Dunkle Dämmerung von Perro (Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*) ================================================================================ Kapitel 5: Die Höhle der Prüfungen ---------------------------------- Kapitel V - Die Höhle der Prüfungen Wahre Krieger zeigen nie Furcht und egal wie sehr sie leiden oder zweifeln, sie kehren niemals um. Das ist die Grundregel, die uns jedes noch so unbekannte Fantasybuch vermitteln will. Als ich vor meinen Lehrern, die zu Freunden geworden waren, stand, versuchte ich genau dieses Motto mit aller Härte zu verfolgen, auch wenn ich am liebsten sofort aufgegeben hätte. Wie konnten sie von mir verlangen hinunter in die Höhle der Prüfungen zu gehen, an einen Ort der Dunkelheit, voller tödlicher Dämonen? Als Anwärterin weiß man nichts über den letzten Test der Ausbildung. Damals dachte ich noch, dass jeder diese Art der Prüfung über sich ergehen lassen musste, sonst hätte ich mich vermutlich geweigert so etwas Gefährliches zu tun. Doch ich war fünfzehn und noch zu naiv für das Leben eines Lancelor. Ich dachte niemals darüber nach, dass man diese Aufgabe nur mir mit solch einem Schwierigkeitsgrad aufgetragen hatte. Entschlossen nahm ich Rucksack, Headset und Waffe, verabschiedete mich von meinen Trainern und trat durch die unauffällige Tür an einer Seite des Technikraums, die direkt zu der Endlosen Treppe ging. Die uralten Stufen führten tiefer und tiefer in die Finsternis, wo sie sich irgendwann in dem schwarzen Nebel verloren... Zeliarina stand voller Unbehagen am oberen Absatz der Endlosen Treppe und blickte mit ihren grünen Augen an ihr herab. Die Stufen aus hartem Stein waren in der Mitte von unzähligen Füßen abgenutzt und mit schmierigem Moos bewachsen. Nur zögerlich wagte Zeliarina es einen Schritt zu setzen und den Abstieg zu beginnen. Eigentlich hatte sie noch nie Probleme mit Höhe gehabt, doch bei dem Anblick der steilen Treppe fing ihre Haut an unangenehm zu prickeln. Ein eisiger Windhauch stieg aus dem Tiefen empor, um ihr die schulterlangen, blonden Haare durcheinander zu wirbeln. Es war, als würden in ihrem Kopf Stimmen wispern... Dunkelheit liegt hinter dir...Dunkelheit liegt vor dir...Dunkelheit umgibt dich überall... Zeliarinas Herz begann schmerzhaft schnell zu klopfen, bis es ihr schwer fiel zu atmen. Zitternd setzte sie einen weiteren Fuß auf die nächste, verfallene Stufe, während ihre Gedanken bangend darum schweiften, was passieren würde wenn sie den Halt verlöre. Eigentlich war es nur eine ganz normale Treppe, aber im Anbetracht der schrecklichen Höhe schien selbst sie eine bedrohliche Gefahr darzustellen. Dunkelheit liegt in deinem Herzen...Du versteckst sie, Mädchen, versuchst sie für andere unsichtbar zu halten...Doch die Dunkelheit wird immer bleiben, unsichtbar, aber dennoch quälend... Der Abstieg schien sich tatsächlich bis zur Endlosigkeit auszudehnen. Zeliarina versuchte mehrmals die Stufen zu zählen, doch irgendwie verlor sich ihr Vorhaben sofort wieder, als wäre es ihr nicht bestimmt die Länge der Treppe zu verfolgen. Der kalte Wind ließ sie frösteln, brachte sie nach einiger Zeit sogar fast um den Verstand. Doch noch schlimmer waren die wispernden Stimmen, die immer wieder in ihren Ohren dröhnten und sie zu verspotten schienen. Schwarze Hexe, dunkle Hexe...in dir liegt Dunkelheit, du kannst es nicht leugnen...Und egal wie sehr du dich quälst um sie zu besiegen, sie wird deinen Weg bis zum bitteren Ende begleiten...Dunkelheit... Frierend stieg Zeliarina tiefer und tiefer hinab in die Höhle. Manchmal spürte sie kurz das Aufblitzen einer schwarzen Aura, fern, doch deutlich zu spüren. Die Tryclonns warteten am Grund auf sie. Zeliarina spürte den schrecklichen Hass, der in den Dämonen tobte. Seit einer Ewigkeit waren sie eingesperrt gewesen, nun wurden sie in diese Höhle gesteckt, abgeschottet vom Rest der Welt. Der Hass war so intensiv, dass die junge Hexe jedes Mal zusammenzuckte, wen sie eine Aura erfühlte. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihre rechte Hand. Du kannst es nicht leugnen...Du kannst es nicht leugnen... Erst jetzt bemerkte Zeliarina, dass sie all die Zeit über Pistole und Headset fest umklammert hatte. Mit dem wachsenden Gefühl dem Wahnsinn zu verfallen setzte sie sich vorsichtig das silberne Headset auf den Kopf und schnallte den Waffengürtel um. Nach kurzem Überlegen nahm sie die schwere Pistole aus der Halterung, zog ein Magazin aus dem Rucksack und schob es in den Griff. Zeliarina erkannte inzwischen die verschiedenen Arten der Munition, Siviusson hatte sie ihr tausendmal eingebläut. Du kannst es nicht leugnen... Runenmunition, die einfachsten Projektile der Lancer. Sie waren gefüllt mit geweihtem Silberstaub und konnten Niederdämonen wie Tryclonns beinahe Problemlos beseitigen. Es gab noch viele andere Arten, doch Zeliarina hatte bis auf Signalmunition, die Leuchtkugeln abfeuerte, nur diese Runenmunition. Schwarze Hexe! Warum gingen die Stimmen nicht weg, egal wie sehr sie sich versuchte abzulenken? Warum wurde sie verspottet auf dem Weg zu ihrer Prüfung in der Finsternis? Dunkle Hexe!!! Plötzlich berührte Zeliarinas Fuß festen Boden, der unter ihrer Sohle wie eine dünne Sandschicht knirschte. Ihre Augen hatten sich genug an die Dunkelheit gewöhnt um die Umrisse von zerfallenen Mauern, Steinhügeln und umgestürzten Säulen zu erkennen. Das Headset schien sich wie ein Schraubstock um ihren Kopf zu pressen. Zeliarina wusste, ihre Trainer konnten sie oben hören, doch kein Wort ging über ihre Lippen. Storm und die anderen würden nur mit ihr reden, wenn sie in Not war. Ansonsten war sie auf sich alleine gestellt... "Na dann", flüsterte das Mädchen mit dünner Stimme, "Ich bin bereit..." Ab diesem Punkt der Geschichte werde ich auch von Momenten reden, in denen ich nicht anwesend war. Vieles davon habe ich durch die Erzählung anderer rekonstruiert, manches werde ich auch einfach nur so berichten, wie ich glaube dass es passiert ist. So geschah nun meiner Meinung nach, während meinem Abstieg in die Höhle der Prüfungen folgendes im Technikraum: "War das wirklich nötig? Zwanzig Tryclonns? Für die normale Prüfung schaffen wir kaum fünf von ihnen in die Höhle der Prüfungen!", protestierte Dunkan zweifelnd, als er seiner Schülerin durch die große Glaswand hindurch dabei zusah, wie sie langsam die Stufen zu ihrer letzten Aufgabe hinab stieg. Neben ihm hatte sich Storm bereits auf einem bequemen Drehstuhl niedergelassen, um den Peilsender an Zeliarinas Rucksack zu checken. Wie von Sinnen hackte er auf der Tastatur vor ihm ein. "Ja, es war nötig...", antwortete das Oberhaupt klar, "Die Wächterin Thundenstars muss in die Dunkelheit gehen und sich der Gefahr gegenüber sehen. Sie muss ihre Existenz neu entdecken, um als starke Lancelorin geboren zu werden. Nur wenn sie stark und entschlossen kämpfen kann, haben wir eine Chance das Götterschwert des Donners und seine Wächterin gegen den Orden der Dämonen zu halten..." "Aber...sie ist doch erst fünfzehn..." "Das Alter ist egal, wenn ihr Herz und ihr Geist die richtigen Entscheidungen treffen. Glaube mir, John Dunkan, ich habe jeden Schritt von Zeliarina Heartstrongs Ausbildung beobachtet und weiß ganz genau, was ich ihr zumuten kann..." Das Oberhaupt wurde niemals laut, doch seine unirdische Stimme konnte auf eine merkwürdige Weise so fest werden, dass niemand wagte zu widersprechen. Genauso erging es Dunkan, der nun langsam nickte, dabei jedoch weiterhin hinaus zu der Höhle der Prüfungen starrte. "Zwanzig Tryclonns...", murmelte er immer wieder. "Zwanzig..." "Ich finde ihr mutet dem Mädchen ganz schön viel zu...", ließ sich nun eine neue Stimme vernehmen. Dunkan wirbelte herum und erkannte Dymeon mit verschränkten Armen in dem Schatten einer Zimmerecke stehen. Sein schwarzer, langer Mantel schien ihn beinahe eins mit der schwachen Dunkelheit werden. Peter Pendrian war sofort auf den Beinen, riss seine Waffe aus dem Gürtel und richtete sie auf den Dämon "Blutträne!", brüllte er hasserfüllt. "Du wagst es hier mitten unter uns zu erscheinen, direkt auf Falcaniar? Wieso spüre ich deine widerwärtige Aura nicht?!" Pendrian warf Dunkan einen schnellen Blick zu. "Du hast ihm seine alte Kette wiedergegeben, nicht wahr? Du hast dich mit ihm getroffen und dem Orden verschwiegen, wo sich der gesuchte Dämon aufhält!" "Ruhig, Peter...Ja, ich habe ihm den Auraunterdrücker zurückgegeben. Doch du musst endlich aufhören deinen Hass gegen ihn zu richten, er steht auf unserer Seite, er kämpft gegen den Däezander...gegen seine eigene Spezies..." "Er hat mein Dorf getötet, meine Freunde, meine Familie! Nur aus diesem Grund trag ich heute diese Waffe, nur deswegen kämpfe ich bei den Lancelor! Ich will Blutträne endlich tot sehen!!!" Rasend vor Wut schoss Pendrian sein ganzes Magazin leer. Dymeon wich nicht aus. Jeder konnte genau dabei zusehen, wie sich die einzelnen Projektile einem Hagel gleich in seinen Körper bohrten und hässliche Löcher in Mantel und Brust brannten. Keuchend ging Dymeon in die Knie und fing seinen weiteren Sturz geradeso mit einer Hand ab. "Schon wieder...nur