A Kaleidoscope of Angels von abgemeldet
(Gemeinschafts-FF mit Tanja-chan// Chap 17 on!)
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Kapitel 1: *Loneliness knows me by Name*
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TITLE: ~A Kaleidoscope of Angels~
*Loneliness knows me by Name*
Yugis Pov.:
Ein Jahr ist es schon her! Ein Jahr und alles schien so weiter zu laufen, wie
zuvor. Das Leben wurde weitergeführt, als wäre nie was geschehen, als wäre
ihr Leben nie - für einen kurzen Moment - gestoppt worden. Die Hektik war an
einem Tag - nur an einem Tag - mal gestoppt worden, doch nun Monate später,
schien sich niemand mehr daran zu erinnern. Immer die gleichen monotonen
Aufgaben stellten sich einem in den Weg, immer dieselben engstirnigen Leute und
die geistlosen Gespräche.
Sie sagten solche Floskeln, die man immer an solchen Tagen sagte: "Wenn du Hilfe
brauchst, ich bin immer für dich da! ~ Ruf mich nur an!" oder der beliebteste
Satz: "Es wird alles wieder gut!"
Ha! Diese Menschen wussten gar nichts. Wo waren sie denn, wenn man sie brauchte?
Nirgendwo. Auch für mich waren sie nicht da - aber daran hatte ich mich ja
schon längst gewöhnt.
Tja, und da waren noch meine Freunde. Sie glaubten, indem sie das Thema
totschwiegen - Wow, ich hab das Wort benutzt, was sonst so unmerklich über
meine Lippen gekommen war - sie glaubten, sie würden mir so helfen können.
Indem sie schnell das Thema wechselten, wenn irgendein ein dummer neugieriger
Schüler, den ich nicht mal richtig kannte, meinen Großvater erwähnte und die
Frage stellte, warum der Spielladen noch immer geschlossen war.
An sich schmerzte es noch immer, schmerzte, wenn ich nur die Erinnerungen aus
den dunkelsten Fächern meines Gehirns hervorholte.
Aber es war nun mal Realität. Mein Großvater war gestorben und mich allein
zurückgelassen. Ich bin gerade mal 18 Jahre alt, zwar volljährig, wnen man das
so sah, aber in solch einem Alter brauchte man trotzdem noch jemanden, der zu
hause auf einen wartete.
Zumindest war das bei mir so - aber ich hing sowieso ziemlich hinterher, was
meine Entwicklung anbetraf.
Nun starre ich auf den schön verzierten Grabstein, der mir so viel gab, nur er
brachte dich nicht mehr zurück. Niemals würde ich dich hinter deiner heiß
geliebten Theke sehen, wie du Duel Monsters Karten verkaufst. Es würde nicht
mehr dasselbe sein, in den Laden zu treten, ohne dich dabei zu beobachten, wie
du kleinen Kindern die Spielregeln erklärtest.
Ich atme den frischen Duft von Rosen ein, einen kleinen Strauss hielt ich in
meinen gespreizten Fingern unter die Nase.
Dann stellte ich sie, wie meine alltägliche Routine bewies, in eine dunkle
Friedhofsvase, die mit Wasser halbgefüllt war. Dann trat ich von den
Steinplatten zurück und kam wieder auf den Kieselweg vor deinem Grab an.
Es war schon fast abends, an sich hättest du mir verboten, um diese Zeit noch
in der Stadt herumzuwandeln. Man wusste ja nie! Ich weiß, ich bin in meiner
Erziehung noch weit zurück. Mit 18 hörte man nicht mehr auf seine
Erziehungsberechtigten und machte sein eigenes Ding. Doch ich war noch zu naiv
und gutgläubig, dass mein Großvater glaubte, ich würde zu jedem Fremden in
den Wagen steigen, oder würde vom Hochhaus springen, wenn es mir jemand
befehlen würde.
Schwachsinn. Aber nun musste ich an genau diese warnenden Worte denken.
Ach Großvater!
Ohne ihn war es so schwer. Ich wohnte ganz allein im Haus und das schlimme daran
war, dass ich nun für meinen eigenen Unterhalt aufkam.
Ja, ich habe mir nach der Schule eine Arbeit gesucht. Irgendwie musste ich ja
Geld verdienen. Ich arbeitete in einen Nachtclub.
Ja ich weiß, gerad eich, als naive Persönlichkeit hatte es in den ersten
Monaten nicht leicht. Hinter der Theke wurde ich ständig von Betrunkenen
angepöbelt. Es war schrecklich - die erste Zeit. Und wäre Großvater noch da
gewesen - hätte er mich davon abgehalten. Jeder hätte das - doch niemand
wusste von dieser Arbeit. Nicht mal Joey oder Tea.
Und ich habe mich geändert. Aber erst als mir mein Chef klar gemacht hatte,
dass ich auch mal mit den Kunden ein Glas Alkohol mittrinken sollte.
Ich habe schon immer Alkohol gehasst. Ich mochte es nicht, wusste wozu dieses
Gesöff führen würde. Doch wer sollte mich nun noch aufhalten? Ich musste ja
Geld verdienen - dass war meine Devise, wenn ich nach der nächsten
Alkoholflasche griff.
Nach und nach wurde ich auch hinter der Theke ernster genommen und die
Pöbeleien hörten auf. Ich wurde anerkannt. Ob das nur an dem hochprozentigen
Wodka lag, den ich mir stündlich einfloss?
Ich war nach einigen Monaten schon ziemlich abgehärtet. Die anfänglichen,
brummenden Kopfschmerzen hatten aufgehört, ich sah nicht mehr alles
verschwommen, meine Augenringe wurden nur dunkler. Aber das hatte nichts mit dem
Alkohol zu tun. Ich arbeitete nur länger. Fast bis 03:00 Uhr morgens. Ich hatte
dann gerade noch drei Stunden Schlaf, bevor ich aufwachen und zur Schule
musste.
Meine Leistungen waren auf dem Tiefpunkt gefallen, dnen meistens ließ meine
Konzentration nach der ersten Stunde völlig nach. Ich schlief ab und zu
mehrmals im Unterricht ein. Früher hätte ich mir das niemals zugetraut. Ich
war nie ein Schüler, der die Lehrer reizte und bis zur äußersten Wutgrenze
trieb.
Die meisten Stunden verbrachte ich vor der Türe. Ich schlief dann meistens im
Stehen ein, während ich wartete dass die Schulglocke mich wieder aufzuwecken
versuchte. Wenn meine Freunde wissen wollten, was nur mit mir los sei,
antwortete ich nicht und schob es auf meinen Großvater.
Ich weiß nicht mal, ob ich über seinen Tod hinweg war oder nicht oder ob es
nur an der Arbeit lag, um die ganzen Rechnungen zu bezahlen. Auf so etwas hatte
mich nie jemand im Leben vorbereitet. Ich dachte immer, man hätte noch genug
Zeit Großvater zu fragen, wie so was geht.
Aber Zeit war kostbarer, als ich glaubte, denn sie entschwand mir wie Sand in
den Fingern.
Ich war in Klasse 12. So würde ich nicht in Klasse 13 kommen - raunte meine
Lehrerin ständig in mein Ohr. Und ich war doch immer solch ein guter Schüler
gewesen, ich müsste doch langsam über diesen tragischen Tod hinweg sein.
Pah! Wenn ich schon so etwas hörte. Keiner wusste etwas von meinem Nebenjob,
der mir mehr Spaß machte, als die Schule. Dort gab es Alkohol!
Verbotenes....Frauen die auf Tischen tanzten. Das war ein Ereignis, in meinem
sonst so traurigen, depressiven Leben. Was sonst gab es noch, was mir Freude
bereitete? Die sechsen und fünfen, die unter meinen Klausuren standen, waren da
sicherlich nicht mitzurechnen.
Ich schaue noch mal auf die leuchtenden Rosen, in letzter Zeit war ich seltener
hierher gekommen. Mein Körper verlangte nach Schlaf, doch ich wollte nicht
schlafen. Diese Alpträume, die mich plagten. Immer wieder sah ich Großvater
auf einen Hochhausdach. Er rief meinen Namen. Ich lief ihm entgegen, doch er
stürzte einfach so in den tiefen Abgrund. Ich konnte ihn in keinen meiner
Träume retten.
Meine Füße gingen den Weg entlang, während ich versuchte meine Gedanken zu
ordnen. Dieser Wirrwarr war nicht gut für mich, konnte mich nicht auf meine
Arbeit konzentrieren. Heute Abend sollte ich neue Cocktails mixen.
Ja, dieser Gedanke blieb und ließ meine Einsamkeit zur Vergesslichkeit
abtauchen.
Meine Augen folgen den Kieseln auf dem Weg. Was mir plötzlich auffällt -
völlig uninteressant - aber die Kiesel lagen wie in einem Durcheinander auf dem
feinen, engen Pfad, als ob sie jemand extra durchgewühlt hätte.
Wie in meinem Leben. Alles fing damit an, alles fing mit dem Tod meines
Großvaters an.
Seitdem hatte sich mein Leben von Grund auf verändert, und niemand wusste
davon. Es interessierte niemanden! So kam es mir zumindest vor.
Ich erreichte das Friedhofsgitter. Die schwarzen, hoch stehenden Stäbe, oben
verziert mit irgendwelchen biblischen Figuren.
Ich schloss es hinter mir wieder und ging zur Bushaltestelle. Ja, obwohl ich
volljährig war, hatte ich noch immer keinen Führerschein. Ich war gerade dabei
die Theorie hinter mich zu bringen, als mein Großvater einen akuten Herzinfarkt
erlitten hatte. Seitdem habe ich die Fahrschule nie wieder betreten. Ich würde
auch nie mehr einen Führerschein machen wollen, wer weiß, was dann noch alles
geschehen wird?
Es war Schicksal, keinen zu haben. Zwar war das Busticket teuer, aber wieso
arbeitete ich? Somit konnte ich e smir leisten und durch die ganzen
Zusatzschichten hatte ich noch etwas Geld übrig, um die Rechnungen zu zahlen.
Das Essen blieb meistens auf der Strecke. Ich konnte mir allerdings kostenlos im
Nachtclub "Kaleidoscope" - so hieß der Laden, in dem ich arbeitete - das Essen
ranschaffen.
Das war ganz praktisch, um ehrlich zu sein. Großvater hatte immer für mich
gekocht, ich konnte so was nicht. Ich würde auch niemals kochen, schon aus dem
Grund nicht, weil mich Großvater verlassen hatte. Er ist extra
gestorben....extra. Er wusste doch, dass er mich zurücklassen würde. Was hat
er sich nur dabei gedacht...
Wütend schlage ich mit meinem rechten Fuß gegen den Haltestellenmast.
"Hey, das Schild kann auch nichts gegen deine Wut!"
Eine unbekannte Stimme, männlich, hatte mich angesprochen. Doch ich schaute
nicht auf. Mir doch egal, was Fremde über mich dachten.
Ich schlug weiter meinen Fuß gegen den Mast, bis er richtig wehtat. Aber ich
hörte nicht auf, dachte schon der Fremde wäre weitergegangen. Womöglich hatte
er mich als Geistesgestört abgestuft, aber wem interessierte es?
Als mein Fuß so doll schmerzte, dass ich schon die Lippen zusammenpressen
musste, um nicht aufzuschreien, hüpfte ich kurz auf einen Bein umher.
"Hab ich es dir nicht gesagt? - Der Mast scheint es dir wohl heimgezahlt zu
haben, wie?"
Ich war erbost, dieser Fremde erlaubte sich Dinge zu sagen, die ihm nichts
angingen. Wo war er?
Ich schaute mich um. Entweder war dieser Fremde endgültig weg, hörte ich ihn
etwa in meinem Inneren sprechen, vielleicht war der Fremde gar nicht existent?
Gott, war ich verrückt?
Nein, er war wohl in dem kleinen Wartehäuschen der Bushaltestelle gegangen.
Ich hatte nicht mal gemerkt, wie es angefangen hatte, wie aus Eimern zu
kübeln.
Mir nun auch egal. Soll der Regen doch kommen, mich durchweichen. Es würde doch
niemand mitkriegen. Ich würde keine Anschnauze von Großvater bekommen, weil er
meine Sachen waschen musste. Niemand würde es sehen, je wissen.
"Nun komm schon, oder willst du nass werden?"
Schon wieder dieser Typ. Versteckte er sich in dem Wartehäuschen, weil er Angst
hatte, nass zu werden? Was für ein Trottel, dachte ich.
Überlegte aber trotzdem.
Mit gesenktem Haupt ging ich auf das Holzhäuschen zu, stellte mich vornan
unter.
"Ist alles klar mit dir?"
Was ging es dem Penner an, ob es mir gut ginge?
"WAS GEHT'S DICH AN!", herrschte ich den Fremden an, schaute nicht über meine
Schulter, wollte gar nicht wissen, was das für eine altkluge Person war.
"War nur eine Frage, aber wenn du sie mir nicht beantworten willst, dann eben
nicht!"
War jetzt dieser Kerl eingeschnappt, weil ich ihm nicht Antwort gab? Typen gab
es....oh ja. Wartete er darauf, dass ich ihm antwortete? Er glaubte wohl, er
hätte einen zwölfjährigen vor sich. Na ja bei meiner Größe kein Wunder. Ich
bin kein Deut gewachsen.
Man sah mir meine 18 nicht mal an. Ich musste ständig meinen Ausweis vorzeigen,
die Leute schauten mich dann mehrmals an. Womöglich dachten sie, ich hätte den
Ausweis irgendwo gestohlen oder gefälscht.
"Na ja in deinem Alter hat man eben mal Probleme, dass ist ganz normal!"
Was laberte er da? In meinem Alter? Er dachte also wirklich, ich bin so zehn
Jahre alt oder was?
"Schön für dich!" Ich wollte ihn abweisen, ihm sagen, dass es mir egal war,
dass er mich anquatschte. Ich hoffte, dass der Bus bald kommen möge.
"Wieso schön für mich? - Ist doch eine Tatsache, oder?"
Meine Wut köchelte, bis ich glaubte Dampf aus meiner Nase heraus steigen zu
sehen.
Ich stampfte wieder mit dem Fuß aus und trat genau in eine sich sammelnde
Pfütze. Das Wasser spritzte zur Seite.
"Lass mich in Ruhe!", schrie ich und bog nach rechts. Mein Tempo beschleunigte
ich und ich rannte die Straße entlang. Das war die falsche Richtung, ermahnte
mich meine innere Stimme.
Auch egal. Noch länger hätte ich es bei diesem Kerl nicht ausgehalten. Ich
wusste nicht mal, wer er war. Aber kennen tat ich ihn nicht. Dafür hörte er
sich viel zu erwachsen an. Aber eine schöne Stimme hatte er schon gehabt,
meinte meine flüsternde Stimme.
Ich schüttelte den Kopf, genervt von dem klatschenden Regen, der meine Stirn
voll nässte und an meinen Haaren zu kleben schien.
Toll, wohin sollte ich? Ich musste doch pünktlich den Bu8s nehmen, damit ich
meine Schicht rechtzeitig beginnen könnte.
Nur wegen dem Typ bin ich abgehauen...
Ich renne einfach zur nächsten Haltestelle, wahrscheinlich nahm der Typ eh
einen anderen Bus und ich würde ihn nie wieder sehen. Die nächste Haltestelle
kannte ich nur per Namen, wusste dass sie noch etwas entfernt war. Ich musste
also schneller laufen. Los....ich raste weiter, ohne Rücksicht auf Verluste.
Sprintete ohne auf das Schlagen meines Herzens zu achten, dass angestrengt das
Blut pumpte.
Langsam kam die Haltestelle, ohne Unterschlupf in Sichtweise. Nebenschliere
hatten sich im Tal gebildet. Die Umgebung bestand nur aus Wiesen, die Bauern von
weither besäten.
Neben mir war die fast kaum befahrende Straße, und ich schaute ab und zu über
meine Schulter zurück. Bisher war der Bus noch nicht zu sehen. Ich würde es
schaffen.
Wieso jagten meine Gedanken wieder zu Großvater? - Er war tot! TOT! Wieso denke
ich noch immer an ihn?
Ich hatte nun mein eigenes Leben, auch wenn ich es mir früher anders
vorgestellt hatte. Tja, das Schicksal konnte einem manchmal einen Strick
drehen.
Ich hörte hinter mir ein lautes Brummen - der Motor eines Busses.
Das war mein Bus...
Endlich ich erreichte mit knapper Atemnot die Haltestelle und war froh, als mich
der Busfahrer, trotz dem dichten Regen erspäht hatte.
Er hielt mit quietschenden Reifen an. Wasser klatschte über den Bordstein und
nässte meine Hose vollends. Na prima. Ich sah aus, wie ein begossener Pudel.
Ich stieg beim Fahrer ein und hielt kurz meinen Fahrausweis hoch, kehrte dann in
den langen Gang ein.
Vorne saß eine ältere Dame, die grimmig aus dem Fenster starrte und
Selbstgespräche führte. Ich ging weiter. Vorne saßen nur die Alten. Die
Jugendlichen saßen immer hinten im Bus - das war einfach so, das war cooler.
Ich wollte auch cool sein.
Also ging ich nach hinten. Der Bus ging in die Kurve und ich hielt mich einen
Moment an eine Haltestange fest. Dann erblickte ich einen Jungen, der mich
aufmerksam musterte. Wieso starrte er so? Hatte er einen Knick in der Pupille,
oder noch nie ein nassen Menschen gesehen?
Als ich näher kam, hörte ich ihn lachen. Lachte er mich etwa aus?
Erst jetzt erkannte ich, dass er die gleiche Frisur trug. Nur seine Haare waren
glänzender und etwas länger. Wie bei mir, lagen auch bei ihm blonde Strähnen
im Gesicht. Und er hatte - violette Augen? - So etwas gab es nur sehr selten,
dass sagte zumindest mein Biolehrer, den ich schon seit jeher hasste.
"Doch noch nass geworden, was?"
Ich schaute ihn mürrisch an.
"Kennen wir uns?", fragte ich stattdessen und setzte mich hinter ihm auf die
letzte freie Sitzbank.
"Na ja nicht richtig", fügte er hinzu und schaute über seine Schulter zu mir.
Er sah mir ziemlich ähnlich. Oder war ich schon konfus?
"Ach ja? Ich hab dich noch nie zuvor gesehen!" ich musterte ihn länger, doch
sein Gesicht war mir schier unbekannt.
"Doch eben an der Haltestelle!"
Dann zeigte er mir wieder ein breites Lächeln.
Shit! Er war das gewesen? Dieser Kerl, der nicht aufhören konnte zu plappern?
Dieser Möchtegern?
"Ach du warst das", antwortete ich gelangweilt, während ich meine Ermüdung
noch betonte, indem ich aus dem Fenster schaute. Das war allerdings so
beschlagen, dass ich nichts von draußen aufsaugen konnte.
Na toll, wie peinlich. Ich starrte ein milchiges Glas an.
"Ja genau, sag mal, wieso bist du abgehauen?"
"Was interessiert es dich? Bist du meine Mutter oder was? Lass mich in Ruhe!
Scher dich um dein eignen Mist!", konterte ich zufrieden. Tatsächlich mein fast
ähnliches Spiegelbild drehte sich wieder nach vorne, ließ mich tatsächlich in
Ruhe.
Meine Gedanken überschlugen sich. Vielleicht hat er es nur gut gemeint? Ha! Es
meinte keiner gut mit mir. Das war ein physikalisches Gesetz meinetwegen.
Bald würde meine Haltestelle kommen und ich könnte aussteigen.
Ich überkreuzte unter meinen Sitz die Beine und spielte mit meinen Fingern ein
bescheuertes Spiel, indem ich meine Daumen ständig aneinander schlug.
So was konnte auch nur mir einfallen. Typisch.
Endlich. Die Haltestelle wurde von dem Busfahrer ausgerufen und ich stand auf.
"In solch einer üblen Gegend wohnst du?", fragte mich dieser Junge.
Ich antwortete nicht, wieso auch, wenn er Freunde brauchte, musste er sich nicht
gerade mich herauspicken.
Ich wartete, bis die Hintertür aufging und ich sprang ins Freie. Dann ging ich
den routinierten Weg bis zum Nachtclub.
"Sag mal, wohnst du hier wirklich?"
Ich zuckte unter Panik zusammen. Dieser Nervenkitzel war vielleicht im Kino
lustig, in solch einen Thriller, wo man nicht wusste, was als nächstes geschah.
Aber hier?
"Sag mal, verfolgst du mich?" Ich, der kleine Junge drehte mich auf dem Absatz
um. Hinter mir stand der Ältere aus dem Bus. Er hatte einen weiten Schirm
aufgespannt und sein Gesicht war weit darunter versteckt.
Ich wusste allerdings, dass er es sein musste, seine Stimme kannte ich nun
auswendig.
"Ich wohne hier!", meinte er überflüssig.
"Was? Hier?", rief ich verdattert. Verstohlen schaute ich zum Nachtclub. Die
Eingangstür war weit geöffnet und lag hinter mir.
"Nicht...in den Nachtclub, wenn du das meinst, da trauen mich keine zehn Pferde
rein", sagte er ", ich wohne genau darüber, zwar etwas laut, aber immerhin war
die Wohnung billig!"
Interessierte mich das? Nicht das geringste. Toll...
"Interessant", log ich und wartete.
Wartete eigentlich nur darauf, dass er die Haustür neben den Nachtclub öffnete
und in einen dieser dunklen Flure verschwand, die solche Häuser beherzigen.
"Und du? Wohnst du auch hier?" Dieser Typ ließ nicht locker. Sollte ich ihm
sagen, dass ich hier arbeitete? Nein, sollte er nur glauben, dass ich ein
kleiner, unbeholfener zwölfjähriger war. Nein, ich lüge ihn einfach an. Ich
würde ihn eh nie wieder sehen, das dachte ich in diesem Moment tatsächlich.
"Nein...aber....", ich suchte nach einer geeigneten Lüge, während dieser Typ
nur eine Augenbraue hob, "meine Mutter arbeitet hier!"
Was redete ich da? War meine Mutter eine Prostituierte, die da auf den Tischen
tanzte und sich nachts mit den Männern vergnügte oder was?
Außerdem hatte mich meine Mutter verlassen, als ich ein kleines Kind gewesen
bin. Autounfall. Vater und Mutter waren auf Anhieb tot gewesen...
"HIER?" Er klang ziemlich verblüfft. "Oh...dass...."
Ihm fehlten zum ersten Mal die Worte. Zum Glück, nun würde er mich in Ruhe
lassen. Endlich. Die Lüge hatte gesessen.
"Was dagegen?", funkelte ich und stemmte meine Hände in die Hüften.
"Äh nein...okay, dann...!" Er schloss seinen Regenschirm und hastete zur Tür.
Es schien mir, als wollte er so schnell wie möglich weg von hier.
Lustig!
Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wartete ich noch ein paar
Sekunden und ging dann in den Nachtclub, wieder einmal, um meine Arbeit
aufzunehmen.
Und um diese neuen Cocktails zu mixen.
to be continued
Kapitel 2: *Alone in the Dark*
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Anmerkung: Huhu, so das nächste Kap ist im Anmarsch. ^^ Viel Spaß beim Lesen
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Yugis Pov.:
Meine Schicht war vorüber - wie schnell doch die Zeit verging! Schade
irgendwie, ich wäre gern noch länger geblieben. Ich bin der letzte, der den
Club verlässt und besitze sogar einen Generalschlüssel. Da sieht man mal, wie
sehr ich bereits von allen anerkannt werde. Solch ein Vertrauen besaß nicht
jeder hier - aber ICH! Ha!
Als ich in die Dunkelheit heraustrat und noch das letzte Licht gelöscht hatte,
fröstelte ich. Es war alles in einem pechschwarzen Ton getaucht. Die
Straßenlaternen, die eigentlich die Aufgaben hatten, die Bürgersteige zu
beleuchten, flackerten unaufhörlich, einige hatten wahrscheinlich nie das Licht
der Welt erblickt, wenn man das im biologischen Sinne betrachtete.
Ich fröstelte. Meine kleine Hand grub sich in die Hosentasche und fischte den
kleinen Schlüssel, der mit dem Rest meiner notdürftigen Schlüssel an einem
rostigen Ring befestigt war hinaus.
Es war so dunkel, dass ich erstmal jeden meiner Schlüssel in das Schloss
stecken musste. Um ehrlich zu sein, hatten meine Schlüssel zwar nicht immer die
gleiche Größe, aber da meine Finger so zitterten, klappte plötzlich keiner
und ich musste mich an den Ausdruck "Schlüssel-Schloss-Prinzip" erinnern.
Immerhin etwas, was ich in meinem vergesslichen Gehirn - dank Alkohol
gespeichert hatte. Tja ich war eben ein perfekter Biologe!
Das meinte ich nun eher als Witz.
Endlich, der kleine Schlüssel passte doch und ich konnte endlich mein Werk
vollenden und die große Eingangstür abschließen und sie somit vor Einbrechern
schützen. Ob hier je jemand einbrechen würde, steht in den Sternen - ich denke
aber eher nicht. Außer Alkohol und Zigaretten konnte man nicht wirklich was
mitgehen lassen. Aber selbst das wäre für manche Leute in dieser Gegend Grund
genug einzubrechen.
Zum Glück, dachte ich, wurde ich noch nie überfallen. Diese Gegend war
berüchtigt für solche Diebstähle und Massenmörder. Nicht gerade positiv,
aber ich glaube ich bin schon so selbstbewusst geworden, dass ich mich selbst
gegen ein Messer Mörder verteidigen könnte.
Das hoffte ich zumindest, und falls nicht - tja dann eben nicht. Dann würde ich
zu Großvater kommen...
Ach Moment. Ich kramte erneut in meiner Hosentasche. Mein Busticket.
Wo hatte ich es nur hin gesteckt?
Ich lief schon mal los. In etwa zehn Minuten kam der letzte Linienbus, der
überhaupt noch um diese Zeit durch die Straßen fuhr. Wenn ich den verpasste,
dann...
Aber wo war das Ticket?
Ich hasse solche Situationen. Gerade eben hatte ich es doch noch, war es etwa
runter gefallen?
Puh, ich atmete aus, als ich es aus meiner linken Hosentasche fischte.
Na zum Glück. Ich lief weiter. Ich hörte aus der Ferne ein Donnern. Oh bitte
kein Gewitter. Ich hasse Gewitter. Besonders die hellen, monströsen Blitze. Da
bin ich noch wie ein Kleinkind. Da sieht man mir echt nicht an, dass ich
volljährig bin.
Ich bin dann wie erstarrt und gelähmt.
Aber zum Glück herrschte im Moment nur Donnern und ich stellte mich an den
Haltestellenmast - mein guter Freund sozusagen.
Ich könnte ja wieder dagegen schlagen, aber durch den Alkohol, den ich mir wie
Wasser reingeflößt habe, bin ich total gut drauf.
Ehrlich, Alkohol verhindert, dass ich mich schlecht fühle. Zumindest einen
Augenblick lang. Morgen früh in der Schule werde ich wie eine wandelnde Leiche
aussehen.
Aber was solls...dann wiederholte ich die Klasse eben noch mal, wenn meine Noten
schlechter würden....
Mir egal!
Endlich helle Scheinwerfer warfen lange Fächer auf die geteerte Straße und
wieder hielt der Busfahrer mit quietschenden Reifen genau vor mir an.
Ich senkte mein Haupt und zeigte kurz mein Ticket, als ich nach hinten gehen
wollte sah ich, wie sich dort einige Motorradbiker und Punks bequem gemacht
hatten. Ich schaute mir nicht jeden genau an, dazu hatte ich viel zu viel
Panik.
Sollte ich lieber so klug sein und mich vorne zum Busfahrer setzen, kam es mir
in den Sinn. Dann war ich zwar uncool, aber man musste ja keinen Streit hinauf
beschwören, oder?
Die starrten mich schon so komisch an.
Hatte ich trotz des Alkohols Angst? Dann müsste ich demnächst mehr trinken.
Klare Sache! Trotzdem ein flaues Gefühl machte sich in meiner Magengegend
breit.
Ich überlegte nicht länger, ging den Gang entlang. Was sollte schon geschehen?
Wahrscheinlich wollten die auch nur nach Hause.
Also...ich hockte mich auf eine Sitzbank vor denen.
Nichts geschah.
Stille.
Lachen.
Plötzlich boxte mir jemand von hinten ins Haar.
Nichts anmerken lassen, einfach so tun, als ob du es nicht gespürt hast - dann
würden sie aufhören.
"Hey Kleiner, ohne Mami unterwegs?", tönten die coolen Punks hinter mir und
schienen sich in einen endlosen Lachanfall zu verstricken.
"Kannst du nicht reden, Kleiner?" Wieder begrabschte mich jemand an der
Schulter.
Ich schaute über meine Schulter zurück mit dem grimmigsten Gesicht, was ich
mir im Moment vorzustellen versuchte.
Dann verharrte ich wie eine Salzsäule, als ich die Motorradbiker genauer
musterte. Einen davon kennst du doch, kam es mir in den Sinn.
Meine Augen wurden größer, als sich unsere Blicke trafen.
Hey, das war doch der Kerl von eben...mein Ebenbild...na ja so ähnlich.
Jedenfalls war er nun in einem schwarzen Lederdress gekleidet und hielt einen
Motorradhelm unter den Arm. Was machte der denn hier? Verfolgte er mich überall
hin? Und überhaupt, wo war sein Motorrad, wenn er doch solch ein Dress
anhatte?
Er sah recht gut aus. Dieses schwarze Leder saß so eng anliegend an seinen
schmalen Körper - Gott, war der dünn - dass ich glaubte rot um die Nase zu
werden.
"Lasst ihn in Ruhe, Freunde. Ich kenne ihn!", sagte er plötzlich zu den Punks.
War der so was wie ein Anführer?
Oder was? Ich konnte mich noch ganz gut alleine wehren.
"Dein kleiner Bruder, was? Der sieht fast so aus, wie du, Yami!" , meinte so ein
Typ, mit hoch stehenden, rosa Haaren, der kurz durch meine Haare grabschte.
Yami? Das war also sein Name? Auch mit Y?
Ich schluckte. Wann war die Busfahrt vorbei? Vielleicht war ich doch nicht so
selbstbewusst, wie ich geglaubt habe.
"Er ist nicht mein Bruder, das wüsste ich!", gestand Yami und zwinkerte mir
plötzlich zu. Was?
Ich war völlig verwirrt. Hörten diese abschreckenden Kerle auf diesen Yami?
Und überhaupt wohnte Yami nicht neben dem Nachtclub? Was machte er im Bus mit
diesem Dress?
Ich drehte mich wieder nach vorne - das war zuviel. Immerhin kannte ich ihn
doch gar nicht. Nur weil wir zufällig ständig aneinander gerieten...
"Hey, wir müssen aussteigen, Yami. Wir sehen uns morgen Abend wieder!" Die
Punks und die restlichen vier Biker gingen an mir vorbei, strichen mir über den
Schädel, glaubten dass wäre lustig und sprangen schreiend und jaulend aus dem
Bus.
Mit solchen Kerlen verbrachte er seine Freizeit? Schluck!
Plötzlich sprang Yami von der hinteren Sitzbank auf und plumpste neben mich.
Ich verdrehte die Augen.
"Was willst du?", fuhr ich ihn an.
"Wir sind die einzigen im Bus, schon gesehen?" Er hob verführerisch die Braue,
zumindest interpretierte ich das so hinein. Moment, was sollte das heißen?
Verführerisch? Sah ich in Yami noch irgendetwas anderes?
"Ja, na und? Meinst du ich hab jetzt Angst, oder was?"
"Gerade hattest du doch Angst, oder nicht?"
Er schaute mich so fixierend an, dass ich den Blick abwenden musste. Er hatte
solche schönen Augen für einen Jungen - Moment! An was dachte ich da?
"Unsinn. Warum hätte ich Angst haben sollen?", fragte ich zur Verteidigung.
"Ich konnte es in deinen Augen lesen, hat dir noch nie jemand gesagt, dass man
alles in deinen Augen sehen kann? Du hast ziemlich offene Augen, Kleiner!"
"NENN mich nicht Kleiner!", protzte ich keck und reckte ihm das Kinn entgegen.
"Du hast mir ja noch nicht deinen Namen gesagt!", entgegnete er und zog sich
sein schwarzes Lederoberteil zurecht. Seine nackten Oberarme waren leicht
trainiert und braun und dieses Muskelshirt ließ seinen Körper gut zur Geltung
kommen.
War ihm nicht kalt? An was dachte ich da schon wieder? Ich starrte ihn schon
viel zu lange auf die Arme.
"Yugi", murmelte ich.
Und schaute geradeaus - nur nicht zu ihm schauen.
"Wo ist überhaupt dein Motorrad?", fragte ich. Interessierte es mich? Irgendwie
schon. Das musste ich mir eingestehen
"In der Fahrschule..."
"Fahrschule? Wie jetzt?" Ich war verpeilt, warum Fahrschule?
"Nun ja, meine Freunde, die du da gerade gesehen hast, kenne ich nur so vom
Sehen her, man trifft sich dort häufiger und macht seine
Führerscheinprüfung...", er lächelte, "ist echt anstrengend, aber bald hab
ich den Schein. Ist echt lustig..."
"Voll lustig", erwiderte ich ironisch.
"Ist es auch...na ja...nicht gerade die beste Freizeitbeschäftigung, aber ich
brauche mal langsam einen Führerschein, sie froh, dass du so was noch nicht
machen musst!", hauchte er mir in mein zugewandtes Ohr.
Ich schaute ihn ungläubig an.
"Wie ich muss das noch nicht machen? - Ich weiß auch was ne Fahrschule ist,
halte mich nicht für blöd!"
Yamis Mundwinkel zogen sich nach oben.
"Das tue ich nicht, es sah gerade nur so aus, als würdest du nicht wissen, was
man da machen muss.. Wenn man Motorrad fährt, sag ich dir Yugi, ist es wie
Freiheit, wenn du größer bist, musst du auch unbedingt einen Schein machen!"
Wenn ich größer bin? Was? Glaubte er noch immer ich wäre ein Kleinkind? Ach
ja, ich hatte ihn ja nie aufgeklärt...
"Sind das wirklich Freunde?", ich sagte das eher zu mir als zu ihm, und starrte
aus dem Fenster.
"Eher nicht, aber für den Anfang nicht schlecht, dann fühlt mans ich in dieser
großen Stadt nicht allein und so richtig kenne ich sie ja auch nicht. Nur vom
Unterricht her.!"
"Fährst du jetzt nicht in die falsche Richtung?"
"Nein, ich muss noch mal zurück zur Fahrschule, ich hab meinen
Haustürschlüssel liegen lassen- frag mich nicht wieso. Hoffentlich ist mein
Fahrlehrer noch da, denn sonst hab ich echt Pech", überlegte er.
"Schon komisch...Aber mir soll es egal sein!"
"Sag mal Yugi, wie alt bist du eigentlich?"
Der Bus hielt zum Glück an und ich sprang vom Sitz auf.
"Das ist meine Haltestelle, ich muss raus!" Ich schaute ihn bittend an, mir
Platz zu machen.
Er tat es auch. Wirklich Gentleman-like.
"Man sieht sich...und pass auf dein Motorrad auf und deine Prüfung!",
verabschiedete ich mich und musste mir ein Grinsen verkneifen. Wie blöd konnte
man sein?
Aber als ich mir Yami auf einen Motorrad vorstellte, wurde mir plötzlich warm
im Bauch, ein Kribbeln durchfuhr mich vom Kopf bis Fuß.
Mir wurde heiß und kalt, als ich die Straße weiter trottete. Der Bus fuhr
weiter und Yami verfolgte mich auch nicht.
Ich lief nach Hause und würde gerade noch so drei Stunden Schlaf mitbekommen..
Morgen bekomme ich einen neuen Stundenplan, soweit ich noch wusste.
Na....es würde ja eh nichts ändern.
Wie viel Uhr war es überhaupt? Gerade mal 1 Uhr durch. Wie lange hatte er dann
bitte Fahrstunde gehabt? Na ja, danach hat er wohl noch was mit diesen Typen
gemacht - das war die logischste Erklärung... Wieso interessierte mich das
eigentlich?
Hoffentlich konnte er noch seinen Schlüssel holen, hätte ich ihn vielleicht zu
mir einladen sollen? Hä? Woran denke ich da schon wieder? Er war ein Fremder,
verdammt noch mal.
Geh nach Hause, Yugi!., spornte ich mich an.
Kapitel 3: ~Memories~
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Anmerkung: Hat länger gedauert, ist aber recht gut egworden, finde ich! ^^
Danke für die lieben Kommis. *freu* Bis bald wieder mal eure Lily
viel spaß beim lesen
3. Kapitel: ~Memories~
Yugis Pov.:
Ein unruhiges, nicht enden wollendes Geräusch, irritierte mich. Ich zog die
dicke Baumwolldecke über meine Ohren - aber das Geräusch verstummte nicht.
Meine schlechte Laune verfinsterte sich zunehmend. Wieso hörte dieses absurde
Brummen nicht auf?
Leicht zog ich einen Bettdeckenzipfel von meinen Augen hinab und lugte aus der
freien Ritze hervor.
Mein Wecker klingelte wie ein Besessener.
Es war doch gerade mal eine Stunde her, dass ich ins Bett gegangen bin - ich
fühle mich wie ein Geist, der es nicht rechtzeitig geschafft hatte, zurück zu
seinem Körper zu finden.
Aber der Wecker schien meine Vorahnung zu bekräftigen. Es war sechs Uhr morgens
und ich MUSSTE aufstehen.
Ich musste zur Schule. Wie ich dieses Wort hasste. Am liebsten würde ich
schwänzen, es würde eh keinen interessieren ob ich da bin oder nicht. Na ja
vielleicht stimmt das so auch wieder nicht. Tea und Joey, holten mich jeden
Morgen um sieben Uhr von zu Hause aus ab und begleiteten mich, wie in einem
Sicherheitsgefängnis, auf beiden Seiten über die Straßen - damit sie auch ja
sicher sein konnten, dass ich zur Schule gehe.
Diese Kontrolle ging mir auf die Nerven - und zwar tierisch.
Aber was machte man nicht alles, um Leute - wie meine Freunde - nicht zu
vergraulen? Immerhin hatte ich nur noch die beiden, die sich wirklich um mich
bemühten. Allerdings nicht so, wie ich es gern bedurfte. Ihre Bemühungen waren
ja ganz nett und wirklich annehmbar, wäre ich doch nicht jemand gewesen, der
wirklich mal jemanden zum Aussprechen brauchte. Aber so waren die beiden nicht,
denn sie verschlossen sich vor den Themen, die ich so gerne besprechen wollte.
Wo ich meine Ängste und meine Traurigkeit einfach mal rein fließen lassen
konnte, ohne dass es mir peinlich wurde. Ich traute mich ja nicht mal mehr, vor
ihnen zu heulen.
In den ersten paar Monaten musste ich ständig unkontrolliert heulen - einfach
so - auch mitten im Unterricht. Ist das nicht beschämend?
Meine Klassenkameraden - also so einige - wussten nichts von dem Tod, meines
geliebten Großvaters. Das wollte ich auch nicht, ich wollte nicht soviel
Aufsehen erregen. Vielen war das eh egal, weil sie mich nie leiden konnten. Sie
dachten sich nichts dabei, wenn aus meinen Augen, die tränen quellten - sie
hielten mich dann eher für einen Psycho- oder einen Loser. Eins von beiden
jedenfalls traf immer auf mich zu.
Vielleicht gehörte ich wirklich zu den Außenseitern - aber hätte ich etwa
jeden was vorspielen sollen?
Nur meine Lehrer, Joey und Tea wussten von dieser Sache. Meine Lehrer waren am
Anfang des Schuljahres noch auf mich eingegangen, jetzt allerdings störten
ihnen nur noch meine schlechten Noten.
Jedes Mal das gleiche Geschwätz.
- "Ich war doch früher mal so gut gewesen - warum schreibe ich nur noch
fünfen? Liegt es immer noch an meinen Großvater? Ich müsste mehr
lernen....ich verbaue mir meine Zukunft!" - bla, bla bla....wenn ihr mich
fragt.
Ist doch meine Sache, wann ich lerne und wann nicht. Schule ist mir total egal.
Das ist nichts besseres, als seine Freizeit wirklich einzu- beschränken. Am
Liebsten wäre ich nicht mehr in diese Schule gegangen. Diese Fächer - die mir
früher mal Spaß gemacht haben, so richtigen Spaß, langweilten mich, ich bekam
eh nie was vom Stoff mit. Ich schrieb lieber irgendwelche Briefe...oder knipste
meinen Kugelschreiber mehrmals an und wieder aus.
Eigentlich schlief ich eh die meiste Zeit, wenn mein Lehrer das merkte, schickte
er mich raus oder ich musste nachsitzen. Wieso? Ist doch alles meine SACHE.
Konnten die mich alle nicht in Ruhe lassen?
Jedenfalls versuche ich gerade aus meinem Bett zu kommen. Langsam setze ich
erstmal einen Fuß auf dem Boden. Meine Augen sind geschwollen, dunkle
Augenringe - noch dunkler, wie die vom Vortag ziert mein Gesicht.
Mein Bauch knurrte, aber er würde eh nichts bekommen. Ich hasste dieses
Geräusch. Großvater war nicht da, also halt die Klappe, schrie ich mich im
Inneren zu.
Mein Kopf brummte, ich wollte wieder einschlafen. Ich war so müde - so müde.
Endlich schaffte ich es, mich zu strecken und tief auszuatmen. Erst jetzt
erkannte ich, dass ich die Klamotten vom Vortag trug. Hatte ich die denn nicht
ausgezogen?
Ich wollte nachdenken, aber der Kopfschmerz tat so weh und war so unberechenbar,
dass ich es einfach ließ.
Ich stand nun ganz auf und nahm meine Schultasche. Ich sah aus, wie ein Penner.
Meine Klamotten rochen nach Zigarettenqualm, und Alkohol.
Meine Haare standen wirr zu Berge. Was solls. Wenn ich früher gehe, würden
mich die beiden nicht abholen und ich könnte noch auf dem Schulhof schlafen.
Ich schmiss mir die Hängetasche über den Rücken und ging gemächlich die
Treppenstufen hinunter. Manchmal habe ich noch immer das Gefühl, das
Rasierwasser meines Großvaters zu riechen. Nur ein feiner Geruch, der manchmal
noch in der Luft liegt, der sich aber schnell wieder verschwand.
Einen kurzen Gedanken schweifte ich wieder zu Großvater, schaute nochmals
sehnsüchtig zur Küche - wo er mir meistens mein Frühstück gemacht hatte -
die aber jetzt leer dastand. Kalt und leer!
Ich öffnete die Haustür, frischer Wind kam mir entgegen. Es war bewölkt.
Herbstwetter. Typisch.
Ich ging den gewohnten Weg, durch den Domino Park. Ein paar Male rang ich mit
mir, zurück zu gehen, oder mich auf eine Parkbank zu setzen und zu schlafen.
Aber wenn meine Lehrerin zu Hause anrief und merkte, dass ich nicht da war,
kriegte ich Ärger.
Also beschleunigte ich mein Tempo und bog nach dem Park nach rechts ein, folgte
der langen Straße und ließ mein Blick über den Bordstein schweifen.
Ich war so in Gedanken mit Großvater vertieft und der Frage, ob ich nicht heute
ein neuen Blumenstrauß auf sein Grab stellen sollte, als mich jemand heftigst
anrempelte.
Ich zuckte zusammen und wankte ein wenig zur Seite. Mein Gesicht schnellte hoch
und ich sah: YAMI!
"Yu---ugi!", prustete Yami.
ER hielt sich mit den Händen an den Oberschenkeln fest und atmete tief aus.
"Hallo!", sagte ich knapp. Das sollte als Antwort reichen. Wieso begegnete ich
ihm ständig?
"Was ist los mit dir? Ist das nicht die falsche Richtung zur Schule? Musst du
nicht nach links?", fragte Yami ein wenig zu besorgt - fand ich!
Tatsächlich, er hatte Recht, ich bin nach rechts gegangen. Das war mir gar
nicht richtig aufgefallen.
"Was geht's dich an?", raunte ich und schaute ihn böse an.
Doch sein Blick hielt meinen stand und ich las darin so was wie Sorge.
"Du siehst schrecklich aus, Yugi!", gestand er mir.
"Tolles Kompliment. Danke, aber darauf kann ich verzichten!"
"Du musst schon seit Tagen nicht geschlafen haben...du siehst krank aus, geht's
dir gut?"
War die Sorge nur gespielt? Er kannte mich nicht mal richtig.
"Bestens!", antwortete ich.
Und kam mir ziemlich blöd vor. Ich musste ständig zu ihm aufsehen, obwohl ich
ja sein Alter auf meines schätzte.
"Also...ich bin zu spät dran und muss mich beeilen, willst du nicht zur Schule
gehen?"
Diese direkte Frage, ließ mich zusammen zucken.
"Vielleicht, vielleicht auch nicht", meinte ich ausweichend mit einer
gelangweilten Handbewegung.
"Wir können zusammen gehen. Du kannst mir erzählen, was dich bedrückt!" Als
mir Yami plötzlich seine Hand auf meine Schulter legte - wurde mir ganz warm
und anders.
Ich folgte seiner Bewegung mit Missachtung.
"ICH erzähl dir gar nichts. Klar? Lass mich in Ruhe. Such dir jemand anderen,
den du nerven kannst....", schnitt ich ihm das Wort ab und fegte herrisch seine
Hand beiseite, nahm an Tempo zu und lief an ihm vorbei.
"Aber Yugi...?"
Mir doch egal, was er von mir dachte - was alle von mir dachten.
Sollte ich nicht lieber nach Hause gehen? erkundigte sich meine bekannte innere
Stimme, die mich jeden Morgen danach fragte.
Nein, ich schüttelte wie wild meine Mähne und kam endlich am großen Schultor
an.
Hatte ich solange gebraucht? Es war kurz nach acht????? Ich bin doch so früh
schon losgegangen. Nur wegen Yami - er hat mich ganz verwirrt. Dieser
verdammte...
Plötzlich tippte mir jemand von hinten auf den Rücken.
Ich erschrak und schaute über meine Schulter zurück. Yami.
"Du bist also auch zu spät. Toll, ich auch, gerade beim ersten
Schultag....peinlich!" Wollte er mir damit irgendein Grinsen entlocken? Schief
gewickelt.
Ich ging mürrisch weiter, sagte kein Ton und eilte ins Gebäude. Yami hinter
mir.
"Ich muss nun in den Physikraum und du?"
Wollte Yami jetzt wirklich noch mit mir sprechen?
"Ich auch!", sagte ich knapp und während ich das sagte, erkannte ich, dass Yami
dann wohl in meiner Klasse gehen musste. Na toll - auch das noch.
"Ehrlich? Aber da ist Klasse 12....ich meine..."; fing Yami an und schaute mich
von der Seite aus an.
"Ja, na und?", fauchte ich ihn an.
"Ich dachte du bist erst in Klasse 10 oder so...", erwiderte er verblüfft.
"Tja, nur weil ich klein bin, ist das kein Grund, mich als Kleinkind und 10er
Freak abzustempeln."
Ich sah ihn lange an und ging dabei weiter.
"Oh tut mir leid...ehrlich, ich wusste ja nicht, dass du auch in meiner Klasse
bist!"
"Oh wenn ich das gewusst hätte , hätte ich schnellstens die Schule gewechselt
- ich kann dich nicht leiden", murmelte ich in mir hinein. Das durfte nicht wahr
sein. Er verfolgte mich sogar bis hierhin.
"Was hast du gesagt, Yugi?"
"Äh...nichts....gar nichts!", meinte ich schnell und wurde leicht rot an den
Wangen.
Endlich der Physikraum.
"Find ich toll, dass ich wenigstens einen aus der Klasse kenne!", freute sich
Yami und blieb neben mir stehen. Der Größenunterschied war erheblich. Ein
guter Kopf größer war er.
"Glaub nicht, dass du mich kennst!", antwortete ich rasch und öffnete dann die
Tür, als ich einen verwirrten Blick Yamis einfing.
*
Es herrschte Totenstille, irgendwie lähmte mich dieses Schweigen.
Warum schauten plötzlich alle von ihren Plätzen auf? Warum starrten mich alle
an?
- Moment! Es bist nicht du, den man anstarrt. Mit hochgezogener Augenbraue drehe
ich mein Gesicht zur Tür und erhasche natürlich Yami, der ein n
rücksichtsvoll und schüchtern im Türrahmen stehen geblieben ist.
Mit einer leichten Kopfbewegung wollte ich ihm zum Verstehen geben, dass er doch
rein kommen sollte, doch er schaute selbst nur verwundert - oder war das ein
überraschter Ausdruck - durch die Klasse.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass der Lehrer noch gar nicht hier war. Zum
Glück, da fiel mein Zu-spät-kommen nicht auf.
Wenn sich Yami nicht bewegte, sollte es mir doch egal sein.
Ich ging jedenfalls zu meinem Platz, mit halb geschlossenen Augen. Zum Glück -
für mich - saß ich in der hintersten Reihe. Neben mir waren noch zwei Plätze
frei, sonst saß Tea noch hier. Aber irgendwie war sie wohl heute nicht da. Ob
sie krank war?
Joey war allerdings auch nicht hier. Merkwürdig.
Erst als ich mich langsam auf den harten, unbequemen Holzstuhl gesetzt hatte,
hörte ich erst wieder die laute Umwelt.
"Sag, bist du neu hier?" - oder "Hey du siehst aus wie Yugi, seid ihr Brüder?"
Gott, wie kamen denn diese Halbgehirne auf solch einen Mist? Yami und mein
Bruder? Nun gut, eine gewisse Ähnlichkeit unserer Frisuren bestand ja und
vielleicht die ungewöhnliche Augenfarbe, die wir beide teilten, aber sonst?
Yami allerdings nickte nur freundlich und schien mich ziemlich schnell vergessen
zu haben, denn Mai Valentine, die hübscheste aus der Klasse bot ihm neben sich
einen Platz an.
Na toll, Yami fand aber schnell Freunde.
Moment, was interessierte es mich denn? Für einen kurzen Moment hasste ich
diese Mai, ich meine, ich spreche so gut wie nie, mit ihr, aber heute ging sie
mir richtig auf den Senkel. Wieso musste sich Yami unbedingt neben dieser
blonden Schönheit setzen? Wollte er mich eifersüchtig machen?
Launisch knipste ich auf meinen Kugelschreiber herum und drückte mich tiefer in
die Sitzbank.
Und da kam auch der Lehrer herein, mit einer kleinen Leinentasche, die er sich
unter der Schulter klemmte und nachdenklichen Gesicht.
Was er wohl wieder hatte?
Aber egal, ich gähnte erstmal herzhaft. Ein Mädchen, Thalia, drehte sich zu
mir herum und hob eine Augenbraue.
"Lauter geht's nicht, was? Halte doch deine Hand vor den Mund, du Spinner!",
rief sie.
Ich kräuselte die Stirn, als mir klar wurde, dass mich Yami beobachtete. Wieso
schaute er gerade jetzt zu mir?
Thalia schnaubte, als ich meinen Blick zu Yami lenkte.
"Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen, du Kleinhirn?", fragte sie und mir
entging nicht, dass sie eine zierliche Stimme hatte.
"Was geht's dich an?", raunte ich und spürte, wie meine Hände schweißnass
wurden. Yami schaute jetzt abwechselnd zu mir und dann zu Thalia und
dann.....flüsterte er etwas zu Mai, die daraufhin auch zu mir schielte und
anfing zu grinsen.
WAAAAAAAAAAAAAS?
Jetzt fing er schon an zu lästern oder was? Dieser....was soll's. Nicht
aufregen. Er hat deine Wut nicht verdient, dieser Trottel - von neuem Schüler -
glaubte so an Freunde zu kommen? Pah!
Ich richtete mein Augenmerk wieder zu Thalia, die mit ihrer Freundin, neben sich
tuschelte. War ich jetzt hier Gesprächsthema geworden???
Ich verschränkte genervt die Arme, vor der Brust und verhakte meine Beine unter
dem Tisch - so wie ich es immer tat, wenn ich Angst hatte.
Okay, das war keine richtige Angst. Die sah anders aus. Die hatte ich, als mein
Großvater mich verlassen hatte. Diese Angst war packender. Ich glaubte, alle
würden über mich reden. Ich war doch nicht schon schizophren, oder?
"So, wir beginnen mit dem Unterricht, Herr Muto. Könnten sie das mal mit dem
Kugelschreiber unterlassen?"
Die nervende Stimme meines Lehrers ließ mich laut aufatmen, was mir wieder
Gekicher in den vorderen Reihen einbrachte. Yami schaute wieder zu mir hoch.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich weiterhin auf den Kugelschreiber
rumgedrückt hatte und dabei fast die Miene raus gesprungen war.
"Im Übrigen, ist ihre Arbeitshaltung nur mehr als ärgerlich. So was dulde ich
nicht länger. Geh vor die Tür!"
Ich zuckte die Schultern. Soll er es doch machen, wenn er wollte. Idiot, fluchte
ich leise.
Ich ließ den Kuli auf die Tischplatte fallen - ein lautes Geräusch entstand
und die Stirn meines Lehrers verfinsterte sich.
Ich hob beschwichtigend die Hände.
"Ich geh ja schon! Keine Panik!", erwiderte ich mürrisch und ging die Reihen
hinunter.
Ich fühlte einen festen Blick in meinen Rücken und als ich mich an der Tür
noch mal umwandte, sah ich, dass mir Yami nachstarrte.
Doch er blickte sofort weg, als er mein Augenmerk auf ihn gerichtet merkte.
Der Lehrer sprach ihn an und es kamen noch einige Floskeln schöner
Begrüßungen und so weiter, bis ich die Tür hinter mir schloss.
Eigentlich war der Schulflur mein zweites zu Hause geworden. Ich lehnte mich an
die Wand, neben der Klassentür und schloss die Augen. Ich kann ja etwas dösen,
dachte ich. Dieser dumme Physiklehrer hatte früher immer eine gute Meinung von
mir gehabt, seit neusten, wo ich ständig zu spät kam oder den Unterricht
störte - leider nicht mehr.
Ich war so in meiner Gedankenwelt versunken, als mir plötzlich jemand auf die
Schulter klopfte. Meine Augen rissen erstaunt auf.
"Joey!", rief ich perplex.
"Schon wieder hier draußen?"
"Sieht so aus!" Ich versteifte mich etwas in der Haltung.
"Was ist denn nur los mit dir?" Er begutachtete mich genauer, als wäre er ein
Arzt oder so was.
Ich hob die Schultern, trotzig und gelangweilt.
"Ist es noch wegen deinem Großvater?"
Ich schaute ihn lange an, verdutzt und dann...nickte ich. Was nützte es, ihn
anzulügen?
"Das musst du langsam mal hinter dir lassen, Yugi. Dein leben geht weiter, oder
willst du es dir noch mehr verbauen?"
"Vielleicht!", meinte ich aufständisch.
"Du bist ziemlich verbohrt, Alter! Weißt du das?" Er schüttelte den Kopf, als
würde er es nicht glauben wollen, was er hörte.
"Ich muss da jetzt rein...Tea ist übrigens krank. Besuchen wir sie nach der
Schule?"
Was?
Wieso sollte ich? Keine Lust...
"Mach das allein...ich muss was erledigen!", wich ich ihm aus.
"Was denn? Auf dem Friedhof heulen?" Er wurde still und wusste, dass er zu weit
gegangen war.
"Ich geh jetzt lieber!", sagte er schnell, bevor sich meine Wut anschwellen
konnte.
Er öffnete die Tür und ich hörte gerade Yamis Stimme. Was sagte er denn da?
Ich hörte nicht viel, denn Joey schloss die Tür wieder. Na toll, die paar
Wortfetzen brachten mich auch nicht weiter. Wer war dieser Kerl? Yami? Komischer
Name, genauso komisch wie Yugi! Ich musste lächeln.
Pah, was dachte sich Joey? Er musste sich auch in allem einmischen. Manchmal
glaube ich, dass er mich nicht mehr richtig kennt. Ihm ist es doch völlig egal,
was mit mir los ist.
Endlich, die Schulglocke läutete. Ich stieß mich von der Wand ab, rieb mir
über die Augen. Gott, war ich müde.
Sollte ich nach Hause gehen? Mir doch egal, was die Lehrer denken.
Sollten sie doch bei mir zu Hause anrufen...mich von der Schule schmeißen. Mir
wäre es nur recht.
Ich hasse diese Schule.
Die Klassentüre wurde aufgerissen und ich wurde mit dem Schwall von Schülern
mitgerissen. Hörte Wortfetzen, wie "Dieser Yami ist so cool....und süß!" oder
"Er ist ja so gut in Physik....vielleicht gibt er mir Nachhilfe...!"
Allerdings waren das nur Mädchenstimmen. Moment, wollte ich etwa, dass Jungen
so über ihn sprachen?
Ich war doch nicht mehr ganz richtig im Kopf. Das lag an meinem Schlafmangel.
Eindeutig.
Doch ich hörte noch etwas: "Wir schreiben übermorgen einen
Physiktest....dieser Spinner von Lehrer.....wann soll ich denn lernen?"
Ich blieb stehen, ließ alle an mir vorbeiziehen. Mist!
Ein Test? Ich konnte nicht schon wieder ne fünf schreiben. Aber ich hatte in
den letzten Wochen auch nie Notizen oder Hausaufgaben gemacht, je zugehört.
Ob Joey mir helfen würde? - Was für eine Schnapsidee. Joey war gerade mal so
im Vierer-Bereich der Noten am mitschwimmen.
Und Tea? - Sie war krank und würde wohl die ganze Woche nicht kommen.
Und die anderen in der Klasse? - Die konnte ich nicht leiden. Noch schlimmer,
ich hasste sie alle.
"Hey Yugi? Wieso stehst du hier rum?" Ich schaute auf. Leuchtend violette Augen,
die meinigen so ähnlich waren, studierten mich.
"Darf man nicht mal mehr hier rum stehen?", giftete ich zurück.
"Nun...schon. Tut mir leid." Er hob kurz die Hand zur Entschuldigung und strich
sich dann mit derselben hand durch die Haare. Ich schweifte mit meinem Blick
hinterher und erhaschte mich dabei, wie ich dieser Handbewegung nachstarrte.
"Ist noch was?", wollte ich wissen und reckte das Kinn zu ihm empor.
"Nun ja, der Physiklehrer - wie hisse er doch gleich...?"
"Herr Tayas?", fügte ich hinzu.
Er knipste mit dem Finger. "Genau, jedenfalls hat er wohl erkannt, dass ich ganz
gut bin in Physik und bat mich, dir Nachhilfe zu geben...du hättest es
nötig!"
Er beschaute mich eine Weile, während ich mit dieser Neuigkeit umgehen musste.
Fand Herr Tayas etwa, dass ich zu dumm war um selbst zu lernen und hetzte mir
diesen Schleimer auf den Hals?
"Ich brauche keine Hilfe! KLAR?", schrie ich los, "Von niemanden!", schnellte
ich hinzu und ging an ihm eilig vorbei.
"Aber Yugi....ich will dir doch nur...."
Ich hörte nichts mehr. Jetzt fing dieser neue Kerl mich auch noch weiter
verfolgen zu wollen. Nachhilfe? Von dem? Pah!
Ich stapfte weiter. Was hatte ich denn jetzt? Oh verdammt, wir hatten sicherlich
in Physik den neuen Stundenplan bekommen, gerade wo ich draußen gestanden
hatte. Mist....wo befand sich denn meine Klasse?
Ich schaute mich um und hoffte noch Yami zu sehen. Der war jedoch verschwunden.
Pah, ich such sicherlich nicht die ganze Schule nach meiner bekloppten Klasse
ab, dachte ich. Ich wusste dass meine Denkweise falsch war, aber es scherte mich
zumindest jetzt nicht mehr.
Ich trottete zum Schulausgang.
Ich geh nach Hause, der Lehrer hätte ja mal so freundlich sein können und mir
wenigstens den Plan geben können.
Oder ich hätte so freundlich sein können, den Lehrer oder einen meiner
Mitschüler danach zu fragen.
Aber das tue ich ja nicht", murmelte ich wie ein Selbstgespräch vor mich hin.
"Kapsel mich ja lieber ab." Ich fuchtelte mit den Armen wild umher und mein
Tempo wurde schneller, als ich auf den Schulhof lief, der menschenleer war.
Ich spürte die Sonne, die zwar durch einige behangenden Wolken verdeckt war,
dennoch erwärmte sie mich. Das dachte ich jedenfalls.
