A Serious Temptation von LaRoseNoire (Vampirblut und Rache) ================================================================================ Kapitel 2: Behandlung --------------------- (Der Teil spielt Jahre später als der erste...) Der hoch gewachsene Mann durchquerte das Wohnzimmer mit der Absicht, die Vorhänge für die bevorstehende Nacht zu schließen. Bei der sich rasch herabsetzenden Dunkelheit, welche ein nicht minder düsteres Zwielicht ablöste, wollte er den freien Blick in sein Heiligstes verbergen, denn was in diesen Wänden vor sich ging, sollte besser keiner jener gewöhnlichen, rechtschaffenen Bürger dort draußen mitbekommen. Ein ironisches Lächeln stahl sich auf die Lippen des Deutschen, während er einen kurzen Blick hinaus auf sein Exil - Paris- warf. Doch musste er sich eingestehen, dass er seine Arbeit lieber im Verborgenen betrieb. Er schätze jene reichen Leute, welche Interesse an wissenschaftlichen Arbeiten heuchelten und nicht die geringste Idee von ihrem Wert hatten, genauso wenig wie jene, welche ihn und seinesgleichen verfolgten und hinrichteten. Mit einem Ruck zog er die Vorhänge zu, als müsse er die in ihm aufsteigenden Bilder von Folter und Scheiterhaufen abschütteln. Langsam ging er in dem staubigen Raum umher, zündete Kerzen an, welche ihr Licht sanft über die niedrigen Wände verbreiteten und viele kleine Schatte an der sich ablösenden Tapete bilden ließen. An der Stelle, wo sich noch der hellere Abdruck des bis vor kurzem dort befindlichen Klaviers absetzte, hielt er kurz inne und seine Stimmung hellte sich etwas auf, als er sich entsann, in welchem Schlafzimmer es nun stand. Der Vampir wollte sich gerade wieder in sein Arbeitszimmer begeben, als ihn ein kühler Luftzug aufblicken ließ. Der lange, dunkle Stoff der Vorhänge, welchen er eben so sorgsam zugezogen hatte, zitterte für einige Sekunden, als hätte ihn etwas bewegt, bevor er sich wieder beruhigte und träge zu Boden baumelte. Doktor Hallstein blickte misstrauisch auf das Geschehen, er hatte nicht vor, sich von der Kirche aufspüren und gefangen nehmen zu lassen. Mit leicht verengten Augen musterte er das Fenster, bevor er sich entschied, dass es wohl der kühle Nachtwind gewesen sein musste. Trotzdem löschte er die Kerzen, welche er soeben erst entzündet hatte - behielt nur eine in der Hand, um im Dunkel der Wohnung das Schlafzimmer anzusteuern. Seine Nackenhaare richteten sich unwillkürlich auf. Er konnte es nicht genau beschreiben, doch schien es ihm, oder seinen Instinkten, als wäre er nicht allein in der Wohnung. Etwas anderes musste hier auf ihn warten... Nein, wie absurd, tadelte er seine gereizte Fantasie. Das hing nur mit seinen vorherigen Gedanken an die Kirche und ihre Schergen zusammen. Eigentlich war er stets rational, auf Fakten und Belege bedacht, wie es sein Beruf als Wissenschaftler von ihm verlangte. Auch wenn er die Nacht bevorzugte und ihre Schönheit kannte, so gewann er ihr keine schmalzige Mystik oder Aberglauben ab. Sein vernünftiges deutsches Denken untersagte ihm dies. Jedoch, seit er in dieser Stadt der Städte lebte, waren viele seltsame Dinge geschehen und er hatte Leute kennen gelernt, die er sich nicht einmal in vagen Ahnungen erträumen konnte. Die groß aufragende Silhouette des Doktors durchstreifte den Flur und gelangte an die Türe zu seinem Schlafzimmer, in welches er sich nun zur Ruhe legen wollte. Seine Hand zögerte, als sie den Griff umfassten, denn er bemerkte, dass die Türe schon einen Spalt geöffnet war. Hallstein besann sich. Ging seine Fantasie schon so weit, dass er Eindringlinge in seinem Schlafgemach vermutete? Leicht den Kopf schüttelnd öffnete er die schwere Holztür, die ihm leise knarrend den Weg freigab... und erstarrte. Eine schwarz vermummte Gestalt stand lässig an einen Bettpfosten gelehnt und blickte ihn aus unheimlich schimmernden goldenen Augen an. Der Kerzenhalter drohte aus Hallsteins Hand zu rutschen, doch erlangte er seine Geistesgegenwart schnell zurück und auch sein Atem normalisierte sich rasch wieder. Die