Runenmunition...du hast einfach nichts dazugelernt...Peter..." "Ich bring dich um!" "Dann...tue es doch endlich...ich nehme jede Strafe für die Zerstörung deines Dorfes an...doch dann wirst du nie die Wahrheit wissen...die Wahrheit, warum ich deine Freunde töten musste..." Dymeons Worte schienen gar nicht bei Pendrian anzukommen. Mit einem irren Glanz zog er ein weiteres Magazin aus der Tasche und richtete seine neu geladene Waffe genau zwischen die dunklen Augen des Dämons. Doch gerade als er den Abzug betätigen wollte, erklang die Stimme des Oberhauptes, die keinen Widerspruch zuließ: "Hört sofort auf..." Selbst Pendrian, durch seinen Hass blind und tobend, gehorchte ohne ein weiteres Wort und steckte mit großem Widerwillen seine Waffe weg. Dymeon erhob sich mühelos, so dass Dunkan gerade noch erkennen konnte, wie sich die Brandwunden der Runenmunition bereits wieder schlossen. Das Oberhaupt schritt bedächtig auf den Dämon zu. "Dymeon Blutträne...der uns vor fünfundzwanzig Jahren gute Dienste leistete...warum bist du hier...?" "Ich wollte dem Mädchen bei ihrer Prüfung zusehen. Es interessiert mich, wie sie abschneiden wird." Das Oberhaupt nickte bedächtig und berührte mit seinen Finger Dymeons Stirn, die wie immer von dunklen, verfilzten Haarsträhnen verdeckt war. Dann deutete er auf einen freien Platz neben Storm. "Es sei dir gestattet..." Als sich Dymeon setzte, stürmte Pendrian fauchend aus dem Raum. Schweigend und nachdenklich wanderte Zeliarina durch die verfallenen Überreste eines Gebäudes, das in vergangen Zeiten vielleicht einmal einen Tempel oder eine Opferstätte dargestellt hatte. Heute wuchs schleimiges Moos auf den einst prachtvollen Säulen und Staub bedeckte die wundervollen Gravierungen in Stein und Marmor. Zeliarina schauderte von einer nicht identifizierbaren Trauer ergriffen. An diesem Ort haftete ein beinahe greifbarer Kummer, der sich in das Herz der jungen Hexe setzte. Nach den hämischen, flüsternden Stimmen auf der Endlosen Treppe tat er merkwürdig gut. Es ist hier wie auf einem Friedhof...Eine bedrückende und doch friedliche Atmosphäre... Der Staub der Höhle machte Zeliarina schnell durstig, so dass sie ihre trockene Kehle mit einem Schluck aus der Mineralwasserflasche aus ihrem Rucksack anfeuchtete. Gerade als sie das Behältnis zurück in das Seitenfach steckte, schien ein scharfer Schmerz durch ihre Schädeldecke zu schießen, sich in der Brust zu gabeln und durch beide Arme bis in die Fingerspitzen zu fahren. Dämonenaura... Hastig zog Zeliarina ihre Waffe und sah sich um, doch in der Dunkelheit war nichts zu erkennen. Die Aura schien von überall zu kommen. Dann vernahm sie hinter sich ein Knirschen von Schritten, gefolgt von einem bedrohlichen Knurren. Zeliarina wirbelte herum, richtete ihre Pistole irgendwo in die Dunkelheit und rutschte über den Schotter der zerstörten Tempelanlage rückwärts. "Zeig dich!" Es knisterte in ihrem Ohr und für einen Moment wusste sie nicht mehr ob sie wirklich etwas gehört hatte oder es nur aus dem Headset gekommen war. "Zeige dich!" Wieder trat irgendjemand auf Sand und Steinen herum, diesmal jedoch in einer ganz anderen Richtung. Erschrocken fuhr Zeliarina wieder herum, ihre Augen suchten verzweifelt nach irgendeiner flüchtigen Bewegung in den Schatten. Wurde sie wahnsinnig? Wo waren die Tryclonns, sie spürte die Aura der Dämonen überall. "Zeigt euch!!!" Ihre Stimme hallte allein und verloren durch die Höhle. Wieder knurrte es irgendwo, an einer anderen Stelle rollte Schotter über eine Senke. Aus den Augenwinkeln erkannte Zeliarina tatsächlich jemanden, eine Armbewegung, dann ein Aufblitzen von Krallen. Das Mädchen konnte gerade noch so der Attacke des Tryclonns ausweichen, verlor auf dem unsicheren Grund jedoch sofort den Halt und stürzte heftig zu Boden. Ein Schmerz, ähnlich dem schrecklichen Gefühl in ihrem Kopf, durchzuckte ihr linkes Knie. Als sie aufsah, erkannte sie drei blutrote Augen in der Dunkelheit glühen. Der Tryclonn grinste schaurig, entblößte dabei seine grauenvollen, mit Speichel getränkten Reißzähne und setzte zu einem weiteren tödlichen Schlag an. Zeliarina stieß einen zornigen Schrei aus: "Ich bin jetzt ein Lancelor! Ich bin bereit zu kämpfen!" Dann knallte es unangenehm laut, als sich der Schuss löste. Die Augen des Tryclonns weiteten sich in einem einzigen Moment soweit, dass das Weiße deutlich zu sehen war. Zeliarina fühlte heißes Dämonenblut über ihre Hände fließen und roch den Gestank verkohlten Fleisches, weil der Schweif gesegneten Silberstaubs seinen Körper an manchen Stellen