The beloved 'Loveless' von LeS ('Loveless' is 'Endless') ================================================================================ Kapitel 9: SKINLESS ------------------- Umso mehr Treppenstufen nach unten sie nahmen, desto stärker stank es. Es roch nach verbranntem Fleisch, doch nicht so, wie wenn man grillte. Eher so, wie wenn ein Haus abbrannte. Reika hielt sich die Hand vor den Mund und rümpfte die Nase. "Das stinkt ja noch erbärmlicher als beim letzten Mal." Yamato nahm dankend das Taschentuch, welches Ritsuka ihr hinhielt, an. Er selbst hatte sich, Soubi und den beiden ZERO-Male auch eines gegönnt, um wenigstens nicht das Gefühl haben zu müssen, Pelz zu kauen. Die Luft war dick und schwer. Ritsuka hatte das Gefühl, ihm würden die Beine nach unten gezogen, als müsste er bald krabbeln, um überhaupt noch vorwärts zu kommen. Soubi musste sich inzwischen ducken. Der Treppengang wurde immer niedriger und schmaler, und schien gar nicht enden zu wollen. "Das hatte ich auch schon mal kürzer in Erinnerung", sagte Reika, die sich an die Wand lehnte und tief ein- und ausatmete. "Schwangere sind selten besonders fit." Yamato verschränkte die Arme vor der Brust. "Aber da musst du jetzt eben durch. Wer hat uns denn hergebracht? Also: Lauf gefälligst weiter." Reika seufzte. "Ja doch, ja doch... es dürfte auch nicht mehr weit sein." Sie ließ ihren Blick an die Decke schweifen. Dort war genau das, was sie suchte. Ein strahlend weißes, aufgemaltes Kreuz. "Sieht frisch aus", sagte Yamato. "Ist es auch. Das soll eine Orientierungshilfe sein. Der Gang ist eben doch einige Meterchen lang." "Die Erbauer sind bestimmt sportlich gewesen." "Man weiß nicht, wer dieses Krankenhaus erbaut hat. Es gibt Leute, die erzählen Gerüchte..." Ritsuka blinzelte. "Gerüchte?" "Angeblich wäre dieses Gebäude von einem Tag auf den anderen plötzlich hier gewesen. Jemand hat es dann aufgekauft. Eigentlich gehörte es, herrenlos wie es war, ja der Stadt, die es dann an Privatleute weitergegeben hat. Angeblich, weil sie Angst vor dem Haus hatten. Aber das sind wirklich alles nur Gerüchte." Reika lächelte besänftigend. "Ihr braucht euch nicht zu fürchten." "Fürchten? Dazu tun uns die Beine zu weh!", murrten Youji und Natsuo. "Keine Sorge, noch ein paar Kurven, dann dürften wir da sein. Ich hoffe nur, das Licht funktioniert wieder." "Oben hat es auch nicht funktioniert, wieso sollte es dann unten funktionieren?", sagte Yamato. Reika schüttelte den Kopf. "Nicht weiter wichtig." "Seimei braucht Licht", sagte Soubi. "Schlaues Bürschchen. Aber von dir hatte ich auch nichts anderes erwartet." Schmunzelnd stieß Reika sich von der Wand ab und ging weiter. Yamato, Youji, Natsuo, Ritsuka und der etwas verdatterte Soubi folgten ihr wenige Sekunden später. "Oh mein Gott", gab Yamato hustend von sich. "Hier stinkt es wie..." "Wie auf einem schlecht gepflegten Freiluftfriedhof auf dem nur Brandopfer liegen?" Reika presste die Augen zusammen. Youji und Natsuo blieben auf der letzten Treppenstufe stehen und zogen Grimassen, während der Rest der Truppe weiter in den Raum ging. Reika tastete sich an der Wand entlang. Als sie auf etwas Glitschiges stieß, das ihr zwischen die Fingern hindurchlief, drückte sie. Augenblicklich war der Raum in ein hellgrünes Licht getaucht. Reika sah angewidert ihre Hand an. In den Fingerzwischenräumen hing Plasma. Sie war sich so gut wie sicher, dass es menschliches war. "Oh mein Gott", sagte Yamato. "Das hattest du schon mal erwähnt." Reika schüttelte ihre Hand so heftig sie konnte. Das Ergebnis war, dass ihre Kleidung das Plasma abbekam. "Ich weiß, dass ich das schon mal erwähnt habe, aber..." Ritsuka stemmte die Hände in die Hüften. "Schon gut, schon gut. Gehen wir weiter. Youji, Natsuo, wo bleibt ihr denn?" "Kommen schon!" Der Raum war vollständig leergeräumt. Am hinteren Ende war ein breiter Durchgang, hinter dem das Licht noch grüner aber auch schummriger wurde. Ritsuka glaubte, einen Operationstisch erkennen zu können. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich weitergehen möchte." Ritsuka wandte sich Reika zu. Diese zuckte zu seinem Missfallen nur die Achseln und ging weiter. "Da müsst ihr jetzt durch. Sind doch nur tote Menschen hier gelagert worden." "Aufgeschlitzte tote Menschen", warf Youji ein. "Wären dir lebendige denn lieber?" Reika grinste ihn an. "Ihr seid ja solche Angsthasen. Es wird schon kein böser Dämon aus irgendeiner Ecke hervorspringen und euch zu Tode würgen oder beißen." "Das nicht..." Yamato starrte ein Loch in der Wand an. Es hingen Essensreste an der mit Schimmel bedeckten Tapete, die wohl einst über den mindestens ein Meter breiten Durchgang geklebt worden war. "Aber Rattenbisse halte ich schon für ekelerregend genug." Reika rollte mit den Augen. "Du warst mal ne halbe Katze. Katzen fressen Ratten." "Hey!" Ritsuka packte Yamato am Arm und zog sie beiseite. Wütend starrte er sie an, und obwohl er wusste, dass sie ihm am liebsten mitgeteilt hätte, er habe ihr nichts zu befehlen, er sei ohnehin auch jünger und solle Respekt vor der älteren Generation haben, wusste er ebenso gut, dass sie mit nur einem Wort zur Besänftigung zu bringen war: "Kouya. Denk an Kouya." Yamato legte die Stirn in Falten. Ritsuka ließ ihren Arm los und ging zu Soubi vor, der Reika, Youji und Natsuo gefolgt war. Sie standen vor einer Stahltür und Reika nestelte an deren Schloss. Yamato folgte Ritsuka, zog eine Nadel aus der Brusttasche ihres Jacketts hervor und reichte sie Reika. "Damit geht es vielleicht." "Das ist 'ne Stahltür." "Nicht zu übersehen. Glänzt so schön und sieht so stabil aus." Reika blickte unwillig die Nadel an. "Probieren geht über Studieren." Yamato nickte der Stahltür zu. "Und irgendwie muss man da ja durchkommen." "Vielleicht durch das Rattenloch?", sagte Youji kichernd. Natsuo warf ihm einen strengen Blick zu. Soubi allerdings nickte. "So schlecht ist diese Idee gar nicht." "Ne, nur total widerlich. Erst meine Nadel, dann das Rattenloch, bitte, ja?" Reika steckte die Nadel ins Schloss, und nach wenigen Sekunden war ein Knacken zu hören: Das vordere Teil war abgebrochen. Mit dem Stumpf in der Hand wandte sie sich an Yamato. "Rattenloch." Youji stieg, da es seine Idee gewesen war und weil Yamato ihn schubste, als Erster hindurch. Er quiekte wie ein Schwein beim Schlachter. Oder vielleicht eher wie ein Schlachter wenn ihn das Schwein in den Hintern biss. "Hier ist alles nass!" "Ach ne, ich dachte, der Schimmel wäre hier weil's so schön warm und trocken ist", sagte Yamato und stieg als nächste durch das Loch. Sie rümpfte die Nase und sah sich um. Die Wände waren aus Stein und insgesamt kam sie sich vor, als hätte sie die Kanaille betreten. "Hier ist es wirklich verdammt nass." Ritsuka kam als nächster durch die Wand und rutschte beinahe aus, konnte allerdings noch von Soubi, der direkt nach ihm durch das Loch kletterte, aufgefangen werden. Reika und Natsuo folgten. "Das ist nicht nur nass, vor allem stinkt es hier." Reika tätschelte ihren Bauch. "Mein Baby kriegt wegen euch noch eine Atemwegsvergiftung, oder so." "Wenn man bedenkt, wo wir dich gefunden haben, dann hat es das und vieles anderes schon längst." Reika streckte Yamato die Zunge raus. Sie krempelte ihre Ärmel