Stur, wie ein Bock wanderte ich den Hof entlang und erhaschte kurz eine kleine
Cola Dose - sie war in sich zerdrückt und schon so gut wie recycelt. Mit
wuchtiger Beschleunigung kickte ich sie vorwärts. Ein Lächeln erschien auf
meinem eingefallenen Gesicht.
Ich schwänzte die Schule, dass musste man sich mal vorstellen. Ich!
Klein-Yugi.
Zum Lachen.
Ich kickte mehrmals die Dose weiter, bis sie um einer Ecke verschwand. Na toll,
gerade die Raucherecke. Aber ich wollte die Dose nicht da liegen lassen. Es
machte zu viel Spaß. Hoffentlich stand dort niemand.
Vielleicht hätte ich diese bekloppte Suche doch lassen sollen, denn als ich um
die Ecke bog, um die Cola zu suchen, trat ich auf drei, korpulenten Kerlen zu,
und welche die noch im Schatten eines Baumes standen.
Allerdings kannte ich von den dreien, die sich vor mir aufstellten, niemanden.
Ob das gut war oder nicht, ließ sich bereits an zehn Fingern abzählen.
Na toll.
"Ich wollte nur meine Coladose wiederholen!" Meine Stimme glich einem
ängstlichen Piepsen.
"Ach wirklich?" Der in der Mitte, mit schwarzen Haaren und Schriftzeichen auf
dem Unterarm, beugte sich zu mir herab.
Ich konnte eine Zahnlücke sehen, als er mit mir sprach. Ich schluckte.
"Vielleicht war das keine gute Idee?" Fragte ich das etwa? Was war nur in mich
gefahren?
"Stimmt genau, wenn du einen von uns verpfeifst, gibt es Ärger, Schätzchen!"
"Ich sag nichts, ich kenn euch nicht mal...", verteidigte ich mich.
Der neben den Schwarzhaarigen, mit rötlichen Haaren zog an seiner Zigarette und
blies mir den Rauch entgegen.
Ekelhaft.
"So soll es auch bleiben, Kleiner! Und renn schnell zu deiner Mami!"
Ich zögerte, mein Blick fiel auf die Coladose, sie sah sehr mitgenommen aus,
von meinen Tritten. Nur wegen dieser dummen Dose musste ich mich mit diesen
Kerlen in Konversation treten?
"O-Okay!", meinte ich schnell und drehte mich bereits um
"Ach lasst ihn in Ruhe...Er geht in meiner Klasse!"
Schon wieder. Mit dem ihnen zugewandten Rücken starrte ich hoffnungslos zu
Boden.
"Ehrlich? Wenn das so ist, Yami...Schwänzt ihr beide den Unterricht?" Ich
hörte den schwarzhaarigen sprechen. Wieso hatte Yami nach nur einem Tag, der
nicht mal halb angefangen hatte, so viele Freunde?
"Du doch auch, nicht wahr? Gollus?, meinte Yami und trat aus dem Schatten
hervor.
Gollus? So hieß dieser schwarz-haarige?
Ich schaute über meine Schulter und unterdrückte das Zittern in den
Kniescheiben.
"Stimmt!" Er nickte und dieser Gollus schaute wieder zu mir herab.
"Ist er dein Bruder?"
Was hatten nur alle mit dieser Bruder-Schwesternschaft? Wir waren keine Brüder,
obwohl er mir ähnlicher sah, als sonst jemand auf dieser Schule.
"NEIN!", sagte Yami direkt und ich staunte nicht schlecht, als ich in der einen
Hand eine Zigarette glühen sah.
Er rauchte? Yami rauchte? Ich war total erstarrt, wie zu einer Salzsäule.
"Na dann...labert mal schön, ihr beiden. Wir hauen ab!" Sie schlugen bei Yami
noch per Handschlag ein und verschwanden vom Schulgelände.
Ich schaute ihnen nach. Das hätte auch böse ausgehen können. Zum Glück war
Yami da.
Moment....ich brauchte keine Hilfe, auch nicht von diesem Motorradfahrenden und
attraktiven-Mädchenschwarm und Raucher-Typ, namens Yami.
"Alles klar?", fragte er mich und zog an dem Glühstengel. Ich sah ihm staunend
entgegen, wie so ein Kleinkind, der noch nie jemand rauchen gesehen hat.
"Sicher!", meinte ich langsam.
"Du...du rauchst?", kam es über meine Lippen. Gott, wie blöd geht's....du
siehst doch dass er raucht, wieso fragst du so blöd?
Wie ein Geisteskranker?
"Ja, ab und zu....ist ganz nützlich."
"Nützlich? Wie meinst du das?"
"Um sich abzulenken, abzureagieren. Allerdings rate ich dir davon ab, dass kann
ganz schön zur Sucht werden!"
"Du bist nicht meine Mutter!", antwortete ich giftig.
"Na dann, willst du mal ziehen?" Er zwinkerte mir plötzlich zu. Ich schaute um
mich, sah mich auch niemand?
Sollte er mich für einen Angsthasen halten, oder was? Mir klapperten die
Kniescheiben.
Wieder schaute ich zu der Zigarette, die mich verführerisch anglühte.
"Und? Was ist? Anders überlegt?", horchte Yami nach.
"Sag mal, willst du mich zwingen oder was? Rauch doch selbst, wenn du
Lungenkrebs haben willst. Dann mach's doch!", geiferte ich.
Yami war ziemlich perplex, denn er zog seine Hand zurück.
"Ich will dich doch nicht zwingen, Yugi. Das verstehst du falsch. Du bist nur so
aufmüpfig und ich dachte...."
"Was dachtest du, hä?", horchte ich angeregt nach.
"Dass du mir mal dein wahres Ich zeigst!" Er sagte das so leise, dass ich ihn
kaum verstehen konnte.
Ich schaute ihn überrascht an - damit hatte ich nicht gerechnet.
Seine violetten Augen begegneten meinen und langsam versank ich, kaum spürbar -
in seinem Blick.
"Das ist doch Unsinn", riss ich mich selbst zurück in die Gegenwart.
"Wie du meinst, Yugi! Doch ich weiß es besser. Du hast doch etwas!"
"Was geht's dich an?"
Wie oft hatte ich diese Frage im letzten halben Jahr bereits gestellt?
Tausendmal?
"Dann geh doch Yugi - du musst doch nicht hier stehen bleiben. Es hat dich
keiner gezwungen. Hau ab und leb dein Leben, wie zuvor!"
"Was?", fragte ich verärgert und verlegen.
"Wer bist du? Ein heiliger Apostel?", fügte ich hinzu und schnaufte.
"Lass gut sein, ich dachte, du würdest anders sein, als alle anderen. Aber da
habe ich mich wohl getäuscht. Deine Pubertät ist wohl noch nicht vorbei...!"
Er ließ die Zigarette fallen, obwohl sie noch nicht mal halb angefangen war,
zertrat sie und ging an mir vorbei.
Sein Gang war so anmutig, dass ich ihm nachschauen musste und erhaschte mich
wieder, wie ich auf seinen Po starren musste.
Gott, wieso starrte ich nicht bei Mädchen auf den Po? Wieso bei ihm?
Irgendetwas stimmte doch nicht mit mir, aber was?
"Du weißt gar nichts!", rief ich Minuten später hinterher. Doch er war schon
längst außer Hörweite. Glück für ihn.
Kapitel 4: ~Won't get fooled again~
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Anmerkung: Ach, das Kap hat mir soviel Spaß gemacht, ehrlich ^^ Voll genial.
viel spaß beim lesen
4. Kapitel: ~Won't get fooled again~
Als ich wieder den vertrauten Duft des Flures roch, fühlte ich mich gut und
irgendwie glücklich - woher das nur kam?
Ich zuckte mit den Schultern, als ob mich jemand angesprochen hätte.
"Ich bin zu Hause!", rief ich und schleuderte meinen Rucksack an die Seite und
musste missmutig feststellen, dass ich ganz allein im Haus war - und so würde
es bleiben. Niemand würde aus der Küche treten, mit einem Kochlöffel in der
Hand, und mich begrüßen!
Gott, wie blöd geht es denn noch? Würde ich wirklich verrückt werden? So weit
so gut, war es doch eh schon geschehen. Ich sprach bereits mit mir selbst,
dachte alle würden über mich reden. Ich schüttelte den Kopf, während ich in
die Küche hastete.
Ich hatte ja so einen Durst und - Hunger! Aber das war nebensächlich.
Ich konnte zum einen gar nicht kochen und zum zweiten würde ich etwas
Kostenloses zu Essen im "Kaleidoskope" bekommen.
Aber bis dahin konnte ich noch Stunden zählen, ich hatte jetzt Hunger.
VERDAMMT!
"Wieso hast du mich allein gelassen?", schrie ich zur Decke und musste
erstaunlicherweise feststellen, dass in der oberen Ecke eine dicke, hässliche
Spinne saß.
Ich stampfte, wie ein Elefant - auf dem Boden auf und trat zum Kühlschrank.
Immer das gleiche Ritual, und nachdem ich diese dumme Tür geöffnet und mein
Kopf in das gekühlte Fach steckte, würde ich wie immer erkennen, dass der
Kühlschrank leer wäre.
Welche Ironie des Schicksals.
Was hältst du vom Einkaufen?, fragte mich meine innere Stimme.
Unsinn, ich geh jetzt nicht mehr raus, möglicherweise sahen mich noch
Schulkameraden oder Lehrer herumstreunen - und dann wäre ich geliefert. So
hätte ich wenigstens eine gute Ausrede. Mir war schlecht geworden, oder so. Das
klappte immer! Hoffte ich zumindest.
Plötzlich wurde die Stille unterbrochen. Das Telefon klingelte. Eigentlich rief
hier kaum jemand an. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Hoffentlich war es nicht
die Schule. Soll ich lieber nicht rangehen? Meine Finger schwitzten und das
dröhnende Geräusch rauschte mir in den Gehörgängen. HÖR AUF ZU KLINGELN!
Ich stand bereits vor dem Telefon, das wie hypnotisiert weiterklingelte. Wieso
hörte es nicht auf? Sollte ich dran gehen? Wenn es wichtig war? Jemand von der
Bank? ----
Wieder starrten meine Augen auf den Telefonhörer. Ich müsste ihn nur abnehmen.
.... Nee, lieber nicht! Oder?
Endlich sprang der Anrufbeantworter an, ich hab ihn shcon seit Monaten nicht
gehört, entweder war ich nicht da, wenn er ansprang, oder ich war schon beim
ersten Klingeln dran gegangen.
Doch nun hielt ich die Luft an, als ich die Stimme meines Großvaters hörte.
"----Wir sind zurzeit nicht zu Hause.--- Bitte hinterlassen sie eine Nachricht
nach dem Piep!----"
Piiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeeppppppppppp
Ich schluckte, meine Zähne klapperten und spürte wie sich mein leerer Magen
umdrehte. Seine Stimme zu hören, wieso war mir das nie vorher aufgefallen, dass
er das Band besprochen hatte? Erst heute - nach so vielen Monaten?
"Hallo?"
Ich schreckte aus meiner Trance aus.
Sah gespannt auf den Anrufbeantworter, neben dem Telefon.
Das durfte doch nicht wahr sein, oder war mein Ohr schon von der ganzen
Diskomusik, die ich abends hören musste, vollends verrückt geworden?
"Bin ich hier richtig? Ich weiß nicht, hallo? Yugi? Bist du zu Hause?
----Mist", flüsterte er durch die Muschel ", hab ich auch die richtige
Nummer?"
Ich hörte, irgendetwas in der anderen Leitung rascheln und musste anfangen zu
grinsen. Weiß nicht mal den Grund für dieses Lächeln.
Sollte ich drangehen?
Wie hat er meine Nummer bekommen? Wie ist er da rangekommen? Wieso verfolgte er
mich bis nach meinem zu Hause? Sollte ich ihm mal gehörig die Meinung sagen?
Reflexartig griff ich den Hörer. Was habe ich getan????
"Hallo!", hörte ich mich gepresst sagen.
"Yugi? Oh Gott sei Dank. Da hat mir Joey wohl doch die richtige Nummer
gegeben...!"
JOEY? Wie kam mein bester Freund dazu, diesem Fremdling meine Nummer zu geben?
"Scheint so, was hast du mit Joey zu schaffen?", fragte ich direkt heraus ohne
Umschweife.
"Ist das schon verboten, mit Leuten zu reden?", fragte er mich. Er war wohl auf
Streit aus, konnte er haben-.
"Ja, wenn es sich dabei um dich dreht, schon, ja....!"
"Sag mal Yugi, bist du noch ganz dicht?"; fragte er empört.
"Wenn du mich hier dumm anschwatzen willst, kann ich auch auflegen, verschieben
wir das auf morgen!"
Ich war gerade im begriff, das Telefongespräch zu beenden, als er....mich
unterbrach: "Moment, ich wollte dich etwas wichtiges fragen!"
Ich stoppte in meiner Handbewegung und führte den Hörer zurück an mein Ohr.
"Was?" Mach es kurz, dachte ich nur.
"Wegen dem Test am Donnerstag...du weißt schon, mein Angebot steht noch!"
Ich hörte, wie ich mit dem Ausatmen kämpfte. Durfte das wahr
sein????
"DESWEGEN rufst du an?", rief ich empört und wollte den Hörer auf die Gabel
knallen. Was glaubte dieser Trottel denn?
"Willst du denn keine gute Note schreiben?"
Ich kämpfte mit meiner aufzüngelten Wut.
Ich wollte nicht schon wieder - "Was geht's dich an!" - sagen, also überlegte
ich mir was anderes.
"Ich komme ganz gut alleine klar! Okay?", betonte ich jedes Wort.
"Yugi - sei doch vernünftig. Soll ich eben bei dir vorbeikommen?"
"Sag mal, musst du dich noch bei mir einnisten? Such dir jemand anderen....lass
mich in Ruhe, wie oft willst du das noch hören?"
Am Ende wurde meine Stimme so schrill, dass mein Hals anfing zu kratzen und ich
den Hörer mit Kraft auf die Gabel knallte.
Ich drehte mich gerade um, und wollte zurück in die Küche gehen, als das
Telfon wieder anfing zu klingeln.
Gott! Hörte der denn nie auf?
Mit schnellen Schritten war ich zurück und fegte mir den Hörer ans Ohr.
"Lass mich in Ruhe.....---OHHH.....du bist es. Hallo...nein dich meinte ich
nicht, Joey! Tut mir leid, ich dachte du wärst jemand anders..."
Ich verdrehte die Augen.
"Hat dich Yami schon angerufen?", war Joeys erste Frage.
"Nein!", log ich. "Wieso? Wollte er das denn?"
"Ja, wegen Physik, kann doch nicht schaden. Immerhin war er auf seiner alten
Schule ein so genannter Streber, wenn du mich fragst. Er hatte in jedem Fach
eine eins - wie du früher! - Er könnte dir doch helfen!"
"Sagt mal, spinnt ihr jetzt alle, oder was? Ich brauche keine Hilfe, von EUCH
nicht und von diesem YAMI auch nicht! KLAR?", schnauzte ich in den Hörer.
"Du bist immerhin früher gegangen, sonst hätte ich dich sicherlich gefragt,
Alter! Aber besser ist es doch, immerhin ist dieser Test für die Endnote, auf
deinem Zeugnis, von Belang."
Ich ließ Joey aussprechen. Irgendwie hatte er ja Recht.
Ich wollte ja nicht sitzen bleiben, aber wenn es nicht anders ging?
"Okay, ich gebe zu, ich hab dich angelogen", fing ich an, "er hat
angerufen...aber ich hab ihn abgewürgt!"
"Was hast du, Yugi? - Oh nein...was machst du immer für Sachen? Du könntest
seine Hilfe gebrauchen...nicht dass du Hilfe brauchen würdest!", sagte er
schneller, als mir lieb war. Ich grinste.
"Nun, ich weiß, wo Yami wohnt", fing ich nach einiger Weile an.
"Na dann....geh doch dahin....!"
"Mach ich vielleicht. Bis bald Joey!"
Ich legte auf, hatte keine Lust noch länger mit ihm zu reden.
Was glaubte Joey denn? Als ob ich zu yami rennen würde und wie ein Bettler, ihn
anflehen würde, mir zu helfen?
Vielleicht sollte ich es doch tun....mein Magen knurrte.
Ach wieso auch nicht, ich musste ja nicht lange bei ihm bleiben und direkt ins
Lokal gehen....im Anschluss wohlgemerkt.
Ich fasste meine Schultasche im Laufschritt, denn ich musste den passenden Bus
bekommen.
Also Yami, dann zeig mir mal, was du drauf hast, dachte ich schelmisch und
grinste über das ganze Gesicht.
Freute ich mich etwa, ihn zu sehen?
Mir war nicht mehr zu helfen...
Es dauerte nicht lange, denn die Wohnung von Yami befand sich ja neben dem
Nachtlokal, in dem ich arbeitete.
Ich schaute die Hauswand empor. Nasser Regen klatschte mir ins Gesicht.
Ich hasste das Wetter, wenn es sich plötzlich und ohne Umschweife änderte. Ich
war klitschnass und ich zitterte am ganzen Körper. Wieso hatte ich auch nicht,
in der Eile, meine Jacke angezogen? Ich stand hier im T-Shirt? Im Herbst? Wollte
ich mir den Tod holen, oder was?
Ja, vielleicht, sagte meine stumpfsinnige Stimme.
Wie hieß er eigentlich mit Nachnamen? Ich schaute auf die Klingelknöpfe.
Da stand es. Zum Glück auch mit Vornamen - dann musste ER allein wohnen.
Warum erpichte mich das so, ob er alleine wohnte.
Sein Name war Yami Atem!
Merkwürdiger Nachname. Ich klingelte trotzdem und hoffte er würde bald
öffnen. Denn das Shirt klebte schon an meinem Rücken fest.
War vielleicht doch keine gute Idee gewesen, herzukommen. Immerhin hatte ich
erst um 20 Uhr Schicht und es ist gerade mal 15 Uhr.
Wie lange wollte ich dann bei ihm sitzen und lernen? Wollte ich eigentlich mit
ihm lernen?
Ja, aber was anderes willst du mit ihm lernen, spornte mich meine hinterlästige
Stimme weiter an.
Waaaaaaaas? Was wollte ich denn sonst mit ihm lernen?
Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Ich war verrückt - eine bessere
Erklärung gab es nicht. Nun ließ Yami einen Psycho- in die Wohnung.
Ich müsste nur noch das Messer zücken - so wie in den berühmten
Klassikern...aber soweit war es ja noch nicht gekommen.
Endlich, ich konnte die Tür öffnen und stand sofort in einem Treppenhaus. Wie
viele Wohnungen hatte das Haus? Das ging ganz weit nach oben und ich sah
plötzlich von weit oben ein Gesicht zu mir herunter blicken.
"Yugi? DU?"
Es war Yami, der da oben stand, er war wohl raus gekommen, um zu sehen, wer da
geklingelt hatte.
Ich nickte zaghaft, wo war meine Wut hin? Wollte ich ihn nicht anmotzen, wie ich
es sonst immer tat?
"Komm rauf....Hausnummer 17!" Dann entschwand er meinem Blickfeld.
Neugierig ging ich die Stufen hinauf.
Dann endlich. Hausnummer 17. Die Tür war angelehnt.
Ich schubste sie leicht auf und lugte hinein. Ich schaute in einen kleinen
Flur.
Dann trat ich ganz ein und schloss vorbildhaft die Tür hinter mir.
Es roch nach Aftershave oder so etwas. Jedenfalls roch es gut. Musste ich
zugeben. Yami roch ziemlich gut. Upps....
Wieso dachte ich jetzt an so was?
"Yami?", fragte ich und schaute mich weiter in der Diele um. Eine kleine
holzkommode stand direkt neben mir und begrenzte den Gang etwas.
Darauf lag ein Schlüssel und einige Papiere. Darüber hing ein Bild von einer
Blume. Mochte Yami Blumen? Irgendwie kindlich. Passte gar nicht zu ihm.
"Ich bin hier!...Oh...Moment!", hörte ich und dann trat er auf den Flur, stand
mir gegenüber.
Ich war so gut wie tot, total fasziniert. Er trug nur ein Unterhemd, er war wohl
eben noch duschen gewesen, denn an seinen Oberarmen, die so schön braun und
muskulös waren, hingen noch einige Wassertropfen. Seine Haarspitzen waren noch
nass und tropften noch leicht.
Er trug eine leichte Sporthose in schwarz.
Oh mein Gott. Ich starrte ihn wieder an....Aber dieses weiße Unterhemd
und...diese enge Hose und...MOMENT!!!!
Schau weg von ihm...
Dann riss ich mich zusammen und schaute wieder in seine Augen.
"Störe ich dich etwa bei was?"
Wie hörte sich denn die Frage an? Als ob ich ihn bei etwas peinlichen erwischt
hätte oder so?
"Äh...nein!", er schaute selbst an sich herab und lächelte dann.
"Ich war duschen!", bestätigte er meine Vermutung.
"Oh na dann...wenn du keine Zeit hast, kann ich auch wieder gehen, ich wollte
nur...."
"Ach Unsinn, komm ruhig. Wir lernen gleich zusammen. Ich wusste, dass du kommen
würdest!"
Wie meinte er das denn? Er wusste es? War er ein Hellseher?
Ich folgte ihm, mit einem mulmigen Gefühl. Diese Wohnung war total traumhaft
für einen 18jährigen.
"Wohnst du allein?"
Ich stand mitten im Wohnzimmer und beschaute mir das Sofa.
"Ähm, ja....meine Eltern sind Ägyptologen und sind ständig auf Reisen.
Eigentlich recht einsam - so allein und mit ständigem Wechsel zwischen Wohnort
und Schule, aber ich habe mich daran gewöhnt!"
Er tauchte hinter mir auf und ich presste die Lippen fest aufeinander, um nicht
wieder zusammenzufahren.
Ich nickte nur nach einigen Minuten, oder waren es Stunden?
"Setz dich doch..."
Ich schaute über meine Schulter und sah, dass Yami aus dem Wohnzimmer
verschwand.
Es war eine Ledercouch. In schwarz...irgendwie kamen plötzlich in mir Fantasien
hoch, die ich gar nicht haben sollte, bei diesem Anblick. Es war nur eine
Couch.
Mir wurde waren unter den Wangenknochen. Denk an was anderes - nicht an die
Couch. Setz dich lieber in den Sessel.
Das tat ich dann auch und ich überschlug die Beine. Bin ich schon ne Frau
geworden? Ich hantierte mit meinen Beinen solange herum, bis ich sie lang
ausstreckte und schließlich überkreuzte.
Dann kam Yami zurück, in den Händen hielt er das Physikbuch, was er heute
erhalten hatte und einen Ordner, welcher ihm wohl der tolle Physiklehrer,
gegeben hatte.
"Ich hab schon reingelinst, was ihr so im letzten Halbjahr gemacht habt. Zum
Glück kenne ich das Thema. Also wenn du willst, fangen wir gleich an, ja?"
Konnte er sich nicht mal langsam was drüber ziehen? Dieser Oberkörper machte
mich wahnsinnig...wieso nur? Er war ein Junge und ich war ein Junge.
"Okay!", meinte ich. Und ich rieb mir die Augen.
"DU....", er schaute mich länger an, "steh sofort auf!"
Ich sah ihn irritiert entgegen.
"Mach schon!", forderte er.
Ich stand also auf und schaute auf den Sessel zurück, wo ich eine Wasserlache
hinterlassen hatte. Das hatte ich ja ganz vergessen. Der Regen...mein nass
geklebtes Shirt, was ich trug.
"Oh, das tut mir leid", sagte ich schnell.
"Keine Panik, Yugi, das ist nur Wasser, wieso hast du nichts gesagt?"
Er trat an mir so dicht vorbei, dass er mich kurz an der Hüfte berührte, dann
beugte er sich zum Sessel und begutachtete die Katastrophe.
"Ich dachte du hast Augen im Kopf", meinte ich mürrisch.
"Ich bin nicht dein Vater!", meinte er plötzlich, "du bist zu mir gekommen, da
hättest du ja mal einen Ton sagen können, dass du bis auf dem Grund
durchnässt bist!"
Er sagte das so ernst, dass ich schluckte. So hatte keiner mit mir gesprochen,
seit Großvater. Was erlaubte er sich? Das war doch nur Wasser - wie er sagte.
"Und ich bin nicht Luke Skywalker, kapiert? --- Ist ja auch egal, besser ich geh
jetzt..."
War sowieso eine bescheuerte Idee gewesen, herzukommen, was hatte ich erwartet?
"Kontern kannst du ganz gut. Aber...du bleibst!"
Es gab keine Widerrede, irgendwie waren seine Worte so gewählt, dass ich nichts
erwidern konnte. Mist.
"Und was jetzt? Soll ich deine Wohnung noch weiter zunässen?"
"Nein...Komm mir nach!" Er ging vor, wieder aus dem Wohnzimmer raus und zeigte
mir das Badezimmer.
"Geh dich duschen. Handtücher und Morgenmantel liegen auf dem Regal. Und die
nassen Klamotten häng am besten über die Heizung Nicht das du krank wirst!" Er
lächelte mir zu.
Ich war total eingeschüchtert und erstaunt. So etwas hat noch nie jemand für
mich getan - seit Großvater und in seiner Stimme schwang doch tatsächlich
Sorge mit.
Ich war kurz davor, loszuheulen.
Ich widerstand dem Gefühl und trottete an ihm vorbei.
"Okay, danke!"
Dann schloss ich die Badezimmertür hinter mir und ließ alles auf mich wirken.
Erst jetzt wieder, merkte ich die Nässe auf meiner Haut. Der Stoff klebte
regelrecht wie Patex auf der Haut.
Widerlich. Ich ging ein paar Schritte und starrte in den Wandspiegel über den
weißen Waschbecken.
Wie sah ich nur aus? Noch schlimmer, als heute morgen. Die Augenringe noch
dunkler, meine Wangen noch mehr eingefallen. Mein Shirt nässte total auf meiner
Brust und ließ mehr erahnen, als es sollte. Wie peinlich - hatte er das
bemerkt?
Dann schaute ich zurück zur Tür, sie besaß keinen Schlüssel und ich konnte
nicht abschließen. Was wäre wenn er plötzlich hereinkommen würde und
ich...ich wäre nackt?
Als ich wieder zum Spiegel sah, blickte mir ein tomatenfarbiges Gesicht
entgegen.
Egal...
Ich schlüpfte aus meinen nassen Klamotten und hängte sie über den Heizkörper
unter dem Fenster.
Er hatte nur eine kleine Dusche in der Ecke, als ich rein stieg, klebte sofort
der Vorhang auf meiner Haut. So was ekelte mich ja an - aber wenn der Vorhang
auch Yamis nackten Körper berührte?
Mir wurde heiß und kalt, obwohl der Wasserhahn nicht mal aufgedreht war.
Was dachte ich da nur? Denk an was anderes. Ich versuchte den Vorhang von mir zu
lösen und zuzuziehen. Dann ließ ich das Wasser laufen.
Kapitel 5: ~Save me~
--------------------
Anmerkung: DANKÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ für die Kommis
@ Polarstern: Thx dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Ach der ATI, nein
so normal mache ich ihn auch nicht. Kommt alles noch. Vielleicht ist es ja auch
Schicksal dass sie immer aufeinander treffen! Wer weiß, wer weiß!!! ^__^
Jedenfalls bedanke ich mich bei dir, dass du auch mal ein paar Kritikpunkte
anbringst. Setz ich wirklich zuviele Kommas? Ist mir nie aufgefallen. Ich find
sie immer genau richtig, besonders bei den Kettensätzen *gg* aber ich schau
mal, ob ich da was machen kann.
Übrigens hat ne Freundin dieses Kap beta gelesen ^^ hoffentlich hats ie auch
alle Fehler entdeckt. ^^ Danke dass du dich dafür anbietest. Wie du hast sonst
nichts zu tun? Lölz!
Also viel Spaß weiterhin mit dem Lesen. Das Kap war so cool....^^
Eure Lily
***
**
*
5. Kapitel:
Ich ließ das Wasser weiter über meinen Rücken spülen, ließ meinen Gedanken
freie Bahn - aber das was ich dachte, ließ mich noch mehr erröten....DENK AN
WAS ANDERES und nicht an diesen VORHANG!!! Ich schüttelte mich, obwohl das
Wasser nicht kalt war - nein - es war wohlig warm. Neben mir, direkt auf
Augenhöhe, war das Duschregal, voll gestellt mit Duschmitteln. Mein Augenmerk
richtete sich auf das Shampoo. "HUGO BOSS"??? So was kannte ich nur aus der
Werbung und ich war mir sicher, dass es wohl aus Amerika kommen musste. Yami kam
aber weit herum, oder seine Eltern schickten ihm das? Jedenfalls gefiel es mir,
dass er sich damit die Haare wusch. Ich musste dabei schmunzeln. Er hatte
sicherlich nichts dagegen, wenn ich mir das kurz ausborgte. Ich nahm die Flasche
und erstarrte. Hinter dieser grauen Tube von "Hugo Boss" lag ein
EINMAL-Rasierer. Was weiß ich, was mich geritten hat, doch ich fasste ihn an
und hielt ihn mir - unter spülendem Wasser - unter die Augen.
DA WAREN NOCH HAARE DRAN!!!!
Was war ich? Ein Spanner? Ein Voyeur? Leg IHN ZURÜCK, drang mich meine innerste
Stimme.
Was das wohl für Haare waren? Und wo er sich wohl damit rasiert hat?
Abrupt ging ich einen Schritt zurück in der kleinen Duschkabine und ließ
diesen kleinen, orangen Rasierer zitternd zu Boden fallen. Mit einem kleinen
Geräusch lag er nun da. Das Wasser platschte auf ihn drauf. Und meine Augen
sahen ihn an, als ob er außerirdisch war!
Ich fasste mich an die Stirn. Ich war krank! So krank.
Endlich nahm ich das Shampoo, das mich imaginär zu rufen schien. Ein großer
Klecks klatschte ich mir in meine nasse Haarpracht. Der Geruch war männlich,
attraktiv und roch nach so vielen verschiedenen Geschmäckern. Yami riecht gut!
Als ich es verteilte und sich viel Schaum bildete, schloss ich die Augen. Das
Shampoo war sicher sehr aggressiv zu den Augen, und ich wusste, dass ich seit
Kindertagen damit Probleme hatte, sobald Schaum hinein trat. Meine Finger
kneteten das Zeug richtig durch und als erneut diesen dummen Vorhang an meinem
Bein zu kleben schien, erschrak ich so sehr, dass meine Hand über mein Gesicht
abrutschte. Eine Handvoll Schaum streifte meine Augenpartie.
Zuerst wusste ich nicht, was ich als erstes fühlte. Den brennenden Stich, der
langsam anfing aufzuflammen? Oder dieses klebrige Gefühl des Vorhangs, der sich
um meinen Oberschenkel schmiegte?
Jedenfalls, war ich total mit den Nerven runter und versuchte eilig mit meinen
Fingern den Schaum aus den Augen zu reiben. Was dadurch nur schlimmer wurde -
ich rieb ihn mir stärker hinein.
"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHH!"
Wenn mein Schrei niemand gehört hatte, wusste ich auch nicht. Ich war total
zerstreut, mich nervte plötzlich alles. Dieses dumme Wasser was nun in
Rinnsälen über meine Stirn lief und noch weiteren Schaum mitbrachte und dieses
Feuer in den Augen.
"AHHHHHHHHHHH! VERDAMMT", schrie ich wie eine Furie. Und meine zu Fäusten
geballten Hände drückten sich gegen meine geschlossenen Lider. Dieser dumme
Schaum hatte sich wohl schon eingenistet. Meine Augen fingen an zu tränen, so
sehr brannte es. Ich war hilflos dem Schaum ausgeliefert.
ICH werde blind!
Ich fing an zu schniefen, die heißen Tränen, die sich mit dem Wasser
vermischten, machten alles noch schlimmer. Das Jucken und Brennen wurde
stärker. Ich konnte mir nicht mal richtig die Haare waschen. Was mache ich
jetzt? Warten bis es von selbst weg geht?
Das würde Stunden dauern. Der dumme Vorhang, den ich wütend von meinen Körper
entfernt hatte, näherte sich wieder. Ich konnte die Elektrizität fühlen, als
ob der Vorhang aufgeladen wäre und meinen Körper brauchte, um sich zu
entladen.
Na wunderbar!
"AHHHH", dieses Brennen wurde stärker, meine Hände schützend auf die Augen
gelegt.
Als plötzlich....
Jemand umfasste meine Handgelenke und zog sie von meinem Gesicht herunter. Dann
wurde ich betupft, mit einem weichen Stoff.
Ich erstarrte zu einer Salzsäule. Mein Körper wurde steif.
Ein weiches Tuch, oder war es was anderes?, wurde über meine Augen gestrichen.
Es war ein schönes Gefühl, während das Wasser weiterhin, wie in einem
aggressiven Ton, über meinen Körper peitschte.
"Es wird alles wieder gut....Ich hab dich schreien gehört!"
Was hab ich denn geglaubt? Dass mich ein Geist berührte? ES WAR YAMI! ER WAR
HIER - hier im Bad!
Oh nein, wo war ein Loch zum verkriechen? Vielleicht der Duschabguss? - Der war
zu klein, für mich....so ein Pech!
Ich ließ es über mich ergehen, und als ob er eine Art Schutzengel war,
entfernte sich das Brennen immer mehr von meinen Augen.
"Ich dachte schön, ein Mörder wäre ins Bad rein gestiegen...", hörte ich
Yamis Stimme murmeln.
"Im 17. Stockwerk?", murmelte ich in das Handtuch, "Sehr unwahrscheinlich,
oder?"
"Stimmt, da hast du Recht....öhmm....ja...also...", das Handtuch drückte er
mehr über mein Gesicht, und ich versuchte nicht daran zu denken, dass Yami im
gleichen Bad, wie ich...
Es hörte irgendwann auf. Waren es Stunden, die vergangen waren?
Als er wohl das Tuch von meinem Gesicht genommen hatte, öffnete ich die Augen,
als ob ich zuvor erst geboren worden war und ich die Welt nun zum ersten Mal
durch meine Augen sah.
So ein Schwachsinn, dachte ich wieder.
Erst sah ich nur Wasserdampf. Das Wasser, auf meinem Rücken zu spüren, war ein
komisches Gefühl, als ich dann noch Yami sah, der vor der Duschkabine stand und
mich ansah... wurde ich rot.
OH MEIN GOTT!...Oh mein Gott!...Oh mein Gott!
Ich schrie in meinem inneren, als ob ich ein kompletter Psycho wäre.
Yami, er stand hier...hier vor mir und ich, ich war nackt. Hat er alles gesehen?
Und damit meinte ich ALLES?
"Danke", sprudelte es über meinen Lippen und zum ersten Mal war ich froh, als
sich der Vorhang erneut um meine Schenkel schmiegte und somit alles männliche
verdeckte.
"K-kein Problem", entgegnete er und ich sah, wie er das Tuch in seinen Händen
knetete.
Unsere Blicke begegneten sich.
"Na dann...", fing Yami an. "Ich geh dann mal wieder. Beeil dich!"
Als er sich umdrehte, machte er an der Badezimmertür kurz halt und ich steckte
meinen Kopf aus der Kabine heraus.
"Ich hab nichts gesehen, falls du das denkst", meinte er schnell und eilte aus
dem Bad, schloss die Tür so schnell, dass ich erneut wie gelähmt war.
Er hat nichts gesehen, ...nichts gesehen....okay...er hat nichts gesehen....
Der Satz eilte, wie ein echo durch mein Hirn. Was hat er nicht gesehen? Meinte
er damit, dass...Als ich zu mir herabschaute, sah ich wie der Vorhang leicht
ausgebeult war, an einer Stelle wo...OH MEIN GOTT!!!!!
Ich starrte wieder zur Tür. Hat er das GEMIEINT? Ich war so gut wie
tot....tot....tot.
Ich musste sofort abhauen, sofort! Und am besten auswandern. Ganz weit weg. Das
war das peinlichste was mir je passiert war.
Mein Körper hat wohl nur überreagiert. Das war es wohl gewesen, nichts
besonderes, was zu Beachten gilt. Ich stimmte dem zu, obwohl ich mir nicht
sicher war.
Als sich meine steife Region wieder beruhigt hatte und mein Puls langsamer ging,
vor lauter Schrecken, drehte ich den Wasserstrahl ab. Ich kam mir schon, wie ein
Fisch vor
Oder Wie Nemo, der nur nach Hause wollte!!!
Ich stieg aus der Kabine. Sollte ich mir extra viel Zeit lassen und dann
abhauen? Oder mich doch schneller anziehen und wieder zu Yami treten....wahhhh.
Alles beide waren keine guten Ideen.
Ich rubbelte mich trocken, so schnell, als ob ich Katzenwäsche machen würde.
Ich zog den Morgenmantel, am Haken drüber. Er war länger, als gedacht. Ist ja
auch logisch. Yami war einen Kopf größer, als ich. Jedenfalls schleifte ich
noch ein Stück, weißen Stoff über die Badfliesen. Kam mir vor, wie ein
spukender Geist...aus einem Horrorfilm.
Als ich mich im Spiegel beschauen wollte, war der jedoch mit Wasserdampf voll
gesogen und beschlagen.
Meine Haare, die so gut wie durchgerubbelt waren, standen an allen Seiten ab.
Dieses Shampoo war ja eine richtige Tötungsmaschine. Und wieder fiel mir Yami
ein, den ich doch am liebsten aus meinen Gedanken streichen wollte - und meine
Reaktion auf ihn.
Vielleicht war das auch nur Einbildung - zumindest das mit meinem Körper! Wieso
hätte ich so auf ihn reagieren sollen? Er war ein Junge, ich war ein Junge. Und
es war nur ein Vorhang!!!!
Mit dem Gedanken und dass sonst ja nichts Peinliches passiert war, trat ich auf
den Flur, mit nackten Füßen.
"Ich bin in der Küche!", hörte ich ihn rufen.
Ich ging zurück zum Wohnzimmer, denn dort hatte ich noch eine weitere Tür
gesehen, beziehungsweise Küchenmöbel, die ja wohl darauf schließen ließen,
dass das wohl unmerklich die Küche sein musste.
Der Morgenmantel schleifte weiter über den Boden, als ich in der Tür zur
Küche stehen blieb.
"Ich dachte du hast Hunger", er benahm sich ganz normal. Dann hatte er wohl
wirklich nichts gesehen...oder? Und wenn doch? Und er hat es nur gesagt, damit
ich mir keine Gedanken machte? Was dachte er dann darüber?
"Du...du kannst Kochen?", hörte ich mich fragen.
"Nein. Etwas, was ich wohl nie können werde. Ich bin auch nicht perfekt!",
hörte ich ihn murmeln, während ich auf seinen Rücken starrte. Er hatte noch
immer dieses weiße Unterhemd an und bei jeder kleinsten Bewegung, konnte man
seine angespannten Muskeln durchzeichnen sehen.
Mir wurde so anders.
"Ich mach uns Pizza in der Mikrowelle. Das ist das einzige Gerät, was ich in
dieser Küche bedienen kann!", erläuterte er mir, und er schaute mich noch
immer nicht an.
"Oh, also Tiefkühlpizza?", hörte ich mich wieder fragen, es klang, wie ein
Echo einer anderen Person.
Ich sah Yami nicken. "Genau, du magst doch Thunfisch-Pizza?"
Fisch? Ich hasste Fisch, manchmal bekam ich davon eine Allergie.
"Äh...ja", hörte ich mich antworten. Was? Wieso sagte ich nicht "Ich kann
Fisch nicht ausstehen? und fragte ihn endlich nach dem Ding, was mich so sehr
beschäftigte. Ich wollte nur wissen, ob er wirklich nichts gesehen hatte.
"Gut, ähm setz dich doch an den Tisch, dann lernen wir gleich!"
Ich schluckte. Jetzt war ein guter Zeitpunkt, um zu verschwinden.
Im Morgenmantel? Oder was? Und der war noch von Yami!
Ich eilte zu dem kleinen Esstisch, neben der Ledercouch, die in mir Fantasien
entlockte.
Ich sah, dass er bereits die Physikunterlagen ordentlich auf die Tischplatte
gestapelt hatte. Den großen Ordner nahm ich mir als erstes vor und blätterte
darin herum, wahrscheinlich nur, um mich abzulenken.
Dann hörte ich ihn in der Küche rumoren. Schließlich kam er mit zwei Tellern
auf beiden Händen balancierend, hinaus.
Darauf lagen, zwei dampfende Pizzas.
"Dann lass es dir schmecken!", meinte er und legte den Teller vor mich ab.
Mein Magen knurrte auf und wir beide mussten daraufhin lächeln.
"Und....wo sollen wir anfangen?", fragte Yami, während er kaute.
Anfangen?
"Ich hab von nix eine Ahnung", gab ich zu und überlas die ganzen
Physikaufgaben.
"Oh, das wird ein gutes Stück Arbeit!"
"Stimmt es...dass...", ich riss mir ein Stück Pizza ab und kaute es durch.
Fisch hat so einen widerlichen Geruch, "...dass du so gut bist in der Schule,
meine ich?"
Yami zögerte.
"Na ja, mein Zeugnis sieht nicht schlecht aus, aber dass ich ein Streber bin,
müssen die wohl alle falsch verstanden haben!"
"Oh, das wollte ich damit nichts agen", wich ich ihm aus.
Yami hob eine Augenbraue.
"Nun ja, es stimmt schon, dass ich einige Einsen habe - aber bestimmt nicht in
allen Fächern."
"Und wo hast du keine?", hörte ich mich neugierig fragen.
"In Biologie und Sport habe ich eine vier minus", er lächelte. "Die Noten habe
ich aber nicht erwähnt, damit die Lehrer einen guten Eindruck haben. Nur der
Direktor weiß ja von meinen Noten!"
"Ach so, dann hast du nur von den Einsen berichtet?"
"Stimmt. Obwohl es nur drei sind. In Physik, Mathe und Japanisch."
NUR???? Ich würde schon froh sein, wenn demnächst wieder eine eins unter
meinen schriftlichen Arbeiten stehen würde.
"Klingt gut!" Ich drückte mir den restlichen Teigfladen in den Mund.
Yami nickte zögerlich. "Okay, na dann", wechselte er das Thema. Würde er nun
auf die Duschszene zu sprechen kommen?
"Fangen wir von ganz von vorne an!"
"Bevor wir anfangen", meinte ich, "findest du es nicht auch merkwürdig, dass
wir uns ständig über den Weg laufen?"
Yamis Kopf der nun über den Ordner gebeugt war, richtete sich zu mir hoch.
"Was?"
"Es kann doch kein Zufall sein...oder?" Was laberte ich da?
"Na ja vielleicht Schicksal?", hörte ich ihn murmeln, während er sich wieder
dem Ordner widmete.
"Nee, daran glaube ich nicht, an solch einem Mist. Genauso schlimm sind
Horoskope. Als ob das für jeden stimmen würde..."
Was? Was erzählte ich da? Lern lieber Physik...
"Kennst du TAROT?", fragte mich Yami plötzlich und drehte sich im selben Moment
um zu einer kleinen Kommode, die hinter dem Tisch stand. Schob die oberste
Schublade heraus und fasste nach einem Stapel Karten.
"Nicht wirklich", meinte ich ernst. War er so ein Freak?
Er mischte die karten und ich schaute ihm belustigt dabei zu.
"Ich hab das von meiner Mutter abgeguckt, meistens stimmt es, was die Karten
einem sagen."
"Glaubst du an diese Karten?", fragte ich ungläubig und faltete die Hände
unruhig unter dem Tisch.
"Na ja meistens jedenfalls, nur wenn sie was Positives sagen!", lächelte er.
Dann hielt er mir verdeckte Karten entgegen.
"Jetzt ziehe eine Karte!", wies er mich an.
Ich rutschte auf dem Stuhl hin und her. Welche Karte?
Ich nahm reflexartig die Karte aus der Mitte, zog sie heraus und starrte
darauf...meine Augen weiteten sich.
"Was hast du gezogen?", fragte mich Yami und studierte mein Gesicht.
Ich antwortete nicht. "Sag schon. Was schlimmes?"
Ich antwortete wieder nicht. Dann zog er sie mir aus den Fingern und sah sie
sich selbst an.
"Du hast die zwei Liebenden gezogen!"
Ich schluckte. Was bedeutete das? War er so ein Astro Freak - der die Antwort
darauf kannte? Oh Gott...
"Und?", fragte ich.
"Na ja, soviel weiß ich auch nicht darüber. Aber die Karte hat zwei
Bedeutungen. Entweder steckst du gerade in einer Beziehung, die du als total
harmonisch, liebend und als beschützend ansiehst...", dann wurde Yami still,
schaute mich kurz an.
"Und die andere Möglichkeit?", drang ich.
"Oder du hast dich gerade in jemanden verliebt, der dir genau, das bieten
wird!"
Mir wurde heiß und kalt, die Spucke in meinem Mund verschwand.
Seine Augen waren genau auf mich gerichtet. Und kurze Zeit versank ich darin.
"Und hast du eine Beziehung?", fragte er mich. Ging das nicht zu weit? Musste
ich ihm antworten?
Ich stutzte.
"Äh - nein...", stammelte ich und meine Finger schwitzten unter dem Tisch.
"Dann bist du verliebt?"
"Äh...glaub nicht", antwortete ich nach einer Weile.
"Die Karten lügen aber nicht, Yugi!" Dann zwinkerte er mir zu.
"Na klar!", hörte ich mich antworten. "Als ob die Karten in die Zukunft schauen
könnten!" Das war doch lächerlich.
"Na, wie du meinst!" War Yami nun eingeschnappt? Ach Unsinn. Er legte die Karten
zurück.
"Gut jetzt lernen wir!", Als er sich wieder zum Tisch drehte, streifte er meinen
Oberarm. Ich hielt die Luft an und es kam mir so vor, als ob Yami ebenfalls die
Luft anhielt.
"ÄH!" Ich sah, wie ich von alleine aufstand. "ich muss nach Hause", hörte ich
mich murmeln.
"Was? Wieso denn?"
Ich eilte ins Bad. Zog meine Hose an, die noch leicht nass war. Den
Morgenmantel, ließ ich noch schützend über meinen Rücken baumeln. So konnte
man nichts sehen...Wer sollte schon, was sehen wollen?
Dann zog ich mein Shirt über den Kopf. Und erstarrte,
als ich mich zur Badezimmertür drehte. Ich hatte die ganze Zeit schon einen
Blick in meinem Rücken gespürt!
Yami stand dort, mit verschränkten Armen und sah mir zu.
"Wie lange stehst du schon da?" fragte ich.
Er hob die Schultern. "Warum willst du schon gehen? Wir haben nicht mal mit dem
Lernen angefangen...."
"Äh..ja ich weiß. Aber mir ist eingefallen, dass der Wasserhahn in meiner
Küche noch läuft!" Ich nickte meiner bescheuerten Ausrede selbst zu und ging
an ihm vorbei. Ein kurzer Geruchsfaden seines Shampoos verfolgte mich. Mit dem
Rucksack auf meinem Rücken öffnete ich seine Haustür.
"Der Wasserhahn? Soso...", meinte er, zumindest glaubte ich, das noch gehört zu
haben. Denn ich lief das Treppenhaus so schnell hinunter, dass es mir schon wie
eine Flucht vorkam. Yami kam mir nicht hinterher.
Unten auf der Straße entschied ich mich ins Lokal zu gehen. Es war erst kurz
vor sechs Uhr. Noch zwei Stunden bis zu meiner Schicht!
Was war da eben passiert?----
Kapitel 6: ~Let me sleep~
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Notice: Hallo alle miteinander! Hab euch alle sehr lieb und eure Kommis sind
super nett. Also wenn meine Rechtschreibung jetzt nicht besser geworden ist,
dann weiß ich auch nicht. Übrigens: Das Kap hat echt irgendwie Spaß gemacht,
weil ich in meinen sonstigen Shounen-Ais noch nie sowas geschrieben habe.
Phoebe_chan hat mir an einigen Stellen geholfen! Thx! Und viel Spaß!!!!
Eure Lily Maus
6.Kapitel:
Ich eilte ins Lokal. Es war düster, nur ein paar teure Laternen, an den Wänden
funkelten um die Wette.
An einigen Tischen saßen Männer, um die dreißig, mit schwarzen Anzügen.
Wahrscheinlich aus dem Bankwesen, dachte ich desinteressiert. Ich suchte den Weg
zur Bar.
Hajuna, ebenfalls Barkeeperin, so in dem Alter, wie ich es war, stand hinter der
Theke und putzte Gläser. Als sie mich bemerkte, sah sie auf, ihre blonden
Locken, glänzten im fahlen Licht und ihre braunen Augen musterten mich
überrascht.
"Was machst du schon hier? Bist du nicht erst um 20 Uhr an der Reihe?", fragte
sie argwöhnisch.
Ich lehnte mich mit meinen Ellbogen über die Theke.
"Ich war in der Nähe", meinte ich knapp. Das würde ja wohl reichen. Oder?
Sie stellte ein geputztes Bierglas hinter sich ins Regal und musterte mich
erneut.
"Du siehst schrecklich aus, wieder nicht geschlafen?"
Hajuna war wohl die einzige, die von meinem akuten Schlafmangel was mitbekam.
Ich nickte geistesabwesend.
"Leg dich doch noch was hin. Ich wecke dich dann!"
Sie war fürsorglich, das wusste ich zu schätzen. Ich war wirklich müde, mein
Hirn rief regelrecht zum Schlaf und wollte sich von den ganzen Strapazen
erholen.
"Ja, gute Idee!" Ich ging in den Hinterraum, wo sich normalerweise nur das
Personal aufhielt - mich eingeschlossen. Er war leer und die benutzte Couch, die
nicht einladend war, zeigte sich mit Wohlwollen.
Vielleicht war es doch eine gute Idee, noch was zu schlafen, da ich noch die
ganze Nacht durcharbeiten musste.
Ich machte es mir bequem, obwohl das schon die reinste Übertreibung bei dieser
Couch war. Man sackte so tief in den weichen Stoff, dass man auch auf dem Boden
hätte schlafen können.
Wäre kein Unterschied gewesen. Die benutzte, braune Wolldecke, die sicherlich
über tausend anderen Körpern gelegen hatte, lag nun über meinen, kleinen
Körper.
Ich schloss die Augen. Eigentlich habe ich gedacht, dass mich wieder ein
Alptraum mit Großvater überfiel...so was kannte ich ja schon. Doch dieser
Traum war völlig anders, schlimmer womöglich. Meine Fantasien, die ich bereits
bei Yamis Ledercouch glaubte zu haben, schienen nun Realität zu werden, als ich
einschlief.
*Ich war im Schulgebäude. Im Physikraum!
Mein Lehrer meinte plötzlich: "Yugi komm nach vorne. Yami soll dir beim
Aufholen des Schulstoffes helfen!"
Alles war merkwürdig, wie im Nebel ging ich nach vorne. Ich ging an Tea und
Joey vorbei. Merkwürdig war auch, dass neben Yami plötzlich ein Platz frei
war.
Anstatt mich neben ihn zu setzen, stellte ich mich vor seinem Tisch. Alle
Klassenkameraden schauten zu uns.
Yami und ich blickten uns an. Er trug wieder einen schwarzen Lederdress - wie
einst diese Motorradkluft. Hier in der Schule?
Was war das überhaupt für ein Versuch? Ein Bunsenbrenner stand auf dem Tisch
und zügelte bereits eine Flamme.
Yamis Hand lag auf dem Kontrollrädchen des Brenners, um die Flamme etwas
niedriger zu stellen.
Dabei betrachtete er mich.
Dann....
Yami stand plötzlich auf, schnappte mich, zog mich hoch und beginnt mich zu
küssen. Der Kuss ist hart und leidenschaftlich zugleich. Oh Gott....
Die Schüler und der Lehrer sahen schockiert zu, wie wir uns beide auf dem Pult
legten und uns begierig weiterküssten. Ich sah, wie Tea und Joey sich
anblickten, alle total verstört.
Das Pult ist hart unter meinem Rücken, Yami drückte sich auf mich und meine
Hände fuhren unter sein Shirt. Ich stöhnte auf, als er mich weiterküsst.
Seine Zunge drückte sich in meinen Mund. Ich fuhr auf, bäumte mich mehrmals
auf. Vergaß, dass wir uns in einer Klasse befanden.
Plötzlich lag ich nackt auf dem Pult - all unsere Klamotten lagen um uns
zerstreut. Ich stieß mit meinem Kopf an irgendwelche Geräte, die auf dem Pult
standen.
Er berührte mich, mein Körper war wie gelähmt. Ich schrie auf.
Yamis Gesicht konnte ich nicht richtig erkennen, doch er trieb mich mit jeder
Berührung bis zum Höhepunkt. Als ich mein Gesicht zur Seite schnellen ließ,
sah ich den Physiklehrer. Er hatte ein kalkweißes Gesicht.
Dann schaute ich in die andere Richtung. Alle Augenpaare waren auf uns
gerichtet.
Wieder küsste ich Yami, meine Hände waren schweißnass - zumindest glaubte ich
das. Ich fasste ihm in den Schritt. Meine Wangen röteten sich, in mir kribbelte
alles.
Er tauchte seine Zunge in meine Mündhöhle und erforschte mit der Spitze meine
Zahnreihen und meinen sensiblen Gaumen. Auf einmal saugte er an meiner Zunge und
knabberte leicht daran.
Ich spürte, wie ich steif wurde. Meine Lust entlud sich wie ein Feuerwerk der
Gefühle, als...~
Ich wurde geschüttelt, erst leicht, dann immer mehr.
"Yami....", stöhnte ich, merkte die Decke an meinem Mund und erinnerte mich,
dass das ein Traum gewesen sein musste.
"Steh auf...Yugi..."
Hajuna?
Ich schaute schläfrig hoch, mein Gesicht war gerötet - vor Scham!
"Wer ist denn Yami? Etwa ein Mädchen?", fragte sie leicht.
Ich wurde noch röter.
"Hattest du etwa einen feuchten Traum?", fragte sie auf einmal.
Ich kriegte keine Luft, glaubte zu ersticken.
Ich sagte nichts.
"Okay, steh endlich auf!", meinte sie und ging aus dem Raum.
Dann atmete ich tief aus und wieder ein. Mein Puls schlug Rekorde. Mein Herz
hämmerte gegen die Brust. Als ich auf die Decke schaute, sah ich, eine leichte
Beule, an einer Stelle...die Yami in meinem Traum angefasst hatte. Ich war
fassungslos. Schockiert? Alamiert?
Ich erschrak und ekelte mich...stand auf. Mein kompletter Hosenbund war
ausgebeult, meine Erektion deutlich sichtbar.
Oh Gott!... - Oh Gott!!!!!
Ich legte meine Handfläche auf den Reißverschluss um das Schlimmste zu
verdecken, rannte aus dem Raum und verzog mich in die Männertoilette. Schnell
schloss ich die Tür ab und setzte mich auf den Klodeckel.
Atme einfach tief aus Das geht wieder weg! Wieso löste er so was in mir aus?
Das war doch nur ein Traum gewesen. Aber was für einer, gestand ich mir. Ich
dachte an die Szene auf dem Pult zurück...
Denk an was anderes....an was DENN?????, schrie ich mir im inneren zu, spreizte
meine Beine und presste sie an die geschlossene Türe.
Oh Gott, zittrig öffnete ich den Reißverschluss und zog die Hose etwas
herunter. Alles kribbelte. So was hatte ich noch nie gehabt - was sollte ich nun
machen? Wie?
Mein Herz klopfte so laut...mein Blut rauschte in den Ohren. Angstschweiß
bildete sich in meinen Stirnfalten, als ich meine Finger in die Unterhose
steckte.
Ich umfasste mein Glied. Es war warm und anders .... Wieso tat ich das? Ich sah
wieder, wie mich Yami küsste.. ES WAR NUR EIN TRAUM! HERRGOTT noch mal.
Dann kamen reflexartig, wie in Schüben, Bilder vor meinen Augen. Yami im
Unterhemd, mit Wassertropfen auf seiner Haut, vor der Duschkabine und dem
Handtuch, wie er meine Hüfte berührt hatte, oder meinen Oberarm....
Ich schloss schwer die Augen, während ich mich streichelte. In meinem Hals saß
ein Kloß, ich wollte seinen Namen herausschreien. So sehr musste ich an ihn
denken. An seine Zunge, die ich nur imaginär, im Traum - zu spüren bekommen
hatte. Ob er wirklich so gut küsste?
Mein Hinterkopf presste sich an die nassen, verdreckten Fliesen und mein Rücken
drüctke ich gegen die Klospülung. Mein Po rutschte weiter in die Kloschüssel
hinein. Meine gespreizten Beine waren wie erstarrt.
Meine Finger befriedigten mich selbst und ich spürte etwas nasses zwischen
meinen Fingern. Ich war wie bewegungslos. Und rieb weiter....immer mehr und ich
stöhnte laut auf. Niemand ist hier, niemand konnte die peinliche Aktion
hören.
Yamis Gesicht war vor meinen Augen. OHHHHHHHHHHH GOOOOOTT.
Hör auf damit, rief ich mir selbst zu.
Ich konnte nicht. Auf einmal kam jemand in die Männertoilette- ich wusste nicht
wer, hörte nur, wie jemand neben mir in die Toilettenkabine ging und
abschloss.
Ich versuchte die LUFT anzuhalten, ein weiteres Stöhnen zu unterdrücken, das
in meinem Mund lauerte. Ich war kurz davor - so kurz davor, wieder seinen Namen
zu schreien.
Meine Füße pressten sich weiter gegen die Tür. Ich schaute zur Decke, war
völlig atemlos, rieb mich weiter und wünschte es wäre Yami, der mich
berührte.
Ich drückte meine Erregung hinunter, wollte schreien. Seinen Namen.
Alles kribbelte und juckte in mir...Meine Gedanken kreisten um Yami.
Wann haute der Typ neben mir endlich ab...oh Gott....Ich spürte, wie sich alles
in mir aufstaute. Gleich müsste ich schreien...gleich....Oh Gott.
Wenn das jemand hörte....wenn der Typ neben mir das hörte. Reiß dich
zusammen, Yugi!!!!
Alles bebte in mir, mein Unterleib war so angespannt, ebenso wie meine
Lendengegend.
Ich presste meine Lippen zusammen, biss unaufmerksam auf meine Zunge. Verzog das
Gesicht...OH GOOOTT Wieso hörte ich nicht auf...??? Ich konnte nicht, konnte
nicht.
YAAAAAAAMIIII.
Hatte ich das laut geschrieen? Wohl nicht, die Toilettenspülung neben mir wurde
gezogen. Das Wasser rauschte und ich fühlte, ein Kribbeln...als ob ich auch
aufs Klo musste.
GEH endlich, ich kann nicht länger warten. Ich kniff die Augen fest zu, war so
kurz davor zu stöhnen.
Endlich, ich hörte wie jemand den Raum verließ, erst als die Tür ins Schloss
fiel.............stöhnte ich so laut auf, dass ich zittern musste. Mein Atem
ging stockend und stoßweise. Ich bäumte mich kurz auf, dann fielen meine Beine
zu Boden, ich zog meine Hand aus meiner Unterhose und konnte kaum atmen. Mein
Herz sprengte den Rahmen, so sehr war ich....gelähmt.
Ich schloss die Augen, wollte mich beruhigen. Das Tempo meines Pulses
verlangsamen.
Dann normalisierte sich wieder alles. Ich rutschte aus der Kloschüssel, meine
Pobacken hatten fast die Wasserlache in dem Becken berührt.
Was war das eben? Was war mit mir passiert? WARUM?
Ich zog zittrig und unkontrolliert die Hose hoch. Schlug mit der Hand auf die
Klotür und Tränen rannen aus den Augen.
Dann ging ich wankend hinaus, sofort zum Waschbecken. Wie unter einem Waschzwang
seifte ich meine Hände ein, die EINE Hand, war so klebrig...Mir wurde übel.
Dann schaute ich mich im Spiegel an. War das eine Selbstbefriedung? Hatte das
Yami in mir aufgelöst??? Ich starrte mit offenen Mund in den Spiegel...
Kapitel 7: ~Learning to breathe~
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Notice: Wegen dem Adult Kap: Hab leider kaum zeit das an alle zu verschicken.
Deswegen hier mein Plan. Geht auf meine Homepage unter YGO und da ist das Kap
auch hochgeladen. Da kann es jeder lesen. Okay?
So nun viel Spaß und danke für die wuchtigen, tollen Kommis. Großes Thanks an
Polarstern. Ich mag deine Kommis sehr gern, ich werde tun was ich kann.
