Zwei Männer, ein Zimmer & ein Bett von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Der Ausflug ---------------------- Es war wieder einmal so weit. Wie jedes Jahr fand wieder ein Ausflug für die "Begabten", wie sie spöttisch vom Rest der Schule genannt werden, statt. Mike stand vor dem schwarzen Brett, an der die Ankündigung hing und starrte diese an. "Warum gerade immer ich... Warum müssen wir ausgerechnet in die Berge fahren? Warum können wir nicht irgendwo hin, wo es wärmer ist?", dachte sich der Siebzehnjährige. Er fuhr sich mit beiden Händen durch sein schwarzes Haar und seufzte laut. Er machte sich wieder auf den Weg zu seiner Klasse, um die "erfreuliche" Nachricht zu überbringen. Bei seiner Klasse angelangt, öffnete er langsam die Türe und ging mit hängendem Kopf zu seinem Platz. Er packte einen Zettel aus und schrieb darauf die genauen Daten. Danach gab er sie dem Klassensprecher und ging kommentarlos wieder zu seinem Platz und setzte sich hin. Der Klassensprecher überflog den Zettel, bevor er sich erhob. Feierlich, wie zu einer Ansprache, räusperte er sich und verkündete: "Wenn Ihr bitte einen Augenblick ruhig sein könntet...Danke. Es ist mir eine Ehre euch mitzuteilen, dass auch dieses Jahr wieder diejenigen unter Euch belohnt werden, die sich durch besondere Leistungen von der Masse abgehoben haben. Dieses Jahr geht es in die wunderschönen Berge von Südtirol. Der Ausflug ist für nächsten Dienstag vorgesehen und dauert sieben Tage. Ob Ihr dabei seid oder nicht könnt Ihr in der großen Pause am schwarzen Brett lesen." Der Klassensprecher setzte sich wieder. Ein Raunen ging durch die Klasse. "Warum werden diese "Hochbegabten" eigentlich immer bevorzugt? Reicht es denn nicht schon, dass sie Genies sind? Müssen Sie auch noch dafür belohnt werden?" und "Die sollte sich mal jemand zur Brust nehmen, diese arroganten Streber" waren noch die mildesten Ausdrücke für den Missmut der Klasse. Mike wurde ganz unwohl und machte sich schnell auf den Weg zur Kantine, um sich dort etwas gegen seinen Frust zu kaufen. Er wollte nicht mit anhören, wie schlecht über ihn geredet wurde. Er hasste es, da er ja nichts dafür konnte, gut in der Schule zu sein. Er hatte auch schon oft versucht, schlecht zu sein, schaffte es aber trotzdem immer, unter die drei Besten der Schule zu kommen. "Warum muss ich immer ich unter den Besten sein... Wenn bloß die anderen dann nicht so gemein zu einem wären...", dachte er sich, während er für sein Stück Schwarzwälderkirschtorte bezahlte. Dann setzte er sich allein an einen freien Tisch und genoss das Stück. Mehr oder weniger... In der Kantine wurde wie immer gelärmt und geschrieen. Einige der kleineren Schüler hatten Papierflieger gebastelt und ließen sie durch die Luft sausen. Doch plötzlich verstummten alle als eine kleine Gruppe die Kantine betrat. An ihrer Spitze stand ein junger Mann von beachtlicher Statur. Er schien um die 1.90m groß zu sein. Man konnte ihn nicht als massig bezeichnen, eher als muskulös und wendig zugleich. Er hatte flaschengrüne Augen, die bedrohlich funkelten und schwarze Haare mit einem leichten Blauschimmer, die zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden waren. Seine Kleidung bestand aus einer schwarzen Lederjacke mit zahlreich eingearbeiteten Kettchen und einer enganliegenden Hose aus schwarzglänzendem Lack. Um den Hals trug er eine silberne Kette mit einem in sich verschlungenen Drachen. Die Zigarette in seinem Mundwinkel ließ ihn noch tougher und verwegener aussehen als ohnehin schon. Die Jungs, die hinter ihm standen hatten ein ähnliches Erscheinungsbild, wirkten jedoch lange nicht so einschüchternd wie ihr Anführer. Es gab wohl niemanden an der Schule, der sie nicht kannte. Die Schreckensherrschaft, die diese Bande über die Schule ausübte war wohl schwer zu übersehen. Den Mitläufern hätte man ja noch leicht das Handwerk legen können, sie hatten weder genug Rückrat noch den Grips um zu bestehen, doch bei ihrem Boss war das eine andere Sache. Spike sah nicht nur verdammt gefährlich aus, nein, er war zudem noch berechnend, provokant und verdammt klug. Auch in diesem Schuljahr war er der zweitbeste der Schule. Egal wie sein Verhalten an der Schule war, er achtete darauf, dass man ihm niemals wirklich etwas nachweisen konnte und seine Noten war viel zu gut um ihn von der Schule zu werfen. Die Schülerschaft fürchtete ihn und selbst unter den Lehrern gab es nur wenige, die sich trauten, ihm entgegenzustellen. Spike ließ einen abschätzenden Blick durch die Kantine schweifen. Er blieb an einem Tisch hängen, an dem sich einige Schülerinnen niedergelassen hatten. Er gab ein lässiges Handzeichen zu seinen Begleitern und der kleine Trupp setzte sich in Bewegung. Vor dem Tisch hielten sie. Spike nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und ließ ihn langsam entweichen. "Ihr sitzt an unserm Tisch", sagte er schlicht in einer tiefen, melodischen Stimme. "Ähm...äh, tut uns wirklich leid", sagte eine der Mädchen und sprang auf. Die anderen folgten ihrem Beispiel. "Geht doch", grinste Spike und tätschelte eines der viel kleineren Mädchen spöttisch. Lässig zog er sich einen Stuhl heran und setzte sich verkehrt herum darauf. Erst als alle Mitglieder dieses Clans saßen, setzten nach und nach die Gespräche wieder ein. Mike aß weiter an seinem Kuchen, er hatte von dem ganzen Trubel nicht sehr viel mitbekommen. Er wusste nur, dass am Nebentisch gerade mal wieder ein kleines Spektakel passiert war. Mike konnte nicht verstehen, wie jemand so gemein zu anderen sein konnte. Doch natürlich behielt er diese Meinung für sich, er wollte die Schule ja ohne Ärger beenden. Mike war klein, nicht besonders gut gebaut und auch nicht sehr stark. Er hatte eine einfache Blue Jeans an, dazu ein schwarzes, eng anliegendes Shirt und schwarze Schuhe. Seine Haare hatte er zu einem Zopf zusammengebunden, damit sie ihn nicht beim Arbeiten störten. Doch Mike war nicht besonders gut zumute, denn er wusste, das er das perfekte Ziel solcher "Proleten" war. Als er fertig war, stand er vorsichtig auf, sodass er ja nicht bemerkt wurde. Er schob seinen Stuhl zum Tisch, nahm sein Tablett und machte sich schnell auf den Weg zur Tablettablage. Plötzlich verhakte sich Mike mit seinem Fuß in einem Sesselbein und stolperte. Er versuchte noch, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, doch leider vergebens. Er viel direkt auf Spike. Das Tablett traf genau Spikes Kopf und viel dann zu Boden. Mike wurde schwarz vor Augen. Das war also sein letzter Tag an dieser Schule. Vor lauter Angst verlor er das Bewusstsein und blieb am Boden liegen. "Kannst du nicht aufpassen, verdammt noch mal?!" Spike sprang auf und baute sich vor dem am Boden liegenden auf. Er packte Mike schmerzhaft an dem schwarzen Haarschopf und zerrte ihn nach oben. "Du weißt wohl nicht, mit wem du dich anlegst?! Geh mir in Zukunft gefälligst aus dem Weg, sonst gibt's gewaltig Ärger", grollte Spike drohend. Dann gab er ihm einen harten Stoß, sodass er nach hinten taumelte. Ein kurzer Pfiff durch die Zähne und seine Bande war ihm auf den Fersen. Gemeinsam verließen sie die Kantine. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand Mike vorsichtig auf. Er hob schnell den Teller, das Besteck und das Tablett auf und stellte es auf den Tisch. Er setzte sich auf einen Sessel, verschränkte seine Arme am Tisch und vergrub sein Gesicht darin. So viel Angst wie jetzt gerade eben, hatte er noch nie. Dann stand er schnell auf und ging zurück zum Klassenraum. "Nur noch 2 Stunden, dann kann ich nach Hause... Dann ist endlich Wochenende und ich muss ihn nicht sehen... Dann bin ich auch die nächste Woche in Südtirol... Vielleicht ist dieser Ausflug ja doch nicht so schlimm!", dachte er, während er sich seine Haare richtete und sie wieder ordentlich zusammenband. Nach zwei weiteren Stunden Unterricht war er endlich erlöst. Mit schnellen Schritten verließ er die Klasse, war jedoch vorsichtig und sah sich um. Er wollte auf keinen Fall noch einmal diesem Spike oder wie er hieß begegnen. Er verließ so schnell er konnte den Schulhof und rannte dann den ganzen Weg nach Hause. Den Rest des Wochenendes verbrachte er mit Ausruhen, Entspannen und Nicht-Angst-Haben. Am Sonntagabend packte er dann seine Sachen für die Wandertour zusammen. "Nur noch morgen... Dann brauche ich eine Woche lang nicht aufpassen, ob ich ihm begegne oder nicht. Eine Woche ohne Angst und Schrecken." Mike standen die Freudentränen in den Augen. Doch schnell fing er sich wieder und die Packerei ging weiter. Am Ende des Tages wurde das mulmige Gefühl in seinem Magen aber doch wieder größer. Er hatte Angst, am nächsten Tag wieder zur Schule zu gehen. Doch dann viel er am Ende doch müde ins Bett und schlief sofort ein. Der nächste Tag verlief eigentlich ganz ruhig. Mike sah Spike einige Male, doch er versteckte sich immer. Entweder am Klo, oder in anderen Räumlichkeiten. Er ließ auch das Mittagessen heute ausfallen. Noch einmal konnte er sich so eine Szene nicht leisten. Am Ende des Tages war er heil froh, dass der Tag so reibungslos verlaufen war. "Puh... Jetzt nur noch schnell nach Hause...", murmelte er, während er wie eine ängstliche Maus zu Schultor flitzte. Wieder zu Hause angekommen, packte er seine letzten Sachen in seine Reisetasche und schloss mit einer großen Erleichterung die Tasche. "So, eine Woche... EINE WOCHE!!!" Heute ging Mike schon früh zu Bett, denn er konnte es kaum mehr erwarten. Am nächsten Tag war er schon um sechs Uhr wach. Er erledigte noch schnell ein paar Hausarbeiten und machte sich dann für die Reise fertig. Mit der umgehängten Tasche stapfte er dann frohen Mutes zur Schule. Als er dort ankam, stand schon ein Schulbus bereit, der auf die zahlreichen Schüler wartete. Einige waren schon dort eingetroffen und unterhielten sich gutgelaunt. Die Schüler, die nicht das Vergnügen hatten, mitfahren zu dürfen, beobachteten sie neidisch, kein Lästermaul blieb lange geschlossen. Als Begleitpersonen würden ein Lehrer und eine Lehrerin mitfahren. Mrs. Adams hakte auf ihrer Liste die Schüler ab, die bereits angekommen waren. " Guten Morgen", grüßte sie Mike freundlich und äußerst gut gelaunt. "Guten Morgen!", grüße Mike höflich zurück. "Wenn ich fragen dürfte... Wir fliegen heute Mittag nach Innsbruck und dann fahren wir mit dem Bus weiter bis zum Hotel?" "Aber natürlich, wir können ja schlecht übers Wasser fahren.", antwortete die freundliche Lehrerin, während sie eine Karte auffaltete. "Zuerst fahren wir zu "Gatwick International Aiport" und wir sind hier....", erklärte sie, während wie mit dem Finger auf der Karte herumfuhr, "...Brighton. Hier sind wir. Und vom Gatwick International Airport fliegen wir dann