bis zu den Knochen heruntergebrannt hatte. Der Dämon stieß noch ein paar letzte, unverständliche Worte zusammen mit blutigem Speichel aus, dann sackte er leblos hintenüber. Einen Herzschlag lang erfüllte Schweigen die Höhle der Prüfungen. Zeliarina erhob sich trotz ihrem aufgeschlagenen Knie und starrte auf den Körper des Tryclonns hinab, ehe plötzlich ein weiterer Dämon aus der Dunkelheit angesprungen kam. Die Hexe riss entsetzt die Augen auf. In ihrer Überraschung konnte sie dem Angriff nur ganz knapp ausweichen, so dass eine Klaue des Tryclonns ihre Hüfte streifte und blutige Striemen auf ihre Haut zeichnete. Keuchend vor Schmerz ließ sich Zeliarina ein weiteres Mal fallen, machte eine seitliche Rolle und feuerte wütend ihr ganzes Magazin auf den Dämon leer. Während der Tryclonn wortlos in sich zusammenbrach, presste das Mädchen ihre Hände auf die Wunde an der Hüfte. Die Schnitte waren zum Glück nicht besonders tief, doch sie brannten trotzdem wie Hölle. Was ist das nur für ein schrecklicher Test? Es reicht ein Moment der Unachtsamkeit um zu sterben...Wie viele fähige Anwärter wurden wohl bei dieser Prüfung schon getötet? Zeliarina biss die Zähne zusammen, damit ihre Prüfer nicht über das Headset hören konnten, dass sie verletzt war. Jetzt, wo sie einmal so weit war, wollte sie keine Hilfe und auch kein Mitleid. Sie musste sich nur den schrecklichen Anblick der aschgrauen, gequälten Melissa ins Gedächtnis rufen um zu wissen, dass sie diese Aufgabe alleine bewältigen musste. Nur so werde ich eine richtige Lancelorin...Nur so werde ich Thundenstar würdig... Zeliarina blieb noch lange am Boden liegen, bis sich ihr rasender Puls etwas beruhigt hatte. Als ihre Hand endlich aufgehört hatte zu zittern, steckte sie die schwere Pistole zurück in den Halfter und setzte ihren Rucksack ab. Wie sie erhofft hatte befand sich genug Verbandszeug für eine ganze Armee darin. Nachdem sie ihre Hüfte und das aufgeschlagene Knie sorgsam verbunden hatte, schüttelte sie den kompletten Inhalt des Rucksacks vor sich auf den sandigen Boden. Zum Vorschein kamen außer dem Erste Hilfe Set einige Sandwichs, ein Feuerzeug, eine Taschenlampe, ein Schreibblock mit Stift, mehrere Meter Seil, Nadel, Faden und etwas, das wie ein riesiger Silvesterböller aussah. Ein Notsignal-Feuerwerkskörper... Zeliarina hatte die Dinger oft genug im Fernsehen gesehen. Vermutlich die letzte Rettung wenn das Headset versagte und sie in eine Lage geriet, die nicht mehr alleine zu bewältigen war. Die junge Donnerhexe drehte den Feuerwerkskörper nachdenklich in ihren Händen, ehe sie ihn zurück in den Rucksack steckte. Hoffentlich würde sie ihn erst gar nicht brauchen... Melissa lag gedankenverloren auf ihrem Bett und starrte an die Decke des Krankenzimmers. Ihre verschiedenfarbenen Augen, die ihre Mitmenschen sonst immer mit einem lebenslustigen Funkeln begeistert hatten, folgten trübe einer kleinen Spinne, die hoch oben an einem unsichtbaren Faden hin und her pendelte. Verfilzte, rote Haarsträhnen hingen ihr mitten in dem aschgrauen Gesicht herum, während sie ihren rechten Armstumpf streichelte. Die dicken Bandagen hatte Melissa inzwischen abnehmen können, doch eine große Stelle mit abblätterndem, alten Schorf erinnerte noch immer an den schrecklichen Augenblick vor 12 Wochen, an dem der Dämon Dymeon ihr ihren Arm nahm. Warum? Warum hatte sich ihre einstige Freundin ausgerechnet mit diesem boshaften Wesen verbündet? Melissa hatte die beiden oft während Zeliarinas Aufenthalt im Krankenzimmer beobachtet. Es war qualvoll gewesen ihren Todfeind mit dem Mädchen zu sehen, das selbst nach drei Monaten immer wieder zu Besuch kam um sie aufzumuntern. Dymeon und Zeliarina hatten sich oft unterhalten. Der Dämon war mehrmals an ihr Bett gekommen, sie waren nett zueinander...beinahe...wie Freunde... Nun hatte Melissa niemanden mehr auf der Welt. Alle taten ihr Bestes um ihr trotz ihrer Behinderung das Gefühl zu geben normal zu sein, doch sie hatte die mitleidigen Blicke immer gesehen, wenn sie vergebens versucht hatte ordentlich zu schreiben oder auch nur ein Buch einhändig zu lesen. Nichts war schlimmer als dieses Mitleid. Keiner der Menschen auf Falcaniar wusste was in ihr vorging. Melissa hatte niemanden. Wer würde auch schon etwas mit einem Krüppel zu tun haben wollen? Eigentlich wollte sie nur noch schlafen. Die Spinne pendelte hin und her. Trotzdem richtete sich Melissa plötzlich in ihrem Bett auf und tapste mit nackten Füßen über den kratzenden Teppich des Krankenzimmers. Die junge Doc Fossil, die gerade die leeren