Hoffe trotzdem, meinen weiteren Verlauf werdet ihr mögen.
Bis denne
7.Kapitel: ~Learning to breathe~
Ich fand mich morgens früh in meinem Bett wieder. Wie hatte ich diese Schicht
überstehen können, ohne eine weitere peinliche Situation erlebt zu haben?
Ich konnte mich nicht erinnern. Lag das daran, weil ich das in die hinterste
Ecke meines Gehirns geräumt hatte, oder an den Flaschen Alkohol - die ich nicht
mal mehr aufzählen konnte? Ich wusste allerdings, dass es viele gewesen
waren.
Ich rieb mir die Stirn. Ich dachte schon ich wäre von einem Kater befreit -
doch als ich mein Gesicht vom Kissen hob - war es eher das Gegenteil...
Ich fiel wieder zurück ins Kissen. Trotz des Alkohols hatte ich meine
peinlichste Situation nicht vergessen! Schlimmer....ich erinnerte mich genau
daran.
Ich schüttelte den Kopf und wollte aufstehen. Meine Beine waren wie taub und
ließen sich kaum kontrollieren. Hatte ich bei der Arbeit soviel getrunken? -
Hatte man das bemerkt? Bei der Arbeit durfte man nicht sooooooo viel trinken. Na
ja ab und zu ein Glas war erlaubt. Doch dabei war es - gestern - nicht
geblieben. Ich hatte aus der Flasche getrunken und nicht nur einen Schluck.
Ich stöhnte unter Kopfschmerz und taumelte ins Bad. Es war sicherlich seit
einem halben Jahr nicht mehr geputzt worden.
An sich hatte das Großvater immer gemacht. Nicht, dass ich nicht hygienisch
war, es war einfach zuviel Arbeit und Zeit fand ich auch nie.
Ich sagte mir immer: "Solange noch ein Durchgang zum Klo und zum Waschbecken
frei war, musste nicht geputzt werden!"
Tja und mit dieser Devise lebte ich erstmals und es klappte doch ganz gut.
Ausser Betracht ließ ich mal die verdreckte Wanne und das Waschbecken.
An sich war es schon ekelhaft, bereits mit nackten Zehen auf diese Fliesen
treten zu müssen. DAS war ein Akt der Selbstbeherrschung.
Ich riss im kleinen Bad erstmal das Fenster auf. Es roch ziemlich arg nach
"KLO"!
Im Spiegel, der ziemlich verschmiert war, konnte ich mich kaum selbst
betrachten. Die Bürste war voller Haare.
Oh nee, das machte doch keinen Spaß. Ich ging wieder hinaus. Ich sollte das Bad
so schnell wie möglich in Angriff nehmen. Ich schüttelte mich vor Ekel und
vergaß dabei völlig meine Kopfschmerzen und mein flaues Gefühl im Magen.
Ich trampelte zwei Treppenstufen auf einmal runter und eilte in einer Küche,
von der ich wusste, dass sie leer sein würde.
Ich hatte solch einen Hunger. Ich hatte im Lokal nichts gegessen, eher
getrunken. Trinken konnte man DAS sicher auch nicht mehr nennen. Saufen klang da
schon geeigneter.
Ich würde heute die Schule schwänzen und einkaufen. Direkt in den Supermarkt,
ganz in der Nähe von meinem Haus.
An sich war mir ja das Essen egal geworden. Wer hatte also das in mir bewirkt,
dass ich nun selbst was einkaufen wollte?
Ich zuckte nachdenklich die Schultern. Mir fiel keiner ein....
Nahm den Regenmantel vom Haken und zog ihn drüber. Ich hatte immer noch die
Sachen von gestern an.
Wenn man so spät nach Hause kam - hatte man einfach keine Lust mehr, sich
nochmals umzuziehen und fällt dann sowieso wie ein Toter ins Bett.
Draußen war es kühl und es regnete. Ich zog die Kapuze des Kurzmantels tief
ins Gesicht und trottete zum Supermarkt.
Na ja, so ein riesen Geschäft, welches man mit einem Supermarkt verband, war es
nun auch nicht. Aber es reichte aus, um die Bewohner dieser Stadt
durchzufüttern.
Unbekannt und ungesehen trat ich also in den Shop ein.
Ich gähnte noch einmal kurz und lief sofort zum Obstregal. Die frischen Sachen
grinsten mich vom weiten aus an. Mein Magen knurrte mit Verlangen.
Ich fasste nach einer Tüte Weintrauben und ging dann weiter zur Kühltheke.
So schwer war es gar nicht einzukaufen.
Es machte sogar Spaß, wenn man mal ausser Betracht ließ, dass das sonst immer
Großvater getan hatte.
Ich nahm mir eine Flasche Milch und packte sie unter dem Arm.
Hätte ich mir doch lieber einen Korb mitgenommen..., fluchte ich leise.
Ich kehrte in einen Gang ein, wo Tiefkühlboxen standen und fand mich vor der
Tiefkühlkost wieder.
Suchend fasste ich nach einer Pizza.
Erstaunt darüber, dass es Thunfischpizza war, wurden meine Augen übertrieben
gesagt größer und kamen fast aus den Höhlen.
Ich hasste doch Fisch, wieso nahm ich sie mir dann?
War das nur YAMIS Schuld, seine Eingebung?
Verwirrt darüber, nahm ich sie trotzdem mit und suchte die Kasse auf.
Eine ältere Dame schaute auf, als ich alles geordnet auf das Fliesband
ablegte.
"Guten Morgen", hauchte ich.
"Morgen....na hast du später Schule?"
Wollte sie etwa einen Small-Talk beginnen?Na wunderbar, ärgerte ich mich.
"Äh - ja!" und war froh, als sie alles in die Kasse eingegeben hatte.
Ich orderte noch eine Plastiktüte von der Kassiererin und musste noch etwas
zuzahlen.
Nur wegen der TASCHE???? Die spinnen doch alle...also ehrlich.
Schnell rannte ich dann aus dem Laden, die Kapuze wieder über den Kopf
geschmissen, die Tasche baumelnd in den Händen.
Was war das nur für ein Einkauf? Was sollte ich denn jetzt essen? Weintrauben
und Milch oder was?
Ich rollte die Augen und war froh, als ich eine Bäckerei sichtete.
Als ich eintrat, war das Geschäft völlig leer, ausser der Verkäuferin.
"Hallo Yugi!"
Ich schaute sie überrascht an. Ach ja, ich kannte sie auch. Sie war eine alte
Freundin von Großvater gewesen.
"Hallo!"
"Wie geht's dir? Ich hab dich schon lange nicht gesehen!"
"Ach gut...was soll man machen?", ich versuchte zu grinsen, "das Leben geht ja
weiter!"
Sie packte mir was in eine Tüte, obwohl ich gar nichts bestellt hatte, dann
überreichte sie sie mir.
"Für dich...heute musst du nichts bezahlen, ja?"
Ich fühlte die Warmherzigkeit dieser Dame. "Vielen Dank!", meinte ich
freundlich.
Draußen schaute ich neugierig nach, was sie mir doch eingepackt hatte. Der
Regen hatte nachgelassen.
Zwei Rosinenschnecken, zwei Croissants, ein Brötchen und ein Hefezopf.
Soviel? Und das musste ich nicht bezahlen?
Ich schämte mich etwas, aber entschied mich, es nicht zurückzugeben.
Immerhin hatte ich Hunger. Als ob ich den "Hunger" erst seit heute morgen
spüren würde....sonst war es mir doch auch egal gewesen, ob ich was esse.
Aber jetzt, war ich wie ein Verhungerter auf der Suche nach Essbaren. Peinlich,
als ob es bald Krieg geben würde und ich mich vorher noch voll schlagen
wollte.
Bescheuert! Mein Benehmen!
Ich ging zum Domino Park. Es war ruhig, noch keine Schüler zu sehen. Kaum
jemand ging in den Park. Viele Schüler gingen außen drum herum
Also würde man mich nicht sehen.
Ich suchte nach einer Parkbank unter mehreren Bäumen.
Dann nahm ich die Milchflasche, öffnete sie mit einem Klack und drückte sie an
meinem halb geöffneten Mund.
Unwillkürlich musste ich an den Traumkuss denken!!!
Wenn ich Milch trinke? Hallo? Geht's noch?
Ich verschluckte mich und musste husten.
Mit dem Handrücken vor meinem Mund versuchte ich mich wieder zu beruhigen.
Warum musste ich an den Kuss denken, wenn ich Milch trank? Gab es da irgendeine
Verbindung, von der ich wissen müsste?
Dann öffnete ich die Tüte mit all den Leckereien. Was sollte ich als erstes
nehmen? Also meinem Körper war es wohl egal, der hatte solch einen riesen
Hunger, dass er sich am liebsten alles reingestopft hätte.
Ich suchte mit meinem Gesicht in der Tüte und wollte mir die Rosinenschnecke
rausziehen, als...
NEEEEEEEEEEEINNN!!! Nicht schon wieder....nicht ER!!!!
"Morgen Yugi. Du frühstückst ja!"
"Ach nee?", murmelte ich eher in die Tüte, als zu ihm. Nur nicht aufsehen,
vielleicht zeigte ich dann wieder eine Reaktion - die nicht erklärbar
wäre...das wäre erst recht peinlich.
"Darf ich mich zu dir setzen?"
Ich murmelte irgendetwas. Es hatte sich als "Ja" angehört, denn ich hörte, wie
er sich neben mich setzte, dann roch ich seinen feinen, männlichen Geruch.
Dann hatte ich die Schnecke zwischen den Fingern und stopfte sie zur Hälfte
völlig und schnell in den Mund, versuchte zu kauen. Aber es war zuviel gewesen.
Der Teigfladen klebte an den Zähnen und meine Mundhöhle war voller Rosinen und
Teig, meine Wangen ausgebeult.
Yami schaute mich belustigt an und fing an zu lachen.
Ich zeigte ihm meine Zornesfalte.
Dann spürte ich ein Kratzen im Hals und war kurz davor zu husten.
Ich wollte aber nicht husten. Nicht mit dem Teigfladen im Mund, da würde alles
rauskommen.
SO EIN MIST!
Ich versuchte während meines Mampfens zu lächeln und das Husten zu
unterdrücken.
Ich kam mir vor, wie jemand, der alles in Sekunden in sich hineinschlang oder
aber auch wie ein Geisteskranker.
Was dachte Yami wohl darüber? Als ich kurz zu ihm blickte - nicht zu lange -
sah ich wieder sein breites Grinsen.
Endlich, als ich schluckte, fing ich sofort an zu husten und einzelne kleine,
gekaute Brocken, kamen aus meinem Mund geflogen - sie flogen in alle Richtungen.
Ein paar Krümel trafen Yami im Gesicht.
Ein todsicheres Geschoss, dachte ich lächelnd.
Yami wich erschrocken zurück und wischte sich übers Gesicht.
Das geschah ihm Recht...diesem Dauer-Grinser!!!
"Da kam ja einiges raus", sagte er und schaute mich an.
"Scheint so,...ich hab wohl zuviel....", ich stoppte. Moment, was ging es ihm
an?
Ich hustete noch einmal und dieses Mal hörte es nicht so schnell auf.
Ich beugte mich nach vorne und hielt meine Hand an meine Brust. Alles zog sich
zusammen.
HÖR AUF ZU HUSTEN! Wie peinlich kann es noch werden?
Dann fühlte ich seinen flachen Händedruck auf den Rucken, mehrmals schlug er
sachte darauf und hoffte wohl somit, meinen Husten stillen zu können.
Immerhin war ich nun von seiner Berührung so abgelenkt, dass der Husten
wirklich langsam ruhiger wurde...
Als ich aufhörte, nahm Yami seine Hand allerdings nicht von meinem Rücken.
Wieso nicht? WIESO???? NIMM SIE DA WEG!!!!!
Ich schaute zur Seite, zu ihm auf.
"Danke, alles klar...mir geht's gut!"
"Wirklich?" Sorgte er sich etwa? Er kam näher und betrachtete mich.
Also so nah, hätte er auch nicht kommen müssen....so nah....also...äh....
Ich schaute verbissen zu ihm, mein Puls raste. Nicht von dem Dauerhusten, eher
wegen seines Blickes.
Ich senkte die Schultern.
"Ich hab wohl das Essen verlernt", gab ich zu und biss wieder von
der Schnecke ab, nur ein kleiner Bissen. So was sollte nicht noch mal
passieren.
Er lächelte mir zu, dann nahm er endlich die Hand da weg. Ich fühlte mich
wieder frei und nicht so unangenehm eingeengt
"Wenn du auch was willst!" Ich reichte ihm die Tüte, ohne ihn anzusehen.
Er nahm sich etwas heraus - das hörte ich am Rascheln.
"Danke!"
"Wegen der Pizza gestern, als Entschädigung!", meinte ich und schwieg dann
wieder.
Was redete ich für einen Müll, wenn er in der Nähe war?
"Kein Problem. Was macht dein Wasserhahn?"
"Was? Was meinst du?" Fragezeichen bildeten sich auf meiner Stirn.
"Na wegen gestern", erinnerte er mich und hob die Augenbraue.
Ich legte die Stirn in Falten.
"Welchen Wasserhahn meinst du?" Gott, war ich blöd, vergaß meine eigenen
Ausreden....
"Na der in deiner Küche!", meinte er.
Jetzt machte es erst Klick bei mir.
"OHHHHHHHHHHH", murmelte ich sofort. "Ach das!!!!"
Ich winkte ab.: "Ja alles klar!"
Er schaute mich geduldig an.
"Na dann....ist ja gut!"
Irgendwie glaubte ich, dass er mein Flunkern erkannt hatte. MIST! Ich war
einfach kein perfekter Lügner.
"Ja....genau!", antwortete ich, um die penible Stille zu übertönen.
"YUGI!"
Als er mich mit Namen ansprach ließ ich meine Schnecke etwas sinken, schaute
ihn an.
"Was?", kam es über meine Lippen.
"Willst du mir denn nichts sagen?"
Willst du mir nichts sagen?.......Willst du mir nichts sagen?
WAAAAAAAAS? Worauf wollte er hinaus?
Meine Finger schwitzten plötzlich.
Wusste er etwas? Hatte er was bemerkt? Argwöhnisch betrachtete ich verstohlen
meine Hose - ich zeigte keine Reaktion...also das konnte es nicht sein. MOMENT!
Meinte er die Duschszene? Hatte er doch was gesehen?
OH NEIN!!!! Oder die peinliche Situation im Lokal? Moment, davon konnte er ja
nichts wissen, oder konnte er Gedanken lesen? Wusste er auch von meinem Traum?
Ängstlich blickte ich zu ihm hoch.
"WAS meinst du?" Gott, nun zitterte ich schon in der Stimme?
Jetzt schaute er mich auch noch so direkt und unverwandt an....was bedeutete
das?
Dann lächelte er plötzlich und lehnte sich zurück. Seine Hand legte er auf
die Rückenlehne und starrte kurz zum Himmel hinauf.
"Du weißt ganz genau, was ich meine!"
Was sollte dieses Spielchen? Ich wusste es nicht, wirklich nicht!
"NEIN! Weiß ich nicht", gab ich trotzig zurück und öffnete erneut die
Milchflasche.
Ich schaute Yami noch länger an, als er dann seine beiden Hände ineinander
faltete und er sich etwas vorbeugte und auf dem Kieselboden unter seinen Füßen
starrte. Erst dann wusste ich, was er meinte.
"DU hast Probleme, Yugi. Und zwar so einige. Was ist los?"
Okay, ich hab zwar irgendwie damit gerechnet, aber das er so geradewegs danach
fragte?
"Probleme...ich....auf keinen Fall. Von wem hast du denn diese Information?",
kaute ich ihm langsam vor und spreizte die Beine vor mir aus. Dann nahm ich
einen Schluck kalter Milch - dieses Mal ohne zu husten. Ein Fortschritt.
"Dafür brauche ich keinen Informant. Wenn man nicht blind ist - und das bin ich
nicht - sieht man es dir deutlich an."
Er drehte sein Gesicht zu mir und mir war es so unangenehm, dass ich mit dem
rechten Fuß in den Kieseln scharrte.
Man sah es mir deutlich an... Man sah es mir deutlich an?
"Tja, wenn du so ein Hellseher bist und sowieso alles weißt, wieso fragst du
dann noch?", erwiderte ich mit trotzigem Blick.
"Ich bin kein Hellseher, Yugi. Aber du hast doch etwas...etwas was dich so tief
erschüttert hat, dass du dich vor allem verschließt!"
Ich schüttelte genervt den Kopf, wedelte mit einer Hand.
"UNSINN!", unterstrich ich mit einer vorwurfsvollen Handbewegung.
"Ach ja?...Erzähl mir nichts, Yugi. Sei doch mal ehrlich!"
"ZU DIR?", schrillte meine Stimme plötzlich, wie eine Sirene.
Ich war selbst erstaunt, dass ich innerlich so wütend geworden war, dass meine
Stimme schon davon in Beschlag genommen wurde.
"Wieso nicht? Ich glaube zu deinen Freunden bist du es nicht!"
"WAS geht's dich an?", erboste ich zu sagen, packte die Flasche in die Tüte
zurück, ebenso die Tüte der Bäckersfrau.
"Ich hab echt keine Lust auf deine Therapiestunde...such dir jemand anderen und
nerv mich nicht ständig!"
Ich als kleiner 18jähriger Junge, stand einem gleichaltrigen gegenüber, der
größer war und auch noch vor mir auf einer Bank saß und sagte solche Sachen.
Ich war komplett bescheuert.
"SCHÖN...ich sehe doch, wie sehr du es jemanden erzählen
willst...und...du...es nicht kannst!", fing Yami wieder an und ich musste vor
Schreck ihm den Rücken zuwenden. Denn auf einmal fühlte ich Tränen, die aus
meinem Innersten kommen wollten.
Er hatte ja so Recht - SO RECHT! Wieso hatte er Recht? Wieso ein Fremder?
Jemand, der mich KAUM kannte?
"Warum nicht Yugi? Was ist denn nur geschehen, dass du so geworden bist, ich
kann mir nicht vorstellen, dass du so....je gewesen warst!"
"HALT DEN MUND!" Dabei machte ich eine herrische Handbewegung und fühlte nun
eine Träne, die aus meinem Auge heraus brach.
Ich starrte zu Boden, nicht zu ihm. Meine Finger drückten die Tüten so fest,
wie sie nur konnten.
Nicht heulen, zwang ich mich. Doch, solch einen Zwang war ich wohl nicht
gewachsen und schluchzte los.
Auch das noch. Eine weitere peinliche Situation, in der Nähe Yamis.
Ich ließ die Tüten von meinen Fingern gleiten, hörte sie auf den Boden
fallen. Dann kam alles sehr schnell.
Als ob ein Tränenausbruch nur darauf gewartet hätte. Mir schossen brennende
Tränen aus den geschlossenen Lidern und selbst meine Hände, die über meine
Augen fuhren, konnten sie nicht stoppen.
Warum nicht?
"Du-Du...du weinst ja!"
Oh was für eine Erkenntnis Yami...ein goldener Siegerpokal, nur für dich.
Und dann....kam die schönste Berührung, die ich nicht mal mehr im Ansatz
definieren wollte.
Ich bemerkte seinen Schatten, auf den Boden und dann, seine Hände, die sich auf
meinen Rücken legten, zogen mich an ihn heran.
Ich schluchzte wieder auf, mein Herz machte Sprünge.
Ich legte meine Wange an seine Brust ab und konnte dennoch nicht aufhören zu
heulen.
Wieso endete ich nicht?
Seine sanften Berührungen, waren wie kleine Elektroschocks. Mein Körper
reagierte so sehnsüchtig danach, dass ich mich enger an ihm schmiegte. Und er
hatte wohl nichts dagegen - im Gegenteil.
Yamis Hände strichen über meinen Rücken hinab und wieder hinauf.
Immer wieder, wiederholte er diese sanften Kontakte.
Ich zitterte wie ein riesiger Iglu, der zulange in der Sonne gestanden hatte..
Und dann hob ich mein Gesicht an, steuerte meinen Blickkontakt zu ihm. Er sah
mich nur tröstend an.
Ich wollte es ihm plötzlich alles erzählen. IHM? Wieso gerade ihm? Warum
konnte er in mir, diese Grenze brechen, die andere nicht durchbrechen konnten?
Nicht mal Joey oder Tea, wieso ein neuer Schüler, den ich kaum kannte?
Kapitel 8: ~Feels like home~
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Notice: Phoebe_chan hat zwar drübergeguckt, aber es kann sein, dass sie ein
paar Fehler übersehen hat. Ich hab es jetzt einfach so hochgeladen. Verzeiht
mir dann bitte die Fehler. Sowas passiert mir leider!
Wenn korrigiere ich es wenn ich zeit finde.
lily
Kapitel 8:
Ich schniefte noch einmal auf, meine Nase war verstopft. Nur durch ein paar
Tränen? Jetzt fing meine Nase auch noch an zu laufen und ich musste mehrmals
schniefen. Und dann plötzlich....hielt mir Yami ein Taschentuch vor die Augen.
Dankend nahm ich es ihm ab und schnaubte wie ein Elefant, den angesammelten
Schleim aus der Nase.
Mein Gesicht wurde purpurn.
Nicht mal die Nase schnauben, konnte ich. Das hatte sich wirklich nach einer
ganzen Elefanten Herde angehört.
Beschämt versuchte ich mich aus seiner lockeren Umarmung zu lösen.
Womöglich sah ich nun aus, wie ein Karneval Clown: Mit rotem Gesicht und
Augen.
Seltsam betrachtend, schaute ich in Yamis Gesicht. Er grinste nicht, er sah sehr
grübelnd aus.
"Ist wieder alles okay?"
Seine Frage ließ erneut Tränen aus meinen Augen quellen und ich musste meinen
Kopf von ihm abwenden.
"Nein, ist es nicht, das ist es schon so lange nicht mehr....ich vermisse ihn ja
so sehr", mein Satz wurde mit Schluchzern unterbrochen.
"Wen vermisst du?"
Yami musste ja nur Bahnhof verstehen.
Tief atmete ich ein und für einen Augenblick dachte ich daran,
aufzuhören...aufzuhören mit dem Atmen.
Ich befeuchtete meine Lippen mit meiner Zunge und brauchte recht lange um weiter
zusprechen.
Wieso sagte ich Yami alles? Ich wollte das gar nicht.
"Mein....m-mein....m-mein Großvater!" Er....er ist....!"
Ich verzog mein Gesicht zu einer Maske, die nur noch Schmerzen präsentierte.
Mein Körper schüttelte sich und ich plumpste, wie ein Sack auf den Boden. Der
harte Kiesel, der mir vorher so weich erschienen war, fühlte sich nun hart an.
Mit den Nerven fertig, fuhr ich mit meinen Händen mehrmals durch die Haare.
"Yugi....das...das tut mir leid, das...." Yami versuchte irgendwie mich zu
besänftigen, doch dadurch kletterte die Trauer in mir nur noch höher. Der
Schmerz und mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen zu müssen, wurde
größer und breitete sich in mir aus. Breitete sich aus, wie ein Ozean in
meiner Seele.
Ich sah nicht, wie er sich ebenfalls vor mich hinkniete und versuchte
Entschuldigungen zu finden - für ETWAS - was niemand mehr rückgängig machen
konnte. Er würde nicht wiederkommen. Egal, was er sagte, egal, wie schön seine
treffenden Worte klingen würden.
"Es tut so weh...so weh....", ich griff mir an die Brust, meine metaphorische
Haltung, die deutlich auf mein Herz zeigte, ließ Yami zurückschrecken. Zwar
nur ein wenig, doch ich merkte sofort, dass er nicht damit umgehen konnte, so
wie er es wollte.
Ich spürte seine warmherzige Hand, die sich auf meinen Oberarm legte.
"Du bist stark Yugi. Du überstehst das schon. Es ist immer schwer....so etwas
mitzuerleben. Der Verlust eines geliebten Menschen ist tragisch, weil man glaubt
keinen Weg mehr zu finden.....aber es gibt einen Weg. Das hätte dein Großvater
sicher so gesehen und gewollt!"
Das Taschentuch lag bereits zerfetzt in meiner Handfläche, die ich fest
zusammenballte. Sie schwitzte unwillkürlich. Ich wollte Yami ja glauben, wollte
glauben, was er mir sagte.
Mein Kopf brummte unter den Tränen, die nicht versiegen wollten.
"Ich will, dass er zurückkommt...", sagte ich wie ein naiver Junge, der
glaubte, dass ein Toter noch mal zum Leben erweckt werden könnte. Pah! So was
Dummes. Konnte natürlich nur von mir kommen.
Das würde aber eh nicht passieren. Pech Yugi!
"Yugi, sieh mich an!"
Verwirrt sah ich ihn an, seine Augen leuchteten mit so einer Sprühstärke, dass
ich mich für eine kurze Zeit so richtig geborgen fühlte und glaubte, mich in
ihm wieder finden zu können.
Als sich seine Hände auf meine Schultern ablegten, wurde mir heiß und kalt.
Was hatte er vor?
"Er wird nicht zurückkommen. Er hat dich verlassen. Doch das heißt nicht, dass
du allein bist. Du hast Freunde, die dich stützen, die dir helfen
wollen....ich....ICH will dir helfen, Yugi."
Meine Unterlippe fing an zu beben. War ich etwa so gerührt? Ich versank in
seinen schönen Augen. Sie waren so schön klar und....hell.
"D-Danke!" Dann schluchzte ich wieder auf.
Der Wind spielte mit unseren Haaren und verwischte die Spuren meiner Tränen auf
meinem Gesicht.
Dann fühlte ich seinen Daumen, der über meine Wange fuhr, als eine erneute und
hoffentlich letzte Träne aus meinem Auge austrat.
Mir war es unangenehm, seine Berührungen zu spüren, zu wissen, dass er das
war. Dass er mich anhören wollte, dass er erkannt hatte, wie es mir wirklich
ging.
Er lächelte mir zu und nickte dann.
"Keine Ursache Yugi. Falls du Hilfe brauchst, bin ich für dich da!"
Wie er das sagte....und er wollte mir helfen. MIR!
Als ich ihn wieder ganz sachte anblickte, fiel mir wieder der Traumkuss ein. Ob
er wirklich so gut küssen konnte, wie ich es mir imaginär vorstellte? Seine
Lippen waren so verführerisch. Ich erhaschte mich dabei, wie ich ihm auf den
Mund starrte.
Dann riss ich mich zusammen.
"Danke", sagte ich wieder.
"Soll ich dich nach Hause bringen?"
Sollte er? Sollte er nicht?
"Nein, du musst doch....ich meine...und die Schule?", wollte ich wissen. Er
wollte doch sicher dahin gehen.
"Ich sag einfach, es gab ein familiäres Problem. So ähnlich ist es ja auch!"
Er half mir wieder auf die Füße und ich hielt, eine Minute länger, seine
ausgestreckte Hand fest. Nur um noch einmal diese Wärme zu spüren.
Dann nahm er meine Einkaufstüten, die noch auf dem Boden lagen und wir gingen
nebeneinander her.
Ich hielt den Kopf gesenkt, denn ich war mir sicher, ein gerötetes Gesicht zu
haben, voller Tränen. Das sollte niemand sehen. Es war ja schon schlimm genug
gewesen, dass es Yami gesehen hatte.
"Yami, du musst mich nicht nach Hause bringen. Meine Schule kennt es nicht
anders. Die wissen wohl schon, dass ich schwänze. Aber du bist doch neu, das
macht keinen guten Eindruck!"
Ich fühlte mich unbehaglich, schon deshalb weil ich ihn ja regelrecht zwang
mitzukommen.
Aber er kam doch aus eigenem Interesse mit.
Oder?
"Immerhin lerne ich so dein zu Hause kennen! Das ist doch das Schwänzen wert!"
Er zwinkerte mir zu.
Argwöhnisch betrachtete ich sein Verhalten. Was hatte das Zwinkern zu bedeuten?
Und wieso schwänzte er freiwillig?
Wegen mir? Sorgte er sich so sehr um mich?
Das gab es schon lange nicht mehr - einen Menschen, der sich so sehr um mich
bemühte.
"Wenn du das sagst", meinte ich und erreichten den Spieleladen.
"Also hier ist es", sagte ich und schloss daraufhin die Tür auf.
"Ihr habt einen Spieleladen?", staunte Yami.
"Ja, aber seit Großvater....", ich verstummte, konnte darüber noch nicht
sprechen. Noch nicht!
"Du musst nicht darüber sprechen! Irgendwann vielleicht! Ja Yugi?
Ich antwortete nicht. Hörte mein Herz schneller schlagen. Tausend Gedanken
schlugen in mir ein.
<>
Ging dann schließlich ins Haus und Yami folgte mir schweigsam.
Wir gingen beide die Wendeltreppe zur Wohnung hinauf.
"Du wohnst jetzt also allein hier?", fragte Yami.
"Ja....guck aber nicht so auf die Sauberkeit, damit habe ich es nicht so."
Wieso sagte ich das?
Ich blieb im Flur stehen und beobachtete Yami, der sich alles genau anzusehen
schien. Er stellte die Tüten ab und betrachtete die Bilder, die im Flur hingen.
Immer wieder huschte ein Grinsen über mein Gesicht. Nur weil ER hier war?
"Schön hier. Wo ist dein ZIMMER?"
"M-Mein...m..ein....mein Zimmer?", stotterte ich und wippte mit einem Fuß.
"Ähm ja....du hast doch sicher eins."
"Äh! Sicher! Äh komm!" Erst jetzt bewegte ich mich von der Stelle und ging an
ihm vorbei. Dabei berührte ich kurz seinen Oberarm.
Für eine ganz kleine Minisekunde verharrte ich kurz und wünschte mir eine
Zeitschleife.
Dann bog ich allerdings nach rechts ab und trat durch meine offene Zimmertür.
Auf einem Blick: ES WAR KRASS!
Mein Zimmer war überladen mit Klamotten, es roch total nach Zigaretten aus der
Kneipe...ich rauchte doch nicht. Und Alkohol. Yami dachte sicher, ich wäre ein
Trinker.
Was ja auch irgendwie stimmte....an manchen Tagen.
Der Klamottenberg in der Ecke wucherte in die Höhe und erreichte fast die
Decke.
Selbst mein Schreibtisch war mit Büchern, Papierschnipseln und Blättern aus
der Schule beladen.
Mein Bett in der Mitte war seit Monaten nicht neu bezogen worden und die Decke
war zerknüllt.
Ich verharrte in der Türschwelle.
"Das ist es also!" Ich erschrak, als ich seine Stimme hörte, sein Atem, der
meinen Nacken kitzelte.
"Äh ja....sieh nicht so genau hin!" meinte ich schnell, als sich Yami an mir
vorbeiquetschte.
Mit hochgezogener Augenbraue schaute er wieder zu mir zurück, als er sich einen
Überblick geschafft hatte.
"Das du so leben kannst. Das wäre mir viel zu unordentlich."
Dann lächelte er mich an.
Was erlaubte er sich?
"Tja jeder lebt anders. Mir egal!" Ich hob die Schultern und ging selbst in mein
Zimmer genau aufs Bett zu und schmiss mich auf die weiche Matratze.
"Soll ich dir helfen aufzuräumen?"
Ich öffnete die Augen und erhob mich leicht von der Decke. Yami stand vor dem
Bett und begutachtete mich.
"Ach Quatsch. Nein!", winkte ich ab.
"Schaffst du das denn alles alleine?" Er klang meines Erachtens wieder besorgt.
"Klar! Mach dir keine Sorgen. Geht schon."
"Sicher Yugi?" Yami schaute sich um und rieb sich an der Stirn.
"Na ja....", meinte ich langsam.
Dann setzte sich Yami zu mir aufs Bett, wieso so nah? Hatte ich ihm das erlaubt,
mir so nahe zu kommen?
Was wäre, wenn ich mich nicht weiter beherrschen konnte, wenn mein Körper
wieder überreagierte?
"Wie fühlst du dich?"
Ich machte große Augen.
"Nicht besser, als eben", gab ich zu.
Dann passierte etwas sonderbares, womit ich nicht gerechnet hatte.
"Na denn lenk ich dich etwas ab", hörte ich nur noch und dann ging alles so
schnell. Er wuschelte mir durch die Haare und versuchte mich anzufassen.....eher
zu kitzeln. Ich musste nicht alles auf die Goldwaage legen. Er fasste mich nicht
absichtlich an, sondern wollte mich nur ablenken, so wie er es auch gesagt
hatte. Nur kitzeln, nichts weiter!
Krampfhaft versuchte ich mich zu wehren, weil ich ein ziemlich kitzliger Mensch
sein konnte. "Hey hör sofort auf!" Wie alt waren wir? Solche Spiele spielten
wir im Kinderkarten, jetzt allerdings war ich kurz davor Abitur zu
machen....waren wir dafür nicht etwas zu jung? Aber während ich mich auf der
Matratze tollte, musste ich unverzüglich feststellen, dass wir beide lachen
mussten. Es war so befreiend. So frei...es war so anders und schön. Ich fühlte
mich von einem Augenblick zum anderen, so glücklich. Überaus glücklich.
Ich musste nur lachen, wenn er mich an manchen Stellen berührte.
Er drückte mich in die Kissen und seine Finger kitzelten mich am Bauch. "Warum
sollte ich? Ich will dich ablenken...."
Ich wusste, dass das ziemliche innige Berührungen waren. Oder glaubte ich das
nur? Vielleicht war das normal. Fassten sich Jungen so an? Wenn sie nur Freunde
waren?
Taten das auch normale Freunde? Oder konnte es sein, dass er....?
Ich wusste keine Antwort, mir war sie auch regelrecht egal. Meine Beine warfen
sich in die Höhe und ich wollte ihn auch kitzeln, doch er war stärker und
hatte meine Handgelenke umfasst.
Ich lachte auf und vergaß vollkommen meine gedrückte Stimmung.
Er war ein wirklicher Freund.
Nur ein Freund.....nicht mehr!!!!
Ich prustete wieder los, als er meine Hände noch immer festhielt und ich mein
Gesicht tief ins Kissen drückte. Meine Beine versuchten ihn wegzudrücken. Doch
er war zu schwer oder eher zu kräftig.
"Und? Wie fühlst du dich jetzt?", fragte er mich in einem atemlosen Ton.
Seine violetten Augen studierten meine Augen. Doch ich war so gerührt, von
seiner Ablenkung, dass ich nicht sofort antworten konnte.
Als er mir nun so nah war, konnte ich jedes Detail in seinem Gesicht sehen. Die
leichten, kaum sichtbaren Mundfalten, die erst deutlicher hervortraten, wenn er
lächelte. Seine Augen, die so nachdenklich und zugleich offen wirkten. Und
seine reine Haut, die blonden Strähnen, die ihm plötzlich, ohne Vorwarnung, in
die Stirn fielen.
Die Haarspitzen berührten selbst meine Stirn.
Waren wir uns so nah? Würden normale Freunde, wie Joey, mir auch so nah
kommen?
Ich schluckte. Werde ich nun etwa rot?
Ich befeuchtete meine Lippen, waren die schon so trocken gewesen? Nur weil ich
mich ihm so nah fühlte?
Genau in dem Augenblick schaute er hinab auf meine Lippen, sah zu, wie ich mit
meiner Zungenspitze drüber fuhr.
Plötzlich fing alles an zu prickeln, erst fing es in meinen Beinen an und
schlich sich immer weiter. Oh GOTT. Schau weg, geh runter. Mein Körper,
er....reagiert wieder. Yami, geh von mir runter.
Doch er hörte mein Flehen nicht, lag genau auf mir.
Wenn er nicht bald von mir runter ging, würde er es fühlen, würde fühlen,
wie ich steif werde. Er würde sehen, dass er der Auslöser war.
"GEH SOFORT RUNTER VON MIR!", schrie ich. Und mir war es im selben Moment
peinlich.
ER schien total verwirrt und geschockt zu sein, wegen meinem Schrei.
Er hob beschwichtigend die Hände.
"Schon gut, Yugi. Du musst mich ja nicht anschreien!"
Endlich, er ging von mir runter und sofort krallte ich mir meine Bettdecke und
schmiss sie mir über meinen Körper.
Haute mit den Fäusten drauf, damit sie sich etwas ausbeulte. Ich spürte
plötzlich mein reges Verlangen, was mich im Inneren zur Explosion brachte. Ich
wäre jetzt am Liebsten aufgesprungen und hätte ihm die Kleider vom Körper
gerissen.
GOTT, WIESO REAGIERTE ICH SO ÜBER?
Er blickte überrascht auf mich hinab. "Was ist denn plötzlich los mit dir?"
Ich hatte den Kopf gesenkt, ich musste erstmal mit diesem Kribbeln in meiner
Lendengegend fertig werden. Oh Gott, gerade noch mal gut gegangen...zum Glück.
Hatte er doch etwas gemerkt?
Ich schüttelte schnell den Kopf.
"Sorry, ich bin nur müde! Okay?"
Mir fiel in dem Moment nichts Besseres ein.
"Dann schau ich mal nach deinem Wasserhahn!"
"ÄH? Was?" Verwirrt blickte ich auf.
"Ne bessere Ausrede fällt dir wohl nicht ein, Yugi. Sag mir doch sofort, dass
du mich nicht leiden kannst. Wenn ich dir zu nahe trete oder auf den Wecker
gehe, dann SAG was!"
"Ich kann dich leiden. Ehrlich! Es ist nur..."
Er wusste also von meiner Wasserhahnausrede?
"Was?"
Ich konnte ihm wohl kaum die Wahrheit erzählen, oder?
Ich wollte ihm ja nah sein...irgendwie. Ich wollte, dass er mir nah war.
Merkwürdig, wieso sollte ich so was wollen?
"Es ist....", fing ich an.
"Ich geh lieber! Ist vielleicht besser so!"
Als er an der Tür angekommen war, rief ich noch: "Warte doch bitte. Ich hab
nichts gegen dich. Es ist nur....ich bin es nicht mehr gewohnt. Das ist alles.
Bitte, geh doch nicht!"
Ich wollte wirklich nicht, dass er ging. Doch er tat es doch. Er ging.
Idiot, schnauzte ich wütend in meinem Inneren.
"Wir sehen uns!" Dann ging er wirklich.
Wieso? Ich hatte mich doch entschuldigt, oder nicht? Was war denn so schlimm
gewesen? Nur weil ich ihm mal laut meine Meinung gesagt hatte? War er so ein
Weichling? Oder wie?
Ich schaute wieder zu meiner Bettedecke. Zum Glück hatte sich mein Körper
wieder beruhigt.
Puh....zum Glück, dachte ich nur erleichtert. Er hatte es wohl gesehen. Oder
ist er deswegen so schnell verschwunden?
Ich kratzte mich am Hinterkopf. So ein Unsinn. Er ist nur so schnell gegangen,
weil ich ihn angeschnauzt habe. So wird es gewesen sein! So und nicht anders.
Kapitel 9: ~Soulmate~
---------------------
Anmerkung: DAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAANKE und viel THX für die Kommis!!!!!
****Was soll ich dazu sagen? Bin echt total gerührt, immer wieder. *wein*
Okay, bevor ich alles mit Tränen verwische XDDD, kommt mein nächstes, kurzes
Kap.
Danke an meine Beta Leserin....hoffe du hast nichts übersehen Phoebe-chan ^^
ansonsten viel spaß
lily
*
**
*
Kapitel 9:
*1 Stunde später*
"Als sie sich begegneten, sahen sie einander schon.
Als sie sich sahen, liebten sie sich..."
Ich schloss das Buch, als der Schulgong ertönte. Der Unterricht war beendet.
Endlich!
Ja, jetzt stehe ich hier, ich weiß nicht einmal, wieso ich doch noch zur Schule
gegangen bin. Denn nun muss ich den Physiktest schreiben, für den ich nicht
gelernt habe. Ich zittere schon vor Angst. Wieso war ich noch mal hierher
gekommen? Mir fiel keine Antwort dafür ein. Hat man so was schon mal gesehen?
Wie kann ich freiwillig zur Schule gehen, mit dem Hintergrundwissen, dass ich zu
faul gewesen war mit Yami zu lernen und eine sechs im Test unausweichlich
erschien?
Meine Beine weigerten sich, den Englischkurs zu verlassen. Denn nun müsste ich
unverzüglich zu Physik schlendern. Na ja gut. Ich hatte ja noch eine Pause
dazwischen, die es wohl auch nicht besser machte.
Ein wenig im Zeitlupentempo fasste ich nach dem Rucksack neben mir und öffnete
den Reißverschluss, um das Shakespeare Buch "Wie es euch gefällt"
einzustecken. Meine Klassenkameraden waren irgendwie immer schneller....denn nun
war ich der letzte im Raum. Wie lange brauchte ich eigentlich für etwas, was
nur Sekunden hätte brauchen müssen? Legte ich etwa schon ein Buch, im
Schneckentempo in den Rucksack?
Mach hin, Yugi!
"Ach hier, bist du!" Ich erschrak, als ich aufblickte. Yami lehnte in der Tür
und schaute erwartend zu mir. In der Hand hielt er ein grünes Buch. Physik?
"Ich dachte, wir könnten es uns noch einmal ansehen. Ich kann es dir im
Schnelltempo erklären!", feixte er.
"Äh", ich war so beirrt ihn so zu sehen, dass das Buch zu Boden fiel.
Yami kam näher und war so blitzschnell neben mir, dass ich nur erstaunt
darüber war, wie schnell er sich gebückt und das Buch aufgehoben hatte. Er
öffnete es an der Stelle, wo mein Lesezeichen drinsteckte und schien es
wirklich kurz zu überfliegen.
Mir war es etwas unangenehm, weil die Szene eine der romantischsten im ganzen
Buch war und die Aussage umso passender. Wie treffender? Meinte ich das jetzt
auf Yami bezogen?
Ich versuchte krampfhaft zu hüsteln.
Yami blickte kurz zu mir auf, sein Lächeln wuchs in die Breite.
"So was liest du gerade in Englisch?"
Ich nickte stumm.
"Als sie sich begegneten, sahen sie einander schon", hörte ich Yamis Stimme
murmeln. Mir wurde ganz anders, als er es vorlas. Warum? Das hatte ich doch eben
auch schon gelesen. Hatte die Stelle nun plötzlich einen anderen Kontext für
mich erhalten oder was? Langsam hoben sich meine Augenlider und ich schaute mit
geröteten Wangen zu Yami, der fest das Buch in den Händen hielt.
"Kaum, dass sie sich sahen, liebten sie sich!"
Ich spürte, wie mein Mund trockener wurde. Mein Herz klopfte lauter, das Blut
rauschte lauter durch meine Ohren hindurch. Alles nur, weil er ein belangloses
Zeug vor sich hinflüsterte?
Yami schaute von der Buchschrift auf. Blickte mich an. "...liebten sie sich!",
wiederholte er langsam.
Es schien mir plötzlich so, als wäre die Zeit auf die Sekunde stehen
geblieben. Als würde alles wie im Schneckentempo voran gehen.
Oh Yami...
Was dachte ich da? Hör sofort auf damit...denk nicht an so was. Mir war nicht
mehr zu helfen.
Dann hörte ich ein lautes Geräusch, als Yami das Buch zuklappte und es mir es
vor die Nase hielt. Ich reagierte nicht. Wollte ich etwa so stehen bleiben und
darauf warten, dass Yami das Buch in mein Rucksack steckte, oder was?
Nimm ihm das Buch ab, Yugi! Ich musste mich innerlich mehrmals zusammen reißen,
bis meine Hand nicht mehr kribbelte und ich es sorgsam entgegennehmen konnte und
schnurstracks in den Rucksack stopfen konnte.
"Ist ja nur romantisches Getratsche!" sagte ich schnell, mit gesenktem Haupt.
"Wahrscheinlich", antwortete er in einem merkwürdigen Ton, sodass ich aufsehen
musste.
"Warum sagst du das so seltsam?" Ich versuchte meine Hände irgendwo abzulegen.
Sie schwitzten so unwillkürlich drauf los und plötzlich kamen mir meine Hände
so lang vor und ich wusste augenblicklich nicht, wohin damit. Sollte ich sie
hinter dem Rücken verschanzen oder lieber in die Hosentaschen stecken?
Yami hob erst eine Augenbraue, dann die andere. Schließlich lächelte er
wieder. "Nur so", dabei schüttelte er witzigerweise den Kopf. "Übrigens, wir
haben große Pause....und ich bin froh, dass du doch noch gekommen bist, ich
meine wegen heute Morgen....na du weißt schon. Ich wollte dir da nicht zu nahe
treten!" Yami nahm wieder das Physikbuch von meinem Tisch auf, dass er hingelegt
hatte, um meine pastorale Komödie zu lesen. Ich bemerkte wie er sich an dem
Buch festzukrallen schien, seine Knöchel traten sogar hervor. Was war das
denn?
Ich war eine Minute so sehr davon abgelenkt, dass ich ihm erst nicht
antwortete.
"Schon gut Yami....schon gut. Es war nicht deine Schuld, du hast ja nichts
getan, wofür du dich entschuldigen müsstest. Das müsste ich eher tun!" Ich
suchte seinen Blick, dann schmiss ich mir meinen Rucksack mit einiger Kraft auf
dem Rücken und machte Anstalten zu gehen.
Yami schluckte kurz, nickte dann, hob die Schultern.
"O-okay! Sollen wir noch kurz was lernen?"
"Schönes Angebot, aber ich glaube die halbe Stunde Pause reicht nicht aus. Ich
bin ein totaler Loser geworden in Physik....da kannst selbst du nichts mehr
machen. Ist meine eigene Schuld!", damit wollte ich das Gespräch abhaken. Es
war mir auf einmal so unangenehm, dass er dieses Drama überflogen hatte. Was er
wohl dachte? Hey Moment mal. Ich hatte es ja nicht geschrieben. Oder? Wofür
sollte ich mich schämen?
"Mhm...klar. Okay, wenn du nicht willst. Aber Yugi vergiss nicht, die Note ist
sehr wichtig."
"Das sehe ich auch so!", hörte ich eine mir bekannte Stimme laut von der Tür
aus sagen.
Überrascht, als wäre ich bei etwas peinlichen erwischt worden, schaute ich
auf.
"Ach, du bist es Joey!" In meiner Stimme klang Erleichterung mit.
"Wer sonst, hab dich schon gesucht...ist was passiert?" Joey kam näher.
Yami und ich schauten uns kurzweilig an, schüttelten schnell den Kopf, als ob
wir doch etwas zu verbergen hatten. Toll.
"Äh nein. Unsinn. Wegen Physik...ich hab nicht gelernt!", entgegnete ich
leise.
"Ach so, ist doch nichts Neues. Ich hab auch keine Zeit gehabt. Warum meldest du
dich nicht krank?"
"Krank?", fragte ich ungläubig. "Ich war die ersten zwei Stunden nicht hier
gewesen. Jetzt war ich nur in der Doppelstunde Englisch hier und mein Lehrer hat
mich mal wieder beschimpft, warum ich nie erscheine...."
"Das ist nicht gut", wiegte Joey ab. "Wenn du noch öfters fehlst, könnte es
dir leicht passieren, dass du von der Schule fliegst!"
"Ach Joey....Physik wird trotzdem ne sechs. So oder so....", meinte ich
überflüssigerweise.
"Hey, wird es nicht", meinte Joey plötzlich schelmisch.
"Ach und wieso nicht?", meinte ich forsch und spürte in dem Moment, wie klein
ich mich fühlte. Yami und Joey waren einen guten Kopf größer, als ich.
Ich sah zu, wie Joey etwas aus der Hosentasche zog.
"Weil ich gute Spickzettel habe...." Dann grinste er wie ein Honigkuchenpferd
über das ganze Gesicht.
"Aber wenn das auffällt, hat Yugi ein Problem.....", konterte Yami und hielt es
wohl für keine gute Idee.
"Ach Unsinn. Das fällt nicht auf. Natürlich nur, wenn du es zuuuuuu auffällig
machst. Hier steht alles drauf, Alter!" Er überreichte sie mir und ich warf
einen Blick drüber.
"10 Zettel?", posaunte ich aus.
"Das sind viele!", fügte Yami hinzu und linste über meine Schulter auf die
Blätter.
"Hey dafür steht alles drauf. Damit kannst du nur gut abschneiden!", meinte
Joey.
Die Spickzettel waren perfekt. Das musste selbst ich zugeben.
"Aber ich werde eh immer erwischt, wenn es sich um einen Betrugsversuch handelt.
Immer! Weiß auch nicht wieso...ist immer so offensichtlich, wenn ich abgucke...
Man sieht es mir wohl an."
Ich war Joey ja dankbar, dass er mir helfen wollte, aber so? Sich so eine Note
zu erschleichen?
"Du brauchst aber eine zwei in Physik, Yugi. Sonst wirst du es nicht mehr
schaffen", erinnerte mich Joey tragischerweise und begleitete uns, als wir aus
dem Englischraum gingen.
"Ich weiß...ich weiß!" Ich versuchte nachzudenken. Immerhin war es ein
Versuch, eine zwei zu bekommen.
Warum also nicht?
"Du kannst dich auch neben mich setzen und abschreiben", gab Yami als zweiten
Lösungsvorschlag an.
Verwundert schaute ich ihn von der Seite aus an.
"Wenn man DAS sieht, bist du auch dran Yami und kriegst ne sechs. Auf keinen
Fall." Ich schüttelte vehement den Kopf.
"Hey, du setzt dich neben Yami und hast die Spickzettel. Dann kann es nicht
schief gehen....", antwortete Joey leise, als wir an einigen Klassenkameraden
vorbeigingen.
"Und was machst du Joey? Immerhin waren das deine Zettel!"
Irgendwie war mir mulmig zumute. Ich würde etwas Verbotenes tun.
"Hey, ich war im letzten Halbjahr wohl öfters in Physik anwesend und kann das
auch so...ich will dir nur helfen. Nach alldem solltest du die Klasse nicht noch
wiederholen!"
"Joey hat Recht." Als ich Yamis penetrante, attraktive Stimme über das Gemurmel
der Klassenkameraden hörte, nickte ich schließlich.
"Trotz allem hab ich ein komisches Gefühl im Bauch."
"Es ist doch nur das eine Mal, Yugi. Du brauchst ne zwei!" Joey stellte sich vor
mich, ebenso Yami. Ich blickte beide mehrmals an.
Doch bei Yami blieb mein Blick länger haften. "Wäre ich heute morgen lieber
doch nicht gekommen", wies ich mich selbst zu Recht.
"Nun bist du aber da....und da hinten kommt schon der liebe Physiklehrer",
meinte Yami schnell und unser Gespräch verstummte.
Kapitel 10: Caught in a Moment
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Anmerkung: Ihr habt bestimmt bemerkt, dass das "Alte" 10 kapitel weg ist. Ich
mochte es nicht mehr und wie gesagt hier ist das richtige Kap, was folgen
sollte.
Also verzeiht mir. Ja? Ich denke nur, diese Fortsetzung wird der Story
gerechter.
ich hoffe, ihr seht das auch so.
HEAL
Lily
*
~Kapitel 10~
Das Schluchzen kam ganz automatisch. Ich wollte es auch nicht mehr versuchen
abzuschütteln. Die Tränen waren ein Teil von mir, wie auch meine Liebe ein
Teil von mir war. Ich habe es schon so lange versucht zu verheimlichen. Doch so
langsam muss mir klar werden, dass ich wirklich verliebt bin. Egal, was andere
über mich denken. Und was er wohl über mich denken wird, wenn er es erfährt?
Die Liebe zu ihm, ist auf einmal da gewesen. Ich kann es ja nicht ändern - auch
wenn ich es wollte. Es ist, als ob er mein Gegenstück ist und ich das kleine
Teil eines Puzzles, dass zu ihm gehört.
Ich meine, ich versuche ja mit diesem neuen Körpergefühl klar zu kommen.
Wirklich! Doch so leicht, wie ich es mir immer vorstelle, ist es nicht.
Und gerade jetzt - vor dem Physiktest. Ich könnte mich natürlich damit
rausreden, dass ich Panik vor dem Test schiebe und deswegen anfange zu weinen.
Oder sollte ich es doch lieber auf meinen Großvater schieben?
Yami jedenfalls sieht mich nur an und für einen Moment kann ich sogar mein
erneutes aufschluchzen unterdrücken.
Doch ein Kloß im Hals zwingt mich dazu erneut zu hüsteln.
Ich sitze neben ihm - ein mulmiges Gefühl. Ihm so nah sein zu dürfen.
Aber obwohl mein Schwarm in meiner direkten Nähe sitzt, habe ich konkrete
Bauchschmerzen, die sich natürlich nur auf den beschissenen, schweren Test
beziehen.
Ich will nicht, wieso kann nicht eine Feueralarmübung stattfinden?
Aber genau zu solchen passenden Momenten passiert rein gar nichts.
Und doch kann ich es nicht ausweichen.
"Das wird schon", murmelt mir Yami von der Seite aufmunternd zu.
"Ich glaube eher nicht, ich kann das einfach nicht, das ist nicht richtig!" Ich
möchte meinen Prinzipien treu bleiben. Besonders den Moralischen.
Ich kann doch nicht abschreiben.
Der Test wird von den Mitschülern nach hinten gereicht, zu den Plätzen, die
Yami und ich uns auserkoren haben. Zum Abgucken absolut perfekt.
Das sagte Joey zumindest.
Trotzdem, ich werde sicherlich erwischt.
"Geht's wieder?" Yami reicht mir das letzte Blatt. Meine Augen werden riesig,
kommen fast aus den Höhlen, als ich die erste Aufgabe überfliege.
Ich schüttle den Kopf, meine Tränen vergessend, ebenso Yami.
Verdammt, ich muss mich konzentrieren. Dieser Test ist wichtig für meine Not.
Obwohl mir doch meine Noten bisher auch egal waren.
Yami fängt bereits an zu schreiben, doch ich kann einfach nicht den Stift vom
Pult nehmen. Noch immer haften meine Augen an der ersten Aufgabe. Ich verstehe
nur Bahnhof und die merkwürdige Skizze daneben erst recht nicht.
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als abzuschreiben.
Soll ich die Spicker benutzen?
Soll ich von Yami abschreiben?
Ich schiele unbemerkt zu ihm. Er hat seinen Zettel ein wenig schräg gedreht, so
dass ich gut gucken kann.
Nein, das ist nicht richtig. Ich ermahne mich mehrmals.
Schaue lieber doch noch die nächsten Fragen an, vielleicht kann ich irgendetwas
beantworten, aber so oft wie ich im unterricht gefehlt habe...ich habe so gut
wie gar nichts mehr in meinem Kopf.
Er ist völlig leer.
Ein Vakuum des Nichts-Könnens.
Ich bin eine Niete, schaffe nicht mal fünf einfache Aufgaben.
Ich lege den Aufgabenzettel endlich auf den Tisch. Meine hand zittert und will
nicht meinen Befehlen gehorchen. Meine hand soll doch einfach nur den
Kugelschreiber nehmen.
"Yugi", ich höre Yami leise flüstern. Ängstlich schaue ich zum Pult nach
vorne. Der Lehrer sitzt tief über eine aufgeschlagene Zeitung gebeugt. Er hat
nichts bemerkt.
"Hier!"
Ganz langsam und mit einem festen Blick auf den Lehrer schiebt mir Yami seinen
Zettel hinüber, wo bereits die Antwort zur ersten Frage draufsteht.
Wieso tut er das? Er müsste das nicht tun.
Wieso hilft er mir?
Wenn das auffällt, wäre er dran.
Ich muss lächeln und nehme nun endlich den Kugelschreiber. So schnell es geht
krakle ich Yamis richtige Antwort ab. Ich denke mal, dass sie richtig ist. Yami
ist spitze in Physik.
Plötzlich höre ich den Lehrer aufhusten.
Aufgeschreckt starre ich hoch, glaube bereits, dass der Lehrer neben uns steht
und es bemerkt hat.
Oh Gott, was soll ich dann sagen? Was unternehmen? Ich nehme alle Schuld auf
mich.
Aber der Lehrer steht nicht neben uns. Er sitzt noch immer an seinem Pult.
Ich versuche die angestaute Luft langsam auszupusten und werfe Yami einen
erleichternden Blick zu.
Dieser ist bereits an der zweiten Aufgabe dran und ich lese noch einmal Yamis
Antwort.
Ich muss seine Antwort noch mal umschreiben. Dieser Gedanke ist der einzige, den
ich noch wahrnehme.
Ich kann doch nicht genau das gleiche schreiben.
Ich beiße mir auf die Unterlippe. Und nehme mein zweites leeres Blatt.
Sorgsam schreibe ich Yamis Antwort in meinen Worten um.
"Gut gemacht", murmelt Yami neben mir.
"RUHE!"
Ich schrecke zusammen. Die Angst sitzt mir in den Gliedern.
Meine Augen fixieren den Lehrer, der von dem Pult nun aufgesehen hat.
Yami hat sich nun ebenfalls aufgerichtet.
"Er hat nur geniest", kommt es von ihm.
"Ach tatsächlich? - ich habe gar nichts gehört!", kommt es von dem Lehrer.
"Ich habe auch sehr leise geniest", antworte ich rasch und greife ein.
"Seid doch mal ruhig!", meint plötzlich eine dumme Ziege vorne in der ersten
Reihe, die sich zu den absoluten Strebern zählt.
"Schreibt weiter - ihr habt noch alle 10 Minuten!"
Die Stimme des Lehrers ist scharf und erduldet keine Widerrede mehr.
Aus Panik doch noch erwischt werden, mustere ich kurz Joey, der ziemlich
verspannt dasitzt. Er weiß, was los ist. Er weiß, dass ich abschreibe. Doch er
guckt nicht über die Schulter zu mir. Welches Glück, damit würde er auch nur
Aufmerksamkeit des Lehrers auf uns ziehen. Solange es keiner merkt...
Das es mal so weit kommt.
Lieber Großvater: Es tut mir wirklich leid.
Ich erkenne plötzlich, wie sich yami räuspert, er fährt fahrig durchs Haar
und runzelt mehrmals die Stirn.
Ich schiele zu seinem Arbeitsblatt. Er ist bei Aufgabe drei. Irgendetwas stimmt
nicht.
Versteht er die Aufgabe nicht?
Erst jetzt spüre ich in meiner Hosentasche noch die wartenden Spickzettel.
Sollte ich sie benutzen? Joey hat gesagt, da würde alles draufstehen.
"Yami...", flüstere ich und stupse ihm leicht am Ellenbogen an, während dessen
ich mit meinen Fingern und einem Blick auf dem Lehrer den packen Spickzettel
herausfische.
Yami weiß, was ich vorhabe und grinst mich dankend an.
Ich reiche sie ihm unter dem Tisch.
Ich kann damit eh nichts anfangen, denn im Moment hab ich null Ahnung.
Was soll das alles bedeuten? Ich hätte lieber doch krankfeiern sollen. Die
Zahlen und die merkwürdigen Abkürzungen...selbst die Frage verstehe ich nicht
mal. Was will der Lehrer denn da nur wissen.
Ich beuge mich tiefer, kneife die Augen fester zusammen - als ob ich so besser
lesen könnt, oder irgendwelche unsichtbaren Ergebnisse auf dem Arbeitsblatt
erkenne.
Was natürlich nicht funktionieren kann.
Ich bin ein totaler Loser, hätte ich nur gelernt.
Aber selbst Yami, der wirklich gut in Physik ist, hat nun seine Probleme.
Ich knabbere an meinem Kugelschreiber.
Was soll ich nur machen? Es selbst versuchen, scheitert auf jeden Fall.
"Dürfte ich mal erfahren, was sie da machen, Mr. Athem?"
Ich halte die Luft an, ebenso mein älteres Ebenbild.
Ich schiele zu yami unter dem Tisch. Seine Hände zittern bereits und die Zettel
sind nur allzu offensichtlich zu erkennen.
Ich schaue hinter mich.
Wie ist der Lehrer hier hoch gekommen?
So schnell? Ohne dass wir was bemerkt haben?
"Darf ich sehen, was sie da in den Händen haben?"
Yami blickt zu Boden, er hat Angst, man merkt es ihm deutlich an. Seine gesamte
Körperhaltung ist dementsprechend.
Es scheinen Minuten zu vergehen, bis Yami sich zusammenreißt und dem Lehrer die
Spickzettel in die Hände drückt.
Die Luft ist zum zerreißen gespannt.
Die gesamte Klasse hat nun die köpfe zu uns gedreht.
Oh nein, ich muss was machen. Das ist doch nur wegen mir passiert - ich hätte
ihm die Zettel nicht geben sollen.
Ich hätte erst gar nicht anfangen sollen abschreiben.
