Equinox von YourBucky ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel IX - Kein Schatten ohne Licht ------------------------------------------------ I've got to take it on the otherside... in diesem Kapitel stehen die Estrella im Mittelpunkt, die sonst immer ein bisschen zu kurz kommen. Ich habe sie trotzdem sehr ins Herz geschlossen und gönne ihnen jede einzelne dieser Zeilen. Enjoy! Die Sonne hob sich nur langsam und träge über die Gebirgskette am Horizont. Eine seltsame Aura der Stagnation hatte sich über das Panorama gesenkt, zog sich in rötlich violettem Sirup über die schweren, tief hängenden Wolken und hinterließ einen drückenden Grauschleier auf den weiten Ebenen. Selbst der kühle Morgenwind, der ansonsten in steter Hast über das Land jagte, schien im Zwielicht jener frühen Stunden merkwürdig getragen und gebremst. Irgendetwas Unheilvolles lag in diesem sachten Luftstrom, ohne dass er jedoch hätte sagen können, was genau das war und woher er überhaupt diese Gewissheit nahm. Aber das vereinzelte Rauschen der Blätter und des Grasmeeres, das kaum wahrnehmbare Pfeifen des Windes, das Scharren der flüchtigen Verwehungen im Sand, all das zusammen klang in seinen Ohren wie ein düsterer Triumphgesang. Er schüttelte den Kopf und musste lachen. Wovor sollte er sich denn schon fürchten? Die träge wiegenden Schilfgräser und das immerfort glucksende Wasser des kleinen Flüsschens, an dessen Ufer sie sich zur Rast gelegt hatten, stimmten ein leises Trauerlied an. Irgendetwas war geschehen, soviel stand fest. Aber was auch immer das nun sein mochte, aus irgendeinem Grund war er sich beinahe vollkommen sicher, dass dieses rätselhafte ferne Ereignis alles andere als nachteilig für sie war – im Gegenteil. „Hey, Phil, du bist schon wach?“ Es war Wills Stimme, die ihn aus seinen Gedanken, aus seinem stummen Zwiegespräch mit der getrübten Umwelt riss. Doch obwohl ihm der stets gut gelaunte Tonfall des jungen Kriegers mittlerweile durchaus vertraut war, fuhr im ersten Augenblick ein instinktives Erschrecken durch Phils Körper, das ihn ruckartig herumfahren ließ und seinen Puls von einer Sekunde auf die andere in Geschwindigkeiten beschleunigte, auf die er am derart frühen Morgen gut und gern hätte verzichten können. „Ach was!“ Der Blondschopf wählte den genervtesten Tonfall, den er im Angesicht jener ersten Schrecksekunde über die Lippen bringen konnte, und strich sich einige Male durch sein kurzes, strubbeliges Haar, um eine vorwurfsvolle Ruhe zurückzugewinnen. Will lächelte nur (was Phil nicht weiter überraschte, denn eigentlich hatte er noch niemals einen anderen Ausdruck auf dem schönen Gesicht des Schwarzhaarigen gesehen) und machte sich dann wieder daran, aus den ärmlichen Resten ihres Proviants ein Frühstück zu zaubern. „Sag mal, Phil, täusche ich mich oder siehst du wirklich so ernst aus heute…“, meinte er in fast beiläufigem Tonfall, während er mit einiger Mühe und scheinbar höchster Konzentration von einem mittlerweile hart gewordenen Brotlaib etliche unregelmäßige Stücke abhackte. „Keine Ahnung…“ Phil zuckte mit den Schultern und ließ seinen Blick über die bräunlich grüne Ebene schweifen. „Irgendwas ist passiert.“ „Häh?“ Will wandte sich von seinem zähen kleinen Feind ab und sah den blonden Jungen fragend an. „Wie kommst du jetzt da drauf?“ „Hörst du nicht den Wind? Das Wasser?“ Phil schloss seine hellblauen Augen. „Aber nein, wie auch? Ich hatte fast vergessen – du kannst sie ja nicht verstehen.“ Er grinste, und Will schnitt eine Grimasse. „Du bist ja nur eifersüchtig, weil die freundlichen Stimmen nicht zu dir sprechen!“, ahmte Will den Tonfall des Blondschopfes nach, dann lachte er und warf einen kleinen Stein nach der schlanken Gestalt des Jungen. „Idiot. Red du nur weiter mit deinen spirituellen Freunden, aber hör bitte auf, einem armen, alten, hilflosen Estrella schon in den frühen Morgenstunden auf die Nerven zu fallen!“ Phil wich dem Geschoss mit einer beiläufigen Kopfbewegung aus, bevor er sich mit einem Lächeln auf den Lippen von dem glucksenden Strom abwandte und an dem Schwarzhaarigen vorbeischlenderte. „Und was ist, wenn ich dich doch weiter nerve?“ Der Blondschopf bleckte die Zähne. „Willst du mich dann mit deinen übermächtigen magischen Fähigkeiten bestrafen?“ Lachend stapfte er zu ihrer müde glimmenden Feuerstelle zurück und ließ sich auf dem sandigen Boden nieder, ohne auf den leisen, resignierten Seufzer zu achten, den Will über die Lippen brachte, während er wortlos weiter Brot- und Fleischreste zusammensuchte. Die Morgenstunden waren schnell vorangeschritten, der schlafende Rest der jungen Estrella erwacht, und nun, da sie ihr mehr oder weniger ergiebiges Frühstück genießen konnten, war wieder einmal die Zeit für eine Lagebesprechung gekommen. „Okay. Wir haben Shinya und seine Anhänger jetzt wohl endgültig aus den Augen verloren“, ergriff Phil mit wichtiger Miene und lauter Stimme das Wort, während er auf einem mehligen Stück Apfel herumkaute. „Ach nee! Jetzt sag aber nicht, dass unser große Anführer doch tatsächlich nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll…“ Will riss seine grauen Augen in gespieltem Entsetzen weit auf und wandte dann seinen Blick zu Cascada hinüber. Die junge Frau saß sichtlich gedankenverloren und ein wenig abseits von der Runde auf einem kahlen graubraunen Fleck des zerklüfteten Bodens und schien der Diskussion bestenfalls noch am Rande zu folgen. „Sehr, sehr lustig! Einen herzlichen Dank an unseren Alleinunterhalter für diesen unbeschreiblich sinnvollen Beitrag, der uns bestimmt sehr weiterhelfen wird!“, maulte Phil, aber Will hatte es bereits aufgegeben, ihm zuzuhören. Stattdessen rutschte er näher zu der blauhaarigen Magierin hin und betrachtete sie einige Sekunden lang schweigend von der Seite. „Stimmt irgendetwas nicht?“, fragte er dann in gedämpftem Tonfall und legte vorsichtshalber schon mal ein aufmunterndes Lächeln auf seine Lippen. Cascada blickte auf, erschrocken, wie plötzlich aus einem tiefen, reißenden Gedankenstrom herausgezerrt. „Nein, es ist alles in Ordnung!“, erwiderte sie eine Spur zu hastig. „Cascada, wenn du mir in diesem Tonfall sagen würdest, dass ein Vogel fliegen kann, ich würde es dir nicht glauben. Also sag schon – was ist los?“ Die tiefblauen Augen der Wassermagierin schweiften über die Ebene zum graublauen Horizont hin, der in weiter Ferne von einem silbern schimmernden Bergmassiv durchschnitten wurde. „Die Silberberge…“, flüsterte sie. „Es ist doch jedes mal wieder ein wunderschöner Anblick, nicht wahr?“ „Bezaubernd!“, grinste Will. „Wirklich unheimlich bezaubernd und beeindruckend; ganz besonders dann, wenn man vom Thema ablenken möchte, richtig?“ Cascada warf dem Schwarzhaarigen einen strafenden Blick zu, den sie allerdings nur wenige Sekunden lang aufrecht erhalten konnte, bevor sich auch auf ihre Lippen ein Lächeln stahl. „Du bist wirklich seltsam, Will, aber keine Sorge, ich habe schon verstanden, dass du jetzt unbedingt eine Antwort hören möchtest.“ Sie seufzte leise. „Erinnerst du dich daran, was Phil vorhin gesagt hat? Etwas ist geschehen. Das weiß ich auch, denn alle Wasser singen davon. Aber im Gegensatz zu ihm bin ich mir vollkommen sicher, dass es etwas sehr, sehr Böses sein muss, und ich glaube…“ „Moment mal! Warum bin ich seltsam?“ Der Schwarzhaarige neigte seinen Kopf zur Seite und blinzelte Cascada mit neugierigen Augen an. „Ich dachte, du wolltest wissen, worüber ich nachdenke! Und jetzt, wo ich es dir sagen will, da ist es auch wieder nicht…“ „Erst einmal möchte ich wissen, warum ich seltsam bin. Oder sein soll. Das ist nämlich völliger Unsinn. Ich bin nicht seltsam! Du bist seltsam, wenn du solche seltsamen Thesen aufstellst, von wegen ich und seltsam, das ist seltsam, hörst du?