etwa eineinhalb Stunden nach Österreich und von dort aus geht es dann weiter." "Vielen Dank.", sagte Mike schnell und ging zum Bus. Er packte seine Tasche in den dafür vorgesehenen Abschnitt und stieg dann schnell in den Bus. Er wollte sich dort einen Fensterplatz reservieren. Ungefähr in der Mitte hatte er einen passenden Platz gefunden. Er setzte sich hin und wartete auf den Rest der Schüler. Der Bus füllte sich langsam und die Lehrer schienen immer noch auf jemanden zu warten. Mittlerweile war auch nur mehr der Sitzplatz neben ihm frei. Mike konnte hören, wie Mrs. Adams und Mr. Daniels sich leise unterhielten. "Wo bleibt er?", fragte der Lehrer seine Kollegin, "Sind Sie sicher, dass er auch kommt?" Sie nickte, schüttelte jedoch gleich darauf den Kopf. "Ich weiß nicht. Es würde mich sehr wundern, wenn er nicht käme. Doch wohler wäre mir schon wenn ich in ihn der Schule wüsste..." Mike belauschte die beiden Lehrer, wusste jedoch nicht worum es ging und konnte es auch nicht herausfinden. Ihm war es aber auch egal, er wollte nur so schnell wie möglich weg von hier. Kapitel 2: Wer mit wem? ----------------------- Schließlich konnte man hören wie sich Schritte dem Bus näherten und die Treppe in das Fahrzeug hinauf stiegen. Die Person, die in dem Gang auftauchte, war niemand geringeres als Spike. Er hatte einen Rucksack über die Schulter geworfen und man konnte ein Kabel sehen, dass von den Stöpseln in seinen Ohren hinabreichten und sich unter seiner Lederjacke verloren. Seine Haare waren wie immer zu einem Pferdeschwanz gebunden. Jetzt aus der Nähe betrachtet konnte man die drei Ohrringe sehen, die im Tageslicht mit seinen grünen Augen um die Wette blitzten. Mike starrte auf Spike, sein Gesicht wurde leichenbleich. "Ich werde sterben!", bemerkte er, während er in seinem Sitz versank. Steven, der vor Mike saß, setzte sich auf und lehnte sich über den Sitz zu Mike hinunter. "Warum wirst du sterben?", fragte dieser neugierig. "Ich hab ihn versehentlich verärgert und er hat mir gedroht, dass er mir wehtun wird, wenn er mich noch einmal wieder sieht. Und was soll einer wie ich schon gegen so einen tun?!" Mike hoffte einfach, dass Spike ihn übersehen würde. Ein frommer Wunsch, wenn auch recht naiv, war doch der einzige, noch freie Sitzplatz der neben Mike. Spike ging auf Mike zu und ließ setzte sich auf den freien Platz, seine Tasche ließ er mit einem lauten Knall zu Boden fallen. Den Jungen neben sich würdigte er keines Blickes. "Dann sind wir alle vollzählig", stellte Mrs. Adams fest. Mike dankte innerlich dem Herrn, dass Spike ihn nicht bemerkt hatte, denn so lange dieser das nicht tat, ging es Mike gut. Aber was machte er hier? Dieser Ausflug ist ja nur für die Besten der Schule? War er etwa auch... Mike verwarf diesen Gedanken jedoch sofort wieder. "Ich muss einfach nur nicht auffallen, dann geht das Ganze schon gut. Hoffe ich jedenfalls." Mike sah vorsichtig zu Spike hinauf, dann aber sofort wieder beim Fenster hinaus. Der Busfahrer ließ die Türen zugleiten bevor er den Wagen anwarf und sich das Gefährt in Bewegung setzte. Spike hatte einen undurchdringlichen und undurchschaubaren Gesichtsausdruck aufgesetzt. Noch immer schien er Mike nicht zu bemerken. Oder er beachtete ihn nicht, dass konnte man nicht so genau sagen. Nach ein paar kurzen Erklärungen von Mrs. Adams ging die Fahrt richtig los und nach zirka einer Stunde kamen sie am Flughafen an. Mike wartete geduldig, bis Spike ausgestiegen und außer Sichtweite war. Dann machte auch er sich auf den Weg, um seine Tasche zu holen. Er stieg aus dem Bus und ging mit schnellen Schritten zur hinteren Seite des Busses, wo man ihm auch gleich seine Tasche in die Hand drückte. Dann ging er zu den anderen, wo noch einmal eine kleine Besprechung stattfand. Mike hörte nicht richtig zu, er war mit seinen Gedanken schon wieder bei seiner nun verdorbenen Woche. Nun ging es auch schon hinein. Die Taschen wurden zum Aufladen abgegeben und die Schüler setzten sich dann entweder in die Halle oder schauten sich bei den kleinen Geschäften um. Aus den Augenwinkelnd konnte Mike beobachten, wie Spike sich an einen Pfeiler etwas abseits gelehnt hatte und sich eine Zigarette anzündete. Er fixierte die Gruppe und schien auch Mike zum ersten Mal sehr bewusst wahrzunehmen. Ein Grinsen, das nichts Gutes zu verheißen schien, schlich sich auf seine Lippen. Mike durchfuhr ein ungutes Gefühl und es jagte ihm einige Schauer den Rücken hinunter. Er schlich schnell zu seinem Freund Steve hinüber: "Bitte sitz im Flieger mit mir zusammen. Dann muss ich wenigstens keine Angst haben, dass ich wieder neben Spike sitzen muss." Mike setzte einen Hundeblick auf, sodass Steve nicht abschlagen konnte. Fürs erste war Mike einmal gerettet. Erleichtert setzte er sich auf einen der Stühle, die in der Halle für erschöpfte Urlauber eine Sitzmöglichkeit bot. Doch er hatte nicht lange Zeit sich sicher zu fühlen, denn Mrs. Adams kam auf die Gruppe von Schülern zu. "Es tut mir leid euch mitzuteilen, dass unsere Maschine Verspätung hat. Es könnte noch eine ganze Weile dauern bis wir endlich fliegen können." Ein unwilliges und enttäuschtes Seufzen kam von den Schülern. "Aber Mrs. Adams", warf Amanda, ein junges Mädchen mit blonden Haaren und einer filigranen Brille ein, "gibt es denn keinen anderen Flug, auf den wir ausweichen können?" "Leider nein. Vorerst sitzen wir hier fest." Die Lehrerin zuckte hilflos mit den Schultern. "Versucht es euch hier ein wenig gemütlich zu machen bis wir fliegen können", schlug Mr. Daniels vor. Spike stieß sich von der Säule ab und schulterte seine Reisetasche. Er ging in geschmeidiger Bewegung auf Mike zu. Er erinnerte ein wenig an eine Raubkatze, die sich ihrer Beute nähert. Lässig ließ er sich auf die Bank neben Mike fallen, während er einen weiteren Zug von seiner Zigarette nahm. Mike erschrak auf heftigste, als Spike sich neben ihm nieder setzte. Er verkrampfte sich und sah vor sich ins Nichts. "Einfach ignorieren und nicht hinsehen...", dachte Mike schon richtig verzweifelt. Plötzlich kam Mrs. Addams zu den beiden rüber: "Wir werden hier noch etwas länger warten müssen, da unser Flug Verspätung hat. Könntet ihr beiden nicht für alle etwas zu Trinken holen? Mineral oder Saft." Die Lehrerin gab Spike 20 Pfund. "Danke, ihr beiden!", sagte sie freundlich, bevor sie sich wieder umdrehte und zu den anderen zurückging. Spike seufzte leicht genervt. Er hatte eigentlich keinen Bock, für diese Bande von Losern den Laufburschen zu spielen, aber wenn ihm keine andere Wahl blieb... Er ließ die Zigarette zu Boden fallen und drückte sie mit der Schuhspitze aus. Langsam erhob er sich, die Hände in die Hosentasche geschoben. Auffordernd sah er Mike an. "Schwing die Hufe, Kleiner, du hast die Alte gehört.", sagte er. Mike stand sofort auf. "Jawohl.", antwortete er versehentlich. Er zuckte leicht zusammen, da er dachte, dass Spike ihm etwas antun wurde. "Da drüben ist ein Supermarkt, da haben sie sicher etwas.", sagte Mike jedoch schnell, um von der letzten Antwort abzulenken. Dann ging er auch schon mit schnellen Schritten zu diesem Laden. Spike folgte ihm. Mike suchte die Getränke und fand sie auch schnell. Er nahm zwei Flaschen aus dem Regal: "Würdest du bitte auch etwas nehmen?", fragte er höflich, zugleich aber auch ängstlich. Belustigt beobachtete Spike den Jungen an seiner Seite. Der schien ihn ja richtig zu fürchten. Amüsant. Wirklich amüsant. "Wieso sollte ich?", fragte er betont gelangweilt. "Du trägst die Flaschen und ich die Verantwortung." "Aber...", flüsterte Mike leise. Er hatte nicht den Mut, Spike zu widersprechen. Es nahm also noch eine dritte Flasche auf den Arm. "Dann muss ich eben zwei Mal gehen.", sagte Mike und lächelte Spike dabei sanft an. Innerlich jedoch war er aufgewühlt und war sogar leicht verärgert, das er alles alleine schleppen musste. Spike ließ ein leises grollendes Lachen ertönen. Energisch nahm er ihm eine Flasche aus der Hand und holte noch zwei weitere aus dem Regal. "Das ist der Grund warum ihr Streber so ein gefundenes Fressen für uns seid. Du musst noch viel lernen." Mit diesen Worten schritt er an ihm vorbei zur Kasse. Mike ging ihm schnell hinter her. "Was meinst du damit. Soll ich mich etwa gegen jemanden wehren, der mich in Grund und Boden stampfen könnte? Ist das nicht dumm? Ich meine... Ich könnte ja schon, aber wenn der andere dann stärker ist als ich, dann geht's mir an den Kragen.", sagte Mike. "Da kann ja jeder drüber denken wie er will. Außerdem, wenn ich mit dir jetzt so rede, denke ich nicht, dass man vor dir Angst haben muss." "Bist du dir da ganz sicher?" Spike hielt abrupt, sodass Mike leicht gegen ihn prallte. Er baute sich vor dem Jungen in seiner vollen Größe auf und funkelte ihn aus grünen Augen raubtierähnlich an. Auch wenn er die Flaschen in der Hand hielt wirkte er noch bedrohend genug. "Siehst du, genau das meine ich. Und mir macht es nichts aus, wenn ich mal nachgeben muss.", sagte Mike während er mit Mühe die Flaschen in seinen Händen ausbalancierte. "Ich denke mir ja auch, dass ich mir zu viel erlaube, wenn ich hier so lässig mit dir rede. Aber wenn ich mal zum Reden anfange, hör ich nicht so schnell wieder auf..." "Nun, das solltest du aber vielleicht. Ich kann Leute, die zu viel reden nicht ausstehen", sagte er harsch und legte seine Flaschen auf das Lieferband an der Kasse. "Du solltest mich nicht unterschätzen, Streberlein. Das neulich in der Kantine war nur ein Vorgeschmack von dem, zu dem ich fähig bin. Schau nicht so! Dachtest du ernsthaft, ich hätte vergessen, dass du das warst?" Er lachte. Mike lagerte seine Flaschen auch auf den Lieferband der Kasse. "Eigentlich nicht.", fuhr er fort, "denn wenn du hier mitfährst, dann weißt du sicher viel, und es kann sich sicher jeder ein Gesicht merken. Ich hab dich ja schließlich auch nicht vergessen. Und warum hast du was gegen Leute, die viel reden? Ist ja eigentlich gut oder? Immer noch besser, als wie einer gibt keinen Ton von sich. Das ist ja dann irgendwie langweilig." Die Verkäuferin kassierte sie ab und packte die Flachen in eine Tüte. Spike trat einen Schritt näher an Mike heran und beugte sich ein Stückchen zu ihm herab. Grollend flüsterte er: "Kleiner, lehn dich nicht zu weit aus dem Fenster. Deine Stimme kotzt mich an und ich hab keine Lust mich noch weiter mit dir abzugeben. Halt einfach deine Klappe und geh mir gefälligst aus dem Weg." "Dann sind wir ja ganz ähnlich, ich hab nämlich auch keine Lust, mich mit dir abzugeben." Mike deutete auf die Tüten. "Du trägst das bitte, sonst sind wir morgen noch nicht fertig. Und versteh das jetzt nicht falsch, ich befehle dir nichts, ich frage dich nur ganz nett von Streber zu Prolet." Mike