hoch, als wolle sie etwas besonders Schweres hochheben, und trat nach vorne. Ihr Gesicht verzog sich zu einer unmenschlichen Fratze. "Mann, das Wasser hier geht einem ja bis zu den Eierstöcken!" Sie watete noch ein paar Schritte weiter und versank bis zur Taille in der grau-braunen Grütze. "Hilft ja alles nichts." Reika winkte der Gruppe erwartungsvoll zu. Ritsuka war der Erste, der sich in die Kloaken-Suppe wagte. Soubi folgte ihm und behielt schützend eine Hand um Ritsukas Hüfte. Youji und Natsuo zogen zunächst lange Gesichter, taten es ihnen dann aber nach, wenn auch unter starkem Fluchen. "Ich hätte nie gedacht, dass ich mal durch Scheiße laufen würde." "Yamato, musstest du das jetzt aussprechen?" Natsuo hob seine Haare in die Höhe, damit sie nicht ins Wasser fielen. Youji hatte daran nicht gedacht und hielt es jetzt, da seine Haare zu zwei Vierteln schon mit braunem Abwasser verdreckt waren nicht mehr für nötig, sie noch hochzuhalten. "Herrgott eins, wenn es doch so ist." "Es wäre aber nicht halb so realistisch gewesen, wäre es unausgesprochen geblieben", schnaubte Youji. "Wenigstens ist es schon so dreckig, dass keine Insekten oder Nagetiere mehr hier leben." Reika deutete auf die toten Tiere, die obenauf schwammen. Yamato zuckte zusammen, Youji würgte und Natsuo ließ es sich nicht nehmen, sich ohne Vorwarnung auf Soubis Rücken zu erbrechen. "Es ist dunkel." "Hier war es schon von Anfang an dunkel, du Eumel." "Aber jetzt sieht man seine Hand nicht mehr vor Augen." "Die Scheiße im Wasser aber auch nicht mehr." "Hört jetzt gefälligst auf!", fuhr Ritsuka den ZERO-male und Yamato dazwischen. Reika zog eine Leiter herunter, die mit unbekannt aussehenden Pilzkulturen bedeckt war. Sie hatte die Streitgespräche der Anderen ignoriert und sich nur ab und an mit Soubi abgesprochen, ob die Kleinen denn überhaupt noch in der Nähe wären. Was, angesichts des ständigen Radaus, eine unnötige Frage gewesen war. Aber wenigstens hatte sie von dem Fäkalgestank abgelenkt. Dieser war immer schlimmer geworden, je weiter sie dem Gang gefolgt waren. Inzwischen standen sie vor einer Wand, an der nun die von Reika heruntergezogene Leiter hinaufführte. Reika zog sich an ihr hoch und kletterte ein paar Meter nach oben. Soubi packte Natsuo und Youji am Kragen und zerrte sie zur Leiter. Yamato wartete ab, bis alle Männer nach oben geklettert waren. "So sieht also Frankensteins Kinderzimmer aus. Wirklich nett. So... heimelig." Reika betrachtete Yamato argwöhnisch. "Seimei mit Frankenstein zu vergleichen halte ich für unpassend." "Als ob es mir wichtig wäre, was du für unpassend hältst und was nicht." "Schnauze." Yamato und Reika starrten Ritsuka, der ihnen, wenn er auch kaum an ihre Köpfe heranreichte, Kopfnüsse verpasst hatte, erstaunt an. "Denkt ihr eigentlich irgendwann auch noch mal dran, was wir hier ursprünglich wollten?" Yamato sah schuldbewusst zu Boden. "Ich weiß ja." "Wenn du das weißt, dann hör auf, ständig Streit anzufangen." Ritsuka bedachte die ZERO-male mit einem scharfen Blick. "Ihr natürlich auch!" Youji und Natsuo, die sich gerade versuchten ein paar schon trockene Brocken Schmutz aus den Klamotten zu klopfen, sahen auf. "Aye, Aye, Sir!" Ritsuka seufzte. "Also dann." "Wohin jetzt?", sagte Soubi, der die letzte Zeit über recht wenig von sich gegeben hatte. Reika war diejenige, die ihm antwortete. "Durch die einzige Tür in diesem Raum, das wäre doch mal einen Versuch wert." Sie griff nach der Klinke, und stöhnte. "Nicht schon wieder dieser Schleim." Yamato kicherte hinter vorgehaltener Hand. "Oh, unglaublich witzig." Reika öffnete die Tür und ging hindurch. Als