“ Die Blauhaarige schüttelte den Kopf, und obwohl sich ein leises Lachen über ihre Lippen stahl, blieb ihr Blick doch ernst und gleichzeitig auch gedankenverloren abwesend. „Ach, weißt du… du versucht immer, die anderen aufzumuntern, und meist gelingt dir das sogar. Ständig trägst du ein Lächeln auf deinen Lippen, so als ob du niemals traurig wärst…“ „Ist das jetzt neuerdings strafbar?“ Will grinste. „Komm, sei doch mal ehrlich – was wärt ihr ohne mich? Irgendeiner muss doch hier für gute Laune sorgen!“ „Ja, natürlich, Will, und das schätze ich auch sehr an dir“, entgegnete Cascada sanft. „Ich frage mich nur…“ „Was?“ „Wieso sprechen deine Augen eine andere Sprache, Will?“ Die Wassermagierin schenkte dem jungen Krieger noch ein letztes Lächeln, bevor sie sich erhob und zum Rest der Gruppe zurückkehrte. Nach langem Überlegen und einer kurzen, aber umso heftigeren Diskussion hatte sich der kleine Trupp schließlich dazu durchgerungen, den langen Weg in Richtung des Meeres einzuschlagen. Immerhin waren Wasser und Wind die Boten gewesen, die eine unheilschwangere Nachricht zu ihnen getragen hatten, und so waren die fünf jungen Kämpfer zu dem mehr oder weniger demokratischen Beschluss gekommen, dass doch eigentlich nur der Ozean diese Neuigkeit verbreitet haben konnte. „Ein bisschen abgefahren klingt’s ja schon, was?“ Wieder einmal war es Tempest, der als erster das allgemeine Schweigen brach, jene nicht in Worte zu fassende Bedrückung, die sich über das gesamte Bühnenbild der Natur gelegt hatte. „Ich mein ja nur, Elemente, die einem irgendwie halt Geschichten erzählen und so, das is… das is…“ „Seltsam? Unglaublich? Vielleicht sogar unglaubwürdig?“ Tierra lächelte, ein stummes Blitzen in den tiefgrünen Katzenaugen. „Das meintest du doch, nicht wahr?“ Der Rotschopf zauberte sich ein Grinsen auf das Gesicht und nickte. „Ähm – ja. So ähnlich.“ „Es wäre vermessen, dir zu widersprechen, mein lieber Tempest, und doch erstaunt es mich, diese Worte ausgerechnet aus deinem Mund zu hören. Du selbst kannst sie schließlich auch verstehen. Du fühlst ihn doch, den Wind, nicht wahr?“ Cascada schenkte dem jungen Estrella einen Blick, in dem nur allzu deutlich geschrieben stand, dass sie die Antwort auf ihre Frage wieder einmal längst schon kannte. „Schon klar! Das hab ich auch gar nich bestritten, oder?“, murmelte Tempest und hielt seine grünen Augen starr zu Boden gerichtet, so als verlange ihm jede einzelne Baumwurzel, jeder mögliche Stolperstein urplötzlich seine volle Konzentration ab. „Ich meine, es is doch einfach krank. Was würdet ihr denn tun, wenn da irgendwie plötzlich jemand zu euch kommt und euch zulabert so von wegen der Wind, der spricht mit ihm und so. Klingt halt irgendwie schon danach, dass bei dem Typen irgendwas nicht ganz in Ordnung is…“ „Hm… kann es sein, dass sie dich früher auch so ab und zu für… leicht verrückt gehalten haben?“, fragte Tierra vorsichtig und versuchte vergeblich, Tempests Blicke aufzufangen. Der Rothaarige antwortete nicht. „Ich glaube ich weiß, wovon du sprichst“, ergriff Cascada schließlich an seiner Stelle das Wort. „Als ich noch ein kleines Kind war, da erschien es mir vollkommen normal, dass mich der Regen getröstet und der Bach mir Geschichten aus den hohen, weiten Bergen und von aufregenden fremden Orten mitgebracht hat. Ich wusste nicht, warum keiner außer mir auf sie hören wollte, und erst viel später habe ich begriffen, dass die anderen es ganz einfach nicht verstehen.“ „Mann, was kümmern dich die andern?“ Tempest hob ohne rechten Antrieb seine Schultern und stieß ein kurzes, abfälliges Lachen hervor. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du als Kind schon genauso darüber gedacht hast!“ Tierra bemaß den Jungen mit einem zweifelnden Blick. „Meine Eltern waren Seefahrer!“ Nicht nur die Stimme, sondern auch das Gesicht des Rotschopfes hatte sich schlagartig verändert, war von einer leisen Spur der Euphorie durchzogen, während er seine Augen dem mittlerweile strahlend blauen Himmel entgegenwandte. „War schon irgendwie cool, ich meine, der Seewind is echt mal viel unterhaltsamer als diese mickrigen Lüftchen, die hier teilweise so auf den Ebenen rumkriechen. Hat eben auch mehr erlebt. Außerdem ist der Seewind so’n richtiges Großmaul und – irgendwie wär ich doch ganz gern da auf’m Schiff geblieben…“ „Warum hast du’s dann nicht getan?“, mischte Phil sich nun endlich ein, obwohl er sich bei der ganzen Diskussion doch immer noch ein wenig fehl am Platz fühlte. „Lass mich raten – du wolltest selber mal das eine oder andere Abenteuer erleben, anstatt das immer nur von irgendwelchen Winden erzählt zu bekommen, hab ich Recht?“ „Na ja… so ähnlich war’s schon…“ Tempest grinste schief. „Also ganz entfernt war’s so ähnlich. Die vom Schiff haben mich halt zum Essen holen geschickt und dann… ja… als ich wieder zurückgekommen bin, war’n se dann schon weggefahren. Eben ohne mich.“ Tierra riss ihre grünen Augen weit auf. „Moment mal! Heißt das, deine Eltern haben dich einfach so allein an Land zurückgelassen?“ Über ihr Gesicht huschte ein sogar überaus finsterer Schatten. „Fantastisch! Nur, weil du vielleicht ein klein wenig anders warst als sie… nein – weil du mehr verstanden hast als sie…“ „Hey, ganz so war’s ja nich!“ Der Rotschopf winkte eilig ab, und sein Grinsen wurde spontan noch ein bisschen falscher und aufgesetzter. „Reg dich mal nich auf. Sie war’n ja nich so richtig meine Eltern. Die ham mich halt irgendwann mal mitgenommen, keinen Plan wieso.“ „Ach ja – das tragische Schicksal eines jeden Estrella!“ Will trat neben den Windmagier und hob seine Hände wie in einem innigem Flehen gen Himmel. „Alle sind wir Waisenkinder – aufgewachsen bei irgendwelchen Großeltern, Stiefmüttern oder ganz auf sich allein gestellt – viel zu früh allein gelassen und nur deshalb bereit für die eine, für die große Aufgabe…“ „Meine Güte, ihr Element-Estrella habt vielleicht Probleme!“ Phil verdrehte die Augen. „Und Will, bitte… spar dir in Zukunft dieses… pathetische Herumgephilosophiere, das passt einfach nicht zu dir. Wir sollten lieber…“ Weiter kam er nicht, denn im selben Moment zerriss ein ohrenbetäubender Lärm die halb schwermütige, halb idyllische Ruhe der Natur. Die staubige Erde um die kleine Gruppe herum begann zu vibrieren, wölbte sich wie ein aufgehender Kuchen und brach dann binnen weniger Sekunden auf. In einer irrwitzigen Geschwindigkeit schossen steinerne Platten aus dem Boden hervor und wuchsen rasend schnell dem Himmel entgegen, der sich beinahe noch im selben Augenblick verdunkelte. Für einen Moment schien die Umgebung in Finsternis zu versinken, verblasste, bis nichts mehr von ihr zu erkennen war. „Hey! Wo-wo seid ihr?!