"Aha. Sie versuchen also mich zu hintergehen, Yami Athem. Deswegen ihre guten
Noten. Kein Wunder wenn sie ihre Spickzettel benutzen."
"Das ist nicht wahr", sagt Yami sofort, "ich war immer ehrlich gewesen."
Oh nein, yami. Versuche es erst gar nicht. Mit diesem Lehrer ist nicht zu
spaßen.
Erst jetzt kommt der Lehrer so richtig in Fahrt.
"Ach tatsächlich? Warum sind sie dann so aufgebracht? Scheint wohl doch etwas
Wahres dran zu sein. Stehen sie sofort auf und gehen sie zum Direktor. Das wird
ein Nachspiel haben."
Was? Zum Direktor? Oh nein....nicht Yami, das hat er nicht verdient.
"Ich hab ihn dazu gebracht, glauben sie mir. Ich war es gewesen. Yami würde so
was nie leichtfertig machen!"
Ich höre mir selbst erstaunt zu. Yami mustert mich ebenso überrascht, wie der
Rest der Klasse - besonders Joey.
Jetzt ist meine Note sowieso dahin, aber ich will nicht, dass Yami allein die
Schuld tragen muss. Das könnte ich nicht ertragen.
"Herr Muto...Bei ihnen ist mir so alles klar. Sie haben Yami dazu angestiftet?
Sehr schön, dass sie versuchen, den Helden zu spielen, aber dieses mal habe ich
sie nicht dabei erwischt, abgeschrieben zu haben. Yami Athem wird alleine die
Schuld dafür abzutragen haben...Gehen sie jetzt!"
Ich spüre einen Kloß im hals. Das ist so ungerecht, so ungerecht.
"Es sind meine Spickzettel", höre ich plötzlich Joey, als Yami bereits seine
Schultasche packt und immer wieder zu mir schaut. Doch ich kann ihm nur einen
ausdruckslosen Blick entgegen werfen.
Warum kann ich ihm nicht helfen?
"Joey Wheeler. Schreiben sie ihren Test zu Ende. Es hat keinen Sinn mehr Herrn
Athem schützen zu wollen."
Yami steht nun auf und wird von den Blicken aller regelrecht aufgespießt.
An der Tür verhaart er noch einmal, blickt aber nicht mehr zu mir.
Er ist nun sicher sauer auf mich, immerhin habe ich ihm die Zettel gegeben.
Er muss zu dem Direktor.
Und ich bin schuld...
"Noch 5 Minuten", sagt der Lehrer, als wäre nichts vorgefallen. Doch nun bin
ich gar nicht mehr in der Lage irgendetwas zu krakeln.
Wie auch?
Mit einem besorgten Blick schaue ich zur geschlossenen Türe. Ich will hier
raus, zu Yami, ihm beistehen, allen sagen, dass ich schuld bin.
Was wird jetzt nur mit ihm passieren? Wegen einem Betrugsversuch von der Schule
fliegen?
Das hätte ich lieber verdienen sollen...
YAMI...es tut mir so leid.
Nur daran kann ich noch denken, als die 10 Minuten wie im Flug vergehen und ich
keine Aufgabe mehr gelöst zu haben scheine, ausser Aufgabe eins.
Als die Zettel eingesammelt werden, muss ich mich beherrschen, meine Wut nicht
an allen abzulassen.
Ich balle meine Hände zu Fäusten und würde am liebsten den Lehrer ins Gesicht
schlagen.
Aber dann sehe ich Joey, wie er auf mich zukommt.
Kapitel 11: ~Just want you to know~
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Anmerkung: Hallo erst einmal. Ab heute wird mich eine Co Autorin namens Tanja891
begleiten...das bedeutet die nächsten Kapitel werde ich mit Tanjachan schreiben
^__^ und die FF langsam auch mit ihrer Hilfe beenden. Da die FF schon solange
nicht mehr von mir weiter geschrieben worden ist, ich sie aber dennoch gerne
beenden wollte, suchte ich nach einer passenden Hilfe. Danke auch für Yamichan
die sich dafür zu Verfügung stellen wollte, doch leider ging mein ICQ ne
zeitlang nicht, und hab mich deshalb eben anders entscheiden müssen. Nicht
böse sein ^v^ !!! Jedenfalls wünsche ich euch nun viel Spaß mit dem weiteren
Kapitel. Ich hoffe ihr seid nicht nachtragend, dass es solange mit ner Forti
gedauert hat, aber einige wissen ja, dass ich noch an zwei anderen FFs
schreibe. ;-D So genug geschwafelt, hier ist das Kappie.
******
Joey bleibt keine halben Meter vor mir stehen. Stumm sieht er mich an. Ich
ertrage seinen Blick kaum, dieser halb mitleidige halb entsetzte Blick. Ich habe
kein Mitleid verdient, ich war es doch, der Yami in diesen Mist hineingeritten
hat, ich allein. Aber warum ist es mir dann nicht vergönnt, auch meinen Fehler
auszubügeln? Warum musste das jemand tun, der überhaupt nichts gemacht hatte?
"Hör mal Yugi", fängt Joey an. "Ich habe versucht zu helfen." Versucht? Du
hast auch probiert, dich schützend vor mich zu stellen, wie Yami und was hat
ihm das gebracht? Er musste zum Direktor! Ich hasse das Gefühl hilflos zu sein.
Ständig verfolgt mich dieses Gefühl. Früher, als mein Großvater noch unter
den Lebenden weilte, dominierte dieses Gefühl nicht so mein Leben, wie es das
jetzt tat. Es war allgegenwärtig und in ungeschützten Momenten, wenn ich mich
schlafen legen wollte und meine Gedanken keine bestimmten Punkt mehr fixierten,
überfiel es ich mit all seiner Stärke. Ich kam mir dann immer vor, wie ein
kleines Kind, dass Angst vor der Dunkelheit hat, aber ich war doch kein kleines
Kind mehr, ich war 18 verdammt. Mir war nach heulen zumute, viel hätte nicht
mehr gefehlt und ich hätte inmitten dieser Menschenmenge echt die Kontrolle
über mich verloren. Doch genau, die Geräusche die jene machten holten mich in
die Realität zurück.
"Yugi?" Joey scheint schon seit ein paar Minuten verzweifelt zu versuchen, mit
mir zu sprechen. "Entschuldige Joey, war in Gedanken", nuschele ich als
Entschuldigung. "Wie so oft", seufzt er. Ich spüre genau, wie auch ihn die
Hilflosigkeit überkommt. Er weiß schon langsam nicht mehr, wie er in meiner
Gegenwart reagieren soll, das glaube ich zumindest, wenn man mich ansieht, wie
er sich mir gegenüber verhält, wird das ja jedem klar. Viel hat sich
verändert und Joey weiß das.
Oder etwa nicht? Glaubt er immer noch, ich wäre der sanfte, schutzbedürftige
Junge, der ich einst war? Plötzlich schweifen meine Gedanken wieder zu Yami.
Die Schuldgefühle befallen mich wieder. Ich muss etwas tun. Ich kann doch nicht
nur tatenlos zusehen. Ich habe die Suppe mir eingebrockt, ich löffele sie
wieder aus.
"Sorry, Joey, ich muss los", rufe ich ihm noch zu, bevor ich den über alle
Maßen verdutzen Joey, in der Halle stehen lasse. Zielstrebig führen mich meine
Schritte zum Zimmer des Direktors.
Keuchend komme ich vor der Tür an und halte mir die schmerzende Seite. Warum
muss ich auch immer gleich Seitenstechen bekommen? Mein heftiger Atem könnte
mich doch verraten!
Mit allerletzter Kraftanstrengung, drücke ich meine Herzfrequenz nieder,
sodass ich ruhiger atmen kann. ".....nicht erwartet, Herr Athem. Nicht von
Ihnen!", dringt die harte Stimme unseres Direktors an mein Ohr. Ich zucke
unwillkürlich zusammen. Diese Worte wären für mich bestimmt, nicht für Yami.
"Sie sind doch sonst immer ein guter Schüler, ich hätte nie für möglich
gehalten, dass gerade Sie sich zu solch einer Tat hinreißen lassen." Am
liebsten wäre ich in dieses Büro gestürmt und hätte ihm widersprochen, doch
das hätte alles nur noch schlimmer gemacht, als es sowieso schon ist. "Es tut
mir leid, Her Direktor", höre ich ihn mit seiner dunklen, angenehmen Stimme
leise antworten. "Das ist alles was Sie dazu zu sagen haben?", schneidet er ihm
das Wort ab und hämmert mit seiner Faust auf seinen Schreibtisch.
Ich kann das nicht mehr, ich kann nicht mehr nur hier draußen stehen, es muss
etwas passieren!
Doch bevor meine Hand auch nur den Türknauf erreicht, ertönt wieder Yamis
Stimme: "Ja Herr Direktor, für diese Tat gibt es keine Rechtfertigung. Geben
Sie mir eine Strafe, die sie für angemessen halten." Ich schlucke hart. Strafe?
Das kann doch nicht Yamis Ernst sein. Strafe?
"Na ja wenigstens zeigen sie Reue. Da Sie das jetzt erkannt haben, gebe ich
Ihnen die Möglichkeit den Test zu wiederholen, aber Sie müssen mir
versprechen, dass so etwas nie wieder vorkommt. Haben sie mich verstanden?
Sollte mir das noch mal an die Ohren dringen, werden sie der Schule verwiesen,
habe ich mich da klar ausgedrückt?" "Ja Herr Direktor. Ich danke Ihnen."
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Der Direktor hat heut wohl einen seiner
freundlichen Tage. Ich schätze unseren Direktor ja eigentlich, bloß kann der
manchmal so launisch sein, oder er war es immer, wenn ich bei ihm aufkreuzen
musste.
Die Türe öffnet sich und Yami tritt heraus. Er steht noch mit dem Rücken zum
Gang und verbeugt sich noch einmal vor unserem Direktor. "Ich danke Ihnen."
Leise schließt er die Tür und dreht sich um. Sein Blick trifft den meinen,
leichtes Erstaunen ist ihm ins Gesicht geschrieben. Vorsichtig mustere ich seine
Augen. Ich kann keinen Funken Ärger oder Wut in seinen Augen sehen, sie
scheinen irgendwie leer zu sein. "Yami", beginne ich. "Es tut mir leid. Nur
meinetwegen, musstest du diesen Ärger auf dich nehmen." "Yugi", seufzt er nur
und tritt auf mich zu. Nur wenige Zentimeter vor mir bleibt er stehen und hebt
seine Hand, bis sie auf meinem Haar liegt. "Yugi. Es ist okay, du hast doch
gehört, dass ich den Test wiederholen darf." "Das ist doch keine
Entschuldigung. Genauso gut hätte er dir das auch verweigern könne, außerdem
musst du jetzt einen ganz anderen Stoff lernen", sprudele ich heraus.
Das alles war mir noch nicht so geheuer. Normalerweise sollte er jetzt eine Wut
auf mich haben, aber alles was er tat, ist mich anlächeln.
"Ach Yugi, mach dir keine Sorgen, du weißt doch, das mir Physik liegt. Das ist
doch kein Problem für mich." "Wie kann ich das nur wieder gut machen?" Ein
gewisses Flehen liegt in meiner Stimme. "Eine Sache gäbe es da", antwortet er
mir, und schaut nur unschuldig zur Decke hinauf. "Alles, alles was du willst",
sage ich schnell, ohne darüber nachzudenken, was ich wohl mit dieser Antwort
anrichten könnte und blicke ihn weiter flehend an. Warum ist es mir so wichtig,
dass er vor mir Respekt hat, das er mir vergibt? Bei sonst keinem will ich das
so sehr wie bei ihm! Ich kann mir nicht erklären wieso! "Du lernst auf die
nächste Prüfung viel mehr, und du kommst weiterhin zu mir, zur Nachhilfe!",
grinst er. Ich erröte bis unter die Haarspitzen.Zu ihm? Nach Hause wieder?
"Okay", sage ich langsam, meine Lippen sind vollkommen trocken, "...abgemacht",
stimme ich zu und lächele auch ihn an, ein ehrliches Lächeln.
Lange stehen wir uns gegenüber, der Gang ist vollkommen leer, zögerlich
schießt mir sogar der Geruch von Kreide in die Nase. "Schön...und nun denk
nicht mehr daran, Yugi!" Plötzlich fühle ich seine Hand auf meine Schulter und
wie er sie dann um meinen Nacken legt...was? Was bedeutet das wieder? Dann zieht
er mich mit sich. "Komm, wir haben doch jetzt große Pause, oder?", fragt er
mich und ich sehe, wie er auf seine Armbanduhr sieht. Wieso trägt er denn die
Uhr auf dem rechten Unterarm? Ich bemerke, wie ich längere Sekunden lang auf
seinen hochgekrempelten Ärmel starre und wieder auf die Lederarmbanduhr.
"Eine...äh...schöne Uhr", stammle ich und verziehe den Mundwinkel. Wie blöd
geht's? Eine schöne Uhr? Was Blöderes hättest du jetzt nicht sagen können,
was? Im Inneren tobt ein Kampf mit meinen merkwürdigen Gefühlen, die ich in
seiner Gegenwart immer spüre. Bei ihm komme ich mir immer so hilflos vor und
wenn er mich ansieht oder berührt, stehe ich schon kurz vor einem
Kreischanfall...und mein Herz hämmert so laut, dass ich Angst bekomme, an einem
Herzkasper zu erliegen.
Ich atme tief ein und erhasche einen fragenden Blick seitens Yami.
"Ja, die hab ich zum Geburtstag bekommen", antwortet er nach einer Weile und
mustert mich von der Seite, während wir den Gang entlanggehen. Sein Arm liegt
noch immer - freundschaftlich? - um meinen Nacken. Sind meine Sinne
überstrapaziert, oder wieso ist mein Nacken so dermaßen am kribbeln und so
heiß...verdammt....wie Feuer...und gleichzeitig wie ein wohliger Schauer, der
immer wieder leicht über meinen Rücken wandert. Ich bin doch wirklich nicht
mehr normal.
Ich nicke nur, während meine Gedanken wieder Achterbahn fahren.
"Hey Yugi...hörst du gar nicht zu?" Vor der Glastür bleibt er stehen und ich
stutze zuerst, denn wäre er nicht stehen geblieben, wäre ich doch tatsächlich
in die Türe gerannt.
Ich runzle die Stirn und presse die Lippen zusammen.
Hat er was gesagt? Und ich habe diese Stimme nicht wahrgenommen...wie kann mir
denn so was nur passieren? Gerade seine Stimme würde ich doch durch viele
andere heraushören...Moment...was denke ich da wieder?
"Äh...", beginne ich verwirrt und fahre mit meiner Hand durch meine Haare. Wie
sehe ich nur aus, was denkt er nur von mir? Ob er mir doch die Schuld gibt?
"Hey es ist doch okay...hab ich doch gesagt, Yugi. Nun denk nicht mehr daran!"
Er schaut mich intensiv an und für mehrere Sekunden stockt mir der Atem, denn
seine violetten Augen mustern mich so sorgfältig, als würde er mich
untersuchen.
Ich nicke so langsam es geht, denn ich bin wie gelähmt.
"Gut, komm wir gehen ins Schülercafé!" Yami öffnet die Glastür und lässt
mich als erster durchspazieren, dann gehen wir die Treppe runter...dann rechts
den Gang entlang und kommen ins Schülercafé, dass erstaunlicherweise nicht
halb so voll ist, wie ich es für eine große Pause erwartet habe. Aber ich bin
eher selten hier unten, denn eigentlich treffe ich mich eher mit meinen Freunden
auf dem Schulhof, wenn ich denn mal in der Schule bin. Und hier unten sind
meistens Cliquenansammlungen von den coolen Kids. So jemanden wie mich, machen
die immer ganz leicht an und bringen dumme Sprüche wegen meiner Größe. Obwohl
ich so langsam gelernt hab, mich zu wehren, schaffe ich es bei diesen
"Coolen"-Kids eher nicht. Desto glücklicher bin ich nicht allein hier rein zu
gehen. Mit Yami an der Seite wird mich sicher keiner dumm anmachen.
Als ob er mein Beschützer ist...obwohl ja irgendwie....es stimmt...er hat mich
bei einigen dummen Momenten wirklich gerettet...die Sache in dem Bus oder die in
der Raucherecke...
Als wir eintreten, riecht es bereits nach frischen Kaffee und Brötchen. Yami
und ich bleiben eine Weile vor der Theke stehen und beschauen schweigend die
Vielfalt der Lebensmittel.
Ich war schon solange nicht mehr hier, dass mich das Meiste in erstaunen
versetzt. Hier gibt's sogar Kuchen?
Plötzlich knurrt mein Magen und ich halte verklemmt meine Hände vor dem
Bauch.
Yami lächelt.
"Setz dich doch schon, ich kaufe uns was!"
"W...Was? Aber...du musst mir doch nichts ausgeben!", kommt es geschockt von
meiner Seite. Auch das noch, er muss wegen mir den Test wiederholen und nun will
er mir was ausgeben?
"Keine Widerrede", grinst er mich weiter an. Ich werde verlegen und muss zu
Boden sehen, meine Finger umfassen fest den Riemen meiner Tasche. Das hat noch
nie jemand getan, na gut...Joey....aber das ist doch nun was anderes, oder?
"Okay...", nuschle ich in mein nicht vorhandenes Bärtchen, drehe mich auf der
Stelle um und sondiere die Tische.
An einigen sitzen wirklich ein paar Schüler, die ihren Kopf gehoben haben und
mich anstarren...Moment...sie starren nicht mich an, sie starren uns an.... Ich
schlucke und werfe noch mal einen Blick über meine Schulter zu Yami zurück.
Der jedoch redet bereits mit der netten Kassiererin, die schon einige Dinge auf
ein Tablett abstellt. Doch Yami steht genau davor und ich kann nicht sehen, was
sie alles darauf legt.
Dann sehe ich mich wieder um und gehe auf ein Tisch an der Seite zu, hinter
einer Säule.
"Hey bist du nicht Yugi?"
Mein Herz hämmert und befindet sich in genau dieser Sekunde in meinem Hals - so
hat es zumindest den Anschein.
Ich schaue zögernd zur Seite und sehe ein Mädchen, die mit ein paar Freunden
auf den Stühlen hockt...oder eher liegt...eine total lässige Art....hat dieses
Mädchen. Die hab ich vorher noch nie hier gesehen...
"Äh ja....wieso?"
"Sag mal, wer ist das da?" Sie deutet mit dem Kinn auf Yami, der uns noch den
Rücken zugewendet hat und gerade etwas aus seinem Portemonnaie kramt.
"Das ist Yami...Athem!", erwidere ich und in meiner Stimme liegt ein gewisses
Zittern. Wovor hab ich eigentlich Panik? Vielleicht vor den Typen, die mich von
oben bis unten mustern.
"Der ist ja total hot...hat er schon ne Freundin?"
Äh...äh...ich schlucke, mein Mund ist trocken und meine Finger sind schwitzig,
der Taschenriemen ist schon total warm. Meine Gedanken überschlagen sich.
Das Mädchen mit den braunen Augen und goldbraunen Haaren starrt mich lange an,
dann lacht sie auf.
Der Junge neben ihr verzieht den Mundwinkel. "Hey Kleiner, kannst du nicht
antworten?"
Mein Körper ist wie gelähmt, wie lange braucht Yami denn noch? Freundin....ob
er eine hat? Mist....das weiß ich nicht mal...ich glaube nicht.
Oder?
Hat er da mal was gesagt? Wenn ja, hab ich es vergessen.
"Um deine Frage zu beantworten, ich bin schon vergeben!", sagt eine warme,
angenehme und attraktive Stimme hinter mir. Ich schrecke auf, als ich plötzlich
fühle, wie er meine Hand umfasst. Oh mein Gott....ich werde doch jetzt nicht
rot? Warum nimmt er meine Hand? Jetzt guckt jeder auf diese Geste....diese
Geste, hat doch was zu bedeuten, oder?
Die Kerle jedenfalls mustern mich nur geschockt und Yami wohl ebenfalls, denn
dieser räuspert sich. "Komm Yugi..." Er zieht mich zu sich herum und für eine
Sekunde sehe ich mit geschockt geweiteten Pupillen zu ihm auf, doch sein Blick
ist wie immer freundlich und ein gewisses Funkeln ist zu erspähen, schließlich
folge ich ihm zu dem Tisch, den ich mir eigentlich ausgesucht habe.
Das Tablett stellt er vor mir ab, wir sitzen uns gegenüber.
Meine Augen werden größer und ich habe diesen Zwischenfall schon wieder
vergessen. Denn mein Magen knurrt wieder auf und ich fasse sofort nach einem
belegten Brötchen.
Yami lächelt mich an, isst aber nichts. Er schaut mich nur an.
Erst nach dem fünften Bissen fällt mir auf, dass er mich noch immer anstarrt
und lasse das Brötchen etwas sinken, schlucke und fixiere ihn auch.
"Hast du...hast du keinen Hunger?", frage ich ihn verdutzt.
Wieder lächelt er...dieses Lächeln, wie kann man nur so gucken? Hat er sich
mal dabei zugesehen...dieser Blick, der ist ja zum dahinträumen...Moment
mal...ich denke wirklich nur Schwachsinn, wenn ich in seiner Nähe bin.
"Doch, aber es macht soviel Spaß dir dabei zuzusehen!"
Er zwinkert mich an und ich rutsche nervös und peinlich berührt über den
Stuhl.
Zögerlich beiße ich wieder ab und mir entgeht nicht sein fester Blick, der mir
bei jeder Bewegung wie eine Lupe folgt.
Dann endlich nimmt er den Becher, der mit Kakao gefüllt ist und steckt zwei
Strohhalme in die warme Flüssigkeit.
"Ich denke mal, du magst Kakao? Oder? Ich liebe Süßes...und besonders
Schokolade", redet er drauf los. Meine Augen mustern ihn und ich sage nur ein
kaum hörbares: "Hm!"
Dann sehe ich dabei zu, wie er langsam seine Lippen einen spaltbreit öffnet und
den Strohhalm zwischen die Zähne schiebt.
YUGI....schau weg....was ist schon besonderes daran, wenn er einen Kakao mit
einem Strohhalm trinkt?
Ich schüttle mich, als wäre mir kalt und schaue zur Seite, merke dass wir von
diesem Trupp von eben beobachtet werden.
"Ach lass die doch gucken", sagt plötzlich Yami, der meinen Blick wohl bemerkt
hat.
"Ja, aber....das war doch wirklich peinlich gewesen, ich kam mir total....",
fange ich an und verlegen mustere ich den Boden. Ich bin doch sonst so stark und
habe zu allem einen Spruch parat, doch das von eben hat mich doch umgehauen.
"Ach Unsinn, dir muss nichts peinlich sein, ich weiß zwar nicht, was die jetzt
denken, aber das ist mir auch egal...was geht's diesem Mädchen an, ob ich ne
Freundin habe!" Wieder höre ich wie er aus dem Strohhalm die Flüssigkeit
zieht.
Erst das Blubbern des Kakaos lässt mich wieder zu ihm sehen und meine Finger
umfassen wieder das Brötchen, welche sich mir nun ganz in den Mund stecke.
Was die denken...na dass er vergeben ist....und da er meine Hand dann auch noch
genommen hat, glauben die sicher, dass er mit mir.....OH mein GOTT!.....zusammen
ist???
Ich verschlucke mich anhand meiner Gedanken...und versuche nicht laut zu husten.
Ich kneife die Augen zusammen, in denen sich schon Tränen bilden, denn mein
hals kratzt und meine Lungen sind kurz vor der Explosion. Das Stück Brötchen
hängt noch im Hals.
"Hier...trink schnell was!" Ich spüre wie er mir etwas auf die Handfläche
stellt. Kakaoduft steigt in meine Nase, Blind taste ich schnell nach einem
Strohhalm und trinke einen ganzen großen Schluck....Der Husten verschwindet,
als auch das Packen Brötchen mit der Flüssigkeit in meinem Bauch landet.
"Danke", keuche ich und schnappe noch mal nach Luft.
"Kein Problem, du hast mein Strohhalm genommen, aber das macht nichts! Trink
ruhig den Rest!"
Meine Augen reißen auf. Auch das noch...
Ich nicke dankbar und trinke noch den Rest. Während er noch das zweite
Brötchen auf dem Tablett endlich nimmt und ein Stück abbeißt.
Während ich an meinem Strohhalm nuckle, betrachte ich seine Kieferbewegungen.
Was daran interessant sein soll, weiß ich auch nicht...was ist schon
dabei...ich kaue doch auch, aber bei ihm sieht das so...Ich verfalle wieder in
einer komischen Gefühlsregung...als ob ich ihn anschwärmen würde....er ist
wirklich...wie hat das Mädchen gesagt hat?....hot.....ja genau, das trifft es
haargenau. Yami ist hot.
Was denke ich wieder für einen Unsinn...
"Was haben wir denn gleich noch?"
"Äh...Mathe", sage ich niedergeschlagen.
"Magst du kein Mathe?"
"Eigentlich schon, früher einmal....heute nicht mehr!"
"warum?"
"Weil es genau zu dem Zeitpunkt einer Mathearbeit passiert ist...", sage ich
nach einer Weile schweigender Stille.
"Das mit deinem..." er spricht es nicht aus, er muss auch gar nichts
sagen...denn sein mitfühlender Blick sagt alles.
Ich nicke und schweife zu meinem Großvater ab.
"Das tut mir leid....seitdem magst du kein Mathe mehr?"
"Ich mag es schon...nur...ich habe immer dann ein komisches Gefühl...es ist
komisch, doch ich kann mich nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren!"
"Das wird schon wieder, bin ja jetzt an deiner Seite und ich habe dir doch
versprochen, dir zu helfen!"
Ja, das hat er. Auf meinem Gesicht manifestiert sich ein Grinsen und mein Bauch
kribbelt.
"Danke Yami!"
"Kein Problem Yugi! Komm wir müssen gehen, die Pause ist gleich vorbei!"
Als wir aufstehen, merke ich noch die Blicke der Truppe in meinem Rücken, doch
es ist mir egal, was die denken, denn ich habe ja Yami....an meiner Seite.
Merkwürdig...aber plötzlich fühle ich mich nicht mehr allein...dieses Gefühl
hatte ich noch nie bei meinen langjährigen Freunden gehabt, doch bei Yami habe
ich es...bei ihm fühle ich mich sicher, beschützt und geborgen.
(to be continued)
Kapitel 12: ~ What hurts the Most? ~
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Anmerkung: So meine Lieben, nun folgt endlich die Fortsetzung ^__^ Wir hoffen,
sie gefällt euch.
Viel Spaß beim Lesen.
Widmung an alle Kommischreiber, die diese FF seit Anbeginn verfolgen und sie
nicht vergessen haben!!! Danke dafür… *fühlt euch geknuddelt*
Inspirationsmusik: Honey4ever: Sarah Connor - Living to love you und Jommy eat
World - Hear you me -----Honeymausi: Mazzy Star: Into Dust
Euer Honeyteam ^^
Kapitel 12: ~ What hurts the Most? ~
*******Yugi********
Die Worte des Lehrers tröpfeln nur so an mir ab. Mir fällt es wirklich schwer
mich zu konzentrieren, obwohl der Lehrer die Stunde schon wieder mit den Worten
eingeleitet hat: „Das Thema, das wir heute behandeln, ist wichtig für euer
Abitur.“
Bitte was war denn nicht wichtig für mein Abitur? Dieses ewige Anprangern und
wichtig machen ging mir so was von auf die Nerven. Wenn sich mein Großvater
nicht die bestmögliche Ausbildung für mich gewünscht hätte, hätte ich schon
längst abgebrochen. Wozu brauche ich überhaupt mein Abi? Ich habe noch keine
Vorstellungen, in welche Bahnen sich mein Leben wenden soll. Welche Richtung ich
einschlagen soll. Früher hatte ich mal vor, auch Archäologie zu studieren, wie
mein Großvater, doch die Idee ist mit ihm gestorben. Das würde zuviel in mir
aufwühlen, sofern das noch geht. Leben fährt es mir durch den Kopf. Leben!
Leben hieß früher mal Spaß haben, für mich, einfach in den Tag hinein leben,
alles auf mich zukommen zu lassen, ich wusste doch immer, dass ich zu jemand
gehen konnte, wenn mir etwas über den Kopf gewachsen war. Diese Sicherheit ist
mir mit einer Brutalität genommen worden, dass ich ein normales Leben
wahrscheinlich nie wieder führen kann.
Nie wieder unbefangen lächeln können, nie wieder......... „Passen sie auch
auf, Herr Muto?“, peitscht die Stimme des Lehrers auf mich hernieder. Sofort
richte ich mich auf und blicke dem Lehrer voll ins Gesicht. Er hat wieder seine
Brille so halb auf die Nase gesetzt, über deren Rand seine „Falkenaugen“,
wie ich sie heimlich nenne, mich streng fixieren. „Ja, Herr Lehrer“,
antworte ich sofort, um auch ja nicht den Anschein zu wecken, ich wäre mit dem
Gedanken bei etwas ganz anderem. Yami, der vor mir sitzt, dreht sich auch
endlich um, die gesamte Klasse, hat schon ihre Aufmerksamkeit auf mich
gerichtet. Manchmal könnte man echt das Gefühl haben, meine Klasse würde es
genießen, wenn ich von allen Lehrern runter gemacht werde. Ich habe auch das
Pech, ausgerechnet in einem Kurs gelandet zu sein, der komplett nur aus
sensationsgierigen Tussen und Machos bestehen zu scheint. „Gut, Herr Muto,
dann lesen sie uns mal ihre Lösung der Nummer 3 vor, die sie als Hausaufgabe
auf hatten!“ Hausaufgabe? Aufgabe? Ich hab doch keine Zeit mehr für
Hausaufgaben. Mein Tagesablauf ist so verplant, dass ich da nichts mehr
unterbringe und für Hausaufgaben ist eindeutig kein Platz mehr. Um Zeit zu
schinden, krame ich in meinem Mäppchen nach einem Korrekturstift, um zu
symbolisieren ich hätte sie gemacht. Mit einem Auge schiele ich auf die
Aufgaben. Oh mein Gott, was ist denn das noch mal?
Wurzelfunktionen? Ich habe noch nie etwas von Wurzelfunktionen gehört und erst
recht nicht, kann ich sie anwenden.
„Ich habe die Aufgabe nicht“, komme ich mit der Wahrheit heraus. Wie
vorausgesehen, seufzt der Lehrer schwer und sieht mich aus undefinierbaren Augen
an. „Herr Muto, wann gedenken sie endlich mal an ihre Zukunft zu denken?“ Am
liebsten würde ich jetzt aufstehen und gehen. So eine Frechheit brauche ich mir
beim besten Willen nicht gefallen lassen. Oder ihm an den Kopf werfen, was ich
von dieser Aufforderung halte, dass er sich aus meinem Leben heraushalten soll,
dass er doch keine Ahnung hätte, und meine Zukunft. Die würde schon kommen.
Doch ich tue keines von beiden. Starr fixieren meine Augen sein Kinn und mein
Mund formt die Worte. „Ich weiß nicht, Herr Lehrer.“ „Das glaube ich
Ihnen gut und gern. Allein schon wenn ich in deine Augen sehe, merke ich dass du
wie immer nicht bei der Sache bist.“ Was verraten denn bitte meine Augen? Also
jetzt geht langsam aber die Fantasie mit ihm durch, er spinnt sich das jetzt
bloß wieder zusammen.
Anhaltspunkte, die gar nicht stimmen, nur damit er weiter auf mir herumhacken
kann. „Genug davon“, wendet er sich von mir ab. „Herr Yamamoto, wären Sie
bitte so freundlich uns ihre Lösung mitzuteilen, natürlich nur wenn sie es
für nötig gehalten haben, ihrer Hausaufgaben zu machen?“ Schon wieder die
Spitze mir gegenüber. Aber daran gewöhnt habe ich mich allemal. Ich tue so,
als wäre ich beschämt und wende meinen Blick wieder auf mein Pult. Dabei
streife ich kurz Yamis Augen. Sie leuchten. Mir fällt kein anderes Wort ein um
sie genau zu beschreiben. Sie funkeln leicht ironisch, aber auch belustigt.
Sicher findet er es komisch, wie ich mich versuche, der Situation zu entziehen.
Doch als Yami die Worte des Lehrers hört, werden seine Augen zornig.
Was soll das alles? Ist sein Beschützerinstinkt nun schon so groß geworden,
dass er auch auf jede Kleinigkeit reagiert? Schnell schüttele ich den Kopf.
Beschützerinstinkt? Auf was da wieder meine Gedanken kommen, warum in aller
Welt sollte Yami einen Beschützerinstinkt für mich entwickelt haben? Er kennt
mich doch erst seit knapp 2 Wochen oder so. Was uns verbindet, kann man doch
fast nicht einmal Freundschaft nennen, oder geht sie schon weit darüber hinaus,
ohne dass ich das auch nur merke? Nein Yugi, das tust du jetzt nicht, versuche
ich meine Gedanke in eine andere Richtung zu lenken, diese war mir eindeutig zu
...... ja was denn? Zu peinlich, zu persönlich, zu abwegig? Natürlich bemerkt
Yami mich und mein Starren und zwinkert mir zu und wendet sich wieder dem Lehrer
zu, bevor er merkt, dass auch er ihm nicht wirklich folgt. Das hätte er nicht
tun dürfen, denn jetzt starre ich plötzlich auf seinen Rücken. Er trägt
seine Haare anders als ich, obwohl für einen ungeübten Beobachter wohl beide
Frisuren, wie eine aussehen mochten, so sehe ich doch die feinen Unterschiede.
Sie sind hinten fransiger als meine und vorne länger, das fällt vor allem bei
den blonden Strähnen auf. Aber nicht nur die Frisuren unterscheiden sich
gewaltig auch unsere Kleidung.
Er trägt trotz Schuluniformpflicht weiterhin seine Alltagskleidung. Ich weiß
nicht, ob das speziell mit dem Direktor ausgemacht ist oder so, schließlich ist
dieser ziemlich froh, ihn auf seiner Schule zu haben. Ein Aushängeschild kann
jede Schule gebrauchen, Yami ist wirklich gut in der Schule. Selbst wenn er mir
weismachen will, er hätte auch seine Probleme mit einigen Fächern, so belaufen
sie sich doch auf Kleinigkeiten. Mir entfährt ein leichter Seufzer. Ohne auch
nur einen Übergang, kehren meine Gedanken wieder zu Yamis Kleidung. Seine
schwarze Lederjacke spannt sich über seine breiten Schultern, die so viel
Stärke verheißen, seine selbstbewusste Haltung, die dadurch noch unterstrichen
wird. Gerade beantwortet er eine Frage des Lehrers und seine tiefe, sanfte
Stimme hallt in meinem Kopf wider. „Herr Muto“, bellt der Lehrer wieder
durch den Raum. Erschrocken fahre ich auf. Mist, ich befinde mich ja immer noch
im Matheunterricht. Das habe ich schlichtweg verdrängt. „Würden sie sich
bequemen nach vorne zu kommen und diese Aufgabe an der Tafel zu lösen. Ich
bräuchte eine mündliche Note von ihnen.“ Kurz verspüre ich die Angst meine
Muskeln würden sich gar nicht bewegen. Mich überkommt schlichte Panik, ich
habe doch keine Ahnung von diesem Thema und jetzt soll ich mich wieder vor
meiner ganzen Klasse blamieren. Langsam fast schleppend erhebe ich mich von
meinem Platz und zwinge mich nach vorne zu gehen.
Mit einem leichten Nicken entnehme ich die Kreide aus der Hand meines Lehrers
und fange mal mit dem Ansatz an, den muss ich ja auch nur abschreiben. Ich gehe
einen Schritt zurück und sehe mir noch einmal die Aufgabe an und entdecke, an
welchem Punkt ich anfangen könnte, die Gleichung zu lösen. Mit zunehmender
Erleichterung mache ich weiter, doch plötzlich stockt mir der Atem. Ich komme
nicht mehr weiter, ich bin an dem Punkt angelangt, an dem ich überhaupt nicht
mehr aufgepasst habe, der Anfang schwirrt mir noch dunkel im Kopf herum. Nach
Hilfe suchend blicke ich über meine Schulter und mein Blick fällt auf Yami. Er
wendet seine Augen kurz zum Lehrer, um auch sicherzustellen, dass er ihn nicht
bemerkt, dann formt er mit seinen Lippen die Lösung. „Binomische Formel“,
kann ich mit Müh und Not erkennen. Dankbar lächelnd sehe ich wieder zur Tafel
und tatsächlich, ich erkenne, wie ich weitermachen muss. Mit einem
triumphierenden Blick schreibe ich die Lösungen an die Tafel und wende mich
meinem Lehrer zu. Er wirft nun selbst einen Blick auf die Tafel und nickt.
„Die Lösungen sind richtig, Sie dürfen sich setzen Herr Muto.“ Ich gehe
schnell wieder zu meinem Platz, beim Vorbeigen streife ich Yamis Gesicht und
lächele ihn an. Ich bin ihm wirklich dankbar, er hat mir gerade meine Note
gerettet. Wie heute in Physik. Mit einem Schlag wird mir das Ausmaß klar, er
hat mir heute schon zum zweiten Mal geholfen. Ich bin nicht imstande mal etwas
auf eigene Faust zu schaffen, ich bin nicht in der Lage auf eigenen Füßen zu
stehen. Dumpf nehme ich wahr, wie der Lehrer die Stunde beendet und uns unsere
Hausaufgaben aufgibt. Wie in Trance schreibe ich sie ab und verlasse den Raum
fast als Erster. Meine Schritte führen mich hinaus aus dem Schulhaus und zu
meinem Lieblingsbaum auf dem Pausenhof.
Playground school bell rings again
Rainclouds come to play again
Has no one told you she’s not breathing
`Hello I’m your mind giving you someone to talk to
Hello
Ich bin nicht in der Lage für mich selber zu sorgen, ich komme nicht ohne Hilfe
aus. Dabei will ich doch jetzt alles alleine schaffen, nie wieder mich so auf
einen Menschen einlassen, denn auf einen Menschen angewiesen zu sein, bedeutet
auch Verbundenheit, nie wieder von anderen Menschen verlassen werden zu können.
Aber diese Illusion ist heute verblasst. Ich will nur noch von mir abhängig
sein, das wird zwar heißen, dass ich allein bin, aber besser allein, als noch
einmal diesen Schmerz zu ertragen. Stumm blicke ich in den düstern Himmel
hinauf, es wird bald regnen. Der Himmel spiegelt meinen Gemütszustand wieder,
wie als wüsste er, was ich fühle.
„Yugi“, höre ich eine Stimme direkt neben mir und blicke mich um. Ich kann
Yami erkennen, der mich besorgt mustert. „Was ist los mit dir?“ „Ach gar
nichts, mir geht es einfach nicht gut, ich wollte aus diesem stickigen
Klassenzimmer heraus“, suche ich nach einer fadenscheinigen Ausrede. Aus
irgendeinem Grund will ich ihm die Wahrheit nicht erklären. „Geht es dir
jetzt besser?“ Der besorgte Ton will nicht aus Yamis Stimme weichen. Nickend
lächele ich und hebe eine Hand, damit sich seine Sorgenfalten wieder glatt
streichen. Auch ihm kommt jetzt ein Lächeln auf die Lippen.
If I smile and don’t believe
Soon I know I’ll wake from this dream
Don’t try to fix me I’m not broken
Hello I’m the lie living for you so you can hide
Don’t cry
„Aber das ist doch noch nicht alles, Yugi“, lässt Yami sich nicht vom Thema
abbringen und nimmt sanft meine Hand. „Doch“, wehre ich strikt ab. Er darf
nicht alles von mir erfahren, das widerstrebt mir.
„Yugi, du kannst mir vertrauen, das weißt du doch“, flüstert er mir sanft
zu. Vertrauen? Genau das weiß ich nicht so genau, ob ich ihm so weit vertrauen
kann. Gut er gibt sich mir gegenüber immer vertrauensvoll, doch bei ihm weiß
ich nie so recht wo ich dran bin. Als würde er doch etwas in sich verstecken.
Die Szene heut in der Cafeteria beweist doch alles. Ich erröte bei dem Gedanken
an dieses Gespräch und senke mein Gesicht zu Boden, damit Yami das nicht
mitkriegt. Yami bemerkt mein langes Schweigen und hakt noch einmal nach.
„Yugi, was ist wirklich mit dir los?“ „Du bist los“, sage ich
rundheraus. Mist, ich könnte mir dafür auf die Zunge beißen, ich war einfach
zu direkt, was mir auch sein verwirrter Blick beweist. „Ich?“ „Ja du,
warum musst du mir auch immer helfen?“ „Ich dir helfen?“
„Ja du verstehst mich schon richtig helfen und hör auf mir alles
nachzuplappern.“ Ich bemerke wie sich Yamis Augen leicht verengen, aber nicht
vor Zorn sondern vor Schock. Das verwirrt mich nun, jeder, den ich sonst so
anfahre, wird sofort zornig doch er nicht. Er bleibt ruhig und hört einfach nur
zu. „Seit dem du da bist steht mein Leben wieder Kopf. Ich hatte so lange das
Gefühl für mich selber sorgen zu können und du hast mir alles zunichte
gemacht. Du hast mir gezeigt, dass ich nichts allein machen kann“,
mittlerweile schreie ich ihn an. Die Verzweiflung breitet sich immer mehr in mir
aus und ich spüre einen dicken Kloß in meinem Hals. Am liebsten will ich
rennen, irgendwohin, bis ich nicht mehr weiß wer ich bin, bis ich mein Leben
hinter mir lassen kann, doch stattdessen stehe ich hier und schreie den einzigen
Menschen an, der mich zu mögen scheint. „Wieso musstest du das tun? Wieso
konntest du mich nicht in dem Glauben lassen, ich könnte mein Leben
meistern?“ Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten, sie laufen mir
unaufhaltsam die Wangen hinunter und auch meine Knie wollen mir nicht mehr
gehorchen. Langsam rutsche ich an dem Baum hinab und schluchze. Schluchze mir
die Seele aus dem Leib. Dumpf merke ich wie Yami sich vor mich kniet und seine
Hand auf meine Wange legt und die andere unter mein Kinn, das er anhebt, sodass
ich ihm in die Augen blicken muss. „Yugi, jetzt beruhige dich doch mal.“
Mit aller Macht versuche ich meinen Tränenfluss zu stoppen, doch das will mir
noch nicht so recht gelingen. „Yugi, du meisterst dein Leben doch. Schau dich
doch nur an, du lebst allein in diesem riesigen Haus. Du gehst nebenher arbeiten
um dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen und du gehst in die 12.Klasse.
Bezeichnest du das als nicht meistern?“ Ich öffne den Mund um etwas darauf zu
erwidern, doch er legt mir sanft den Finger auf die Lippen. Woher weiß er von
meiner Arbeit? Niemand weiß doch davon, hat er mich etwa doch mal gesehen?
„Sei mal für einen Moment still und hör mir einfach zu. Und was das Helfen
abverlangt, glaubst du nicht, dass ich dafür auch sehr viel auf mich nehme??
Aber ich tue dass doch nicht für mich, um meinen Spaß zu haben, oder zu sagen,
seht her ich helfe den Schwachen oder so, sondern weil ich dich mag. Mehr als du
dir vorstellen kannst.“ Den letzten Satz flüstert er fast und ich bin mir
nicht sicher ob er das wirklich so gesagt hat. Doch was er gesagt hat, lässt
mein Herz höher schlagen. Er mag mich? Nichts sehnlicher wünsche ich mir, als
diese Worte aus seinen Mund zu hören. Seine Meinung ist mir sehr wichtig.
„Danke, Yami für alles“, sage ich leise. „Ach das tu ich doch gerne und
jetzt hoch mit dir“ Scheinbar mühelos hebt er mich wieder auf die Füße.
Seine Hände bleiben auf meinen Hüften und sein Gesicht ist den meinem so nah,
dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüre. Schwer schlucke ich.
Ich will Yami nur noch nah sein, nur noch mit ihm allein sein, mein ganzes Leben
lang. Aber da ist noch eine Sache, die mir unter den Nägeln brennt. „Du Yami,
erinnerst du dich noch an das Mädchen in der Cafeteria?“ Er nickt. „Sie hat
gefragt ob du vergeben bist und du hast ja geantwortet, wie meintest du das?“
Schelmisch grinsend blickt er zu mir herab. „Nun ja, vergeben ist leicht
übertrieben, aber ich musste doch irgendwas sagen, um dieses Mädchen ruhig zu
stellen. Ihre Fragerei war doch total deplatziert. Aber verliebt bin ich schon,
aber die Person weiß es noch nicht.“ Das habe ich mir doch schon fast
gedacht. So jemand wie Yami bleibt nicht lang allein, er ist offen genug sich
anderen Menschen zu öffnen, doch wie steht es um mich? Und wen meint Yami mit
dieser „Person“?
***Kurze Zeit später******
Seufzend lasse ich mich in Joeys Sessel fallen. Yami setzt sich mir gegenüber
nieder und fokussiert seinen Blick auf mich. Unangenehm rutsche ich hin und her.
Er hat meinen kleinen Anfall heut nach der Schule anscheinend noch nicht
vergessen. „Was ist denn mit euch los? Ihr seht aus wie Tiger, die ihre Beute
fixieren“, scherzt Joey lachend und wir lösen unsere Blicke voneinander. Ich
bücke mich um mein Schultasche auf meinen Schoß zu heben. Yami und Joey hatten
mich überredet mit ihnen die Mathehausaufgaben zu erledigen. Meine Schicht
beginnt erst in 2 Stunden und ich hatte nichts Besseres zu tun, also stimmte ich
zu. Ich suche mir ein Blatt und benutze das Buch als Unterlage. Stumm schreibe
ich die Aufgabe ab, während Yami und Joey schon am fachsimpeln sind. Ich
verstehe weniger als die Hälfte, obwohl wir den gleichen Unterricht besuchen.
Verdammt ich sollte wirklich in Zukunft besser aufpassen. Doch irgendwie schaffe
ich es mich einzuklinken und tatsächlich, es machte Spaß. Ich kann lachen,
ungezwungen sein, etwas was ich schon lange nicht mehr gezeigt habe. Mit
Bedauern blicke ich auf meine Armbanduhr. Schon 19 Uhr? Mist! „Leute ich muss
gehen, meine Schicht fängt bald an und ich muss mich noch schnell umziehen. Bis
morgen“, ich hebe meine Hand zum Gruß und verschwinde. Mich stimmt es traurig
zu gehen, gerade wo es so viel Spaß gemacht hat. Moment, habe ich gerade
wirklich das Wort Spaß benutzt? Dieses Fremdwort für mich. Aber vielleicht war
es langsam kein Fremdwort mehr, vielleicht kann ich ihn Zukunft wirklich wieder
Spaß haben. Jetzt ist es auch schon egal, dass sie wissen, dass ich Tag für
Tag in einem Club arbeite. Mit federnden Schritten gehe ich nach Hause und
diesmal bedrückt mich die Stille des Hauses nicht so. In Windeseile ziehe ich
mich um und husche aus dem Haus in Richtung Club.
*******Yami*********
Was für eine aberwitzige Behauptung! Yugi soll in diesem Club Kaleidoskope
arbeiten? Neben meiner Wohnung? Da hat sich doch Joey einen Scherz erlaubt, oder
hat er die Wahrheit gesprochen? Es kommt mir immerhin so vor, als hätte Joey
das auch nur durch Zufall erfahren. Meine Gedanken kommen gar nicht mehr zur
Ruhe. Warum beunruhigt mich das so? Ich kenne den Grund, weil dieser Club als
„zwielichtig“ gilt. Nicht gerade die Typen verkehren da, denen man in der
Nacht begegnen will. Ich muss mich selber von dem Wahrheitsgehalt dieser
Nachricht überzeugen. Ich vertraue Joey zwar voll und ganz, doch manchmal ist
sehen besser als hören. Meine Füße tragen mich dem Club immer näher, meine
Gedanken sind aber noch meilenweit entfernt, sie kreisen schon wieder um
Ereignisse, die besser in Vergessenheit bleiben sollten. Doch mein Gehirn will
mal wieder nicht so wie ich möchte. Nickend gehe ich am Türsteher vorbei. Ich
kenne Johnny schon ewig, so kommt es mir zumindest vor – eigentlich nur vom
Sehen, doch seit ich hier wohne, kommt man eben auch mit solchen Leuten ins
Gespräch -und er lächelt freundlich zurück. „Der Schein trügt“ Dieser
Spruch trifft auf Johnny zu einhundert Prozent zu. Johnny ist ein Schrank, hat
früher auf dem Bau gearbeitet, bis er einen Unfall erliegt war. Doch sein
Äußeres täuscht voll über seinen Charakter hinweg. Er ist schwer in Ordnung.
Die Bässe drücken auf meine Trommelfelle. Es ist laut und unterhalten kann man
sich überhaupt nicht richtig – höchstens man schreit. Ich kann ein paar
Leute auf der Tanzfläche ausmachen. Meine Güte, der Typ an der Nebelmaschine
spielt mal wieder verrückt. Beißender Rauch, der schwer im Raum schwebt.
Schnell gleite ich zwischen die vielen Tische Richtung Tresen. Erstaunt weiten
sich meine Augen. Tatsächlich da steht Yugi und schlürft gerade entspannt
einen Drink, während er mit einem der anderen Kellner redet. Er trinkt Alkohol?
Yugi? Der kleine Yugi…und er arbeitet an so einem Ort? Ich will das nicht
glauben, verwirrt mustere ich die Szene. Seine Lederklamotten schimmern durch
die Scheinwerfer. Seit wann trägt Yugi Leder? Aber Leder steht ihm, das muss
ich offen zugeben. Schnell husche ich zu der gegenüberliegenden Seite des
Tresens, für die jemand anderes zuständig ist. Wenn, will ich ihn erstmal
heimlich beobachten. Er soll doch nicht wissen, dass ich hier bin.
„Jacki-cola“, rufe ich dem Kellner zu, der mir prompt ein Glas vor die Nase
stellt. Sofort nehme ich es hoch und trinke einen kleinen Schluck. Die Mischung
ist ja grausig, die hatte ich anders in Erinnerung. Ach was soll’s, bei dem
Anblick brauche ich jetzt etwas Hochprozentiges. Aus den Augenwinkeln sehe ich,
wie Hiroshi und Takeru die Bar betreten. Sofort nehme ich das Glas hoch und
trinke einen kleinen Schluck. Verdammt, was machen die hier? Ich sollte
verschwinden, solang es noch geht und bevor sie mich sehen…
Warum muss das Schicksal mir immer einen Dämpfer nach dem Anderen verpassen?
Erst erfahre ich, dass Yugi hier arbeitet, ausgerechnet in dieser Bar, mit der
ich aus früheren Zeiten so viel verbinde. Dann spaziert auch noch meine
Vergangenheit zur Tür herein. Wann werde ich sie wohl endlich loswerden? Aber
wenn man es genau bedenkt, habe ich auch noch keine großen Schritte
unternommen, um sie wirklich zu vertreiben, gut ich trete langsamer, aber das
ist noch kein wirklicher Schritt in die Freiheit. Ich bin weg gegangen, habe
eine Auszeit genommen – und nun will ich nicht mehr zurück in meine alte
Welt. Ich habe ein neues Leben begonnen, seit ich Yugi kenne, weiß ich, dass
das Leben auch anders sein kann. Sie setzen sich genau mir gegenüber, erkennen
können sie mich nicht, dafür werde ich zu sehr von den Kellnern verdeckt. Mir
macht es keine Probleme sie zu beobachten, solange sie mich nicht sehen. Doch
wie soll ich verschwinden, ich müsste an ihnen vorbei gehen, um zur Tür zu
kommen und vielleicht würde mich dann auch noch Yugi sehen. So ein Mist. Ich
nehme noch einmal einen Schluck und fixiere sie über den Glasrand. „2
Wodka“, höre ich Hiroshis laute Stimme bis zu mir herüber schallen. Wie oft
habe ich ihn schon gebeten, nicht so zu schreien? Es gab Situationen, da ist das
nicht gerade von Vorteil. Mit Entsetzen sehe ich, wie Yugi den Beiden ihre
Wodkas hinstellt und sich kurz mit ihnen unterhält. Er bedient sie? Weiß er
denn nicht, was das für Typen sind? Es wirkt nicht gerade wie eine normale
Kellner-Gast-Schäkerei, eher als würden sie sich gut kennen. Das darf doch
nicht wahr sein. Das bilde ich mir nur ein. Je länger ich sie aber beobachte,
desto sicherer werde ich. Mit einem Grinsen knufft Yugi Hiroshi in die Seite und
bedient einen anderen Gast. WAAAAAS? Seit wann gehen die so vertraut miteinander
um? Meine Augenwimper zuckt. „Hast du noch nichts von unserem Neuzugang
gehört, Cold?“, spricht mich ein kalte, raue Stimme an. Ich erschaudere
leicht. Ich mag diesen Namen nicht mehr, wie könnte ich auch? „Thunder, von
dir hab ich ja schon lange nichts mehr gehört!“, gehe ich auf das Gespräch
ein und drehe mich um. Meine Augen fahren über seinen Körper, er ist groß
gebaut und sehr, sehr muskulös, egal wie sein Körper aussieht, der
Gesamteindruck wird immer durch sein Gesicht zerstört. Seine linke
Gesichtshälfte überziehen unschöne Narben. Ich weiß nicht einmal woher er
sie hat, er hat nie darüber geredet, doch er scheint sehr stolz auf sie zu
sein. Doch so erpicht auf diese Geschichte bin ich auch wieder nicht. „Du
wolltest doch ne kleine Auszeit, Cold, nicht ich. Ich habe sie dir aber
gewährt, das war ich dir echt schuldig.“ „Lüg nicht, du wolltest mich
bloß für kurze Zeit aus dem Weg haben“, erwidere ich kalt. Seine
Schönrederei kann einem echt auf die Nerven gehen, man sollte eigentlich
meinen, dass einem Mann von seinem Kaliber solche Herunterspielungen einerlei
wären, doch ihm nicht.
Er ist in jeder Hinsicht, genau das Gegenteil vom Erwarteten. „Jetzt sag, hast
du unseren Neuen schon kennen gelernt?“ „Nicht das ich wüsste“, lüge
ich. Yugi darf unter keinen Umständen erfahren, das ich ebenfalls hier bin und
noch immer, nicht desto trotz Mitglied dieser Gang bin. „Soll ich ihn schnell
herrufen, dass du ihn auch unter die Lupe nehmen kannst? Schließlich musst du
deiner Position doch wieder gerecht werden.“ Position, dass ich nicht lache,
eine Position die ich nie wollte, die man mir aufgezwungen hat. „Nein lass
ruhig, ich nehme ihn mir später vor, denn wie du schon sagtest, meine Position
lässt mir viel Spielraum“, blocke ich geschickt ab und innerlich atme ich
auf. Vielleicht nimmt er es mir ab, doch sicher bin ich mir auch nicht. Ich will
nichts mehr mit meiner Vergangenheit zu tun haben. „Wenn ich sage JETZT dann
meine ich auch jetzt, verstanden? Deine Position hilft dir bei meinen
Entscheidungen einen Dreck“, blafft mich Thunder an und winkt Hiroshi, der
sofort seinen Boss erblickt hat. Mit einer Handbewegung deutet Thunder auf Yugi
und Hiro versteht den Wink. Lachend gibt er ihm einen Schubs und weist auf
unsere Richtung. Ich sehe wie Yugis Augen sich weiten. Das ist ein Albtraum, aus
dem ich schnell aufwachen will. Mit langsamen Schritten nähert sich Yugi uns,
wobei er die ganze Zeit seinen Blick auf mich konzentriert hält. Das darf nicht
passieren, Yugi durfte nichts von meiner Vergangenheit erfahren. Lass das ein
Traum sein!
*******Yugi********
Zuerst dachte ich, meine Augen spielen mir einen Streich, das ist nur eine
Illusion. Doch als ich näher trete, verschwimmt dieser Gedanke und die
Realität erschlägt mich in ihren Bann. Da sitzt doch tatsächlich Yami neben
Thunder, dem Boss. Was hat das alles zu bedeuten? „Hey Kleiner, ich warte
nicht ewig“, donnert seine Stimme zu mir. Thunder hat wirklich eine imposante
Stimme und ich merke wie meine Schritte sich unwillkürlich beschleunigen. „Du
bist also unser Neuer“, begrüßt mich Thunder schroff und mustert mich von
oben bis unten. Meine Schultern versteifen sich, ich kann es nicht ausstehen mit
solch einem Blick angesehen zu werden. So berechnend. „Gar nicht schlecht“,
grummelt er zufrieden und blickt Yami an, er wartet auf seine Zustimmung. Doch
Yami bemerkt ihn gar nicht, seine Augen hängen erschüttert an mir und ich kann
Angst erkennen. Angst? Wovor? Auch Sorge kann ich erkennen. „Hörst du mir
eigentlich zu, Cold?“ Mir stockt der Atem bei dem Namen. Hatte Thunder Yami
gerade „Cold“ genannt oder hab ich das nicht richtig gehört? Bei dem Lärm
hier ist das gut möglich! „Was? Ach so, ja ich finde ihn auch ganz
passabel.“ Passabel ist das einzige Wort das ihm einfällt? Entsetzen und
aufkeimende Wut hält sich nun die Waage. „Cold, sei doch nicht immer so
streng zu den Neuen“, frotzelt Thunder vergnügt. Schon wieder! Schon wieder
hat er ihn Cold genannt. Hiro hatte mir schon viel über „Cold“ erzählt,
stolz über dessen Taten, die ich aber nicht sonderlich ruhmvoll fand. Sofort
suchen Yamis Augen wieder die meinen. Wahrscheinlich will er prüfen, ob mir
Cold etwas sagte. Das tat er allerdings. „Du kannst gehen, Kleiner“,
scheucht mich Thunder davon. Für einen Moment bleibe ich wie angewurzelt stehen
und halte Yamis Blick weiterhin fest. „Sofort“, dröhnt Thunders Stimme in
meinen Ohren und ruft mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Mit abgehackten
Bewegungen drehe ich mich um und gehe wieder an meine Arbeit.
********Yami*******
Das Entsetzen in seinen Augen tut mir weh. Er kennt den Namen „Cold“, das
habe ich ihm deutlich angesehen. Jeder Blick ist ein Stich in mein Herz. Warum
sehne ich mich nach seiner Anerkennung, nach seiner Zustimmung? Oder ist es das
überhaupt? Wiederum reißt mich Thunders raue Stimme aus meinen Gedanken.
„Nun zu dem eigentlichen Grund, warum ich hier bin“, eröffnet Thunder und
steckt sich eine Zigarette an. „Ach es gibt noch einen anderen außer dem
Neuen?“ „Was denkst du? Ich habe meine Zeit nicht gerade zum Verschwenden
angelegt“, gibt er schroff zurück. Sicher, zwischen zwei Deals bleibt einem
ja auch nicht viel. „Ich habe einen Auftrag für dich, Cold.“
„Auftrag?“, entgegne ich wie vom Donner gerührt. „Sag mal, warum muss ich
heute alles für dich wiederholen? Hockst du heut auf deinen Ohren? Ja Auftrag,
du sollst für mich einen Deal abwickeln.“ Meine Vergangenheit hat die
Gegenwart eingeholt, genau das, was ich eigentlich verhindern wollte. „Du
wirst ihn nicht allein abwickeln, dafür ist es zu viel Arbeit. Ich stelle dir
den Neuen zur Seite.“
Langsam dringen diese Worte zu mir durch und mein Gehirn schaltet auf Leerlauf.
Ich soll Yugi in solch eine Sache mit hineinziehen? Nie im Leben! „Nein“,
antworte ich nur. Thunders Augen verengen sich. „Nein? Du wagst es, mir
Widerworte zu geben?“ „So sieht es aus. Ich steige aus, Thunder. Es gibt
hier für mich nichts mehr.“ „Ist das dein Ernst?“ „Mein voller…“
Ich merke wie sich sein Körper anspannt, eine kleine Ader auf seiner Stirn
beginnt zu pulsieren. „Du verdammtes Arschloch, nach allem was ich für dich
getan habe.“ „Was du für mich getan hast?“ Beißender Spott liegt in
meiner Stimme. „Du hast mich bis an meine Grenzen getrieben und diese hätte
ich lieber unberührt gelassen.“ „Niemand schleudert mir solche Worte an den
Kopf, ohne dafür zu bezahlen.“ Ich sehe es blinken und mit einem kleinen
Aufschrei meinerseits zieht er seine Waffe und richtet sie auf mich.
