMS! Das war die Tür. ~*~ Regen prasselte gegen die beschlagenden Fensterscheiben des Gasthauses, machte die Stimmung noch gedrückter und es nahezu unmöglich aus dem kleinen Hafen auszulaufen. Ace lehnte sich nach hinten, schloss für einen Moment die Augen. Immer wieder kristallisierten sich einzelne Gesprächsfetzen aus dem Gemurmel heraus, doch erreichten ihn gar nicht wirklich. Seine Gedanken kreisten noch kurz um sein Boot und die Wahrscheinlichkeit hier heute noch auslaufen zu können, dann kehrten sie wieder zu dem eigentlichen Thema zurück: Nojiko. Sein Kopf schmerzte noch immer. Zwar nicht so sehr wie damals, als er das erste mal ihre Schläge kennenlernen durfte, aber trotzdem. Warum, bei Gott, musste sie auch so zuschlagen? Er hatte sie Orangentusse genannt, ok, aber war das ein Grund? Nein. So wenig wie eine kaputte Küche. Mit einem Seufzen sah er zu dem Päckchen, das neben ihm auf der Bank lag. Eigentlich hätte er es genauso gut einfach an der Tür auf den Boden schmeißen können und dann machen, dass er weg kam. Aber da er keine Ahnung hatte, was es enthielt, zog er es vor, es weiter mit sich herumzuschleppen, bevor es noch durch das Wetter zu Schaden kam. Denn wenn dem so sei, so war er sich sicher, würde er als nächstes zu Schaden kommen. Sein Blick fiel wieder auf das kleine Fenster rechts neben ihm, verfolgte die Regentropfen, wie sie ihren Weg nach unten suchten. Er hatte wahrlich besseres zu tun als hier herumzusitzen und Geschenke zu bewachen; hätte er nicht hier in der Nähe einen Auftrag zu erfüllen, wäre er gar nicht erst hergekommen. Natürlich konnte er jetzt einfach aufstehen, wieder zu ihr hoch laufen und ihr das Teil in die Hand drücken, bevor diese wieder auf seinem Schädel landete, aber wie wirkte denn das? Nein, er war ganz sicher nicht der Typ, der einer Frau nachlief, auch nicht für so etwas. Das ging einfach gegen sein Prinzip. Wenn sie ihr doofes Päckchen wollte, dann sollte sie gefälligst herkommen und es sich holen. Das Problem war nur, dass sie davon nichts wusste. Ein leichter Windzug und der plötzlich steigende Geräuschpegel rissen ihn aus seinen Gedanken. Wenn man vom Teufel sprach... Da stand sie in der Tür, in einen engen, roten Regenmantel gehüllt, der den perfekten Kontrast zu ihrem Haar bildete, genoss sichtlich die Aufmerksamkeit, die ihr augenblicklich von all den Matrosen zukam, die sich hier versammelt hatten, weil auch ihr Schiff nicht auslaufen konnte. Ace zog die Nase kraus und betrachtete das ihm unverständliche Geschehen. Wenn diese Typen wüssten, was das für eine Kratzbürste war, würden sie es sich wohl zweimal überlegen, ihr so schöne Augen zu machen. Wie dem auch sei, sein Problem war es ja nicht. Ohne weiter darüber nachzudenken, erhob er sich, packte das Päckchen und lenkte seine Schritte zu ihr und ihren neuen Verehrern. Wenn er das Ding irgendwann loswerden konnte, dann jetzt. "Also hat diese Stadt doch Sehenswürdigkeiten!", kommentierte einer der Matrosen Nojikos Auftreten. "Kannst du irgendwo ein "Nicht anfassen!"-Schild sehen?", grinsend ein Anderer. Ace verdrehte nur genervt die Augen. Schrecklich. Ohne weiter auf das anhaltende Geschnatter dieser Möchtegern-Männer zu achten, packte er sie an der Schulter, dreht sie herum und drückte ihr wortlos, dafür aber so breit grinsend wie ein Honigkuchenpferd, das Päckchen in die Hand. Er kam nicht darum herum den irritierten Ausdruck auf ihrem Gesicht kurz auszukosten, drehte sich dann jedoch um und ging zurück an seinen Platz. Na also, die Sache war doch ganz einfach gewesen. Wenn jetzt noch - AHH, VERDAMMT!!! Schmerzen. So endlos große Schmerzen. Bevor er überhaupt realisieren konnte, was passierte, stand er vor der Tür. Regen prasselt auf ihn nieder, kühlte sein schmerzendes Ohr, an dem eine gewisse Orangentusse bis eben noch wie verrückt gezogen hatte und zum ersten mal gefiel es ihm in der kalten Nässe zu stehen. Gott, was hatte diese Tusse eigentlich für ein Problem mit ihm? "Sag mal, hast du sie noch alle, du Feuerfutzi!? Was soll das eigentlich!? Drückst mir da einfach dieses eklige Ding in die Hand! Wie oft muss man es dir eigentlich sagen? Ich will deine Geschenke nicht! Vergiss es, ich steh nicht auf solche Idioten wie dich, die meinen was besseres zu sein, nur weil sie bei jedem Wetter oben ohne rumlaufen! Behalt' deinen Müll!!" Keif, keif, keif. Das war ja nicht auszuhalten. Nur weil er ihr da drinnen ein Päckchen gegeben hatte? Gab es hier vielleicht irgendwelche Dorfregeln, von denen er nichts wusste? So in der Form von: Hübscher Mann darf nerviger Frau in einer Gaststätte nichts überreichen. Nervig, ja, die schrie ja immer noch. "...alles verbockt! Weißt du, da sind einmal ordentliche Kerle in der Stadt und dann kommt so einer wie du und muss mir alles zunichte machen! Glaubst du, von denen interessiert sich einer auch nur noch die Bohne für mich, nachdem so ein hässlicher Idiot wie du mit seinen Geschenkchen ankommt!?" "Jetzt halt' mal die Luft an, Missy. Erstens wollten dir diese Typen nur an die Wäsche, zweitens kannst du deine Beleidigungen an wem anders auslassen und drittens würde ich an deiner Stelle 'mal auf den Absender des Päckchens schauen, dann kapierst du vielleicht endlich, dass ich's nicht nötig hab dir Geschenke nachzuschmeißen und das Teil demzufolge auch gar nicht von mir ist." Stille. Nochmehr Stille. Und noch mehr Stille. Endlich. Sie sah auf das Etikett, dass an dem Päckchen befestigt war. Auch wenn es fies war, es breitete sich doch ein gewisses Genugtun in ihm aus, als er sah, wie ihre Augen immer größer wurden, die Wut immer mehr Freude und Erstaunen wich. Wenn sie jetzt nicht bereute, dass sie so unmöglich zu ihm gewesen war... "Das... das..." Ja? Immer her mit den Entschuldigungen. "Das... hättest du mir auch ruhig wo anders geben können und nicht vor diesen Kerlen! Damit hast du mir den ganzen Abend vermiest, nur weil sie deine hässliche Visage sehen mussten...!" Er seufzte. "Tjaja... die Schöne und das Biest." Täuschte er sich oder war das tatsächlich Röte, die sich da auf ihre Wangen schlich? Sein Grinsen wurde breiter. Selbst gewalttätige Orangentussen konnten also süß aussehen. Trotzdem, für diese ständige Beleidigungen konnte sie ruhig etwas zurückbekommen. "Eh... ich meine... der Schöne und das Biest." Oh oh. Wenn das jetzt... Oh shit, nein! Nicht schon wieder! Hey- RUMS! Dann sah er Sternchen. Oder wahlweise Orangen. Auf jeden Fall wurde es dunkel. ~*~ Nojiko seufzte. Was war das denn für ein Weichei, wenn er jetzt schon umkippte? So stark hatte sie nun auch wieder nicht zugeschlagen. Ein Seitenblick auf ihre jetzt schon leicht geschwollene, rote Hand zeigte ihr, dass es wohl doch etwas stärker gewesen sein musste. Wenn sie ihn so betrachtete, tat es ihr schon fast leid, dass sie ihn überhaupt geschlagen hatte. Gut, seine Kommentare waren fies gewesen, aber war sie besser? Nein. Vielleicht sollte sie doch wieder freundlicher sein, sie konnte ihn ja nicht ewig für ein kleines Missgeschick strafen, auch wenn es noch so praktisch war. Ein Rascheln und leises Murren riss sie aus ihren Gedanken. So stark konnte sie also doch nicht zugeschlagen haben, wenn der Kerl schon wieder wach war. Wobei man auch sagen musste, es war schon eine Leistung für eine Frau wie sie, ihn überhaupt k.o. zu kriegen. Allerdings war es nichts, worauf sie besonders stolz war, vor allem nicht, wenn sie sah, wie er hier wie ein Häufchen Elend auf dem Boden saß. "Hee, Nojiko..." Wenn er sich jetzt beschweren wollte, nur zu. Sie hasste es, wenn man ihr ins Gewissen reden wollte, aber in dem Fall kam sie wohl nicht darum herum. Gott, dieser Kerl regte sie schon wieder auf. Sie brauchte nur daran zu denken, dass ausgerechnet der ihr gleich eine Moralpredigt halten und Vorwürfe machen würde und sie war auf 180. Doch alles, was sie im nächsten Moment empfand, war pure Verwunderung. "...kannst du vielleicht was zu essen machen, wenn wir bei dir sind?" Essen. Sie saßen, bzw. standen hier im strömenden Regen, ihre Hand pochte schmerzhaft, seinem Kopf ging es wohl kaum besser, sie hatten sich, seit er hier aufgekreuzt war, nur gestritten und jetzt? Jetzt ging er davon aus, sie würden auf gemütlichen Kaffee und Kuchen zu ihr nach Hause gehen, als wären sie die besten Freunde und hätten sich rein zufällig gerade hier getroffen. Für einen Moment stand sie nur da, fassungslos. Dann begann sie zu lachen. Sie konnte einfach nicht anders, es wirkte alles so absolut fehl am Platz, das ganze Geschehen, dieser Moment. Der Regen, seine Augen, die belustigt zu ihr aufblinzelten, all das... und sie lachte. Sie konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Ace grinste. Es störte ihn nicht, hier in der Nässe zu sitzen, mit schmerzendem Schädel, nicht angesichts dieses Anblickes. Sie sah wirklich hübsch aus, wenn sie lachte. Er verstand zwar nicht ganz, was an seiner Frage so lustig war, aber sie lachte und das gefiel ihm. Immer noch lächelnd stand er auf, schüttelte seinen Hut aus, setzte ihn sich wieder auf den Kopf. "Also, was ist? Oder lässt du so etwas wie mich nicht mehr in deine Wohnung?" Kichern, dann ein Kopfschütteln. Ihre Augen glitzerten, als sie ihn ansah. "Nein, nein... ist schon in Ordnung, solang du nur die Finger von dem Ofen lässt." ~*~ "Na, komm schon, geh schon an!" Nojiko stöhnte genervt, klopfte mit dem Feuerzeug auf die Herdkante und versuchte es noch einmal. "Geh! Doch! An!!" Für einen winzigen Augenblick sprangen Funken, erloschen jedoch gleich wieder, dann ein Knacken und es ging gar nichts mehr. Was hatte sie eigentlich getan, dass man sie ausgerechnet jetzt so strafte? Sie wollte doch nur den Herd einschalten, mehr