“ Phil hörte den Ruf, ohne seine eigene Stimme wiederzuerkennen. Wie betäubt tastete er nach irgendetwas, das er als Körperteil oder Kleidungsstück eines seiner Freunde hätte ausmachen können, spürte jedoch nicht auch nur einen von ihnen überhaupt in seiner Nähe. Er fühlte gerade zumindest etwas sehr, sehr ähnliches, vielleicht noch ein wenig beklemmenderes als Panik in seiner Brust aufsteigen, als ganz plötzlich – genauso plötzlich, wie zuvor die schwarze Dunkelheit über die Ebenen und den nahen Waldesrand hereingebrochen war – irgendwo über ihm ein Licht aufflackerte. Der Blondschopf blickte verwirrt um sich und stellte fest, dass er sich in einem eher kleinen viereckigen Raum mit kahlen weißen Wänden und einer niedrigen dunklen Holzdecke befand. Das Zimmer besaß keinerlei Fenster und Türen, überhaupt schien die einzige Öffnung ein einsames rechteckiges Loch zu sein, das inmitten der schwarzbraunen Dielen klaffte. Vorsichtig, mit einem letzten Rest jenes lähmenden Schlafmittels namens Schrecken in seinen Adern, bewegte Phil sich darauf zu. Und entdeckte gleichzeitig noch ein vollkommen anderes und vor allem auch vollkommen unsinniges Gefühl in seiner Brust, eine vage, flüchtige Gewissheit, schon irgendwann einmal an diesem Ort gewesen zu sein… ihn zu kennen, ihn sogar genau zu kennen… wenn er doch nur hätte sagen können, woher! Warum ließen sich Gedanken und Erinnerungen immer ausgerechnet dann nicht mehr erwischen, wenn man gerade am fieberhaftesten nach ihnen suchte? Phil verzog kurz und unwillig das Gesicht, dann streckte er langsam seinen Kopf nach vorne und blickte in das Loch hinunter. Noch im selben Moment wünschte er sich, genau das niemals getan zu haben. Zu seinen Füßen erstreckte sich ein Abgrund, dessen Tiefe allein schon ausgereicht hätte, selbst dem Hartgesottensten das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Doch noch ungleich schlimmer war der Anblick, der ihm am Grund dieser gewaltigen Schlucht geboten wurde. Da waren nämlich Will, Cascada, Tempest und Tierra – was an und für sich ja noch nicht einmal so schlimm gewesen wäre. Was die Wiedersehensfreude jedoch erheblich dämpfte war die Tatsache, dass jeder von ihnen dicke Taue um die Arme geschlungen hatte, und einzig und allein von diesen rauen Seilwindungen getragen über einer blutroten, heftig brodelnden Masse hing. In dem schleimigen Brei schwollen Blasen an, türmten sich auf, nur um dann mit einem widerwärtigen Glucksen zu zerplatzen. Hier und dort ragten Gliedmaßen – die meisten davon eindeutig menschlichen Ursprungs – aus diesem stinkenden Tümpel hervor, Arme und Beine, schauderhaft verkrümmt und mit schwärenden Pusteln überzogen. Ein qualvolles Ächzen und Schreien erfüllte die Luft, wie als grausige Untermalung jenes Ausdrucks, der in den Augen der vier Estrella stand – Angst, nackte, kalte Angst, die Phil einen schmerzhaften Schwerthieb in seine Brust versetzte. Inmitten des scheußlichen Sees, dieser Szenerie vollkommenen Schreckens, befand sich eine kleine hölzerne Terrasse, auf der es sich zwei junge Mädchen gemütlich gemacht hatten. Eine von ihnen, deren blonde Zöpfe sich besonders gravierend von den ansonsten so düsteren Farben ihrer höllischen Umgebung abhoben, hockte mit einer filigranen Teetasse in der Hand auf einem pinkfarbenen Kissen und unterhielt sich kichernd mit ihrer Freundin, aus deren schwarzen Locken zwei lange Hasenohren wuchsen und die ein großes Stück Schokoladenkuchen in ihrer Rechten hielt. „Liebste Schwester, wie lange geben wir diesem Jungen noch Zeit?“, fragte die Blonde mit glockenheller Stimme und nahm sich einen Keks von der silbernen Platte, die in der Mitte der Holzterrasse auf einem bestickten Deckchen angerichtet war. „Aber nein, er ist doch hier!“ Das Hasenmädchen kicherte. „Er ist doch längst schon hier und hört uns zu!“ „Sicher, meine Liebste, sicher, er ist oben im Nichts, im Nichts, aber er kommt einfach nicht zu uns herunter!“ Sie spitzte die Lippen und schüttelte ihren blassen Kopf. „Aber Lin-Lin will doch endlich mit seinen vier neuen Freunden spielen! Hörst du, hörst du, wie er nach ihnen ruft?“ Sie tätschelte mit einer Hand die schleimig rote Oberfläche des grauenerregenden Sees. „Oh, warum kommt er denn nicht?“ „Das Seil! Vielleicht hat er das Seil noch nicht gesehen?“, flötete die Schwarzhaarige. Phil zuckte zusammen, konnte sich jedoch gleichzeitig auch ein ansatzweise hysterisch klingendes Lachen nicht mehr verkneifen. In was für eine wahnsinnige Komödie war er da eigentlich hineingeraten? Tatsächlich und auch ganz bestimmt nicht zufällig erfassten seine Augen erst jetzt – genauer gesagt just in dem Moment, in dem das Hasenmädchen ihre letzten Worte über die Lippen gebracht hatte – ein faseriges Seil, kaum dicker als sein eigener kleiner Finger. Unwillkürlich spürte Phil, wie sich ihm jedes einzelne Haar am Körper langsam und bebend zu sträuben begann. An diesem Seil sollte er also zu den beiden verrückten Schwestern hinabklettern? Aber das war unmöglich! Nie und nimmer würde es sein Gewicht tragen können! Überhaupt… wie sollte er an dieser dickeren Schnur denn eigentlich Halt finden können? Ein leises Gefühl von Scham kroch in dem Blondschopf hoch, als ihm bewusst wurde, mit welch akribischer Genauigkeit er sich Argument um Argument zurechtlegte, das gegen einen Abstieg sprechen würde – im Gegenzug dazu aber nicht einmal einen einzigen Gedanken daran verschwendete, wie er seinen Freunden möglichst rasch zu Hilfe eilen könnte. Auch jetzt noch fiel es ihm schwer, sich wirklich auf die Gefahr zu konzentrieren, in der die vier Estrella schwebten, geschweige denn auf ihre Furcht oder ihre Schmerzen. Viel zu sehr hatte sich sein Verstand an der einen quälenden Frage festgebissen, was dieser absurde Albtraum eigentlich zu bedeuten hatte. Lin-Lin… er kannte diesen Namen. Woher auch immer. Er kannte auch dieses Bild… zwei junge, schöne Mädchen… Schwestern, die aber nicht die geringste Ähnlichkeit miteinander besaßen… und dann der Abgrund, das Seil… die Art, wie es beschaffen und wie es befestigt war… er war sich mittlerweile sogar vollkommen und hundertprozentig sicher, all das schon irgendwann einmal gesehen zu haben. Nur wo? „Er zögert! Er zögert!“, jauchzte die Blonde. „Er schafft es nicht! Er schafft es nicht!“, stimmte das Hasenmädchen nicht minder euphorisch und ausgelassen in das höhnische Jubeln ein. „Das wollen wir erst mal sehen, ja?!“ Der Trotz in Phils Stimme klang merkwürdig falsch und aufgesetzt, was höchstwahrscheinlich daran lag, dass er auch genau das war – falsch und aufgesetzt, während ihm das Herz eigentlich bis zum Halse schlug, als er vorsichtig eine Hand nach dem Seil ausstreckte. Nur wenige Millimeter trennten seine Fingerspitzen von dem dünnen Strang, aber so sehr er sich auch bemühte und streckte, er konnte ihn nicht erreichen, geschweige denn nach ihm greifen und ihn umfassen. Phil fluchte leise, stand auf, ging um das ganze Loch herum und versuchte es wieder und wieder, legte sich auf den Boden, rutschte so weit er konnte nach vorne – und wurde doch immer nur mit demselben Erfolg belohnt: Mit überhaupt keinem, denn das Seil war stets ein wenig zu weit entfernt, als dass er es hätte berühren können. Der blutig rote Schleimsee gab ein gieriges Glucksen von sich. „Phil?! Phil, bist du da oben?“ Es war Tierras Stimme, die seinen Namen rief. Ausgerechnet Tierra! Schon seit ihrer ersten Begegnung hatte er die junge Frau als eine scheinbar vollkommen furchtlose Kämpferin kennen gelernt, mit der sich noch vor wenigen Wochen nicht einmal schwerstbewaffnet hätte anlegen wollen. Sie konnte selbst im Schlaf noch vernichtende Zauber aussprechen und sie war auch im waffenlosen Kampf sogar weit geübter als die meisten Männer. Also warum zitterte ihre Stimme nun plötzlich vor Angst? „Phil, verdammt noch mal, hilf uns endlich!“, brüllte nun auch Tempest, und seine Worte klangen sogar noch ungleich panischer als die der Erdmagierin. Es war verrückt! Seine Freunde schrieen aus Leibeskräften und doch drangen ihre Stimmen kaum bis zu ihm herauf, während das leise Kichern der beiden Schwestern überdeutlich in dem kahlen Zimmer wiederhallte. „Was soll ich denn machen?!“ Phil wollte ebenfalls schreien, aber irgendetwas schnürte ihm die Kehle zu. Er spürte, wie eine unbeschreiblich hilflose Verzweiflung in ihm hochkroch – ein Gefühl, mit dem er niemals wirklich vertraut gewesen war und auf dessen nähere Bekanntschaft er auch nur zu gerne verzichtet hätte. Er sah, wie das blonde Mädchen eine Kerze unter ihrem Kissen hervorzauberte. Die Schwarzhaarige pustete kurz an den Docht, woraufhin dieser hell entflammte und ein unheimliches, hysterisch flackerndes Licht auf die ohnehin schon grauenerregend bizarre Szenerie warf. „Ich wusste es! Ich wusste es! Er schafft es nicht, nun muss er also wählen!“, lachte sie. „Wen, wen sollen wir unserem Liebling als Erstes zum Spielen überlassen? Keine leichte Wahl bei vier Freunden, will ich meinen. Will ich hoffen!