war so richtig in Kämpferlaune geraten. Doch ihm war trotzdem nicht ganz geheuer bei dem, was er tat. Spike belächelte ihn nur von oben herab und zog eine weitere Zigarette und ein Feuerzeug aus der Tasche. Mit ein paar geschickten Handgriffen zündete er sie an und ließ das Feuerzeug wieder in seine Tasche gleiten. "Zeig mir doch mal, aus welchem Holz solche Streber wie du geschnitzt sind. Das bisschen wirst du wohl noch tragen können, nicht wahr?" Er grinste hämisch und blies Mike etwas von dem Rauch ins Gesicht. Dann drehte er sich um und verschwand hocherhobenen Hauptes. Mike nahm die Tragetasche mit einer Leichtigkeit in die Hand und hob sie von der Kasse, als wäre sie leer. Mit einer Hand trug er die Getränke zu den Anderen, die auch schon ungeduldig auf ihn warteten. "So, hier habt ihr was zu trinken." Danach ging er zu der Bank zurück, an der er seine Sachen abgelegt hatte. Spike hatte dort wieder platz genommen. Er nahm schnell seine Sachen und verzog sich zu den anderen. "Da hab ich mir jetzt aber echt zu viel erlaubt, ich mach mich lieber aus dem Staub.", dachte er sich und wollte nur schnellstens weg. "Der Flug 4711 ist soeben mit Verspätung eingetroffen!", ertönte eine Frauenstimme in der Halle. Dann erschienen auch schon die Flugdaten auf einer großen Tafel. "Na endlich!" Die Schülerinnen und Schüler ließen einen lauten Applaus hören. "Ihr habt es gehört, wir können gehen. Packt eure Sachen. Wir müssen zu Gate 05.", erklärte Mr. Daniels. Die kleine Gruppe setzte sich in Bewegung und kurze Zeit später erhob sich das Flugzeug in die Lüfte. Mike war gleich ein paar Minuten nach dem Start eingeschlafen. Er lehnte im Sitz und stützte sich auf Steves Schulter, was diesem aber sichtlich gefiel. Mike konnte sich beim Fliegen immer gut entspannen, er vergaß immer alle Sorgen. Nach einer halben Stunde wurde dann etwas zu Essen serviert und er wurde aus dem Schlaf gerissen. Der Flug verlief ohne große Zwischenfälle. Spike hatte sich einen Sitz mehrere Reihen hinter Mike gesucht, so mussten die beiden einander nicht begegnen. Er schien von allen Teilnehmenden des Ausflugs mehr als genervt zu sein. Nach dem er das servierte Essen mit einiger Mühe hinunter bekommen hatte, schlief er auch sofort wieder ein. Als der Flieger zur Landung ansetzte, wurde er von Mrs. Adams geweckt: "Geht es dir gut Mike? Wir landen jetzt gleich, also setz dich bitte gerade hin." Mike rappelte sich auf und setzte sich gerade hin. "Danke, mir geht es gut." Dann setzte der Flieger auch schon zur Landung an. Keine zehn Minuten später waren sie sicher gelandet und alle stiegen so schnell wie nur möglich aus. Auf sie wartete schon ein Bus, der sie zu ihrem Berghotel bringen sollte. Schnell stiegen die Schüler ein und die Fahrt ging weiter, über steile Landstraßen, die sich durch Berge empor schlängelten. Die Stimmung in dem Bus wurde immer heiterer und ausgelassener. Einige Schüler stimmten ein Lied an, in das schließlich auch die anderen einstimmten. Spike entlockte das nur ein müdes, verachtendes Lächeln. Er drehte den Lautstärkeregler an seinem Diskman höher und versuchte das schiefe Gegröle seiner verhassten Mitschüler durch Heavy Metall zu übertönen. Mike war bei dieser kurvenreichen Straße übel geworden. Er sah aus dem Fenster, in der Hoffnung, dass es ihm dann besser gehen würde. Nach einer schier endlos langen Fahrt, kam der Bus endlich bei einem kleinen Berghotel an, welches im alten Stiel gehalten war. Die untere Hälfte des Hauses war weiß gestrichen und die obere Hälfte war mit dunklen Blanken zugebrettert. Mike stieg als erster aus und holte einmal tief Luft. Er holte sich dann auch schnell seine Tasche und ging dann zu den Lehrern. Es war hier oben kalt. Viel kälter als die meisten offenbar erwartet hatten. Der Weg zu dem Eingang des Berghotels war freigeschaufelt worden von Schnee, der sie wie eine Allee um den Weg aufbäumte. Spike schien ein ziemlich dickes Fell zu haben, er zuckte nicht einmal mit der Wimper als er ausstieg. In einer fließenden Bewegung warf er sich seine Tasche über die Schulter und folgte langsam der Gruppe, reihte sich irgendwo am Rande ein. "Das wären wir", verkündete Mr. Adams. Mr. Daniels war schon vorgeeilt und kam abgehetzt mit einem Bündel Schlüssel auf die kleine Gruppe zu. "Können wir jetzt endlich rein? Es ist verdammt kalt hier draußen", bibberte eine Schülerin. Mr. Daniels lachte leise. "Ihr dürft gleich eure Zimmer beziehen. Doch bevor ihr das macht, muss ich euch noch etwas mitteilen. Ich habe eben gesagt bekommen, dass mit unserer Reservierung etwas schiefgegangen ist. Da noch eine andere Schulklasse hier ist, sind die Viererzimmer ziemlich begehrt. Kurz: Wir haben nicht genug Zimmer für alle. Ich fürchte, zwei Leute werden sich ein Zweierzimmer teilen müssen." Die Schüler machten überraschte Gesichter. Wer von ihnen würde daran glauben müssen. "Ich rufe jetzt eure Namen auf und dann kommt ihr vor und nehmt eure Schlüssel im Empfang. Amanda, Jassy,..." So ging er durch bis zu guter letzt nur noch Mike übrig blieb. D.h. nicht ganz. Nicht nur Mike stand ohne Schlüssel da. Der zweite Unglückliche war... "Spike, Mike, es tut mir sehr leid, aber ihr werdet euch ein Zimmer teilen müssen. Ihr ward die einzigen, die keine Zimmergenossen angegeben haben." Kapitel 3: Einsam Zweisam ------------------------- Mike machte ein nicht gerade erfreutes Gesicht. Warum gerade er? Und solche anderen Fragen schossen ihm durch den Kopf. Er schnappte sich schnell den Schlüssel, ohne auf Spike zu warten und ging ins Hotel. Er erkundigte sich an der Rezeption, wo sich das besagte Zimmer befindet. Er ging schnell die Treppen hoch in den zweiten Stock. Oben angekommen stand er knapp unter dem Dach in einem kleinen Vorraum, in dieser ein kleines rotes Sofa stand. Der Boden war mit einem gräulichen Teppichboden ausgelegt. Gegenüber der Treppe war eine Tür, die zu diesem Schlüssel gehören müsste. Er steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch und sperrte langsam und vorsichtig auf. Er öffnete die Türe und sah sich um. Man kam zuerst in einen kleinen Vorraum, von den links und rechts jeweils eine Türe wegging. Er öffnete beide und stellte fest, dass es Bad und WC waren. Im eigentlichen großen Raum war links an der war ein kleiner Tisch mit 2 Sesseln und einer Band. Die restliche Wand war mit kleineren, selbstgemalten Bildern geschmückt. Auf der rechten Seite stand ein großer Einbauschrank, der sich über die Ganze Breite des Zimmers zog und bis unter die Decke ragte. In der Mitte von allem stand an der Wand ein nicht gerade sehr großes Doppelbett. Es war mit einer hellblauen Bettwäsche bezogen. Mike ging rückwärts aus dem Zimmer, schloss leise die Türe und setzte sich auf das kleine, rote Sofa, welches im Vorraum stand. Von unten konnte man Spikes energische Widerworte hören. Offenbar vergeblich, denn Mr. Daniels war einer der wenigen Lehrer, der seine Autorität auch gegenüber Spike nicht aufgab. Verdammt noch mal, wozu hatte er das verdient? Von allen Strebern hatte er natürlich gleich den schlimmsten abbekommen. Mürrisch kam er die Treppe hoch und sah Mike auf dem Sofa sitzen. "Hey, Kleiner, was sitzt du da so blöd rum? Bist du nicht in der Lage, diese dämliche Zimmer zu finden?" "Das Zimmer ist da, es ist offen... Ich hab mich schon mal umgesehen..." Mike war das Ganze gar nicht Recht, aber was sollte er schon großartiges machen. Er hatte nun einmal den "Schwarzen Peter" gezogen. Jetzt musste er die ganze Woche mit Spike verbringen. Er hatte sich eigentlich auf diesen Urlaub gefreut, zuerst nicht, aber später dann doch. Und jetzt musste ihm so etwas passieren. Er stand nun auch auf und folgte Spike ins Zimmer. Einen Ausflug mit diesen Strebern - okay. Dafür musste er wenigstens nicht in die Schule. Im Zimmer mit diesem Kerl - ein wirklicher Unglücksfall. Aber das war ja wohl eine bodenlose Frechheit! Sie sollten sich dieses, noch dazu nicht wirklich geräumige Doppelbett teilen? Das schlug dem Fass nun wirklich den Boden aus. Konnten diese Kerle denn gar nichts? Laut warf er seine Reisetasche zu Boden. Mike schlich an ihm vorbei ins Zimmer. "Ich nehme die linke Seite, wenn ich darf." Er stellte seine Tasche vor dem Bett ab und setzte sich dann aufs Bett. Er öffnete einmal das Nachtkästchen und sah sich ein wenig um. Dann öffnete er seine Tasche und nahm ein paar Bücher raus und stapelte sie im Kästchen. Dann zog er seine Tasche über den Boden zum Kasten und fing an, sein Gewand aufzuhängen. "Mir gefällt das ganze hier auch nicht...", fing Mike an und drehte sich zu Spike um, "Ich will das hier ja auch nicht, aber lass uns das Beste daraus machen und die Woche so schnell wie möglich hinter uns bringen. Bitte!" Spike sah Mike mit einem sehr intensiven Blick an. "Jetzt hör mir mal genau zu. Es gibt einige Regeln, an die du dich halten musst: a) Versuch, dein freches Mundwerk im Zaum zu halten b) bleib gefälligst auf deiner Seite des Bettes und c) geh mir nicht auf die Nerven. Wenn du das tust, werden wir prima miteinander aus..." "O...Okay, ich werde es versuchen.", war das letzte, way Mike sagte. Ab jetzt schwieg er, denn er wollte Spike nicht noch mehr verärgern. Als er seinen Teil des Schrankes fertig eingeräumt hatte, verstaute er seine Tasche unter seiner Seite des Bettes und verließ das Zimmer. Er ging die Treppen hinunter, an der Rezeption vorbei in einen kleinen Saal. Dort saßen auch die Lehrer und redeten miteinander. Angehängt an diesen großen Aufenthaltsraum war ein kleiner Supermarkt. Mike kaufte sich eine kleine Flasche Mineralwasser und ging zurück in den zweiten Stock. Dort setzte er sich auf das kleine Sofa. Aber schon nach kurzer Zeit kippte er um und schlief ein. Er wurde geweckt, als ihn jemand grob an der Schulter packte. Spike hatte sich über ihn gebeugt. "Aufwachen, Schlafmütze", grinste er, "Wir solln in die Eingangshalle kommen. Da wir morgen Skifahren gehn, wollen sie mit uns 'ne Anprobe von den Skischuhen machen." Mike rieb sich den Schlaf aus dem Gesicht. "Okay... Danke fürs Aufwecken.", sagte er verschlafen und stand langsam auf. Dann folgte er Spike in die Eingangshalle. "Ach Mann... Wieso müssen wir Schi fahren.... Das ist ja so was von öde...", dachte Mike. In der Eingangshalle angekommen, sah er, dass schon alle anderen passende Schischuhe gefunden hatten. "Mrs. Addams", begann Mike, "Ich würde gerne mit Kurzschiern fahren. Das ist doch sicher kein Problem oder?" Mike sah sie hoffnungsvoll an. "Nein, das ist sicher kein Problem.", antwortete sie mit sanfter Stimme. Nach langer Anprobiererei fanden am Ende auf die restlichen Schüle passende Schuhe. Danach konnten alle wieder machen, was sie wollten. Spike war einer der ersten