nicht. Mürrisch legte sie das Feuerzeug beiseite und begann die Schubladen nach einem neuen zu durchsuchen. Fehlanzeige. Mit einem Seufzen ließ sie sich auf die Ablage sinken, sah auf den Herd und das Essen daneben. Alles fix und fertig, nur gebraten musste es noch werden. Hätte sie nur gewusst, dass das Feuerzeug nicht tat, bevor sie den Fisch zubereitet hatte. "Nojiko?" "Was denn?" "Wolltest du nicht-" "Der Herd tut nicht, Schlauberger! Glaubst du, ich sitze hier zum Spaß herum?" Wie konnte man nur so dumm fragen. Langsam war sie immer überzeugter davon, dass es eine schlechte Idee gewesen war, diesen Kerl tatsächlich zum Essen einzuladen. Entnervt fuhr sie sich mit der Hand über die Augen, verharrte einen Moment so. Vielleicht konnte sie... ein warmer Arm dicht an ihrem eigenen hinderte sie daran, weiterzudenken. Leicht irritiert ließ sie die Hand sinken und blickte in dunkle Augen, die sie freundlich anblinzelten. Ein warmer Schauer jagte ihr über den Rücken. Bevor sie etwas tun konnte, hob er die Hand, deutete auf den Herd. Eine kleine Flamme erschien an seinen Fingerspitzen, tanzte hinüber auf die Herdplatten und entflammte das Gas. Ganz ohne die halbe Küche in Brand zu setzen. Wenige Minuten später war der Raum erfüllt von köstlichen Düften, der Fisch bruzelte mit den Kartoffeln in der Pfanne und Ace saß breit grinsend am Tisch, ignorierte seine anhaltende Kopfschmerzen so gut es ging. So leicht konnte man also einer Frau eine Freude machen. Sein Grinsen sollte noch breiter werden, als ihm das Essen vor die Nase gesetzt wurde. Etwas so gutes hatte er schon lange nicht mehr bekommen. Nun, zumindest nicht mehr, seit er sich von Ruffy und seiner Mannschaft verabschiedet hatte. Nojiko hatte den Kopf auf die Hände gestützt und sah dem Piraten lächelnd beim Essen zu. Nami hatte recht, sowohl Ruffy als auch sein Bruder waren wahre Fressmaschinen. So viel in so kurzer Zeit in sich reinzustopfen war doch nicht mehr normal. Ihr Blick folgte noch kurz seinem Löffel, doch begann dann zu wandern. Wenn sie ihn so betrachtete fiel ihr wieder auf, wie hübsch er eigentlich war. Die leichte Stupsnase, die Sommersprossen, seine dunkle Augen, in denen immer ein gewisses Funkeln lag und das schimmernde, schwarze Haar, das unter dem Hut herlugte und sein Gesicht einrahmte. Ihre Augen fuhren die Linien seines Gesichts nach, flogten ihnen, den Hals entlang, über seine breite Schultern, die starken Arme bis vor zu seinen feingliedrigen, geschickten Händen, an denen vorhin noch kleine Flammen entlang gezüngelt hatten. Für einen Moment schloss sie die Augen, blickte dann wieder in sein Gesicht. Am besten gar nicht erst anfangen so zu denken. "...zu erfüllen. Morgen früh brech' ich auf, sofern's das Wetter zulässt." "Was?" "Ich hab' 'nen Auftrag, deswegen bin ich hier. Deswegen konnte ich ja auch das Päckchen vorbeibringen." "Hm..." Ace kratze die letzten Reste von seinem Teller, hob dann den Kopf und beobachtete seine Gastgeberin, wie sie sich erhob und das Päckchen von der Ablage nahm. Papier raschelte und fiel zu Boden, dann herrschte wieder Stille. So sehr er seinen Hals auch verrenkte, er sah einfach nicht was sie da in den Händen hielt. Nicht, dass er übermäßig neugierig wäre, aber, er hatte ja wohl ein Recht darauf zu wissen, was er da ständig mit sich herumgeschleppt hatte, oder nicht? Den Stuhl nach hinten schiebend stand er auf, ging zu ihr hinüber, um einen Blick darauf zu erhaschen, doch ihre Haare versperrten ihm das Blickfeld. Ohne weiter nachzudenken fasste er nach vorne, dann passierte alles viel zu schnell, als dass er es realisieren konnte, sie zuckte erschrocken zusammen, wich aus, stieß gegen ihn, er stolperte nach hinten, ein Krachen - und das Geschenk lag zerbrochen auf dem Boden. Fast wie in Zeitlupe blickte Nojiko auf das Medaillon zu ihren Füßen. "Liebe Nojiko - wie geht es euch? Alles klar? Ich wollte dir schon früher schreiben, aber Ruffy hält uns alle so auf trab, dass ich beim besten Willen nicht dazu gekommen bin. Um die Jungs muss man sich echt ständig kümmern. Sei bloß froh, dass du noch deine Ruhe hast. Ace wird gleich gehen, also muss ich mich beeilen mit schreiben, tut mir leid, dass der Brief so kurz wird. Ich habe, als wir das letzte mal vor Anker lagen, das hier gefunden, ich hoffe es gefällt dir, deine Nami." Wie sie ihn hasste. Es ließ sich kaum in Worte fassen, so sehr hasste sie ihn im Moment. Was ging es ihn denn an, was sie geschenkt bekam!? Und jetzt war es kaputt. Futsch. Zerbrochen. Nur wegen ihm! Ihre Hände zitterten, als sie sie zu Fäusten ballte. Wie sehr bereute sie doch die Gedanken, die sie sich bis eben noch über ihn gemacht hatte. Er war unverbesserlich, einfach vollkommen unverbesserlich. Sie hätte ihn auf der Straße sitzen lassen sollen, dann hätte er wenigstens nicht wieder etwas kaputt gemacht. "Nojiko..." "Was? Siehst du nicht, was du angerichtet hast!?" "Nojiko, ich..." "Verschwinde! Von mir aus, bleib über Nacht, aber geh mir aus den Augen!!" "Aber -" "GEH MIR AUS DEN AUGEN!!!" Stille. Dann, endlich, das Geräusch schwerer Stiefel auf dem Holzboden. Eine Tür wurde geöffnet, viel leise ins Schloss. Erst jetzt wagte sie es, aufzusehen, wischte sich mit einer unwirschen Handbewegung die Tränen aus den Augen. Nein, sie würde jetzt nicht anfangen zu heulen wie ein kleines Kind. Nicht wegen so einer banalen Sache. Mit wenigen Handgriffen waren die Bruchstücke des Anhängers vom Boden aufgehoben und auf die Ablage gelegt. Sie in den Müll schmeißen, das konnte sie nicht. ~*~ Pochende Schmerzen in seinem Schädel ließen Ace wünschen, er wäre gar nicht erst aufgewacht. Im ersten Moment glaubte er, sich nur einen starken Kater zugezogen zu haben und nicht mehr auf Kokos zu sein, doch die rosa Bettwäsche, die er verschwommen sehen konnte, deutete auf anderes hin. Langsam, ganz langsam fielen ihm die Ereignisse des letzten Abends wieder ein, fügten sich an einander und ergaben schließlich ein Gesamtbild, das ihm ganz und gar nicht gefallen wollte. Er, Vizekapitän in Whitebeards Bande, ließ sich von einer Frau derart vertrimmen, dass er einfach umkippte und jetzt noch Kopfschmerzen hatte? Es war einfach lächerlich. Zahlreiche Kämpfe hatte er ohne eine einzige Schramme überstanden und dann so etwas. Und dann war da noch der Anhänger, den er zerbrochen hatte. Mit einem leisen Stöhnen ließ er sich wieder zurück in die Kissen sinken, schloss die Augen. Klasse, wirklich klasse. Naja, wenn er viel Glück hatte, gab es immerhin Frühstück im Bett, wie sich das gehörte für Schwerverletzte. Verwundete. Leicht Angeschlagene. Wie auch immer, er brauchte etwas im Magen. Die Augen weiterhin geschlossen, lauschte er auf die Geräuschkulisse, die ihn umgab. Regen prasselte leise auf das Hausdach, rann die Scheiben hinab und tropfte auf dem Boden in die Pfützen. Nicht weit entfernt tschilpte ein Vogel, was angesichts des miserablen Wetters ziemlich deplatziert wirkte. Im Haus war es still. Abgesehen von dem leisen Summen der Lampen und Knarren der Tür, wenn der Wind sie hart traf. Murrend öffnete er die Augen wieder, setzte sich auf und ließ den Blick durch den Raum schweifen. So viel also zum Frühstück im Bett, das musste er sich wohl selbst machen. Die Nase kraus ziehend schlug er das Betttuch beiseite, stand auf und suchte den Raum mit den Augen nach seinem Hut, sowie seinem Dolch ab. Gut, vielleicht konnte das Frühstück doch noch etwas warten, er hatte ohnehin nicht besonders Appetit, auch wenn sein Magen lautstark protestierte. Ein Blick zum Fenster bestätigte ihm seine Annahme, es regnete, doch der dichte Nebel hatte sich gelichtet. Bis auf einige Schwaden zwischen den Orangenbäumen war die Sicht frei. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, endlich konnte er weg von hier und zwar in gewohnter Geschwindigkeit. Endlich weg von dieser fäusteschwingenden Orangentusse. Und ihrem zerbrochenen Anhänger. Das Knurren seines Magens zu ignorieren stellte sich als komplizierter heraus, als die rasenden Kopfschmerzen zu verdrängen, wie er zu seinem Leidewesen feststellen durfte. Wundervoll. Aber er hatte einfach keine Lust mit dieser Tussi an einem Tisch zu sitzen und sich Vorwürfe anzuhören, so berechtigt sie auch waren. Von erneutem Magengrummeln begleitet, nahm er seinen Dolch vom Bettpfosten, gürtete ihn um, schlüpfte in die Stiefel, setzte den Hut auf und verließ so leise wie möglich den Raum. Es gehörte sich eigentlich, auf die Gastgeberin, sofern man es so nennen wollte, zu warten um sich zu verabschieden, doch auch darauf legte er im Moment nicht sonderlich viel wert. Die Wahrscheinlichkeit, wieder eins übergebraten zu bekommen, weil er noch nicht längst über alle Berge war, war einfach zu hoch. Andererseits, sie konnte gut kochen und so ganz ohne ordentliches Frühstück... Seufzend ließ er sich auf einen der Stühle fallen, legte die Beine überschlagen auf den Tisch und rückte den Hut ins Gesicht. Gut, dann eben warten, irgendwann würde die schon auftauchen. Und auf die paar Stunden kam es jetzt auch nicht mehr an. ~*~ "Ace! Hey, du Feuerfutzi! ACE!!" Hä? Was? Musste die so rumschreien mitten in der Nacht? "ACE!!!" Plötzliche Helligkeit, als ihm sein Hut vom Gesicht gerissen wurde, ließ ihn die Augen zusammenkneifen und irritiert blinzeln. Doch nicht Nacht. Ja, ok, jeder konnte sich mal leicht verschätzen. "Ace, du Vollidiot! Nimm deine dreckigen Stiefel von meinem Tisch!" "Gib mir doch erstmal meinen Hut zurück, dann können wir über den Tisch reden." Genervtes Augenrollen, ein paar leise gemurmelte Flüche, dann sein Hut auf seinem Kopf, wenn auch nicht gerade sanft. Er grinste breit, besser als eine Faust war das