“ Die Mädchen sahen sich an und kicherten. „Nein!“ Der heisere Ruf schmerzte Phil im Hals und in den Lungen und war auch immer noch weitaus leiser und vor allem weitaus weniger bedrohlich, als er das gerne gehabt hätte. „Lasst sie in Ruhe, ihr Monster! Lasst sie in Ruhe, ich…“ Er stockte, und dann ging plötzlich im Kopf des blonden Jungen ein Lichtlein auf, das sogar noch viel, viel heller strahlte und leuchtete als die Kerze in den Händen der wahnsinnigen Schwestern. Binnen weniger Augenblicke setzten sich sämtliche Puzzleteile in Phils Kopf blitzschnell wieder zu einem sinnvollen Ganzen zusammen und er wusste alles oder zumindest so gut wie alles. Er wusste, warum dieser Ort ihm derart vertraut war, obwohl er ihn doch noch nie zuvor betreten hatte und auch gar nicht hatte betreten können. Was er sah, war nicht mehr als Kindermärchen, eine makabre kleine Schauergeschichte, die er vor sehr langer Zeit einmal gehört hatte. Er konnte sich noch gut an jene warme Mittsommernacht erinnern, tief in den Wäldern von Arvesta… ein einziges Lagerfeuer hatte damals die Finsternis erhellt, denn das schwere, dichte Grün der Baumwipfel hatte kaum Licht zu ihrem kleinen Rastplatz hindurchsickern lassen… der Boden war mit glänzenden Blättern und bläulich grünen Tannennadeln bedeckt gewesen und ein Duft von Moos, von Holz und von Nebel war in der Luft gehangen, obwohl da doch überhaupt kein Nebel gewesen war… Das Feuer hatte zuerst nicht brennen wollen, aber dann, als es endlich doch entzündet worden war, da hatten sich alle Heimkinder und Betreuer auf alten, grünlich bewachsenen Baumstämmen niedergelassen, die wohl irgendwann einmal von einem Unwetter oder Erdrutsch gestürzt worden wäre. Oh, wie sehr hatten sie sich alle auf diese Nachtwanderung gefreut! Und nun, da der große Tag – beziehungsweise die große Nacht – endlich gekommen war, da lag eine so besondere Atmosphäre, ein solch merkwürdiger Zauber zwischen Arvestas hundertjährigen Bewohnern, dass sich Phil manchmal nicht ganz sicher gewesen war, ob er nun tatsächlich wachte oder träumte. Und dann, als sie sich nach langer Wanderschaft endlich zur Ruhe niedergelassen, ihre Laternen gelöscht und mit einiger Mühe ein Feuer entfacht hatten, da war eines der älteren Mädchen (war ihr Name nicht Cara gewesen?) plötzlich aufgestanden, um den Kindern und den Tieren des Waldes eine Gruselgeschichte zu erzählen. Die Geschichte von einem Magier und von seinen zwei schönen Töchtern, deren Hund Lin-Lin viel zu früh verstorben war. Die beiden Mädchen hatten daraufhin versucht, den Welpen mittels der Zaubersprüche ihres Vaters wiederzubeleben, aber natürlich war diese Aktion dann irgendwie nach hinten losgegangen. Von da an saßen sie verflucht auf einem kleinen Holzbalkon inmitten dieser abscheulichen Masse, die einmal ein totes Hundekind gewesen war. Sie lockten Kinder in ihr verwünschtes Haus, aus dem es keinen Ausgang gab, riefen Tag für Tag zur todbringenden Teestunde, um die naiven kleinen Abenteurer von dem roten Etwas verschlingen zu lassen. Fütterungszeit… nur einem kleinen Jungen, der seine besten Freunde hatte befreien wollen, war es letztendlich doch gelungen, den dunklen Bann zu brechen. Aber wie? Phil verzog das Gesicht wie unter einem Faustschlag, als ihm siedend heiß einfiel, dass er es nicht etwa einfach nur vergessen hatte. Damals, als er noch klein und die finsteren Bäume um ihn herum ganz unglaublich groß gewesen waren, da hatte ihm die ja auch reichlich blutrünstige Geschichte einfach viel zuviel Angst gemacht. So hatte er sich mit einigen anderen Kindern eilig in die mitgebrachten Schlafsäcke verzogen und war in das wohlige Reich der Träume geflüchtet, noch bevor er das – nach Aussagen mutigerer Zuhörer – wahrhaft schreckliche Ende des Schauermärchens hatte hören können. Blieb leider immer noch die Frage, wie er jetzt seinen Freunden helfen sollte. „Wieso entscheidet er sich denn nicht?“ Der Tonfall des blonden Mädchens klang genervt, wie der eines verwöhnten, eingebildeten Kindes, das sich einmal mehr zum Oberfeldwebel seiner Eltern, Freunde und Anhänger aufschwingen wollte. „Soll ich sie etwa alle fallen lassen, soll ich das, ja?“ Die Oberfläche des blutroten Schleimes geriet offensichtlich in helle Aufregung, gluckste vor Gier und Hunger, warf mehr und mehr Blasen, wobei hier und dort ein einzelner Arm oder Finger zum unfreiwilligen letzten Flug über die Oberfläche des Tümpels geschickt wurde. Vielleicht war es dieser abstoßend groteske Anblick, vielleicht auch nur ein reichlich verzögerter Geistesblitz, aber urplötzlich wurde Phil bewusst, dass es nur einen einzigen Weg gab, um nach unten zu gelangen. Er musste versuchen, das Seil im Sprung zu erreichen. Eine Art hysterische Ruhe hatte seinen Körper befallen, als er sich langsam wieder von den staubig braunen Holzdielen erhob. Die Fakten breiteten sich klar und deutlich vor seinem inneren Auge aus. Seine Chancen standen sogar ganz außerordentlich schlecht. Er konnte – was mit großem Abstand am wahrscheinlichsten war – einfach das Seil verfehlen und geradewegs in den Tod stürzen, er konnte aber auch erst auf den unzähligen Metern nach unten ebenso unzählige Male den Halt verlieren und abrutschen – mit dem mehr oder weniger gleichen Ergebnis. Dennoch… es ließ sich nicht ändern, und außerdem befand sich Phil mittlerweile in einem schockähnlichen Zustand, in dem er nicht einmal mehr Angst verspürte, als er tief Luft holte und seine Konzentration sammelte. Ihm war klar, je länger er jetzt über seine Situation nachdenken würde, desto mehr würden die Zweifel von ihm Besitz ergreifen und desto sicherer war es auch, dass seine schweißnassen Hände ihm ein rasches und unschönes Ende bescheren würden. Wen kümmerten jetzt noch Chancen und Risiken? Er hatte keine Wahl. Dies war seine sprichwörtliche letzte Karte, auf die er alles setzen konnte und musste. Was dann geschah, schien sich wie in Zeitlupentempo abzuspielen. Phil wich bis zur Wand zurück, um genügend Anlauf zu sammeln, dann rannte er ohne zu zögern los. Er sah das Loch auf sich zukommen, den Schwindel erregend tiefen Abgrund und er wusste, dass es spätestens jetzt kein Zurück mehr gab. Die Füße des Blondschopfes drückten sich vom Boden ab und für einen Moment schwebte er frei zwischen der Schlucht, dem viel zu dünnen Seil und der dunklen Decke. Dann fiel er. Wie ein Stein stürzte er nach unten, so als ob all seine Energie auf einen Schlag aus seinem Körper gewichen und obendrein ein Gewicht auf seinen Rücken geprallt wäre, um ihn mit sich hinab in den Tod zu reißen. Er wollte seine Hände nach dem Seil ausstrecken, es umfassen und einen letzten, sicheren Halt daran suchen, aber es schien in unerreichbarer Ferne an ihm vorbeizurasen. Dann wurde es auch schon Eins mit den Wänden und der todbringenden schleimigen Masse und alles verschwamm zu einem finsteren Strudel, durchzogen von Kichern und Schreckensschreien. Oben und unten, räumliche Dimensionen, all das existierte nicht mehr, wurde hinfort gewischt von einem wirbelnden, konturlosen Farbenrausch. „Nein!!