Eros von Nanjo_Koji (RikuxSora) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ich brenne. Sand unter meinen Füßen, Steine, Staub, der Horizont. Ein Weg über glühende Wüste. Schneller, weiter. Bevor das Licht mich versengt. Mittagssonne auf den Wogen, Splitter auf brennendem Öl. Apokalypse auf meinem Rücken. Schneller, weiter. Alles brennt, schneidende Hitze gleißende Sonne. Der Horizont verwischt mit dem Schweiß in meinen Augen. Der dumpfe Widerklang meiner Schritte, monoton, rhythmisch, das Geräusch meines Herzens. Ich bin auf der Straße zwischen Strand und Brandung. Schnell, schneller. Du bist hinter mir, ich kann dich fast in meinem Nacken spüren. Schauer, Hitze, brennender Asphalt. Du weißt nicht, warum ich schneller bin. Ich kann die Hitze nicht ertragen. Mittagssonne auf meinen Schultern. Ich jage über den Sand. Kannst du mich noch sehen? Ich bin eins mit dem Wind, blau, das Meer, gelb, der Sand, schwarz, Felsen, weiß, das Licht. Es ist als gäbe es mich gar nicht. Schneller. Feuer. Du bist hinter mir. Heiß, so heiß. Kannst du mich sehen? Die Mittagssonne in deinen Augen. Du lässt mich verbrennen. Du weißt nicht, warum ich schneller bin. Schau mich nicht an. Geh nicht weg. Ich bin gespalten bis ins Innerste. Ich bin die Mücke und du bist das Licht. Leben, Sterben, alles nur durch dich. Berühre mich und ich werde sterben. Berühre mich. Ich kann nicht leben ohne dich. Ich beiße die Zähne zusammen. Ironie schmeckt bitter. Ein Grinsen. Kampfgeist. Das hier ist Kampf. Nicht gegen dich. Gegen mich selbst. Eine paradoxe Situation. Gewinnen ist verlieren. Interessant, unter anderen Umständen hätte ich eine Weile darüber nachgedacht. Aber das hier bin ich, das ist mein Kampf, und ich kann nicht darüber nachdenken, weil ich keine Distanz habe. Weiterlaufen. Weglaufen? Ich kann nicht. Ich komme nicht los von dir. Dieser dünne rote Faden hält mich fest an dir, verbindet uns wie der Horizont. Ich taumle im Wind als wäre ich ein Drachen, und du lenkst mich, reißt mich herum und ich sehe in dein Gesicht, so strahlend, so voller Lachen, so große blaue Augen wie der Mittelpunkt des Himmels, deine seidige mandelbraune Haut, die sanfte Beugung deiner Schläfe, das Haselnusshaar auf deiner Stirn, die Grübchen deiner Wangen wenn du lachst, dieses Strahlen, dieses Licht, diese unbeugsame Freude. Soviel Leben ist in dir, dass du meines verblassen lässt. Solche Unschuld, solche Schönheit. Ich kann dich nicht ansehen. Ich kann nicht. Nichts geht mehr, nichts geht mehr ohne dich. Ich laufe weiter. Schneller, du holst mich nicht ein. Ich kann dich nicht ansehen. Ich kann nur knapp vor dir laufen, deinen Atem im Nacken, diesen schrecklichen roten Faden zwischen uns gespannt; ich bin auf der Flucht, ich will dass du mich einholst, ich will weg hier, ich will die Zeit anhalten. Ich weiß es selbst nicht mehr, ich weiß nicht wohin. Den Strand entlang, durchs Ziel, weiter, weiter; in Wirklichkeit laufe ich noch weiter wenn meine Schritte schon verebbt sind, wenn ich grinsend am Ziel auf dich warte. Ich wische mit dem Handrücken über mein Gesicht. Schweiß. Nur Schweiß. Deine Sonne versengt meinen Rücken. Ich höre dich rufen, ich höre dich lachen, das Klatschen deiner Schritte auf den letzten Armen der Brandung auf dem Sand. Ich spüre wie du die Arme hebst, ich spüre wie du springst, wie das Wasser um deine Beine empor spritzt, das klebrige Salz auf deiner Haut, ich spüre wie die Sonne sich in jeden Gischttropfen bricht, ich spüre wie der wind dein dunkles Haar zerzaust, den Wassertropfen, der deine Brust hinab rinnt. Ich schließe die Augen, dabei kann ich dich gar nicht sehen. Im Geiste halte ich dich fest. Dort folgen meine Finger diesem Wassertropfen. Ich will berühren, was er berührt hat. Und langsam zieht sich diese dünne rote Schlinge um meinen Hals. Dein Lachen schnürt mir die Kehle zu, deine Unschuld raub mir den Atem. Im Geiste ziehe ich dich zu Boden. Laufe ich noch? Ja. Alles