gewesen, der seine richtigen Skier gefunden hatte und er kam Mike schon von oben entgegen. Er trug eine dicke, leicht taillierte Winterjacke. Im Vorbeigehen warf er einen hämischen, fast schon hinterhältigen Blick auf Mike, sagte jedoch nichts sondern ging wortlos an ihm vorbei aus der Tür des Hotels. Mike dachte sich nichts weiter dabei und ging zurück ins Zimmer. Er hatte vor, sich schnell in den Ort zu schleichen und etwas "Spaß" zu haben. Er zog sich etwas Aufreizendes an und machte seine Haare zurecht. Er öffnete sein Haarband und frisierte sich schnell. Dann schlich er sich auch schon aus dem Zimmer, denn es war verboten, sich vom Gelände des Hotels zu entfernen. Das Hotel zu verlassen war nicht schwer und der Ort lag nur etwa zweihundert Meter unter dem Hotel. Dazwischen lag eine Schipiste, welche um diese Uhrzeit aber nicht mehr befahren wurde. Er setzte sich auf ein mitgebrachtes Plastiksäckchen und schlidderte unbemerkt den Hang hinunter. Unten setzte er sich dann in die nächst beste Bar und bestellte sich einen ausgefallenen Cocktail. Spike kam spät in der Nacht zurück in das Hotel geschlichen. Er hatte sich in dem kleinen Dorf ein wenig umgesehen und sich heimlich Alkohol mit ins Hotel geschmuggelt. Todsünde Nummer Eins auf jeder Klassenfahrt, aber ihm so was von egal. Als er die Tür zu seinem Zimmer aufschloss war es stockdunkel. Mike schien nicht da zu sein. Nun, ihm sollte es nur recht sein. Er schlüpfte aus seiner Jacke, doch nun begann selbst er zu frösteln. Wenn man fast den ganzen Tag in der Kälte war, war das aber auch kein Wunder. Er beschloss, unter der Dusche zu verschwinden, bevor die kleine Nervensäge zurückkam. Schnell verstaute er seine Flasche unten in seiner Reisetasche, bevor er sich ins Bad zurückzog. Nach mehreren Drinks kam Mike leicht angeheitert zurück ins Hotel geschlichen. Er schaffte es sogar unbemerkt in sein Zimmer zurück. Er schloss auf und stolperte lachend ins Zimmer. Spike schien nicht da zu sein, also zog er sich bis auf die Unterwäsche aus und setzte sich aufs Bett. Doch dann wurde ihm kalt und er torkelte zum Kasten, um sich etwas zum Anziehen rauszukramen. In diesem Moment öffnete sich die Badezimmertür und Spike kam, nur mit einem Handtuch begleitet heraus. Die schwarzen Haare hingen ihm nass über die Schultern, bildeten einen gelungenen Kontrast zu dem blassem muskulösen Oberkörper. Er strich sich leicht eine nasse Strähne aus dem Gesicht. Schließlich erblickte er Mike. "Na, auch wieder da, Kleiner? Hast du dich verlaufen?", grinste er hämisch. "Neiiiinnnn... War gar nicht so schwer, wieder nach Hause zu finden." Mike stand mit Schwung auf und zog einen Pullover aus dem Schrank. Dabei fiel er fast um. "So... Ich werde jetzt mal ins Bad verschwinden. Willst du mitkommen?", fragte Mike ihn lächelnd, er wusste scheinbar nicht mehr genau, was er tat. Er torkelte Richtung Bad und stieß dabei geradewegs in Spike. "Kleiner, du bist sternhagelvoll.", stellte Spike schlicht fest. Er packte Mike an den Schultern und drückte ihn bestimmt von sich. "Geh duschen und dann ins Bett.", wies er ihn an, bevor er sich seinem Schrank zuwandte. Er stand mit dem Rücken zu Mike als er eins der Shorts aus dem Regal angelte und sich das Handtuch von den Hüften gleiten ließ. Mike stand hinter ihm und plötzlich fasste er mit einer Hand Spike an den Hintern. "Wie bekommst du den nur so schön fest? Ich bin richtig neidisch... Das Ganze frustriert mich.", stellte Mike traurig fest und eine Träne rann ihm über die Wange. "Ich bin duschen, wenn du mich suchst." Mit diesen Worten verschwand er in der Dusche. "Wieso sollte ich dich suchen?", spöttelte Spike ihm hinterher. Der Kleine war total zu. Sich gleich am ersten Abend so die Kante zu geben, also wirklich. Diese Prä- Pubertären Ausuferungen...Wie viel hatte der Kerl wohl getrunken? Er nahm ihm diesen kleinen...Zwischenfall nicht übel, der Kerl war viel zu betrunken um noch etwas mitzubekommen. Er würde am nächsten Morgen schon genug durch einen gehörigen Kater bestraft werden, da musste er selbst nicht nachhelfen. Man würde ihn sowieso als erstes verdächtigen, wenn Mike gleich am ersten Tag ein Veilchen vorzuweisen hätte. Spike zog seine Shorts an und schlüpfte unter seine Decke auf der rechten Seite des Bettes. Er drehte sich so, dass sein Rücken in die Richtung von Mikes Seite zeigte. Nachdem Mike fertig war mit duschen, ging er zum Bett und legte sich schnell hinein. Spike war schon längst eingeschlafen. Mike schlief nach wenigen Sekunden wie ein Stein. Während er schlief, kuschelte er sich an Spikes Rücken. Er wollte prinzipiell immer da hin, wo es am wärmsten war. Er presste sich richtig gegen ihn und umarmte ihn mit einer Hand. Sein Gesicht drückte er gegen Spikes Rücken. Er hatte selten so gut geschlafen wie diese Nacht. Diese Stellung änderte er bis zum Morgen nicht. Als Spike am nächsten Morgen aufwachte hatte sein Zimmergenosse sich eng an seinen Rücken gekuschelt. Ruckartig setzte Spike sich auf. Was, zum Donner, erlaubte der dieser Bengel sich eigentlich? Unsanft schob er Mike zur Seite und kuschelte sich selbst wieder in die Kissen. Keine zwei Sekunden später kuschelte sich Mike wieder zu Spike. Es war einfach so schön angenehm warm. Es war das Beste und vor allem wärmste im ganzen Zimmer. Diesmal krallte sich Mike aber unbewusst fest, um nicht wieder weggestoßen zu werden. Spike wirbelte herum und scheuerte Mike eine. "Bleib gefälligst auf deiner Seite des Bettes, Kleiner, oder es setzt was", fauchte er und seine grünen Augen funkelten. Mike wurde jetzt unsanft aus dem Schlaf gerissen. "Was ist denn los?", fragte er verwirrt. Er hielt sich mit beiden Händen die Augen zu, um nicht vom hellen Licht, welches durch das Fenster schien, geblendet zu werden. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es eigentlich schon Zeit war, sich für die erste Schitour fertig zu machen. Mike sprang auf, als ob gestern Abend nichts gewesen wäre. "Ich komme zu spät...", fluchte er kaum hörbar und sauste im Zimmer auf und ab. Zehn Minuten später war er fertig angezogen, bereit fürs Schifahren. Spike hatte er vollkommen ignoriert, versehentlich. Seufzend ließ sich Spike zurück in die Kissen fallen. Dieser Typ war einfach unberechenbar. Wollte der ihn verarschen oder was? Aus den Augenwinkeln sah Spike ihm zu, wie er durch das Zimmer hin und her rannte. Da Mike ebenso wie er nur in Shorts geschlafen hatte, war der Rest seines Körpers unbedeckt. Spike nutzte die Zeit um seinen Zimmergenossen genauer zu betrachteten. Eine schlechte Figur hatte er nicht, dass konnte er nicht leugnen. Aber nur ein hübsches Gesichtchen reichte eben nicht aus um ihn zu beeindrucken. Auch wenn es ihm nicht schlecht gefiel. Fahrig fuhr Spike sich durch die Haare und stand auf. Nachdem er kurz im Bad war kam er wieder hervor und kramte in seinem Schrank nach Klamotten für den heutigen Tag. "Ich bin dann mal weg...", sagte Mike beiläufig, obwohl er wusste, dass es Spike sowieso egal war, ob er etwas sagte oder nicht. Die Gruppe, in der Mike war, war eine kleine Gruppe von Leuten, die Kurzschier bevorzugten. Mike konnte zwar gut Schi fahren, mochte es aber nicht besonders. Seine Gruppe fuhr lange und steile Pisten hinunter und langsam merkte er, dass es ihm, je länger der Tag dauerte, immer schlechter ging. Bald konnte er auch nicht mehr sicher aufrecht stehen. Er wurde zurück ins Hotel gebracht und dort wurde festgestellt, dass er hohes Fieber hatte, 39,7°. Er musste sich sofort ins Bett legen. Einige Minuten später schlief er auch schon. Spike war ebenfalls ein geschickter Skifahrer. Er war einer der wenigen, der mit Langskiern fahren konnte, was bedeutete, dass er neben den Lehrern den Anfängern das Fahren beibringen durfte. Oder musste, um es genauer zu sagen. Schließlich und endlich gönnten sie auch ihm einige Zeit Ruhe. Er suchte nach einer geeigneten und schwierigeren Piste als die, die er mit diesen Weicheiern fahren musste. Schließlich fand eine Route, die ihm gefiel. Zufrieden wandte er sich dieser Abfahrt zu. Das "Achtung- unbefestigte Piste"- Schild übersah er dabei. Plötzlich öffnete sich die Türe und Mike wurde aus dem Schlaf gerissen. Mr. Daniels stand in der Türe und sah sich um: "Ist Spike nicht bei dir?" Mike sah mit zur zusammengekniffenen Augen zur Türe. "Ich weiß es nicht, ich habe die ganze Zeit geschlafen. Ich habe auch nichts bemerkt. Aber ich bin mir nicht ganz sicher.", sagte Mike leise. Dann kuschelte er sich wieder in seine Decke. "Hoffentlich ist ihm nichts passiert.", dachte er sich noch kurz, bevor er einschlief. Der Lehrer schaute noch kurz einmal, wie hoch Mikes Temperatur war und verließ das Zimmer dann wieder. Kapitel 4: Apres Ski ?!? ------------------------ Die Strecke war nicht übel. Der Weg war steil und kurvenreich, der Schnee nicht festgefahren, wie auf den anderen Strecken. Doch nach und nach wurde die Bahn immer unebener. Spike war ein guter Fahrer, daher merkte er auch, wie er nach und nach an seine Grenzen stieß. Verdammt, was hatte er sich da für eine Bahn ausgesucht? Es fiel ihm immer schwerer, zu lenken und bremsen wurde auf diesem unwegsamen Gelände schon fast unmöglich. Gerade dachte Spike darüber nach ob es nicht noch einen Weg gab, die Strecke zu wechseln, als sich unter ihm der Schnee löste. Er raste in einem Wahnsinnstempo den Berg hinab, unfähig irgendetwas dagegen zu unternehmen. Der unvermeidbare Sturz ließ ihn sich mehrmals überschlagen bis er endlich zum stehen kam. Dann blieb er bewusstlos im Schnee liegen. Das einzige was sich bewegte war das Blut, das den weißen Untergrund in einem dunkeln rot tränkte. Mike hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, welches ihn auch weckte. Er stand auf und ging hinunter zu den Lehrern, welche ganz aufgeregt miteinander tuschelten. Er setzte sich zu ihnen: "Was ist denn passiert? Wo ist Spike?" Die Lehrer sahen Mike besorgt an. "Er ist verschwunden...", sagte Mrs. Addams nach kurzem resignierend. "A...Aber was sollen wir jetzt machen? Wo ist er denn verschwunden?", fragte Mike aufgeregt. "Am Bernkogel.", antwortete Mr. Daniels. Mike stand auf und drehte sich Richtung Türe. "Hat einer ein Handy? Ich werde ihn suchen gehen." "NEIN! Das machst du auf keinen Fall.", schrie Mr. Daniels. "Aber ich kann mir schon vorstellen, was los ist. Er wird sicher eine Verbotene Piste oder so genommen haben!", antwortete Mike laut, "Bitte lassen sie mich ihn suchen. Es solltet auch ihr etwas machen, Bergwache oder sonst irgendwas." Dann stand endlicht Mr. Daniels auf: "Du hast Recht." Wir machen uns auch auf die Suche, aber du beherrscht dich gefälligst." Mike ging schwer, aber schnell die Treppe hinauf und zog sich warm an. Schon leicht