“ Der Aufprall kam rasch und er war auch bei weitem nicht so hart und so schmerzvoll, wie er erwartet hatte – wobei er im Grunde genommen ja gar nicht mehr damit gerechnet hatte, überhaupt noch irgendetwas auf irgendeine Art und Weise spüren zu können. Warum war er denn nicht tot? Da war irgendetwas Warmes und Lebendiges unter ihm. Es zuckte. War das etwa Lin-Lin? Hatte diese grauenhafte blutige Masse seinen Sturz abgefangen, nur um ihn jetzt langsam und genüsslich zu verschlingen? War ihm der alles betäubende Aufprall, das kurze, gefühllose Ende erspart geblieben, nur um ihn jetzt einem ungleich qualvolleren Tod zu überlassen? Aber warum fühlte sich dieses seltsame Etwas, auf dem er lag, dann nur so verflucht menschlich an? Zögerlich und nicht ohne ein kurz und heftig aufflammendes Gefühl von Angst in seiner Brust öffnete Phil die Augen – und musste im nächsten Moment festzustellen, dass jenes seltsame Etwas von recht wirren, langen, pechschwarzen Haaren bedeckt war, eine ebenso schwarze leichte Rüstung trug und sich ansonsten vor allem durch eine überwältigende Ähnlichkeit mit seinem Freund Will auszeichnete, die wohl ganz bestimmt kein Zufall war. Zu seiner Rechten lagen Cascada, Tempest und Tierra in recht absurden Verrenkungen wie Holzscheite übereinander gestapelt, und einige Meter abseits von diesem merkwürdigen Gesamtkunstwerk stand eine finstere Gestalt, die sie keuchend und prustend vor Lachen beobachtete. „Also wirklich! Etwas derart Komisches – nein, das habe ich noch nicht gesehen! Unglaublich!“ Die Stimme der Fremden war ungewöhnlich tief und triefte förmlich vor heiterem Spott. Ihr zierlicher Körper war in einen knielangen schwarzen Umhang gehüllt, darunter waren eine schwarze, enge Hose und ebenfalls pechschwarze Stiefel zu erkennen. Ihre Gesichtszüge waren außergewöhnlich fein und schön, die Haut beinahe weiß und vollkommen makellos. Obwohl sie lachte, lag in ihren spitzen, leicht schräg liegenden Katzenaugen der stechend kühle Ausdruck eines distanzierten Beobachters. Das Haar trug sie zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden, nur vom Kopf stand es in feinen, wirren Strähnen ab und rahmte ihr bleiches Antlitz ein. Irgendetwas Unwirkliches umgab die schwarze Gestalt, etwas, das Phil in seinem Kopf nicht einfach mit Worten hätte beschreiben können. „Verzeiht, ich wollte euch gewiss nicht ängstigen, aber ich… ich konnte einfach nicht widerstehen, ihn dir zurückzugeben, Phil!“ „Großartig!“, knurrte der und bemaß die Fremde mit einem bitterbösen Blick, „aber dürfte ich bitte trotzdem mal erfahren…“ „…wann ich endlich aufstehe oder eine Diät oder sonst was mache, weil ich nämlich ganz schön schwer bin!“, fiel Will ihm gequält lächelnd ins Wort. „…was das eigentlich alles soll!!!“ Der Blondschopf schnaubte entnervt und rappelte sich dann betont und sogar ein bisschen genüsslich langsam auf. Die übrigen vier Gefallenen taten es ihm einer nach dem anderen gleich, dann und wann begleitet von dem einen oder anderen Schmerzenslaut, bis sie schließlich allesamt vor der geheimnisvollen Fremden standen. „Ja… ja natürlich. Ihr werdet es nicht glauben, aber damit wollte ich gerade eben beginnen!“ Sie lächelte. „Du bist doch Phil, richtig? Phil – Auserwählter, Weltenretter und was nicht alles noch… soweit korrekt?“ Phil nickte. „Schon irgendwie…“ Er blickte die Schwarzhaarige noch einige Sekunden lang verwirrt und ratlos an – immerhin konnte er sich bislang weder erklären, woher sie so plötzlich kam, woher sie ihn und seinen Namen und sogar seine Aufgabe kannte, und was eigentlich in den letzten Minuten geschehen war – bevor sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht stahl. „Aber lass mich raten – du spielst in dieser ganzen Geschichte hier die allzeit beliebte Rolle der schönen und weisen Wahnsinnigen, soweit auch korrekt?“ Die Fremde schwieg einige Momente lang, und in ihre beinahe schwarzen Augen trat ein nun wirklich nicht mehr zu deutender Ausdruck. Sie schlug etliche Male ihre langen Wimpern auf und nieder, so als ob sie im Geiste immer noch vergeblich nach dem tieferen Sinn von Phils Worten graben müsste. Dann warf sie ihren Kopf zurück und brach erneut in ein schallendes Lachen aus. „Also wirklich – das nenne ich einen Schmeichler! Ganz im Ernst, das… das ist wirklich zu freundlich! Kleiner, du hast mir gerade eben den Tag gerettet.“ Sie atmete tief durch, um wieder zu ruhigem Atem zu kommen, während ein unergründliches Lächeln auf ihre fein geschwungenen Lippen trat. „Ich fürchte allerdings, hier liegt eine kleine Verwechslung vor. Eine Wahnsinnige, ja? Du verstehst nicht ganz. Ich bin keineswegs eine Wahnsinnige. Wahnsinniger würde es wohl eher treffen, wenn wir es schon bei diesem Ausdruck belassen wollen…“ Phil riss seine blauen Augen weit auf und vergaß sogar, sich über die ganz und gar nicht willkommene Anrede aufzuregen. Er wollte irgendetwas sagen, brachte aber nur einen seltsam ächzenden Laut hervor. Dem Fremden schien diese offensichtliche Sprachlosigkeit auch durchaus nicht zu entgehen, denn er ergriff nach einer kurzen, aber effektvollen Pause wie selbstverständlich wieder das Wort. „Gestattet, dass ich mich vorstelle – meine Güte, wie unhöflich von mir, das hätte ich doch längst schon tun sollen!“ Er schüttelte den Kopf und tat so, als ob er die reichlich perplexen Gesichter der Umstehenden gar nicht bemerken würde. „Ich bin – nein.“ Der Schwarzhaarige stockte, warf sich seinen Umhang mit einer schwungvollen Bewegung über die Schulter und sprang dann mit einer fließenden, fast schon katzenhaft eleganten Bewegung auf den nächstbesten größeren Stein, der neben ihm im Staub der Erde ruhte. „Man nennt mich Morpheus, bekannt und gefürchtet als Traumhändler! Dies Ultima schickt mich zu euch – so heißen sie doch, nicht wahr? Ich sollte für euch…“ „Traumhändler? Was’n das?“, fiel Tempest dem seltsamen Fremden ins Wort, was ihm einen strafenden Blick aus dessen grauschwarzen Augen einbrachte. „Soll das heißen, ihr wisst nicht, was ein Traumhändler ist?“ Über sein schönes Gesicht lief ein fast schon euphorisches Leuchten und seine Stimme klang betont geheimnisvoll, als er mit seiner Rede fortfuhr. „Schon seit jeher ziehen wir Traumhändler durch die Lande, um mit dem kostbarsten aller Güter zu handeln. Wir fangen und verkaufen nichts Geringeres als Träume – auf Bestellung unserer zufriedenen Kunden, versteht sich.“ „Wie bitte kann man einen Traum fangen?“, erkundigte sich Will mit einem ebenso neugierigen wie amüsierten Glitzern in den dunklen Augen. „Das ist selbstverständlich kein ganz einfaches Unterfangen!“, erklärte Morpheus mit wichtiger Miene. „Man muss sich auf der Ebene zwischen den Träumen bewegen können, dann kann man sie einschließen und aufbewahren. Natürlich braucht man eine besondere Gabe dazu, und die ist sogar überaus selten.“ „Soll das heißen, du ziehst durch die Lande und sammelst irgendwelche Träume ein, um sie dann zu verkaufen?“ Tierra hob zweifelnd ihre Augenbrauen und fixierte den Fremden nicht ohne ein gewisses Misstrauen in den blitzend grünen Katzenaugen. „Aber nein! Die meisten Kunden haben da ihre ganz speziellen Wünsche und Vorlieben. Im Grunde genommen kann man aber nur sehr genau vorherbestimmte Träume konkret bestellen, denn sonst weiß man ja nicht, was einen erwartet, und wer kauft schon gerne die Katze im Sack?“ Er lachte. „Wenn man allerdings nur einen einfachen Alptraum wünscht, oder auch einen Traum vom Fliegen, einen nächtlichen Geistesblitz – das lässt sich einrichten, das findet sich nun wirklich an jeder Ecke. Teilweise muss man aber damit leben können, dass der Traum eben mittendrin einsetzt oder abrupt wieder endet. Versteht ihr? So wie ein Buch, bei dem die ersten Seiten fehlen.“ „Ähm… ja… also… du sagtest irgendwas davon, das vorher wäre mein Traum gewesen…“ Phil sah den Fremden kritisch und ein wenig vorwurfsvoll an. „Ach ja, diese uralte, wundervolle Geschichte! Du erinnerst dich an dieses Märchen, nicht wahr, du erinnerst dich doch?“ Morpheus seufzte unwillig und verzog den Mund. „Ein eifersüchtiger Liebhaber bestellte diesen Alptraum für seine angeblich untreue Freundin, weil er wusste, dass sie sich als Kind immer vor diesem Märchen gefürchtet hatte. Ach Gott, ein gar schrecklicher Racheplan, und es war beileibe nicht einfach, einen Alptraum von genau diesem Märchen aufzutreiben, könnt ihr euch das vorstellen? Und dann? Versöhnung! Aussprache! Die große, ewige Liebe! Und ich bleibe auf meinem Traum sitzen…“ Er verdrehte die Augen. „Nun, das ist wirklich alles sehr interessant, aber ich nehme an, du hast uns nicht nur aus diesem einen Grund aufgesucht, um irgendeinen Traum zurückzugeben und dich auf unsere Kosten zu amüsieren.