sie den ebenfalls schleimbeschmierten Lichtschalter endlich gefunden hatte, beschwerte sie sich nicht noch einmal über das glitschige Etwas, das sie sich von der Hand schütteln musste. Yamato kicherte dennoch. "Ist dieser Gang wieder so lang wie die zwei anderen? Dann mach ich nämlich kehrt." Natsuo klopfte bei jedem weiteren Schritt an die Betonwand. "Du willst noch mal durch die Scheiße?" "Wahrscheinlich gibt es hier keinen anderen Ausgang als den Weg, den wir gekommen sind, also ob jetzt alle zusammen oder nur ich, das ist den Fäkalien genau so egal wie mir, denke ich." "Wir sind da-a!", verkündete Reika freudestrahlend. In dem weitläufigen Raum, der sich vor ihnen ausbreitete, lagen diverse Leichen auf den Operationstischen. Einige noch extrem frisch, oder verwässert, wenn man bedachte, dass Blut heruntertropfte. "Mir wird schon wieder so schlecht", sagte Natsuo. Soubi ging sofort in Deckung. "Sag mir nicht die sind..." "Für, hm, kleinere oder größere Experimente, ja." Yamato starrte Reika ungläubig an. "Ich wäre auch beinahe eines geworden." Sie lächelte zaghaft. "Man kann hier also fliehen -- ohne noch mal durch die Scheiße zu müssen." "Hätte man nicht auch dort reingehen können, wo du geflohen bist?" "Nein. Außer du kannst fliegen." Ritsuka sah Reika irritiert an. "Das heißt doch aber nicht, dass wir aus irgendeinem Fenster springen müssen?" "Na ja, doch. Eigentlich schon." "Auf was hab ich mich da bloß eingelassen", grummelte Yamato. Soubi schaltete sich nochmals ein: "Vergiss nicht, ohne uns wärst du nicht so weit." "Ohne mich meinst du wohl!", sagte Reika und reckte die Nase in die Höhe. "Ja, ohne dich. Und ohne uns hätte sie dich gar nicht erst gefunden", sagte Ritsuka. "Es gibt eben nicht immer nur angenehme Dinge im Leben." "Das Problem ist nur, dass du jetzt einen lebendigen Bruder hast, und ich eine wahrscheinlich tote Lebensabschnittsgefährtin." Yamato grinste schief und hob den rechten Arm einer der diversen Aufschnittleichen an und ließ ihn wieder los, sodass er schlapp nach unten fiel. "Tot, verstehst du das?" Ritsuka sah den Arm lange an. Irgendwann gab es Yamato auf, eine Antwort zu erwarten. Noch dazu mischte sich Reika in das stumme Gespräch ein, in dem sie Yamato von der Leiche wegzog. Ihren Stirn war in grimmige Falten gelegt. "Lass die Leichen in Ruhe. Sie mussten schon genug durchmachen." "Ich frage mich, wie man sie an diesen Ort bekommen hat." Soubi legte Ritsuka eine Hand auf dessen nach unten gesackte Schultern. "Wenn du durch ein Fenster geflohen bist und wir nur durch diesen Gang hergelangen konnten, dann gibt es doch eigentlich keine Möglichkeit, diese Personen an diesen Ort zu bringen. Außer..." "Außer sie sind freiwillig hergekommen." Reika nickte ihm zu. "Es gibt genug Obdachlose, die einfach nur ein Dach über dem Kopf wollen. Damit kann man sie schon locken. Kinder sind sowieso immer einfach für so etwas zu gewinnen. Manche verlaufen sich aus reiner Neugierde hierher, und dann hatten sie eben Pech." "Sogar Kinder?" Ritsuka schluckte schwer. "Selten, da sie dazu tendieren, wenn man nicht vorsichtig mit ihnen umgeht, schnell zu verfallen." Youji legte den Kopf zur Seite. "Verfallen?" "Sie gehen kaputt", antwortete der recht grün im Gesicht gewordene Natsuo, der sich verkrampft die Nase zuhielt. "Sie zerbröseln quasi." "So ist das Leben, manche haben Glück, andere eher weniger", murmelte Reika und gestikulierte abwertend in Richtung der Leichen. Der Großteil der Gruppe schien sie nicht gehört zu haben, und stand einfach weiterhin wie festgefroren da. Die Blicke schnellten unsicher durch den Raum, einzig