schwer atmend verließ er schnell das Zimmer. Er eilte die Treppen wieder hinunter und holte seine Schier. Nach etwa 10 Minuten war er dort angekommen, wo Spike zuletzt gesehen wurde. Er entdeckte auch das Schild, welches Spike übersehen hatte. Mike schaute vorsichtig den Hang hinunter, da ihm schon leicht schwindelig war. Dann entdeckte er auch einen kleinen, dunklen Fleck, weit unten im Schnee. Er schrie sofort nach den Lehrern, welche auch schnell angefahren kamen und die Bergrettung alarmierten. Mike fuhr aber sofort die Piste hinunter zu Spike. Dieser war bewusstlos und halb erfroren. Mike setzte sich in den Schnee und nahm Spikes Kopf auf seinen Schoß, wo er sein Gesicht wärmte. Doch langsam wurde ihm schwarz vor Augen und er kippte um, das Fieber war noch schlimmer geworden, als es schon war. Jetzt lag er bewusstlos neben Spike. Es dauerte nicht lange, bis sowohl die Lehrer als auch die Bergwache bei den beiden eintrafen. "Dieser Narr", schimpfte Mr. Daniels als er den bewusstlosen Mike sah. Die Bergrettung kümmerte sich vorsorglich um die Jungen und brachte sie beide erst mal in ein Krankenhaus. Mikes Fieber war schlimmer geworden und Spike hatte sich eine schwere Fraktur am Unterschenkel eingefangen. Der Knochen war gebrochen und hatte durch die spitze Kante einige Venen verletzt. Er würde wohl den Gips für eine lange Zeit nicht mehr loswerden. Zudem litt er unter einer Unterkühlung und einer leichten Gehirnerschütterung. Die blauen Flecken und Abschürfungen waren nicht weiter bedenklich. Da jedoch bei keinem der Jungen eine akute Lebensgefahr bestand, wurden sie wieder entlassen und zurück ins Hotel gebracht. Als Spike wieder zu sich kam, lag er in seinem Zimmer im Hotel. Sein Bein schmerzte höllisch und er fröstelte. Was war passiert? Es kostete ihn einige Mühe seine Gedanken trotz der Kopfschmerzen zu ordnen. Er erinnerte sich noch daran, dass er bei Skifahren gestürzt war, doch dann wusste er nicht mehr. Mühsam wandte er seinen Blick nach links. Dort lag Mike, in sich zusammengerollt, leicht zitternd. Ein leichter Schweißfilm überzog sein Gesicht. "Was...", setzte er leise an. Seine Stimme klang rau und fremdartig in seinen Ohren. "Ihr macht mir vielleicht Sachen", schimpfte eine Stimme. Spike drehte den Kopf in ihre Richtung. Mr. Daniels stand in der Tür. "Was ist passiert?", fragte Spike und versuchte sich aufzusetzen, doch der stechende Schmerz der durch sein Bein jagte, ließ ihn nicht nur unterdrückt aufschreien sondern auch dieses Unterfangen schnell aufgeben. "Wir haben dich verletzt gefunden, nachdem du nicht zurückgekommen warst. Du hast eine starke Fraktur im Unterschenkel. Aber keine Angst, wenn du dich etwas schonst, wird alles ohne Komplikationen verheilen.", erklärte Mr. Daniels. Dann warf er einen Blick auf Mike. "Was ihn betrifft- wir mussten ihn vorzeitig nach Hause schicken, da er hohes Fieber hatte. Als er hörte, dass du vermisst wirst, hat er darauf bestanden, bei der Suche zu helfen. Der Narr ist auf eigene Faust zu dir hinunter gefahren. Als wir bei euch ankamen, war er bereits bewusstlos vom Fieber." Ungläubig sah Spike auf Mike hinab. Warum sollte er denn so etwas tun? Schließlich hatte Spike sich nicht wirklich freundlich ihm gegenüber verhalten. Mr. Daniels hatte recht- Mike war ein elender Narr. "Spike, wir wollten mit den anderen wieder auf die Piste gehen. Meinst du wir können euch allein lassen?", fragte der Lehrer mit sorgenvollem Gesicht. Spike nickte. Das wäre ja noch schöner. Er brauchte schließlich keinen Babysitter. Den pochenden Schmerz in seinem Bein ignorierte er geflissentlich. "In Ordnung." Mr. Daniels nickte. "Hier. Sollte er aufwachen flößt du ihm das ein, ja?" Er deutete auf Mike und reichte ihm ein kleines Fläschchen mit Medizin. Auf Spikes Nicken hin verließ er das Zimmer. Spike seufzte leise. Er fühlte sich wie unter einen Bus gekommen. Seine zahlreichen Aufschürfungen brannten höllisch, von seinem eingegipsten Bein gar nicht zu reden. Dennoch stützte er sich auf die Ellenbogen und sah auf Mike hinab. Der Junge schien zu schlafen. Seine schwarzen Haare waren schweißnass vom Fieber und er zitterte leicht. Behutsam strich Spike ihm eine Strähne aus dem leicht geröteten Gesicht. Was hatten diesen Kerl nur dazu beweget trotz seiner Erkältung in die Eiseskälte hinauszugehen um ihn zu suchen? Je länger er darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher erschien ihm das Ganze. Nach ein, zwei Stunden wachte Mike schließlich auf. Er hatte eine Orientierung und wusste nicht wo er war. Doch dann kam ihm wieder, dass er, nachdem er Spike gefunden hatte, ohnmächtig geworden war und nachdem er im Krankenhaus war, ins Hotel gebracht wurde. Er setzte sich auf und schaute auf den Boden. Spike schien er nicht zu bemerken. Er war schon eingeschlafen, als er früher zu ihm ins Bett gebracht wurde. Er zog sich seine Hausschuhe an und torkelte langsam zur Toilette. Er ging leicht gebückt, da er starke Kopfschmerzen hatte. Seine Haare hingen ihm dabei links und rechts ins Gesicht. Nachdem er mit der Toilette fertig war, ging er langsam zurück. Da bemerkte er auch, dass Spike in der anderen Hälfte des Bettes lag. "Morgen...", sagte er mit schmerzverzerrter Stimme, legte sich dann aber sofort wieder ins Bett und kuschelte sich in seine Decke. Dann musste er wieder auf heftigste zittern, da ihm plötzlich kalt wurde. "Morgen", meinte Spike, seltsam ruhig und sanft für seine Verhältnisse. Wahrscheinlich lag es an den Schmerzen, die ihm seine Bissigkeit nahmen. Er sah zu, wie Mike sich unter seine Decke kuschelte und plötzlich begann aufs heftigste zu zittern. "Ist dir kalt?", fragte er schlicht mit neutraler Stimme. "Ich weiß nicht... Auf einmal war mir kalt.", sagte Mike leise und klappernden Zähnen. "Ich werde jetzt weiter schlafen... Dann geht es mir später vielleicht besser..." Darauf hin rollte er sich in die Decke ein und blieb mit dem Gesicht zu Spike schauend, liegen. "Wie geht es dir eigentlich?", fragte Mike kleinlaut. "Hast du dich schon mal gefühlt wie von einem Bus überfahren?", fragte Spike sarkastisch. "Dann hast du nämlich den Ansatz einer Ahnung wie es mir geht." Er schwieg bitter. Ob er vielleicht sollte...Immerhin, der Kleine lag schließlich wegen ihm so da. Er war es ihm schuldig, oder? Zähneknirschend gab er nach. "Komm her", brummelte er und zog Mike in seinen Arm. Er schlang seine Decke zusätzlich noch über den Jüngeren. "Besser?" "Leider nicht... Aber trotzdem Danke... Jetzt wird es aber sicher besser werden.", antwortete Mike mit einem leichten Lächeln und kuschelte sich an Spike. "Woher weißt du, wie man sich fühlt, wenn man von einem Bus überfahren wurde? Ist dir so etwas schon mal passiert?", fragte er mit vollem Ernst. Spike lachte leicht. "Was meinst du, wie viele Prügeleien und Unfälle ich schon hinter mir habe? Glaub mir, du lernst ziemlich schnell einzuschätzen, in welche Kategorie deine Verletzungen gehören. Und das hier ist eindeutig die "Bus-Überfahren-Klasse"." Er fuhr ihm einmal durch die zerzausten Haare. "Aber zerbrich dir dein hübsches Köpfchen nicht über etwas, das dich nichts angeht", spöttelte er. "Du hast Recht, ich hab echt keine Ahnung, wie schlecht es dir geht...", sagte er mit leicht traurigem Unterton. "Ich bin nur früher oft verprügelt worden, aber da haben sie mir nie etwas gebrochen. Das was dir jetzt passiert ist, ist sicher viel schlimmer. Aber wieso bist du eigentlich die gesperrte Piste runter gefahren? Das war echt gefährlich. Du hättest sterben können." Spike winkte ab und zuckte mit den Schultern. "Ich wusste nicht, dass die Piste unbefestigt ist. Ich wollte mich einfach ein wenig abreagieren. So schlimm ist es schon nicht. Zudem- wen hätte es gekümmert wenn ich weg gewesen wäre? Unsere Pauker vielleicht, weil sie Probleme bekommen hätten mit der Schulleitung. Aber sonst...Ich bin nicht gerade sehr beliebt, wie du vielleicht gemerkt hast", grinste er schwach. "Aber jetzt schlaf. Ruh dich aus." "Aber trotzdem respektieren sie dich alle. Ist also mehr eine Art Schreckensherrschaft oder so. Aber so lange man dir nicht zu Nahe kommt, bist du ja eigentlich eh ganz nett. Wegen dem, was in der Kantine passiert... Das tut mir Leid... Ich war so nervös, ich wollte nur nicht auffallen und dann bin ich gestolpert..." Mike wurde langsam wieder wärmer, aber as Fieber schien auch nicht sinken zu wollen. Er schloss die Augen. "Ah. Moment noch." Spike griff nach der Medizin neben seinem Bett und schraubte den Deckel auf. "Hier, deine Medizin. Dann geht es dir bestimmt bald besser." Er füllte etwas von dem zähflüssigen Saft darin ab und reichte es Mike. "Medizin? Na wenn's unbedingt sein muss...", wehrte sich Mike ein wenig, gab dann aber doch klein bei und schluckte den Saft schnell runter. Dann kuschelte er sich wieder an Spike. Ein paar Minuten später war er auch schon eingeschlafen. Er schlief den Rest des Tages und die ganze Nacht durch. Am Morgen, noch ziemlich früh, so gegen sechs, wachte Mike auf. Sein Fieber war runter gegangen, doch weg war es noch immer nicht. Er stand langsam auf und versuchte, Spike nicht zu wecken. Er ging ins Bad und duschte sich. Danach ging er nackt durch das Zimmer zum Schrank und holte sich neue Unterwäsche und einen neuen Pyjama heraus, da sein anderer, welchen er schon angehabt hatte, total durchgeschwitzt war. Danach legte er sich wieder ins bett und schlief weiter. Als Spike am nächsten Tag wieder aufwachte, schlief Mike noch (oder wieder. Das konnte er so genau nicht festmachen.) Spike setzte sich mühsam auf. Neben seinem Bett lehnten zwei alte Holzkrücken, die aussahen, als hätten sie ihre besten Jahre vor zwei Jahrhunderten gehabt. Aber immer noch besser als nichts. Mühsam stützte Spike die Arme auf die Krücken und versuchte, ohne allzu große Schmerzen ins Bad zu kommen. Während Spike im Bad war, rutschte Mike langsam und unbewusst auf Spikes Seite des Bettes, welche von Spikes Körperwärme noch ganz warm war. Er machte es sich dort gemütlich. Doch er bekam nichts davon mit, da er tief und fest schlief. Er verkroch sich so unter der Decke und zwischen den Kissen, dass er von außen gar nicht zu sehen war. Nachdem Spike sich mit Mühe und Not gewaschen hatte (duschen war mit seinem Gips wohl nicht drin) kämpfte er sich zurück zum Bett. Als er sich auf die Bettkante setzte erblicke er plötzlich Mike, eingekuschelt in seine Decke und auf seiner Seite. Er fuhr ihm behutsam durch die schwarzen Haare und meinte: " Hey, Kleiner. Lässt du mich rein?" Mike erschrak, als Spike ihn berührte und sprang auf. Sein Herz raste und er atmete schnell. Dann wurde ihm plötzlich schwarz vor Augen und er fiel zurück ins Bett. "Mann, hab ich mich erschreckt. Wie in ich