auf jeden Fall. Ohne es auf erneutes Geschrei anzulegen, nahm er die Füße vom Tisch, legte sie auf den Stuhl gegenüber. "Ace!" Füße auf den Boden. "Ace." Ja was denn? Tiefer als der Boden ging bei bestem Willen nicht. Außer natürlich, der Fußboden dieses Hauses war zum kaputtmachen gedacht. Aber wenn schon der Ofen so ein hochempfindlicher Wertgegenstand war, nicht auszudenken, was passieren würde, falls er den Fußboden beschädigte. "Ace?" "Hm?" Wenn er eines perfekt beherrschte, dann diesen absoluten Unschuldsblick, den er auch jetzt wieder auflegte. Eines hatte er gelernt, wenn man bei Frauen etwas erreichen wollte, dann musste man niedlich wirken. Daraus ergaben sich zwei Möglichkeiten: entweder sie stellten sich in die Küche, oder sie zerrten einen ins Bett. Während er noch dabei war abzuwägen, welche Möglichkeit ihm in diesem Falle wohl lieber war, hatte Nojiko so ihre eigenen Probleme. Und dazu zählte nicht nur, dass dieser unschuldige Blick durchaus seine Reize hatte. Überhaupt, die ganze Art wie er sich gab. Er wirkte überhaupt nicht wie ein gefährlicher Pirat, eher wie ein kleiner Schuljunge. Ein unglaublich süßer kleiner Schuljunge, mit seinen Sommersprossen und alldem. Doch dann wiederum, wenn sie seine muskulösen Arme betrachtete, die er hinter dem Kopf verschränkt hatte, den Blick weiter über seinen nackten Oberkörper gleiten ließ... Gott, was dachte sie hier eigentlich schon wieder? Aber vielleicht war es gerade das, was ihn ausmachte. Diese extremen Gegensätze, die ihn so anziehend wirken ließen. Kopfschüttelnd senkte sie den Blick auf den Tisch, wo bis eben noch eine Beine gelegen hatten. Nein, gar nicht erst wieder anfangen so zu denken. Wie viel einfacher war es doch, auf ihn sauer zu sein, ihn anzuschreien, das ersparte auch die ganze Denkerei. Aber ewig so weitermachen konnte sie auch nicht. Nicht, wenn sie ihren Plan in die Tat umsetzen wollte. "Ace, hör mal..." "Ja?" "Es... es tut mir leid. Wegen Gestern, ich wollte wirklich nicht... ich war nur so unglaublich wütend auf dich." Und wieder dieses Grinsen, dieses unglaublich süße Grinsen, das alles so viel schwerer machte. "Schon ok." Seine Augen blickten wieder in ihre, glitzerten auf diese Weise, wie nur sie es konnten, die sie jedes mal von neuem faszinierte. Sie holte tief Luft. Wenn sie es tun würde, dann jetzt, einen geeigneteren Augenblick gab es wohl kaum. "Ace?" "Ja?" "Ich möchte mit dir auf die Grand Line." ~*~ Ace fiel aus allen Wolken. Bitte was? Sie? Mit auf die Grand Line? Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Nicht einmal im Entferntesten hätte er das in Erwägung gezogen. Vermutlich konnte man sein Gesicht gerade lesen wie ein offenes Buch, denn Nojiko fing auf einmal an zu kichern. "Also, was ist? Nimmst du mich mit, oder nicht?" Was hätte er dafür gegeben zu wissen, was in dem Kopf dieser Orangentussi vorging! Er war Vizekapitän, er konnte nicht einfach jemanden mitnehmen und erst recht nicht eine Frau, das ging einfach nicht. Nun, es ging schon, wenn er wollte, aber wollte er? Nein. Naja, nicht sehr. Ach, er wusste auch nicht weiter. Es überforderte ihn einfach, er war total überrumpelt. "Nojiko..." "Du bist mir noch einiges schuldig, weißt du? Damals die Küche, jetzt der Anhänger..." Er seufzte. Gut, das waren Argumente. Aber er konnte doch nicht alles auf den Kopf stellen. Er wusste einfach nicht, wie er das organisieren sollte, mit ihr an Bord. Es bedeutete Einschränkungen ohne Ende und der Gedanke, sie auf seinem ohnehin schon kleinen Boot zu haben, wollte ihm einfach nicht gefallen. "Nojiko, es... du kannst nicht einfach kommen und mit auf die Grand Line gehen. Was willst du da überhaupt? Jemand wie du -" "Ja ich weiß, jemand wie ich gehört in die Küche an den Herd! Aber gibt es nicht auf Schiffen auch einen Herd?" Auf was hatte er sich da nur eingelassen? Hätte er einfach Nein gesagt, dann müsste er jetzt nicht diskutieren. "Hör zu, ich bin Vizekapitän, ich habe ein verdammt kleines Schiff, ich tucker nicht zum Spaß hier im East Blue herum, genauso wenig auf der Grand Line. Wenn ich etwas tue, dann steht auch ein gewisser Sinn dahinter, meistens zumindest. Wie stellst du dir das vor, hm? Das ist alles nicht ungefährlich, ich kann nicht auf dich auch noch aufpassen, das solltest selbst du einsehen. Und ich verstehe einfach nicht, warum du mit willst." "Hast du einmal daran gedacht, dass es vielleicht auch mir langweilig werden könnte auf Dauer? Natürlich, ich liebe diese Stadt. Und wie ich sie liebe. Die Stadt, die Leute und vor allem das hier, die Plantage. Aber ich kann nicht mein ganzes Leben so verbringen." Schweigen. "Du kannst mich immer noch zurückbringen, wenn du gar nicht mit der Situation klar kommst, oder nicht?" Nojiko hielt den Blick unverwandt auf ihn gerichtet, wartete auf eine Antwort. Er konnte jetzt nicht nein sagen, sie hatte es so oft überdacht, hatte sich dazu durchgerungen es zu sagen. Wenn er jetzt Nein sagte... sie bezweifelte, dass sie es dann schaffen würde, sich noch einmal zu überwinden und alldem hier den Rücken zu kehren. Sie verstand ja selbst nicht, was sie auf einmal gepackt hatte, aber seit die Idee sich vor ein paar Monaten gebildet hatte, ging sie ihr nicht mehr aus dem Kopf. Die Vorstellung dieses Dorf zu verlassen, die Menschen, die ihr so viel bedeuteten, allein zu lassen, wäre ihr früher als total unmöglich erschienen, ja, fast schon als Verrat, doch jetzt... Was sich geändert hatte wusste sie nicht, aber der Gedanke wegzukommen, etwas neues auszuprobieren reizte sie einfach. Und, so sehr sie es auch liebte, das hier war einfach nicht das Beste, was sie aus ihrem Leben machen konnte. Später vielleicht, aber jetzt, jetzt konnte sie auch noch etwas anderes ausprobieren. Vielleicht lag es an Namis Erzählungen, dass sie davon träumte auch einmal zur See zu fahren, auch einmal Abenteuer zu erleben. Vielleicht lag es auch einfach in der Familie. Sie wusste es nicht, aber es tat auch nichts zur Sache. Tatsache war, sie hatte lange genug darüber nachgedacht. Es war keine einfache Entscheidung gewesen, aber schließlich war sie zu dem Entschluss gekommen bei der nächsten guten Gelegenheit Kokos hinter sich zu lassen, wenigstens für eine Weile. Und diese Gelegenheit war jetzt. Was sollte sie noch groß zu ihm sagen? Es ihm ausführlich erklären? Sie bezweifelte, dass er sie verstehen würde, dass er sie überhaupt ernst nahm. Gut, er hatte recht mit dem was er sagte, aber sie wollte es einfach nicht hinnehmen. Es war schon schwer genug gewesen, ihn zu fragen, er durfte jetzt einfach nicht Nein sagen. "Nojiko..." Ein Schauder lief ihr über den Rücken, als er ihren Namen so betont langsam aussprach. Warum musste er sie so foltern? Wenn es doch ohnehin darauf hinauslief, konnte er dann nicht einfach Nein sagen und gehen? "...pack' deine Sachen, wir fahren noch vor Mittag." ~*~ "Wie lange braucht das denn noch!?" "Bin ja gleich fertig, nun hetz doch nicht immer so!" Genervtes Stöhnen. "Nojiko, ich hab' keinen Platz für ein halbes Dutzend Koffer auf meinem Schiff!" "Wie gut, dass es kein halbes Dutzend sind, sondern nur drei!" Er sah es schon kommen. Zwanzig Meter weit würden sie vielleicht kommen, gerade aus dem Hafen raus und dann absaufen, weil das Boot zu viel wog. Warum konnte sie nicht einfach zwei oder drei Kleidungsstücke einpacken, etwas Kleinkram und, wenn es unbedingt sein musste, auch noch ein weiteres paar Schuhe, aber das reichte dann doch wirklich. Er verstand einfach den Sinn dahinter nicht, so viel mitzunehmen, er kam doch auch mit einem Minimum an Dingen klar, alles andere hinderte doch sowieso nur. "Nojiko!" "Gleich!" "Ich zähl bis drei!" "Ja, gleich!" "Eins." "Jetzt warte doch!" "Zwei." "Sag mal, bist du taub!?" "Drei." "Ace!!" "Mach's gut, Süße!" "Bleibst du wohl da, du Idiot!!" DONG! Ahh, verdammt! Was sollte das denn schon wieder!? Ace hielt sich den schmerzenden Kopf, starrte wütend in ihre Richtung. Immerhin wusste er jetzt, wofür Stöckelschuhe gut waren. Als Mordwaffe taugten sie ganz vorzüglich. Nojiko grinste. Na also, ging doch. Ein letztes mal ließ sie den Blick durch den Raum schweifen, vergewisserte sich, dass sie nichts vergessen hatte. Sie seufzte, bei dem schmerzlichen Gedanken, all das hier wirklich zu verlassen. "Ach, Bellemere..." Am liebsten hätte sie alles mitgenommen. Jeden noch so kleinen Gegenstand, der zwar unwichtig erscheinen mochte, aber doch so viele Erinnerungen barg. Wohin sie auch sah, ständig jagten ihr neue Bilder durch den Kopf. "Nojiko! Ich geh' wirklich ohne dich, ich mein's ernst!" Wie schön war es doch gewesen, als Nami noch hier war. Dann die schreckliche Zeit unter Arlong. Und dann wiederum, so wie es jetzt war. Friedlich und wunderschön. Ihre Augen brannten, als sie versuchte die Tränen zurückzuhalten. Konnte sie denn wirklich gehen? "Nojiko?" Ohne von ihr bemerkt zu werden, war Ace an sie herangetreten. Diese Frau überforderte ihn, überforderte ihn wirklich. Im einen Moment warf sie ihm Schuhe an den Kopf, beschimpfte ihn und war absolut unausstehlich. Im nächsten war sie wieder so wie jetzt, einfach nur süß. Wie sie so dastand, die schlanken Arme vor der Brust verschränkt und... weinte? Was hatte er eigentlich getan, dass er ständig mit solchen Situationen konfrontiert wurde? Er war nicht der Typ für so etwas, ganz sicher nicht. Wenn er Frauen um sich hatte, dann für diverse andere... Beschäftigungen. Und jetzt sollte er also den Kummerkasten spielen. Na schön. Mit einem Seufzen legte er die Arme um sie, zog sie an sich, in der Hoffnung dafür nicht wieder etwas an den Kopf zu bekommen. Nojiko erstarrte augenblicklich, als er die Arme um sie legte, wagte es nicht mehr sich zu bewegen. Für einen Augenblick schien die Zeit still zu stehen, dann spürte sie seine großen Hände ihr beruhigend über den Rücken streichelnd. Erst jetzt wagte sie es sich zu entspannen, schmiegte sich an ihn und vergrub ihr Gesicht an seinem Hals, ließ den Tränen freien Lauf. Sie wollte hier nicht weg, konnte hier nicht weg. Aber mit ihm... Was sollte sie nur tun? "Du musst hier nicht weg. Zwing dich nicht, wenn du nicht willst. Manche Leute gehören auf die See, andere nicht." Wie recht er doch hatte. Das ganze Leben auf hoher See zu verbringen, das konnte sie sich nicht vorstellen. Aber für eine Weile mitzukommen... "Falls ich es nicht mehr aushalte, bringst du mich dann zurück?" "Klar." Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie sich mehr an ihn drückte. Fünf Minuten später befanden sie sich auf dem Weg zum Hafen. ~*~ "Noch eine Orange! Nur noch eine!" "Du kannst nicht über 300 Orangen mitnehmen, Nojiko." "Nur eine noch!!" Ace verdrehte genervt die Augen. Warum hatte ihm niemand gesagt, dass man einen Lastkahn brauchte, um eine Frau mit auf See zu nehmen? "Nojiko!" "Nur die da noch!" Gut, wenn es so nicht ging, dann eben anders. Grinsend ging er auf sie zu und packte sie, im nächsten Moment lag sie über seiner Schulter. Oh, was hätte er dafür gegeben, jetzt ihren Gesichtsausdruck zu sehen. "A-Ace! W-was... hast du sie noch alle!?" Sein Grinsen wurde breiter. Sollte sie doch strampeln, deswegen ließ er sie noch lange nicht los. Und die Schläge auf seinen Rücken halfen da genauso wenig. Kurz spielte er mit dem Gedanken die Koffer auch mitzunehmen, verwarf ihn dann jedoch gleich wieder. Dieser ganze Kram war sowieso unwichtig und nur unnötiger Ballast. "ACE!!" "Hm?" "Lass mich runter!!" "Nö." "Aber die Orangen..." Konnte die eigentlich auch einmal an etwas anderes denken? Immer diese Orangen, als ob es die nicht woanders auch gab. Gut, sie bedeuteten ihr wirklich viel, das wusste er und er verstand auch, wenn sie sehr an ihnen hing, aber ihr musste doch klar sein, dass sein Boot einfach nicht groß genug war für eine halbe Plantage. "Ace..." Oh bitte nicht schon wieder. Nicht schon wieder dieser traurige Klang, der immer den Eindruck erweckte, er wäre schuld, wann immer es ihr schlecht ging. Wobei er damit ja gar nicht so weit daneben lag. Trotzdem, diese Orangen kamen nicht auf sein Boot. Nojiko war am verzweifeln. Wie konnte sie nur wirklich mit diesem Typ gehen? Mit diesem Typ, der sie nicht einmal ein paar ihrer Orangen mitnehmen ließ! Gott, wie sie ihn hasste. "Ace, lass mich los!" Sie trommelte schon regelrecht auf seinen Rücken, strampelte, trat, versuchte einfach alles um loszukommen. Ihr war schon wieder nach heulen zu Mute, ihre Augen begannen zu brennen. "Ace... verdammt, Ace! Lass mich endlich runter! Ace..." Keine Antwort, keine Reaktion. "Ace, ich komm nicht mit! Ich will nicht mehr!" Wieder nichts. Seufzend schloss sie ergeben die Augen, versuchte sich zu beruhigen. Gut, wenn er es so wollte, sie konnte auch unten am Hafen noch umdrehen. Die nächsten paar Minuten hörte sie nichts außer dem schweren Geräusch seiner Stiefel auf dem trockenen Boden. Hoffentlich würde sie so niemand sehen, es war einfach zu blamabel. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich auf dem Boden abgesetzt wurde. Erst jetzt öffnete sie die Augen wieder. Vor ihr breitete sich das Meer aus, tief und unheimlich und plötzlich gar nicht mehr so schön, wie es sonst immer gewirkt hatte. Nicht, wenn sie sich vorstellte, dass es sie bald von ihrem geliebten Kokos trennen würde. Aber hatte sie nicht vorgehabt, umzukehren? Sie hatte ja nicht einmal die Sachen da, die sie gepackt hatte. Ein leises Plätschern riss sie aus ihren Gedanken, als Ace die Leinen losmachte und auf sein Boot stieg. Es war nicht zu bezweifeln, dass er jetzt gehen würde, mit oder ohne ihr. Es war ja schon ein Wunder, dass er überhaupt eingewilligt hatte, sie mitzunehmen. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm. So auch jetzt. "Hör mal Nojiko... ich hab's dir schon mal gesagt, ich zwing' dich nicht mitzukommen, das ist deine Entscheidung. Mir ist egal, was du machst, nur mach's endlich. Ich nehm' dich mit, wenn du willst, aber ich nehm' dich nicht mit, wenn das heißt, dass mein Boot absaufen wird, sobald wir aus dem Hafen raus sind, weil du die gesamte Plantage und ein Dutzend Koffer mitnehmen musst." Die ganze Zeit hatte er dagestanden, den Kopf gesenkt gehalten, doch jetzt hob er ihn, sah ihr in die Augen und lächelte. Für einen Moment verstand sie nicht, sah ihn nur irritiert an, doch dann fiel ihr auf, was er in der Hand hielt. Eine Orange. "Weißt du, ich hab' nichts gegen einen Winterurlaub auf so einer gewissen Insel im East Blue, hier ist's nicht so kalt wie auf der Grand Line.", meinte er, als er ihr seine freie Hand anbot um in das Boot zu steigen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war einfach sprachlos. So tat sie das einzige, was ihr im Augenblick als richtig erschien. Ein breites Grinsen legte sich auf ihr Gesicht, dann ergriff sie seine Hand und ließ sich zu ihm ziehen. Kapitel 2: ----------- Es dämmerte schon, als die Umrisse einiger Inseln am Horizont erschienen. Zunächst noch kaum zu erkennen, kamen sie schnell näher. Nojiko saß auf dem Boden des kleinen Bootes und sah zur Sonne, die schon tief über der See hing, dunkel glühend wie eine reife Orange. Es wurde langsam kühler, doch das prasselnde Feuer hinter ihr, hüllte sie in wohlige Wärme. Wie schön es doch war. Sie seufzte glücklich und sah zu Ace auf, der neben ihr stand, den Blick nach vorn auf den Horizont gerichtet. Nein, sie bereute nichts, nicht bis jetzt. Seit sie Kokos verlassen hatten, hatten sie kaum ein Wort miteinander gesprochen, doch es störte sie nicht, im Gegenteil, sie war ganz froh noch eine Weile ihren Gedanken nachgehen zu können, es alles noch einmal zu überdenken. Es war erstaunlich, wie schnell das Boot sich fortbewegte. Angetrieben von Aces Feuer trug es sie in kürzester Zeit auf die kleine Inselgruppe zu, sodass sie schon bald in seichteren Gewässern ankamen und auf Grund liefen. Nojiko sah leicht irritiert auf, so wie sie das sehen konnte, gab es auf dieser Insel keine Zivilisation und auch auf den umliegenden nicht, nur Dschungel, Strand und Palmen, soweit das Auge reichte. Doch anscheinend schien dies das Ziel zu sein, das Ace angestrebt hatte, denn sobald das Wasser seicht genug war, sprang er aus dem Boot, griff an den Rand und zog es voll ans Ufer. Das Feuer erlosch und mit ihm verschwand die einzige Wärmequelle, Nojiko fröstelte. "Willst du wirklich hier bleiben über Nacht?" "Wollen ist was anderes." Was sollte das denn wieder heißen? Ihre Augen folgten ihm, wie er aus dem Wasser watete, die Stiefel auszog und den Sand, der hineingeraten war, ausklopfte, dann stand sie auf und sprang auch ans Ufer. "Wie meinst du das?" "Normalerweise macht es mir nichts aus auch 'mal 'ne Nacht durchzufahren, aber wer weiß, wie dir das bekommt. Ich will nicht morgen mein Boot putzen müssen, weil du seekrank wirst." Typisch. So typisch. Ein ärgerliches Schnauben war der einzige Kommentar, den sie dazu abgab. Als ob sie so schnell seekrank werden würde, ihr machte es genauso wenig wie ihm etwas aus, die Nacht auf See zu verbringen, allerdings fand sie es auch nicht sonderlich schlimm nicht die ganze Zeit hin und her geschaukelt zu werden. Aber eine zivilisierte Insel hätte es schon sein können. Soweit ihr Auge reichte, nichts als Palmen und anderes Gewächs. Ein schmaler Pfad führte vom Strand aus ins innere der Insel, verlor sich jedoch bald im Dickicht. Als sie wieder nach vorne sah, war Ace verschwunden. Ein überraschter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. War er nicht eben noch hier gewesen? "Ace?" Sie schwieg, lauschte auf eine Antwort. Nicht weit entfernt zwitscherten ein paar Vögel, die Palmwedel raschelten in der salzigen Brise. "Ace!?" Wieder keine Antwort, gar nichts. Was sollte das denn? Wo war dieser Typ nur? Ein Windstoß wehte ihr das Haar in die Stirn und jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Durch die Wärme am Feuer war ihr gar nicht aufgefallen, wie kühl es geworden war, aber jetzt, da sie hier allein am Strand stand, in ihrem dünnen Top, bemerkte sie es. Und ihre lebendige Wärmequelle hatte das Weite gesucht. Ratlos die Augenbrauen zusammenziehend ließ sie noch einmal den Blick über den Strand vor ihr schweifen und seufzte. Hier warten und frieren, das wollte sie nicht, da ging sie lieber suchen. Ihr Blick fiel wieder auf den schmalen Pfad oberhalb der Dünen. Dort würde sie anfangen, dort war wenigstens das Risiko sich zu verlaufen nicht so hoch. Das Unterholz knackte leise unter ihren Sandalen und ein ständiges Summen ging von dem Dschungel um sie herum aus, begleitet von dem Gezwitscher der Vögel und anderen Geräuschen, die sie nicht definieren konnte. Der Strand war mittlerweile nicht mehr zu erkennen, wenn sie sich umdrehte, was aber auch an den vielen Biegungen liegen mochte, die der Pfad gemacht hatte. Und von Ace noch immer keine Spur. Vielleicht wäre es doch besser gewesen am Strand einfach zu warten. Wenn er jetzt wieder zurückkam und sie nicht dort vorfand, würde er möglicher Weise einfach ohne sie wegfahren und froh sein, sie los zu sein. Er schien ja gerade sowieso nicht besonders gut auf sie zu sprechen zu sein. Aber fuhr er deswegen einfach ohne sie weg? Möglich war es, aber sie rechnete eigentlich nicht damit. Sie warf noch einmal einen kurzen Blick über die Schulter, schüttelte dann leicht den Kopf und folgte weiter dem Pfad. Jetzt hatte sie schon angefangen nach ihm zu suchen, also konnte sie auch weitermachen und hier windete es immerhin nicht. Wenig später endete der Pfad abrupt, wo er eben noch verlaufen war versperrten nun große Sträucher den Weg. Nojiko blieb stehen und überlegte. Den ganzen Weg nur deswegen zurückgehen, das wollte sie nicht. Außerdem würde das ja nur Aces Annahme bestätigen, was für ein verzogenes, feiges Stadtmädel sie doch war und wie wenig sie sich für Abenteuer auf hoher See eignete. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf zwängte sie sich durch die Büsche und - "AHHHHH!!!" In Sekundenschnelle beschleunigte sich ihr Herzschlag so sehr, dass es schmerzte. Das nächste, was sie wirklich wahrnahm, war, dass sie an einigen dünnen Ästen hing, die sie vor dem freien Fall bewahrten. Verzweifelt trat sie auf den Boden, versuchte nicht abzurutschen, doch das trockene Erdreich brach unter ihr weg und stürzte in die Tiefe, sobald sie einen Fuß darauf setzte. Gut zwanzig Meter unter ihr schlug die Brandung schäumend gegen die Klippen. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, während sie an den Büschen Halt suchte, doch jedes mal nur abgerissene Blätter in den Händen hielt. Es geschah alles so schnell, viel zu schnell um es wirklich zu realisieren und überlegt zu handeln. Ihre Panik wuchs, stieg ins unermessliche. Warum war sie nur suchen gegangen? Warum hatte sie nur nicht aufgepasst? Dornen bohrten sich in ihre Hände, als sie endlich besseren Halt fand, für kurze Zeit. Ihr Herz pochte so heftig in ihrer Brust, dass sie überzeugt war, es musste das Rauschen der Brandung bei weitem übertönen. Von einem Moment auf den anderen war ihr Hals trocken geworden und Tränen bahnten sich den Weg über ihre Wangen. Gott, sie wollte jetzt noch nicht sterben. Ein weiteres Stück der Klippe zerbröselte unter ihren Füßen, nahm ihr jeglichen Halt, abgesehen von den dornigen Zweigen. Sie schloss die Augen, bereitete sich schon darauf vor, zu fallen, doch dann... auf einmal hatte sie wieder Halt, Halt der von zwei starken Armen ausging, die sich um sie gelegt hatten und nach oben zogen. "Dummerchen... was machst du nur für Sachen." Es war schwer zu beschreiben, was für Gefühle sie in diesem Moment durchfluteten. Einerseits einfach nur grenzenlose Erleichterung in Sicherheit zu sein, nicht mehr an der Klippe zu hängen und unendliche Dankbarkeit, dass er sie gerettet hatte. Andererseits, unter all diesen positiven Emotionen, war auch ein Funken Zorn. "Dummerchen... was machst du nur für Sachen.", war also alles, was er ihr zu sagen hatte? Sie hätte sterben können und er machte sich Nichteinmahl wirklich Sorgen um sie? Ein kurzer Blick in sein Gesicht zeigte ihr, wie falsch sie damit doch lag. Auch wenn man es seinen Worten nicht entnehmen konnte, in seinen Augen spiegelte sich wieder, was er nicht aussprach. Dass er sich durchaus Sorgen um sie gemacht hatte, ja, Angst um sie gehabt hatte. Wie froh er doch war, sie jetzt in seinen Armen zu halten und nicht dort unten in den schäumenden Wogen verschwinden zu sehen. Ihre türkisen Augen blickten immer noch in seine und verloren sich in ihnen. Ein Lächeln trat auf sein Gesicht, als er sie so betrachtete und ihr sanft die Tränen von den staubigen Wangen wischte. Sofort erschienen wieder neue und tropfen auf seine Hand. "Ach, Nojiko... was hast du dir nur dabei gedacht, hm?" "Ich dachte...", ihre Stimme zitterte, als sie Antwortete "...du warst auf einmal verschwunden, da dachte ich... weil du ja so wütend warst und -" "Wütend?" Wütend? Er konnte nicht anders als leicht grinsend den Kopf zu schütteln. "Nur, weil ich nicht 24 Stunden am Tag strahlend durch die Gegend renne, heißt das nicht, dass ich wütend bin. Bisschen sauer vielleicht, aber das ist doch nicht der Weltuntergang. Ich wollte Feuerholz holen, mehr nicht." Ihr Blick ruhte noch kurz auf ihm, dann löste sie sich von seinen Augen und blickte über seine Schulter auf das Gebüsch und den hinter ihm sichtbaren Pfad. Nicht weit entfernt lag sein Jutesack, achtlos auf den Boden geschmissen, neben einem ebenso verstreuten Haufen Holz. Ein Stück weiter ein Bündel Bananen. Obwohl ihr der Schreck immer noch tief in den Knochen saß musste sie lächeln. Wie süß er doch sein konnte. Die Gedanken, dass er sie hätte hier sitzen lassen können, kamen ihr wieder in den Sinn und sofort bereute sie, vor kurzem noch so gedacht zu haben. Nur, weil er ein Pirat war und ab und an seine Launen hatte, hieß das doch nicht, dass er zu so unmenschlichem Handeln fähig war, oder? Neue Tränen traten in ihre Augen, liefen heiß über ihr Gesicht. Was schämte sie sich doch dafür, so gedacht zu haben. Die Tatsache, dass Ace ihr beruhigend durch die Haare strich, machte es auch nicht besser. Es war zwar schön, dass er versuchte sie zu trösten und ihr zu helfen, aber das machte ihr nur um so mehr klar, wie verweichlicht sie doch war. So viel wie in den letzten 24 Stunden hatte sie schon ewig nicht mehr geweint. Warum musste sie ausgerechnet jetzt so empfindlich reagieren? Wohl durch den Schock, den sie davongetragen hatte. Obwohl er nichts in der Richtung zu erkennen gab, war sie sich sicher, dass es ihm lächerlich vorkam, wie leicht sie zum Weinen zu bringen war. Mit Sicherheit nervte es ihn, ärgerte ihn, ließ ihn daran zweifeln, dass es richtig gewesen war, sie wirklich mitzunehmen. Nein, das wollte sie nicht. Er sollte nicht so über sie denken. So drückte sie ihn mit sanfter Gewalt von sich, wischte sich über das Gesicht und stand, wenn auch noch etwas wackelig, auf. Ace Gesicht nahm kurz einen verwirrten Ausdruck an, dann erhob er sich ebenfalls. Er konnte erahnen, warum sie plötzlich so reagierte, aber war sich nicht sicher und wusste vor allem nicht, ob er schuld daran war. "Geht's?" Heftiges Nicken, dann ein gezwungenes Lächeln. Die Nase kraus ziehend wandte er sich nach vorne, warf sich seinen Jutesack über die Schulter, hob das Holz und die Bananen wieder auf und trat den Rückweg zum Strand an. Gut, wie sie meinte. Es hatte wohl nicht viel Sinn jetzt mit ihr darüber zu reden, außerdem war er nicht der Typ für so etwas. Überhaupt, er musste in letzter Zeit schon öfters den Seelenklemptner spielen als ihm lieb war. Während des gesamten Rückweges schwiegen sie, erst als sie aus dem Dickicht traten, richtete er das Wort an sie. "Wenn du was helfen willst, dann pass' auf das Feuer auf, sobald ich's an hab'." Wieder nur ein Nicken. Er seufzte. Schön, dann eben nicht. Es war ihre Sache, nicht seine. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, ließ er das Holz auf den Boden fallen, das Bündel Bananen und den Jutesack daneben. Schnell waren die Äste zu einem Lagerfeuer aufgeschichtet und entzündet. Nojiko beobachtete fasziniert, wie Flammen seinen Arm entlang züngelten, von seinen Fingerspitzen auf das trockene Holz übersprangen und es in Brand setzten. Für einen Moment war er in gleißend helles Licht getaucht, dann, als nur noch das Holz in Flammen stand, tanzten dunkle Schatten über seinen Körper. Es war einfach unmöglich, die Augen von ihm abzuwenden. Er spürte ihre Blicke, doch kümmerte sich nicht darum, streifte stattdessen seine Stiefel ab und watete in das seichte Gewässer. Immer noch folgten ihre Augen ihm, wie er vollkommen still dastand, den Blick konzentriert auf die spiegelnde Wasseroberfläche gerichtet. Was er da tat, verstand sie nicht, bis er auf einmal mit einer kaum nachvollziehbaren Geschwindigkeit zupackte und einen gut armlangen Fisch aus dem Wasser zog. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, nicht nur, dass jetzt für ihr Abendessen gesorgt war, nein, mit diesem Trick konnte man einfach jede Frau beeindrucken und das sollte hier nicht anders sein. Immer noch grinsend ließ er sich gegenüber von Nojiko in den Sand fallen, zückte seinen Dolch und begann den Fisch zu bearbeiten. Ein kurzer Blick in ihr verdattertes Gesicht ließ sein Grinsen noch breiter werden. Tja, kein Wunder, dass sie so guckte, er war eben beeindruckend und wusste das durchaus auszunutzen. Nojiko senkte den Blick, verschränkte die Arme und rückte näher an das Feuer. Es war nicht zu übersehen, dass diese Showeinlage nicht nur dazu da gewesen war, bald seinen Magen zu füllen, aber was sie davon halten sollte, wusste sie nicht. Wie schön er ausgesehen hatte, im flackernden Schein der Flammen, oder als er wie eine Statue im Wasser stand. Und dann dieses Grinsen... sie schüttelte den Kopf. Was auch immer das sollte, so leicht ließ sie sich dann doch nicht herumkriegen. Fall es das war, was er wollte. Als sie wieder aufsah brutzelte der Fisch bereits an einem Stecken über dem Feuer. Ihr Blick blieb noch kurz auf ihm ruhen, wanderte dann weiter zu Ace. Dunkle Augen betrachteten sie belustigt, während sie sich gegen die Kälte die Arme rieb. Seit die Sonne vollkommen hinter dem Horizont verschwunden war, waren die Temperaturen stetig gefallen und das Feuer konnte einfach nicht von allen Seiten auf einmal wärmen, da half auch der warme Fisch, der kurze Zeit später vom Feuer genommen wurde, nichts. "Frierst du?" Ace wartete gar nicht erst auf die Antwort, drückte sich vom Boden ab, ging zu ihr und setzte sich neben ihr wieder in den weichen Sand. Er merkte, wie sie ihn verwirrt ansah, ignorierte es jedoch und zog sie in seine Arme. "Aus dir soll mal einer schlau werden... mutierst hier von der Killer-Orange zum Eisberg." Es brauchte einen Moment, bis sie ihre Verwunderung nachließ und sie sich entspannte, doch dann kuschelte sie sich an ihn und legte die Hände auf die seinen. "Als ob du besser wärst, du Feuerfutzi." Ein undefinierbares Murmeln deutete ihr, dass er wieder mit seinem Fisch beschäftigt war, welcher wohl weit