******Yugi********
Schwach höre ich, wie Thunder immer lauter wird. Er scheint richtig sauer zu
sein, doch auf wenn schreit er denn da ein? Mit Entsetzten realisiere ich, dass
es Yami ist, der ihn so zur Weißglut treibt. Schnell bewege ich mich auf die
Beiden zu. Vielleicht wurde ja meine Hilfe benötigt, man konnte ja nie wissen.
Mein Herz macht einen Aussetzer als ich sehe, wie Thunder eine Waffe zieht und
sie auf Yami richtet. NEIN! Er war drauf und dran zu schießen. Yami durfte
nichts passieren, das lasse ich nicht zu, hämmert es durch meinen Kopf. Ohne
auch nur über meine Handlung nachzudenken, sprinte ich auf die Beiden zu,
schwinge mich über die Theke und platziere mich genau vor Yami. Im selben
Augenblick höre ich, wie der Schuss sich löst und die Kugel auf mich zusirrt.
Sie trifft mich genau in die Brust. Alles passiert wie in Zeitlupe, erst spüre
ich so gut wie nichts, ich fühle nicht mal die Kugel, die in mein Fleisch
trifft. Ich sacke nur in mich zusammen. Mit schwindendem Blick sehe ich noch
Yami der sich mit schreckstarrem Gesicht zu mir runterbeugt. „Ich bin froh,
dass dir nichts passiert ist“, flüstere ich mit letzter Kraft und gebe mich
dann der Dunkelheit hin, die meinen Geist einhüllen will. Der Schmerz will
nicht von mir lassen. Er ist unerträglich, doch als ich aufgebe, lässt er nach
und hinterlässt eine Leere in meinem Kopf. Das einzige was noch in mir hallt
sind Yamis Schreie, er schreit nach mir, ich solle nicht gehen, bei ihm bleiben.
Doch es ist so schwer dagegen anzukämpfen. Meine Kräfte schwinden und mein
Gehirn lässt mich im Stich.
******Yami*******
NEIN! Oh mein Gott, nein! Was habe ich angerichtet…wieso bin ich nur hierher
gegangen…warum hab ich das nur getan?
Yugi…wach wieder auf.
Still falling
Breathless and on again
Inside today
Beside me today
Around broken in two
Ich knie verzweifelt neben ihm, fasse nach seinem Gesicht, es ist so kalt – so
KALT! Nein. Meine Gedanken schreien, sie wollen nicht aufhören. Meine Augen
werden wässrig, ich verziehe das Gesicht schmerzverzerrt, als wäre ich
derjenige gewesen, der getroffen worden ist. Alles ist still. Die Musik ist
verebbt, ich merke, wie man uns anstarrt. Thunder steht hinter mir, seine Augen
sind weit aufgerissen. Doch das alles, was um mich geschieht, ist wie
abgeschottet, nur meine schreiende, innere Stimme echot hinter meiner Stirn.
Panik, unendliche Panik breitet sich aus, lässt meinen Körper gefrieren,
während meine Hände nach seinem Nacken greifen, sein Gesicht ein Stück
anheben. Ich merke, wie Tränen bereits über meine Wangen laufen. NEIN,
YUGI…wach bitte auf, wach sofort auf. MACH DIE AUGEN AUF!
Doch er blinzelt nicht, er bewegt sich nicht…nein…vehement berühre ich fest
seine Wangen, schüttle ihn leicht, und immer wieder zucken meine Pupillen zu
seiner Einschusswunde.
„Oh GOTT! Was hast du GETAN?“, schreie ich aus Leibeskräften. Die Leute
haben einen Halbkreis um uns gebildet, ich höre aufgeregte Stimmen, das Rufen
nach einem möglichen Arzt. Doch es sind nur Stimmen hinter dicken
Wattebäuschen, ich kann sie nicht eindeutig ausmachen, mir ist es auch egal…
Till your eyes shared
Into dust
Like two strangers
Turning into dust
'Till my hand shook with the way I fear
Schnell versuche ich irgendwie meine Angst irgendwo hinzuverbannen, doch sie ist
so derart nicht fassbar, dass es mir nicht gelingt. Verdammt.
„Yugi“, sage ich verzweifelt und meine Finger ruhen an seiner
Halsschlagader. Sein Puls ist noch da…ich seufze erleichtert auf, doch mein
Herz pumpt so laut, als würde es merken, was gerade hätte mit mir passieren
können.
Ich merke, wie Thunder einen Schritt zurückgeht. Ich will ihn festhalten,
aufstehen und…was? Was will ich…meine Vergangenheit darf sich nicht mehr
wiederholen, ich muss mich zusammenreißen. Es geht hier um YUGI, er hat mir
mein Leben gerettet und seines…dafür hergeben wollen…verdammt….wieso bin
ich hierher gekommen.
Meine Hände fassen nach seinem Ledershirt, das eingerissene Schussloch kann ich
deutlich sehen. Wieso kommt denn kein Arzt?
Wieso hilft uns niemand? Hallo…sind denn alle hier wie eingeschlafen, mein
Freund verblutet und niemand tut was.
Ich neige mich vor, meine Tränen kullern unaufhaltsam weiter.
„Yugi“, verzweifelt flüstere ich seinen Namen, ich zerreiße derweil sein
Shirt. Für einen Moment bin ich wie erstarrt, seine weiche, zarte Haut…so
zierlich…und nun ist sie beschmutzt…Meine Fingerkuppen berühren sachte,
fast als fühlten sie sich ertappt, seine Haut. So schön weich. Ich schlucke
einen Batzen Speichel hinunter, als mir bewusst wird, dass es hier nicht um
seine Haut geht, sondern um eine SCHUSSWUNDE! Sofort sehe ich eine Blutlache,
die sich unter dem Leder bereits angesammelt hat und die nun über seine nackte
Brust herab läuft und zu Boden fließt.
I could possibly be fading
Or have something more to gain
I could feel myself growing colder
I could feel myself under your fate
Under your Fate
„YUGI“, wieder rüttle ich ihn leicht, wieso öffnet er die Augen nicht.
„WIR BRAUCHEN EINEN ARZT!“ Ich schreie auf und meine Stimme gleicht einem
Kreischen. Ich merke wie ein Kellner aus seiner Erstarrtheit gerissen wird und
zu einem Telefon hinter der Theke rennt.
„Yugi, bleib bei mir…bitte…bitte…tu darfst nicht sterben, nicht wegen
mir, hörst du?“ Meine Finger legen sich wieder um seine kühle Wange ….sie
wird kälter, seine Wärme scheint zu schwinden. Meine Gedanken überschlagen
sich, mein Herz zerspringt bei dem Gedanken, Yugi zu verlieren- Er darf mir
nicht jetzt genommen werden – nicht jetzt – er bedeutet mir soviel. Ich will
ihn nicht…Thunder…dieser Schlechter Traum, hört der nie auf, ich dachte ich
würde es schaffen…diesen Alptraum hinter mir lassen.
Hörst du mich nicht? YUGI?
Er ist der einzige, dem ich meine Aufmerksamkeit schenke, ich sitze wie erstarrt
da, mehrere eiskalte Schauder suchen sich einen Weg durch meinen Körper.
Meine Hände fahren zu seiner Wunde, plötzlich ist Thunder an meiner Seite.
Angstschweiß ist auf seiner Stirn. Blut klebt an meinen Fingerkuppen.
Erschrocken ziehe ich die Luft ein…sein Blut, soviel Blut…mir wird so
übel…das ist doch nicht wirklich passiert…
„Das…das wollte ich nicht…“, fängt er an zu stottern und seine Augen
sind wie auf Yugis Schusswunde eingebrannt. Ich antworte nicht, das sind
Nichtigkeiten, die keinem etwas bringen, dadurch wird Yugi auch nicht mehr
spontan geheilt.
Wenn nicht gleich endlich ein Arzt kommt…wird Yugi….
Ich will den Gedanken nicht zu Ende bringen, ich habe zu große Angst davor, was
passiert, wenn es wirklich eintrifft.
It was you breathless and tall
I could feel my eyes turning into dust
And two strangers turning into dust
Turning into dust
Er darf mich nicht verlassen, ich habe doch…nein. Ich kneife die Augen fest
zusammen. Ich darf so nicht denken.
Ich nehme ein weißes Tuch, welches mir plötzlich der Kellner hinhält. „Du
musst die Wunde stoppen….er blutet zu stark. Der Krankenwagen ist
unterwegs!“
Ich atme stark ein, ich habe Angst, einen gewissen Ekel, vor zuviel Blut, mir
wird fast schwindelig, als ich das Tuch auf Yugis nicht stoppende Blutwunde
drücke.
Mir dreht sich alles, mein Kopf ist so leer, nur sein Name ist es, der durch
mich hinweg weht.
Immer wieder rufe ich seinen Namen…mein Magen schlägt Revolte. Tränen, die
ich nicht mehr zählen kann, laufen über meine Wangen, meine Augen brennen wie
Feuer, doch ich kann nicht aufhören.
Ich drücke das weiße Tuch fest auf die Wunde, ich weiß nicht, ob es
hilft….es muss einfach.
Still falling
Breathless and on again
Inside today
Beside me today
Around broken in two
„YUGI….sehe mich an…du wirst nicht sterben, hast du das verstanden?“
Immer wieder suche ich seinen Blick, doch seine Augen sind geschlossen, sein
Atem nur noch sehr flach, kaum noch hörbar.
„Was ist mit ihm?“ Ich höre Stimmen, von Leuten die nur gaffen können.
Ich presse die Lippen zusammen und neige mein Gesicht, das Tuch wird
blutgetränkt…so rot wie Feuer….soviel Blut….über meine Finger läuft
sein Blut….meine Lippen sind trocken und zeigen nur noch einen blutleeren
Strich. Mein Herz pocht und klopft, als würde es selbst um sein Leben
kämpfen.
Ich höre plötzlich ein feines, kaum hörbares keuchen….Yugi?
Er scheint zu blinzeln, nur schwach….doch er scheint mich zu hören.
„YUGI…Yugi öffne die Augen, du schaffst das, Yugi…sieh mich an!“, rede
ich schnell und meine Stimme versagt, als er es tatsächlich schafft. Nur kaum
öffnet er die Augenlider, er ist so erschöpft …seine Lider zucken.
„Y….ami…“, presst er hervor, „hilf….mir…“ Ich höre ihn keuchen,
sein Atem rasselt.
Es fällt ihm schwer zu sprechen. Ich stütze sein Gesicht mit meiner freien
Hand. Ein Kellner will mir helfen, er kniet nun auch neben Yugi und hält ein
neues Tuch auf seine Wunde.
„Wann kommt der Arzt?“, frage ich alarmiert, während Yugi mich versucht
anzusehen.
„Ich weiß es nicht“, gesteht der Kellner.
Thunder sitzt teilnahmslos neben mir, seine Waffe in seiner Hand, die er nur
ungläubig anstarrt,
„Cold…verzeih mir! Bitte…ich wollte ihn nicht töten!“
TÖTEN? Hat er gerade töten gesagt…YUGI wird nicht sterben, er wird es
nicht…er wird nicht sterben! Hörst du das? Du verdammter Mistkerl…ich will
dich nie wieder sehen…du sollst meinetwegen verrotten. Meine Gedanken rasen.
„Yami….mir…wird….kalt…!“
Nein….
„YUGI….hör mir zu“, sanft lege ich meine blutbefleckte Hand auf seine
Wange.
„Du schaffst das. Sieh mich an, ich bin hier und ich werde alles tun…“,
ich halte inne, als mich ein erneuter Tränenschwall zu behindern droht.
„Ich wollte….nicht….dass dir etwas…geschieht….“, flüstert er heiser
und seine Stimme versagt immer mehr. Aus seinen Augenwinkeln treten Tränen.
Nein, ich muss weinen, nicht er...er hat sich doch wegen mir diese verdammte
Kugel eingefangen, wieso nur…wieso?
Verdammt, nein….wieso hast du das getan? Wieso hast du das nur gemacht…
Endlich, endlich höre ich das Geräusch des Krankenwagens. Die Sirene heult auf
und es ist das Geräusch, was mich auf merkwürdiger Art zu beruhigen scheint.
„Dir wird geholfen….der Krankenwagen kommt…Yugi? YUGI….“, schreie ich
nach seinem Namen, als er plötzlich in sich zusammenzuckt, laut nach Luft
schnappt, als wäre das sein letzter Atemzug gewesen, mit aufgerissenen Augen
starrt er mich noch an, dann erschlafft sein Körper.
OH GOTT!
NEEEEEEEEEEEIIIIINNNNN!
„YUGI! YUGI!“, wiederhole ich den Namen, ich schreie aus Leibeskräften,
höre wie die Leute flüstern: „Er ist tot!“ - „Er wurde angeschossen, er
war noch so jung!“
Ich falle nach vorne, keuche auf, mein Herz überschlägt sich, die Zeit scheint
still zu stehen, meine Augen flackern.
Endlich löst sich die Menschenmenge an einer Seite auf und ein Notarzt sucht
sich seinen Weg zu mir.
Ich nehme Yugi in meine Arme, ich suche nach seinem Puls…
„Was ist mit ihm?“
Ich kann nicht antworten, ich kann es nicht. Erstarrt liegen meine Hände auf
seiner Halsschlagader,
„Er…atmet NICHT“, keuche ich wie vom Blitz getroffen.
Irgendein anderer Assistent löst mich von Yugis Körper, den ich nicht
loslassen will.
Verwirrt werde ich zurückgezogen und muss mit ansehen, wie sie ihn
wiederbeleben wollen. Mir wird so schwindelig….mir wird so übel….so
übel…Magensäure steigt hoch, dann schließe ich die Augen. Ich höre die
aufgebrachte Stimme des Notarztes, höre die rollende Tragbahre, die
hereingefahren wird, spüre wie sie Yugi auf die Liege ablegen.
„ER ATMET wieder…“, höre ich den Notarzt erleichtert sagen. Endlich
öffne ich wieder die Augen. Habe ich das wirklich gehört? Er lebt…LEBT!
Meine Gedanken schwirren unstet, meine Tränen laufen weiter unkontrolliert und
ich folge dem Rettungsteam auf die Straße, raus aus dem rauchenden,
alkoholverseuchten Club ins Freie.
„Ich möchte mitfahren“, sage ich und merke wie der Assistent mich anstarrt
und schließlich nickt.
„Steig ein!“
Ich folge ihm in den Innenraum des Krankenwagens. Der Notarzt ist wieder über
Yugi gebeugt, ich höre den Fahrer mit dem Krankenhaus über Funk sprechen,
meine Augen schweifen noch mal zur Straße und ich sehe wie Thunder und seine
Kumpanen abhauen.
Sie schauen nicht zurück. Ich bin wie erstarrt und blicke solange auf die
Straße, bis meine früheren Freunde um die Ecke verschwunden sind, dann wird
laut die Türen des Krankenwagens zugeknallt und ich schleudere mein Gesicht
wieder zu Yugi, der an einer Atemmaske nun angeschlossen ist.
Freunde…pah….sie haben Yugi auf den Gewissen, wenn ihm etwas passiert, dann
gnade ihnen Gott.
„Was ist mit ihm?“ Ich beuge mich wie schmerzverzerrt vor und wische mit
meinen Handrücken über meine Augen.
„Er hat eine ziemlich üble Schusswunde…er muss schnell operiert werden.“
Operiert? Hat der Notarzt gerade etwas von einer Operation gesagt?
„Wird er…es schaffen?“ Mir fällt es schwer, die Frage auszusprechen, denn
meine Stimme zittert unmerklich.
„Ich weiß es nicht“, meint er ehrlich und endlich stoppt der Krankenwagen
vor dem Eingang des Domino Krankenhauses. Es ist, als würde die Zeit wieder
schneller laufen, hoffentlich zu Yugis Gunsten.
Die Türen werden aufgerissen, ich springe heraus und sofort eilen mehrere
Ärzte und Krankenschwester um Yugis Bahre, sie rollen sie durch den geöffneten
Eingang, höre Stimmen, irgendwelche ärztlichen Fachausdrücke und schließlich
Op-Saal…
Ich eile hinterher, meine Füße schmerzen, mein Herz schlägt laut, ich kann
kaum atmen. Yugi…doch sein Gesicht treibt mich voran, ich eile der Bahre
hinterher, bis mich eine Krankenschwester zurückhält.
„Sie müssen warten!“
Nur drei Worte, die aber in mir einen Schmerz hinterlassen. Ich bleibe stehen,
bin atemlos.
Ich starre sie an.
I could possibly be fading
Or have something more to gain
I could feel myself growing colder
„Warten sie im Wartezimmer. Wir werden alles für ihren Freund tun!“ Sie
nickt mir zu und dirigiert mich zu einem Raum, wo mehrere weiße Acrylstühle
stehen.
Ich gehe langsamen Schrittes darauf zu, bleibe wieder stehen und will mich
umdrehen, ich will zu Yugi. Ich atme heftig.
Doch dann gehe ich weiter und gehe schweren Schrittes zu den Stühlen herüber.
Ich kann mich nicht hinsetzen, während Yugi wahrscheinlich verblutet, er hatte
aufgehört zu atmen…er war kurz davor…nein…daran darf ich nicht denken. Er
atmet doch wieder, er wird das doch überleben.
Oder hat mich bereits wieder meine Vergangenheit von damals eingeholt?
I could feel my eyes turning into dust! Turning into dust
(to be continued)
Kapitel 13: ~Heartache every Moment...?~
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Anmerkung des Honeyteams: Wir wollen uns großzügig bei allen lieben
Kommischreibern bedanken, die noch immer an diese FF glauben und sie lesen
wollen. Wir haben uns mit diesem Kap. viel Mühe gegeben und haben für eure
treue Lesebereitschaft ein ziemlich langes Kapitel geschaffen, von dem wir
glauben, dass unser ganzes Herzstück dranklebt ^__^ Wir hoffen also, dass es
euch gefällt und als Inspirationsmusik haben wir mal wieder einen Mix aus
traurigen Songs gehört, die uns dabei ziemlich unterstützt haben.
Also *gg* wir haben zum Beispiel Jeff Bruckley - Hallelujah, Evanescence - My
Immortal (eigentlich das gesamte Album ^^) , Britney Spears - Everytime, Lamb -
Gabriel und Lifehouse - Walking away ;-D u. Mazzy Star - Into Dust angehört ^^
--> da konnte man supa zuuu tippen. ^^
also nun noch viel Spaß mit dem Lesen. Wir freuen und wie immer auf eure
Kommis.
*
~~~ Heartache every Moment...? ~~~
Das Warten ist unerträglich. Jeden Moment mit dem Gedanken zu verbringen, Yugi
könnte dort im OP sterben, die OP würde nicht erfolgreich sein. Die Last
meiner Schuld wiegt soviel, dass ich sie wahrscheinlich nie wieder abladen kann.
Ich kann nicht mehr ruhig hocken, obwohl meine Füße mich umzubringen drohen.
Die Erschöpfung ist mir von der Nasenspitze abzulesen. Ich hadere gewaltig mit
mir, der Situation, meinem ganzem Leben. Warum musste ich auch damals in diese
Gang hineinschlittern? Wäre das damals nicht passiert, könnte Yugi vielleicht
noch...... Mit Entsetzen merke ich wie ich an das Wort „Leben“ gedacht habe,
so als ob Yugis Leben schon vorbei wäre. Nein, das kommt gar nicht in Frage,
Yugi wird das ÜBERleben, er ist stark. Der Kloß, der sich in meinem Hals
bildet, drückt immer stärker auf meine Kehle.
Endlich fließen sie, die zurückgehaltenen Tränen der Verzweiflung, eine
Wohltat und zugleich ein Fluch. Die Schwäche, die ich mit aller Macht
zurückdrängen wollte, überschwappt mich. Die Panik kehrt mit voller Wucht
zurück. Was habe ich GETAN? Oder was habe ich NICHT getan? Ich hätte schon
viel früher aus der Bande aussteigen sollen, viel früher endlich den
Schlussstrich ziehen sollen. Yugi nicht mit hinein ziehen müssen -
Mit einem leichten Räuspern macht sich eine Person bemerkbar. Ich drehe mich
langsam um und nehme sie in Augenschein. Es ist ein Arzt, er hat den OP-Kittel
noch nicht einmal abgelegt. „Wie geht es ihm, Herr Doktor?“, überfalle ich
ihn. „Sind sie einer von Herr Mutos Verwandten?“ Ich stutze. Verwandt?
Natürlich, wir sehen ja fast gleich aus, da wäre es doch anzunehmen, dass wir
verwandt sind. „Ja.“ Notlügen sind in manchen Situationen eindeutig erlaubt
und außerdem lüge ich ja nicht wirklich, ich kläre ihn bloß nicht richtig
auf. „Gut, dann darf ich Ihnen Angaben machen. Er hat die Operation
überstanden, ist aber noch nicht über den Berg.“
„Wie meinen Sie das?“, frage ich ängstlich. „Lassen Sie es mich so sagen,
wir haben seine Blutung gestoppt, aber er hat sehr, sehr viel Blut verloren. Die
Kugel hat seine Lunge angerissen. Hätte man ihn ein bisschen später
eingeliefert, hätte man ihn vielleicht nicht mehr retten können.“ Mit
geweiteten Augen starre ich ihn an. Nicht mehr retten können? „Sein Zustand
ist noch instabil, wir können ihn nicht richtig stabilisieren, der Körper muss
jetzt eigens wieder Blut herstellen. Wir dürfen ihm keines mehr geben.“
„Was bedeutet das jetzt genau, Doktor?“ Meine Stimme zittert, ich verstehe
überhaupt nicht, was er da sagt.
„Er muss eigens wieder aufwachen, sollte er das nicht können, dann....“
Taktvoll beendet er den Satz nicht. „Wollen sie sagen, Yugi liegt im Koma?“
„Nein, das habe ich nicht gesagt“, antwortet er seufzend. „Er liegt in
einer Art komatösem Zustand“, fügt er hinzu mit seiner sanften Stimme, die
er wohl nur benutzt, wenn er solche Schreckensnachrichten verbreitet, „nur er
hat die Möglichkeit wieder daraus zu erwachen!“
Für mich macht das zwar keinen Unterschied, aber ich schweige höflich.
Sowieso habe ich Angst, dass meine Stimme nicht wirklich funktioniert. „Kann
ich ihn sehen?“, presse ich hervor. „Tut mir leid, Herr Athem, aber das ist
unmöglich.“ Das Wort hallt in meinem Kopf. Leichter Schwindel befällt mich.
„Herr Athem, geht es Ihnen nicht gut?“ „Doch, doch. Wann ist es dann
möglich ihn zu sehen?“ „Wir benachrichtigen sie, wenn er aus dem
Aufwachraum heraus ist, soll heißen, sofort nachdem man ein Zimmer gefunden
hat“, zerstreut er meine Bedenken. „Hier“, er reicht mir ein kleines
grünes Papier. „Das geben Sie bitte der Dame am Empfang, sie wird Ihnen dann
Herr Mutos persönliche Sachen aushändigen und dort können Sie auch ihre
Telefonnummer hinterlassen, dann informiert man sie, wenn es Besserungen
gibt.“ Mit viel Anstrengung schaffe ich es, meinen Köper dazu zu bringen, den
Zettel entgegenzunehmen.
There's no one in town I know
You gave us some place to go
I never said thank you for that
I thought I might get one more chance
What would you think of me now
Wie betäubt starre ich auf ihn. „Herr Athem es wird sicher alles wieder
gut“, lässt der Arzt noch seinen standardmäßigen Aufmunterungsspruch ab.
Sollte das nun wirklich ein Versuch sein, mich aufzumuntern? Wie gekünstelt, so
als ob ihn Einzelschicksale nicht wirklich berühren würde, nur dieser
einstudierte Spruch – als hätte er diesen schon zu tausenden gesagt, die
vorher an meiner Stelle standen.
Ein Piepen lässt uns beide leicht aufschrecken. Sofort wirft er einen Blick
darauf und eilt ohne ein richtiges Abschiedswort davon. An seiner Stelle tritt
nun ein uniformierter Polizist. Mir wird heiß und kalt. Ich sehe verstohlen
seinen Waffengürtel an der Seite und die Handschellen, die daran baumeln. Das
habe ich ja total vergessen. „Herr Athem?“ „Ja“, antworte ich kurzatmig.
Ich hege keine Zuneigung gegenüber der Polizei, ich halte sie für unfähig und
für Sesselfurzer, die nur Büroarbeit kennen. Sie interessieren sich nicht die
Bohne für Einzelschicksale…viel wichtiger ist es, Verbrecher zu fassen, egal
welche Gründe sie meinetwegen haben könnten.
„Darf ich kurz ein paar Worte an Sie richten?“ „Da Sie das ja bereits
machen, kann ich wohl schlecht „Nein“ sagen“, rutscht es mir raus.
Ich wollte eigentlich nicht so schroff antworten, aber schon allein diese eine,
kleine Frage zeugt schon von der Unfähigkeit dieses Menschen. „Was wissen sie
von der Schießerei im Club Kaleidoscope?“, stellt er rundheraus seine erste
„richtige“ Frage. Jetzt stehe ich vor einem großen Problem: Vertusche ich
die ganze Sache wie immer, oder rücke ich mit der vollen Wahrheit heraus und
mache Schluss mit allem, egal welche Konsequenzen das haben kann?? „Ich weiß
gar nichts.“ „Aber sie sind doch wegen des…Unfalls hier?“ Skeptisch
schaut er mich an. „Das stimmt wohl, doch Augenzeuge kann ich mich nicht
gerade nennen, ich habe sie nämlich nicht gesehen, ich war am anderen Ende des
Raumes, in der Nähe des Eingangs.“ Ein unterdrückter Aufschrei sitzt in
meiner kehle und schlechte Gewissensbisse machen sich breit und lullen meinen
Verstand ein, doch die Wahrheit zu sprechen.
„Kann das jemand bezeugen?“ „Das soll wohl ein Witz sein. Der Raum war
berstend voll, keiner hat keinen erkannt. Aber um ihre Frage zu beantworten,
gesehen hat mich niemand, ich war ohne Begleitung da.“
Schnell notiert sich dieser „freundliche“ Polizist einiges auf seinen
Notizblock. „Das wäre dann alles, Herr Athem, falls Ihnen noch irgendwas
einfällt, sie wissen ja, wo sie mich finden können. Polizeirevier, gleich zwei
Straßen weiter.“ „Aber sicher, Officer“, lächele ich gekünstelt und
schaffe es sogar meiner Stimme einen freundlichen Ton zu geben. Schnell
verlässt auch er den Gang und ich stehe abermals alleine da. Langsam sollte ich
mich echt auf den Weg machen, es bringt ja nicht viel wenn ich hier dumm
herumstehe. Ich balle meine Hand mit dem Zettel noch mehr zusammen, sodass ich
das Papier rascheln höre. Stumm gehe ich an den Menschen vorbei, die sich im
Gang befinden. Alle werfen einen kurzen Blick auf mich und ich selbst blicke an
mir herunter. Überall bin ich mit Blut bespritzt und beschmiert. Mit Yugis Blut
wie ich mir ins Gedächtnis rufe, nicht mit meinem eigenen. Oh mein Gott. Noch
Angstschweiß ist auf meiner Stirn und ich beschaue meine Hände, an denen das
Blut bereits getrocknet ist.
„Wie kann ich Ihnen helfen?“ Die freundliche Stimme der Dame lässt mich
auch ein bisschen ruhiger werden. Sie schaut auf meine Hände und seufzt auf.
„Hier haben sie feuchte, desinfizierende Tücher, falls das nicht ausreicht,
gehen sie einen Gang weiter, da ist die Männertoilette. Da können sie sich
sauber machen.“, meint sie langsam und dreht sich mit ihrem Drehsessel um die
Achse, öffnet einen Medizinschrank, gegenüber dem Tresen und holt eine Box
heraus. Sie gibt mir ohne ein weiteres Wort die Tuchbox. Während ich sie
weiterhin nur anstarren kann, hole ich mir ein Tuch heraus und rubble langsam
über meine Finger. Ich kneife die Augen zusammen und bin kurz davor, erneut
Tränen zu vergießen. Ich bin wie versteinert, als ich das Geruch des Tuches
rieche und sehe wie es sich langsam rot färbt. „Hier“, ich reiche ihr
schließlich den Zettel, als meine Finger wieder meinen eigenen Haut Ton zeigen.
„Das soll ich bei Ihnen abgeben.“ Prüfend sieht sie kurz den Zettel an,
dann beugt sie sich hinter und holt eine kleine Plastikbox hervor. Mit einem
undefinierbaren Blick drückt sie sie mir in die Hand. Von ihrem Schreibtisch
nimmt sie ein Klemmbrett und schreibt die Boxnummer auf. „Sie müssen hier
unterschreiben, damit bestätigen Sie, dass sie die Sachen abgeholt haben.“
Mit krampfenden Händen fasse ich den Stift und krakele meine Unterschrift hin.
„Vielen Dank.“ „Der Arzt hat mir gesagt, ich könne meine Telefonnummer
hinterlassen, dann würde man mich benachrichtigen, falls sich etwas ändert“,
sprudele ich hervor, als sie nicht auf das Thema zu sprechen kommt.
„Natürlich, verzeihen Sie. Das habe ich völlig vergessen“, entschuldigt
sie sich. Ich diktiere ihr meinen Namen, meine Telefonnummer und meine
Handynummer, falls ich daheim nicht erreichbar wäre.
Mit einer kleinen Verbeugung bedanke ich mich höflich bei ihr und eile trotz
allem noch in die Männertoilette. Ich bin alleine hier, zum Glück. Denn mein
Magen schlägt eine Revolte, als würde er nun endlich sagen, was so sehr auf
ihn lastet. Das Blut, das noch an meinem Pulli zu sehen ist, sehe ich erst jetzt
und mir entkommt ein Keuchen, ein tiefes Einatmen folgt.
Mir wird übel…oh Gott! Ich eile in die Toilettenkabine und hänge mich über
die Toilettenschüssel. Meine Gedanken sind vollkommen leer, als mein Magen
alles ausspeit, was er zuvor noch in sich gehabt hat. Oh Gott, ich konnte noch
nie Blut sehen, zumindest nicht soviel. Ich habe mich lange genug
zusammengerissen, doch nun…kann ich nicht mehr.
So lucky, so strong, so proud?
I never said thank you for that
Now I'll never have a chance
Mein Hals schmerzt…zögernd umfasse ich selbst meine Kehle. In meinem Mund ist
ein widerlicher, bitterer Kloß von Speichel, meine Speiseröhre ist wie
zusammengeknetet. Oh Gott…ich versuche mich vor den Waschbecken wieder zu
sammeln und lasse noch einmal viel Wasser über meine Hände fließen. Das Blut,
das viele Blut…Yugis Blut…wenn ich es weiter ansehe, werde ich noch
verrückt, weil ich Angst habe…oh Gott…dieser Geruch…diese Schuld in
mir…mein Magen drückt gegen meine Bauchhöhle. Wenn schon soviel Blut an
meinen Fingern war…er hat soviel verloren…nur wegen THUNDER! Als ich
endlich das Gefühl habe, das Blut von mir gewaschen zu haben, laufen Tränen
aus meinen Augen, ich halte sie nicht auf, ich sehe nur meinem Spiegelbild zu,
das erschrocken mir entgegen blickt. Der Schmerz ist mit meiner Übelkeit noch
größer geworden. Ich atme tief ein und wieder aus, sehe den leichten Abdruck
meines schwachen Atems auf dem Spiegel vor meinen Lippen. Schließlich fasse ich
mich wieder nach etwa 15 Minuten und verlasse endgültig das Gebäude.
Wie betäubt streife ich durch die Straßen. Es ist bereits 2 Uhr nachts, doch
trotz allem sind die Straßen noch sehr belebt. Immer wieder kommen mir
„Vampire“, wie ich solche Menschen spöttisch bezeichne, entgegen. Ich
würdige keinen Mensch eines Blickes. Warum auch? Sie sind mir nicht wichtig,
dem wichtigsten Menschen habe ich......verloren? Immer wieder muss ich an Yugi
denken. An seinen Zustand, daran, dass ich ihn nicht sehen kann. Verwundert
starre ich auf das Haus zu dem mich meine Füße getragen haben. Yugis Haus.
Warum, warum, warum? Ich greife in meine Hosentasche und ertaste Yugis
Schlüssel. Soll ich das wirklich tun, darf ich das überhaupt? Mich überkommt
der Reiz unvorbereitet -
So what would you think of me now
So lucky, so strong, so proud?
I never said thank you for that
Now I'll never have a chance
Sachte schließe ich auf und trete ein. Yugis Präsenz erschlägt mich fast,
obwohl er gar nicht hier ist. Aber meine Mutter hat mir damals immer erzählt,
dass ein Mensch mit seiner „Aura“ immer Spuren in seinem Haus hinterlässt.
Ich habe sie verspottet und es unter ihrem „Esoterik-Scheiß“ verbucht, doch
heute bin ich gewillt ihr zu glauben. Yugi ist hier und doch irgendwie ist er es
nicht! Mich um meine eigene Achse drehend, sehe ich mich um. Es ist immer noch
so unaufgeräumt wie damals, als ich schon mal hier gewesen bin. Halt, da
erkenne ich doch Ansätze. Yugi hat sich wohl kurz Zeit genommen und sich
wenigstens ein bisschen in der Küche zuschaffen gemacht, doch aufgeräumt kann
man das auch nicht bezeichnen. DAS kann ich doch für ihn machen - für ihn
aufräumen. Kaum habe ich den Entschluss gefasst, ziehe ich mir schon meine
Jacke aus, suche mir Putzeimer und andere Utensilien und mache mich daran.
Irgendwann vergesse ich mich in der Arbeit, mein Gehirn arbeitet mechanisch. Ich
stutze.
Die ganze Zeit habe ich mich von einem Raum zum nächsten gearbeitet, immer um
Yugis Zimmer herum. Das Bad, die Küche, das Wohnzimmer, doch dieses Zimmer habe
ich ausgelassen. Absichtlich? Fürchte ich mich es zu betreten? Mit leichtem
Schaudern überwinde ich mich, es gibt ja sonst nichts mehr zu tun. Überall
Klamotten, Zeugnisse seines Lebens! Seine Schulsachen liegen quer verstreut,
seine Schultasche liegt auf dem Bett. Wahrscheinlich wollte er ihn später
wegräumen auch seine Schuluniform liegt noch da. Was ist.....wenn.....das...NIE
...mehr möglich ist?
May angels lead you in
Hear you me my friend
Wenn Yugi dieses Haus nie wieder betreten kann? Ich lasse mich auf sein Bett
fallen. Mit zitternden Fingern nehme ich die Uniform hoch und mit einem Impuls
folgend drücke ich sie ganz fest an mich. Wieder fange ich zu weinen an, weinen
kann man das schon fast nicht mehr nennen, es grenzt an einem hysterischen
Anfall. Ich kann nicht mehr aufhören. Ich will dass Yugi jetzt bei mir ist,
wieder zu mir kommt. Konnte man mir diesen einen Wunsch nicht erfüllen? War das
denn so schwer? Ich will doch nur dass Yugi........... Mein Körper wird schwer
und plötzlich liege ich auf der Seite und schluchze in Yugis Kissen.
************************
Irgendwo…
Helles Licht überall, es blendet mich. Schützend lege ich eine Hand über
meine Augen und beschatte sie etwas. Wo bin ich hier überhaupt? Was soll ich
hier? „Yugi? Bist du es wirklich?“ „Großvater?“ Entsetzt und wie zur
Salzsäule erstarrt blicke ich auf die Person, die ich in letzter Zeit am
meisten sehen wollte. „Was machst du hier, Yugi?“
***********************
Ein Brummen dröhnt in meinem Kopf. Was soll das? Kann man mir nicht einmal
fünf Minuten Ruhe gönnen? Ist das zuviel verlangt? Reflexartig hebt sich meine
Hand und schaltet meinen Wecker aus. Moment! Wo bin ich? Ich fahre hoch und
blicke mich orientierungslos. Ich bin daheim, in meinem Bett. Ich hatte sogar
geduscht und trage wieder saubere Kleidung. Wie zur Hölle bin ich hierher
gekommen? Ich raufe mir durch die Haare und zermartere mir das Gehirn. Ich muss
wohl gestern nach Hause gelaufen sein und mich dann hier geduscht haben. Ich
tapse ins Bad und suche nach Beweisen. Tatsächlich hier liegt noch das nasse
Handtuch, ich habe mir nicht mal die Mühe gemacht es zum Trocknen zu hängen.
Sonst bin ich doch auch immer akkurat genug um so etwas nicht zu vergessen,
irgendwann hatte ich mir das einfach angewöhnt. Seufzend hebe ich es auf und
hole das Versäumte nach. Ich schleife mich in die Küche und mache mir Kaffee.
Sinnlos kommt mir irgendwie alles vor, sinnlos und unnütz.
Der Schlaf hat mir allerdings gut getan und mein Kopf wirkt auf mich viel
klarer, nicht mehr so vernebelt wie gestern. Die Uhr an der Mikrowelle zeigt mir
7.30 an. In einer Stunde beginnt die Schule. Ich bin noch unschlüssig ob ich
gehen soll, werde ich das überstehen? Nach allem…?
Leise entfährt mir ein Fluch, heute ist ja mein „Nachhol-“ Physiktest
angesetzt. Ich kann ihn nicht schwänzen, aber schreiben auch nicht. Ich glaube,
dieser Gedanke ans Schwänzen würde Yugi gar nicht gefallen. Er würde sich
wieder vor Selbstvorwürfen zerfleischen. Schließlich ist ja der Test angesetzt
worden, weil ich Yugi in Schutz genommen habe. Schmerzlich kommen mir plötzlich
Yugis Worte wieder in den Sinn: „Wie kann ich das nur wieder gutmachen?“
Bitter lache ich auf. Gutmachen Er hat sein Leben für mich riskiert, wenn das
nicht „gutmachen“ ist oder sogar viel mehr…doch ich finde keine richtigen
Worte, um das zu beschreiben, was er für mich getan hat. Jetzt schulde ich ihm
mehr, als ich je zurückgeben kann
Abermals seufze ich auf. Ich werde den Test schreiben, um Yugis Willen. Ich
weiß, das ist in seinem Sinne. Ich haste schnell in mein Zimmer um mich
anzuziehen.
„Hey Yami, wie geht’s dir?“, begrüßt mich Joey freudestrahlend. Mein
Gott, er weiß ja noch gar nichts. Mein Atem wird flacher und mich packt erneut
die Panik, wie eine Kralle. Ich kann DAS nicht! Ich kann doch nicht Yugis bestem
Freund erklären, dass er im Krankenhaus liegt und mit seinem Leben ringt.
„Hast du Yugi schon gesehen?“, neugierig blickt sich Joey um. Ich schreie
innerlich auf, so sehr ich es ihm nicht sagen kann so wenig kann ich es ihm auch
verschweigen. „Joey“, beginne ich stockend. Joey merkt mir an, das was nicht
stimmt und sein Grinsen verschwindet, nur um sofort einer besorgten Miene Platz
zu machen. „Sag schon, was ist los?“ „Komm mit, wir haben doch noch Zeit.
Komm an einem ruhigen Ort und ich erzähl dir alles.“ Ich packe ihn am Arm und
schleife ihn unter den Baum, unter dem Yugi gestern seinen „Anfall“ gehabt
hat. Auf dem kurzen Weg überlege ich nach dem passenden Beginn, nach guten
Wörtern…doch ich weiß nicht, wie ich beginnen soll.
Ich erstarre kurz und starre ihn einfach nur an. „Yami, was ist denn jetzt
schon wieder? Du wolltest mir doch etwas erzählen!“, drängt mich Joey. Ich
reiße mich zusammen und erzähle mit bemüht tonloser Stimme, was gestern Abend
passiert ist. Ich lasse nur die Sache mit Thunder aus und variiere die Story ein
bisschen. Aufgerissene Augen fokussieren mich. „Du willst mich JETZT nicht
verarschen oder so?“ „Glaubst du ich würde scherzen? Über so etwas macht
man ganz sicher keine! Ich meine es ernst, Joey“, fahre ich ihn trocken an.
Ich weiß die Reaktion ist überzogen, aber wie kann er es bloß wagen, so was
meiner Fantasie zuzuschreiben?
„Schon gut, Alter“, stammelt Joey entsetzt. „Können wir ihn denn
sehen?“ „Nein, leider nicht, aber ich hab dort meine Telefonnummer
hinterlassen, sie kontaktieren mich dann“, seufze ich schwer.
„Du rufst dann gleich mich an, okay?“ „Aber sicher.“ Ich lege Joey sanft
die Hand auf die Schulter. „Es wird alles wieder“, versuche ich ihn zu
besänftigen, obwohl meine eigenen Hoffnungen schon fast erschöpft sind. Das
Glockenläuten ruft uns alle ins Haus und Joey legt auch mir die Hand auf die
Schulter. „So ist es, Alter. Du musst nur ganz fest dran glauben.“ Wie ein
Mantra wiederhole ich das in meinem Kopf: Fest dran glauben, fest dran glauben,
FEST DRAN GLAUBEN!!!
Ich trenne mich von Joey vor dem Klassenraum und gehe zum vereinbarten Raum, in
dem ich meinen Test nachschreiben muss. „Guten Morgen Herr Athem“, begrüße
ich den Lehrer freundlich. „Sind sie fit?“ „Ich denke“, antworte ich
kurz angebunden. Ich nehme meine Tasche von meiner Schulter und lasse mich an
einem Tisch nieder. Schnell hole ich mein Mäppchen hervor und krame einen Stift
heraus. „Hier ist ihr Angabenblatt, sie haben 1 ½ Stunden Zeit, viel
Glück.“ Ich fange an zu lesen und nachdem ich kurz überlegt hatte auch zu
schreiben. Ich schreibe das Datum und den tag als erstes…auf. Ich zucke kurz.
Heute ist Freitag…der 13! Egal, ich zögere noch einmal kurz und sammle wieder
meine Konzentration.
Physik hat mir noch nie sonderliche Probleme bereitet, doch dieser Test hier
ist einfach, richtig einfach. Das ist doch nicht das normal Niveau, dass dieser
Lehrer sonst immer verlangt, das hier ist weit darunter. Ist das jetzt ein
Bonus? Ich wollte GANZ SICHER keinen Bonus und auch keine Erleichterungen, ich
wollte einen normalen Test! Das ist doch nicht fair den Anderen gegenüber,
gegenüber Yugi. Schon wieder wandern meine Gedanken zu ihm.
Konzentrier dich!!! Ich lese mir meine Arbeit noch einmal durch. Alles
fehlerfrei, zumindest denke ich das. Ob der Lehrer das auch so sieht, werde ich
ja bald erfahren. „Ich bin fertig“, mache ich den Lehrer auf meine Lage
aufmerksam. Er kommt erstaunt zu mir und wirft einen prüfenden Blick auf mein
Blatt. Seine Augen weiten sich etwas, scheinbar ist er nicht daran gewöhnt,
dass Schüler schon früher fertig sind. „Gut, Herr Athem, dann dürfen Sie
gehen. Ich werde den Test dann korrigieren und ihn Ihnen in der nächsten Stunde
zurückgeben.“ Was kümmert mich das? Mir ist das doch völlig egal, ich muss
raus hier.
Die Wände engen mich ein, so plötzlich. Früher hab ich das nie so extrem
empfunden wie heute. Schon seit frühester Kindheit leide ich an Klaustrophobie,
aber so schlimm wie heute war es noch nie. Ich merke schon die Panik, die in mir
aufsteigt und mir die Luft abschnürt. Ich verlasse fluchtartig den Raum ohne
mich richtig zu verabschieden. Der Lehrer wird mich jetzt wohl für unfreundlich
halten, aber lieber für unfreundlich als das ich einen Anfall von ihm
abbekomme, das wäre das Letzte was ich jetzt brauchen kann, einen besorgten
Lehrer.
„Und wie lief es?“ Ich bin an die frische Luft gegangen und der Anfall ist
schon langsam am abklingen. Leicht lächelnd wende ich mich zu Joey um. „War
das jetzt eine rhetorische oder ernst gemeinte Frage?“ „Rhetorisch würde
ich sagen“, Joey klopft mir leicht auf den Rücken. „Wir wissen doch beide,
dass du in Physik gut bist, da beißt die Maus keinen Faden ab.“ Mit
Komplimenten muss ich unbedingt noch lernen umzugehen, denn ich erröte bis
unter den Haarwurzeln und bringe nichts heraus, kein „Danke“, kein salopper
Spruch, einfach gar nichts. Die Stundenklingel lässt uns aufseufzen. Die Zeit
vergeht viel zu schnell, in 10 Minuten geht der Unterricht weiter. „Ich hätte
echt nichts gegen längere Pausen“, murrt Joey patzig und wendet seine
Schritte Richtung Schulgebäude. „Da stimm ich dir voll und ganz zu.“
Ich beeile mich um ihn einzuholen und mit ihm Schritt zu halten. Joey kann
manchmal echt energisch auftreten.
„....schon gehört? Dieser Yugi-Freak liegt im Krankenhaus!“ „Echt, nein
woher…so ein Trottel ist mir doch völlig egal?“ Ich bleibe abrupt stehen
und lausche der Unterhaltung weiter. Joey bemerkt mein Abbleiben und kommt auch
wieder zurück. Beide spähen wir um die Ecke, hinter der ein paar Schüler
stehen. „Ja, ich habe gehört, er wäre angeschossen worden.“ Woher wissen
DIE DAS eigentlich so genau?
Ich schaudere leicht. „Geschieht ihm doch irgendwie recht! Ich meine, wer
vermisst den schon?“
Zustimmendes Nicken begleitet diese Aussage. Joey erstarrt vor Zorn und auch ich
beginne zu kochen. Was erlauben diese Kiddies sich eigentlich? Die waren doch
nicht älter als vielleicht 16! Die kennen ihn doch nicht einmal richtig.
„Sehe ich auch so, der hat sie doch nicht mehr alle.“ „Ich stimme dir zu,
wer braucht den schon? Vielleicht stirbt er ja…“ „Das wäre mir auch
egal!“
„Ihr habt doch nicht mehr alle Tassen im Schrank, und nicht Yugi! WAS erlaubt
ihr EUCH?“, schreie ich wutentbrannt und springe hinter der Mauer hervor. Mein
Blut pulsiert und in meinem Kopf ist nur noch Rauschen. Ich kann, will und darf
es nicht zulassen, dass man Yugi auf diese Art und Weise schlecht macht und so
über ihn redet…er hat mir mein Leben gerettet…verdammt noch mal… „Wer
bist DU denn überhaupt?“ „Wer ICH bin ist nicht von Belang, es geht um euch
Kröten.“
Empört blicken sie mich an. Ich gebe nichts mehr auf meine Wortwahl, mir ist
das alles zuwider. Das darf doch nicht wahr sein, was ich gehört habe. Warum
redet man so über Yugi? Solch ein liebevoller Junge, der sein herz auf seiner
Zunge trägt…der alles für einen tun würde…der so zerbrechlich wirkt und
soviel miterleben musste… Solch kleinen Säcken gehören eindeutig ihre
Grenzen gezeigt und ich würde jetzt wohl diese Aufgabe übernehmen!
„Genau Kröten seid ihr. Hinterlistig, kleine, eklige Kröten, die es nicht
einmal schaffen, offen über bestimmte Dinge zu reden, „nein lieber tuschelt
ihr, da fühlt ihr euch wohl als ziemlich cool, ja und gleich auch um soooo viel
besser! Seht euch doch nur an: IHR kleinen Idioten, die gerade mal die 10 Klasse
besuchen, die es echt nötig haben sich über nen Oberstufenschüler, den ihr
ÜBERHAUPT nicht kennt, das Maul zu zerreißen.“ „Was bildest DU dir
eigentlich an? Wer bist du…sein Bodyguard?“ Der größte der Jungen tritt
drohend auf mich zu, doch das lässt mich völlig kalt. „Ich bilde mir NICHTS
ein, KLAR? Über andere zu lästern…das ist das widerlichste, was es gibt auf
der Welt. Ich bin ehrlich genug offen mit manchen Personen zu reden und deswegen
kann ich dir ja auch ins Gesicht sagen, dass du ein Idiot, ein Arschloch und
noch ein paar andere Sachen bist, die ich hier lieber nicht ausspreche.“ „Du
Punk, glaubst du etwa wir haben jetzt Schiss. Wir sagen nur die Wahrheit, es
VERMISST ihn nun mal niemand,.....“ Die Wut schnürt ihm die Worte ab. Doch
meine ist sicher größer. „Weißt du was?...Ich glaube eher, dass dich keiner
vermissen wird“, frage ich angriffslustig und bin bereits dabei meine Taten
aus der Vergangenheit zu wiederholen.
Ein vorbeikommender Lehrer stoppt unsere „kleine“ Unterhaltung. Bevor es der
Lehrer auch nur schafft in unsere Richtung zu gelangen sind die Möchtegern-
Machos auch schon verschwunden. Schnaubend versuche ich mich zu beruhigen. Das
ist leichter gesagt als getan. Diese Lästerei hat mich so auf 180 gebracht, ich
bin immer noch am Rauchen. Joey merkt, dass bei mir noch nicht alles stimmt und
wimmelt den Lehrer mit irgendwelchen Unterrichtsfragen ab, doch dieser will uns
nur noch aufmerksam machen, dass der Unterricht beginnt und wir uns ins
Schulhaus begeben sollen.
„Yami, alles klar bei dir?“ „Nein IST es nicht, hast du die nicht gerade
gehört?“ „Ja sicher, aber Yami rege dich doch nicht so auf, das sind doch
bloß Idioten, die sind es nicht mal wert, dass du dich aufregst.“ „Es geht
nicht um sie, es geht um das Allgemeine. Yugi fehlt wegen MIR. Die Leute sollten
sich doch das Maul über MICH zerreißen, stattdessen bekommt es Yugi ab, wie
immer und dann auch solche Wörter…ich FASSE es nicht, dass du dabei so ruhig
sein kannst“, antworte ich bitter. Joey wirft mir einen verunsicherten Blick
zu. Ich ertrage DAS ALLES nicht mehr und bleibe stehen, dann drehe ich mich um
und laufe los.. „Wo willst du hin, Yami? Yami….hey…warte doch… Zum
Schulhaus geht es in die andere Richtung!“ Ich lasse den verdutzen Joey
einfach stehen und rufe ihm noch über die Schulter zu: „Da will ich auch
nicht hin. Wir sehen uns morgen. Ich rufe dich an!“ Ich verlasse das
Schulgebäude und wandere Richtung Park. Ich weiß selbst nicht richtig was
eigentlich mit mir los ist. Normalerweise habe ich meine Emotionen zu einhundert
Prozent unter Kontrolle, doch heute geht echt alles drunter und drüber. Diese
Sprüche von den Kids echoen in meinem Schädel. ich
schüttle im laufen mein Gesicht und stammle immer wieder ein „Nein!“…
Erst der Vorfall in dem Klassenzimmer, dann meine Fast-Prügelei, denn ich bin
mir sicher, wenn er mich noch weiter provoziert hätte, hätte ich nicht lange
gefackelt. Erschöpft lasse ich mich auf eine Bank fallen. Mich nimmt das so
mit, ich fühle mich um ein paar Jahre älter. Schon wieder spüre ich
Verzweiflung, Panik und Wut in mir aufsteigen. Mit aller Macht versuche ich sie
zu unterdrücken, denn wenn ich nun alles zulassen würde, weiß ich, würde ich
den Verstand verlieren. In meiner Hose vibriert es. Mein Handy? Gelangweilt
fische ich es aus meiner Tasche und blicke auf das Display. Ich kenne die Nummer
nicht. Wer könnte das schon sein? Irgendein Werbefutzi oder etwa…?
Mein Finger berühren die Annehmtaste. „Hallo?”
„Ist da Herr Athem?“, dringt eine aufgeregte Stimme aus der Hörmuschel.
Aber sicher bin ich das – wer sonst? , denke ich mir bereits, du hast doch
meine Nummer gewählt!
„Ja“, antworte ich stattdessen schlicht. „Es geht um Herrn Muto.“
Die nächsten Bemerkungen gehen unter in meiner Hast, ich bin schon auf dem Weg
zum Krankenhaus und hetze so schnell ich kann über den Bürgersteig, renne
sogar über eine rote Ampel, ich höre nur Gehupe und wütende Stimmen eines
Autofahrers, der scharf in die Bremsen getreten ist.
Was hat die Schwester noch gesagt? Ich habe nur noch gehört, dass etwas
passiert ist. Aber was? Sie wollte es am Telefon nicht sagen.
Was wenn…?
Nein, totaler Unfug. Yugi geht es gut, nur weil sie am Telefon nicht genau sagen
konnte, was passiert ist, heißt das doch nicht…
NEIN, ich sollte aufhören, Gedanken daran zu verschwenden.
Das bringt doch nichts, ich muss nur endlich meine Beine in die Hand nehmen, um
dieses dämliche Krankenhaus zu erreichen – das wie mir scheint immer weiter
vor mir zurückweicht, als wolle es nicht, dass ich ihm zu nah komme. Mein Atem
kommt kaum zur Ruhe, mein Herz zerspringt bei der Vorstellung, Yugi könne was
passiert sein.
Ich könnte mir das nicht verzeihen, es würde nicht funktionieren,…bitte
lieber Gott, auch wenn ich kaum bete, aber lass ein Wunder geschehen
sein…bitte hab Yugi nicht sterben lassen.
Endlich erscheint das Krankenhausgebäude, nur noch über die Hauptsraße und
ich würde endlich wissen, was so unausweichlich in der Luft mitschwebt, die
Antwort, auf die Frage, die ich mir seit dem ganzen Sprint gestellt habe.
Ich keuche und beuge mich vor, drücke meine Hände kurz gegen meine
Oberschenkel und hole tief Luft. Es riecht nach Regen. Ist das ein gutes oder
schlechtes Zeichen?
Wenn der Himmel anfängt zu weinen, dann…ist jemand von uns gegangen, den wir
sehr gern haben
Mist, wieso erinnere ich mich wieder an diesen Spruch von meiner Mutter…solch
paranormales Geschwätz ist nichts für mich. Und es hat nun auch nichts in
meinem Schädel zu suchen…
Okay, ganz ruhig…es wird alles gut werden. Ich räuspere mich und gehe mit
hängenden Schultern durch die Eingangstür.
Hektisch…so viele Menschen. Krankenschwester huschen über die Gänge,
schieben irgendwelche Geräte…lautes Knirschen auf den glatten, hell beigen
Flur.
Ich stehe angewurzelt im Eingang und sehe dem Treiben zu. Ärzte, Assistenten,
ich schließe kurz die Augen und versuche meine lauten Gedanken endlich wieder
zum abflauen zu bringen. Als ich meine Lider wieder ein klein bisschen anhebe,
sehe ich nicht nur das Treiben der Ärzte in Weiß sondern auch eine kleine
Gruppe von Menschen die verletzt im Wartezimmer warten…einige sitzen sogar auf
Liegen, die mitten im Gang stehen. Aber man bemerkt mich nicht, ich fühle nur
hinter mir die Schiebetüren, die immer wieder auf und zu gehen. Ich spüre den
Luftzug im Rücken und trete endlich einen Schritt von der Tür weg.
Ängstlich schaue ich zur Information.
Ich will die Antwort doch nicht wissen. Ich habe viel zu viel Panik, was dann
passieren wird…die Antwort, die einen unweigerlich klar macht, dass man nichts
mehr dagegen tun kann…wie meine Welt dann aussehen wird. Ich habe doch nur
Yugi, den ich so sehr ins Herz geschlossen habe, seit ich alleine hier bin…ich
habe mich verabschiedet von meiner Vergangenheit und ich dachte neu anfangen zu
können.
Yugi ist doch mein einziger Halt, wenn er mir genommen wird, dann…werde ich
das nicht überleben können. Wie soll ich damit weiterleben….mit dem Wissen,
dass ich an dem ganzen Schlamassel Schuld bin? Ich habe die Polizei angelogen,
nie wird jemand wissen, dass ich…ich…schuld gewesen bin.
Oh Gott, ich habe nicht geschossen, ermahne ich mich im Stillen, ich war es
nicht gewesen…es war Thunders Schuld – ganz allein seine…aber vielleicht
hätte ich schneller reagieren müssen…vielleicht Yugi zur Seite schubsen oder
noch besser…ich hätte erst gar nicht in den Club gehen sollen.
Schließlich gehe auf die Frau hinter dem Tresen zu. Es ist eine andere…eine,
die ich noch nicht kenne. Was ich wieder denke, als würde ich bereits jeden
einzelnen per Namen erkennen...pah…aber mir kommt es wirklich schon so vor,
als wäre ich schon seit Tagen hier. Ein Bild, das sich kaum abschütteln
lässt. Mein Herz trommelt, während meine Füße immer wieder bibbern.
Ich atme noch einmal ein, um mir Mut zu machen.
„Yami Athem, ich…ich wurde angerufen!“
Die Krankenschwester schaut durch ihre Brille zu mir hoch und tippt noch etwas
auf die Tastatur ein. Das Klicken der Tasten dröhnt noch in meinem Gehör, als
sie bereits fertig ist und Akten ordnet.
„Sie sind wegen Yugi Muto hier…“
Ist das eine Frage oder eine Feststellung? Verkrampft nicke ich und merke, dass
sie mein Nicken gar nicht wahrgenommen hat. VERDAMMT, schreie ich, mir soll
endlich jemand sagen, was los ist!
„Nun er wurde verlegt!“
VERLEGT? Was heißt das?
„Er ist auf der Intensivstation…! Sie können zu ihm gehen, doch zuvor will
noch der behandelnde Arzt Herr Kuchiro mit ihnen sprechen!“
Kuchiro? Ich nicke zaghaft. „Und wo finde ich ihn?“
„Oh, entschuldigen sie“, murmelt sie lächelnd. „Nehmen sie den Aufzug, 2
Ebene…gehen sie da nach Rechts. Zimmer 13! Da liegt ihr Freund Yugi Muto.
Kuchiro ist bei ihm!“
Okay…Ich drehe sofort herum, ohne mich zu bedanken. Sie muss mich für
unhöflich halten, aber das ist für mich nebensächlich. Ich will endlich
wissen, was los ist. Ich will mich mit eigenen Augen überzeugen, dass Yugi noch
lebt, dass er…ja was…das er wach ist?
Meine Beine gehen wie Blei einen Schritt vorwärts…mein Herz pumpt
unermesslich und meine Gedanken rasen. Der Weg zum Fahrstuhl gleicht einer
Achterbahnfahrt. Ich höre Verletzte, die schreien…sie wollen endlich
behandelt werden, höre wieder so viele Geräusche, nehme die Gerüche so stark
wahr…als würde ich Blut riechen…oder ist es doch eher der Geruch eines
Krankenhauses…oder die Art von Desinfektionsmitteln, die sich hier wie
Schimmel ausbreitet? Ich weiß es nicht und will es auch nicht wissen. Lieber
atme ich mit offenem Mund, als weiter diese widerlichen Gerüche einzuatmen, als
wäre der Tod bereits hier gewesen.
Was ich wieder denke…Im Fahrstuhl stehen Leute…wohl Besucher.
Zwei Frauen…Mitte 40. Sie schauen mich von oben herab an. Eine Blonde sieht
mich lächelnd an. „Na besuchst du jemanden?“
Ich sehe sie lange an, bin mir nicht sicher ob ich antworten soll. Stattdessen
studiere ich eher ihr Gesicht…sie sieht älter aus, hat ein blasses Gesicht
und dunkle Augenringe. Was sie wohl hier erlebt hat?
„Ja“, sage ich nur schüchtern und lehne mich gegen die gräuliche Wand, als
der Fahrstuhl nach oben fährt.
„Ein Freund von dir? Oder etwa jemand aus deiner Familie?“, horcht die
andere Frau mich aus. Sie ist Brünett und schaut liebevoll und fast mitleid
erregend zu mir herab.
„Äh…ein Freund. Ein sehr…“, ich halte inne, „..ein sehr guter
Freund!“ Warum könnte ich plötzlich auf der Stelle losheulen?
Ich versuche meinen Kiefer anzuspannen und meinen Blick zu senken. Ich heule
nie…fast nie vor fremden Leuten….nur wenn es nicht anders geht…doch
hier….vor Fremden…NEIN, ich muss mich zusammenreißen.
„Das tut mir leid! Ist doch nichts Schlimmes?“, sagt die Blonde und beugt
sich interessiert zu mir runter.
„Ich weiß es nicht…“, gestehe ich, „er wurde angeschossen!“
Ich merke wie die beiden Frauen erschrocken zusammen zucken.