“ In Cascadas Blick lag sogar weit mehr als nur Misstrauen - sie fixierte das blasse Gesicht des Traumhändlers mit unbewegter Miene und mit unverhohlener Feindseligkeit in den tiefblauen Augen. Phil verstand diese Reaktion nicht ganz und sie überraschte ihn bei der Wassermagierin sogar noch weitaus mehr, als sie es bei jedem anderen seiner Mitstreiter getan hätte. „Hieß es nicht, Dies Ultima hätte dich zu uns geschickt?“, fügte er eigentlich nur deshalb hinzu, um den Worten der Blauhaarigen etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. „Ganz genau – Dies Ultima. Und… nun, vielleicht kann die schöne Wasserlady ja selber erraten, warum ein einfacher Wanderer wie ich eure ehrwürdige Gesellschaft aufsucht? So schwer dürfte es doch gar nicht sein, oder etwa doch?“ Morpheus hielt sich eine Hand vor den Mund und kicherte verhalten. „Wenn ich nicht genau wüsste, wie absurd, wie sinnlos und wie abwegig diese Vermutung doch ist, dann würde ich ja fast behaupten, du sollst uns einen Traum verkaufen.“ Will grinste. „So falsch liegt unser humorvoller Krieger damit eigentlich gar nicht.“ Morpheus strich sich eine schwarze Haarsträhne aus seinem Gesicht und musterte Will auf eine überaus seltsame Weise, die Cascada spontan noch ein weiteres leises Schnauben entlockte. „Nein!“, stieß der junge Krieger in scheinbarer Entgeisterung hervor. „Doch!“ Der Traumhändler lachte so herzhaft auf, dass er seine blitzenden kalten Augen einen Moment lang schließen musste. „Du gefällst mir, oh ja, du gefällst mir wirklich! Deine Freunde können sich glücklich schätzen – es ist ein Geschenk, jemanden bei sich zu wissen, der stets gewillt ist, auch die längste Reise ein wenig zu verkürzen…“ „Hört ihr’s? Hört ihr’s?“ Phil ignorierte seinen schwarzhaarigen Freund, der eifrig mit dem Daumen auf sich selbst deutete, und trat stattdessen auf Morpheus zu, beide Arme vor seiner Brust verschränkt. „Da haben sich ja zwei gefunden – echt wundervoll! Aber war nicht eben noch von irgendeinem Traum die Rede? Es geht doch um einen Traum, richtig?“ „Ich sagte es doch – unser humorvoller Krieger liegt gar nicht so falsch, aber eben doch auch nicht ganz richtig. Ich soll euch nämlich keinen Traum verkaufen, sondern vielmehr… nun ja… übermitteln. Bezahlt wurde er bereits, diesen unangenehmen Teil der Arbeit hat Dies Ultima euch freundlicherweise abgenommen. Ist das nicht wirklich sehr nett von ihnen? Wie auch immer – ich nahm diesen Traum seinem rechtmäßigen Besitzer ab, und nun soll er euch gehören.“ „Das nennt man übrigens Diebstahl. Und weiter?“ „Nur Geduld, mein lieber Sonnenkrieger!“ Morpheus holte tief Luft und schloss seine dunklen Augen. Einige Sekunden lang verharrte er stumm und vollkommen reglos in seiner Pose auf dem Stein, und beinahe wollte Phil schon wieder das Wort an ihn richten, um sich zu vergewissern, ob ihr Traumhändler nicht seinerseits eingeschlafen war. Dann aber riss dieser seine Augen mit einem einzigen Ruck wieder auf, und seine Iriden schienen zu zwei tiefen, pechschwarzen Teichen zerflossen zu sein und hatten die gesamten Augenhöhlen in die Farbe tiefster, mondloser Nacht getaucht. „Beeilt euch, ihr heiligen Krieger! Fasst euch bei den Händen! Haltet euch gut fest! Schließt die Augen… und träumt…“ Ein warmer Wind fegte über die Ebene, wirbelte staubige Wolken auf und konzentrierte sich auf den Mittelpunkt des Kreises, den die fünf Estrella beinahe automatisch, wie auf ein eindringliches Kommando des eigenen Unterbewusstseins hin gebildet hatten. Nach und nach mischte sich körperlose Schwärze in diesen Wirbel, bildete einen Kreis aus dunklen Fetzen und verschwamm schließlich ganz zu einer tanzenden Finsternis, die geradewegs in die Geister der Freunde eindrang und sie mit sich riss wie ein reißender Wasserstrudel, der mit jeder Sekunde tiefer, wilder, brüllender wurde. Aus unendlich weiter Ferne drang Morpheus’ Stimme zu ihnen vor: „Seid vorsichtig! Die Träume von Dämonen sind gefährlich…“ Dann stoppte das Chaos schlagartig und machte einem vollkommenen Nichts platz. „FALSCH!!!“ Zwei riesenhafte, türkis glühende Augen durchdrangen die Dunkelheit. „EIN… TRAUM…“ Phil blickte verwirrt um sich. Wo war er? Sicher, dies musste der gestohlene Traum sein – doch was hatten diese mannsgroßen, mandelförmigen Lichtquellen zu bedeuten? Und dann diese Stimme… sie schien von allen Seiten her auf ihn einzudröhnen und doch gleichzeitig geradewegs in seinem Kopf zu entstehen, hatte von seinen Gedanken Besitz ergriffen und ließ seinen Körper bei jedem Wort erzittern. „DAS IST NUR… EIN TRAUM!!!“ Er fühlte die Wärme von Cascadas Hand, die seine eigene fest umschlossen hielt, und drückte sie noch ein wenig fester. Die gigantischen Pupillen glommen derart hell, dass Phil blinzeln musste, um ihnen überhaupt noch weiter entgegenblicken zu können. Er wollte fragen, was diese höchst merkwürdigen Worte zu bedeuten hatten… was er hier eigentlich tat… aber so sehr er sich auch anstrengte, er brachte keinen einzigen Ton über seine Lippen. Wie in einem Alptraum, dachte er, der einem mit spielerischer Gewalt die Stimme versagte, die nach rettender Hilfe rufen könnte… Noch im nächsten Moment musste er seine eigenen Gedanken revidieren – war es denn so schwer zu begreifen? Das war doch schlicht und ergreifend nichts anderes als ein Alptraum! Er wusste zwar immer noch nicht, warum Dies Ultima ihm dieses nächtliche Hirngespinst eines Dämons – oder eines Halb dämons, wie er vielmehr vermutete – geschickt hatte, aber zumindest wusste er, dass nichts von dem, was um ihn herum geschah, was er sah und was er hörte, der Wirklichkeit entsprach. Er fühlte sich ein klein wenig beruhigt. „VERLOREN… VERLOREN!!!“, begann die Stimme in schrillsten Tönen zu kreischen. Phil verzog unweigerlich das Gesicht. So ein Blödsinn! Er zweifelte ja nicht an Dies Ultimas Verstand und Zurechnungsfähigkeit und er war sich beinahe sicher, dass hinter dieser Botschaft irgendein tieferer Sinn verborgen sein musste. Aber dennoch – konnte man Traumprophezeiungen nicht wenigstens ein kleines bisschen weniger pseudodramatisch gestalten? „NICHT… ECHT…“ Die türkisfarbenen Augen schlossen sich. Für etliche Sekunden herrschte vollkommene Stille und Dunkelheit, die trotzdem immer noch mehr einem unbegreiflichen Nichts als der gewohnten Finsternis der Nacht glich. Dann plötzlich schossen zwei blau glühende Feuerstrahlen nur knapp an Phils Kopf vorbei und die gigantischen Augen waren wieder da, sehr viel intensiver und sogar noch ein klein wenig strahlender als zuvor. „ES IST ALLES NICHT… ECHT!!!“ Und da konnte er nicht mehr anders. Das Gefühl hatte sich schon viel zu lange in ihm angesammelt, aufgestaut, war gewachsen und schließlich auf ein derart überwältigendes Maß angeschwollen, dass er es nicht mehr länger zurückhalten konnte. Er prustete los und brach in ein lautstarkes Gelächter aus. Er lachte und kicherte und konnte gar nicht mehr damit aufhören, bis ihm der Bauch schmerzte und ihm die Tränen in die Augen stiegen. „Tu… tut mir leid, aber das ist einfach zu blöd!“ Für einen Moment versuchte er krampfhaft, sich zu beherrschen, prustete dann aber erneut heraus und schlang sich beide Arme um den Bauch. „Erbarmen! Bitte, ich… ich kann nicht mehr!