schwarze, praktische Kleidung und die professionelle Ruhe der schlanken Gestalt deuteten auf einen Auftragskiller hin, denn normale Diebe warteten gewöhnlich nicht darauf, dass der Hausbesitzer sie aufspürte. Der Killer ließ eine Hand am Pfosten entlang nach unten streichen und kam dann mit einem dämonischen Ausdruck in den Augen, welcher unheimlich von der einzelnen brennenden Kerze beleuchtet wurde, auf ihn zu. Sie glühten in der Dunkelheit wie das kalte Gold einer Klinge. Von diesem gefährlichen Blick getroffen wich Hallstein leicht erschrocken einen kleinen Schritt zurück, nahm jedoch seine Augen ebenfalls nicht von der Gestalt vor ihm. "Du hast ja lange gebraucht mich zu finden." Der Killer blieb einen Meter vor ihm stehen. Seine Stimme klang tadelnd... und lauernd. "Twain...", setzte der Doktor an und machte einen Schritt auf den Vampir vor ihm zu, blieb jedoch stehen bei dem abwehrenden Blick, den er erhielt. "Ist etwas geschehen?" Der Deutsche klang leicht besorgt. "Nein, was soll denn geschehen sein?", fragte der Jüngere der beiden, wobei sein Ton gelassen wirken sollte, jedoch unterschwellig suggestiv und ironisch klang, so dass Hallstein sich relativ sicher sein konnte, dass hier etwas nicht stimmte. "Du warst seit mehr als einer Woche nicht mehr bei mir. Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht... auch wenn Erik mir versicherte, dass du wohlauf seiest." Twains Augen glühten unmerklich auf. "Erik war hier? Wann? Was hat er gemacht?" Der Doktor seufzte und betrat den Raum nun ganz, schloss dabei die Türe hinter sich und stellte sich vor Twain, wo er - etwas größer als dieser- auf ihn herabsehen musste. "Hat er dir nichts gesagt?" Hallstein machte eine kleine Pause und dachte nach. "Nun, kurz gesagt, er bot mir seine Freundschaft an und..." "Was?!", entfuhr es dem jüngeren Vampir. Ungläubig und mit geöffnetem Mund starrte er den großen Deutschen vor sich an. "Das gibt es doch nicht!" Der Doktor runzelte die Stirn. In der Tat hatte auch er Eriks Angebot als überraschend empfunden, denn die latente Feindseligkeit - oder war es Eifersucht? - der beiden Männer gegeneinander war oft unbewusst und dennoch allgegenwärtig zu spüren gewesen. Doch wie es schien hatten die zwei sich in einem Netz von Missverständnis und Unverständnis dem anderen gegenüber verstrickt. "Was lässt dich dies denken?" "Wie?!", fiel Twain ein. "Was mich das denken lässt? Er hat... er sagte du...wie kommt er dazu, wo er doch...?" Doch anscheinend brachte der hitzige junge Auftragskiller die passenden Worte nicht zusammen und ging aus diesem Grund dazu über den Doktor anklagend anzusehen. "Und was war es, was er sagte?" Hallsteins Ton klang schärfer als beabsichtigt, doch blickten seine blaugrünen Augen den Vampir vor ihm noch immer sanft an, so wie sie es stets taten, wenn sie sein schönes, nahezu unwirklich perfektes Gesicht sahen. Ein ungutes Gefühl nahm von ihm Besitz. Was konnte Erik ihm erzählt haben, dass er so reagierte? Der Doktor hatte Twain noch nie so gefährlich und abwehrend gesehen wie heute. Nicht einmal bei ihrer ersten Begegnung hatte der junge Killer sich als solcher in all seiner Grausamkeit offenbart - jedoch, von dem, was er über Anguis (Anmerk. Twains Name als Assassin) erfahren hatte, seien es auch nur Gerüchte, so hatte der Deutsche eine vage Vorstellung von dem, wozu Twain wirklich fähig war. Hallstein war schon in viele Tiefen Twains Geistes eingetaucht, trotzdem waren die meisten noch so unerforscht und dunkel wie das Meer jenseits der flachen Küste. Jedoch schien die Verbindung, welche er zu dem jungen Vampir aufgebaut hatte, nicht gerissen zu sein. Er spürte Zweifel bei diesem. "Du weißt zu viel." Twains Worte klangen kalt und auch auf dem bleichen Gesicht, welches ihm zugewandt war, standen keine seiner Gedanken geschrieben. Hallstein sah ihn einige Sekunden lang an und versuchte diese Aussage einzuordnen. Der Doktor konnte sich eines leichten, überraschten Einsaugen von Luft nicht erwehren. "Du denkst, ich sei eine Gefahr für dich?", fragte