aus höhere Priorität hatte, als eine Antwort. Auch, als die Gräten in dem Feuer gelandet waren, richtete er nicht das Wort an sie, sondern saß einfach nur da, die Arme um sie gelegt, den Kopf an ihrem und sah nach vorne in die stetig lodernden Flammen. Nojiko schloss die Augen, lehnte den Kopf an seine Schulter. Sie wurde wirklich nicht schlau aus ihm. Im einen Moment saß er noch da, grinste auf diese absolut undefinierbare Weise, wie nur er es konnte, im nächsten tat er so etwas. Es war einfach süß. Was genau sie nun davon halten sollte, wusste sie noch immer nicht, aber den Kopf wollte sie sich jetzt auch nicht darüber zerbrechen. Ein Schmunzeln huschte über ihre Lippen. Das einzige, was jetzt noch fehlen würde, um in Romantik zu versinken, war, dass er anfing ihr die Sternbilder zu erklären, aber dem war nicht so. Mit einem zufriedenen Seufzen rutschte sie leicht hin und her, schmiegte sich dann wieder an ihn. Wenig später war sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen. ~*~ "GRABSCHER!!!" "W-Was? Ich... hey, nein!" Klatsch! Nojiko beobachtete mit Genugtuung, wie er sich die schmerzende Wange rieb, auf der sich jetzt schon der Abdruck ihrer Hand abzeichnete, während sie die Träger ihres Tops wieder nach oben zog. "Was soll das, du dumme Göre!?" "Das kann ja wohl eher ich dich fragen!" "...ich wollte dein Tattoo genauer anschauen, mehr nicht!" "Ach, seit Neustem bist du blind, dass du es abtasten musst? Tse!" Nicht ohne ihm noch einen Tritt gegen das Schienbein zu verpassen, erhob sie sich und watete ein Stück weit in das seichte Wasser. Kühle Wogen umspülten ihre Knöchel, spritzen ihre Beine nass, während die Strahlen der eben erst aufgehenden Sonne die Wassertropfen zum funkeln brachten. Ihre Gedanken schweiften ab. Wie schön es war hier so zu stehen, den weichen Sand unter den Füßen und den sanften Wind im Haar. Für einen Moment schloss sie glücklich die Augen. Gut, die Gesellschaft war nicht die beste, aber abgesehen davon war es einfach traumhaft. Ob Nami sich wohl von Zeit zu Zeit genauso fühlte? Bestimmt, sonst wäre sie nicht mit Ruffy mitgegangen. Sie öffnete die Augen wieder und blickte zu Ace, der gerade dabei war seine Stiefel wieder anzuziehen. Irgendwie war es schon komisch, sie segelte mit ihm und ihre Schwester mit seinem Bruder. Jetzt, wo sie die beiden so verglich, waren sie sich ähnlicher als sie gedacht hatte und doch wieder so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Von der Statur her, hatte sie sich eindeutig den besseren ausgesucht. Allerdings bezweifelte sie, dass Nami schon in der zweiten Nacht abgegrabscht worden war. Die Blicke, die auf ihm ruhten, ignorierend, stand Ace auf, schnappte sich seine Sachen und schob das Boot ins tiefere Wasser. Die Lust noch länger hier auf der Insel zu bleiben war ihm vergangen, außerdem hatte er noch einen Auftrag zu erledigen und hatte schon mehr als genug Zeit verschwendet. Ein eleganter Sprung und er stand auf dem Boot, seine Augen wanderten über die See, weiter zum Strand und zu Nojiko, dann wieder zurück auf das Meer. "Wenn du nicht vor hast allein hier zu bleiben, dann beweg' deinen netten Hintern mal etwas schneller und zwar ins Boot." Er konnte sich die Verwunderung auf ihrem Gesicht ausmalen, doch als sie in das Boot stieg, war davon Nichtsmehr zu bemerken. Schön, es interessierte ihn ohnehin nicht, was sie über ihn dachte. Vor allem, was sie jetzt über ihn dachte. Ein Flammenball erschien in seiner Hand und entzündete den Motor, der das Boot durch den plötzlichen Geschwindigkeitsschub kurz zum Aufbäumen brachte. ~*~ Es ging bereits auf den Mittag zu, als sie die Insel, die Ace angestrebt hatte, erreichten. Gegen Ende waren sie verhältnismäßig langsam gefahren, so waren sie später dran, als geplant. "Warum fährst du so langsam?" "So halt." "Ach?" "Ja." "Du willst doch nur nicht, dass man meinen Handabdruck noch sieht, wenn wir ankommen!" "Spinn' dich aus!" Nojiko strich sich das Haar aus der Stirn und ließ den Blick über das Pier schweifen, während Ace noch das Boot vertaute. Ganz anders sah es hier aus als in Kokos, viel größer, viel prunkvoller. An den dem Hafen zugewandten Häuserfassaden waren viele kleine Stände aufgebaut, an denen alles mögliche angeboten wurde. Gemüse, Schmuck, Kleidung, einfach alles konnte man hier finden. Ein Funkeln trat in ihre Augen. Einkaufen, endlich! Sie hatte zwar kaum Geld dabei, aber für irgendetwas würde es schon reichen. Und zur Not hatte sie ja ihren wohlwollenden Sponsor. Hoffte sie zumindest. Aber es war eigentlich naheliegend, dass er ihr die eine oder andere Kleinigkeit kaufen würde, sie musste ihn nur erst wieder wohlwollend machen, doch das sollte sich als schwieriger gestalten als sie annahm. "Hey, kommst du?" Leicht unwillig wandte sie den Blick von den Ständen ab, zu denen sie am liebsten gleich hingerannt wäre und folgte ihrer zukünftigen wandelnden Geldquelle. "Also, hör zu. Ich muss diesen Typ finden, sobald ich ihn hab' segeln wir weiter, zur Grand Line. Ich hab' keine Ahnung, wie gefährlich das wird, also wartest du am besten irgendwo. Ich kenn' hier 'ne gute Kneipe, da kannst du dich vergnügen, bis ich wieder da bin." Vergnügen, soso. Wie sich das schon wieder anhörte. Vermutlich unterschied sich seine Vorstellung von der ihrigen um einiges. "Und wie viel Geld bekomm' ich dafür?" "Du bist wie deine Schwester, weißt du das? Die hat auch nur Geld im Kopf." Ein Grinsen glitt über ihr Gesicht. Ganz unrecht hatte er da ganz sicher nicht, nein. Aber wenn sich einmal solch eine Gelegenheit bot, dann durfte man doch wohl zuschlagen, oder nicht? Und außerdem, wie auch immer seine Vorstellung von Vergnügen aussehen musste, ganz ohne Geld funktionierte die mit Sicherheit auch nicht. "Ich weiß ja nicht, wie du dir was vorstellst, aber ohne Geld haben die höchstens eine tolle Beschäftigung für mich, die nennt sich Tellerwaschen." "Sehr gut, das musst du sowieso üben, eine gute Ehefrau kann so was." Irritiert hielt sie einen Moment inne. Ehefrau? Was sollte das denn wieder? Langsam verwirrte er sie immer mehr mit seinem Handeln, seinen Kommentaren. "Schade, dass so ein Macho wie du ganz sicher nie eine Ehefrau abbekommen wird." "Ach, so schlimm ist das nicht. Lieber gar keine als eine Zimtzicke wie dich." "Keine Sorge, Zimtzicken haben einen besseren Geschmack als auf solche Casanovas wie dich reinzufallen." "Na hoffentlich gilt das für alle und eine bestimmte hat keine Geschmacksverirrungen, das würden meine Nerven wohl kaum verkraften." "So sehr kann sich mein Geschmack gar nicht verirren." "Sah gestern Abend aber ganz anders aus." Argh! Dieser Typ machte sie wahnsinnig! Wie konnte nur ein einziger Kerl so ein Benehmen an den Tag legen und so eine freche Klappe haben? Ihr fehlten einfach die Worte. Und dann dieses aufsässige Grinsen immer, einfach schrecklich! "So, wir sind da." Ihr Blick, der sich bis eben noch zornig in seinen Rücken gebohrt hatte, wanderte zu dem Gebäude, vor dem sie standen. Gute Kneipe? Für sie sah das nach einem ziemlich heruntergekommenen Schuppen aus. Die Scheiben waren verdreckt, die Tür quietschte, als Ace sie öffnete und auch die Beleuchtung war nur spärlich. Sobald sie eintraten, schlug ihnen eine dicke Rauchwolke entgegen. Nojiko hustete. "Und hier willst du mich also die nächsten paar Stunden sitzen lassen? Da erstick' ich ja!" "Ach was, das ist noch gar nichts." "So?" "Klar. Wenn du mal wissen willst, was richtig rauchig ist, dann komm' mit mir nach Logue Town. Ich hätte da so 'nen guten, alten Bekannten..." "Bekannten?" "Wirst du schon noch kennen lernen, spätestens, wenn ich mal wieder im Knast sitze. Naja, mir egal wo du dich 'rumtreibst, aber in fünf Stunden bist du hier, verstanden? Falls ich früher zurück bin, werd' ich dich schon finden, so viele Läden kann es hier ja nicht geben." Ein Grinsen, dann begann er in seinem Jutesack zu kramen und drückte ihr ein Bündel Geldscheine in die Hand. Nojiko blätterte durch die Scheine, einmal, zweimal, sah darauf fassungslos zu ihrem Gegenüber. So hatte sie das nun auch wieder nicht gemeint mit gelegentlichem Gesponsertem. "Weißt du, wie viel das ist!?" "Na, ich dachte, du willst dich vergnügen. Brauchst du noch mehr?" Mehr als ein Kopfschütteln brachte sie nicht zu Stande, sie war einfach sprachlos. So viel Geld und so viele Möglichkeiten es auszugeben. Und das von ihm, obwohl er sich vorhin noch so über sie geärgert und sie bis eben aufgezogen hatte. Wie süß er doch sein konnte, wie unendlich süß. "Na dann, mach's gut, Süße!" Bevor sie noch etwas erwidern konnte, hatte er ihr einen Kuss auf die Stirn gehaucht und war verschwunden. "Was...?" Nojiko sah fassungslos auf die Tür, die hinter ihm mit einem Klicken ins Schloss fiel. Ihre Gedanken spielten von einem Moment auf den anderen verrückt, kamen nur langsam wieder zur Ruhe und ließen sie mehr oder weniger geordnet überlegen. Ja, jetzt machte es Sinn, sein Handeln, seine ganze Kommentare, aber - sie konnte es sich einfach nicht vorstellen. Innerhalb von zwei Tagen... zwei Tage waren doch so kurz. Gut, sie hatten sich schon zuvor einmal getroffen, aber ein besonders erfreuliches Treffen war das nicht gewesen. Zumindest nicht, nachdem er ihre Küche gesprengt hatte. Sie konnte es sich einfach nicht vorstellen. Auch, wenn sie zugeben musste, dass ihr die Vorstellung nicht unbedingt missfiel. Er war hübsch, er hatte Humor und er war einfach süß. Er hatte sie mitgenommen und er hatte ihr das Leben gerettet. Aber andererseits, er war ein Pirat, er würde nie und nimmer sein Leben auf der See aufgeben, falls sie es verlangte, er... wer sagte überhaupt, dass sie für immer mit ihm zusammen