Betten für andere mögliche Verletzte machte, warf ihr einen fragenden Blick hinterher. Es war sehr selten, dass Melissa aufstand und wenn sie es tat, dann verließ sie doch niemals das Zimmer. Durch die zwölf Wochen des Liegens zerrten bereits ein paar Schritte heftig an den Kräften des Mädchens. Schlafen...Hin und her... Obwohl sie sich bereits schwach fühlte bevor sie die Tür erreichte, ließ sie das Zimmer mit Doc Fossil ungeachtet hinter sich. Die langen, weinroten Haare hingen ihr immer noch wirr vor dem Gesicht herum, doch Melissa machte keine Anstalten sie wegzuwischen. Wahrscheinlich bot sie einen erbärmlichen Anblick. Die wenigen Lancelor, die ihr entgegenkamen, warfen ihr unfreiwillig diese mitleidigen Blicke zu, die sie so hasste. Zornig presste das Mädchen mit dem Silberauge ihre Kiefer hart aufeinander und schluckte die Tränen, die sich anzubahnen drohten, trotzig herunter. Sie würde nicht weinen. Vielleicht war sie ein einsamer Krüppel, doch sie würde weder Dymeon noch sonst wem den Gefallen tun und nun auch noch weinen. Tapfer quälte sich Melissa trotz des ansteigenden Schwindelgefühls weiter durch die Gänge Falcaniars, bis sie an der geheimen Tür im Keller angekommen war. Eigentlich wusste sie gar nicht, was sie hier wollte. Zeliarina, die Verräterin, die sich mit Dymeon verbündet hatte, absolvierte gerade den letzten Test in der Höhle der Prüfungen. Melissa legte ihre blasse Hand auf den Türgriff, atmete tief durch und vertrieb die schwarzen Punkte, die vor ihren Augen herumtanzten, mit einem Kopfschütteln. Ich gebe nicht auf! Ich werde nicht schlafen, ich will nicht schlafen! Entschlossen trat das Mädchen in den Technikraum, der weit oben auf einem Felsvorsprung knapp unter der Decke der Höhle der Prüfungen lag. Sofort kam ihr grelles grünes und blaues Licht unzähliger Computermonitore entgegen, so dass sie einen Moment brauchte, ehe sie das Innere des Zimmers erkannte. Storm, ein großer Palas mit blonden Haaren und einer Narbe quer über Wangen und Nase, saß gebannt vor den Bildschirmen. Hinter ihm standen der junge Dunkan mit dem hübschen Gesicht, der kleine Siviusson aus Norwegen und das ehrenwerte Oberhaupt, dessen Haare schneeweiß bis zur Hüfte hinab fielen. Ein pulsierendes, rotes Leuchten aus einem der Monitore beschien ihre angespannten Gesichter auf unheimliche Weise. Als Melissa eintrat, wandten sich die vier Lancelor überrascht zu ihr. Das Mädchen jedoch starrte erschrocken auf die rote, blinkende Anzeige in der unteren linken Ecke des Bildschirmes. Zwei Zahlen wurden dort angezeigt, getrennt mit einem Schrägstrich. Die erste Zahl war eine Achtzehn, die andere eine Zwanzig. "18...von 20?", keuchte Melissa mit brüchiger Stimme. "Ihr...lasst Zeliarina dort unten...mit zwanzig Tryclonns...? Bei mir waren...es nur...fünf!" "Melissa! Um Gottes Willen, du darfst doch nicht so weit laufen! Wo ist Doc Fossil?" Dunkan hatte mit nur wenigen Schritten den Raum durchquert und blockierte den Eingang, so dass Melissa kaum ins Innere sehen konnte. Außerdem schien er bewusst nicht auf ihre Frage eingegangen zu sein. "Wieso...zwanzig...?" Zitternd stützte sich Melissa an dem Türrahmen ab, um nicht augenblicklich zusammenzubrechen. Dunkan griff ihr freundlich unter den Arm und sicherte ihren Stand, doch Melissa hatte nur Augen für das Oberhaupt, das sie geduldig im Raum stehen sah. Bei ihrer Prüfung war der weißhaarige Mann mit der überirdischen Ausstrahlung nicht anwesend gewesen, aber damals hatte sie auch nur gegen fünf Tryclonns kämpfen müssen. Dabei war ihr damals schon die Schlacht gegen fünf Dämonen wie ein Albtraum vorgekommen. "Wieso...? Sag mir wieso!" Von einem plötzlichen Zorn erfasst stieß Melissa Dunkan beiseite. Beinahe hätte sie dabei den Halt verloren und sie musste gegen eine Wand taumeln, doch in der Macht ihrer Verzweiflung konnte sie sich auf den Beinen halten. "Wie konntet ihr das tun? Sie wird sterben!" Für einen Moment vergaß das Mädchen, dass Zeliarina sie verraten, sie hintergangen hatte. Zumindest solange, bis sie plötzlich IHN mit ihrem Silberauge in dem dunklen Schatten einer Ecke sah. Stolz und unnahbar stand er dort, die Arme verschränkt, den langen, schwarzen Mantel locker um seinen Körper. Melissa bildete sich ein bei dem Anblick ihres Armstumpfes einen kurzen Glanz in den dunklen Augen Dymeons entdecken zu können. "DU?", stieß sie fassungslos hervor, ehe sie auf die Knie fiel. Erneut musste sie gegen die heißen, aufsteigenden Tränen ankämpfen, die sich diesmal aus Zorn anbahnten. "DU!!!", schrie sie mit all ihrer