Soubi fixierte Reika, und sprach auch als Erster wieder: "Was tun wir jetzt hier? Warten?" "Ja, entweder das, oder wir gehen wieder. Wobei ich die letzte Option für unklug halte. Man wird bemerken, dass jemand hier war, und dann ziehen sie vielleicht um. Danach haben wir keine Spur mehr." Yamato verschränkte die Arme vor der Brust. "Natürlich warten wir. Was denn sonst?" "Du scheinst zur Vernunft zu kommen!" "Freu dich nicht zu früh, verstanden? Deswegen traue ich dir noch lange nicht über den Weg. Ich denke nur, dass ich nicht noch mal durch die Gülle laufen will, ohne irgendwas Positives dafür erfahren zu haben." "Wenn du rausfindest, dass sie tot ist, ist das nichts Positives, denke ich." "Falls sie tot ist! Und das ist sie mit Sicherheit nicht!" "Beruhige dich, Yamato", sagte Ritsuka leise und griff nach ihrer Hand. "Genau", stimmten Youji und Natsuo zu, "denn Kouya ist ganz sicher noch am Leben." Sie warfen Reika böse Blicke zu, doch diese ignorierte die Beiden vollkommen. Stattdessen senkte sie den Kopf und seufzte. "Setzen wir uns in irgendeine Ecke und warten. Okay, hm?" Die Gruppe sah sich an, und nickte dann in Einverständnis. "Ja, zu diskutieren bringt ja doch nichts." "Zu streiten meinst du wohl, Ritsuka", gab Natsuo lächelnd von sich. Soubi setzte sich, zog Ritsuka mit sich nach unten, und lehnte sich an die Wand. Er spürte, wie seine Haare sich daran klebten, versuchte jedoch, sich davon nicht irritieren zu lassen. Nach und nach setzten sich auch die anderen. "Langweilig", sangen die ZERO-male. Yamato versuchte vergeblich, sie zu ignorieren. Als die zwei Unruhestifter zum großen Finale anstimmten, war sie mit ihrer Geduld am Ende. Sie sprang auf und verpasste beiden einen Klaps auf den Hinterkopf. "Hört gefälligst auf!", fauchte sie. "Hättet ihr noch Ohren und Schwanz, ich würde sie euch augenblicklich mit einem der Skalpelle abschneiden!" Youji zog eine Schnute, Natsuo rümpfte die Nase. "Nun tu doch nicht so, dir ist auch langweilig, gib es doch zu." "Deswegen singe ich nicht vor mich hin, im Glauben, ich sei eine zweite Whitney Houston!" Sie sah verzweifelt zu Ritsuka, Soubi und Reika, die ihr aber keinen Beistand leisteten. Reika gähnte nur genüsslich und hielt sich dabei noch nicht mal die Hand vor den Mund. "Man sieht dein Karies, Reika", versuchte sie sie aus der Reserve zu locken. Tatsächlich sah Reika kurz herüber. "Kann nicht sein. Wenn, dann ist das schlichte Fäulnis. Karies hätte gar nicht die Chance gehabt, da zu überleben. Hatte ja kaum zu essen." Sie verdrehte die Augen. "Dann eben Fäulnis. Beides will man nicht sehen, oder?" "Als Zahnarzt vielleicht. Immerhin verdient der damit sein Geld." "Du hast auch auf alles eine Antwort, oder?" "So wie du grundsätzlich das letzte Wort hast?" Reika lächelte leicht. Sie schnaubte, und wollte gerade auch ihr eine Kopfnuss verpassen, als sie ein Rasseln hörte. Wie auch die Anderen drehte sie sich um und starrte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Dort, woher auch sie gekommen waren. Reika packte sie und zog sie zu sich hinunter. "Leise jetzt!" Sie nickte und duckte sich hinter einen der Leichentische. Eine Person in einem schmutzigen Arztkittel betrat den Raum. Man konnte nicht erkennen, ob die Flecken Blut oder Erde waren. In den schlechten Lichtverhältnissen hätte es beides sein können. Sie schloss die Augen und wartete darauf, was als nächstes passieren würde. Vielleicht würde – die Person kam näher, und sie konnte erkennen, dass es sich um einen Mann handelte. Er ging direkt auf den Tisch zu, hinter dem sie sich versteckt hatte. Erst jetzt bemerkte sie, dass