sein würde? Wer sagte überhaupt, dass sich da irgendetwas entwickelte? Ließ sie sich wirklich von einem Kuss so durcheinander bringen? Es war ja Nichteinmal ein richtiger Kuss gewesen. Eben eine freundschaftliche Verabschiedung. Oder? Ihre Gedanken wurden immer verwirrender. Sie musste aufhören so zu denken, überhaupt darüber nachzudenken. Später vielleicht, aber nicht jetzt. Noch einmal zählte sie durch die Geldscheine, lächelte und verließ die rauchige Bar. Wenn eines sie jetzt auf andere Gedanken bringen konnte, dann einkaufen. Oder Orangen. Aber im Moment wohl doch eher einkaufen. Schon wenig später war jeglicher Gedanke an Ace verschwunden, dafür überschlugen sich die Vorstellungen von verschiedensten Kleidungskombinationen regelrecht. Was hätte sie dafür gegeben, jetzt ihre Koffer hier zu haben, allerdings leer. Es war unglaublich, was für hübsche Kleider es hier gab und der Schmuck dazu war einfach umwerfend. Doch das schlimme war, da hatte man einmal das Geld es alles zu kaufen und keinen Platz es mitzunehmen. Und jemand, der einem helfen konnte, sich zu entscheiden, war auch nicht da, es war schrecklich. Nun, vielleicht sollte sie doch alles kaufen und sich nach einem Schließfach oder etwas ähnlichem erkundigen. Schaden konnte es ja nicht, allerdings, wenn sie wirklich alles Geld ausgab, mochte das nur zu schnell unverschämt wirken. Und es war ja kaum sicher, dass sie wirklich alles Geld für sich benutzen konnte, dass er es nicht wieder zurück wollte oder es ihr nur zum Spaß gegeben hatte, um zu testen, wie sie damit umging. Sie seufzte. Am besten wäre sie wohl doch in der Bar geblieben, dann müsste sie sich jetzt nicht entscheiden. Ihr Blick ruhte noch kurz auf den Kleidungsberg auf der Theke vor ihr, wanderte zu den Geldscheinen in ihrer Hand und wieder zurück. Na schön. ~*~ Die Tür schlug mit einem Krachen gegen die Wand, einige Köpfe drehten sich in die Richtung, aber wandten sich dann wieder ab. Ace grinste gezwungen, zog die Nase kraus und schloss die Tür leise hinter sich, dann verschwand das Grinsen wieder. Sein Blick huschte durch den Raum, suchte ihn nach Nojiko ab und fand sie an einem der Ecktische. Den Hut weiter ins Gesicht ziehend ging er zu ihr hinüber, blieb unschlüssig vor ihr stehen und sah sie an. Erst jetzt fielen ihm die ganzen Tüten auf, die sie neben sich auf der Bank gestapelt hatte, bis obenhin gefüllt mit verschiedensten Kleidungs- und Schmuckstücken. Seine Laune wurde noch schlechter, als sie ohnehin schon war. "Du weißt, dass ich wirklich keinen Platz habe für diesen ganzen Schnickschnack auf meinem Boot?" "Ich dachte, ich könnte es hier irgendwo unterbringen." "So, dachtest du." Wie naiv war diese Tussi eigentlich? Er hatte auch mit Sicherheit nichts besseres zu tun als hierher zu kommen, wann immer ihr danach war andere Kleidung mit auf See zu nehmen. "Was ist eigentlich mit deinem Auftrag? Hast du den Typ gefunden?" "Seh' ich so aus!?" "Naja... ich dachte..." Seine Laune sank noch mehr. Wie sie ihn aufregte! Nein, natürlich hatte er ihn gefunden, deswegen stand er jetzt auch hier und plagte sich mit dem Gedanken ab, wie er seinem Boss wohl am besten zu verstehen gab, dass der Auftrag ein Reinfall gewesen war. Dass er zu spät gekommen war. Dass er so eine Tussi hatte mitnehmen müssen, die ihn so viel Zeit gekostet hatte, dass der Kerl schon lang über alle Berge war. Die maßlose Begeisterung, die dann herrschen würde, konnte er sich vorstellen. Dass er einmal einen Auftrag nicht wunschgemäß hatte erfüllen können, das war wohl kaum das Problem aber die Gründe gestalteten das ganze kritisch. Natürlich war es möglich sie zu verheimlichen und mit Notlügen zu kommen, aber das tat er nicht, das ging einfach gegen sein Prinzip. Und dann war da ja noch sie. Sie hier zurücklassen, dass kam gar nicht in Frage. Nach Hause bringen, das war eine Möglichkeit, aber so sehr er sich auch aufregte, auch diese gefiel ihm nicht besonders. Also würde er sie wohl oder übel weiterhin mitnehmen, auf die Grand Line. Zu Whitebeard. Und das wiederum bedeutete, dass Notlügen sowieso nicht funktionieren würden, es war einfach zu auffällig. "Ace?" "Was?" "Was willst du jetzt tun?" "Was will ich jetzt wohl tun, hm? Wie wär's mit zur Grand Line fahren und erklären, dass ich es versaut habe?" "Ace -" "Dass ich es versaut habe, weil eine bestimmte Tussi meinte, ich solle sie mit auf die Grand Line nehmen. Leider kam ich wegen dieser Tussi einen Tag zu spät los, musste dann noch einmal über Nacht Halt machen und kam deshalb bedauerlicher Weise zu spät hier an, sodass mir nichts anderes mehr übrig blieb als festzustellen, dass der, den ich gesucht habe, schon lange wieder verschwunden ist." "Ace -" "Was glaubst du, macht das für einen Eindruck? Von einem Vize-Kapitän könnte man schon etwas mehr erwarten, als dass er sich zu so etwas hinreißen lässt." "Ace, ich -" "Halt einfach die Klappe, ja? Du hast mir schon genug Ärger gemacht." Nojiko schluckte ihren Kommentar hinunter und nickte. Er hatte ja recht. Nur wegen ihr hatte er sich solche Umstände machen müssen. Wegen ihr hatte er so lange gewartet und wegen ihr hatte er auf der Insel angehalten. Gut, sie hatte ihn nicht darum gebeten, aber darauf bestanden, dass er weiterfuhr, hatte sie auch nicht, somit war es ihre Schuld. Schließlich hatte er nur nett sein wollen und sie hatte es ausgenützt und das nicht nur einmal. Schweigend beobachtete sie, wie er zum Tresen ging und auf einem der Hocker Platz nahm. Was sie jetzt tun sollte wusste sie nicht. Am besten wohl gar nichts sondern einfach warten, bis er sich wieder beruhigt hatte. Sie seufzte. Sie hatte wirklich nicht gewollt, dass er jetzt solche Schwierigkeiten hatte. Wenn sie gewusst hätte, was sie alles anrichtete mit dem was sie tat... nun, sie hatte es gewusst. Gewusst und ignoriert. Oder zumindest nicht darüber nachgedacht. Und jetzt tat sie erst nichts, um es besser zu machen. Aces Stimme riss sie aus ihren Gedanken. "...dummen Göre. Wenn die nicht wäre, würde ich jetzt nicht so tief in der Scheiße stecken. Mach' noch mal voll." Mit dem Barkeeper über sie lästern, so sah die Sache also aus. Sie verschränkte ärgerlich die Arme, musste dann jedoch wieder daran denken, dass er ja nur die Wahrheit sagte, sie war schließlich an der ganzen Sache schuld. Wenn er sich jetzt abreagieren konnte, würde er sich vermutlich am schnellsten wieder beruhigen. Gut, sie würde einfach warten. Ein paar Stunden später wartete sie noch immer. Wie viel Ace inzwischen getrunken hatte, wusste sie nicht, aber es schien eindeutig zu viel gewesen zu sein, denn sonst würde er wohl kaum dem Barkeeper um den Hals hängen, hingebungsvoll kuscheln und ständig irgendwelchen unverständlichen Kram vor sich hinmurmeln. Genannter Barkeeper schien allerdings nicht besonders glücklich darüber zu sein, ganz im Gegenteil. "He, Miss! Holen Sie ihren Freund hier weg!" "Warum willsu mich denn loswerden?", kam es mit leicht weinerlicher Stimme von Ace. Nojiko schlug sich die Hand vors Gesicht. Gut, sie hatte eine Menge Mist gebaut, aber musste sie deswegen wirklich so gestraft und vor allem blamiert werden? "Miss, wenn sie ihn nicht gleich von mir wegmachen, kriegt er paar aufs Maul!" "Mhm... isch will doch nur -" "Halt die Fresse, schwule Sau!" "Kuschee~eeln..." Einige der anderen Gäste lachten, überhaupt, so gut wie alle Anwesenden schienen das Geschehen amüsiert zu betrachten. Nojiko wäre am liebsten im Boden versunken. "Miss, ich zähl' jetzt bis drei, dann hat ihr Schätzchen ein blaues Auge, oder zwei." Immer diese Männer mit ihrer Zählerei, es war zum verrückt werden. Ohne überhaupt hinüber zu sehen, stand sie auf und suchte sich ihren Weg zum Tresen. "Eins." Ein kurzer Blick zu den Taschen, dass sie auch so standen, dass niemand unbemerkt etwas daraus entwenden konnte. Allerdings, ihre neue Handtasche nahm sie doch lieber mit. "Zwei." Ja doch, sie konnte selbst zählen, das brauchte ihr dieser ungehobelte Klotz nicht erst noch beibringen. "Drei." Konnten diese Leute denn nicht einmal Platz machen!? Ein Krachen ließ sie aufschrecken, im nächsten Moment sah sie Ace über den Tresen segeln. Ein weiteres Krachen, dann hatte der Idiot von Barkeeper ihre Handtasche im Gesicht kleben. Ihre Sandalen klackten auf dem Fliesenboden hinter dem Tresen, als sie auf ihn zuging und leicht mit dem Finger gegen seine Brust tippte, ihr Gesicht seinem gefährlich nahe. "Hör mal, Schätzchen... niemand, absolut niemand, schlägt diesen netten jungen Mann dort, außer mir. Verstanden?" Bevor er noch etwas erwidern konnte, drehte sie sich auf dem Absatz um, schwang ihre Handtasche elegant über die Schulter und holte die restlichen Taschen mit ihrer neuen Kleidung. Wahrscheinlich ruhten gerade sämtliche Augenpaare im Raum auf ihr, doch sie ignorierte es. Das machte jetzt auch keinen Unterschied mehr. Ohne dem leisen, aufkommenden Getuschel Beachtung zu schenken schritt sie, den Kopf stolz hoch in die Luft gehoben, an Ace, der sich wieder aufgerappelt hatte und sie wohl ebenso fassungslos wie die meisten anderen anstarrte, vorbei zur Tür und öffnete sie. Erst dort drehte sie sich noch einmal um. "Kommst du? Also ich bin mir wirklich zu gut für solche Behandlung. Du dir etwa nicht?" ~*~ Nojiko seufzte, als sie die Straße hinunter gingen. Zum Thema Gehen, es wunderte sie ja, dass Ace überhaupt noch richtig laufen konnte, nach den Unmengen, die er getrunken hatte, aber für seinen Zustand machte er es erstaunlich gut. Anscheinend hatte ihn das Geschehen eben wieder nüchterner werden lassen. Dafür aber auch umso müder, wie ihr sein ständiges Gähnen zeigte. Namis Geschichten nach handelte sie jetzt besser