Warum rede ich so offen mit zwei Fremden, die ich auch noch eben erst kennen
gelernt habe. Warum sage ich das…vielleicht weil es mich sonst im Inneren
tötet…ich muss es einfach rauslassen, sonst zerfrisst es mich…wie ein
Parasit, der lange in einem Körper wohnen kann, doch irgendwann will er dich
ganz übernehmen. Wie auch meine Wut und meine Angst…die ich auf mich selbst
ziele. Ich bin an allem Schuld.
Der Fahrstuhl hält endlich in der ersten Etage, die blonde Frau steigt aus. Die
Türen ziehen sich wieder zu.
Jetzt ist nur noch die Brünette hier, die mich seltsam beobachtet.
„Er wird es schon schaffen!“, muntert sie mich plötzlich auf.
Ich nicke schwerfällig und versuche gewaltsam zu Lächeln.
Endlich ein erneutes Pling, ich bin erleichtert. Die Brünette lässt mir den
Vortritt und ich gehe heraus, schaue nach rechts und links. Im Flur stehen ein
paar billige Stühle und Sitzbänke. Nur eine alte Frau, Mitte 80, sitzt dort
und scheint eingenickt zu sein. Auf ihrem Schoß liegt eine aufgeschlagene
Zeitung. Sie muss schon lange hier sitzen!
Sonst ist der Gang vollkommen leer…UND ruhig…ist das wirklich die
Intensivstation? Die habe ich mir immer ganz anders vorgestellt. Ich trete durch
eine Flügeltür, die neben mir ist. Ich will weitergehen, als plötzlich, wie
durch einen schnellen ausgesprochenen Zauber entstanden, mich jemand an der
Schulter berührt. Ich erschaudere und mein Atem wird schwerer.
„Bleiben sie stehen“, sagt die Frau scharf, „sie können da nicht….“
Ich schenke der Frau keine Beachtung, nur einen Seitenblick. Eine
Krankenschwester. War ja klar.
Ich entwende mich schroff ihres Handgriffes. Die Schwingtür hinter mir geht
plötzlich zu.
„Sind sie angemeldet?“
Ich starre die Frau von oben bis unten an. Ja, verdammt…Ich schreie im
Stummen. Wer will mich hier noch aufhalten…was soll das…sie sollen mich alle
in Ruhe lassen. Ich bin schon angespannt genug, ich will endlich zu YUGI. Was
sollen diese ganzen Fragen…
„Ja…Ich bin Yami Athem, ich muss zu Yugi Muto!“, sage ich schnell und
schnappe am Ende deutlich nach Atem.
„Oh…sie sind das!“, sagt sie mit schräger Kopfhaltung. „Dann gehen sie
bitte. Dr. Kuchiro wartet schon auf sie. Zimmer 13! Und…er wird es schaffen,
da bin ich mir sicher!“
Argwöhnisch schaue ich sie noch mal an, sehe auf ihren Kittel das
Namenschildchen mit der Aufschrift
Ich nicke und drehe mich rasch herum – mein herz schlägt einen Rekord nach
dem nächsten, meine Panik schiebt sich wie ein unsichtbarer Feind, weiter an
mich heran. Wartet wohl auf einen günstigen Augenblick, um vollkommen
zuschlagen zu können.
Ich laufe noch ein paar Schritte weiter, ich will endlich zu ihm.
Doch ich schaue zur ersten Zimmertür. Nummer 9…also gehe ich weiter. Ich
weiß nicht was ich in diesen Sekunden gedacht habe…doch ich war schneller an
Raum 13 angekommen, als ich es für möglich gehalten habe.
Das Zimmer hat noch neben der Tür ein großes Fenster eingelassen, man kann in
das Zimmer sehen. Hier im Flur riecht es wieder ziemlich stark nach
Desinfektionsmitteln und selbst das Piepen von elektronischen
Überwachungsgeräten summt leise, als würde es im Flur die Besucher bereits
abschrecken wollen. Ich rieche Ammoniak, und ein süßen, etwas schwachen
Gestank nach entzündeten Fleisch…Ich krümme mich zusammen, wie unter einem
Ekelanfall, der mich einzunehmen versucht. Was ich wieder für Gedanken
habe…das ist nun mal ein Krankenhaus – da riecht es nun mal nicht, wie in
einer Parfümerie.
Ich sehe ein Krankenbett in der Mitte und ein Arzt, der irgendetwas auf einen
Klemmbrett aufschreibt. Ich trete ein, ohne zu klopfen.
Kuchiro schaut auf.
„Sie müssen Herr Athem sein“, murmelt er, während meine Blicke sofort zu
Yugi schweifen. Oh MEIN Gott!
Die Beleuchtung ist gedämpft und spärlich. Weiße Vorhänge, die fast um Yugis
Bett herumgezogen sind. Ich schaue erstarrt zu Yugi, traue mich nicht, näher zu
treten. Von überall her, scheinen leise und geheimnisvolle Geräusche an meine
Ohren zu dringen.
Mein Blick schweift neben Yugis Bett und ich sehe das Beatmungsgerät…ein
monotones Klicken - erschreckend...und beängstigend
Endlich lassen sich wieder meine Beine bewegen, als sie sich von diesem ersten
Schock erholt haben, ich eile zum Ende des Bettes und bleibe an dessen Fußende
stehen, starre auf die leblose Person…ich habe das Gefühl, mein Verstand
würde aussetzen.
„Herr Muto wird beatmet…er hatte einen erneuten Herzstillstand!“
Neben Yugis Kopf bläht sich ein dicker, schwarzer Ballon auf…ich schweife
wieder zu Yugis blasses Gesicht, das tief in dem weißen Kissen liegt.
Dieser Ballon….immer wieder und wieder…zieht er sich zusammen, schwellt an,
zieht sich wieder zusammen…als wäre er nun seine künstliche Lunge. Ich
spüre mein Herz, das wie ein Kloß in meinem Hals sitzt, kann nicht sprechen,
ich kann mich kaum bewegen, meine Finger zittern.
„Was…was bedeutet das? Wird er…wird er aufwachen?“ Ich schlucke einen
Batzen vom übel schmeckenden Speichel hinunter, selbst meine Speiseröhre
hinterlässt einen Schmerz
Yugis Kopf ist etwas vorgeneigt. Elektroden sind mit Klebestreifen auf seiner
kränklichen farblosen Stirn befestigt. Aus seinen Lippen, die fast bläulich in
dem Licht wirken, ragt das Mundstück eines Luftröhrenschlauchs heraus.
„Nun, Herr Athem“, betont er meinen Namen und ich drehe mich zum ersten Mal
herum und lasse Yugi aus meinem Blickfeld verschwinden.
„Zurzeit bezeichne ich Herrn Mutos Zustand als sehr kritisch.“ Seine
professionelle Fürsorglichkeit geht mir gehörig auf die Nerven.
Er soll endlich zur Sache kommen. Ich will endlich wissen, ob Yugis Leben
gefährdet ist oder ob er bald wieder lachen …und er bei mir sein kann.
„Seine zweite Herzattacke hat ihm noch mehr geschadet, als die erste. Sein
Herz ist stark, er kann es schaffen, doch er scheint wohl den Kampf aufgegeben
zu haben…“
WAS? Verdattert blicke ich den Arzt an. Aufgegeben? Yugi? So ein Unsinn.
Genau mein Gedachtes, scheint er wohl nun auch auf meinem Gesicht abgelesen zu
haben.
**
irgendwo
„Warum bist du hier? Du hättest nicht kommen sollen!“
„Großvater…wovon redest du…wo sind wir?“
„Du weißt es nicht?“
Ich schaue um mich herum, alles ist so weiß….ein so helles Licht, ich kann
nur Großvater vor mir sehen, sonst ist alles ohne Kontur.
Ich hebe die Schultern, es ist doch vollkommen egal, ich fühle mich so frei und
unbeschwert, ich sehe Großvater…ich will nicht mehr hier weg.
„Du musst wieder zurück. Deine Zeit ist noch nicht gekommen!“
„Zeit? Opa wovon redest du da?“ Ich will näher zu ihm gehen, ihn umarmen.
Ich habe ihn so vermisst. Doch meine Füße weigern sich.
„Geh Yugi…du darfst noch nicht hier sein. Das wäre falsch!“
„Aber ich bin endlich bei dir“, rufe ich verstört.
„Nein Yugi…noch nicht…du musst leben!“
„Leben?“ Aber ich lebe doch…oder? Das…das verstehe ich nicht! Was...?
Wie...?“
„Ja, du lebst…aber dein Körper ist schwach, deine Seele will zu mir kommen,
doch dein Herz bleibt standhaft und möchte nicht gehen…“ Seine großen,
treuen Augen mustern mich lange.
„Mein Herz will nicht gehen? Was meinst du damit?
„Das weißt du nicht? Dann verstehe ich auch, warum deine Seele so
unentschlossen ist!“
„Großvater…was…was soll das? Wo bin ich hier?“
„Kehre zurück“, meint er streng und ich zucke zusammen, „…er macht sich
große Sorgen!“
„Wer?“ Alles ist dunkel, ich kann mich an nichts erinnern.
„Dein Herz weiß doch, wen ich meine!“ Er zwinkert mir zu…dann
verschwindet er plötzlich ins Licht, krampfhaft greife ich mit meiner Hand noch
nach ihm…doch schließlich ist er vollkommen vom gleißenden Licht eingelullt
worden...und lässt mich allein zurück!
*
„Nun…Herr Athem ich lasse sie etwas mit ihm alleine. Reden sie mit ihm…er
wird sie hören…auch wenn er nicht wach ist!“ Er nickt mir zu und klemmt
sein Klemmbrett unter die Armbeuge. Sein weißer Kittel weht, als er durch die
Tür geht und sie hinter sich zuschiebt.
Im Flur schaut er mich noch einmal an, in seinem Blick ist Sorge.
Ich bleibe noch wie versteinert stehen. Es ist als würde ein Seil meine Kehle
immer ein Stückchen weiter zuschnüren. Das metallische Klicken macht mir
Panik. Ich habe plötzlich panische Angst.
Ich trete neben dem Bett und starre auf das weiße Gesicht, was ich noch so gut
in Erinnerung habe. Doch seit diese Kugel in dein Fleisch getreten ist, hat sich
dein Haut Ton merklich verändert. Du kämpfst tatsächlich mit dem Tod,
fechtest du gerade vielleicht einen Kampf mit ihm aus? Ich habe solche Angst,
dass ich dich verlieren könnte. Meinen Tränen schaffe ich mit kräftiger
Willensanstrengung zu verbannen, als ich mir einen weißen Plastikstuhl von der
wand an dein bett schiebe und mich fast schwerfällig drauf fallen lasse.
I'm so tired of being here
Suppressed by all my childish fears (…)
Mein Blick ruht auf deinen geschlossenen Lidern, die immer wieder zucken, als
würdest du in einem schrecklichen Alptraum gefangen gehalten werden.
Yugi…wach doch bitte auf…der Arzt scheint dich aufgegeben zu haben, doch du
bist doch eine Kämpfernatur. Ich habe dich doch mit solch einem starken Willen
kennen gelernt…du musst doch jetzt nicht nachgeben. Komm zurück, dein leben
hat dir doch noch soviel zu bieten.
'Cause your presence still lingers here
And it won't leave me alone
Fast zittrig und mit reiflicher Überlegung, ob ich das schaffe, ziehe ich meine
Hand aus meiner Hosentasche, die sich darin eingemummelt hatte und will nach
Yugis Fingern greifen. Irgendwie weiß ich nicht, ob ich das darf...oder besser
gesagt kann. Ich glaube eher, dass ich es nicht kann. Eine unmerkliche Spannung,
als würden Magnete mich mit erstaunlicher Kraft davon abzuhalten
versuchen…Ich blinzle verstört über meine Gedanken, dadurch fallen nun die
ersten Tränen über meine Wange.
These wounds won't seem to heal
This pain is just too real
There's just too much that time cannot erase
„Wach auf“, stammle ich und erschrecke vor meiner eigenen Stimme. Ich hätte
nicht reden sollen, denn mein Ton ist zu guter Letzt nur ein unüberhörbares
Zittern geworden.
Meine Finger fahren über den Matratzenstoff, meine Augen kleben auf seinen
weißen Krankenhauskittel, den man ihm notdürftig nach der OP angezogen hat.
Dadurch sieht er noch blasser aus. Ich höre wieder das Aufziehen des Ballons
und wieder das Zusammen ziehen. Alles nach so kurzer Zeit und in einer
ständigen Wiederholung. Ich zucke wieder zusammen, mein Herz setzt für einen
Moment aus, als ich noch über die anderen Gerätschaften schweife. Ich kann
deinen Herztakt auf der Anzeige sehen. Sein Puls ist stark…der Arzt hat Recht,
sein Herz schlägt kräftig und gleichmäßig.
When you cried I'd wipe away all of your tears
When you'd scream I'd fight away all of your fears
And I held your hand through all of these years
„Du darfst nicht aufgeben“, höre ich mich plötzlich schreien. Seit wann
kann ich schreien, gerade eben noch, hat meine Stimme doch gezittert, als wäre
sie zu einem Eisberg mutiert.
Und in genau diesen Moment umfasse ich seine Finger, die ich endlich umfassen
kann. Sie liegen wie starr zwischen meinen Fingern…sie bewegen sich nicht,
reagieren nicht. Sie sind warm…
Ein eigenartiges Gefühl überfährt mich, als ich seine haut berühre. Es ist
nicht der richtige Zeitpunkt um deshalb gleich auszuflippen. Er liegt im Koma
und will nicht aufwachen. Wie lange kann das noch andauern? Einen Tag…eine
Woche…ODER ETWA ein JAHR? Vielleicht länger?
These wounds won't seem to heal
This pain is just too real
There's just too much that time cannot erase
„Ich bin hier“, sage ich kurzatmig und streiche über seinen Handrücken.
Ich sehe die durchsichtige Atemmaske, höre wieder das pressen des Ballons, als
hätte ich ihn für kurze Zeit einfach vergessen…nun jedoch ist er umso lauter
und dringt regelrecht in meine Gehörgänge ein.
„Ich hätte hier liegen müssen und nicht du…Yugi…hör mir zu. Du schaffst
das! Ich bin hier, ich werde so schnell nicht weggehen. Bitte…hörst du
mich?“
Überprüfend schaue ich auf sein Gesicht…keine Reaktion. Kann er mich
wirklich hören?
Meine Gedanken überschlagen sich, während mein Herz wieder in meinem Hals zu
sitzen scheint, mein Puls schlägt wieder so heftig.
Wieder fallen Tränen über meine Wangeknochen, hinterlassen einen feinen,
salzigen Film, meine Haut kribbelt unter der tränenreichen Flüssigkeit.
Ich streiche wieder sanft über Yugis Hand.
„Ich hoffe du spürst, dass ich hier bin…ich vermisse dich und es tut mir
alles so entsetzlich leid. Wieso musste das nur geschehen…wieso musstest du
mit meiner Vergangenheit zusammen prallen…?“
Ich neige meinen Kopf tiefer und fasse an meine Stirn, dann wische ich über
meinen brennenden, feurigen Augen, die bereits anfangen weh zu tun.
But though you're still with me
I've been alone all along
„Nun…Herr Athem, ich muss sie nun leider bitten, zu gehen. Herr Muto braucht
nun viel Ruhe. Sie können morgen wieder kommen!“
Ich zucke zusammen, eine Gänsehaut fährt über meinen Rücken, als ich die
Hand von Kuchiro zwischen meinen Schulterblättern fühle.
Ich umfasse noch einmal fester Yugis hand, drücke sie leicht und schaue noch
einmal prüfend in sein Gesicht, sehe noch einmal zum EEG und lasse nicht
wirklich wollend seine Hand aus meiner fallen, lege sie zärtlich zurück auf
die Matratze und stehe vom Stuhl auf.
„Koma ist ein Krieg, den der Körper mit sich selbst führt, Herr Athem…sie
sind noch jung…es tut mir leid, dass sie so was schon miterleben müssen!“
Wenn der wüsste, was ich schon alles geschehen habe…früher einmal…doch
noch nie war es so dermaßen an mich rangekommen…diese Angst…Angst, dass mir
das Wichtigste womöglich genommen werden kann…von einer Kraft, die kein
Mensch je offiziell gesehen hat, sondern nur das Ausmaß, was diese Kraft
hinterlässt, wenn es fort gegangen ist.
Ich reibe mir noch die letzten, ansässigen Tränen aus den Augen und gehe aus
dem Zimmer, gefolgt von Dr. Kuchiro.
Alles was sich nun noch bewegt, ist der schwarze Gummiballon der
Beatmungsanlage, der sich unermüdlich aufbläht und wieder erschlafft und ihn
am Leben erhält. Yugi Muto befindet sich nun an der Grenze zwischen Leben und
Tod…und nur er hat die Stärke, sich für eines der beiden unausweichlichen
Pfade zu entscheiden.
'Cause your presence still lingers here
And it won't leave me alone
(to be continued)
***********************
eingefügte Texte:
Jimmy eat World - Hear you me
Evanescence – My Immortal
(wurde nach unserem Belieben eingesetzt und ist nicht vollständig im kap
vorhanden, nur eben die passenden Strophen ^^XD) *zwinker*
Kapitel 14: ~Bring me to life~
------------------------------
***
*
Es reibt mich auf. Ganz langsam aber sicher reibt es mich auf. Jeden Tag sitze
ich an seinem Bett, bin ihm ganz nah und doch ist er so fern. Nur er allein, hat
die Stärke, wieder ins Reich der Lebenden zu kommen Die Worte des Arztes spuken
mir in meinem Kopf herum. Nur er? Aber warum zum Teufel konnte ich ihm nicht
helfen? Ich bin doch schuld. In normalen Fällen muss doch der Schuldige alles
wieder gutmachen, warum dann auch nicht hier? Er hatte doch schon den ersten
Schritt getan. Die Ärzte hatten mir gestern mitgeteilt, dass das
Beatmungsgerät überfällig geworden wäre, weil er aus eigener Kraft atmen
könnte - trotz allem wollen sie es noch nicht abnehmen...wegen seinem Herzen...
Er sei zwar aus diesem komatösen Zustand erwacht, jedoch immer noch nicht
ansprechbar...er liegt in einem tiefen Fiebertraum...
Die Wunde in seiner Brust habe sich entzündet und das Fieber weicht zwar ab und
zu von seinem Körper, doch ganz weichen will es nicht. Diese Anstrengung
kompensiert der Körper durch einen Abwehrmechanismus: Delirium. Tiefe
Bewusstlosigkeit. Ein Schritt hat er getan, doch einen anderen zurück. Das ist
doch nicht fair. Aus purer Verzweiflung lasse ich meine Faust auf den Tisch
niedergehen. Der Schmerz durchfährt meine Hand, doch mein Körper ist wie
betäubt, ich nehme ihn gar nicht richtig wahr. Wie betäubt sitze ich da. Mein
Blick wandert immer mal wieder zu Yugi, es wird immer schwerer ihn wieder zu
lösen. Er zieht mich wie der Nordpol die Magnetnadel an. Doch dieses Gefühl,
das ich dabei empfinde ist anders als sonst. Kein warmes, sondern kalt mit
extremen Schuldgefühlen durchwebt. Und Angst. Schreckliche Angst, dass du mich
verlassen und mich hier ganz allein lassen könntest.
Auf der Schwelle zwischen Leben und Tod Entmutigt lasse ich den Kopf sinken und
fixiere wieder meine Hände. So viel Böses, Abscheuliches habe ich mit ihnen
getan. Nichts worauf ich stolz sein könnte. Und doch...es gibt etwas. Aber das
habe ich selber wieder zerstört. Die zarte Bindung, die ich zu Yugi aufgebaut
habe, das war richtig gewesen. Ich fühle es. Und was habe ich Trottel gemacht?
Ihn auf die Gang gehetzt! Immer noch interessiert mich brennend, wie Yugi da
Mitglied werden konnte. Er entspricht doch gar nicht Thunders Raster. Thunder
bevorzugt Männer, mit einer zweifelhaften Vergangenheit, die keine Scheu davor
haben, anderen Leuten Leid zuzufügen. Das ist nämlich oft der Job, auch wenn
sich das manchmal nicht herauskristallisiert.
Ich seufze schwer. Aber Yugi ist doch total anders, als alle Mitglieder: eine
wohlbehütete Kindheit, mein Gott, der Junge sieht doch aus als ob er niemandem
etwas zuleide tun könnte. Ich bin selber überrascht über die Heftigkeit
meiner Gedanken, doch sie sind die pure Wahrheit. Ein Blick in sein Gesicht und
man kennt seinen Charakter. Yugi ist einer der Menschen, bei dem man sofort
alles in seinem Gesicht lesen kann. Warum hat Thunder das getan? Um mir eins
auszuwischen, um sich an mir zu rächen? Gut, ich war leicht aufmüpfig gewesen,
doch das kann doch nichts anderes sein. Die Verzweiflung kehrt wieder, wie
immer. Sie verlässt mich nie, lauert immer nur unter der Oberfläche, um sich
in einem unbeschützten Moment auf mich zu stürzen. Wie ich es drehe und wende,
ich verstehe es nicht. Ich verstehe gar nichts mehr. Mein Leben ist mir nun
entglitten, jetzt brauche ich Hilfe.
Doch von wem? Der einzige Mensch, dem ich es zutraue mir zu helfen, mein Leben
in Ordnung zu bringen, liegt vor mir. Ich merke gar nicht wie ich aufstehe, doch
ich muss es wohl getan haben, denn plötzlich sitze ich bei Yugi. Zart streife
ich seine Haare. Sein Gesicht hat wieder etwas Farbe doch nicht genug, um als
gesund zu gelten. Mir schnürt sich wie so oft die Kehle zu. Ich würde sogar
meinen Körper hergeben um ihm auch nur etwas von seinen Schmerzen abnehmen zu
können. Mir wird meine Hilflosigkeit mal wieder über alle Maßen bewusst. Ich
bin dazu verdammt ihm zuzusehen, wie er den vielleicht größten Kampf seines
Lebens kämpft. Ich lege meine Stirn auf die seine. Eine Träne rollt über
diese Verbindung auf ihn. „Ach Yugi.“
****Irgendwo****
Licht! Beherrschendes Licht umgibt mich. Großvater ist schon längst gegangen,
doch ich stehe hier immer noch herum. Ich kann mich nicht entscheiden.
Großvater hat zwar gesagt ich müsse gehen, meine Zeit wäre nicht reif, doch
warum nicht? Wenn sie nicht reif ist, wäre ich dann hier? Wohl kaum. Und
außerdem wer soll sich den Sorgen machen? Niemand Oder vielleicht doch? Mein
Kopf schmerzt. Ich stutze leicht. Kann einem Toten überhaupt der Kopf
schmerzen? Oder bin ich vielleicht gar nicht tot? Ich spüre plötzlich eine
Berührung auf meiner Wange. Entsetzt fasse ich mit meiner Hand an sie. Wie kann
das sein? Hier ist doch niemand. Vielleicht ist da ja doch jemand. Yami
*****Yami*****
„Yami“ Ein leise Stimme ertönt kurz neben meinem Ohr. Erschreckt fahre ich
auf. Bilde ich mir das nur ein, oder ist es tatsächlich....? „Yugi“ Mit
einem Schrei packe ich seine Schultern und rüttele leicht an ihm. „Yugi wach
auf, ich bin hier. Du bist in Sicherheit.“ Meine Tränen fließen in Strömen
und landen auf seinem Gesicht. Ich sehe, wie sich seine Lider bewegen. Doch sie
machen auf mich den Eindruck als fehle ihnen die Kraft den endgültigen Schub zu
machen und sich zu öffnen. Wie hypnotisiert klebt mein Blick auf seinen Lidern.
Alle Hoffnungen waren umsonst, sie liegen wieder ruhig. Erschöpft lasse ich
mich sinken und sitze wieder in meiner Ausgangsposition. Entmutigt liegen meine
Hände neben meinen Oberschenkeln. Ich werde doch nicht verrückt? Sehe ich
jetzt schon Gespenster? Verzweifelt streiche ich mir mit einer Hand über das
Gesicht. Eine Geste, die ich schon lang nicht mehr getan habe, zumindest nicht
bewusst. Was wenn doch? Was wenn ich doch langsam verrückt werde?
Möglich wäre es ja, seit Tagen hab ich nicht mehr richtig geschlafen, wenig
gegessen und in Gesellschaft „lebendiger“ Menschen bin ich auch nicht. Ich
bin auf eigenen Wunsch von der Schule freigestellt. Ich habe zwar falsche
Gründe angegeben, aber der Direktor verstand mich. Blinzelnd richte ich meine
Augen auf das Fenster. Das Sonnenlicht strömt klein in diesen kleinen Raum. Die
einzige Lichtquelle. Mit ein paar Schritten bin ich am Fenster und lasse meine
Finger leicht auf das Fensterbrett sinken. Unten im Krankenhaushof spielen
kleine Kinder. Mitbringsel der Eltern, die wahrscheinlich irgendjemand besuchen.
Eine Vision meiner eigenen Kindheit steigt auf.
“Papa, wann kommt Mama wieder aus dem Krankenhaus?“ Das schwere Seufzen
spüre ich mehr, als das ich es höre. „Ich weiß es nicht mein Kleiner.“
So schnell wie sie gekommen ist, verschwindet sie auch wieder. Schwer atmend
stehe ich da und kämpfe verbissen gegen meine aufkommenden Emotionen. Wenn ich
sie jetzt zulasse, nehmen sie mich ein, verschlingen mich und lassen mich nie
wieder gehen. Meine Faust trifft auf meinen Oberschenkel, doch der Schmerz
lässt sich nicht aufhalten, im Gegenteil er rückt weg von mir, vertrieben von
meinen Erinnerungen. Das alles hilft nichts. Ich komme dagegen nicht an. Die
Empfindungen kehren wieder, mit einer Wucht, die mir den Atem raubt.
Verzweiflung, Wut und eine Ergebenheit in das Schicksal, die mich stutzen
lässt. Habe ich das damals wirklich gefühlt? Ich? Eine Kämpfernatur, wie mich
meine Mutter immer liebevoll betitelt hat? Aber vielleicht ist es ja möglich,
dass Menschen manchmal Dinge tun, die sie unter normalen Bedingungen nie machen
würden. Und welche Situation würde solche Ausfälle mehr rechtfertigen als
diese?
Was wenn sich alles wiederholt? Ängstlich blicke ich zu Yugi. Das darf nicht
sein. Nicht schon wieder einen Menschen, der mir etwas bedeutet, den ich an mich
rangelassen habe. „Nicht noch einmal, hörst du?“ Mein stummes Rufen richtet
sich an eine höhere Macht, der ich eigentlich abgeschworen habe. Zuviel Leid
habe ich erfahren. Aber es kann ja auch nicht schaden, ich bin am Ende mit
meinen Kräften, dass ich jede Macht der Erde um Hilfe angefleht hätte, wäre
ich davon überzeugt, dass ich damit auch wirklich Hilfe erhalten würde. Aber
das ist ja der Punkt, meine Überzeugung dafür ist gleich null.
Die Tür öffnet sich leise und eine Schwester tritt ein. Mit einem Kopfnicken
nimmt sie mich zur Kenntnis und geht zugleich zu Yugi. Sie legt sanft ihren
Handrücken an Yugis Stirn und runzelt die ihrige. Anscheinend gefällt ihr was
sie fühlt genauso wenig wie mir. Das Fieber will nicht sinken. Es scheint Yugi
immer noch in seinem feurigen Griff zu haben. Mit einem Seufzen drückt sie an
der Maschine, die mit Yugis Tropf verbunden ist, ein paar Knöpfe und erhöht
die Flüssigkeitszufuhr. Verwirrt blicke ich sie an, was soll das denn jetzt
bitte? Einem Kranken, der auf der Schwelle zum Tod steht auch noch mehr
Flüssigkeit einflößen zu wollen? Dann wird es mir schlagartig bewusst, die
Wahrheit trifft mich wie eine Faust in den Magen.
Der Körper braucht ja Flüssigkeit!!! Erst jetzt bemerke ich Yugis
aufgesprungene Lippen, die eingefallenen Augenhöhlen. Mein Gott wie blind muss
ich sein, um das nicht zu bemerken? Das hätte ich doch auch versuchen können.
Aber nein, ICH war ja mal wieder nur mit mir beschäftigt. Die Schwester richtet
sich nach ihren erfolglosen Versuchen auf, lässt ihren Blick noch kurz auf Yugi
ruhen und mustert dann mich. Der spekulative Blick fährt mir durch Mark und
Bein. Nicht die Sorge, sondern das unterschwellig angedeutete Mitleid,
wahrscheinlich denkt sie gerade daran, was ich machen würde, wenn sie mir jetzt
die offensichtliche Wahrheit ins Gesicht sagt. Dabei weiß ich sie schon. Das
Fieber wird langsam zu viel für Yugis Körper, viel kann er nicht mehr
aushalten, erst das Koma und nun das!!! Schnell weiche ich diesen ruhigen Augen
aus und richte meinerseits die Augen auf Yugi, was ich sofort bereue. Ich kann
den Anblick langsam nicht mehr ertragen. Die Krankenschwester lenkt mit einem
kurzen Räuspern wieder meine Aufmerksamkeit auf sich, nickt mir sanft zu und
verlässt wieder den Raum.
Meine Füße tragen mich wieder an das Bett. Meine Hand fährt unwillkürlich
herab und berührt seine Hand. Oh mein Gott! Seine Haut ist so trocken, dünn
wie Papier, die Knochen zeichnen sich deutlich darunter ab. Schon wieder. Ich
spüre wie meine Augen feucht werden, doch warum dass denn jetzt? Es reicht
langsam mit dem Selbstmitleid, zum Donner. Verdammt, hier geht es doch nicht um
mich, sondern um Yugi. Es geht nicht um meine Gefühle, sondern um Yugis Leben.
Ich muss endlich aufhören nur immer an mich zu denken, sondern lieber meine
Energie auf Yugi richten. Ihn durch....ach was denke ich da, man kann doch keine
Lebenskraft übertragen. Das ist doch Unsinn. Und trotzdem rücke ich etwas
dichter an Yugi, sodass sich unsere Körper berühren. Meine freie Hand erhebt
sich und streichelt über sein Haar. Ich murmele ihm leise und beruhigend ins
Ohr, wie als ob ich zu einem kleinen Kind sprechen würde. Doch die Worte würde
ich keinem Kind anvertrauen. Mit stockender Stimme flehe ich dich an nicht zu
gehen, bei mir zu bleiben. Ich wiederhole mich fast, doch das tue ich doch
ständig. Oder?
Der Arzt hat mir geraten einfach mit Yugi zu reden und das mache ich auch. Am
Anfang habe ich ihm erzählt, was alles so in der Schule passiert ist, habe das
Erlebnis mit den Jungen geschildert. Auch Joey und Tea waren hier und haben mit
ihm geredet, doch alle Versuche bleiben fruchtlos. Verzweifelt lasse ich den
Kopf sinken, sodass meine Stirn die seine berührt. "Verlass mich nicht, Yugi,
ich brauche dich mehr als du denkst. Du bist mir nicht egal, du bist der
wichtigste Mensch für mich." Sanft drücke ich meine Lippen auf seine Wange.
Ein merkwürdiges Gefühl...eine wohlige Gänsehaut...die über meinen Rücken
streicht...ein schönes Gefühl...
****Irgendwo****
Ich bin wieder allein, keine andere Präsenz ist mehr da. Die Umgebung ist jetzt
nicht mehr weiß, sondern schwarz. Ich kann kaum meine Hand ausmachen. Außerdem
spüre ich jetzt Schmerzen. Schmerzen, die mich fast meinen Verstand verlieren
lassen, sie sind überall und nehmen mich völlig ein. Ich habe aufgehört über
meine Existenz nach zu denken. Ich wollte bloß, dass die Schmerzen aufhören,
egal wohin ich dann komme. Doch plötzlich vernehme ich ganz leise Worte, Worte,
die an mich gerichtet sind. "....Ich brauche dich mehr, als du denkst..." Wem
gehört nur diese sanfte, tiefe Stimme? Yami? Schon wieder? Eine Wärme breitet
sich in mir aus, die nichts mit der Hitze, die ich sonst fühle zu tun hat. Eine
Wärme, die nur in meinem Herzen herrscht. Meine Gedanken rasen. Was wenn doch
jemand da ist, der mich braucht? Ist es das, was Großvater gemeint hat?
****Yami*****
Meine Wange klebt jetzt mittlerweile an ihm. Sein Schweiß und meiner vermischen
sich klebrig und pappen uns aneinander. Ich störe mich jedoch nicht an dem
Zustand sondern drücke meinen Körper noch enger an ihn. Ich versuche etwas von
seiner Wärme zu absorbieren und sie mir selber zuzuführen. Mir ist nämlich
kalt, eiskalt, so als ob mir alles Leben ausströmen würde. Ich weiß nicht, ob
das aus Angst geschieht oder schlicht aus Hoffnungslosigkeit. Alles erscheint
mir so surreal, so realitätsfremd. Yugi der hier vor Fieber kocht und mein
kühler Körper im Gegensatz. Die Sonne, die durch das Fenster scheint und
eigentlich von einem schönen Tag zeugt, doch empfänglich dafür bin ich nicht
im Geringsten. Auch die Kinderstimmen dringen immer noch herauf, doch sie geben
mir keinen Halt an der Realität mehr, sie verwirren mich nur noch mehr. Mein
einziges Bedürfnis im Moment ist schlafen oder einfach meinem Körper
entfliehen, die Umgebung um mich zu vergessen. In Yugis Geist tauchen und ihn
zurückholen, das wäre es.
Aber wie alt bin ich jetzt? Ich führe mich auf wie ein Kleinkind und nicht wie
ein 18-jähriger, verdammt wann lernte ich endlich für meine Taten gerade zu
stehen? Wahrscheinlich nie. Da höre ich plötzlich die Türe aufgehen. Mit
einem leichten Schmatzer löse ich meine Wange und sehe nach oben. Mit einem
Satz bin ich auf meinen Füßen und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Da
stehen doch tatsächlich 2 uniformierte Polizisten.
Verwirrt fixiere ich sie. Was wollen die hier? "Guten Tag, Herr Athem",
begrüßt mich der eine schroff und seine kalten Augen halten die meinigen fest.
"Guten Tag", erwidere ich höflich. Ich lege ja sonst keinen Wert auf
Höflichkeitsfloskeln, doch manchmal waren sie einfach notwendig. Intuitiv
schlage ich meinen höflichsten Ton an. "Gut, dass wir sie hier finden, Herr
Athem. Wir hätten da noch ein paar Fragen." Die kalte Stimme bringt mich aus
der Fassung, löst mich vollständig von meinem vernebelten Geist und klärt
ihn. "Ach und die wären?" Meine Miene verdüstert sich etwas, ich kann es an
meinen Muskeln fühlen. "Gestern ist bei uns eine Zeugensaussage eingegangen,
nach der Herr Muto sich mit dem vermeintlichen Schützen unterhalten hätte."
Sofern das noch ging, sinkt mir mein Herz noch tiefer. Mist, so ein verdammter
Mist. Ich fluche noch mal lautlos. Der Zeuge meinte mich, nicht Yugi. Ich
verfluchte die Ähnlichkeit zwischen uns, der Zeuge hatte MICH gesehen, zur
Hölle. "Aber das kann doch nicht sein", stammele ich. Scharf fahren seine
Augenbrauen in die Höhe. "Doch, Herr Athem. Außerdem hat gestern Abend auch
ein Herr Takeshi eine ebenfalls umfangreiche Zeugenaussage gegeben, dass er
ebenfalls Herr Muto mit dem Schützen reden gesehen hat, es wäre zum Streit
zwischen den Beiden gekommen. Er hat ebenfalls eine detaillierte Beschreibung
des Schützens gegeben. Unsere Fahndung läuft bereits. Außerdem sagte er noch
aus, dass der Täter die Waffe Herrn Muto abgenommen hätte", erklärt der
andere Polizist auf seine Notizen schauend. Der Schock lässt mich für ein paar
Minuten stumm werden, kein Wort will sich in meinem Gehirn bilden.
Bitte was? Yugi soll selbst daran schuld sein, er soll ihm sogar selbst die
Waffe gegeben haben? Was für ein ausgemachter Blödsinn. Da steckte doch wieder
Thunder dahinter. In solchen Dingen ist er ein Meister seiner Klasse, im
Vertuschen und die Polizei an der Nase herumführen. Bevor ich auch nur meine
Worte abwägen kann, geht schon das Temperament mit mir durch. "Das ist nicht
wahr", entgegne ich heftig. Nun ist es an den Polizisten mich verdutzt
anzublicken. "Herr Athem, sie haben doch die Aussage verweigert", macht mich
einer der Männer auf meine Handlungsweise aufmerksam. "Wollten sie jemanden
schützen?", bohrt er weiter, als er sieht, dass ich einzuknicken beginne. Ich
hatte zwar ursprünglich nicht vor, mit der Wahrheit auszupacken, aber das war
doch die Höhe. Thunder will alle Tatsachen so verdrehen, dass Yugi als
Schuldiger dastand? Da hatte er aber nicht mit mir gerechnet, das geht mir
gehörig gegen den Strich. "Ich widerspreche den Aussagen. Ich kann ihnen alles
genau und detailgetreu erklären, doch nicht hier", sage ich mit einem Blick auf
Yugi. Verstehend nickend blicken auch die beiden Beamten auf Yugi, der sich
gerade wieder unter einem Fieberkrampf windet. Schnell eile ich an seine Seite
und klingele nach der Schwester, die auch prompt erscheint. Zusammen drücken
wir Yugi auf sein Bett, er kämpf verbissen gegen uns, doch mit vereinter Kraft
gelingt es uns ihn ruhig zu stellen. So konnte es nicht weiter gehen.
Die Leute die wirklich etwas für diesen Zustand konnten, sollten bestraft
werden. Eine unbändige Wut befällt mich. "Ja, meine Herren, ich lege meine
Aussage ab." Zweifelnd blickt mich der ältere von beiden an, doch der Andere
nickt. "Dann begleiten sie uns aufs Revier." Ich nicke stumm udn greife nach
meiner Jacke. Mit einem letzten Blick auf Yugi verlasse ich den Raum und folge
den beiden Polizisten, die schnellen Schrittes vorausgingen.
„Wenn ich es Ihnen sage!“ In meinem Unmut springe ich von dem Stuhl auf und
funkele die zwei Beamten an. Beide erwidern meinen Blick mit einer Mischung aus
Faszination und einer Unnachgiebigkeit, die mich noch mehr zum Wahnsinn treibt.
Seit geschlagenen 2 Stunden versuche ich jetzt schon Ihnen das Geschehene zu
analysieren, doch meine Erzählungen werden immer abgeschmettert. „Herr Athem,
jetzt beruhigen Sie sich mal.“ Beruhigen ist so ziemlich das Letzte was ich
jetzt will, ich will dass sie mir glauben, mich endlich aus diesem
„Gefängnis“ entlassen. Frustriert wandern meine Augen in dem Raum umher.
Typisch Polizei, sparen wo man kann. Die Wände sind schlecht verputzt und
überall bröckelt schon der Mörtel heraus, der Tisch, um den wir sitzen, haben
sie wohl im Sonderschlussverkauf erworben. Die Stühle sind das einzige, von
denen man sagen kann, sie seien von besserer Qualität. Das hat aber glaube ich
mehr pragmatische Gründe, so oft wie die wahrscheinlich zu Boden gestoßen
werden. Mein eigener Stuhl befindet sich gerade auf dem Boden, ein Opfer meines
Ausbruches. Langsam, wie ein alter Mann bücke ich mich um ihn aufzustellen.
„Seit 2 Stunden erzähle ich Ihnen die gleiche Geschichte und seit 2 Stunden
bekomme ich nur Anschuldigungen von Ihnen zu hören, jetzt nennen sie mir einen
guten Grund, warum ich auf Sie hören sollte und Platz nehmen sollte, anstatt
einfach aus diesem Raum zu gehen?“ Meine Stimme ist leise, hat jede Kraft
verloren.
„Ganz einfach, Herr Athem, wenn sie die Aussage verweigern, dann werden wir
der anderen Aussage Glauben schenken und Herr Muto wegen unerlaubten
Waffenbesitzes verhaften. Hier in Japan ist dies kein kleines Vergehen, wie Sie
sicher wissen.“ War das eine Anspielung? Wissen die doch mehr über meine
Vergangenheit, als sie zugeben? Das Blut weicht mir aus dem Gesicht, sie hatten
mich. Diese Schweine, sie spielen doch auch immer die größten Trümpfe zuletzt
aus, obwohl mir dieser Fakt immer im Kopf herumschwirrte, ansonsten hätte ich
mich ja nie dazu hinreißen lassen eine Aussage zu machen. Ich lasse mich auf
den Stuhl fallen und stütze meine Ellenbogen auf den Tisch und lege meinen Kopf
auf meine Hände, wie als ob er zu schwer für mich ist. „Was wollen Sie denn
noch wissen, ich habe Ihnen doch alles schon gesagt?“ Entmutigt spreche ich zu
der Tischplatte. „Was uns noch unklar ist, ist der Umstand, wie Sie und Herr
Yamamoto zusammen getroffen sind?“ Die kühle Stimme hat einen leicht scharfen
Unterton, der mir nahe zu legen versucht, ich solle die Wahrheit sagen und keine
Ausflüchte probieren.
„Das habe ich Ihnen doch schon beantwortet, Herr Yamamoto und ich sind alte
Freunde, wir hatten einen kleinen Streit und Herr Yamamoto hat seine Waffe
gezogen und auf mich geschossen.“ Selbst in meinen Ohren klingt die Geschichte
leicht ungläubig und wenn ich sie nicht selbst erlebt hätte, fiele es mir auch
schwer sie zu glauben. „Und woher soll Herr Yamamoto die Waffe haben?“ Auch
die Polizisten schienen meine Version immer noch ungläubig zu finden.
„Verdammt, woher soll ich das wissen? Nehmen sie Ihn fest und fragen Sie ihn
selbst!“ „2 Ermittler sind schon unterwegs zu Herrn Yamamoto um Sie zu
beruhigen.“ Tatsächlich atmete ich hier mit einem erleichterten Seufzer aus.
Endlich, endlich bekommt er, was er verdient. Obwohl ..... er findet sich wieder
einen Weg um sich aus der Misere zu ziehen, noch nie hatte Thunder Probleme die
Polizei zu überlisten. Ein Klopfen riss und alle aus unseren Gedanken und eine
junger Polizist in Zivil trat ein. Er beugt sich zum älteren der beiden
Polizisten, drückt ihm ein Blatt in die Hand und flüstert ihm etwas ins Ohr.
Verwirrt blickt der Beamte seinerseits auf das Papier, sucht nach der
Bestätigung dieser anscheinend haarsträubenden Behauptung. Seine Augen weiten
sich kaum merklich, als er die Bestätigung findet. Seine Augen wandern zu
meinen und halten sie fest. Für eine geschlagene Minute fixieren wir uns, ohne
auch nur zu blinzeln. „Herr Athem, Sie haben Recht. Man hat an der Waffe, die
bei Herr Yamamoto gefunden worden ist, Blutspritzer entdeckt. Nach einer DNA –
Analyse steht fest, dass das Blut zu Herr Muto gehört, wir wissen zwar noch
nicht wie es auf die Waffe gekommen ist, aber das werden wir noch herausfinden.
Somit sind Herr Muto und natürlich Sie jeglicher Beschuldigung, sagen wir mal
„freigesprochen“, jedoch werden die Aussagen noch vor Gericht benötigt.“
Das erste Lächeln huscht über das gehärmte Gesicht und ich erwidere es
unwillkürlich.
„Kann ich nun gehen?“ „Aber sicher, Herr Athem, wir haben Sie schon lange
genug aufgehalten.“ Er steht auf und hält mir die Tür auf. Ich stehe
meinerseits auf und strecke mich kurz um meinen Rücken zu entspannen, die
verspannten Muskeln zu lockern und gehe auf die Türe zu. Vor der Tür wird
gerade Thunder vorbei geführt. Ich schaudere. Der Blick. So voller Hass und
Anklage. Nun bin ich zum Verräter geworden, mit allen Konsequenzen, die mir und
wahrscheinlich Yugi jetzt drohen. Angst kriecht in mir hinauf, mit den Folgen
habe ich mich noch gar nicht beschäftigt. Das ist doch aber jetzt einerlei, man
muss immer nach vorne blicken und nicht zurück, außerdem lebe ich in der
Gegenwart und nicht in der Zukunft. Soll sie doch bringen, was sie will, ich
werde damit klar kommen. Meine Vergangenheit habe ich auch schon angefangen zu
verarbeiten, mit Hilfe von anderen ist alles möglich.
Wieder tragen mich meine Füße zu Yugis Haus…warum gehe ich immer wieder
hierhin? Was will ich denn hier?...Yugi ist nicht zu hause…er liegt im
Krankenhaus…im Koma.
Das muss ich mir erstmal begreiflich machen, ich meine, ich habe es ja versucht.
Versucht es zu begreifen…doch wieso muss es einem so jungen Menschen
treffen…wieso kann er nicht einfach die Augen öffnen und alles ist wieder
gut…warum geht das nicht?
Gott, ich kriege noch Aggressionen, wenn ich weiterhin hilflos neben seinem Bett
sitze.
Doch nun…in Yugis Haus…Ich bleibe wie versteinert wieder auf der Schwelle
der Haustür stehen. Schon wieder dieses starke Gefühl…diese Präsenz von
ihm…als würde er gleich die Treppe herunter laufen…ich blinzle und schaue
zur Treppe…warum kann er nicht einfach herunter kommen?
Lange schaue ich auf die leeren Stufen, blicke weiter nach oben…die letzten
Stufen sind in einem Halbschatten versteckt.
In meinen Fingern klappert noch immer der Schlüssel.
Ich hätte nicht wieder herkommen sollen…das ist falsch. Ich muss wieder
gehen.
Heute hätte alles AUS sein können…bei der Polizei da…da hab ich mich so
schutzlos gefühlt…ich habe Angst gehabt…nicht wirklich um mich….das
erstaunliche ist…ich hatte ANGST um Yugi…ich hatte Angst, dass man ihm für
etwas bestraft, wofür er gar nichts kann.
Ich fahre mit meiner plötzlich schwitzigen Hand über die krause Stirn.
Es ist so still hier – aber was habe ich erwartet…seinen Geist zu erspähen?
Das wäre lächerlich.
Doch trotz allem mustere ich wieder die Treppe…meine Kehle ist trocken und ein
Kloß sitzt in meinem Hals….wie sehr wünschte ich mir nun, dass er die
Treppenstufen freudig herunter springt…nur….nur um mich zu erblicken?
Mein Herz klopft lauter, als meine Fantasie Kontur annimmt…wie ich scheinbar
ohne Mühe Yugi die Treppe herunter kommen sehe…wie seine blonden Strähnen
umherflattern….wie mir der kalte Wind von außen um den Nacken bläst…
Ich kann ihn sehen, je genauer ich zur Treppe schaue…wie er langsam zwei
Stufen auf einmal nimmt und mich die ganze Zeit nicht aus den Augen lässt.
Yugi!
Ich zittere…mir wird kalt, doch der Nachtwind von draußen stört mich
nicht…denn mir wird so warm ums Herz. Ich merke nicht, wie ich die leere
Treppe anstarre…merke nicht, wie sehr ich bereits meiner Fantasie
nachhänge…wie sehr mich seine großen Augen verfolgen…wie er seine Hand auf
das Geländer gelegt hat und langsam Schritt für Schritt mir näher kommt…
Meine Lippen öffnen sich einen spaltbreit und meine Augen beginnen zu
glänzen.
Erst als ich blinzle…als meine Augen nicht mehr weiter starren können….ohne
diese monotone Muskelbewegung der Lider…verschwindet er vor meinem geistigen
Auge…
Er ist weg!
Alles war eine Illusion, er ist gar nicht hier…
Ich spüre noch immer, dass ETWAS geblieben ist….das Glänzen in meinen Augen
wird stärker, durchgreifender….schließlich kann ich nicht anders….ich
senke meinen Blick zu den Holzdielen und merke wie heiße Tränen meine Wangen
benetzen…
Ich habe schon Fantasien, wo er gesund ist…wo er wieder bei mir ist….warum
habe ich so was?
Er ist doch nur ein guter Freund von mir, der mir wichtig ist…so ist doch
Freundschaft oder?
Ich gehe einen Schritt vorwärts …es ist wieder still…das Geräusch seiner
Schritte auf den Stufen habe ich mir nur eingebildet…er war nie hier
gewesen….zumindest nicht in diesem Augenblick….nicht jetzt…wo ich ihn am
meisten gebraucht hätte….
Mit einem dichten Tränenschleier gehe ich durch den schmalen Flur…ins
Wohnzimmer.
Ich fühle eine so schwere, lastende Mattigkeit, dass ich mich einfach auf die
Couch schmeiße…als wäre es mein Bett…zu spät fällt mir wieder ein, dass
ich in Yugis Haus bin…Mein Gesicht drückt sich in das Kissen…
Ich will nichts mehr denken und Thunder soll aus meinen Gedanken
verschwinden…immer wieder taucht sein Gesicht vor meinen Augen auf…eine
Waffe die er auf MICH zielt…und schließlich abdrückt, die Kugel kommt genau
auf mich zu….und in meiner Illusion gibt es keinen Yugi, der mich zu retten
versucht.
Ich zerknautsche mit meinen Händen wütend das Kissen.
„WARUM...WARUM hast du das nur getan….verdammt noch mal…“, zische ich
ins Kissen. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, je verzweifelter und
tränenerstickter meine Stimme wird.
Ich schluchze auf, der weiche Stoff der cremefarbigen Couch kribbelt unter
mir…als wäre sie eine schützende Decke, die mich auffängt…als wäre der
Bezug….
Ich drücke mein Gesicht tiefer in das Kissen…bis ich kaum mehr Luft kriegen
kann….der Stoff ist so nah an meinen Lippen gedrückt, dass ich nur noch den
Geruch rieche und meinen eigenen Atem in mich aufnehme.
Ich schüttle den Kopf.
„Wärst du nur nicht so dumm gewesen….ich hätte an deiner Stelle da liegen
müssen…ICH!“
Immer wieder klopfe ich mit Nachdruck mit meiner Faust auf den Couchbezug.
Doch sie gibt mir keine Antwort, niemand kann das.
„Das ist doch Unsinn, Yami…beruhig dich mal wieder!“
Ich erstarre…erhebe mein Gesicht aus dem Kissen und schaue zur
Seite….verschleiert sehe ich jemand neben mir stehen. Spielen mir meine Sinne
Streiche…ist das…das YUGI?
Ich blinzle mehrmals…das kann gar nicht sein, erst als ich mit meinem
Handrücken über meine nassen Augen wische, sehe ich klar.
„JOEY?....Was….was tust du denn hier?“
„Die Tür war offen“, er schielt zur Haustür. „Außerdem bist du nicht
ans Handy gegangen. Das Krankenhaus hat wohl dauernd bei dir angerufen!“
Meine Mattigkeit ist sofort verflogen, als ich nur den Namen Krankenhaus höre.
„WAS?“ Betroffen fischt meine Hand in meine Hosentasche und holt das kleine
Handy heraus.
Tatsächlich….5 Anrufe….?
Und ich hab sie nicht gehört….wie kann das sein?
„Na jedenfalls haben sie es dann bei mir versucht…“
Ich setze mich auf und starre ihn entgeistert an….und was? Kann er mal weiter
reden? Joey grinst geheimnisvoll.
„Es geht um Yugi“, sofort senkt sich sein Blick und seine blonden
Haarsträhnen fallen tief in die Stirn und verdunkeln seine Lider.
WAS? Oh Gott….was kann passiert sein, dass sie fünf Mal
anrufen…wahrscheinlich als ich im Polizei Präsidium gewesen bin…na
toll…ich bin ahnungslos….und heule hier herum…und hänge meinen Fantasien
nach, während Yugi vielleicht….vielleicht…nein….nein…vergiss den
Gedanken schnell wieder.
ER LEBT!
Ich kaue auf meine Unterlippe, während ich mir selbst die Antwort gebe…
Oh Gott….meine Tränen werden stärker.
„Ganz ruhig Alter….beruhig dich…es ist nichts Schlimmes“, spannt er mich
auf die Folter. Ich beiße mir nun auf die Unterlippe…bis ich etwas Warmes
schmecke, stehe abrupt auf und stehe genau vor ihm…meine Nackenhaare sind
bereits aufgestellt…ich fühle eine innere Wut…wie kann er es wagen….wieso
sagt er es nicht…will er mich vor der neuen Information schützen…ist sie so
schlecht? WARUM?
„SAG MIR JETZT SOFORT, was LOS IST….“, keuche ich aufgebracht.
Erschrocken weicht Joey vor mir zurück.
Abwehrend hebt er die Hände in die Lüfte.
„Okay, okay…er ist aufgewacht! Du musst mich ja nicht gleich anschreien!“
WAS? Zuerst schüttle ich all meine Gedanken ab. Er ist aufgewacht?
YUGI? Wie gelähmt schaue ich den Blonden an….spüre wie mein Herz heftiger
schlägt…wie meine Gedanken rasen…
Er ist wach…hab ich das wirklich richtig verstanden? Grübelnd ziehe ich die
Stirn graus. „Es stimmt…Yami…er ist wach…du solltest hingehen!“
„Es tut mir leid, ich wollte dich nicht anschreien nur….“, beginne ich,
ohne wirklich zugehört zu haben.
Er legt mir die Hand auf die Schulter und drückt leicht zu.
„Geh zu ihm!“ „Und was ist mit dir?“, frage ich verunsichert.
„Er will DICH sehen! Das war sein erstes Anliegen…!“, betont er sanft.
WAS? Verblüfft schaue ich Yugis besten Freund an. Kann das sein?
Unmöglich…wieso soll er mich als erstes sehen wollen? Joey und er waren doch
viel länger befreundet, ich kenne ihn doch noch gar nicht lange genug…
Ich zögere….
„NUN geh schon“, er schiebt mich Richtung Haustür. „Du willst doch auch
zu ihm!“
„ABER…aber….ich….“, immer wieder versuche ich einen Satz zu
formulieren, doch ich sehe, dass jeder Beginn bei Joey abprallt… „Ich werde
mit Tea morgen vorbeischauen, nun solltest du ihm seinen ersten Wunsch
erfüllen!“
Ich schlucke, und verliere den Blick nicht zu Joeys Augen, der mich immer weiter
rückwärts durch den Flur dirigiert.
„Er ist wach“, flüstere ich noch ungläubig vor mich hin, während Joey
immer wieder nickt. „Ja…nun mach schon…beeil dich…!“
Erst in der Tür bleibe ich wieder stehen.
„Das ist aber nicht richtig“, schlussfolgere ich, „du bist sein längster
Freund…du kennst ihn schon solange…du solltest gehen!“
„YAMI….das ist doch schon geklärt….ER will DICH sehen…also mach ihm die
Freude! – ich warte solange hier.“ Joey lächelt, doch ich weiß, dass es
ihm wehtun muss…er hat wohl auch nicht damit gerechnet, dass Yugi mich als
erstes sehen will.
Ich hab es auch nicht glauben wollen – bis just in diesen Moment.
Ich laufe wie von der Tarantel gestochen durch die Straßen, hechte durch den
Park, als würde ich verfolgt werden…spüre wie die frische Abendluft meine
Lungen aufplustert…wie mein Herz ein Rekord nach dem nächsten schlägt.
Wie ich keuchend immer wieder an roten Ampeln halt machen muss….meine Beine
schmerzen bereits…ich bin wohl noch nie so schnell gelaufen…als würde es um
mein Leben gehen.
WAS soll ich ihm sagen…wie soll ich es ihm erklären? DESHALB wollte er mich
als erstes sehen…er will ANTWORTEN.
Oh Gott….ich kann es ihm nicht sagen…ich kann ihm nicht sagen, wer ICH bin.
WER ich war…nein niemals…es muss einen anderen Weg geben, als die Wahrheit.
Er würde es nicht verstehen…er würde mich verabscheuen, mich hassen und ich
will nie…NIE in seinen schönen Augen Hass erblicken….der mir gelten
wird…er darf es nicht erfahren.
Ich laufe weiter, während meine Gedanken nach einer ordentlichen Notlüge
suchen…ich will ihn nicht anlügen, aber die Wahrheit ist schmerzhafter für
ihn, als diese Lüge…er darf nicht wissen, was ich früher alles getan habe.
Was Thunder für eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt hat…wie nah wir
uns mal gewesen sind…nein….hastig schüttle ich den schlimmen Gedanken
ab…das war ein riesengroßer Fehler gewesen…ich war noch jung und habe mich
auf ihn eingelassen, ohne ihn wirklich zu kennen…er war nie wichtig…denn er
hat mein gesamtes Leben zerstört…dieser Perversling…Ich bleibe stehen, als
sich meine Wut auf ihn so dermaßen auftürmt, dass ich nicht anders kann, als
gegen den nächst besten Haltemast einer Bushaltestelle zu treten. Das hat Yugi
immer gemacht….erinnere ich mich schlagartig, als ich nun auch den Schmerz in
meinen Zehen spüre.
Ich habe es bis heute verdrängt, was er mit mir getan hat…bis heute….aber
nun sehe ich wieder alles so detailliert vor mir…ich könnte mich übergeben,
mir wird so speiübel…oh Gott….dieser verdammte Mistkerl…
Er wird mich nie in Ruhe lassen…er hat alles kaputt gemacht, was mir je
wichtig gewesen ist und nun YUGI….das muss aufhören.
YUGi darf das nicht wissen, was mich noch mit Thunder verbindet.
Er darf am Besten gar nichts wissen…es wird schon nichts passieren…die
Folgen werden nur mich treffen, nicht Yugi…Thunder wird ihm nichts tun…da
bin ich mir sicher.
Endlich erblicke ich das Namensschild der Klinik und als ich durch die Drehtür
presche, sehe ich die Nachtschwester, die mich erstaunt mustert.
„Die Besuchszeit ist schon vorbei mein Herr!“
Nach Atem schnappend nicke ich.
„Ich…ich weiß…ich muss zu Yugi Muto! Es ist wichtig! Bitte….bitte ich
muss ihn sofort sehen!“ Meine Stimme klingt gefasst, obwohl ein kaum hörbares
Zittern zu vernehmen ist. Vielleicht höre auch ich nur dieses Bibbern…denn
die Nachtschwester schaut auf ihr Klemmbrett und geht wieder hinter die
Anmeldevorrichtung.
„Moment bitte….!“
WAS? Was kann denn nun solange dauern…denkt sie etwa ich lüge?
„Er…er ist aufgewacht und er will mich sehen“, rechtfertige ich mich, ohne
dass die Schwester aufsieht oder etwas gesagt hat. Mein Herz pumpt…mein Blut
rauscht in den Ohren, hibbelig stehe ich vor der Anmelde.
„Moment bitte…sie sind Herr Athem? Normalerweise ist die Besuchzeit nun
rum…aber ich denke ich kann eine Ausnahme machen…ihr Freund ist immerhin aus
dem Koma erwacht….richtig?“ Sie studiert ihr Klemmbrett und das Formular,
das eingelegt ist.
„Ich weiß es tut mir leid, ich hab die Anrufe erst jetzt bemerkt…!“
Strafend blickt sie mich an.
„Sie dürfen zu ihm…aber falls er schon schläft…dann gehen sie
wieder…ist das in Ordnung?“ Sie hebt auffordernd eine Augenbraue.
„Ja“, presse ich sofort dankbar heraus.
Die Intensivstation, die ich erst heute durchschritten habe, lassen nun in mir
andere Gefühle zu. Diese Erdrückung ist nicht mehr so schlimm, die Geräusche
der klickenden Maschinen nicht mehr so laut, wie ich sie in Erinnerung gehabt
habe, alles ist ruhiger geworden. Auch mein herz…das zwar vor Aufregung fast
aus seinem Knochenmantel springt, ich es dennoch gut unter Kontrolle halten
kann.
Wieso will er mich als erstes sehen, wirklich nur, um Antworten zu erfahren? Na
warum sonst?
Sicher nicht, weil er dich vermisst hat,…kurz vor der Tür bleibe ich wie
versteinert stehen. Oh Gott….ich kann nicht…ich kann da nicht rein gehen,
wie soll ich mich verhalten? Was soll ich sagen? Ihm danken? Um Gottes
Willen...wie kann man einem Menschen danken, der sein Leben für jemand geben
wollte? Der sich vor mich geschmissen hat, damit die Kugel nicht mich trifft…
Ich kann nicht…ich starre auf die Fliesen.
Unmöglich, vielleicht schläft er schon…reiß dich zusammen und geh da jetzt
rein.