den auf deine Seite gekommen? Tut mir Leid...", sagte er mit leicht zitternder Stimme und stieg schnell auf seine Seite zurück. Als Spike sich dann niederlegte, deckte Mike ihn zu, da Spike bei dem Versuch, es selbst zu tun, kläglich gescheitert war. Mike legte sich dann auch wieder zurück in seine Hälfte: "Was sollen wir jetzt den ganzen Tag tun? Wir können ja nicht mal aus dem Bett..." Spike zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Zu was fühlst du dich denn in der Lage?" Er strich sich durch die schwarzen Haare, die ihm über die nackten Schultern hingen. Dort, wo die Bettdecke verrutschte, konnte Mike Spikes muskulösen Oberkörper bewundern. Ein paar Striemen zogen sich darüber als Überbleibsel von seinem Sturz. Mike erkundete Spikes Körper, ohne dass dieser es merkte. "Hast du Hunger? Wenn ja, kann ich dir ja etwas holen oder etwas bringen lassen. Oder lass uns irgendwas spielen, ich mag es nämlich nicht, wenn mir langweilig wird. Wir können auch reden, oder wenn ich dich nerve, beschäftige ich mich einfach selbst.", versuchte sich der Kleine abzulenken. Spike überlegte kurz bevor er meinte: "Essen klingt nicht schlecht. Am liebsten etwas...Süßes." Ein eigentümliches Grinsen schlich sich auf seine Züge. Man gönnte sich ja sonst nichts... Mike setzte sich auf. "Gut, dann werde ich mal sehen, was ich machen kann." Mike stieg aus dem Bett und zog sich seine Schuhe an. Er ging zum Kasten und holte sich einen Pullover heraus. Während er zur Türe ging, zog er ihn an. Dann war er auch schon verschwunden. Er stieg die Treppen hinunter und ging in zu dem kleinen Supermarkt. Wegen seinem Aufzug musste er sich auch nicht schämen, da sich fast niemand im Hotel befand, alle waren Schi fahren. Er ging zum Tortenständchen und kaufte 4 Stück Torte, Sachertorte, Schwarzwälderkirschtorte, Topfentorte und Malakovtorte. Nach dem Zahlen machte er sich wieder auf den Weg zum Zimmer, doch davor machte er einen Umweg zur Hotelküche und lieh sich zwei Gabeln aus. Nach langem Treppensteigen war er auch schon wieder bei seiner Zimmertüre angekommen. Er öffnete sie langsam und ging hinein. "Hier bin ich wieder.", stellte er lächelnd fest. Er ging zu dem kleinen Tisch hinüber, welcher an der linken Wand stand und stellte den Kuchen darauf. Dann zog er den Tisch quer durchs Zimmer, bis er an Spikes Seite des Betts ankam. "So, da kannst du jetzt deine Sachen abstellen." Dann legte er sich wieder in seine Seite des Bettes und musste eine kleine Pause machen. Spike hätte nicht damit gerechnet, dass Mike sich soviel Mühe geben würde. Anerkennend besah er die Küchenstücke. "Alle Achtung, Kleiner", grinste er und kraulte ihm leicht die Haare, "nicht schlecht für einen Streber." Er machte ein leicht trauriges Gesicht, sagte dann aber schnell: "Die Malakovtorte gehört mir, also Finger weg!" Mike holte sich einen Stuhl und setzte sich dann zum Tisch, um mit Spike gemeinsam zu essen. Er nahm sich sein Stück und aß das ganze Tortenstück in Windeseile auf. Grinsend beobachtete Spike wie der Kleine sich über die Torte hermachte. Er selbst schnappte sich die Schwarzwälderkirschtorte. Mike war zwar ein wenig zu gesprächig für seinen Geschmack aber Spike musste erneut feststellen, dass sein Äußeres gar nicht so unattraktiv war. Im Gegenteil. Also warum nicht das unangenehme mit dem angenehmen verbinden? Mit einem grinsen beugte er sich ein wenig vor und streckte seine Hand nach Mike aus. "Halt still", meinte er trügerisch sanft, "Du hast da etwas." Mit diesen Worten strich er ihm einen Kuchenkrümel vom Mundwinkel. Mike schreckte zuerst etwas zurück, doch dann ließ er Spike seinen Weg. "Was war denn das jetzt, flirtet der etwa mit mir? Ich hab das bis jetzt schon ein paar Mal erlebt... Eindeutig!", dachte sich Mike schnappte sich dann Spikes Hand und leckte den Krümel von seiner Hand, "Dann wollen wir mal sehen, wie ihm das gefällt..." Spike grinste. Der Kleine schien darauf eingehen zu wollen. So unschuldig wie er schien war er vielleicht gar nicht. Er zog sanft seine Hand wieder zurück und schnappte sich stattdessen seine Gabel. Der Ältere nahm ein Stückchen Schwarzwälderkirschtorte auf und hielt sie Mike hin. "Möchtest du mal probieren?" "Leider muss ich dich enttäuschen, ich bin nämlich allergisch gegen Steinobst, und da Kirschen Steinobst sind, muss ich leider ablehnen. Außer, du willst sehen, dass ich ganz rot im Gesicht werde und langsam ersticke. Nicht zu vergessen, dass ich mich übergeben muss.... Aber das will sicher keiner wissen.", sagte Mike mit einem leicht fiesen Lächeln. Er nahm Spike die Gabel aus der Hand. "Sag AHHHH." Erstaunt sah Spike ihn an, gehorchte aber. "Ahh", sagte er, doch ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. Kapitel 5: Kranke unter sich ---------------------------- Mike steckte ihm die Gabel in den Mund. "Ich würde das aber zu gerne essen, denn es schmeckt nämlich herrlich. Ich hab nur einmal Schwarzwälder gegessen, danach war ich aber drei Tage im Krankenhaus. Meine Eltern sind voll ausgeflippt. Die dachten, dass ich gleich sterbe oder so. Hab es aber ganz gut überstanden, wie man sieht, vielleicht ein bisschen zu kurz geraten, aber gut." Danach schnappte er sich die Topfentorte und aß mit der Gabel, welche er in der Hand hatte, weiter. Spike grinste leicht. "Mmh...da gäbe es vielleicht einen Weg, dass du doch noch zu einem Stückchen Schwarzwälderkirschtorte kommst ohne dass du mir unter der Hand wegstirbst..." Mike starrte Spike an. Zuerst verstand er nicht, was Spike meinte. Dann kam es ihm aber: "Warum, was hast du denn vor? Etwa das, was ich denke? Aber lehnst du dich da dann nicht zu weit aus dem Fenster? Solche Sachen sollten wohl überlegt sein." Spike seufzte leicht genervt. "Wohl überlegt sein? Das ist das, was ich an euch Strebern nicht ausstehen kann. Alles müsst ihr zig mal überlegen und analysieren." Er schnaubte leicht. Der Kerl hatte die ganze Stimmung verdorben. Sollte er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst... Mike legte seine Gabel auf den Teller. "Dafür geben wir aber nicht sofort auf, wenn etwas nicht auf Anhieb funktioniert. Immer schiebst du alles nur auf die Streber." Er lehnte sich zurück und sah auf den Tisch. Spike war immer sofort, wenn ihm was nicht passte, aggressiv. Das verwirrte Mike ordentlich und machte ihm sogar Angst. Spike schwieg. Was bildete dieser Kerl sich eigentlich ein sich mit ihm anzulegen? Wenn er in der Lage gewesen wäre, aufrecht zu stehen, hätte er die Kleinen windelweich geprügelt. Stattdessen aß er missmutig seinen Kuchen weiter und ignorierte Mike gekonnt. Mike schwenkte seinen traurigen Blick auf Spike und sah ihm beim Essen zu. Er wartete, bis Spike fertig war und räumte dann die schmutzigen Sachen zusammen und warf sie weg. Er schob den Tisch wieder an seine alte Stelle zurück und legte sich dann zurück ins Bett, ganz auf die Kante, mit dem Gesicht von Spike weggekehrt. Spike schnappte sich seine Krücken und stütze sich mühsam darauf. Sein Bein schmerzte noch, aber er würde es schon ertragen. Niemand wies ihn ab, niemand! Er lief so gut er konnte zu seinem Schrank und zog sich seinen Anorak heraus. Mike drehte sich um, sodass er Spike sah. "Wo gehst du denn hin?", fragte er vorsichtig, denn er wusste, dass er Spike bis aufs Blut beleidigt hatte. Aber auch er hatte jeden Grund, sauer zu sein. "Was geht's dich an, Kleiner", grummelte Spike, "Ich versteh auch gar nicht, warum du vor den Lehrern so ein Theater gemacht hast von wegen du wolltest mich suchen und so. Du könntest schon längst gesund sein und mit den anderen Skifahren anstatt mir hier auf die Nerven zu fallen." "Erstens hasse ich Schi Fahren und das Fieber kommt mir nur gerade Recht und zweitens helfe ich demjenigen, den ich mag... Ach mach doch, was du willst...", sagte Mike beleidigt und drehte sich wieder um. "Tss, wie kannst du mich mögen? Du kennst mich doch nicht mal. Im Gegenteil. Ich hab dich einmal verprügelt und du hast dir vor Angst fast in die Hose gemacht. Du leidest wohl am "Stockholm-Syndrom"...", spöttelte Spike. Er humpelte zu seiner Reisetasche und zog die Flasche hervor, die er am ersten Tag aus dem Dorfmitgebracht hatte. Er schraubte sie auf und nahm einen kräftigen Schluck daraus, bevor er sie wieder sicher verstaute. Mike rührte sich nicht mehr, bist Spike das Zimmer verlassen hatte. Er wartete so lange, bis von Spike nichts mehr zu hören war. Dann robbte er in Spikes Hälfte des Bettes und beugte sich hinunter, sodass er unter das Bett schauen konnte. Er schaute sich kurz um, bis er gefunden hatte, was er suchte. Er zog Spikes Schnapsflasche mit einem gekonnten Handgriff unter dem Bett hervor. Es war ein ziemlich starkes Wässerchen, was er da in der Hand hatte. "Das kann ich Spike aber echt nicht zumuten...", sagte er leise und holte eine leere Flasche von sich aus seiner Reisetasche. Er füllte alles um, bis auf ungefähr sieben oder 8 Schlucken. Diese trank er dann selbst aus. Dann verstaute er wieder beide Flaschen unter dem Bett und legte sich schlafen. Spike ging nicht weit weg (dazu wäre er gar nicht in der Lage gewesen). Er drehte ein paar Runden um das Haus und versuchte seinen Zorn durch die Kälte ein wenig zu besänftigen. Der Kerl sollte sich bloß nicht so aufführen. Als ob er auch nur eine Ahnung von nichts hätte!! Als Spike wieder zurück in sein Zimmer humpelte, lag Mike wieder in seinem Bett. Spike deckte ihn fester zu und öffnete das Fenster. Vorsichtig setzte er sich auf die breite Fensterbank und zündete sich eine Zigarette an. So war es viel bequemer als wenn er unten vor der Hütte stehen musste... Als es im Zimmer ein wenig kälter wurde, wachte Mike auf. Er setzte sich auf und sah zu Spike. Er hatte leicht gerötete Wangen vom vielen Schnaps. Er sah Spike an und plötzlich musste er weinen. "Es tut mir so Leid. Ich hätte das alles nicht sagen dürfen." Er hörte nicht auf zu weinen und versteckte seinen Kopf im Polster. Spike wandte den Kopf und sah auf das Häufelchen Elend auf dem Bett. Seufzend drückte er die Zigarette aus und ging langsam auf ihn zu. Er ließ sich auf die Bettkante fallen und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. "Hey Kleiner, wein doch nicht! Ist doch alles in Ordnung." Was war denn jetzt in ihn gefahren? Erst zeigte er sich aufmüpfig und nun das? Mike kuschelte sich an Spikes Brust und umarmte ihn. Zu weinen hörte er auch nicht auf. Der Alkohol machte ihn immer zu einer oft zu einer richtigen Heulsuse. Plötzlich aber sank er ab und sein Kopf landete auf Spikes Schoß. Der Kleine war so betrunken, dass er eingeschlafen war. Spike schüttelte den Kopf. Der Kleine roch nach Alkohol. Verdammt, man konnte den Kerl nicht einmal aus den Augen lassen. Behutsam