schnell, sonst konnte es gut sein, dass er in wenigen Augenblicken einfach auf der Straße liegen und schlafen würde. "Wo übernachten wir?" "Hm... Straße?" Genau das meinte sie. Ihm machte es vermutlich nicht das geringste aus einfach irgendwo zu schlafen, ob es nun auf dem Marktplatz oder unter einer Brücke war. "Passt dir wohl nich' besonders gut, was?", kam es schließlich. "Um ehrlich zu sein, nein, ganz und gar nicht." "Hm..." Minutenlang war wieder nur das Geräusch ihrer Schuhe auf dem Pflaster zu hören, dann ein leises Seufzen von Ace. "Mmh... mein Kopf..." Nojiko sah besorgt zu ihm. Wenn er sich über Kopfschmerzen beklagte, dann musste es wirklich ernst sein, oder, er war einfach besoffener als man annahm. Trotzdem, sie fragte lieber nach, falls es doch etwas ernstes war. "Was ist?" "Hä? Hab' doch gar nichts gesagt.", grinste er. Gut, nichts ernstes. Schweigend folgten sie weiter der Straße, in Richtung Hafen. Nojikos Gedanken beschäftigen sich indessen wieder mit dem Problem eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Soweit sie es auf ihrer Einkaufstour mitbekommen hatte, war das die einzige Gaststätte in der Stadt gewesen und genau in diese konnten sie jetzt ganz sicher nicht zurück. Erstens wäre es einfach blamabel und zweitens bezweifelte sie, dass der Wirt sich sehr freuen würde, sie beiden wieder zu sehen. Ihr Blick huschte über die Häuser auf beiden Seiten der Straße, in der Hoffnung doch noch eine weitere Unterkunft zu finden, jedoch erfolglos. Erst als sie schon fast unten am Pier angekommen waren blieb ihr Blick an einem Schild hängen, das gegen das Fenster eines der Häuser gepinnt war. "Biete Unterkunft für eine Nacht für bis zu 4 Personen" Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. Na, wenn das nicht Glück war. Aber konnte man da um diese Uhrzeit überhaupt noch klopfen? Nun, wenn man gut zahlte, bestimmt. Sie hoffte nur, ihr Sponsor hatte noch genügend Geld, aber es war eigentlich zu vermuten, sonst hätte er sie nicht so viel ausgeben lassen. "Ace?" "Hm?" "Schau, da können wir vielleicht übernachten." Antwort bekam sie nicht, dafür ein erneutes großes Gähnen, das sie als Zustimmung deutete. Ohne noch länger zu Zögern ging sie zu der Tür, klopfte zunächst leise, doch als nicht geöffnet wurde, stärker. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der Riegel beiseite geschoben und die Tür geöffnet wurde. Eine alte Frau, schon in ihr Nachthemd gekleidet, sah sie misstrauisch an und murmelte leise irgendetwas von "junges Pack". "Was wollt ihr?" Na, das konnte man ja wohl eine freundliche Begrüßung nennen. "Wir haben ihr Schild gesehen und wollten uns erkundigen, ob es noch gilt." "Ja, das gilt noch." Nojiko lächelte leicht nervös. Konnte die eigentlich auch anders schauen als mit diesem "Ich-bin-Frau-Frankenstein"-Blick? Wie misstrauisch die sie musterte, als ob sie gleich das Haus abfackeln würden. Naja, bei Ace war diese Befürchtung wohl berechtigt. "Und... können wir das Zimmer haben?" "Du schon, der Kerl da nicht." "Aber -" Was sollte denn das bitte? "Seid ihr verheiratet?" "Äh... nein?" "Also. Du schon, der junge Mann dort nicht." Beinahe wäre sie rot geworden, aber nur beinahe. Was die alte Frau dort von ihnen dachte, wollte sie sich lieber gar nicht so genau überlegen. Eigentlich war es ja auch egal, aber sie musste sie irgendwie umstimmen, schließlich konnte sie jetzt nicht einfach das Zimmer nehmen und Ace hier lassen. "Entscheidet ihr euch jetzt bald? Ich hab' nicht die ganze Nacht Zeit." "Es tut mir leid, aber wenn -" Der Druck von Ace Hand auf ihrer Schulter ließ sie verstummen. Er sah sie an und grinste, blickte dann zu der alten Frau. "Kein Problem, sie nimmt das Zimmer. Geben sie ihr ein ordentliches Frühstück, dann kann sie mir die Reste einpacken." Nojiko wollte noch etwas einwenden, doch er hatte sich schon wieder umgedreht und folgte winkend der Straße weiter zum Hafen. Seufzend sah sie ihm nach, schüttelte dann den Kopf und folgte der alten Dame in ihre Wohnung. Sie hoffte nur, er würde keinen Unfug machen, wie zum Beispiel wirklich die Nacht unter einer Brücke verbringen. ~*~ Es war später Vormittag und Nojiko war schon seit einigen Stunden wach, als Ace endlich auftauchte um sich "sein" Frühstück abzuholen. Jetzt, da es Tag war, ließ die alte Frau ihn sogar ins Haus, auch wenn sie undeutlich etwas murmelte, über junge Männer, die wohl besonders viel von sich hielten, weil sie junge Frauen damit beeindruckten, dass sie oben ohne herum rannten. Nojiko rührte in ihrer Kaffeetasse und beobachtete ihn, wie er seinen Jutesack achtlos auf den Boden fallen ließ und sich auf das Essen stürzte. Wenn sie da so zusah, hoffte sie nur, dass sie nie würde für ihn kochen müssen. "Wo warst du so lange? Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr." "Mhnhmm..." Falls das wirklich eine Antwort gewesen war, so ging sie sang und klanglos in den Mampfgeräuschen unter. "Wo hast du eigentlich übernachtet?" Wieder ein undeutliches Gemurmel, begleitet von einigem Schmatzen, dazu ein Schulterzucken. Hoffnungslos. Wobei sich das schon fast ein bisschen wie "auf dem Boot" angehört hatte. Aber nur fast. Eigentlich hatte sie noch fragen wollen, was genau er jetzt geplant hatte zu tun und wann, aber das konnte sie sich wohl sparen, solange er noch am Essen war. Seufzend griff sie nach der Zeitung und begann zu lesen. Bis der mit Essen fertig war, konnte es ja dauern. Und es dauerte. Und dauerte. Und dauerte. Nojiko warf einen kurzen Blick über ihre Zeitung hinweg auf den Tisch. Wo sich vorhin noch Brötchen, Pfannkuchen, Wurst, Käse und Waffeln getürmt hatten, standen jetzt nur noch leere Teller. Ein Teller fehlte, den schleckte Ace gerade ab. Sie grinste. Was für ein süßer kleiner Junge er doch sein konnte. Ganz anders als gestern Abend, als er sich so aufgeregt hatte. Immer noch grinsend wandte sie sich wieder ihrer Zeitung zu, bis das Klirren des Tellers auf dem Tisch ihr zeigte, dass er fertig war, im nächsten Moment wurde ihr schon ihre Lektüre aus der Hand gezogen und achtlos auf den vollen Tisch geworfen. "Hopp, beeil' dich. Wir gehen." Ein Nicken, dann erhob sie sich und folgte ihm in den Flur, wo auch ihre Taschen standen. Richtig, ihre Taschen. Sie hatte noch immer nichts gefunden, wo sie sie unterbringen konnte, denn, so war ihr Auskunft gegeben worden, hier gab es keine Schließfächer oder ähnliches. "Wir müssen noch -" "Nimm sie einfach mit, so lange sind wir nicht unterwegs." "Aber auf deinem Boot -" "Auf meinem Boot hat es Platz genug. Zur Not binden wir eben dich an eine Schnur und ziehen dich hinterher." Wie zuvorkommend er doch wieder war! Aber, sie war zufrieden, immerhin konnte sie ihre Einkäufe überhaupt mitnehmen. Müssten sie eben etwas enger zusammenrücken auf dem Boot, aber sie hatte irgendwie nicht das Gefühl, dass ihn das stören würde. "Bitte sehr, Mademoiselle, nach ihnen." Sofort lächelte sie wieder, als sie sah, wie er ihr breit grinsend mit einer Verbeugung die Tür aufhielt. "Danke sehr, Monsieur." Aces Grinsen wurde noch breiter, während sie an ihm vorbei schritt. Kaum war sie aus der Tür, zog er diese hinter sich zu, schnappte sich ein paar ihrer Taschen und lenkte seine Schritte schnell zum Hafen. "Ace?" "Hm?" "Willst du nicht noch bezahlen?" "Nö. Ich geb' dieser alten Schrulle doch kein Geld dafür, dass sie mich vor die Tür gesetzt und um eine wundervolle Nacht gebracht hat." ~*~ Nojiko legte den Kopf in den Nacken und sah in den dunklen Abendhimmel. Ihre Gedanken kreisten um das letzte mal, als sie bei Sonnenuntergang auf See gewesen waren, huschten dann weiter zu alldem was danach passiert war. Die Insel, ihr "Abenteuer" an der Klippe, das Lagerfeuer... Nur schien dieses mal keine Insel in der Nähe zu sein, an der sie Halt machen konnten. Vermutlich, weil sie direkt auf die Grand Line zuhielten. Es raschelte leise, als Ace die Taschen ein Stück zur Seite schob und sich neben sie setze. Es gab, auch wenn sie es kaum für Möglich gehalten hatte, immer noch mehr als genug Platz auf dem Boot, dennoch setzte er sich so dicht neben sie, dass sie seine warme Brust an ihrem Arm spüren konnte. Sie schloss glücklich die Augen. Im nächsten Moment hörte sie, wie er etwas aus seinen Hosentaschen zog, spürte, wie er sanft ihre Haare beiseite schob und ihr etwas um den Hals legte. Ein leises Klicken erklang, als der Verschluss einrastete, dann lag etwas schweres, kühles auf ihrer Brust. Leicht verwirrt öffnete sie die Augen wieder und sah an sich hinunter. Für einen Moment verstand sie nicht, dann erkannte sie den Anhänger an der Kette. War das nicht...? Aber er war doch zerbrochen gewesen. Ihr Erstaunen würde immer größer. Schnell rappelte sie sich auf, nahm den Anhänger in die Hand und betrachtete ihn fassunglos. Doch, das war der, den Nami ihr geschickt hatte. Ihre Fingerspitzen glitten über ihn, spürten nur leichte Unebenheiten, wo er zerbrochen gewesen war war. Deswegen war er also heute morgen so spät gekommen. Deswegen war er in Kokos allein nocheinmal ins Haus gegangen, unter dem Vorwand, er hätte im Gästezimmer das Fenster offen gelassen. Am liebsten hätte sie geweint vor Glück, so sehr freute sie sich. Mit allem hätte sie gerechnet, aber nicht damit. Vor allem nicht jetzt, wo sie ihm doch so viel Ärger gemacht hatte. Ihre Augen funkelten, als sie in sein lächelndes Gesicht sah. "Ace..." "Shht...", meinte er leise, einen Finger auf ihren Lippen. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken, dann schloss sie wieder die Augen und lehnte sich gegen ihn, den Kopf an seiner Schulter. "Danke... danke, für alles." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)