Kraft verzweifelt durch den ganzen Raum, so dass selbst Storm erschrocken zusammenzuckte. "Wieso ist Dymeon hier? Was zum Teufel geht hier vor? Es gibt eine ganze Abteilung, die nur für die Jagd nach ihm gegründet wurde!" Völlig außer sich kämpfte sich Melissa wieder auf die Beine, blickte mit fiebrigen Augen durch den ganzen Raum und verdrängte die Schwindelattacken, die nun immer heftiger auf sie eindrangen. "Die Abteilung für die Suche nach Dymeon, dem Dämon mit den Bluttränen, ist an dem heutigen Tag abgeschafft worden...", erklärte das Oberhaupt ruhig. Melissa wurde auf einen Schlag furchtbar schlecht. Wutentbrannt verkrallte sie ihre Finger um den rechten Armstumpf, so dass der Schorf an einigen Stellen abbröselte und sich Blut unter ihren Fingernägeln ablagerte. Die schwarzen Punkte vor ihren Augen tanzten wieder. "Ich...er...aber...er hat mir den Arm abgerissen!!! Er ist ein Dämon!" Noch während sie die Worte aussprach fragte sie sich, wieso sie eigentlich nicht die Aura Dymeons erspüren konnte, doch die flimmernden Punkte verdichteten sich in ihrer Sicht zu einer undurchdringlichen Schwärze, die ihr die Bewusstlosigkeit zu rauben drohte. Melissa kämpfte verzweifelt dagegen an, wehrte sich gegen die bleierne Müdigkeit, die ihre Augenlieder schloss. "Ich...will nicht! Bitte, ich will...doch...nicht...", wisperte sie kraftlos. Dann fiel sie vorne über. Statt der Härte des kalten Metallplattenbodens spürte sie jedoch nur noch die wohlig weichen Wolken der Bewusstlosigkeit, die sie liebevoll empfingen und jeglichen Zorn und Kummer beiseite schoben... Zeliarina seufzte zufrieden und steckte das Nähzeug, mit dem sie ihre zerschlissene Kleidung notdürftig geflickt hatte, zurück in ihren großen Rucksack. Sie wusste nicht wie viel Zeit inzwischen seit dem Beginn der Prüfung vergangen war, doch sie verspürte nach dem Kampf einen schrecklichen Hunger. Sparsam aß sie eines der Sandwichs um wenigstens etwas im Bauch zu haben. "Wenn ich gewusst hätte was auf mich zukommen würde, hätte ich mich vorher noch einmal ordentlich voll gefressen." Eigentlich führte Zeliarina nie Selbstgespräche. In der Dunkelheit dieser schrecklichen Höhle fühlte sie sich jedoch so einsam, dass sie einfach das Geräusch einer menschlichen Stimme brauchte, selbst wenn es nur ihr eigene war. Nachdem das Mädchen ihr Essen beendet hatte, warf sie die Frischhaltefolie achtlos beiseite, schulterte ihren Rucksack und erhob sich langsam. Ihr Knie und ihre Hüfte brannten noch etwas, aber in letzter Zeit war sie an schlimmere Verletzungen und Schmerzen gewöhnt worden. Mit klopfendem Herzen schritt Zeliarina über die leblosen Körper der zwei Tryclonns, deren rote Augen in der Totenstarre weit aufgerissen waren und blicklos an die Decke starrten. Der Schotter und der Sand knirschten laut unter ihren Sohlen. Plötzlich fiel ihr ein, dass ihr ganzes Magazin leer geschossen war. Sie nahm also ein neues Magazin aus dem Rucksack und steckte es in ihre schwere, schwarze Pistole, nachdem sie sich des alten entledigt hatte. Aus Sicherheitsgründen ließ sie die Waffe gleich in ihrer Hand und schlich weiter durch die dichte Dunkelheit. Einen flüchtigen Augenblick lang dachte Zeliarina an die Taschenlampe in ihrer Tasche, verwarf jedoch den Gedanken sie zu benutzen schnell wieder. Wahrscheinlich würde sie damit zu sehr auf sich aufmerksam machen. Solange noch achtzehn Dämonen in ihrer Nähe herumliefen, wollte sie nicht das Risiko eingehen, dass ihr wohlmöglich alle auf einmal entgegenkamen. Seufzend lief die junge Hexe also weiterhin im Dunkeln herum. Es dauerte nicht lange, da war Zeliarinas vorübergehende Sorglosigkeit wieder vollkommen verschwunden. Das Zittern ihrer Hände meldete sich wieder, begleitet von einem schrecklichen Gefühl der Übelkeit. Ich werde trotzdem nicht aufgeben! Ständig jagte das Gefühl von einer dunklen, hasserfüllten Aura durch ihren Kopf, die irgendwo in der Umgebung aufblitzte. Die Dämonen lauerten noch immer auf sie, sie warteten in der Finsternis. Vielleicht waren Tryclonns nur verstandlose Niederdämonen, doch ihr Verlangen nach menschlichem Fleisch machte sie ebenso gefährlich wie andere Kreaturen des Däezander. Ängstlich richtete Zeliarina ihre Waffe nach vorne und ging an einer zerfallenen Tempelmauer entlang, als sie plötzlich ein tiefes Knurren hörte. Entsetzt hielt sie inne und schlich bis zum Ende der Mauer. Trotz ihrer unbändigen Furcht zwang sie sich hinter ihrer Ecke hervorzulugen, nur um auf den Rücken eines weiteren Tryclonns zu blicken. Der Dämon stand scheinbar ein wenig