“ Das Lachen schmerzte, aber schon der Gedanke an dieses grenzenlos übertriebene und obendrein noch unbeschreiblich kitschige Traumszenario machte es ihm unmöglich, seine Fassung wiederzugewinnen. Es vergingen einige Minuten voller Lach- und Bauchkrämpfe, bis Phil ganz plötzlich auffiel, dass etwas nicht stimmte. Dann verstand er jedoch umso schneller, was dieses etwas war, obwohl er dessen ganze Tragweite im ersten Augenblick noch keineswegs erfassen konnte – er hatte gesprochen. Und hatte dabei nicht etwa nur stumm seine Lippen bewegt, die Töne waren klar und deutlich in seinen Ohren widergehallt, waren auf keinen unsichtbaren Widerstand getroffen und von selbigem verschluckt worden. Aber wieso konnte er denn plötzlich wieder sprechen? Und überhaupt, wohin waren eigentlich die peinlichen großen Leuchtaugen verschwunden? Mit einem Mal blieb Phil sein Gelächter im Hals stecken – was diesmal jedoch keineswegs an der finsteren Macht des Alptraumes lag. Er spürte er, wie ihm eine eiskalte Gänsehaut den Rücken hinablief, langsam, ganz langsam, unerträglich langsam, als er ebenso schleichend begriff, was er gerade eben getan hatte. Er hatte die Hände seiner Freunde losgelassen. Er war allein. Cascada war verwirrt. Eben waren da noch zwei riesige Augen gewesen… ein seltsames, türkisfarbenes Leuchten… eine alles durchdringende Stimme… doch jetzt schien der Bann von einer Sekunde auf die andere gebrochen. Die tiefe Verbindung, die zwischen ihr und ihren Freunden geherrscht hatte, war schlagartig zerrissen. Immer noch spürte sie Wills Hand, wie sie sanft die ihrige umfasste. Aber wo war Phil? „Will? Will, hörst du mich?“ Sie erschrak ein wenig darüber, wie unsicher ihre Stimme klang. Viel zu lange schon hatte sie diesen Tonfall verloren geglaubt… verloren gehofft… „Cascada?“ Sofort beruhigte sich ihr Herzschlag zumindest ein ganz kleines bisschen. Sie blickte auf, und nun vermochte sie Will sogar zu sehen, seine traurigen grauen Augen, in denen bei allem Funkeln und Blitzen doch immer auch eine ganz, ganz leichte Kälte lag… vielleicht waren es gerade diese Augen, vielleicht ihre Erleichterung, vielleicht aber auch noch der Einfluss dieses seltsamen Alptraums, der einen plötzlichen Impuls in ihrem Inneren die Kontrolle über ihren Körper gewinnen ließ. Sie verstand wohl selber am wenigsten, warum sie sich ohne länger darüber nachzudenken ihrem Mitstreiter um den Hals warf, ihr Gesicht nur für einen einzigen flüchtigen Moment zwischen seinem Hals und seinen langen, pechschwarzen Haaren vergrub… Und dann sofort wieder von ihm zurückwich, so eilig, dass es die Situation leider nicht unbedingt weniger peinlich machte, und mit einem deutlichen Rotschimmer auf den porzellanfarbenen Wangen, von dem sie allerdings hoffte, dass man ihn im trüben Halbdunkel nicht so genau erkennen konnte. „Will, ich… ich meine…“ Sie atmete tief durch und schob ihre Verlegenheit so rasch wie möglich wieder beiseite, was ihr sogar erstaunlich gut gelang. „Will, was ist hier passiert? Wo ist Phil? Wo sind die anderen?“ „Also wir sind hier!!“ Tempest hatte diese Worte kaum ausgesprochen, da konnte Cascada auch ihn und Tierra erkennen, die sich ebenfalls noch an den Händen hielten. „Aber Phil… also, ich ahn ja nix Gutes… der Depp hat losgelassen, hab ich Recht?“ Das Gesicht des Rotschopfes verdunkelte sich und er presste kurz und wütend die Lippen aufeinander, wie um sich selbst von schlimmeren Flüchen und Beleidigungen abzuhalten. „Shit! Kann der vielleicht auch mal was anderes machen als immer nur Probleme?!“ Will legte den Kopf ein wenig schräg, was Cascada unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Anscheinend tat der Schwarzhaarige dies immer, wenn er denn einmal nachdachte. „Nur keine Panik… erst einmal Krisensitzung halten. Also… dies hier ist ein Traum. Anders ausgedrückt: eine Illusion. Und zwar nicht einmal eine besonders gute, wenn ich das jetzt mal so sagen darf.“ Er grinste. „Jedenfalls könnte ich versuchen, ihn zu finden, wenn irgendjemand die Materieteilchen dieser Illusion hier ein wenig in Bewegung bringt.“ „So? Na dann ham wir ja kein Problem mehr!“, stellte Tempest trocken fest. „Ich meine, wenn unsere einzige Sorge ist, jemanden zu finden, der uns die Materieteilchen hier in Bewegung bringt, hey, nich nur, dass es solche Typen ja praktisch an jeder Straßenecke gibt, in düsteren Prophezeiungs-Träumen soll’n se sich ja besonders gern herumtreiben!“ „Tempest, du bist ein Idiot.“ Will zog langsam und kritisch eine Augenbraue nach oben und sprach dann hastig weiter, bevor der Rotschopf wiederum zu einer wütenden Antwort ansetzen konnte. „Pass gut auf, Meister Will bringt euch jetzt nämlich mal was bei. Du bist doch ein Windmagier, oder? Und von was sind wir – zumindest in der Realität – gerade umgeben? Genau – von Luft! Damit wir nicht ersticken. Du verstehst.“ „Oh, Vorsicht, Will wird witzig!“ Tempest stapfte wütend auf dem Boden auf – oder besser gesagt, der pechschwarzen, konturlosen Fläche, die in diesem Alptraum wohl so etwas Ähnliches wie einen Boden darstellen sollte – und warf mit einem entnervten Schnauben den Kopf in den Nacken. „Jetzt pass du mal auf, du kriegst nämlich gleich ein wunderbar zum Himmel passendes Veilchen, du verstehst auch, ja?“ Will lachte und wuschelte dem Windmagier durch sein wirres rotes Haar. „Nicht ärgern, Kleiner, und bitte auch nicht beißen. Was ich eigentlich sagen wollte… du beherrschst die Luft, Cascada das Wasser und Tierra die Erde. Wenn ihr nun von einem dieser Elemente Gebrauch macht, verändert sich unsere Umgebung und somit auch ihre Materie. Diese Störungen in der Illusion kann ich – meiner Magie sei Dank – wahrnehmen. Und wenn es erst einmal eine Störung, also einen Anhaltspunkt gibt, finden wir bestimmt auch Phil. Kapiert?“ „Nö.“ Tempest zuckte mit den Schultern. „Aber is ja auch irgendwie egal. Ach so, und noch was…“ Langsam verzogen sich die Lippen des Rotschopfes zu einem finsteren, boshaften Grinsen, und in seinen grünen Augen blitzte es spöttisch auf. „Ich wusste ja gar nich, dass sogar du über irgendeine besondere Fähigkeit verfügst. Hey, Will, Grund zum Feiern! Du bist ja doch nich überflüssig!“ „Weißt du, Tempest, meine Fähigkeit besteht gerade darin, dass du es nicht merkst, wenn ich sie einsetze – aber das verstehst du sowieso nicht. Besser so.“ Auf Wills lächelndes Gesicht legte sich ein Ausdruck von Stolz, an dessen Ehrlichkeit Cascada sogar ausnahmsweise einmal nicht zweifelte. „Das ist die hohe Kunst der Illusionsmagie, du alter Elementmagier, du!“ „Elementmagie und Illusionsmagie sind sicherlich ganz wundervoll, aber wenn ihr eure kleine Meinungsverschiedenheit eventuell ein anderes Mal ausdiskutiert, dann finden wir Phil vielleicht auch noch vor Sonnen- oder Weltuntergang, je nachdem. Irgendwelche Einwände?“ Das Lächeln auf Tierras Lippen täuschte keinesfalls über die leise Ungeduld in ihrer Stimme hinweg, machte es aber doch deutlich leichter, diese als angebracht zu akzeptieren. Will nickte auch prompt und rieb seine Handflächen aneinander. „Worauf warten wir eigentlich noch? Wir drei zaubern also und du, Will, du holst uns unseren großen Anführer zurück – was soll da eigentlich noch schief gehen?“ Cascada ließ bewusst einen leisen Unterton von Spott in ihrer Stimme mitschwingen und schenkte dem Schwarzhaarigen ein Lächeln, das dieser sowieso nicht würde einordnen können. Dann trat sie neben Tempest und Tierra und sah die beiden erwartungsvoll an. „Mal so ne ganz blöde Frage am Rande – was machen wir’n jetzt?“ Der Rotschopf kratzte sich am Kopf und grinste verlegen. „Die Frage ist wirklich dumm, Tempest.“ Tierra stieß ihm in die Seite und lachte, obwohl ihr Blick ganz überdeutlich verriet, dass ihr eigentlich nicht danach zumute war. „Sag bloß, du hast noch nie gemeinsam gezaubert?“ „Nö. Is das schlimm?“ „Eigentlich nicht. Du wirst sehen, es ist sogar ziemlich einfach. Tu einfach das, was dir grad so in den Sinn kommt, der Rest erledigt sich dann von selbst.“ „Aha. Na, jetzt bin ich schlauer!