die anderen sich weiter nach hinten verzogen hatten, hinter einen der weißen Medizinschränke die aufeinandergestapelt im Raum verteilt dastanden. Sie fluchte leise. Anscheinend nicht leise genug. Der Unbekannte zog an dem Tuch, auf dem die Leiche lag und verursachte damit, dass Selbige auf sie hinunterfiel. Yamato kreischte entsetzt. "Ich hatte euch schon erwartet." "Seimei." Sie bemerkte, da die Leiche immer noch halb auf ihr lag konnte sie jedoch kaum den Kopf heben, dass Ritsuka aufgestanden war und auf seinen längst verstorben geglaubten Bruder zuging. Soubi war dicht hinter ihm, sah Seimei jedoch nicht an, sondern bückte sich, um den Körper von ihr zu hieven. "Bruder..." Sie setzte sich auf und hielt sich ihren pochenden Schädel. Reika reichte ihr eine Hand und zog sie hoch. "Wie ich sehe, hast du ihnen geholfen." Reika stemmte die Hände in die Hüften und wandte sich an Seimei. "Wir haben den gleichen Feind, weshalb also nicht?" "Ich verstehe", sagte Seimei und zeigte seine strahlend weißen Zähne. Yamato lief ein Schauer über den Rücken. Kein angenehmer, so wie wenn Kouya sie berührte. Sie klammerte sich reflexartig an den Arm der nächstbesten Person. Erst als sie Reikas irritierten Blick bemerkte, wurde ihr bewusst, wem sie da gerade die Blutzufuhr abklemmte. Reikas sanftes Lächeln deutete ihr, dass sie ruhig weiterhin ihren Arm malträtieren durfte. "Wenn du verstehst, dann ist ja alles in Ordnung. Also, erste Frage..." Soubi schnitt ihr das Wort ab: "Wo ist Kouya?" "Genau, wo hast du sie hingebracht, was hast du mit ihr gemacht!?" "Keine Sorge, deiner kleinen Freundin geht es gut. Noch. Ich wollte ihr gerade etwas antun. Aber ihr seid noch rechtzeitig gekommen. Ist das nicht schön?" Ihre Furcht wich, und an Stelle dieser trat Zorn ans Tageslicht. Reika trat vor sie und fixierte Seimei. Sein Lächeln schwand und er erwiderte ihren ernsten Blick. "Wo ist sie?" "Wenn ihr bis hier gekommen seid, werdet ihr sie auch ohne meine Hilfe finden können. Ihr findet bestimmt jemanden, der ihren Aufenthaltsort kennt." "Warum sollten wir unsere Zeit damit verschwenden, erst einen anderen von euch kranken Menschen zu finden, wenn wir hier einen auf dem Serviertablett haben?" Seimei lachte. In einer anderen Situation hätte es fröhlich geklungen, so fühlte Yamato sich nur an diverse Bösewichter aus amerikanischen Zeichentrickserien erinnert. "Da habt ihr ganz Recht. Aber vertraut ihr mir soweit, dass ihr mir folgen werdet? Die Chancen stehen gut, dass ich euch in eine Falle führe." "Dann werden wird die Falle zu unseren Gunsten nutzen", sagte Reika, die so selbstbewusst klang, dass Yamato vollkommen überzeugt war, dass dies möglich sein würde. "Schön. Wir sehen uns draußen." Die Gruppe sah ihm verwirrt nach, wie er die Hand an die Wand gegenüber ihnen legte, sich dort eine geheime Tür öffnete, und er hindurchstieg. "Ihr werdet nicht diesen Weg nehmen können, und das Gebäude wird in zehn Minuten in sich zusammengefallen sein. Aber Reika ist ja schon mal hier herausgekommen, das wird sicher kein Problem werden." Er winkte ihnen lächelnd zu während sich die Tür hinter ihm schloss. Reika wandte sich an Yamato. "Wenn wir uns nicht beeilen, ist der Fluchtweg versperrt. Der Rahmen ist nicht mehr tragfähig. Das wird einer der ersten Orte sein, die einstürzen." "Worauf warten wir dann noch?! Führ uns zu dem verdammten Ausgang, und wenn ich mir dabei was breche!" "Folgt mir! Aber passt auf, wenn die Erschütterungen anfangen, dass ihr nicht hinfallt. Wir haben nicht genug Zeit, um wen vom Boden abzupflücken!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)