er ruhig. Twains Augen sprühten wieder Funken. "Natürlich tue ich das! Du kennst mein Versteck, du kennst mein Gesicht, meinen Partner... was ist, wenn du mich verrätst? Das wäre fatal... tödlich! ... für mich! Und Erik!" "Sag mir, habe ich dir je einen Grund gegeben an meiner Vertrauenswürdigkeit zu zweifeln? Welchen Sinn hätte es, dich an diejenigen zu verraten, die ich ebenso sehr verabscheue wie du; die mich jagen und umbringen würden? Warum sollte ich so etwas tun?" Hallsteins Stimme hatte einen vernünftigen, beruhigenden Ton. Er nahm Twain seine Bedenken nicht übel und auch der liebevolle Ausdruck seiner Augen schwand nicht. "Erik sagte, du würdest uns verraten, wenn es deiner Arbeit nützte; wenn du dadurch legal agieren und deine Werke verbreiten könntest!" Eine kurze Pause entstand, in welcher sich eine drückende Stille zwischen den beiden sich anstarrenden Personen ausbreitete. Der Doktor musste diese neue und zugegebenermaßen recht überraschende Information erst verarbeiten und sich ihrer ganzen Bedeutung klar werden, bevor er wieder Worte fand. "Dich verraten?" Hallsteins Augen bohrten sich beinahe in Twains, als sie diesen intensiv fixierten. Seine Stimme klang gefasst, mit einem Hauch Erstaunen. "Wie könnte ich...?" Er seufzte leise und wandte den Blick ab. "Twain, denkst du wahrhaftig, dass ich dies hier", der Doktor machte eine knappe Geste zu den diversen Gerätschaften und Präparaten, welche an der Wand aufgereiht standen, "dir vorziehen würde? Irgendwelche Leichen und Organe und Zusammensetzungen einem Menschen wie dir? Ich habe meine Seele nicht der Arbeit verkauft..." Ein leichtes Lächeln war auf seinen Gesichtszügen erschienen, wenn auch sein Ausdruck nach wie vor ernst blieb. "Ich liebe dich, Twain..." Die Augen des Assassins weiteten sich bei diesen Worten. Es schien, als wolle er vor der großen Gestalt vor sich zurückweichen. "Du..." "Ich dachte, das sei offensichtlich? Aber ich weiß ja, dass dieses Thema Unbehagen bei dir auslöst... Doch so ist es." Twain atmete durch und sah erneut zu dem Deutschen auf, fand jedoch noch immer keine Worte. "Du musst jetzt nichts dazu sagen", meinte der Doktor, Twains Schweigen deutend, "es ist nicht meine Absicht dich zu irgendetwas zu drängen. Doch hoffe ich, deine Zweifel an mir wenigstens ein bisschen verstreuen zu können..." "Emmanuel..." Wie schön es doch war seinen Namen aus Twains Mund zu hören, dachte der Doktor entzückt. Diese leise hauchende, verführerische Stimme, welche ihn von jeder Arbeit der Welt abbringen und keinen Gedanken mehr an irgendetwas anderes verschwenden ließ. Er legte zärtlich einen Arm um die Hüfte des jungen Vampirs und zog diesen näher zu sich. Twain wehrte sich nicht, sondern hielt den Deutschen mit einem Blick aus seinen goldfarbenen Augen, welche in der Dunkelheit wie von einem inneren Feuer heraus zu leuchten schienen, gefangen. Dieser dachte nicht einmal daran, sich der Faszination dieses Vampirs zu widersetzen, dieser einmaligen Ausstrahlung, die ihn vom Moment ihrer ersten Begegnung in seinen Bann gezogen hatte, selbst als er weder jene Augen, noch sonst einen Teil seines Körpers unverhüllt zu Gesicht bekommen hatte. Die Kerze knisterte unruhig, als der Doktor sie unwirsch auf eine nahe gelegene Kommode abstellte, um beide Hände frei zu haben, mit welchen er Twain berühren konnte. Sie schien die sich rasch von unangenehmer Spannung in eine feurig erwartungsvolle Atmosphäre wandelnde Stimmung widerzuspiegeln und ihr Licht flackerte aufgeregt über Wände, Bett und die Gläser mit ihrem schaurigen Inhalt in den Regalen. Mit größter Sanftheit, trotz seines aufkeimenden Begehrens, umfasste Hallstein das Kinn des jungen Assassins, um dessen Gesicht zu sich zu ziehen und legte die Lippen auf seine. Twain hieß ihn willkommen und öffnete seinen Mund dem Kuss, vielleicht zögerlicher als sonst, doch mit derselben, wenn nicht noch größeren Intensität, welche er stets bei den Berührungen des Doktors zutage legte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)