in Ordnung. Ich laufe noch. Ein Wettrennen? Ein Kinderspiel? Das ist es schon lange nicht mehr. Das hier ist Kampf. Ich bin stärker als du. Ich habe immer gewonnen. Ich bin stärker. Mein Körper ist stärker. Und mein Herz...? Ich laufe noch. Adagio (Hoffnung in dich), Agape (Vertrauen in dich), Eros (Verlangen nach dir). Wieder verschwimmt der Horizont. Darf ich Hoffnung haben? Und dann denke ich n das lachende Gesicht eines Mädchens, das irgendwo da hinten auf uns wartet, und doch in Wirklichkeit nur auf einen von uns. Nein. Nein, nichts wird je sein. Was kann ich dir schon geben? Aber ich werde es dir sagen. Ich werde es dir sagen, weil es mein Herz zerfrisst. Ich werde es dir sagen, bevor nichts mehr von mir übrig ist, das es dir sagen kann. Und irgendwo in mir ist ein kleines Licht, das flackert obwohl es schon lange ausgegangen sein sollte. Eine Teetasse voll Hoffnung. Ich halte die Luft an. Meine schritte machen sich selbstständig, verstummen, zusammen mit meinem Herzschlag. Ich bleibe stehen und wende mich um. Diese großen strahlenden Augen blicken mich für eine Millisekunde verwirrt an. Dann höre ich einen dumpfen Aufschlag, spüre Wärme, spüre feinen Sand in meinem rücken, spüre einen leichten Wind, spüre deinen linken arm über meiner Schulter. Der rote Faden hat sich zwischen uns verfangen. Ich bekomme kaum noch Luft. Und dann höre ich dich lachen. Ich höre dich lachen gegen meine Brust, während wir zusammen in der Brandung liegen, ineinander verkeilt wie Tag und Nacht in der Dämmerung. Ich kann mich kaum bewegen. Dein linker Arm liegt über meiner Schulter, mein Kinn ruht auf deinem kopf. Deine Knie sind im Sand vergraben, deine warmen Schenkel halten meinen Schoß gefangen und ich höre mich lachen und fühle meine hand in deinem Haar, während ich dir im Geiste alles vom Leib reiße. Mein Körper macht sich selbstständig, ich schließe dich für einen Moment fest in die arme und du schaust mich an, ganz still. Was in deinen Augen ist, kann ich nicht lesen. Jetzt. Jetzt ist der Moment. Doch bevor ich noch den Mund öffnen kann, ist mein Körper schon weiter gegangen, ich werfe dich um, ich lache, rolle dich auf den rücken ins flache Wasser und kniehe mich über dich. Auch du lachst, wehrst dich, zappelst, spritzt mir Wasser in die Augen. Sehr erfolgreich bist du nicht. Dein Haar hängt dir in Strähnen ins Gesicht, ich werfe Schatten auf deinen Mandelleib. Wassertropfen auf deiner Brust. Im Geiste beuge ich mich herab und küsse sie. Ich kenne jede kurve, jede Biegung deiner Körpers. Drei Wölbungen deiner Brust bis hinauf zum Jochbein, die sanfte Einbuchtung deines Halses, die Narbe über deinem rechten Knöchel; all dies sind deine kleinen Merkmale, die mich verführen und die nachts durch meinen Kopf spuken. Ich kniehe über dir, ich halte dich fest und wir lachen, doch in Wahrheit lacht nur einer von uns. Das ist kein Kinderspiel mehr. Wie lange willst du mir das noch antun? Wie lange kann ich noch so weitermachen? Ich öffne den Mund, jetzt, jetzt sage ich es dir. Aber du hebst den linken Arm und die Stimme versagt mir, der rote Faden liegt um meinen Hals und die Mittagssonne in deinen Augen lässt mich erblinden. Ich kann nicht. Du bist so schön, du bist so unberührbar. Ich will dein Licht nicht trüben. Ich bleibe in den Schatten. Ich kann nicht mehr. Ein Stoß, Wasser spritzt, ich spüre Kälte um mich herum, und vor mir kniest du in der Gischt und grinst mich an. Ich muss wohl für einen Augenblick den Griff gelockert haben. Ich grinse zurück, ein wenig boshaft, und plötzlich bin ich wieder ich. Ich springe auf, einen Schritt dir entgegen. Der rote Faden entspannt sich, eine Elle von dir entfernt packe ich dich um deine schmale Taille und werfe dich auch meine Schulter. Du lachst und schreist und zappelst und trittst mich mit den Knien in die Brust, aber ich halte dich fest, drehe mich zweimal um mich selbst und lasse dich dann ganz plötzlich fallen. Deine Augen