legte er ihn ins Bett und deckte ihn zu. Er schloss das Fenster und legte sich selbst wieder daneben. Während Mike schlief, kuschelte er sich wieder an Spike. Es war immer so schön warm neben ihm. Mike liebte diese Wärme und nutzte es auch aus. Er rutschte diesmal auch unter Spikes Decke und umarmte Spike. "So schön warm...", nuschelte er vor sich hin. Spike seufzte leise und legte behutsam einen Arm um Mike. Warum zum Teufel hatte der Kleine sich so die Kanne gegeben? Und woher hatte er den Alkohol...Doch wohl nicht etwa...Eine Vermutung machte sich in ihm breit. Nach ein paar Stunden Schlaf wachte Mike endlich auf. Da bemerkte er, dass er in Spikes Armen lag. Er hatte leichte Kopfschmerzen, offensichtlich Nebenwirkungen vom Alkohol. Er rollte sich von Spike wieder auf seine Seite des Bettes. "Ahh.....", war das einzige Wort, wie er seinen Zustand jetzt beschreiben konnte. "Na? Du leidest wohl unter einem kleinen Kater", meinte Spike halb grinsend, halb vorwurfsvoll. Er richtete sich leicht auf, seine Decke glitt dabei von seinem Oberkörper herunter, was ihn leicht frösteln ließ. "Wieso ist es hier so kalt? Hast du mal durchgelüftet oder so?", fragte er zitternd. Er drehte sich auf Spikes Seite. "Ich hab mich an deinem Schnaps vergriffen... Tut mir echt Leid..." "Du sollst doch deine Finger von Sachen lassen, die dich nichts angehen", schimpfte Spike. Doch dann sah er ihn leicht versöhnlich an und kraulte ihm kurz durch die schwarzen Haare. "Na, du darfst dafür jetzt auch die Konsequenzen tragen." "Und welche sind das? Der Kater ist nämlich schon schlimm genug... Wo warst du, wenn ich fragen darf?", fragte Mike zögernd. Offenbar war er sich nicht so ganz sicher, ob Spike jetzt gelassen antworten oder ausflippen würde. "Ich war draußen und mit Konsequenzen hab ich eigentlich auf deinen Kater angespielt." Er grinste leicht. "Ich hoffe, dir geht es wenigstens mies. Dich einfach an fremder Leute Eigentum zu vergreifen..." "Es tut mir echt Leid, aber ich wusste nicht, was ich sonst machen sollte. Aber wenigstens kann dir jetzt nicht das Selbe passieren wie mir!", sagte er in seinen Polster hinein. "Hoffentlich merkt er nicht, dass sein ganzer Alk weg ist. Das wäre ich doof, wenn er noch mehr sauer auf mich wäre. Ich strenge mich jetzt ja schon echt an... Einfach weniger reden, er mag es nicht, wenn ich viel rede." Spike lachte leise. "Mir? Das Gleiche passieren wie dir? Kleiner, ich bitte dich. Ich vertrage einiges mehr als du, zudem betrinke ich mich nie so sehr, dass ich vollkommen von Sinnen bin. Wenn ich da an unseren Abend hier denke...Du warst so zu, dass du überhaupt nichts mehr mitbekommen hast. Nicht mal, dass du mir an den Hintern gegangen bist..." Er grinste anzüglich. Der Kleine war echt zu komisch. Wie konnte er ernsthaft glauben, dass Spike sich jemals so zudröhnen würde. Er hatte so etwas nicht nötig. Soviel Selbstbewusstsein hatte er. "Ich hab dir an den Hintern gefasst??? Oh Nein... Ich sollte echt besser aufpassen... Da war halt dieses Kampftrinken und bei solchen Sachen mach ich verdammt gerne mit. Das ist immer so lustig.", sagte er und stieg aus dem Bett. Dann ging er ins Bad und kam mit seiner Hose in der Hand zurück. Er suchte in der Tasche nach etwas und dann zog er ein Päckchen Geldscheine heraus. "Und ich hab gewonnen. Dreihundertundsiebzig Euro um genau zu sein." "Aber ist es das wert? Sich besinnungslos zu saufen nur wegen ein paar Geldscheinen? Kleiner, wie naiv und kindlich du noch bist. Es ist zu köstlich. Man sollte nicht für möglich halten, dass du bereits siebzehn bist", Spike lachte trocken, "und dich hätte ich vorhin beinahe geküsst! Ein Kleinkind. Du weißt wahrscheinlich nicht mal, wie das geht." "Da hast du wieder vollkommen Recht. Denn wie ein Kleinkind küsse ich andere nur aus Liebe, und bisher war ich leider noch nie richtig verknallt. Aber was das Trinken angeht, ich vertrage es relativ gut und es macht mir Spaß. Am ersten Tag hier hab ich es vielleicht übertrieben, da ich einen starken Gegner hatte. Aber kannst du dir eigentlich das Gefühl vorstellen, einmal gegen jemanden zu gewinnen? Wie viel Spaß das macht? Du erlebst das sicher verdammt oft, aber für mich ist das echt selten.", sagte Mike während er das Geld in seiner Tasche unter dem Bett verstaute. "So wenig Selbstwertgefühl hast du?" Spike sah ihn spöttisch an. "Du wirst doch noch andere Talente als das ,Kampftrinken' haben. Und was hast du denn davon, wenn du gewinnst aber nicht bei vollem Bewusstsein und klaren Verstand um es richtig zu genießen?" Spike erhob sich langsam und humpelte mit Krücken zu seinem Schrank. Er öffnete die Tür und fischte einen schwarzen, schlichten Pullover und eine, wegen seinem Gips, weite, ebenfalls schwarze Hose. Um sich besser umziehen zu können, setzte er sich auf sein Bett. Während er in seinen Pulli schlüpfte sagte er: "Und überhaupt, wer glaubt heute noch an die ,wahre Liebe'. Was, wenn du deine große Liebe niemals findest, wenn sie deinen Idealen nie entspricht? Wirst du die vielen Chancen in deinem Leben einfach so verstreichen lassen, weil du dich an deinen hochgesteckten Idealen festklammerst?" "Wer redet denn von meinen Idealen, sobald es bei mir funkt, reicht das. Mich interessiert es überhaupt nicht, wie mein Ideal ausschauen soll. Ob du es glaubst oder nicht." Mike wurde langsam richtig sauer. Keiner verstand ihn. Auch er ging jetzt zum Schrank und zog sich eine Jeans und ein enges Top an. Dann zog er sich seine Schuhe an und schnappte sich seinen Anorak. "Bis später dann, ich bin mal weg." "Aber erkälte dich nicht wieder", rief Spike ihm spöttelnd hinterher. Er ließ, so gut es ging, seine Hose hinuntergleiten und zog sich um. Dann ging er hinunter in den Speisesaal, wo bereits die anderen Schüler saßen. Als er sich an einen freien Platz setzte, wurde er von allen mit großen Augen betrachtet. Er saß alleine an einem Tisch, dennoch hinderte das niemanden daran ihn unverhohlen zu mustern. Schließlich getraute sich eine jüngere Schülerin ihr Essenstablett zu nehmen und sich zu ihm zu setzte. "Hi", sagte sie schüchtern, "Ich...hab von deinem Unfall gehört...uhm...geht's dir denn schon besser?" Spike musste ja wirklich mitleiderregend aussehen, wenn diese Kleine sich traute mit ihm zu reden. Andererseits - Spike war stark, jedoch im Moment auf seine Krücken angewiesen und somit auf die Hilfe anderer. Es konnte nicht schaden, sich gut mit ein paar Leuten zu stellen und sei es nur vorrübergehend. "Danke", sagte er, "es geht schon." Er brachte sogar ein halbes Lächeln zustande, eine große Leistung für einen Eisklotz wie ihn. Mike war noch nicht wieder aufgetaucht. Der Kerl war doch echt nervend. Wie konnte sich jemand so an eine Idee klammern? Wahre Liebe, ,funken', dass er nicht lachte. Und er hatte diesen Kerl auch nur ansatzweise attraktiv gefunden? Das mussten wohl die Schmerzen gewesen sein... Mike war es zu blöd, noch weiter mit Spike zu streiten und da er nicht wusste, was er tun sollte, fing er an, einen Schneemann zu bauen. Er rollte den Schnee zusammen und formte 3 Kugeln in verschiedenen Größen und stapelte sie dann aufeinander. Nach einer halben Stunde war er fertig und hatte sich auch wieder beruhigt. Er ging ganz durchnässt wieder hinein und hinauf ins Zimmer. "Der Schneemann erinnert mich irgendwie an Spike.", dachte er sich beiläufig, während er sich auszog. Dann ließ er die Badewanne mit heißem Wasser volllaufen. Als sie voll war, legte er sich hinein. Spike plauderte ein wenig mit dem Mädchen. Er erfuhr, dass sie Stella hieß und eine Klassenstufe unter ihm war. Sie sah jünger aus, als sie eigentlich war. Nach dem Essen verabschiedete Spike sich. Er humpelte wieder die Stufen hinauf zu seinem Zimmer. Mike wäre wahrscheinlich eh nicht da. So, wie der sich vorhin aufgeführt hatte, würde er wohl noch einige Zeit weg sein. Kapitel 6: Schneegestöber ------------------------- Mike entspannte sich in der Badewanne. Er fand es so angenehm, dass er fast einschlief. Dann hörte er Spike wieder ins Zimmer zurückkommen. "Er war sicher gerade essen. Das werde ich nachher wohl auch noch machen, ich bin schon richtig hungrig.", dachte er sich. Dann stieg er langsam aus der Wanne und wickelte sich ein Handtuch um die Hüfte. Er frisierte sich seine nassen Haare und ging dann ins Zimmer zurück, um sich etwas anzuziehen. Als Spike ins Zimmer trat, kam ihm Mike entgegen, nur ein Handtuch um die Hüfte gewickelt. "Na, Kleiner, hast du dein hitziges Gemüt etwas abgekühlt?", fragte er. "Ja, ich habe unten vor der Hütte einen Schneemann gebaut. Den hab ich nach dir benannt, auch, wenn er dir nicht ähnlich sieht. Er ist aber genau so kalt wie du!", antwortete Mike und musste gleich darauf niesen. "Zumindest scheint er dir nicht gut zu tun. Wie kann man nur so unvorsichtig sein und mit einer Erkältung in die Kälte einen Schneemann bauen gehen?" Spike schüttelte den Kopf. "Zeih dir schnell was über. Du brauchst dich ja nicht noch mehr zu erkälten..." "Warum bist du auf einmal wieder so nett zu mir? Nicht, dass es mir nicht gefällt, es irritiert mich einfach.", antwortete Mike schüchtern. "Ich bin nicht nett zu dir. Es besteht lediglich die Gefahr, dass ich mich anstecke, wenn du mir jede Nacht so auf die Pelle rückst wie bisher", antwortete Spike. Er grinste jedoch scherzhaft. "Ich schlaf nun mal gerne dort, wo es am wärmsten ist.", erwiderte Mike lächelnd. Er ging zum Schrank und holte sich eine Jogginghose, einen Pullover und Boxershorts heraus. Dann ging er wieder zurück ins Bad und zog sich dort an. Als er fertig war, ging er zurück zum Bett und legte sich hinein. Spike ging ans Fenster und öffnete es. Er zog eine Zigarette heraus und begann zu rauchen. "Du kannst sicher bald wieder mit den Anderen auf die Piste gehen", stellte er ruhig fest. "Kann sein, aber eigentlich fahre ich nicht gerne Ski. Ich finde es langweilig. Ich bin ja eigentlich hier mitgefahren, um dich eine Woche nicht sehen zu müssen. Aber jetzt sieht die ganze Sache ja anders aus..." Mike kuschelte sich unter die Decke und hoffte, dass er auf seine Aussage gerade keine Antwort bekam. Spike grinste. "Scheint so, als hätte ich deine schön zurechtgelegten Pläne zunichte gemacht, was?" Er lachte. "Es muss schrecklich für dich sein mit mir in einem Zimmer in einem Bett zu schlafen." "Das dachte ich Anfangs, aber es ist eigentlich gar nicht schlimm. Wie du siehst, lebe ich noch, hoffentlich noch länger...", gab Mike kleinlaut von sich. "Ich hab auf das Ganze hier sowieso keinen Bock mehr. Ich kann auch genauso gut zu Hause krank herumliegen. Und das werde ich die nächste Woche auch machen. Und ich brauch auch ganz sicher keine Standpauke von dir, von wegen "Ach ich bin ja so