Ich schließe die Augen, mir fehlt der Mut plötzlich dazu. Ich habe Angst, dass
er alles in meinem Gesicht ablesen kann.
Ich atme noch einmal tief ein und schließlich schaffe ich es bis zur Tür.
Zaghaft drücke ich die Klinke herunter…es ist nur spärlich beleuchtet…die
meiste Beleuchtung kommt von den Maschinen.
Ich kann nicht sehen, ob er wach ist….sein bett liegt in einem Halbschatten
und ich will auch kein Licht anmachen…vielleicht schläft er ja doch.
Wieso komme ich auch so spät…
Ich presse meine Lippen zusammen, Angst begleitet mich, als wäre die Emotion
eine Person, die nicht mehr von meiner Seite weichen kann.
Meine Stimme ist auch eingefroren, ich kann nichts sagen…denn ich bin wie
gerädert…was soll ich als erstes sagen?
Ich höre mich selbst laut einatmen, als wäre es das einzige Geräusch, denn
ich höre nicht mehr den Beatmungskolben…höre nicht mehr das laute,
durchdringende Klicken und das unheimliche Zischen.
Er muss wohl wieder selber atmen können. Immer näher komme ich dem Bett.
Und je näher ich komme, desto mehr sehe ich ihn…
Ich sehe sein Gesicht…und erst als ich genau seitlich des Bettes anhalte…
japse ich verblüfft auf…als mich seine violetten, glänzenden Augen mustern.
ER IST WACH? Die ganze Zeit schon?
Ich kaue auf meine Unterlippe, während ich ihn ebenfalls anstarre.
„H…Ha…ll...o…“, höre ich ihn krächzen.
Seine STIMME. Wie sehr habe ich sie vermisst….wie sehr darauf gewartet…meine
Mundwinkel umspielt ein Lächeln.
Ich setze mich auf den Stuhl, der bereits seit heute Morgen noch hier steht und
ohne darüber nachzudenken, was diese Geste zu bedeuten hat, suche ich seine
Hand, die noch immer so daliegt, wie das letzte Mal, als ich sie gehalten
habe…sie liegt genau seitlich neben ihm…als hätte er sie kein einziges Mal
bewegt.
Langsam streiche ich mit meinen Fingern über seine Handfläche und spüre, wie
seine Finger immer wieder zucken, als ich darüber fahre…
„Ich bin….so froh…“, höre ich mich nuscheln, ich habe das Gesicht
gesenkt, damit er meine Tränen nicht sieht….denn sie kommen erneut…ohne
dass ich es möchte…sie zeigen meine Emotionen, die nun willenlos über meine
Wangen gleiten…er darf nicht sehen, wie sehr mich das mitnimmt.
„Yami…“, er sagt nur meinen Namen…und schon setzt mein Herz für eine
Sekunde aus. „…du lebst, das ist das einzige was ich…wollte…!“ Ich
kneife die Augen zusammen, um die verdammten Tränen zu unterdrücken, bevor ich
zu ihm aufsehe.
„NEIN…sag, sag das nicht!“ Ich schüttle den Kopf, er weiß gar nicht,
für wen er sein Leben opfern wollte.
Ich spüre seine warmen Finger die bebend, als hätte er große Mühe diese zu
bewegen…über meine Fingerkuppen tasten…mein Blick festhaltend.
„Ich bin froh, dass du noch gekommen bist!“ Seine Stimme wird wieder
stärker.
Ich versuche krampfhaft zu lächeln. Ich weiß nicht….was soll ich nur sagen,
was antworten?
Ich kann doch nicht schweigend nur dasitzen…er will es bestimmt von mir
hören…vielleicht wartet er darauf, dass ich anfange.
Aber mir fehlen die Worte dazu…wo soll ich beginnen?
Zaghaft mustere ich ihn wieder, sein Kopf liegt schräg und er blickt mich genau
an. Sein Gesicht ist erhellt durch das EEG – der starke Herzschlag ist
deutlich hervorgehoben.
Immer wieder schweift mein Blick auf die monotone Linie, die nichts
Weltbewegendes zeigt, außer das sein Herz wieder ruhig und kräftig schlägt.
„Yugi…“, ich flüstere seinen Namen…ganz ruhig, nun muss ich es sagen,
es schaffen…doch als ich aufsehe, verlässt mich wieder der Mut. Denn ich
sehe, wie sich eine Tränenperle über seinen rechten Augenwinkel löst und
über seine Wange wandert.
Ich atme tief ein und meine Augen verengen sich perplex, als ich sehe, wie sehr
er sich wirklich freut, mich zu sehen.
Wenn er wüsste…wenn er doch nur die Wahrheit wüsste…
Ich beuge mich vor, näher zu seinem Gesicht. Er zuckt zurück ins Kissen, seine
Haare liegen etwas strohig in seine Stirn, umrahmen es…als ich meine freie
Hand hebe, die knetend auf meinem Schoß dagelegen hat und nun langsam…fast
sanft meine Finger über seine Wange tupfe…wische die salzige, einzelne Träne
fort.
Seine Augen beobachten mich, als ich so weit vor gebeugt vor ihm lehne.
Erst als ich mein Gesicht herabsinke, merke ich, wie nah ich seinem Gesicht
gekommen bin…wie nah ich ihm nun WIRKLICH bin – zögernd will ich sofort
zurückweichen, fast zurück springen…doch ich blicke nun genau zu ihm herab,
während er zu mir hoch schielt.
Nur ein paar Millimeter hinunter und ich könnte…upps…was denke ich da?
Sofort löse ich meinen Finger von seiner Wange, erschrocken entkommt mir ein
Seufzer und ich lasse mich lautstark in den Stuhl zurücksinken.
Was war das plötzlich wieder für ein Gedanke?
Ich schüttle ihn ab, bevor er allmächtig wird und ich streiche wieder über
seinen Handrücken.
„Ich hatte…große Angst um dich“, entkommt es mir nun wieder und ich
schlucke meinen Speichel hinunter, der sich durch den dicken Kloß in meinem
Hals vorbei zwängen muss.
Yugi blinzelt.
„Nein…ich hatte ANGST um dich“, kehrt er das Gesagte um.
Hör endlich auf Yugi…wenn du weiterhin so etwas sagst…dann…dann flüchte
ich in ein anderes Land…meine Gedanken überschlagen sich. Warum ist er so
freundlich zu mir, wieso sagt er mir nicht die Meinung, immerhin wäre er fast
gestorben…er war kurz davor…
Ich schaue zur Seite, muss den Blick abwenden.
„Warum tust du das?“, hauche ich verwirrt.
Ich blicke zu meinen Füßen.
Spüre wie er nun fest meine Hand drückt.
„Was tue ich?“, fragt er verdutzt.
Na toll…er weiß nicht mal, was seine Worte bedeuten.
„Du hättest sterben können…“, betone ich traurig, „du hättest in
meinen Armen sterben können…nur…nur…“, meine Stimme bricht.
„…um dich zu retten“, beendet er meinen Satz und hustet.
Alarmiert blicke ich hoch.
„Geh es dir gut?“, frage ich sofort und beuge mich wieder vor.
Er nickt zaghaft. „Ja mir geht es gut…es war mir die Sache wert…Yami…ich
wollte nicht, das dir etwas geschieht!“
Meine Augen reißen auf.
„Warum? - Wieso hast du das getan? - Wir kennen uns nicht mal richtig!“
Ich brauche die Antwort…so etwas hätte nie jemand für mich getan und Yugi
macht es einfach ohne zu überlegen…er wollte sein Leben für mich geben. Das
macht man doch nicht leichtfertig.
„Du weißt….“, er hustet wieder und dieses Mal hört sich sein Husten
schlimmer an…Angstschweiß bildet sich auf meiner Stirn, „…du weißt die
Antwort!“
WAS? Ich weiß sie nicht…ich weiß sie nicht…sag sie mir…YUGI?
„Ich hatte heute schon Besuch!“, erklärt er weiter.
„WAS? Von…von wem?“ Joey hätte mir das doch erzählt…wenn er schon hier
gewesen wäre…aber wer...wer würde sonst noch in Frage kommen?
„Thunder!“
Seine Augen flackern…als sich sein kleiner Körper plötzlich schüttelt…er
bäumt sich auf, lässt meine Hand los und hustet…hustet sich die Organe fast
aus dem Hals…seine Augen weit aufgerissen, geängstigt…sein Herzschlag zeigt
komische Werte an…
Oh Gott…sofort springe ich vom Stuhl auf…dieser fällt nach hinten… Oh
GOTT!
YUGI…
„Yugi…ganz ruhig…ich...ich ruf Hilfe!“ Schnell drücke ich den Notknopf,
neben dem Bettpfosten.
Eilig schaue ich immer wieder zur Tür…wo bleiben die denn? Verdammt
nochmal...
Ich wende mich wieder zu Yugi, der seine Hände vor seinem Mund hält…sein
Husten wird schlimmer, röchelnder….und als er seine Hände zittrig runter
nimmt…sehe ich Blut…in seinen Handflächen.
OH GOTT.
„YUGI….Yugi…“, ich schreie seinen Namen, als er plötzlich nach Luft
schnappt…sie nicht bekommt und mit geschlossenen Lidern ins Bett fällt.
Dann höre ich erst eilige, stapfende Schritte im Flur…Krankenschwester und
zwei Assistenzärzte die mich einfach zur Seite schieben. Das grelle Licht wird
eingeschaltet.
Ich werde zurückgestoßen…meine Augen können nicht wegsehen…
„Kammerflimmern“, ruft die Krankenschwester besorgt.
WAS? Was? Ich sehe, wie der Arzt verzweifelt versucht Yugis schwaches Herz zu
massieren…immer wieder eine Herz-Druck-Massage macht, doch ohne
Erfolg…schwerfällig wischt er sich den Schweiß von der Stirn
„Defibrillator!“, schreit der junge Arzt mit dunklem Haar. „200 Joule!“
Sofort sehe ich, wie der junge Arzt die Paddles aneinander reibt und sie
schließlich in Kontakt mit der nackten Brust Yugis…bringt.
Der zierliche Körper bäumt sich unter dem Stromschlag auf.
Meine Hand drückt sich vor meinen Lippen…es ist ein Alptraum…lass es ein
Alptraum sein…bitte nicht…!!!
„Er atmet nicht“, schreit die Krankenschwester.
„Beatmung…na los…na los…“, dirigiert der junge Arzt.
Die Beatmungsmaske wird aufgesetzt…das Herz wieder massiert…doch ich schaue
weg…schließe die Augen…nein, nein, nein…meine Gedanken rasen.
„Noch mal...Laden auf 360 Joule!!!“
Der Arzt reibt wieder die Paddles aneinander…ein kurzer Blick, den er mir
schenkt…dann drückt er sie auf Yugis Brustkorb…erneut bäumt sich sein
Körper auf.
Ich kneife die Augen fester zusammen, trete zurück und falle fast rücklings
gegen die Wand…
„Er atmet wieder…Doktor…ER ATMET!“
Alles wird schwarz vor meinen Augen, ich fühle den Strom, als wäre er durch
mich hindurch geschossen…meine Tränen werden dichter.
Was hat er nochmal gesagt? >Ihm war es die SACHE WERT???<
Ich schüttle niedergedrückt den Kopf.
Tatsächlich…sein Herz schlägt wieder normal…
„Was…was ist passiert?“, kommt es brüchig über meine Lippen, als der
Arzt sich umdreht und mich beiseite schiebt.
„Was haben sie hier zu suchen?“, fährt er mich plötzlich an.
„Ich…ich…“, ich schaue ihn verwirrt an.
„Ich habe es ihm erlaubt!“, mischt sich die Nachtschwester ein, die gerade
dabei ist, das Blut aus Yugis Handflächen zu wischen.
„Sie müssen ihn aufgeregt haben…ich habe doch strikt angeordnet, dass Yugi
Muto RUHE braucht…!“, fährt er mich wieder fahrig an.
Was? Soll ich etwa daran Schuld sein?
Und dann springt mir ein SATZ deutlich vor die Augen. „Ich hatte schon
Besuch…Thunder!“
Meine Augen weit aufgerissen, starre ich den Arzt an.
OH NEIN…oh verdammt noch mal…NEIN…nein…
(to be continued)
Anmerkung vom honeyteam: Vielen Dank für eure Kommis ^^ wir fühlen uns sehr
geehrt und es tut uns sehr leid, dass die Forti länger gedauert hat. -.-
Big Sorry.
Hoffen aber trotzdem euch gefällts. ^________^
so das Honeyteam verabschiedet sich...bye bye
bis zum nächsten Chap XD
Inspiri: Finley Quaye - Dice
Kapitel 15: I shall trust you but how can I?
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Das Sonnenlicht scheint hell gegen meine geschlossenen Augenlider. Still lausche
ich den Schlägen meines Herzens, der gleichmäßige, monotone Takt beruhigt
mich. Das Piepen des EKG zerstört diese Wirkung aber sofort. Kann man dieses
verdammte Ding nicht einfach abstellen? Aber als ich den Arzt darauf anspreche,
starrt er mich nur verdutzt an und will entgeistert wissen, ob es mir auch
wirklich gut geht. Er gibt mir zu verstehen, dass ich noch immer ein kritischer
Fall bin. Pah kritisch! Selbst die kleinsten Hoffnungen auf Besserung werden
durch solche Komplikationen wie gestern zerschlagen.
Ich weiß nicht einmal genau, was passiert ist. Plötzlich fühlte ich ein
Stechen in meiner Lunge, die Atemnot, die damit verbundene Panik... Der
krampfhafte Versuch Atemluft zu bekommen, der aber scheitern sollte. Aber was
mich am meisten erschreckte war der ungleichmäßige Takt meines Herzens, die
Angst, dass es aufhören würde zu schlagen, ich damit jetzt doch aus dieser
Welt scheiden könnte, Yami nie wieder sehen könnte...
Yami! Schlagartig blitzt vor meinem inneren Auge sein Gesicht auf. Die
anfängliche Erleichterung, als er sah, dass ich wach war. Doch ich spürte
schon zu diesem Zeitpunkt, dass etwas nicht stimmte, dass ihn etwas bedrückte.
Dieser Eindruck verstärkte sich, als ich Thunders Namen erwähnte.
Meine Gedanken an Yami verblassen, werden von meinen Erinnerungen an Thunders
Besuch übertüncht.
*******Flashback*******
Die Anstrengung meine Augen offen zu halten zerrt extrem an meinen kaum
vorhandenen Kraftreserven. Die Krankenschwester hatte mir versichert, dass man
Yami schon angerufen hat. Wo bleibt er nur?
Ich freue mich so auf ein Wiedersehen. Ihm zu erklären, dass er mir ungemein
geholfen hat, dass seine Anwesenheit und sein Zuspruch mich auf den Weg zurück
ins Reich der Lebenden bestärkt und geführt hatte.
Find me here and speak to me
I want to feel you I need to hear you
You are the light that's leading me
To the place where I find peace again
Ich bin ihm unendlich dankbar dafür, weil jetzt, als ich wieder unter den
Lebenden wandle, realisiere ich erst, was ich verloren hätte, was ich nie
wieder hätte sehen können.
Allen schon der Anblick des Sonnenuntergangs treibt mir Tränen der Freude in
die Augen. Die majestätische Röte, die das hellblau des Himmels verschluckt
und sich mit ihm an den Rändern vermischt. Ich liebe den Sonnenuntergang, oder
anders gesagt den Übergang vom Tag zur Nacht. Früher habe ich immer dieses
Spektakel mit meinem Großvater beobachtet, der mir dabei auch immer Geschichten
von seinen Forschungsreisen in Ägypten erzählt hatte. Der Gedanke an ihn
schmerzt mich, aber nicht mehr so sehr, wie noch vor ein paar Wochen. Ich habe
nun meinen Frieden mit ihm gemacht, er wird immer bei mir sein, egal ob ich ihn
sehen kann oder nicht. Das gibt mir Mut und Kraft, das aber noch von einer
anderen Person ausgehen könnte...?
Verdammt wo bleibt Yami denn nur? Er müsste doch schon längst hier sein, oder
will er mich gar nicht sehen? Hegt er vielleicht einen Groll gegen mich?
Das Knarren der Tür reißt mich aus meiner Gedankenwelt in die Gegenwart.
Freudig drehe ich meinen Kopf zur Tür. Die Freude weicht der Verwunderung. Das
ist gar nicht Yami!
Eine große, gedrungene Gestalt steht in der Tür und blickt mich geradeheraus
an.
Thunder!
Was will er hier?
Ein Lächeln schleicht sich auf sein Gesicht. Ich habe noch nie jemanden
gesehen, bei dem das Lächeln so unecht, so kalt, so berechnend wirkt, wie bei
Thunder. Mit geweiteten Augen verfolge ich ihn, wie er auf mich zugeht und knapp
vor meinem Bett stehen bleibt. Seine Hand senkt sich langsam herab. Ich will
mich winden, will ihr entfliehen...nicht von IHM berührt werden. Doch mein
Körper versagt mir den Dienst, außerdem wäre es doch sehr auffällig wenn ich
weg rutschen würde.
„Hallo Yugi, wie geht es dir?“ Seine raue Stimme löst einen Schauder bei
mir aus. Keinen aber, denn ich begrüßen würde, einen kalten, angsthaften
Schauder, einen den mir sonst nur Alpträume bescheren.
„Hallo Thunder, mir geht’s eigentlich ganz gut“, antworte ich schnell und
unüberlegt. „Das ist eine Lüge, Yugi“, seine schneidende Stimme lässt
mich zusammenschrecken. „Die Ärzte haben mir gesagt, dass du dich noch in
einem kritischen Zustand befinden würdest. Warum also lügst du?“ Verwirrt
blicke ich ihn an. Woher weiß er das? Er muss dann mit den Ärzten gesprochen
haben und ich dachte immer, dass solche Informationen unter die Schweigepflicht
fallen?
„Du fragst dich sicher, woher ich das weiß?“ Gruselig! Woher kennt er meine
Gedanken? Dann fällt es mir siedend heiß ein, mein Gesicht, mein
durchsichtiges Gesicht, an dem man jeden Gedanken ablesen kann. “Yugi, dein
Gesicht. Mein Kleiner, du kannst nicht lügen. Deine transparenten Züge
verraten jeden deiner Gedanken.“ „Jeden Opa?“ „Ja jeden mein Kleiner,
aber mach dir keine Sorgen. Das haben viele Menschen, aber keiner hat eine so
reine Seele wie du.“
„Sagen wir es so, Yugi, ich habe Connections.“
Und ich möchte gar nicht wissen, wie die aussehen, und wen du dafür bestochen
hast.
„Yugi, es tut mir leid.“ Jetzt hat er mich richtig kalt erwischt! Warum
verwirrt und erschreckt er mich nur so? Ich kann keine seiner Reaktionen
vorhersehen, geschweige denn, dass ich weiß, wie ich drauf reagieren soll.
„Was genau tut dir leid?“, hake ich unsicher nach. Lieber auf Nummer sicher
gehen, bei IHM weiß man ja nie. „Dass ich dich angeschossen habe.“ Reuig
senkt er seine Augen, doch warum kaufe ich ihm das nicht wirklich ab? Verdammt,
er hat doch mit der Waffe auf Yami gezielt Das war nicht durch Zufall, oder ein
Unfall, nein das war BEABSICHTIGT.
Sprachlos starre ich ihn an, bin nicht in der Lage ihm darauf etwas zu erwidern.
„Ach das ist schon okay“, sage ich schließlich schwach und tonlos. Wie ein
Falke fixiert er mich, achtet auf jede noch so kleine Regung meines Gesichtes
und meines Körpers.
Eine peinliche Stille entsteht zwischen uns. Keiner von uns will das Wort
ergreifen. Das Kratzen der Stuhlbeine über den Boden hallt unnatürlich durch
den Raum, als Thunder sich einen Stuhl neben mein Bett zieht. Präzise lässt er
sich darauf nieder. Er faltet seine Hände ineinander, stellt seine Ellenbogen
auf seine Knie und legt zu guter Letzt sein Kinn auf seine Hände. Fasziniert
beobachte ich ihn. In seiner Bewegung liegt eine unterschwellige Gereiztheit.
Mir kommt es so vor, dass er nicht hier ist, um sich nach meinem
Gesundheitszustand zu erkundigen. Und tatsächlich...
„Weißt du eigentlich was wirklich zwischen mir und Cold abgelaufen ist? Wie
dumm von mir“, er schlägt sich theatralisch an die Stirn, „du kennst ihn ja
unter dem Namen Yami.“ Er betont Yamis Namen sarkastisch. Meine Augenbrauen
fahren in die Höhe.
„Nein“, antworte ich wahrheitsgemäß. Mich interessiert es tatsächlich,
aber aus anderen Gründen, als Thunder womöglich glaubt. Ich will mehr über
Yami erfahren, mehr über seine Vergangenheit zu wissen. Doch was Thunder nun
sagt, wirft mich total aus der Bahn.
„Es war Yamis Waffe, weißt du?“ Erschrocken sehe ich ihn an.
Das ist doch nicht wahr, das KONNTE doch nicht sein. Gut, ich weiß echt wenig
über Yami, aber das war doch absurd. Ich habe ihn als komplett anderen Menschen
kennen gelernt. Wenn er so wäre, wie Thunder mir gerade versucht
einzutrichtern, hätte er sich doch nie Sorgen um mich gemacht, nie versucht
mich wieder aufzubauen. Jeder weiß doch, dass solche Menschen nur an SICH
denken, Thunder ist doch das beste Beispiel. Auf mich wirkt Yami immer
fürsorglich, ruhig und absolut pazifistisch.
„Ja sicher. ER hat die Waffe auf MICH gerichtet“, fährt er fort. „Wir
hatten einen kleinen Disput über eine Lieferung und unser guter Cold ist ja
dafür bekannt gleich alles mit einer Waffe zu erledigen.“ Das Lächeln auf
seinen Lippen ist mir unangenehm, ebenso wie das kurze Aufflackern von Stolz in
seinem Blick.
Was hat das jetzt wieder zu bedeuten, verdammt?
Dieser Mann ist für mich das totale Rätsel. Aber er jagt mir...ich zögere
davor das Wort „Angst" zu benutzen, trifft „Angst“ überhaupt zu? Ich
gestehe mir ein, dass es wirkliche Angst ist, die fast schon an Panik grenzt.
„Warum erzählst du mir das?“ „Weil du das Recht auf die Wahrheit hast,
Yugi! Schließlich wärst du deshalb fast gestorben!“
Ich will das nicht hören, will nicht mehr von dieser Tatsache verfolgt werden,
dass ich dem Tod von der Schippe gesprungen bin. Nur knapp kann ich dem Reflex
wiederstehen meine Hände auf meine Ohren zu pressen. Seine Worte auszusperren.
Wieso kann er nicht aufhören mich zu quälen?
Ich bekomme starke Kopfschmerzen, die mich zu zerreißen drohen. Ich spüre mit
jedem Herzschlag, wie die Schmerzen an- und abschwellen. Meine Augen kneifen
sich unwillkürlich zusammen.
Thunder schaut mir seelenruhig zu, als ob es normal ist, dass jemand vor ihm die
eine Schmerzattacke erleidet.
Verdammt, warum kann er nicht gehen? Mich hier einfach in Ruhe lassen?
Schon wieder bekomme ich den Eindruck, dass Thunder meine Gedanken lesen kann,
denn er erhebt sich. Sein Blick wandert über meinen Körper und bleibt kurz bei
meiner entblößten Brust hängen. Für einen Bruchteil einer Sekunde habe ich
den Eindruck Verlangen in seinem Blick zu erkennen.
OH GOTT!
Er macht mir damit noch mehr Angst. Ein Zittern erfasst meinen Köper, ohne dass
ich etwas dagegen tun kann. Hilflos bin ich diesem Zittern ausgeliefert.
„Geht es Yugi, oder soll ich die Schwester rufen?“
Energisch schüttele ich den Kopf und kämpfe verbissen gegen das Zittern an.
Der Druck, der auf meinen zusammengebissenen Zähnen lastet, ist fast
unerträglich, doch er lenkt mich ab. Schließlich gelingt mir das Kunststück
und das Zittern hört auf. Keuchend liege ich da und umklammere fest meine
Bettdecke, um mich zu beruhigen. Ich zucke zusammen, als seine Hand wieder die
meine berührt, so vertraut.
„Ich geh jetzt und lasse dich alleine. Ich komme dann mal demnächst
wieder.“ Ein Lächeln huscht über seine Züge. Ich bleibe stumm, unfähig
eine Antwort zu formulieren, bekomme mit Mühe und Not ein zustimmendes Nicken
hin.
Das schwere Klacken seiner Absätze unterstreicht seinen Abgang nur. Erleichtert
seufze ich auf, bin aber so aufgewühlt wie noch nie zuvor.
Yami als Waffenbesitzer? Nein, dass kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Und doch gibt es Anhaltspunkte für Thunders „Beschuldigung“: Die
Bekanntschaft mit den Schlägertypen von damals, die Gang....
Unsicherheit und Verzweiflung befallen mich und treiben mir die Tränen in die
Augen.
Sein Gesicht taucht wieder vor meinem inneren Auge auf. Seine warmen Augen
strahlen mich so vertrauensvoll an, dass meine eingebildeten Zweifel schwinden.
Ich werde jetzt einfach auf ihn warten und ihn dann danach fragen. Warum mir
jetzt darum Gedanken machen? Er wird das alles aufklären, da bin ich mir
sicher.
Langsam schließe ich meine Augen und warte weiter auf Yami.
******Flashback End******
Kam mein Anfall von diesen Kopfschmerzen?
Fragen über Fragen. Aber ich habe es gestern einfach nicht fertig gebracht
meine Fragen zu stellen. Ich war so glücklich ihn zu sehen, mit meinen eigenen
Augen, nicht nur in Visionen.
Er sah aber angespannt aus, wie als ob ER Fragen erwartet hat.
„Guten Morgen, Herr Mutô“, tönt die schrille Stimme der Krankenschwerster
an mein Ohr. Ruckartig zieht sie mir die Bettdecke weg und überprüft alle
Schläuche und Anschlüsse. Die Nacht war aber allerdings nicht störend, die
sind alle geblieben, wo sie waren und hingehören.
„Haben Sie irgendwelche Beschwerden? Bauchschmerzen? Kopfschmerzen?
Übelkeit?“
Ich denke kurz nach, schüttele aber den Kopf. Ich spüre im Moment keine
Schmerzen. Aufmunternd lächelt sie mir zu und verlässt den Raum wieder. Mein
Blick geht zu der großen, weißen Zimmeruhr.
8:15 Uhr. Es ist für meine Verhältnisse ja extrem früh, doch trotzdem bin ich
weder müde noch pampig, wie sonst immer, wenn ich zu früh aufstehen muss. Ich
verbringe jede Minute schon wieder mit Warten, Warten auf IHN.
Mein Flehen scheint erhört worden zu sein, denn die Tür öffnet sich ein
weiteres Mal. Mist! Die Lage des Bettes ist so unpraktisch, man kann nicht
sofort erkennen, wer da im Türrahmen steht. Warum hat man mein Bett auch
verschoben??
Das könnte jeder sein, der Arzt, der für weitere Untersuchungen kommt
oder.....
Mir stockt leicht der Atem. Es ist weder ein Arzt noch sonst jemand es ist....
Yami!
Wie hypnotisiert starre ich ihn an. Er ist es doch tatsächlich.
And how can I stand here with you and not be moved by you
Would you tell me how could it be any better than this
Obwohl er abgekämpft aussieht, verquollene, blutunterlaufene Augen, seine Haare
sind noch zerzauster als sonst und er steckt noch immer in der Kleidung vom
Vortag. Sein Blick.....sein Blick wirkt gehetzt und zutiefst verstört. Was ist
da nur passiert?
Ihm scheint es auch zu verblüffen, dass ich wach bin. Anscheinend hat er
erwartet, ich würde noch schlafen. Hastig kommt er an mein Bett. Sein Mund
bewegt sich stumm, die Worte formend, doch seine Stimmbänder versagen ihm wohl
den Dienst.
„Guten Morgen, Yami. Wie geht es dir? Du siehst gar nicht gut aus.“
Plötzlich kraftlos geworden setzt er sich neben mich auf das Bett und tastet
blind nach meiner Hand. Tränen verschleiern seinen Blick.
„Ach Gott, Yugi! Wie es mir geht? Das ist doch überhaupt nicht wichtig, wie
geht es DIR?“
„Ganz ok, Yami. Es ist alles in Ordnung.“ Ich sehe es ihm an, er will es mir
noch nicht glauben, doch ein Teil seiner Anspannung fällt ab. Seine Schultern
sinken herunter.
Er beugt sich zu mir herunter und bettet seine Stirn sanft, ganz sanft auf
meiner. Die Verbindung ist nur hauchdünn und trotzdem fühle ich mich ihm so
nah. Seine Augen sind nur ein paar Zentimeter von meinen entfernt.
You calm the storms and you give me rest
You hold me in your hands you won't let me fall
You still my heart and you take my breath away
Would you take me in take me deeper now
Seine klaren, Amethystfarbenen Augen wirken auf mich wie große Ozeane, in denen
ich mich verlieren könnte, von denen ich mich nur schwer lösen kann. Seine
Augen ähneln den meinen so, doch mir stechen auch die Unterschiede klar ins
Auge, diese hellen Sprenkel, die mir fehlen, die seine Augen eine nie gekannte
Tiefe und Ausdruckskraft verleihen.
„Ich hatte Angst um dich, Yugi. Sehr große Angst.“ Seine Stimme zittert
heftig. Diese Aussage steht zwischen uns, kalt und nackt, wie die Wahrheit
selbst.
Meine Hand fühlt sich schwer an, mit Blei beschwert, doch sie findet ihren Weg
an Yamis Wange. Sie ist rau und die Haut ist so gespannt, aber ich könnte mir
im Moment nichts Schöneres vorstellen, als das hier.
„Danke Yami, ich weiß das und es tut mir leid.“ Mir bahnen sich schon
wieder quälende, heiße Tränen an, unaufhaltsam kullern sie über meine
Wangen. Mein Körper wird unter den heftigen Schluchzern regelrecht
durchgeschüttelt.
Yami hebt leicht seinen Kopf und lächelt mich warm an. „Nicht weinen,
Aibou“ Verdutzt blicke ich ihn an. Aibou? Partner? Wie kommt er darauf? Das
nächste, was ich spüre, sind seine weichen Lippen auf meiner Wange.
WAS??? Er küsst mir die Wange, aber warum? Nicht, dass ich es als unangenehm
empfinde, im Gegenteil, wenn die Berührung schon DORT sich wunderbar anfühlt,
wie fühlt sie sich dann erst......
YUGI! Spinn dich aus, was denkst du da nur? Auch ihm scheint das leicht peinlich
zu sein, nach der verhaltenen Röte auf seinen Wangen zu schließen.
„Wusstest du, dass du mir sehr, sehr geholfen hast?“, platze ich heraus,
verzweifelt auf der Suche nach einem unverfänglichen Thema.
You are the strength that keeps me walking
You are the hope that keeps me trusting
You are the life to my soul
You are my purpose you are everything
„Nein, wobei denn?“ „Du bist für mich da gewesen, als ich im Koma lag, du
hast mit mir geredet und mich beschworen nicht zu gehen, bei...dir zu
bleiben.“ Meine Stimme wird immer leiser hin zum Schluss.
Seine Augen weiten sich etwas. „Wirklich, du hast mich gehört?“
„Natürlich und das hat mich bestärkt wieder zurück zu kehren.“
Ein erleichtertes Seufzen entfleucht seinen Lippen. „Wenigstens eine Sache,
die ich richtig gemacht habe. ES gibt aber auch Dinge, auf die ich nicht so
stolz bin.“ Seine Augen werden dunkel und verschlossen.
Ich weiß nicht genau, wie ich ihm helfen soll diese Last abzuwerfen. Dass was
er mir erzählen will oder sogar MUSS belastet ihn anscheinend.
„Yami“, sage ich nur und nehme sanft seine Hand als Zeichen meiner
Unterstützung.
„Yugi, ich erzähle dir alles, was du wissen willst, aber ich warne dich
gleich vor, es ist keine schöne Geschichte und sie präsentiert eine Seite von
mir, auf die ich nicht stolz bin, die ich am liebsten vergessen würde.“
„Ich will die WAHRHEIT hören, Yami.“ Ich betone das Wort „Wahrheit“
extrem laut, damit er keinen Zweifel an meinem Entschluss aufkommen lassen
kann.
„Gut. Ich glaube ich fange am Anfang an. Meine Mutter.....starb.....als ich
noch ganz klein war. Sei starb an einer unheilbaren Krankheit, hier, in diesem
Krankenhaus.“ Seine Stimme setzt kurz aus.
„Mein Vater“, fährt er fort, nachdem er sich gesammelt hat, „hing sehr an
meiner Mutter. Er hat sie mehr geliebt als alles andere, aber Liebe KANN keine
Wunder vollbringen.“
Dieser emotionslose, verbitterte Satz jagt mir eine Gänsehaut ein. Er spiegelt
seine Einstellung zu der Liebe wieder. Doch wie kann man nur eine solche
überhaupt haben? Ich glaube, ich muss mich bei Yami revanchieren und ihm
zeigen, was LIEBE wirklich bedeutet, genauso, wie er mir meine Fröhlichkeit
wieder gegeben hat.
„Er konnte dann hier nicht mehr leben, hatte hier keinen Antrieb mehr. Er
verlor seinen Job und wir mussten umziehen, damit mein Vater sich woanders einen
Job suchen konnte. Die Suche blieb erfolglos, er blieb arbeitslos. Aus Frust
fing er zu trinken an, versoff all unser Erspartes und brachte uns an den
Bettelstab. Mein Vater war früher die Sanftmut in Person, doch der Alkohol hat
ihn verwandelt, wie jeden Alkoholiker. Er wurde aggressiv und schlug mich oft.
Ich konnte die blauen Flecke schon gar nicht mehr zählen, die er mir beschert
hat. Irgendwann, ich glaube ich war 14, reichte es mir und ich haute ab, auf die
Straße. Du kannst dir nicht vorstellen, wie folgenschwer dieser Entschluss für
mich war. Gut wir lebten damals in einer Bruchbude, die man nur schwer als
Wohnung bezeichnen konnte, doch keine Vergleich zur Straße. Dort musst du ums
überleben kämpfen, hast keine Freunde nur Feinde.
Du musst sogar die Sachen verteidigen, die du am Leib hast. Ich war damals nicht
hart genug für die Straße und musste hungern, keiner hat mir geholfen. Nach 2
Wochen war ich so ausgehungert und hoffnungslos, dass ich mich einfach hinlegte
und mich meinem Schicksal überließ. Ich sah keinen anderen Weg mehr, das Leben
hatte keinen Sinn mehr für mich. Keine Menschen, die sich um mich sorgten,
keine Zuneigung. Sterben war für mich damals einfach ein neuer Sinn, eine
Aufgabe für mich. Die Bewusstlosigkeit, die mich dann überfiel, war ein
willkommenes Geschenk, denn ich wollte zwar sterben, hatte aber viel zu große
Angst davor. Ich wollte es nicht bewusst mitkriegen. Am nächsten Morgen wachte
ich aber in einer fremden Wohnung auf. Es ist komisch, mit dem Leben
abgeschlossen zu haben und dann doch wieder hineingerissen zu werden.“
Wie Recht du hast! Doch ich spreche diesen Gedanken nicht laut aus, will ihn
nicht unterbrechen.
„Ich war zutiefst verwirrt, ich wusste nicht wo ich war. Bis auf einmal ein
Mann eintrat und mir erklärte, er habe mich bewusstlos auf der Straße
aufgelesen und mich mitgenommen. Der Mann war.....Thunder. Damit begann alles.
Thunder nahm mich bei sich auf, gab mir ein Dach über dem Kopf und Nahrung. Er
„erzog“ mich, behandelte mich wie seinen kleinen Bruder. Aber sagen wir es
so, diese sogenannte „Erziehung“ trug nicht gerade dazu bei, dass ich mich
zu einem normalen Teenager entwickelte, wie andere Jugendliche meines Alters.
Ich wurde mit dem „Untergrund“ vertraut, der Drogenszene. Ich nahm zwar nie
selber welche, aber das hieß nicht, dass ich damit nicht handelte. Thunder
bildete mich schnell zum Drogenhändler aus, nahm mich auf jeden erdenklichen
Deal mit, egal wie wichtig er war. Das hätte für ihn schnell zum Risiko werden
könne, ich hätte Deals platzen lassen können, doch es geschah nie etwas. Ich
lernte die Welt aus einem anderen Blickwinkel kennen. Lernte wie man die
Bedürfnisse der Menschen gebrauchen konnte, um sie gefügig zu machen. Ich
wurde kalt, hart und unnahbar, hatte niemand anderen mehr im Sinn als ich, meine
ganzen Handlungen reichten zu meinem Vorteil. Ein soziales Leben, ein
Miteinander, kannte ich nicht, hatte ich nie kennen gelernt.
Mir gefiel mein Leben, wenn einem das auch nur gefallen könnte, aber ich hatte
nichts dagegen einzuwenden. Bis zu jenem Tag......“
Er ist aufgestanden und zum Fenster gegangen. Seine Hände liegen geballt auf
dem Fensterbrett. Ich kann nur seinen Nacken sehen, sein Kopf liegt auf seiner
Brust.
„Ich leitete einen großen Deal. Koks, LSD und eine neu entwickelte Droge,
Waren im Wert von über 50 000 000 $. Doch es lief etwas schief. Unser
Vertragspartner richtete seine Waffe auf mich und verweigerte mir die Waren,
weil er glaubte, wir würde ihm Blüten unterjubeln wollen. Ich weiß nicht
warum ich es getan habe, aber ich habe Hiros Waffe genommen und ihn
erschossen.“
Das..... Ich bin unfähig klar zu denken, unfähig auch nur zu reagieren. Mit
allem hatte ich gerechnet, doch nicht mit DEM HIER, mit solch einem Geständnis.
„Ich stand wie versteinert da und starrte auf die Waffe in meinen Händen. Die
Anderen reagierten blitzschnell, sie griffen sich die Ware und verschwanden. Ich
rannte ihnen hinter her, rannte bis ich nicht mehr konnte. Thunder war extrem
zufrieden mit mir, nicht nur dass er sich so viel Geld gespart hatte, nein er
befand mich nun auch endlich für ein vollwertiges Bandenmitglied, seine
„Erziehung“ hat seiner Meinung nach gefruchtet. Er erhob mich zur Nummer 2
der Gang und man gab mir meinen Bandnamen, als Zeichen meines Status.
„Cold“! Weil ich so kaltblutig reagiert hatte. Ich bat Thunder danach um
eine Ruhepause, etwas Zeit für mich. Ich musste nachdenken, musste das alles
erst einmal verarbeiten. Ich kam damit nicht klar, es hatte meine Überzeugungen
erschüttert. Ich hatte erkannt, wie kurz das leben ist und ich will es nicht
DAMIT verbringen. Mir wurde klar, was die Mitgliedschaft bedeutete. Und als ich
hier herzog wurde ich mit vielen Drogenabhängigen, die in meinem Viertel lebten
konfrontiert. Ich sah, was die Drogen mit Menschen anstellten, wie sie sie
zerstörten. Ab da stand mein Entschluss fest, mit dem Ganzen aufzuhören. Doch
Thunder fand mich schneller als erwartet.
Er kam letztens in den Club um mir mitzuteilen, wie mein nächster Auftrag
aussehen sollte. Ich lehnte ab und teilte ihm auch meine Absicht mit
auszusteigen. Er wollte aber nicht, wurde sogar so zornig, dass er SEINE Waffe
auf mich richtete und dachte er könnte mich zwingen meine Entscheidung
rückgängig zu machen. Den Rest kennst du ja, Yugi.“
Er dreht sich zu mir um. Ich sehe Tränen, die seine Wangen hinunter laufen.
Reue und Verzweiflung kämpfen in ihm.
„Yugi, ich wollte das alles nicht. Ich wollte nie einen
Menschen.......umbringen.“ Er hadert mit dem Wort.
„Es war ein Kurzschluss, ich konnte nicht klar denken. Yugi, glaube mir, das
ist nicht mein Charakter. Ich kann keinem Menschen weh tun.“
„Glaube mir, Yugi.“ Sein Tonfall ist beschwörend.
Ich weiß gar nichts mehr, kann keine Entscheidung treffen. Ich jetzt zutiefst
verwirrt und das Einzige was ich sehe, sind seine Augen, die mich um Vergebung
und Verständnis anflehen. Können diese Augen lügen? Kann ich ihm glauben?
****Yami******
Gespannt blicke ich Yugi an. Warte auf eine Reaktion seinerseits. Doch er hatte
einfach nur seine Augen geschlossen. Was er wohl jetzt von mir denken mag?
Ich hatte ihm alles geschildert, hatte ihm mein krankes Leben offenbart. Für
mich war diese ein riesiger Schritt. Bisher hatte ich das niemanden erzählt,
der einzige, der dies alles auch wusste war Thunder. Aber aus anderen Gründen.
Langsam öffnet Yugi seine Augen. Das klare Violett seiner Augen schlägt mich
total in seinen Bann. Mein Gott wie konnte ich mir auch nur anmaßen Yugi mit
meinen Problemen zu belasten. Wie konnte ich nicht?
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich ihm gerade noch etwas mehr von seiner
noch kaum verbliebenen Kindheit genommen habe.
Yugi musste auch schnell erwachsen werden. Von Joey wusste ich wie Yugi früher
war. Ein kleiner, unbekümmerter Teenager, dem das Wohl der anderer mehr am
Herzen lag, als sein eigenes. Gut die letzte Eigenschaft hatte er behalten, aber
das andere....
Yugi musste auf einen Schlag allein klarkommen. Die harte Realität war am
Anfang zu viel für ihn. Joey hatte mir außerdem erzählt, dass ich Yugi etwas
verändert hätte. Zum Positiven.
Und ich Volltrottel musste das nun wieder kaputt machen.
Schweigend stehe ich da und blicke weiterhin in seine Augen.
Mir ist es so verdammt wichtig, dass er mir glaubt, mir vertraut. Er MUSSTE
einfach die Wahrheit wissen, keine Halbwahrheit, keine Lügen.
„Yami“, höre ich ihn leise murmeln. „Yami, kannst du mich etwas allein
lassen, ich muss nachdenken. Nimm es mir nicht krumm, aber du hast mir ja doch
einen wirklichen Brocken vor die Füße geworfen. Ich muss das erst
verarbeiten.“
Ich brauche all meine Selbstbeherrschung um nicht irgendetwas von meinem Schmerz
zu zeigen. Yugis Antwort ist wie ein Messerstich in mein Herz.
„Klar, Yugi. Ich komme dann heut Abend noch einmal“, entgegne ich mit einem,
wie ich hoffe, unbekümmerten Ton.
Er lächelt sanft. „Ich freue mich darauf.“
Fluchtartig drehe ich mich um und verlasse das Zimmer.
Nur raus, weg von ihm.
Ich kann nicht mehr, die einzige Person, von der ich mir Verständnis wünsche
und sie gibt sie mir nicht.
Während ich im Aufzug stehe blitzt wieder Yugis Lächeln vor mir auf und sein
letzter Satz. “Ich freue mich darauf.“
Hat er das nur gesagt, um höflich zu sein, oder weil er es ernst meint?
Die Hände tief in meinen Jackentaschen vergraben, stapfe ich aus dem
Krankenhaus.
Meine Gedanken kreisen weiter unablässig um Yugi.
Ich brauche dich.
Cause you´re all that I want
You´re all that I need
You´re everything, everything
You´re all that I want
You´re all that I need
You´re everything, everything
You´re all that I want
You´re all that I need
You´re everything, everything
You´re all that I want
You´re all that I need
You´re everything, everything
Gerade von dir hatte ich mir eine andere Reaktion erwartet. Du, der du schon
immer das Wohl anderer über dein eigenes gestellt hattest.
Meine Güte, wie vermessen von mir. DESWEGEN liegt Yugi überhaupt im
Krankenhaus, weil er mein Wohl über seins gestellt hat.
Aber warum kann er mir in dieser Situation nicht helfen? Mir ist es schwer
gefallen, alles noch ein Mal zu durchleben. Diese Hilflosigkeit, dieser Schmerz.
Wie gern hätte ich jetzt Zuspruch erfahren wollen, wie gern einfach die
Absolution. Dieser „Mord“ den ich begangen hatte, noch immer lässt mich
dieser Schrei nicht los, ein Schrei im Angesicht des Todes.
Schaudernd schließe ich die Augen.
Ich bin im Park. Keine Ahnung wie ich hierher gekommen bin. Schwerfällig lasse
ich mich auf einer Bank nieder und stütze meinen Kopf auf meinen Händen ab.
Wie kann ich Yugi nur je wieder unter die Augen treten?
Er wird mich jetzt wohl nicht mehr sehen wollen, es sei denn aus Höflichkeit.
Und das WILL ich nicht.
Ich will dass Yugi meine Gegenwart genießt wie ich seine genieße. Ich genieße
jede Sekunde in der Gegenwart dieses Jungen.
Seine Offenheit, die er nach und nach zurück gewonnen hat, diese Fähigkeit
auch Offenheit in anderen Menschen zu wecken, warum sonst habe ich es ihm denn
erzählt?
Aber auch seine Unschuld. Seine empathischen Fähigkeiten. Bei Yugi habe ich
immer das Gefühl, er versteht mich, bis auf jetzt....
Das verwirrt mich am meisten.
Kann ich ihm es denn verdenken?
Wie würde ich mich fühlen, wenn er mir so etwas präsentiert? Wahrscheinlich
genauso. Ich bräuchte etwas Zeit.
Endlich verstehe ich auch ihn, ich bin zu voreilig, zu versessen.
Ich verlange von Yugi Vertrauen, aber selbst scheine ich gerade mein komplettes
Vertrauen in Yugi zu verlieren. Ich glaube jetzt an ihn.
Er bedeutet mir zuviel, als das ich jetzt durch meine eigene Dummheit und
Ungeduld mein Verhältnis zu meinem kleinen „Aibou“ kaputt machen könnte.
Ja, Aibou. Mein kleiner Aibou.
Ich hieve mich auf und mache mich richtig heimwärts auf. Schließlich will ich
nicht noch einmal so vor Yugi treten. Ich muss schrecklich aussehen. Zu meiner
Verteidigung muss ich aber sagen, dass Aibou nicht ganz unschuldig an meinem
Aussehen ist. Schließlich habe ich wegen ihm die letzen beiden Tage nicht
richtig geschlafen.
Energisch trete ich auf. Ich sollte mich beeilen, nicht schon wieder meine Zeit
vertrödeln.
10 Minuten später steh ich vor dem Gebäudekomplex, in dem ich wohne.
Ich schließe die Haupttür auf und gehe die Stufen in den dritten Stock hinauf.
Ich drehe mich nach links und starre kurz meine Haustür an.
An ihr ist ein Zettel gepinnt. Wer mag das wohl gewesen sein? Der Paketdienst?
Aber halt, ich habe doch gar nichts bestellt.
Neugierig trete ich näher und lese ihn. Beim Lesen sickert alle neu gewonnene
Zuversicht, dich ich mir gerade mühevoll angeeignet habe aus mir heraus und
hinterlässt nur wieder Zweifel und Angst.
Ich erkenne Thunders Handschrift.
Es ist NOCH nicht vorbei, Cold. Pass auf dich auf, ist nur ein gutgemeinter
Ratschlag, pass auf alles auf, dass dir wichtig ist.
Verdammt genau das was ich befürchtet habe. Die Jagd hatte begonnen. Doch was
meint er mit „alles, was dir wichtig ist“?
****Thunder POV****
„Hiro, sag Hatsuno und Takemi, sie sollen zu mir kommen.“ Ich ließ mich
schwer in meinen bequemen Ledersessel fallen. Den schweren Mantel über meinem
Arm lasse ich einfach fallen.
„Boss, Sie sind wieder da!“ Diesen schleimigen Tonfall würde ich überall
erkennen.
„Natürlich, Shino. Wäre ich sonst hier?“, entgegne ich schroff und würde
ihn am liebsten meine Faust ins Gesicht rammen. Diese kleine Aas, überall
taucht er auf und belagert mich mit unsinnigen Scheiß. Ich frage mich schon
immer, warum ich ihn nicht einfach ruhig stelle. Ich zucke mit den Schultern,
wahrscheinlich ist mir die Kugel zu schade.
Schwere Schritte hallen von dem Marmorboden wieder. Kalt lächelnd schaue ich
nach oben in die Gesichter meiner beiden „Vertuschungsspezialisten“.
„Und, Jungs, ist alles glatt gelaufen?“
„Boss, für was halten Sie uns? Natürlich ist alles glatt gelaufen.“ Takemi
erwidert mein Grinsen verschlagen.
„Boss, die Polizei hat sich kein bisschen verändert. Die haben sogar noch die
gleichen Wachen für die Asservatenkammer. Aber erzählen sie uns doch, wie Sie
so schnell frei kommen konnten?“, fügt Hatsuno noch an.
„Tja, Hatsuno, mit Geld kann man extrem viel machen, doch noch besser als Geld
wirkt manchmal einfach die Täuschung. Sie haben mir Colds Anschuldigungen und
Aussage vorgetragen und ich habe sie logischerweise abgelehnt. Der Haftbefehl
gegen mich kam ja erst durch die bei mir gefundene Waffe zustande. Ich hoffe ihr
habt den Schuldigen gefunden, der sie nicht entsorgt hat?“ Stirnrunzelnd hebe
ich eine Augenbraue.
„Alles erledigt, Boss.“ Ich nicke zufrieden.
„Gut. Danach habe ich verlangt, die Waffe zu sehen um sie identifizieren zu
können und mich gegebenenfalls zu verteidigen und diesen Volltrotteln ist dann
aufgefallen, dass ihnen ihr Hauptbeweis abhanden gekommen ist. Sie mussten mich
gehen lassen. Und jetzt werde ich all meine Energie auf meine Rache an Cold
verwenden, für Verräter habe ich absolut nichts übrig.“ Beide lachen laut
auf, als ich ihnen das offenbare. „Boss, was haben Sie denn vor?“
„Einen Anfang habe ich schon gemacht! Ich habe den kleinen Yugi besucht und
ihm meine Version der Geschichte präsentiert, die gleiche wie ich sie bei der
Polizei zu Protokoll gegeben habe.“
Mir schießt wieder das Bild von dem kleinen Yugi in Gedanken. Er sah so
zerbrechlich aus, so zart. Eine Haut wie Elfenbein und so klare, feine
Gesichtszüge. Wie gern würde ich diese Züge anders sehen, von Schmerz und
erfüllt und gedemütigt.
Plötzlich kommt mir die perfekte Rache für Cold in den Sinn. Cold scheint ja
ziemlich an dem Kleinen zu hängen. Also kann ich das Nützliche mit dem
Angenehmen verbinden. Ich möchte zu gern wissen, wie Yugi ist. Er sieht Yami
zum Verwechseln ähnlich, mal sehen ob das auf alle Bereiche zutrifft.
Mein Lachen wird von den Wänden wiedergeworfen. Cold würde lernen, dass es
nicht gut war, sich mit MIR anzulegen.
***Yugis Pov****
Er ist gegangen und alles was mir bleibt sind seine Worte. Sie berühren mein
Herz, das fast hysterisch gegen meine Rippen kloppt, als würde es aus seinem
Rippengerüst ausbrechen wollen und zu Yami rennen.
Aibou? Warum hat er mich so genannt? Was bedeutet das nur alles und was ist das
nur für eine Vergangenheit?
So etwas kenne ich nur aus Filmen. Habe nie gedacht, dass das auch wirklich in
einem realen Leben passieren kann. Und Yami ist so liebenswürdig, man sieht ihm
diese finstere Erinnerung kaum mehr an. Ich hätte es nie bemerkt, wenn nicht
alles zum anderen gekommen wäre.
Aber kann ich damit leben? Mit dem Wissen? Er hat jemanden kaltblütig
umgebracht? Das Leben hat er einfach so genommen von einem fremden Menschen –
der vermutlich auch Yami umgebracht hätte, wenn Yami nicht…
Oh Gott….ich hätte Yami nie kennen gelernt, wenn er…
Immer wieder schüttle ich mich und will meine Eingebungen unterdrücken, die
scharfen, konturlosen Bilder die ich heraufbeschwöre, seit Yami gegangen ist.
Ich muss zittern bei dem Gedanken, dass er eine Waffe in den Händen gehalten
hat. Seine Finger die eine Waffe gehalten haben…die einfach abgedrückt haben.
Ich weiß nicht wie ich mich nun verhalten soll. Das alles ist zuviel, einfach
zuviel für mich. Mit so etwas rechnet man doch nicht und nun wo er mir die
Wahrheit gebeichtet hat, liegt alles noch schlimmer auf meiner Seele.
Denn ich kann es nicht nachvollziehen…wie konnte er nur?
Ich habe verstanden, was er mir gesagt hat, seine Erklärungen und dass er es
nicht gewollt hat, dass es aber keinen anderen Ausweg gegeben hat. Ich bin zum
anderen froh, DASS ihm nichts passiert ist. Wie kann ich so denken? Ich bin
froh, dass er lebt und ein anderer aus dem Grund umgekommen ist? Wie kann ich so
leichtfertig sein? So unbesonnen?
Liegt das an Yami? Er bedeutet mir sehr viel, aber ob ich ihm verzeihen kann?
Kann ich es wirklich?
Ich habe seinen Blick in Erinnerung…diesen flehenden Blick. Die Augen so
voller Reue. Er tut mir leid, er tut mir so leid! Er musste damit all die Jahre
leben, mit einer Kindheit, die ich mir nicht mal vorstellen möchte. Es muss
schlimm gewesen sein. Schlimm ist vielleicht gar nicht der richtige Ausdruck
dafür, doch ich kann nicht anders…egal was er getan hat, er bereut es. Kann
ich so jemanden böse sein, könnte ich ihn deshalb einfach so links liegen
lassen? Das ist doch nicht meine Art. Er würde so was nie wieder tun, er hat
sich geändert.
Er hat doch selbst gesagt, dass es eine Kurzschlussreaktion gewesen ist. Er
konnte eben nicht anders! Ich hätte an seiner Seite sicherlich auch so
gehandelt? Moment! Will ich mir das nur schön reden? Den Mord hat er nun mal
begangen, auch wenn es schon sehr lange her ist. Er hat doch jemanden getötet,
wiederhole ich mich beängstigend.
Argh! Das ist nicht zum Aushalten, wie kann ich mich nun ihm gegenüber nur
verhalten? Ich habe ihm gesagt, ich müsste darüber nachdenken…aber ich komme
zu keinem klaren Ergebnis. Ich will ihn ja auch nicht verlieren. Das würde
nicht funktionieren. Er ist mir doch so wichtig…
Ach Yami. Wieso nur? Wieso hast du ihn nur erschossen? An deinen Händen klebt
das Blut eines anderen…und doch kann ich dir nicht böse sein. Ich kann es
einfach nicht. Ich kann keine Wut zeigen, ich kann dich nicht mehr aus meiner
Seele verdrängen, du nimmst einen viel zu großen Platz darin ein.
Es wäre nicht fair, dich deshalb zu meiden, nur wegen…diesem…
Ich merke wie mir eine Gänsehaut über den Arm kriecht. Ich falle tiefer in das
weiche Kissen hinein und höre meinem Herzschlag zu, der ganz normal im Takt
hüpft. Ich starre zur Decke. Meine Gedanken sind noch immer wirr und rasen quer
durch meinen Kopf.
Doch wir haben uns gefunden, Yami. Und ich will dich nie wieder verlieren. Ich
muss einfach damit umgehen…ich muss es einfach, weil ich dich nun kenne! Du
bist anders geworden, du würdest doch heute niemanden mehr wehtun können.
Deine Seele hat sich verändert, du bist nicht mehr dem Namen „Cold“
würdig. Nein…du bist mein Yami. Nur Yami! Du bist nicht mehr kalt, du bist
warm…warm und hast viel Liebe in dir. Es tut dir alles leid, das weiß ich.
Das habe ich in deinen Augen gesehen. Ja ich kann dir vergeben für diese Tat.
Meine Hand fährt zittrig über meinen Oberkörper, spüre die Elektroden auf
meiner Brust, doch ich spüre auch unter meiner Handfläche mein Herz…ich
erhöhe meinen Handdruck und muss lächeln. Ja Yami….ich glaube ich kann damit
umgehen. Denn ich habe dich gefunden, mein Leben hat doch erst begonnen, seit
ich dich kenne. Und was immer du getan hast, das bist du nun nicht mehr.
Ich habe dich endlich gefunden, Yami und nur wegen dieser Kurzschlussreaktion
lasse ich dich nicht fallen!!! Niemals…
Und doch entkommen meinen Augen Tränen…ich weiß nicht was sie zu bedeuten
haben. Bin ich froh dass ich so entschieden habe oder bedeuten diese Tränen
etwa…?
[to be continued]
*****
Anmerkung von dem Honeyteam ^__^ : Big Sorry, dass das neue Kap solange auf sich
hat Warten lassen. Wir hoffen trotzdem, dass ihr uns erhalten bleibt. Wir freuen
uns auf eure Kommis.
Besondere Widmung: Phoebe_chan *danke für deine Pics *dich knuddelz*
Bis zum nächsten Teil
Eingefügter Songtext: Lifehouse - Everything.
Kapitel 16: ~Than you look at me and I always see what I’ve been searching for…~
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Reue? Reue, dass ich mich so entschieden habe? Ihn nicht hassen kann? Doch
wofür hassen? Damals wussten wir noch nicht einmal von der Existenz des
Anderen. Und doch.......ist es als hätte ich nur auf dich gewartet. Als hätte
mich meine Leben auf genau DIESEN Menschen vorbereitet.
Verdammt ich bin doch kein Kind mehr. Ich arbeite in dem zwielichtigsten Club
der Stadt und mache mir noch groß Gedanken über einen Menschen.......
Ich stoppe erschreckt. Was IST nur aus mir geworden?
Bin ich schon ...... nein das kann nicht sein, ich bin garantiert nicht
kaltblütig. Im Gegenteil, seit fast 2 Stunden liege ich hier und mache mir
Gedanken, ob ich Yami noch einmal unter die Augen treten kann, oder er mir.
Aber ich habe mich nun dafür entschieden und es gibt kein Zurück mehr. Aber
ich muss ihm helfen. Das steht für mich fest. Ich muss ihm helfen, sich
endgültig von Thunder zu lösen.
Irgendwie ein komisches Gefühl. Vor 3 Tagen war ich es noch selber, der am
dringendsten Hilfe benötigt hatte und jetzt.....jetzt mache ich mir über einen
Anderen Gedanken. Aber durch diese Gedanken habe ich endlich, nach soooo langer
Zeit wieder das Gefühl mein Leben in der Hand zu haben, mich nicht von meinem
Leben unterkriegen zu lassen.
Das war es doch was Großvater zu mir gesagt hatte „Er braucht dich jetzt.“
Wie recht er mal wieder hatte, doch wann hatte mein Großvater auch nicht recht?
Traurig lächelnd denke ich noch mal ohne die sonstige Verbitterung über meinen
Großvater nach. Ja er fehlt mir, doch das Leben MUSS weitergehen. Joey hat das
immer zu mir gesagt. Siedend heiß fällt mir ein, dass ich ihn noch anrufen
muss. Ich drehe mich leicht auf die Seite und angele nach dem Telefonhörer.
Schnell wähle ich Joeys Nummer. Nach dem 5. Klingeln ist noch immer kein
Lebenszeichen am anderen Ende zu hören, doch aus Gewohnheit lasse ich es weiter
klingeln. Manchmal hört Joey das Telefon einfach nicht.