sind so groß als du im flachen Wasser aufkommst. Das Band, das mich an dir hält, reißt mich mit dir ein Stück nach unten und ich sehe dich ganz nah vor mir. Warum lächelst du so? Mir wird ganz kalt. So darfst du nicht lächeln. Niemand darf so lächeln. Du stehst auf, ganz langsam (oder erscheint es mir nur so?), Salzwasser perlt in gleißenden Kaskaden von dir ab, die Symphonie von Wassertropfen auf der Oberfläche, eine Hand in deinem Haar, dein Augenaufschlag wie der erste Ton einer Sonate, und du siehst mich direkt an, als könntest du alles in mir sehen. Schrecklich, schrecklich, schrecklich schön. Ich weiche einen Schritt zurück, die Arme leicht abgespreizt, Knie leicht gebeugt, Oberkörper dir entgegen, auf dem Sprung als das Sparring beginnt. Mein Geist ist gelähmt. Du holst aus nach mir, eine seitliche Wendung, ich packe dein Handgelenk, jetzt bin ich hinter dir. Die Finger deiner linken Hand spielen ein Andante auf dem Wind, eine dünne rote Schlinge um meinen hals zieht sich zu, du erstickst mich mit deinem herausfordernden Grinsen. Ich kämpfe um meinen Verstand. Ich ringe um mein Leben als ich dir einen Stoß versetze, deinen Schwung von vorne auffange und dann einen Satz nach hinten mache und dich taumeln lasse. Als du fällst, ziehst du mich mit hinab. Wasser spritzt, du kannst mich nicht sehen, ich tauche durchs flache Wasser hinaus. Die Flut kommt. Der Sog zerrt an mir, verwischt mein Haar wie eine weiße Wolke im Himmel, zieht mich zurück zu dir, zusammen mit allem in mir, aber meine Füße fassen bereits Grund und ich stehe auf, bis zu den Schenkeln im Meer. Die Strömung zieht mich jetzt hinaus, ich kann spüren wie sich eine Wasserwand hinter mir aufbaut, aber ich sehe dich am Ufer stehen, die zarte Grenze der Brandung zwischen uns, und du hast mich gesehen. Als ich deine Augen treffe, fällt mein Verstand in sich zusammen. Hast du gedacht, ich wäre fort? Wie denn? Dieses dünne rote Band an deinem kleinen Finger hält mich fest. Wohin kann ich gehen, wenn nicht dorthin, wo du bist? Ein Wind kommt auf als griffe ein Schatten nach mir. Ich öffne meine Hand. Jetzt. Jetzt ist der Moment. Komm zu mir, Sora! Und als sähst du direkt in mich hinein, werden deine Augen weit und plötzlich bist du auf dem Weg zu mir, ein Satz, noch einer, deine Hand nach mir ausgestreckt, so wie die meine nach dir. Ein Licht in mir schwillt an wie die Flut in meinem Rücken und als ich noch in deine Augen sehe, bricht ein strahlender Spiegel über uns zusammen. Ich streife dich, deine Hand, dein Herz, die Strömung reißt uns auseinander, und ich sehe Verzweiflung in dir. Was ist da in deinen Augen? Warum siehst du mich so an? Warum siehst du mich mit Augen an, in denen der Himmel schlafloser Nächte voller Angst und Sehnsucht steht? Meine Hand ist noch immer offen, ist dir noch immer zugewandt, und mein Gesicht ist ganz ruhig. Was ist da in dir? Dein Licht sieht plötzlich so anders aus... Und während wir noch auseinander treiben, umarmen sich unsere Herzen für einen Augenblick. Dann durchbrichst du die Oberfläche. Ich spüre, wie du dich nach mir umsiehst, ich spüre Unsicherheit und einen Moment von stumpfer Furcht. Alles ist still. Und dort hinten ist das lachende Gesicht eines Mädchens. Jetzt wendest du dich zu ihr um und läufst ihr entgegen. Dieses Wettrennen hast du gewonnen. Auf dem Weg aus der Hölle habe ich zurück gesehen. Willkommen, Orpheus. Du wirst das Licht nie wieder sehen. Denn dort hinten läuft es, ein roter Stern auf dem Wasser, immer weiter fort mit jedem Augenblick, und mein Herz wird bald aufhören zu schlagen. Ein rotes Band um meinen Hals. Ersticke mich, töte mich, begrabe mich unter Oktoberrosen. Sterben schmeckt bitter. Mein Gesicht entspannt sich, ich atme aus. Meine Arme sind bleich, meine Wangen, nur auf meinen Schultern liegt der Kuss der Sonne. Ich lächle und sehe dir nach. Morgen. Morgen werde ich es dir sagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)