kindisch..."" Mike war auf einmal richtig angepisst. "Entschuldigung, ich sollte meine Aggressionen nicht an anderen auslassen." Er vergrub seinen Kopf in seinem Kissen. "Kleiner, du hast echt Probleme...", meinte Spike. Er zog nachdenklich und bedächtig an seiner Zigarette. Der Junge hatte echt Komplexe, soviel stand fest. Wie konnte jemand nur sowenig Selbstwertgefühl haben? "Ich glaube kaum, dass du zuhause wieder ins Bett musst. Du scheinst ja schon wieder auf den Beinen zu sein..." "Da hast du Recht, außerdem stellt sich ja dann noch die Frage, ob sich zu Hause jemand dafür interessiert, ob ich krank bin oder nicht. Aber ist ja auch egal. Ich geh mir was zu Essen kaufen, soll ich dir etwas mitbringen?" Mike stieg langsam aus dem Bett und holte seine Brieftasche aus seiner Schublade. "Nein danke." Spike schüttelte ablehnend den Kopf. Er drückte seine Zigarette aus bevor er wieder zum Bett humpelte und sich hineinlegte. Er sollte nicht zu viel laufen, dass tat nämlich noch immer höllisch weh. "Okay, ich bin dann weg.", verkündete Mike, wie immer. Auf den Weg zur Mensa verging ihm plötzlich das Essen. Ihm wurde plötzlich schlecht und schwarz vor Augen. Er versuchte noch, sich am Treppengeländer festzuhalten, was ihm aber nicht mehr gelang. Er war schon ohnmächtig, bevor sein Körper überhaupt den Boden erreichte. Mit dem Kopf fiel er genau auf die Stufenkante. Nach ein paar Minuten wachte er schweißgebadet auf. Es dauerte ein paar Momente, bis er wusste, wo er war. Er setzte sich zitternd auf, griff in seine Hosentasche und zog ein kleines Schächtelchen mit Tabletten heraus. Mit Mühe öffnete er dieses und schluckte eine der Pillen. Jetzt saß er noch ein paar Minuten auf der Treppe, dann ging es ihm schon ein besser. "17 Tage ohne. Die Abstände werden langsam größer." Sein Kopf tat höllisch weh, dieser war genau mit der Schläfe auf der Kante aufgeschlagen. Er bekam an dieser Stelle langsam einen großen blauen Fleck. Als er sich ein wenig erholt hatte, ging er weiter zur Kantine. Er holte sich dort ein Sandwich mit Schinken, Käse und Paprika. Nachdem er bezahlt hatte, machte er sich schnell auf den Weg in sein Zimmer. Er betrat langsam das Zimmer, und ging dann zum Esstisch. "Ich bin wieder da. Hast du mich vermisst?", fragte der Kleine scherzhaft. Spike saß auf dem Bett und legte sein Bein hoch. "Sollte ich das denn?", fragte er. Er musterte Mike aufmerksam. Auffordernd streckte er seine Hand aus, deutete Mike an, dass er zu ihm kommen sollte. Mike legte sein Sandwich auf den Tisch und ging langsam zu Spike. "Was ist denn los?", fragte er zaghaft, "Du tust mir doch nichts, oder?" "Na, sehe ich denn so aus?", spöttelte Spike. "Jetzt komm halt her, ich werd dich schon nicht fressen." Er streckte seine Hand nach ihm aus und erwischte ihn am Handgelenk. Mit ein wenig Nachdruck zog er ihn näher und zu sich hinab. "Was hast du denn da wieder geschafft? Bist du gegen ne Faust gelaufen?" Er deutete auf den Bluterguss an Mikes Schläfe. "Was?", fragte Mike erstaunt und ging ins Bad, um sich das, was Spike meinte, genauer zu betrachten. Als er dann in den Spiegel sah, sah er den Bluterguss an deiner Schläfe. Mike ging ganz erstaunt zu Spike zurück. "Ich hab mir gerade den Kopf gestoßen, aber dass das jetzt so schlimm aussieht, hätte ich nicht gedacht." Er griff sich vorsichtig an die schmerzende Stelle, zog die Hand aber sofort wieder weg, als ihm ein stechender Schmerz durch den Körper fuhr. "Setz dich", ordnete Spike an. Er ging zu seiner Tasche und durchforstete sie, bis er schließlich eine kleine Tube zu Tage beförderte. "Das sollte es ein wenig kühlen und den Schmerz lindern", erklärte er in seiner wie immer ein wenig unterkühlten Art und drückte sie Mike in die Hand. Mike, der sich gerade gesetzt hatte und nun die Salbe in die Hand bekam, stand wieder auf und ging mit ihr ins Bad. Er band seine Haare ordentlich zusammen und schmierte die Salbe vorsichtig über die Schläfe. Er war richtig erstaunt, da sie sofort zu wirken begann und die schmerzende Stelle kühlte. Danach ging er wieder zurück zu Spike. "Danke, sie wirkt sogar jetzt schon", dankte er ihm. "Was ich mir gar nicht gedacht hätte...", fügte er noch in seinen Gedanken hinzu. "Sag ich doch." Spike steckte sie wieder in seine Tasche. Er trug so was immer bei sich. Man konnte ja nie wissen, bei seinem Lebenswandel. Es gab immer jemand, der stärker war als man selbst. Und sollte er sich zufällig mal mit so jemanden anlegen, war er wenigstens gewappnet. Mike setzte sich dann wieder zum Tisch und aß weiter. "Irgendwie ist mir verdammt langweilig hier. Ich will sofort und so schnell wie möglich wieder nach Hause fahren. Zum Glück sind es eh nur mehr eineinhalb Tage, die wir hier absitzen müssen." //Wenn du mich nicht abgewiesen hättest wüsste ich so einige Sachen, mit denen wir uns die Zeit vertreiben könnten...// dachte Spike mit einem anzüglichen Grinsen. Laut sagte er: "Du kannst ja mit den anderen Skifahren gehen. So krank scheinst du ja nicht mehr zu sein..." "Lass mich bitte mit diesem verdammten Skifahren in Ruhe. Ich hasse Ski fahren wie die Pest." Mike schob das Sandwich zur Seite und legte seinen Kopf auf den Tisch. "Mir ist so langweilig. Kann man an Langeweile eigentlich sterben?", fragte er Spike. "Ich habe von vereinzelten Fällen gehört, ja", grinste er. "Wenn dir so verdammt langweilig ist, dann denk dir doch was aus um dir die Zeit zu vertreiben? Du bist doch so ein kreatives Köpfchen." "Ich verschlafe die nächsten Tage am Besten. Darin bin ich so richtig gut. Oder wir machen etwas zusammen, was man so im Bett zusammen machen kann.", sagte der Kleine, ohne darüber nachzudenken, was er da gerade gesagt hatte. Er kann zu Spike ins Bett, beugte sich zum Nachtkästchen und kramte darin herum. Er schien etwas zu suchen. "Suchst du was bestimmtes?", fragte Spike. Der Kleine konnte das, was er eben gesagt hatte, nicht so gemeint haben, wie Spike es verstanden hatte, da war er sich sicher. Dennoch, die Vorstellung hatte etwas. Mike zog ein Päckchen mit Spielkarten aus der Schublade. "Kannst du ein paar Kartenspiele? Schnapsen, Bauernschnapsen oder Tarock? Das sind österreichische Kartenspiele. Sind ganz lustig, aber nicht sehr einfach." "Tut mir leid, die kenne ich nicht." Spike schüttelte bedauernd den Kopf. Natürlich dachte der Kleine an Kartenspiele. Er war noch so richtig naiv und unverdorben. Oftmals erschien er Spike wie ein Kind. "Ist ja auch egal. Es ist sicher immer noch am Besten, wenn ich die Zeit einfach verpenne. Gute Nacht dann", sagte der kleine zu Mittag. Ein paar Minuten später war er auch schon eingeschlafen. Als er das nächste Mal aufwachte, war es schon neun Uhr am Abend. Er streckte sich. "Morgen..." Zu spät bemerkte er, dass Spike nicht im Raum war. Denn dieser saß unten in der Kantine. Doch nicht allein, wie man vielleicht hätte, vermuten können. Es hatten sich einige Mädchen um ihn versammelt um den ,armen Kranken' zu bemitleiden. Spike ging dieses Theater gehörig auf den Keks, aber immer noch besser als die ganze Zeit auf seinem Zimmer verbringen zu müssen. Und da er auf fremde Hilfe angewiesen war, konnte es nicht schaden, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Vorrübergehend, versteht sich. Mike setzte sich im Bett auf und sah sich um. Dieser war nicht im Zimmer. Dies war die Gelegenheit, seine Sachen zusammen zu packen, denn heute Abend würden sie sich ja wieder auf den Nachhauseweg machen. Er kramte seine Reisetasche unter dem Bett hervor und warf sie aufs Bett. Da sah er den Schnaps, den er von Spike gestohlen hatte. Diesen füllte er wieder in seine eigentliche Flasche von Spike zurück. "Kindisch... hat er gesagt... da mag er vielleicht Recht haben.", murmelte er vor sich hin. Dann verstaute er alles, was er bis zum Abend nicht mehr gebrauchen konnte, in der Tasche und stellte diese dann in einem Eck ab. Als er damit fertig war, machte er sich auf dem Weg. Er wollte Spike finden. Er begann mit seiner Suche in der Kantine und hatte sofort Glück. Dieser saß dort und unterhielt sich mit ein paar Mädchen. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in Mikes Magengrube breit. "Er hat doch mich, wofür braucht er dann die blöden Gänse da?", dachte er sich und sein Gesicht zog sich zu einem leicht ärgerlichen Ausdruck zusammen. Dann ging Mike zum Tisch, an dem Spike saß und setzte sich dazu. "Hallo alle zusammen.", sagte er mit einem künstlich freundlichem Gesicht. "Na, Kleiner, ausgeschlafen?", grinste Spike. Eins der Mädchen sah Mike groß an. "Du bist Spikes Zimmergenosse, oder?", fragte sie. //~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~// "Soweit ich mich erinnern kann, war ich das die letzte Woche. Und? Was macht ihr so hier? Zeit vertreiben?", fragte Mike, während er eine Kellnerin herwinkte. Dann bestellte er sich einen schwarzen Tee. Dann warf er einen kurzen Blick aus dem Fenster und bemerkte, dass es begonnen hatte zu schneien. "Seit wann schneit es denn so heftig?", fragte er das Mädchen, das direkt neben ihm saß. Diese sagte ihm, dass es schon seit mehreren Stunden stark schneite. Spike zündete sich eine Zigarette an starrte aus dem Fenster. "Das sieht nicht gut aus", murmelte er, "Wir sollten früher abfahren, sonst kommen wir nicht mehr weg von hier!" "Aber ein paar Gruppen sind doch noch auf der Piste, oder?", fragte Mike und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Tee. "Und wer weiß, wann diese zurückkommen. Wenn wir Pech haben, werden wir eingeschneit und kommen die nächste Zeit sicher nicht von hier weg...", stellte er fest, während er sich seine kalten Hände an der etwas zu heißen Teetasse wärmte. "Noch länger hier...", murmelte er. "Es sieht fast so aus, ja...", grummelte Spike. Er stützte sich auf seine Krücken, humpelte wieder nach oben in sein Zimmer. Verdammt. Noch länger in dieser beschissenen Hütte? Hatte er das verdient? Er konnte nur hoffen, dass bald das Signal zum Aufbruch kam! Emotionslos blickte er Spike hinterher. Ihm schien die ganze Situation anscheinend überhaupt nicht zu gefallen. Dann wandte er sich wieder seiner gegenwärtigen Gesellschaft zu und trank seine Tasse leer. Nach ungefähr einer halben Stunde machte er sich dann auch wieder auf den Weg in sein Zimmer. Er stieg die Treppen bis nach oben, betrat dann aber nicht das Zimmer, sondern setzte sich auf das kleine Sofa davor und starrte ins Nichts. Spike schrak auf, als eine Stimme durch die Lautsprecher des Berghotels schallte. Es war ihr Lehrer der ankündigte, dass die Gruppen vom Fahren zurückgekehrt waren, weil einfach kein durchkommen mehr gewesen war. Sie waren nun offiziell auf unbestimmte Zeit eingeschneit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)