„Wheeler“, meldet er sich atemlos. „Hast du mal wieder das Klingeln
überhört?“, sage ich verschmitzt. Joey stöhnt gespielt. „Mann Alter musst
du mich auch immer so hetzen?“ „Klar, Mann, sonst wirst du noch fett, wenn
du dich so wenig bewegst“, ziehe ich ihn weiter auf. „Hey, ich bin nicht
fett.“ „Ja, aber nur weil ich mich so „rührend“ um dich kümmere,
verstanden?“
Joey lacht auf. „Klar Alter, bin dir auch echt dankbar dafür. Mit dir kann
einem einfach nicht langweilig werden. Jetzt mal Spaß beiseite. Wie geht es
dir?“ Ich kann echte Besorgnis aus seiner Stimme hören. „Mir geht es
besser, viel besser Joey. Der Arzt sagt, dass sie mich wahrscheinlich am Ende
der Woche entlassen. Aber klar immer unter der Bedingung, dass ich einmal die
Woche hier zum Check-up komme. Sie müssen mich aus Platzmangel entlassen, hat
er gesagt. Doch was meckere ich, dass ist genau das was ich will.“ Ich muss
grinsen. „Das freut mich.“ „Joey......“ Ich stocke kurz. Das was ich
sagen muss, ist so schwer zu formulieren. „Joey, ich danke dir. Ich danke dir
für ALLES. Du hast immer an meiner Seite gestanden, egal was ich verbrochen
hatte, egal was ich verbockt habe. Wie ein Fels in der Brandung. Und ich danke
dir dafür.“ Ich hoffe, dass sich meine Stimme nicht so weinerlich anhört,
wie sie sich für mich anhört. Am liebsten wünschte ich, ich hätte ihm das
ins Gesicht gesagt, doch dann hätte ich wahrscheinlich den Mut dafür nicht
aufgebracht. SO stark bin ich nun auch nicht.
„Yugi, hör mal, das ist doch keine Ursache. Ich bin dein Freund und ich stehe
hinter dir, egal was du machst. Du brauchst nur um einen Gefallen bitten und
wenn es sich machen lässt erfülle ich ihn dir.“ Joey hört sich aber auch
extrem gerührt an in meinen Ohren. „Danke Joey, ich weiß das zu schätzen.
Ich muss Schluss machen, ein Arzt kommt grad zur Visite.“ „Klar Alter, melde
dich wieder, klar?“ „Geht klar.“ Lächelnd lege ich auf und lasse nun
diese bescheuerte Visite über mich ergehen.
Gelassen und entspannt liege ich in meinen Kissen und warte. Meine Güte, wann
höre ich wohl mal dieses „Auf-.Yami-Warten“ auf? Wahrscheinlich nie so wie
ich mich kenne.
Jedoch weiß ich sicher wann er kommt. In 5 Minuten wollte er hier sein.
Wieder und wieder kreisen meine Gedanken um Yami. Mein Gott, gibt es diese
Zweifel serienmäßig?
Aber ich frage mich wirklich, ob dieser Entschluss nicht aus anderen Gründen
entsprungen ist.
Um der Etikette zu entgehen. Ich weiß es nicht. Im Grunde.......ist mir sowieso
alles egal. Mit der Zeit bin ich unempfindlich für die Worte anderer Leute
geworden. Die Beschimpfungen, Hänseleien, Tuscheleien....mir sind sie einerlei.
Die einzigen Menschen, deren Meinung mir wirklich wichtig sind, sind Joey....und
Yami. Mir fällt es nicht schwer mir das einzugestehen, jedoch ist es
unerwartet. Ich kenne Yami erst seit 2 oder 3 Wochen und trotzdem hat er schon
einen festen Platz in meinem Herzen.
Verdammt, wann ölen die endlich diese vermaledeite Türe? Schon zum bestimmt
hundertsten Male reißt sie mich aus meinen Gedankengängen und wieder ist es
eine Schwester, dir mir wieder so ein bescheuertes Medikament unterzujubeln
versucht. Ich lächle sie brav an und schlucke das Eckelteil. Was bleibt mir
denn auch anderes übrig? Sie wuselt noch kurz in meinem Zimmer umher und
werkelt hier und da noch etwas doch dann richtet sie sich endlich auf und
verabschiedet sich mit den Worten, dass in einer halben Stunde der Stationsarzt
nach mir sehen wird. Grummelnd danke ich ihr.
„Huch, verzeihen Sie, ich habe sie zu spät gesehen!“ Diese Stimme-? Schnell
wende ich meinem Kopf zur Türe und sehe gerade, wie die Krankenschwester sich
leicht verbeugt und einen Entschuldigungsschwall auf meinen Besucher
niederprasseln lässt. Da steht doch wahrhaftig Yami in der Tür, verbeugt sich
seinerseits und tut die Entschuldigungen mit einem Handstreich ab. Mein Herz
hämmert freudig in meinem Brustkorb und meine Atmung beschleunigt sich etwas.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen.
Vorsichtig und darauf bedacht der Türe keine Geräusche zu entlocken, schließt
Yami die Türe und kommt zu mir. Unschlüssig bleibt er vor dem Bett stehen.
„Hey“, bringe ich schüchtern heraus und könnte mich dafür ohrfeigen.
Immer wieder lästere ich, dass die Leute in den diversen Dailysoaps und
Fernsehserien, immer wenn sie verlegen sind, ein gehauchtes „Hey“
herausbringen, und jetzt.....mach ich es selber nicht besser.
„Hey. Wie geht es dir?“ Mit einem Ruck zieht er einen der Plastikstühle ans
Bett und setzt sich. Ich hatte zwar erwartet, dass er sich zu mir ans Bett
setzt, aber gut von mir aus, so geht’s auch.
„Ach passt schon. Ich komme Ende der Woche eh hier raus. Das Krankenhaus ist
überfüllt und sie entlassen, die weniger akuten Fälle.“
„Aber du BIST doch akut. Himmel, die haben dir vor 4 Tagen eine Kugel
entfernt.“ Die Entrüstung spricht aus seiner Stimme und seine Augenbrauen
sind in die Höhe gezogen.
Versöhnend lächle ich ihn an. „Stimmt, aber das heißt nicht, ich wäre
deswegen akut. Ich bin außer Lebensgefahr und mir geht’s soweit wirklich gut.
Außerdem hasse ich Krankenhäuser sowieso und wenn ich ehrlich bin, wenn ich
aus der Reichweite dieser Schwestern komme, dann würde ich sogar noch mehr
anstellen, als nur das.“ Das entlockt ihm auch ein scheues Lächeln.
Was ist denn hier kaputt? Sonst ist er doch auch immer so extrovertiert und hat
ständig nen lockeren Spruch auf den Lippen. Die Erkenntnis schlägt auf mich
ein, wie ein Donnerschlag.
Ihm ist die ganze Sache peinlich. Er ist unsicher, wie ich zu ihm stehe, nach
den Offenbarungen, die er mir heute hat zuteil werden lassen. Tja nun ist es an
mir, ihm vom Gegenteil zu überzeugen.
„Yami, wegen der Sache heut Vormittag...“ „Ich weiß“, unterbricht er
mich schnell. „Ich kann es verstehen, wenn du sagst, du willst nichts mehr mit
mir zu tun haben. Schließlich hab ich die in diese Lage gebracht, mit mir hast
du nur Ärger.“
„Das war eigentlich nicht genau das, was ich sagen wollte.“ Verdutzt sieht
er mich an. „Nicht?“
„Nein, Yami. Das wollte ich NICHT sagen. Ich wollte eher sagen, dass ich dir
vertraue.“
Ich muss fast lachen, seine Augen weiten sich immer mehr. „Yami, versteh mich.
Du HAST zwar schon einen Menschen umgebracht, sei es willentlich oder nicht,
aber Yami, das bist doch nicht mehr DU. Du hast dich verändert. Du hast dich um
einen verkappten Teenager gekümmert, der verbittert und kratzbürstig war. Du
hast diesem Teenager wieder gezeigt, dass das Leben auch seine schönen Seiten
hat. Und dafür bin ich dir dankbar.“
„Ja und ich habe diesen Teenager ins Krankenhaus gebracht.“, murmelt er
verbittert.
„Verdammt Yami, willst du wohl aufhören? Das hatten wir doch schon. Es ist
okay, es ist ja nichts großes passiert, außer dass man mir wieder bestätigt
hat, WARUM ich Krankenhäuser so hasse. Yami, es war auch nicht deine Schuld, du
hast mir ja schließlich nicht gezwungen in diese Kugel zu springen. Das war
alles mein Wille und für den kannst du weiß Gott nichts.“
„Aber...“ „Es gibt kein Aber und es gibt auch keine Wenns. Ich vertraue
dir. Du hast dich verändert und allein das reicht mir dazu. Ich muss nicht
wissen, was noch alles passiert ist, was du mir noch verschweigst. Ich
akzeptiere dich so wie du bist. Schließlich hast du das auch bei mir gemacht.
Du hast mich auch nicht gefragt, warum ich das Eine oder das Andere mache.“
Kurz flackern meine Gedanken zum Club. Mit meinem Glück bin ich den Job los,
aber ich weiß nicht ob ich das wirklich betrauere.
Ich sehe in Yamis Augen. Sie füllen sich schon wieder mit Tränen, doch
anscheinend versucht er gerade krampfhaft sie zu unterdrücken. Ach Yami. Ich
hebe meine Hand und setze mich auf. Nach kurzem Strecken erreicht meine Hand
endlich ihr Ziel und sie fährt leicht über Yamis Wange.
„Glaubst du mir?“ „Natürlich glaube ich dir. Aber Yugi....es ist noch
nicht vorbei, wenn du bei mir bleibst, dann kannst du ernsthaft in Gefahr
geraten. Dann könnte ein Krankenhausaufenthalt noch das Mindeste sein, was dir
passieren könnte. Verdammt ich will NICHT das dir was geschieht.“
„An deiner Seite habe ich keine Angst vor so etwas. Und ich WERDE dir helfen,
da heraus zu kommen. Schließlich war Joey auch mal kein unbeschriebenes Blatt
in der Szene. Er hat den Absprung auch geschafft.“
„Du weißt nicht, auf was du dich da einlässt.“, seufzt er und lehnt sich
noch ein bisschen mehr in meine Hand.
Verschmitzt muss ich lächeln. „Vielleicht nicht. Aber seit wann macht mir das
was aus?“
Und endlich...endlich streift ein ehrliches Lächeln seine Lippen. „Keine
Ahnung.“
„Genau!“
„Ein, zwei Fragen, hab ich da aber noch.“ Verblüfft sieht Yami mich an,
doch ich streichele nur kurz seine Wange. „Woher hast du die Wohnung?“
Er seufzt kurz. „Tja, Yugi das war Thunders alte Wohnung.“ „Alte?“
„Ja, alte Irgendwann stimmte das Geld, und wir zogen um. Thunder behielt aber
diese Wohnung, weil sie nah an unserem Stammclub lag.“ Ich nickte. „Achso,
und die Sache mit deinen Eltern....als ich das erste Mal bei dir war, hast du
mir erzählt, deine Eltern wären in Ägypten.“ Er schmunzelt. „Yugi, komm
schon, wenn ich dir erzählt hätte, dass meine Mutter tot und mein Vater ein
Säufer ist. Mein Gott Yugi, wir kannten uns 3 Tage und du warst auch nicht
gerade umgänglich. Außerdem hab ich nur die halbe Wahrheit gesagt. Meine
Eltern waren beide Archäologen. Kurz bevor meine Mutter krank geworden ist,
waren sie noch einmal in Ägypten. Ich habe dir also nur die Halbwahrheit
erzählt.“
„Yami ich verstehe, ich glaub ich hätte mich umgedreht und wäre gegangen
hättest du mir deine Lebensgeschichte damals erzählt, denn ......sagen wir es
so, ich war zu der Zeit nicht der sozialste Mensch.“ Das Lächeln will nicht
aus seinem Gesicht weichen, es verändert sich lediglich etwas. Wird wärmer.
„Yugi, das ist schon ok. Du hast eine schwere Zeit durchgemacht. Da ist man
schon mal kratzbürstig. Und außerdem war es für mich......“
Ich schieße diese Türe noch zum Mond. Immer an den unpassendsten Stellen muss
diese scheiß Türe aufgehen. Aber die Schwester hat ja angekündigt der Arzt
würde bald kommen. Mit einem kurzen Blick auf die Uhr versichere ich mich,
dass es aber noch keine halbe Stunde her ist, seitdem diese Schrulle hier war.
Verdammt, was war es für ihn?
Yami entzieht sich sofort meiner Hand und springt beflissen auf, um den Arzt zu
begrüßen. Ich lasse mich stattdessen wieder in meine Kissen fallen und starre
ihn unmutig an. Solch ein Störenfried aber auch.
„Huch, Herr Muto, Sie haben aber eine Laune. Aber mal Spaß beiseite, wie geht
es Ihnen?“ „Können Sie mir eine Frage beantworten: Liegt das am
Krankenhausflair oder daran dass ich hier wie ein Häufchen Elend herum liege,
oder warum fragen mich ALLE nach meinem Befinden?“
Der Arzt lacht kurz auf. „Tja wenn sie darauf eine Antwort gefunden haben,
verraten Sie sie mir. Aber ich würde mal auf das Krankenhaus tippen. Wissen Sie
es ist mein Job sie danach zu fragen.“
„Schon gut, schon gut. Mir geht es gut. Wirklich.“
„Wirken die Schmerzmittel auch?“ „Falls sie diese chemischen Hämmer
meinen, die mich laufend schläfrig machen, muss ich diese Frage mit „Ja“
beantworten.“ „Gut. Also Herr Muto, die Lage sieht im Moment so aus. Wir
werden sie morgen frühzeitig entlassen müssen, die Bettenlage sieht
katastrophal aus. Jedoch........brauchen sie eine Person, die sich um sie die
nächste Zeit eingehend kümmert. Sie sind zwar wieder auf dem Damm, das heißt
aber nicht, dass noch Spätkomplikationen ausbleiben könnten.“
„Ähm wenn ich kurz unterbrechen darf, muss diese Person eine medizinische
Ausbildung oder so etwas in der Art haben?“ Hää? Was meint Yami damit?
Lächelnd dreht sich der Arzt zu ihm um. „Aber nein. Für diesen Fall vergibt
das Krankenhaus immer eine Art Pieper für den Notfall. Aktiviert man diesen
wird sofort ein Krankenwagen geschickt, der sich um den Notfall kümmern
muss.“
„Yami, von was redest du?“ Ich sehe ihn mit gerunzelter Stirn an. „Naja,
Yugi. ICH könnte das doch für dich machen. Sieh es als Rückzahlung.“
Ich spüre wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Das bedeutet....ja was
eigentlich?
„Eine vortreffliche Idee, wenn ich das sagen darf. Sie kennen den
Krankheitszustand von Herrn Muto, das heißt Sie werden nicht nachlässig mit
ihm sein. Sie wissen aber, dass das mit vielen Verpflichtungen verbunden ist.
Sie dürfen Herr Muto nicht von der Seite weichen und besonders nachts müssen
Sie ein Auge auf ihn haben.“ Er zwinkert mir verschwörerisch zu.
„Das ist kein Problem, oder Yugi?“ Fragend blickt er mich an. Ich schüttele
nur den Kopf, unfähig auch nur ein Wort herauszubringen. Lediglich die Wärme
in meinem Gesicht steigt noch weiter an. Ich möchte gar nicht wissen, wie ich
aussehen, wahrscheinlich habe ich einen hochroten Kopf.
„Gut, da dass geklärt ist, würden Sie dann gleich die erforderlichen Papiere
ausfüllen?“ Yami nickt nur und der Arzt zieht die Papiere aus seinem
Klemmbrett.
Ja sag mal...hat der etwa erwartet, dass Yami dass übernimmt? Wie kommt der da
nur drauf?
Yami grinst und setzt sich wieder mit den Papieren sich durchlesend.
„Während Herr Athem sich mit diesen Papieren beschäftigt, werden wir zwei
Hübschen uns jetzt erst mal Ihre Wunde ansehen“, lenkt der Arzt meine
Gedanken wieder zu ihm.
Vorsichtig setzt er sich neben mich und bindet das Krankenhausleibchen auf, um
an meine Brustwunde zu kommen. Sanft drückt er einige Stellen um meine Reflexe
zu überprüfen. Schmerzverzerrt zucke ich zusammen. Verdammt das tut weh.
Konzentriert wickelt er den Verband auf und besieht sich die Wunde genauer. Der
gezackte Wundrand sieht schon weniger knallig rot als beim letzten Mal aus.
Anscheinend bessert sie sich von Tag zu Tag.
Zufrieden nickend notiert er sich ein paar Kleinigkeiten in meiner Akte und
erhebt sich.
„Eine Schwester kommt gleich und erneuert Ihnen den Verband. Ich werde jetzt
mit meiner Runde weitermachen. Herr Athem, die Papiere übergeben sie dann
gleich der Schwester, in Ordnung?“
„Aber natürlich. Ich danke Ihnen für alles.“
„Ich ebenfalls“, hastig besinne ich mich meiner Manieren.
„Ist schon gut. Es reicht mir zu sehen, dass Sie genesen, Herr Muto.“ Er
verabschiedet sich und verlässt den Raum.
„Ist wirklich alles in Ordnung?“ Besorgt blickt Yami von seinen Papieren auf
und mustert mich eingehend. Ich sehe, wie auch seine Wangen nun eine leichte
Röte zieren. Oha wer wird denn da verlegen sein?
Dann sehe ich an mir runter und verstehe ihn augenblicklich. Ich sitze hier mit
nichts als einer Decke die Gott sei dank die richtigen Stellen verdeckt, der
Rest meines Körpers ist gut sichtbar. Hastig schlage ich die Decke noch etwas
höher.
„Aber sicher. Du hast doch gehört, der Arzt ist zufrieden. Die Wunde heilt
gut.“
Seine Miene hellt sich etwas auf. „Süß“, schießt es mir durch den Kopf.
Bitte was? Was denke ich hier nur?
„Und was steht in diesen Papieren?“ Schnell versuche ich das Thema zu
wechseln. Es gelingt mir.
„Ach das sind mehr Formalitäten. Da steht einfach nur, dass ich mich
verpflichte diesen Dienst mit vollsten Bewusstsein und mit der angemessenen
Sorgfalt auszuführen. Nicht mehr und nicht weniger, ist halt bloß
Arztamtssprache, auf gut Japanisch einfach unverständlich.“ Ich kichere.
Stimmt, diese Sprache ist echt das Letzte, das habe ich auch bei den
Krankenhausaufenthalten meines Großvaters bemerkt.
„Danke übrigens. Du lädst dir echt eine Menge wegen mir auf.“ Ich neige
meinen Kopf etwas.
„Hey, das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann.“
Die versprochene Schwester tritt ein und geht sogleich auf Yami zu. „Sind Sie
fertig, Herr Atem?“ „Aber natürlich. Sie können die Papiere mitnehmen.“
Freundlich lächelnd übergibt er ihr die vielen Blätter. Sie überprüft kurz
die Unterschriften, ob sie auch alle an den passenden Stellen sind und nickt
dann. „Danke, Herr Athem. So die Besuchszeit neigt sich dem Ende. Herr Muto
bekommt jetzt gleich die benötigten Schlafmittel.“
„Ist in Ordnung, darf ich noch bleiben, bis sie vollends wirken?“ Seine
Stimme hört sich fast bettelnd an, wie ein kleines Kind, dass unbedingt etwas
haben möchte.
„Weil Sie es sind“, lächelt die Schwester charmant. Zufrieden lehnt sich
Yami in die Stuhllehne und beobachtet amüsiert, wie die Schwester mich neu
verbindet.
„Aua.“ „Jetzt seihen Sie nicht so wehleidig, Herr Muto.“ „Ich bin
nicht wehleidig...“ Ich halte kurz inne, um die Luft zischend durch meine
Vorderzähne zu ziehen. „ Das tut verdammt noch mal weh.“ „Meine Güte,
wenn man Ihnen so zuhört, würde man sie als kleines Kind abstempeln.“ Der
Humor dieser Person deckt sich augenscheinlich nicht direkt mit meinem eigenen.
Sie drückt mir schon wieder ein Wasserglas in die Hand und zwingt mich die
nächsten Tabletten runterzuschlucken. Ergeben würge ich sie hinunter.
„Herr Ahem, die Besuchszeit endet in etwa einer Viertelstunde, ich rate Ihnen
sich dann gleich schon zu verabschieden. Herr Muto braucht ohnehin Ruhe, aber
ich denke Sie werden sich eh nicht früher verscheuchen lassen. Ihnen wünsche
ich eine gute Nacht, Herr Muto.“ Yami noch einmal anlächelnd geht sie
hinaus.
Ich kann es nicht fassen. Dieses komplette Krankenhauspersonal ist doch völlig
verrückt. Laufend diese Anspielungen,.....das ist ja nicht zum Aushalten.
Yami jedoch kommt zu mir herüber und setzt sich endlich an meine Bettkante und
streicht mir sanft meine Ponysträhnen aus meinem Gesicht.
„Sie hat Recht. Ich werde Joey bitten, dich morgen abzuholen. Ich erwarte euch
beide dann bei dir zu Hause. Ich habe ja die Schlüssel.“ Ich nicke nur noch.
Die Wirkung setzt tatsächlich rasend schnell ein. Schon merke ich diese
Leichtheit, die meinen Verstand einlummelt. Einen klaren Gedanken zu fassen
fällt mir unheimlich schwer.
„Gute Nacht, Aibou.“ „Stopp warte kurz, warum nennst du mich immer
Aibou?“ „Soll ich damit aufhören?“ „Das habe ich nicht gesagt! Ich
würde bloß den Grund dafür gerne kennen.“ „Vielleicht weil ich dich gern
habe.“ Er beugt sich zu mir herunter und gibt mir ein sanftes Küsschen auf
die Stirn.
„Und jetzt schlaf, das tut dir gut.“ Ich kann nichts mehr erwidern. Ohne
dass ich es will, klappen meine Augen zu und ziehen mich in das Reich meiner
Träume.
*******Yami******
Unruhig hibbele ich auf Yugis Sofa herum. Mensch, wo bleibt Joey denn? Er ist
doch schon vor über einer halben Stunde losgegangen. So weit liegt das
Krankenhaus jetzt auch nicht von Yugis Haus weg. Ist doch nur 3 Straßen weg.
Vielleicht bin ich einfach auch nur zu aufgeregt. Wahrscheinlich müssen sie
noch so lange auf den Arztbrief oder sonstiges warten.
Oder hätte ich doch selber gehen sollen? Stopp Yami, jetzt beruhig dich doch
mal, Joey hat das sicher im Griff.
Außerdem war es doch so ausgemacht, Joey holt Yugi aus dem Krankenhaus ab und
ich bereite währenddessen hier alles vor.
Seufzend blicke ich mich um und könnte mich selber verfluchen. Was denn
vorbereiten?
Das Haus geputzt habe ich doch schon, meine Sachen habe ich auch schon bereits
gestern hierher gebracht. Jetzt bleibt mir noch die Option: Dumm rumhocken und
auf die Beiden warten.
Gekocht habe ich auch schon, es ist ja schließlich gleich Mittag.
Immer wieder gleitet mein Blick zur Wanduhr, deren gleichmäßiges Ticken, das
einzige Geräusch im Raum ist. Die Monotonie geht mir einerseits auf die Nerven,
aber es beruhigt mich auch gleichzeitig. Schon wieder der Beweis, dass mein
Leben einfach nur kontrovers ist.
Wie alles sonst auch. Gegensätze bestimmen glaube ich mein ganzes Tun, aber
.... ist das verwunderlich, bei meiner Vergangenheit?
Die Türklingel lässt mich endgültig aufschrecken. Verdutzt blicke ich zum
hundertsten Mal auf die Uhr. Mein Gott, wie lang habe ich die Uhr jetzt
bitteschön gedankenverloren angestarrt? 20 Min? WAASSS?
Wie von der Tarantel gestochen sprinte ich zur Tür und reiße sie mit einem
Ruck auf.
„Meine Güte, Yami. Was machst du denn? Das ist schon das dritte Mal dass ich
klingele.“ Joey sieht mich empört und verständnislos an. Yugi hingegen
lächelt mich an. Seine Augen liegen sanft auf mir, als ob er wüsste, dass ich
mich schon wieder meine Vergangenheit in ihren Bann gezogen hat. Zögerlich
erwiedere ich sein Lächeln.
„Hey, ich schimpfe mit dir und du hast echt nichts besseres zu tun, als zu
lächeln.“ Joey scheint langsam der Geduldsfaden zu reißen. Bevor ich auch
nur dazu komme mich zu verteidigen oder auch nur überhaupt den Mund aufzumachen
hat Yugi vorsichtig seine Arme gehoben und sie Joey auf den Arm gelegt. „Lass
doch Joey, ist doch nicht schlimm. Wie wärs wenn wir einfach reingehen?“
Seine Sanftheit glättet die Wogen und Joey vergisst seinen Ärger sofort. Mein
Aibou hat halt ein total schlichtendes Talent.
Moment, „mein“? Wie komme ich jetzt auf das mein?
„Yami, könntest du mal bitte die Tasche mir abnehmen?“ „Klar“,
unterbreche ich meine eigenen Gedanken und greife nach der Tasche. Ich lasse die
Beiden an mir vorbei ins Haus und folge ihnen dann gemäßigteren Schrittes.
„Ist was Yugi?“ Verwirrt bleibe ich stehen, denn Joey versperrt mir den Weg.
Seufzend lasse ich die Tasche fallen und beide betrachten wir Yugi, der
irritiert in seinem Hausgang steht. Mit tellergroßen Augen blickt er sich um.
„Was hast du gemacht?“, spricht er mich anklagend an. Ich kann die Scham aus
seiner Stimme heraushören. Upps, das hatte ich ja total vergessen ihm zu
erzählen.
So wie ich Yugi kenne, hat er sich den ganzen Weg vom Krankenhaus bis hierher
Gedanken gemacht, wie er das Chaos in seinem Haus erklärt. Oder besser wie er
uns am Besten die Augen zuhält und dann wahrscheinlich selbst aufräumt.
„Ich hab ein wenig aufgeräumt.“, entgegne ich direkt und weiche seinem
Blick nicht aus. „Das hättest du nicht tun müssen.“ „Ach ja und wie
stellst du dir das vor? Selber sauber machen mit deiner Schussverletztung oder
wie sehe ich das?“, antworte ich hart. Das kommt gar nicht in Frage.
„So in etwa habe ich mir das vorgestellt, ja“, gibt er patzig zurück.
„Spinnst du? Und bei jeder kleinen Anstrengung brichst du zusammen.“ Joey
verfolgt verblüfft unseren Wortwechsel. Anscheinend ist solch ein Machtkampf
mit Yugi neu, einer der ihm klipp und klar seine Meinung geigt.
„Yugi, hergott noch mal, was glaubst du warum ich da bin? Ich habe mich bereit
erklärt, dich in nächster Zeit zu entlasten und auf deine Gesundheit zu
achten“, erkläre ich ihm versöhnlich. Mir liegt nichts an einem Streit und
besonders, wenn er so überflüssig wie dieser hier ist. Das ist doch kein Thema
hier ein wenig aufzuräumen.
Beschämt senkt er den Kopf. „Ich weiß. Es ist bloß alles......so neu für
mich.“
Das kann ich mir vorstellen. Schon einen ganze Weile kämpft er um seine
Unabhängigkeit, darum auch auf eigenen Beinen zu stehen und dann kommt jemand
und entreißt ihm das Schwert wieder.
„Ich weiß, Aibou, es wird schwer, doch GEMEINSAM schaffen wir das, klar?“
Zärtlich wuschele ich ihm durch die Haare.
„Genau, Yugi, wir sind für dich da,vergiß das nie“, bringt sich Joey auch
endlich in das Gespräch ein.
„Danke“, antwortet er kleinlaut.
Höchste Zeit, dass ich ihm aus dieser Verlegenheit helfe. „Was haltet ihr
davon, wenn ihr gleich mal in die Küche geht und ich bloß noch schnell die
Sachen nach oben bringe?“ Erwartungsvoll sehe ich sie an. Joey nickt kurz und
zieht Yugi kurzerhand hinter sich her. „Aua Joey, pass doch auf!“ Ich höre
Yugi noch den ganzen Gang entlang zetern und ich kann mir ein Lächeln nicht
verkneifen. Ich beeile mich die Tasche nach oben zu bringen und gehe nun auch in
die Küche. Bin gespannt wie ihnen mein Essen schmeckt.
Oh mein Gott, OH MEIN GOTT. Nie ich schwöre NIE wieder werde ich mit Joey
essen. Meine Güte, hat der nichts anderes zu tun, als immer Faxen zu machen?
Ich habe irgendwann das Zählen aufgehört, wie oft ich mich am Essen
vershcluckt habe oder mit Mühe und Not mein Trinken runtergebracht habe.
Was mir leichte Sorgen bereitet ist Yugi. Er hat kaum was gegessen, an der
Unterhaltung hat er sich auch nicht richtig beteiligt. Naja was Yugi nicht
gegessen hat, wurde ratziputz von Joey eliminiert. Der frisst ja wie ein Schlott
und ist trotzdem gertenschlank, das soll mir einer erklären. Kopfschüttelnd
räume ich die Spülmaschine ein. Joey ist mit Yugi in sein Zimmer gegangen,
Yugi wollte sich etwas hinlegen.
Ich schalte sie an und mache mich dann selbst auf den Weg in Yugis Zimmer. Dort
finde ich einen lesenden Joey, der sich in einen von Yugis Duel Monsters-
Kataloge vertieft hat und einen tiefschlafenden Yugi vor. Sanft lächelnd trete
ich an das Bett und streiche Yugi sanft über die Wange. Es scheint ihn wohl
alle sehr angestrengt zu haben.
„Er hat sich einfach hingelegt und whupp... nach ein paar Minuten war er schon
weg. Scheint noch nicht ganz auf der Höhe zu sein.“ Joey legt den Katalog
seufzend weg. „Noch nicht wirklich, aber das wird schon. Außerdem tut ihm der
Schlaf gut.“ „Recht hast du. Trifft sich sowieso ich muss eh nach Hause. Bin
noch mit meiner Schwester verabredet.“ Grinsend wendet er sich zur Tür.
„Danke Joey, danke für alles.“ Dankbar grinse ich ihn an. „Alter kein
Prob. Mach ich doch gern und falls du irgendwas brauchst, ruf einfach an, ok?“
„Mach ich“, nehme ich sein Angebot an. Gute Freunde sind wirklich das
Kostbarste auf der Welt. Ok das Kostbarste nach der Liebe........
Erneut drehe ich mich zu Yugi um und sehe ihm beim Schlafen zu. Sein Gesicht ist
entspannt und sieht friedlich aus. Er strahlt Ruhe aus und ich kann nicht
anders, ich gehe zu seinem Bett und lasse mich vorsichtig auf die Bettkante
nieder. Gerade will ich meinem Kopf neben seinen legen, als die Türklingel
erneut schellt.
Grummelnd richte ich mich auf. Immer an den unpassendsten Stellen.
Federnd springe ich die Treppe hinunter. Ist wahrscheinlich nur Joey, der wieder
irgendwas vergessen hat. Vor seiner Vergesslichkeit hat mich Yugi bereits
gestern gewarnt.
Gut gelaunt mache ich die Türe schwungvoll auf und starre direkt in eine
Pistolenmündung.
Meine Gedanken setzen aus und der Schock übermannt mich komplett. Ich nehme nur
noch das Geräusch des Abzugs wahr und habe innerlich mich schon darauf
vorbereitet, dass dies mein letzter Atemzug sein wird. Warum muss es SO enden?
Wenn gerade alles scheint in Ordnung zu sein?
Panisch atme ich aus und stoppe abrupt. Wie jetzt? Ein Lachen lässt ich
schaudern.
„Mein Gott, Cold, was hättest du jetzt gemacht, wenn die Waffe geladen
gewesen wäre?“ „Sterben wahrscheinlich“, entgegne ich kurzatmig. Die
Frage war doch jetzt total überflüssig.
„Was willst du Thunder?“, frage ich den Mann vor mir schroff, nachdem ich
mich etwas beruhigt hatte.
„Ich wollte dich besuchen. Ich war zuerst bei deiner Wohnung, oder soll ich
besser bei meiner Wohnung sagen, doch die Vermieterin sagte mir, dass du die
Wohnung gekündigt hättest. Hast du es so eilig, dort wegzukommen.“ Sein
süffisantes Grinsen ist einfach widerlich. „Nein, das hatte andere
Gründe!“ „Die wären?“ „Ich wüsste nicht, dass dich das was anginge.
Du bist nicht mein Vater“, belle ich ihn an. „Nein aber so etwas ähnliches.
Wer hat dich wohl großgezogen?“ „Ach bist du darauf auch noch stolz?“
„Klar, sieh doch nur was aus dir geworden ist.“ „Ein Mörder und nichts
weiter“, stelle ich klar. Es schmerzt mich, diese Worte auszusprechen, doch
ich werde mich nicht mehr vor der Realität verstecken.
I take everything from the inside and throw it all away
'Cause I swear for the last time I won't trust myself with you
Everything from the inside and just throw it all away
'Cause I swear for the last time I won't trust myself with you!!!
„Wohnt hier nicht der kleine Yugi?“, wechselt er schnell das Thema. Er wirft
mich schon wieder aus der Bahn. „Und wenn dem so wäre?“ „Dann ist es so.
Mein Gott, Cold denkst du immer ich habe nur Hintergedanken?“ Abwartend blickt
er mich an. „Würde mich wundern wenn nicht.“
„Ach Cold du bist zu misstrauisch. Und dumm gleichzeitig. Habe ich dir nicht
beigebracht, dass du vorher nachsehen sollst, wer draußen steht?“ Kalt sehe
ich ihn an. „Was kümmert es mich? Ich pfeife auf deine Belehrungen. Ich
führe mein eigenes Leben und du hast daran nichts mehr mitzubestimmen. Es ist
aus, klar? Das habe ich dir schon im Club erzählt. Ich wundere mich eh, dass
sie dich noch nicht eingebuchtet haben, aber im Grunde kann es mir egal sein.
Ich sage es dir EINMAL: Lass mich und vor allem Yugi in RUHE, verstanden?“
„Woah, wird meine Kleiner übermütig. Naja, habe es nicht anders erwartet.
Wollte eh bloß kurz nach Yugi sehen!“
Meine Augen verengen sich. „Nein was für ein Pech, er schläft gerade.“
Grinsend wendet er sich ab. „Na dann vielleicht beim nächsten Mal.“ „Es
gibt kein nächstes Mal. Du sollst uns in Ruhe lassen.“
„Cold wage es ja nicht mir Vorschriften zu machen. Und pass lieber auf dich
und den Kleinen auf, wer weiß schon was passieren wird?“
ER geht dreckig lachend davon und lässt mich wie bedröppelt stehen. Nein was
für ein Arschloch und trotzdem läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Was ist
wenn...... Stopp Yami jetzt mal nicht schon wieder den Teufel an die Wand, es
wird NICHTS passieren. Ich werde auf mich und vor allem auf Yugi aufpassen. Von
Thunder lasse ich mich nicht mehr einschüchtern. NIE MEHR!
I won't waste myself on you!!!
You!!!
You!!!
(song by Linkin Park - Inside of you)
[to be continued]
Kapitel 17: Bad dreams are made of these..
------------------------------------------
****Yami****
Mit unterdrückter Wut nehme ich die Tür und will sie schon zuschlagen, als mir
im letzten Moment einfällt, dass Yugi ja oben schläft. Verdammt ich Idiot,
beinahe hätte ich ihn aus seinem so wichtigen Schlaf gerissen. Ich schließe
sie also behutsamer und wende mich dann Richtung Treppe. Mit langsamen
Schritten, bei denen ich versuche, der alten Holztreppe so wenige Geräusche wie
möglich zu entlocken, gehe ich in das obere Stockwerk. Dieses Arschloch! Was
will er nur? Und was zum Donner sollen diese kryptischen Bemerkungen? Wenn er
oder einer dieser Schmierfinken Yugi auch nur anrühren, dann.........
Der Gedanke wird durch Yugis Anblick abgedrängt. Er hat sich zusammengerollt,
die Decke mit einer Hand schützend über sich gezogen, die Andere liegt
krampfend auf seiner Brust, zerknautscht dort sein T-Shirt. Mit 2 Schritten habe
ich das Zimmer durchquert. Angespannt stehe ich vor dem Bett und betrachte Yugi
genauer. Kalter Schweiß glänzt auf seiner Stirn und er zittert unkontrolliert.
Ohne auch nur wirklich darüber nachzudenken, was ich da eigentlich mache,
schlüpfe ich in das Bett und ziehe in aus seiner Lage nahe an mich heran. Ich
hoffe, dass ihm vielleicht die Nähe hilft, dass er sich wieder beruhigt. Seine
Hand krampft sich in mein T-Shirt und er murmelt unverständliches Zeug.
„Ruhig, Yugi. Es ist doch alles in Ordnung, ich bin doch da.“ Ich ziehe ihn
noch enger an mich und lege meinen Kopf auf seinen Scheitel ab. Ich spüre sein
Zittern, als wäre es mein eigenes. Ich weiß nicht, ob es davon kommt, dass ihm
kalt ist, oder ob es die pure Angst ist, die durch einen scheinbaren Alptraum
ausgelöst wird. Im Grunde ist es egal, es muss aufhören. Sanft berühren meine
Lippen seine Stirn. „Yugi, dir kann nichts passieren, ich passe auf dich auf,
komme was wolle.“
„Ist das dein Ernst, Yami?“, dringt eine heisere Stimme an mein Ohr. In
meiner Trance habe ich gar nicht bemerkt, wie Yugi aufgewacht ist. „Natürlich
Aibou, ich schwöre es dir. Dir passiert nichts mehr solange ich bei dir bin.
Das eine Mal hat gereicht.....wegen mir.....“ Noch bevor ich meinen Satz
zuende führen kann, habe ich Yugis weichen Finger auf meinen Lippen. „Nicht,
Yami! Mach dir keine Vorwürfe. Das habe ich dir doch schon gesagt, du trägst
keine Schuld daran. Aber weißt du was, ich wiederhole mich echt ungern!“
Verschmitzt blinzelt er zu mir hoch. Die Bemerkung ist nicht böse gemeint,
einfach nur eine Feststellung der Tatsachen. Auch ich muss grinsen. „Ich werde
es mir merken, oh mein Gebieter! Fürs erste bitte ich um euer Verzeihen?“
Schelmisch lächele ich ihn an. „Dir sei vergeben.“ Er gähnt herzhaft.
„Sag Yugi, von was hast du geträumt? Was hat dir solche Angst bereitet?“
Sorgenvoll blicke ich ihm in die Augen. „Ein ander Mal, Yami. Im Moment kann
ich es nicht in Worte fassen, ich glaube nicht einmal, dass ich mir alles in
Erinnerung rufen kann, es ist zu verschwommen, zu verworren. Es tut mir leid.“
Geknickt wendet er den Blick nun vollends von mir ab und starrt auf das Fenster.
Nachdenklich blicke ich in die entgegengesetzte Richtung, fixiere erneut die
Türe. Was soll ich nun darauf sagen? Na das naheliegendste, du Hohlkopf,
schalte ich mich selbst. „Yugi, das ist schon ok. Es war auch eine recht
persönliche Frage.“ „Das ist es nicht. Wenn sie mir zu weit gegangen wäre,
hätte ich dir das schon klar gemacht, ich bin nicht wehrlos, klar?“ Ich
spüre, wie er mich sanft in die Rippen knufft. „Nein, ich kann meine Ängste
einfach nicht in Worte fassen. Das ist es und das macht mir sogar noch mehr
Angst.“ Schaudernd presst er sich noch enger an mich. Er braucht Schutz, na
den kann er haben. Ich streife mit meinen Lippen abermals seine Stirn.
„Zusammen schaffen wir das schon, Ängste sind bekämpfbar glaube mir. Nichts
braucht dir Angst zu machen.“ „Ich weiß“, seufzt er.
„Schlaf wieder ein, Yugi. Es war wahrscheinlich alles ein wenig anstrengend
heute“, murmele ich ihm zu. Er nickt noch kurz und ist kurz darauf schon
wieder im Reich seiner Träume. Auch mich überfällt nun die Müdigkeit und mir
fällt ein, dass ich ja schon seit um 5 auf den Beinen bin. Die Schlaflosigkeit
der letzten Tage wollte nicht abflauen und die Aufregung vor dem heutigen Tage
kam dazu. Ich kann mein Gähnen nicht verhindern und bete jetzt meinen Kopf auf
Yugis. Erschöpft schließe ich die Augen.
„Dass du es mir ja nicht versaust, Yami. Du weißt was davon abhängt.“
„Hilfe, jetzt krieg dich ein, du spielst dich ja gerade so auf, als wolle ein
Kind unbedingt ein bestimmtes Spielzeug haben!“ Entnervt stoße ich den Rauch
meiner Zigarette aus. Thunder mit seinem überkantitelten Verhalten, zum
Abgewöhnen. „Exakt, bloß dass das Spielzeug, 50 Millionen wert ist.“
Gelangweilt sehe ich ihn an. „Jetzt? Soll ich Angst bekommen? Thunder ich hab
schon öfter so große Dinger geleitet, da ist kein Problem dabei, check es
endlich!“ Heftig stehe ich von meinem Stuhl auf und wende mich ab. „Versau
es einfach nicht.“ Sein Ruf hallt im ganzen Raum wieder. Ich lasse mich nicht
mal zu einer Bemerkung herunter. Ich gehe schnurstracks zu meinem schwarzem
Mercedes SLX und setze mich. Wie dieser Mann mich ankotzt. Immer meint er, er
müsse meinen Beschützer spielen, meinen Mentor. Dabei merkt dieser Arsch
nicht, dass ich schon längst dem Ganzen entwachsen bin.
„Was bist du denn so gereizt, Yami?“ Lässig lässt sich Hiro auf den
Beifahrersitz nieder. „Thunder“, gebe ich nur zurück und Hiro versteht.
„Wen hast du bestimmt?“, frage ich desinteressiert. „Ach Kobayashi und
Takeru. Alle anderen kannst du doch in die Tonne treten, ich weiß gar nicht
warum Thunder die anderen behält?“ „Taktik“, entgegne ich kryptisch. Ich
kenne Thunders Beweggründe, ich kenne alles von diesem Mann, aber ich werde
dieses Wissen garantiert nicht mit Hiro teilen, egal wie nah wir uns stehen.
Der Motor heult auf und ich rausche aus der Halle. Der Fahrtwind rauscht durch
das geöffnete Fenster und ich lehne meinen Ellenbogen gegen die Verkleidung.
Mit den Gedanken bin ich nicht ganz bei der Sache, aber Autofahren geht auch
ohne Konzentration. Hiro scheint dies allerdings nervös zu machen. „Mensch,
Yami, pappt dein Fuß mal wieder auf dem Gaspedal fest?“ „Wieso? Sind doch
bloß 120.“ Verdutzt blicke ich ihn an. „Schön, da hinten kommt aber eine
Kurve, wie du wohl weißt.“ Hoppla die scheine ich wohl vergessen zu haben.
Ich trete ins Bremspedal und nehme mit quietschenden Reifen die zugegeben etwas
scharfe Kurve. „Ich seh es kommen, irgendwann knutsche ich mit dir noch einen
Pfeiler oder Baum.“ Hiros Atem hat sich beschleunigt. „Ach was. Das Baby
hier kann doch fast alles.“ Sanft tätschele ich das Armaturenbrett. „Aber
nicht fliegen“, kommt die knappe Bemerkung.
Mit einem Ruck kommt der Wagen vor dem Gebäudekomplex in dem der Deal ablaufen
soll, stehen. Die Wachen lassen uns zögernd passieren und ich umfasse den Griff
des Metallkoffers noch etwas fester. Der lange Ledermantel streift sachte den
Boden. Die schwarzen Boots hallen auf dem glatten Linoleumboden wieder und
schweigend gehen Hiro und ich nebeneinander her. Takeru und Kobayashi folgen ein
paar Schritte hinter uns. Lässig nickend schreiten wir an den regelmäßig
postierten Schränken vorbei. Mein Gott, ich frage mich immer ob Drogenbosse,
diese Schränke serienmäßig bekommen. Rent – a – Schrank, oder wie?
Ich stoße mit einem kraftvollen Ruck die Doppeltüre auf und betrete den
riesigen Raum. Die Ausstattung ist mehr der Renaissance nachempfunden, das
Einzige, was mir dazu einfällt ist: protzig. Aber die Ausstattung ist nichts
gegen den Typen, der da hinter dem Schreibtisch sitzt. Suruyu-sama wie ihn die
Bandenmitglieder nennen, Arschgesicht wie ich ihn nenne. Dieser Lackaffe, von
einem unterbemittelten Idioten. Ich frage mich was er ohne seine rechte Hand
wäre, ein unbedeutender Hauch von Nichts wahrscheinlich. Aber Kakeru wollte
noch nie an den Platz seines Bosses, er liebt es im Hintergrund die Fäden in
der Hand zu halten.
„Guten Tag, Suruyu-sama“, grüße ich ihn und deute einen Diener an. „Na
wenn das nicht Yami ist. Ich spare mir die Floskeln wenn’s dir recht ist“,
antwortet er brüsk. Seine schleimige Stimme ist wie immer eine Qual für meine
armen Ohren. „Oh aber sicher.“ Ich trete näher an den Tisch und lege den
Metallkoffer äußerst geräuschvoll darauf ab. Mit einer gierigen Geste zieht
er ihn zu sich und öffnet ihn sachte. Ihn im liegen fein säuberlich gezählte
Hundertdollar – Noten. „25 Millionen“, erläutere ich kurz. Fahrig zeige
ich nach hinten zu Kobayashi. „Im anderen sind die restlichen 25 Millionen.“
Schmierig lächelnd zieht er ein Geldbündel hervor und besieht es sich genau.
Ich zucke überrascht zurück, als er schreiend hochfährt. „Betrüger!“
Verständnislos blicke ich ihn. Was? Das ist doch wohl nicht sein Ernst?
Kakeru schießt sofort neben seinen Boss und fixiert ebenfalls die Scheine.
Abgehackt nickt er den Aufpassern an der Tür zu. Die ziehen ohne zu fragen ihre
Waffen und feuern ohne zu fragen. Reflexartig drehe ich mich aus der Flugbahn
weg und lande auf dem Boden. Ich hasse sie zwar, aber im Moment bin ich froh um
die Waffe in meinem Bund. Ich ziehe sie und schieße ungerührt zurück.
„Rückzug, Leute“, schreie ich über das Getöse hinweg und erhebe mich, die
Angreifer im Auge. Ein stechender Schmerz in meinem Oberarm lässt mich
zurückfahren.
Dort steht Kakeru und zielt mit seiner Baretta auf mich. Ich starre genauso
unbewegt zurück. Aus seinen sprechen Bände: Wer zuerst schießt gewinnt. Ohne
groß zu überlegen ziele ich und wie gelöst von der Welt ziehe ich den Abzug
durch. Mein Denken verselbständigt sich, mein Überlebensinstinkt übernimmt
das Denken.
Die Kugel trifft ihn genau ins Herz. Sein Blick wird leer und sein Mund ist
leicht erstaunt geöffnet. Er klappt in sich zusammen und bleibt auf dem Boden
liegen.
Betäubt starre ich auf seine leblose Gestalt. „Spinnst du, Yami, komm schon,
wir MÜSSEN HIER RAUS!“ Hiro packt mich grob am Arm und zieht mich mit.
Das nächste an das ich mich erinnere ist, wie ich vor Thunder stehe und er mich
beglückwünscht. Beglückwünschen?
„Yami du hast deine Feuerprobe mit Bravour bestanden! Jetzt bist du bereit
dafür, die Nummer 2 zu werden „Cold“!“ Feuerprobe? Bravour?
„Aber hallo, Boss. Er hat einfach gezielt und ihn getötet. Wie aus dem
Bilderbuch. Kalt eben“ Juchzend schlug Hiro mir auf die Schulter. Kurz
aufschreiend halte ich mir die Schulter. „Pass doch auf, Mann!“ „Sorry!“
„Wie meinst du das Feuerprobe?“ Endlich beginnt mein Hirn zu denken. „Mein
Gott, du meinst die Blüten waren Absicht?“ Grinsend sieht Thunder mich an.
„Natürlich, ich musste wissen ob du auch heikle Situationen meistern kannst
und siehe da du bringst gleich den wichtigsten Mann der Organisation um. Du
überrascht mich, ich dachte du verabscheust das Töten. Wegen der Drogen, sie
unbesorgt, die sind trotzdem in unserem Besitz, man sollte sich immer doppelt
versichern.“ „Du spinnst doch, du verdammtes Arschloch. Was fällt dir ein?
Ich bin doch nicht dein verdammter Diener, der genau tut was du willst“, fahre
ich ihn an. In meinem Kopf hämmert das Bild von Kakeru, wie er besinnungslos zu
Boden sinkt, dieser leere Ausdruck in den Augen. Oh mein Gott was habe ich nur
getan? Wie konnte ich nur?
Abrupt wende ich mich ab und verlasse den Raum. Ich ignoriere das Rufen nach
mir, ich wollte nur raus, weg von ihnen.
Schreiend fahre ich aus dem Schlaf hoch.
*******Yugi*******
„Yami, alles in Ordnung mit dir?“ Selbst in meinen Ohren hört sich dieser
Satz bescheuert an, doch im Moment weiß ich nichts anderes zu sagen, als diesen
Standardsatz. Meine Hand liegt auf seiner Schulter und ich spüre das Zittern,
das durch seinen Körper fährt und nicht aufhören will. Wie eine
Gitarrensaite, die man zupft und die erst nach einer gewissen Zeit das Klingen
aufhört, so in etwa vibrierte Yamis gesamter Körper. Ich weiß nicht, warum er
zitterte. Ob es der Nachhall seines Alptraumes oder die Kälte in dem Raum war,
kann ich nur raten.
Schnell greife ich hinter mich und ziehe die Wolldecke hervor und schlinge sie
schnell um seine Schultern.
Er starrt weiterhin einfach starr gerade aus, ist immer noch in seiner Welt
gefangen. Die Hilflosigkeit fängt an mich zu übermannen, mir gelingt es
einfach nicht in die Realität zurückzubefördern.
Doch diese Aufgabe wird mir sofort abgenommen. Plötzlich schrillt laute Musik
von meinem Nachtkästchen. Yami und ich fahren zusammen und sehen uns gehetzt
nach der Unruhequelle um. Erleichtert bemerke ich, dass es nur mein Radiowecker
ist, der mich wie jeden Tag um 8 aus dem Schlaf reißen soll.
Der Radiomoderator plärrt gerade in seiner nervenden Singsangstimme: „Guten
Morgen Dominocity, es ist sogar ein ausgesprochen schöner Mittwochmorgen. In
wenigen Minuten hören sie die 8-Uhr-Nachrichten! Aber zuerst noch ein kleiner
Song……“
Seufzend drehe ich mich wieder zu Yami um. Dieser scheint langsam aus seiner
eigenen kleinen Welt aufzutauchen und sieht mich das erste Mal an diesem Morgen
an, als ob er mich erst jetzt richtig erkennen würde. Mich würde
interessieren, für wen er mich gehalten hat? Oder ob er einfach gar nichts von
seiner Umwelt wahrgenommen hatte?
Seine Augen wirken magnetisierend auf mich, als ob ich meine Augen nie wieder
von den seinen lösen könnte, seine wunderschönen Amethyste nie wieder aus den
Augen lassen könnte.
Im Hintergrund erschallen die ersten Töne des angekündigten Liedes, sogar
eines meiner Lieblingslieder, „Fix you“ von Coldplay.
Uns immer noch in die Augen blickend lauschen wir gebannt Chris Martins Stimme.
When you try your best but you don't succeed
When you get what you want but not what you need
When you feel so tired but you can't sleep
Stuck in reverse
And the tears come streaming down your face
When you lose something you can't replace
When you love someone but it goes to waste
Could it be worse?
Lights will guide you home
And ignite your bones
And I will try to fix you
And high up above or down below
When you're too in love to let it go
But if you never try you'll never know
Just what you're worth
Lights will guide you home
And ignite your bones
And I will try to fix you
Tears stream down your face
when you lose something you cannot replace
Tears stream down your face
And I
Tears stream down your face
I promise you I will learn from my mistakes
Tears stream down your face
And I
Lights will guide you home
And ignite your bones
And I will try to fix you
Wie passend und doch gerade zu unpassend das Lied doch im Moment gerade ist.
Aber das Gefühl, dass der Song vermittelt trifft zu Hundertprozent zu. Ich will
nichts anderes, als ihm den Schmerz zu nehmen. Der Schmerz, der zu deutlich in
diese violettfarbenen Tiefen geschrieben steht. Der Schmerz, der ihn droht zu
verschlingen.
Sanft lege ich meine Hand wieder auf seine Schulter und drücke leicht zu.
„Yami, ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“
„Es….es geht …schon“, antwortet er mir zögerlich und heißer.
Halleluja, das Sprechen hat er doch nicht verlernt.
Geschockt halte ich kurz in meinen Gedanken inne. Woher kam dieser Sarkasmus,
diese Gemeinheit, die definitiv unpassend ist? Ich weiß nicht, was Yami in
seiner Vergangenheit durchgemacht, wie kann ich mir anmaßen, da ihm einen
Vorwurf zu machen, wenn ihn seine Vergangenheit einmal einholt und er mich nicht
sofort wahrnimmt?
Ich habe mich wirklich seit Opas Tod gewaltig verändert?
„Wirklich Yami? Du siehst wirklich extrem blaß aus?“
Yugi, jetzt reichts, schalte ich mich innerlich. Du hast jetzt innerhalb von 10
Minuten, die so ziemlich dämlichsten Sätze raus gebracht, die einen nur in
dieser Situation einfallen können.
„Wirklich Yugi, das war nur ein Traum“, setzt er mit beschwichtigender
Stimme an. Die Frage bleibt nur, wen er denn eigentlich beschwichtigen will,
mich oder sich selbst?
Ich sehe, wie er mich sich selber hadert, wie er versucht sich unter Kontrolle
zu bekommen. Ich kenne das, das Bedürfnis seine Mitmenschen nichts von seiner
seelischen Situation zu zeigen, nach außen hin immer gefasst zu wirken. Ich
kenne dieses Gefühl nur zu gut. Das Einzige, was man da will, ist für kurze
Zeit allein zu sein, um die Kraft zu schöpfen, die man benötigt, um sich
seiner Umwelt zu stellen.
„Yami, ich mach uns schnell einen Tee, dann können wir reden, falls du
magst.“ Ich erhebe mich kurzerhand und er starrt mit weit aufgerissenen Augen
mich erstaunt an.
Die Überraschung über mein Verhalten spricht aus seiner ganzen Haltung. Ach
Yami, du bist nicht der einzige, dem es gelingt in anderen zu lesen. „Bin
gleich zurück.“
Schnell gehe ich die Treppen hinunter in die Küche. Meine Brust schmerzt
leicht, doch ich ignoriere das. Meine Güte, ich bin gerade erst aus dem
Krankenhaus entlassen worden, wen würde da seien Verletzung nicht wehtun?
Stimmt jedem, also was soll das? Wenn ich wegen jedem Wehwehchen gleich immer
Alarm schlagen würde, ja dann würden wir ja nie wieder fertig werden, mit der
Behandlung.
Ich lasse Wasser in den Wasserkocher laufen und schalte ihn ein. Mit geübten
Handgriffen hole ich 2 Tassen aus dem Schrank und greife nach der Dose mit dem
Tee, nur um zu merken, dass wir gar keinen mehr haben.
So ein verdammter Mist! Immer wenn man dieses Zeug braucht, dann ist es nie da.
So geht es mir auch immer, wenn ich Erkältungen habe, nie ist das Zeug da. Ein
entnervter Seufzer entflieht mir. Na dann geh ich halt schnell zum Supermarkt um
die Ecke, um das verdammte Zeug zu holen, gebraucht wird es dringend. Außerdem
kann ich dann auch gleich Frühstück für uns mitbringen.
Schnell greife ich mir meinen Geldbeutel und meine Schlüssel. Ich trete in den
Korridor und werfe meine Jacke über. Gerade als ich zur Haustür hinaus treten
will, fällt mir ein, dass Yami ja gar nicht weiß, wo ich bin, wenn er herunter
kommt.
„Yami, ich bin gleich wieder da. Bin bloß schnell einkaufen.“, schreie ich
durchs Haus und verlasse es endgültig.
Doch ich komme nicht weit die Straße hinunter. Gerade als ich 10 Schritte
gegangen bin, ergreift mich einen Hand von hinten und zieht mich ruckartig an
den dazugehörigen Körper.
„Na endlich, Kleiner. Dich abzupassen stellt sich als echt schwierig
heraus.“ Noch bevor ich etwas antworten kann, geschweige denn mir eine
Erwiderung zu überlegen zeiht er mich in die angrenzende Seitengasse und
Dunkelheit umfängt mich. Schon wieder!!
*******Yami********
„….bin gleich wieder da. ..bloß schnell einkaufen!“ NEIN! Verdammt nein,
er darf doch noch nicht allein herumspazieren, was denkt er sich eigentlich?
Hastig stehe ich auf und eile die Treppen hinunter, sehe aber bloß noch wie die
Haustür sich schließt.
Mist mist mist. Und so kann ich auch nicht hinaus. Ich kann ihm nicht nach. Und
das alles bloß wegen meiner ver******* Kindheit. Das ist doch zum Ausrasten.
Ich könnte im Moment alles kurz und klein schlagen, teils aus Frustration,
teils aber auch aus unterdrückter Wut, unterdrückter Wut auf meine Eltern, die
mich allein ließen, auf Thunder, der mich einfach in dieses Milieu
hineingebracht hat, Wut auf das Schicksal, warum es mir einen Menschen zeigt,
den ich nie haben kann. Was will Yugi auch mit mir? Meine Vergangenheit klebt an
mir, ich werde sie nicht los. Einmal Gang, immer Gang. Das ist das Motto in
dieser Szene. Wie wahr es doch ist, selbst wenn man es noch so sehr versucht
loszukommen, es will einfach nicht gelingen. Immer wieder kommen Situationen,
bei denen du erinnert wirst, WOHIN DU gehörst. Wie die Sache mit Yugi.
Thunder hätte ihn nie anschießen könne, wäre ich nicht gewesen.
Zum Haare ausraufen. Dabei bedeutet mir doch das normale Leben bedeutend mehr,
als es mein früheres Leben getan hat. Geld, teuere Klamotten, rauschende Feste,
Weiber soweit das Auge reicht, sind zwar schön und gut aber es erfüllt einen
nicht.
Das ist mir jetzt endgültig klar geworden. Normaler Alltag, eine Beziehung, in
der man Liebe empfängt und geben kann, sind viel wichtiger.
Warum soll mir das dann verwehrt bleiben?
GENAU weil ich ne s**** Jugend hatte.
Wie unfair die Welt doch ist.
Langsam gehe ich wieder in Yugis Zimmer und ziehe mich eilig an.
Ich geh ihm doch nach, für den Fall der Fälle. Man kann doch nie wissen und
wenn ihm was passiert, während ich nicht da bin……..nicht auszudenken.
Eilig spurte ich die Treppen wieder hinunter. Da klingelt die Türe. Klingeln?
Wer sollte um….halb neun denn schon klingeln? Yugi hat doch seinen Schlüssel
mit….Kurz versichere ich mich…ja hat er.
Wer ist das dann also?
Vielleicht ja doch Yugi und er hat keine Hände frei um die Türe aufzusperren.
Ich gehe seufzend an die Türe.
Und falle beinahe in Ohnmacht vor Schock!
„Mein Gott Yami, du hast dich wieder nicht versichert, wer vor deiner Türe
steht! Ich hab wirklich geschlampt bei deiner Ausbildung.“ Thunders tiefe
Stimme trieft vor Sarkasmus. Doch mich interessiert mehr, wer sich da in seinen
Armen befindet. Diabolisch lächelnd folgt er meinem Blick.
„Schau doch nur, wer da den Weg in meine Arme gefunden hat.“
Ein unterdrückter Ausruf entfährt mir. In seinen Armen liegt Yugi, bewusstlos.
„Sag Yami, was hast du denn heute vor? Willst du nicht mich und Yugi
begleiten?“
Zornfunkelnd blicke ich ihn an. Dieses A*****gesicht!
Was hat der denn jetzt schon wieder vor? Geschlagen blicke ich noch kurz zurück
ob noch ein Licht brennt und trete dann vor die Haustür und verschließe sie.
„Guter Junge, ich wusste doch, wenn man dir die passenden Anreize bietet dann
machst du, was man dir befiehlt!“
Ich erwidere nichts darauf. Was denn auch?
Stumm folge ich ihm.
Songtext: Coldplay - Fix You
A/N: Das Neue chap hat jetzt wieder etwas länger gedauert, dafür wollen wir
uns wirklich wirklich entschuldigen*kopf senk* Wir hoffen das Chap entschädigt
für die Wartezeit. Und wir haben uns was überlegt. Wie oft hat man Storys wo
man auch Ideen hat wies weitergeht? Also wir haben viele*ggg* Und da haben wir
uns gedacht dass IHR uns Ideen präsentieren könnt, wie es weitergehen soll und
wir verarbeiten sie dann. Freuen uns rießig auf eure Ideen.
Bis zun nächsten Mal.
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