unschlüssig in der Gegend herum, während er mit seinen Klauen Fleisch von einem einzelnen Knochen riss. So entsetzlich es auch schien, scheinbar wurden diese Kreaturen vor der Prüfung gefüttert. Ich muss ihn töten, ehe er mich entdeckt... Angespannt lehnte sich Zeliarina zur Seite, so dass eine Hälfte ihres Körpers hinter der Mauer zum Vorschein kam und sie ihre Pistole mit beiden Armen vor sich ausstrecken konnte. Der glänzende, schwarze Lauf zielte genau zwischen die Schulterblätter des Dämons, die sich beim Fressen kräftig hoben und senkten. Zeliarina musste schlucken und zitterte heftiger als je zuvor. Schwarze Hexe...Dunkle Hexe... Woher kamen schon wieder diese Stimmen, die sie an der Endlosen Treppe beinahe in den Wahnsinn gerissen hatten? Was meinten sie mit ihren Worten? Was wollten sie von ihr? Der Dämon schien noch immer vollkommen mit seiner Mahlzeit beschäftigt zu sein, sein grauenvolles Schmatzen füllte die ganze Höhle. Es wäre so einfach ihn zu töten. Sie musste nur schießen, einfach nur einmal kurz abdrücken. Doch es war anders als bei den ganzen anderen Kämpfe zuvor. Bisher hatte sie immer nur aus Notwehr gehandelt, weil sie oder jemand anders in Lebensgefahr schwebte. Diesmal jedoch stand der Dämon unbekümmert da, nicht einmal ahnend, dass sich der Lauf einer Waffe auf seinen Rücken richtete. Zeliarina zweifelte daran, ob es tatsächlich richtig war den Tryclonn feige von hinten zu erschießen. Schwarze Hexe... Der Schuss donnerte laut durch die ganze Halle, als Zeliarina angewidert mit zusammengepressten Augen trotz all ihrer Zweifel abdrückte. Ein schwarzer Punkt zeichnete sich auf dem Rücken des Dämons ab, dann brach Blut an der Stelle hervor und er fiel ohne ein weiteres Wort auf die Knie. Zeliarina dagegen atmete schwer. Der Schweiß lief ihr von der Stirn, als wäre sie gerade eine Meile gerannt. Und wieder habe ich eine schreckliche Grenze überwunden... Es dauerte unnatürlich lange, bis sich ihre Atmung wieder halbwegs beruhigt hatte und sie sich über den Tryclonn beugte. Die drei roten Augen starrten wie bei den anderen zuvor trübe ins Nichts. Kaum zu glauben, dass ich jemals soweit gehen würde...Auch Dämonen sind Wesen mit Seele...und auch wenn dieser Tryclonn mich sicher ohne zu zögern töten würde, war er doch auf gewisse Weise mir gegenüber hilflos...und allein... Bei ihrem letzten Gedanken schoss Zeliarina plötzlich eine wichtige Lektion von Dunkan in den Kopf, die er immer wieder wiederholt hatte, als hätte er schon damals versucht sie auf diese Prüfung vorzubereiten. Er hatte damals gesagt, dass Tryclonns niemals alleine unterwegs waren...niemals... Hektisch wollte die junge Hexe herumwirbeln, doch sie spürte bereits, wie sich jemand von hinten auf sie stürzte und sie umklammerte. Ohne die Chance sich abzufangen stürzte Zeliarina nach vorne hart auf Brust und Stirn, die schwere Pistole schlitterte über den Boden davon. Auf ihr lag ein Tryclonn. Da sie auf dem Bauch lag und somit nichts sehen konnte, nahm sie nur seinen verfaulten Atem und das rote Glimmen seiner Augen war. "Lass mich los!", kreischte Zeliarina panisch. Der Dämon lachte sein unheimliches Lachen, riss sie unter sich einmal herum, so dass sie ihn anblicken musste, und hob eine Klaue für den tödlichen Schlag. Zeliarina riss entsetzt die Augen auf. Mit der Übung unzähliger Trainingsstunden presste sie die magische Energie im Inneren ihres Körpers zusammen mit elektrischer Spannung in ihre rechte Hand. "Lass mich in Ruhe!" Ein greller, gelber Blitz schoss aus ihrer Handfläche mitten in den Unterleib des Tryclonns. Von der Wucht des Angriffs wurde er ein, zwei Meter davon geschleudert, so dass Zeliarina sich mühsam erheben konnte. Panisch rannte sie zu ihrer Pistole herüber, doch der Dämon hatte sie mit einem Satz bereits wieder eingeholt und schlug sie kraftvoll zur Seite, so dass sie taumelte und gegen die kaputte Tempelmauer klatschte. Benommen sah sie die Klaue des Dämons auf ihr Gesicht zusausen, so dass sie gerade noch genug Zeit hatte sie unter dem Schlag hinweg zu ducken. Die Wand hinter hier verwandelte sich in Trümmer. Steinsplitter flogen durch die Luft. Eine dichte Staubwolke umgab die beiden Kämpfenden wie Nebel. Während der Tryclonn rasend vor Zorn kreischte und seine Klaue aus den Überresten der Mauer zog, verpasste Zeliarina ihm einen weiteren, heftigen Magieblitz. Überrascht flog der Dämon mit einer Schraube zu Boden. Wieder rannte das Mädchen nach ihrer Pistole, wieder sprang der Tryclonn schnell auf die Füße zurück. Gerade als sich Zeliarina nach ihrer Waffe bückte, erreichte der Dämon sie und trat ihr ohne Rücksicht mit voller Kraft in den Magen. Röchelnd sackte sie in sich zusammen. Blutiger Speichel bahnte sich einen Weg von ihren Lippen. Der Tryclonn ließ ihr jedoch keine Ruhe zur Erholung, sondern riss sie an den blonden Haaren grob in die Höhe, packte ihren mit Symbolen übersäten Arm und schleifte sie daran hinter sich her. Zeliarina schrie und zerrte und verpasste dem Dämon mehrere heftige Stromschläge über ihren Arm, doch ohne Erfolg. Gnadenlos zog der Tryclonn sie über den steinigen Boden bis zu einem zerstörten Tempel und schmiss sie dort schmerzvoll auf einen noch fast vollständig erhaltenen Opfertisch. Als sich Zeliarina verängstigt umsah, erkannte sie um sich herum lauter weitere Dämonen. Sie zählte siebzehn...Alle Feinde hatten sie in ihrer Gewalt... "Scheiße!" Völlig außer sich stieß Storm den Computer vor sich mitsamt Tastatur und Maus vom Tisch, so dass er am Boden an den Metallplatten zerschellte und orangegelbe Funken versprühte. Der Bildschirm hatte das gleiche Bild gezeigt wie alle anderen im Technikraum: Die Karte der Höhle der Prüfungen mit einem weißen Punkt, Zeliarina, umgeben von siebzehn roten Punkten, Tryclonns. "Einer der Dämonen hat sie geschnappt und als Festschmaus zur ganzen Familie gebracht! Scheiße!", fluchte der Palas, während er sich nervös durch die blonden Haare fuhr. Dann drehte er sich auf seinem Drehstuhl um hundertachtzig Grad, so dass er den ernsten Mienen seiner Kollegen entgegensah. "Zeliarina ist auf einen Dämon gestoßen und wurde scheinbar gefangen genommen. Wir hören sie über Funk noch atmen, also lebt sie noch... Doch nun sieht sie sich siebzehn Tryclonns gegenüber." Storm starrte das Oberhaupt an. "Die Situation gerät außer Kontrolle...Wir müssen sofort eingreifen!" "Sie verlangt noch keine Hilfe", erwiderte der Weißhaarige schlicht. Dunkan und Dymeon, die nebeneinander an der Glasfront standen und in die Tiefe stierten, spannten merklich ihre Muskeln an um ruhig zu bleiben. Siviusson hatte sich bereit erklärt Melissa nach ihrem Zusammenbruch zurück in den Krankenflügel zu bringen und war von dort noch nicht zurückgekehrt. In diesem Moment hätten sie jedoch seine beruhigende, sachliche Art dringend gebraucht, denn Storm war kurz vor dem Ausrasten. "Verdammt, vielleicht ist sie bewusstlos und kann gar keine Hilfe rufen! Vielleicht ist sie vollkommen verstört und verwirrt! Vielleicht haben die Dämonen ihr auch das Maul gestopft! Bitte, wertes Oberhaupt, wir müssen sofort eine Einheit runter in die Höhle schicken und der Prüfung ein Ende machen, sonst stirbt Zeliarina!" "Jeder muss diese Prüfung alleine machen. Solang der Geprüfte keine Hilfe verlangt, wird nicht eingegriffen..." Die Stimme des Oberhauptes klang so unwirklich wie eh und je, doch sie hatte ihre autoritäre Kraft verloren, zumindest bei Storm. Der Palas ließ sich kein bisschen einschüchtern, er fürchtete ernsthaft um seine junge Schülerin. "Scheiße, sie ist erst fünfzehn! Niemandem ist geholfen, wenn sie jetzt einen sinnlosen Tod stirbt! Es würde den Untergang für uns alle bedeuten! Wir haben zwar ein paar Leute, die Thundenstar tragen könnten, doch keinen richtigen Wächter! Die Dämonen würden es sich früher oder später einfach nehmen!" "Wenn sie diese Aufgabe nicht bewältigen kann ist es besser, wenn sie jetzt schon stirbt. Sie würde das Leben als Wächterin Thundenstars sonst nie schaffen. Wenn sie diese Aufgabe nicht schafft, wird sie auch das Danach nicht schaffen. Dann wird die Dunkle Dämmerung genauso über uns hereinbrechen..." "Wie kann man nur so kalt sein?", wisperte Dunkan ohne Rücksicht darauf, dass er mit seinem Vorgesetzten sprach. Das Oberhaupt schloss kurz die Augen und seufzte schwach. "Ich habe auch Mitleid mit diesem Mädchen, doch ich kann ihr die Last ihres Schicksals nicht abnehmen...Sie muss diese Prüfung einfach bestehen...ohne Hilfe...nur dann haben wir die Chance die Menschheit vor dem Däezander zu retten..." "Das ist totaler Wahnsinn...", beteuerte Storm noch einmal, jedoch ohne die bisherige Wut. Kraftlos drehte sich der Palas zurück zu seinen Monitoren. Noch immer blinkten der weiße und die roten Punkte unheil verkündend... Dymeon legte eine Hand an die Glasscheibe und blickte hinaus in die alles verschlingende Finsternis. Halte durch, Zeliarina...Du hast genügend Kraft um das durchzustehen...Denn du bist genau wie deine Namensvetterin, die große Hexe Zeliarina...Wenn du nur wirklich willst, kannst du alles erreichen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)