“ Tempest schüttelte noch ein letztes Mal den Kopf, ließ seine Schultern kreisen und streckte sich, dann legte er seine eigenen Handflächen auf die seiner Mitstreiterinnen. Cascada schloss ihre Augen und konzentrierte sich, was ihr sogar erstaunlich leicht fiel. Schon nach wenigen Sekunden fühlte sie den warmen Rausch der Magie durch ihren Körper strömen und obwohl das natürlich absurd und in ihrer Situation auch keineswegs angebracht war, so musste sie sich doch im Stillen eingestehen, dass sie sich so wohl und geborgen fühlte wie schon lange nicht mehr. Die lebendige Kraft floss rasend schnell in ihre Fingerspitzen und breitete sich von dort aus als sanftes türkisblaues Leuchten in der konturlosen Finsternis aus. Langsam hob sie ihre Lider und sah, wie sich ihr eigenes Licht mit einem sehr hellen und einem sehr dunklen Grün vermischte. Der Anblick war zweifellos wunderschön, aber noch viel, viel wichtiger war, dass sie Wills Blick auf sich ruhen fühlte, dass er sie und niemanden anderen ansah und auf jedem einzelnen Schritt ihres leuchtenden Weges über sie wachen würde. Seine wunderschönen grauen Augen… möglicherweise war es ein Anflug von Größenwahn, aber sie wusste, dass sie alles, aber auch wirklich alles schaffen konnte, solange diese Augen ihr nur dabei zusahen. Tatsächlich wuchs die Kraft der drei beschworenen Elemente an und eine merkwürdige, aber alles andere als unangenehme Spannung lag wie etwas Greifbares zwischen den Freunden. Die Flammen verschmolzen zu einer einzigen gleißenden Energiekugel, die größer und größer wurde und zunächst noch langsam, dann aber immer schneller in einen farbigen Wirbel überging. Cascadas ganzer Körper hatte zu Kribbeln begonnen und es war ein bisschen so, als würde sie fliegen, als die Mächte der Estrella schließlich ganz zu einer Einheit wurden. Sie konnte beinahe selber spüren, wie Will die tanzende Fährte aufnahm, wie er ihr folgte, immer tiefer und tiefer in das Nichts der Illusion eintauchte… Und dann, ganz plötzlich, durchschnitt ein gleißend helles Licht ihre so unbeschreiblich tiefe Verbindung. Cascada stieß einen Schrei aus und taumelte zurück. Ihr war, als ob ein eisig kalter Blitz mitten in ihrer Körper eingeschlagen hätte, um sie von innen heraus zu verbrennen. Der Schmerz währte nur einen einzigen Moment lang, vielleicht nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde, und doch war die Wassermagierin sich sicher, niemals in ihrem Leben tiefer verletzt worden zu sein. Schwarze und weiße Punkte flackerten vor ihren Augen, schienen in eine unerbittliche, tobende Schlacht vertieft, und es dauerte lange, bis sie endlich wieder klar sehen konnte; vielleicht sogar mehrere Minuten. Dann jedoch fiel ihr Blick beinahe schlagartig auf die Gestalt, die nur wenige Meter von ihr entfernt reglos auf dem Boden lag. „Will!“ Ohne überhaupt wahrzunehmen, dass sie nicht länger von Nichts, von Schwärze und Dunkelheit umgeben war, sondern wieder am Waldesrand an der Grenze zur großen Ebene stand, stürzte Cascada zu dem jungen Krieger hin und ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. Etliche kleine Steinchen bohrten sich in ihre Haut, aber auch das entging ihr vollkommen. So vorsichtig wie sie nur irgendwie konnte, drehte sie Will auf den Rücken und strich ihm einige wirre schwarze Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Will? Will! Sag… sag irgendetwas! Bitte, sag etwas! Will!!“ Kaltes Entsetzen stieg in ihr hoch, rann wie eisiges Wasser durch ihre Venen und ließ ihren Atem gefrieren. Was war denn überhaupt geschehen? Der Traum, die Finsternis, ihr Zauber – wie konnte all das einfach verschwunden sein? Wessen Hand hatte das Messer geführt, das ihre wundervolle Einheit so brutal zerschnitten hatte? Doch noch ungleich schlimmer als ihr eigener Schmerz, als jenes diffuse Gefühl von tiefer innerer Leere war der Anblick ihres Freundes, der bleich und regungslos vor ihr auf dem Boden lag. „Will… nein… bitte, sag doch was…“ „Aber nur… wenn du mich wachküsst…“ Ein schwaches Grinsen stahl sich auf Wills Lippen, während er langsam seine grauen Augen aufschlug. Im ersten Moment war Cascada viel zu überrascht, ja beinahe schon schockiert, als dass sie irgendwie hätte reagieren können. Danach fühlte sie überraschenderweise zunächst einmal nichts als Wut in sich aufsteigen und sie musste tatsächlich die Arme fest vor der Brust verschränken, um dem Schwarzhaarigen nicht auf irgendeine Weise wehzutun. „Idiot!“ Die Blauhaarige bemühte sich um einen vorwurfsvollen Tonfall, aber noch bevor sie auch nur dieses eine Wort über die Lippen bringen konnte, breitete sich endlich auch eine Woge tiefer Erleichterung in ihrem Inneren aus und spülte jedes negative Gefühl sogar auf überaus nachhaltige Weise wieder hinfort. „Bitte, Cascada – schrei nicht so!“ Der junge Krieger verzog das Gesicht. „Mein Kopf, der… nein… du willst überhaupt nicht wissen, wie der sich gerade anfühlt…“ „Danke, ich verzichte!“, seufzte Cascada und bemühte sich mit mäßigem Erfolg, wenigstens noch ein ganz kleines bisschen vorwurfsvoll zu klingen. Dann griff sie Will unter die Arme und half ihm mit einiger Mühe wieder auf die Beine. „Aber… vielleicht verrätst du mir ja stattdessen, was überhaupt passiert ist?“ „Ja, wenn ich das wüsste! Wer auch immer das war, dem würd ich wirklich zu gerne mal was davon erzählen, wie schmerzhaft es eigentlich ist, mitten im Netz der Illusion aus der Bahn geworfen zu werden! Das tut doch weh!“ „Das… das war ich…“ Cascada wandte sich nun doch wieder von dem Gesicht ab, das sie noch vor wenigen Sekunden bis zum Ende ihres Lebens anzusehen beschlossen hatte – und blickte direkt auf Phils Gestalt, der einige Meter von ihnen entfernt stand, die Arme starr wie zum Zaubern erhoben und mit einem reichlich irritierten Flackern in den hellblauen Augen. „Phil?“ Tierra kam mit einem Satz wieder auf die Füße und lief zu dem Blondschopf hin. Sie packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn vorsichtig. „Hey, Phil! Phil, geht es dir gut?“ „Ja… klar… war nur ein wenig… unheimlich… so allein…“ Er zuckte mit den Schultern und schüttelte dann heftig seinen Kopf, was seinem Haar auch noch die letzte Spur von Ordnung nahm, die es eigentlich sowieso niemals wirklich besessen hatte. „Ich wollte euch euren Plan… wie auch immer er ausgesehn haben mag… jetzt echt nicht verderben… hm… andererseits, wenn dieser Plan von Will stammte, dann konnte daran ja nicht mehr viel verdorben werden…“ „Was soll das denn jetzt wieder heißen?!“, beschwerte sich der Schwarzhaarige augenblicklich und stapfte von scheinbar urplötzlich wiederkehrenden Lebensgeistern beseelt mit gespielt bedrohlicher Miene auf den gut anderthalb Köpfe kleineren Jungen zu. Eine Spur von Unsicherheit in seinem Gang verriet Cascada aber dennoch, dass der Körper des jungen Kriegers immer noch leicht zittern musste, trotzdem beruhigte der Anblick sie ungemein. „Na, was schon?“, entgegnete Phil ungerührt. „Findet euch doch endlich mal damit ab, dass ich einfach viel zu gut für euch bin!“ Der Blondschopf wahrte noch genau zwei Sekunden lang den betont überheblichen Ausdruck auf seinem Gesicht, bevor sich ein warmes Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. „Hey – Danke, liebe Untertanen! Nein, jetzt echt mal… Danke. Ohne euch hätt ich’s nicht geschafft!“ Will grinste und klopfte seinem Freund auf den Rücken, nicht sonderlich stark, aber trotzdem taumelte dieser prompt einen Schritt nach vorne. „Bist `n feiner Kerl, Phil!“, meinte er lachend, und für einen Moment entdeckte Cascada in seinen Augen ein Leuchten, das sie darin schon oft genug vergeblich gesucht hatte. Es war zwar leider auch beinahe ebenso schnell wieder verschwunden, trotzdem musste die Wassermagierin lächeln und war sich mit einem Mal auch vollkommen sicher, niemals wieder damit aufhören zu können. Bis sich eine sechste Stimme in ihr Gespräch einmischte und schlagartig das Gefühl von tiefer Wärme vertrieb, das sich in der Brust der Wassermagierin eingenistet hatte. „Ä-hem…“ Noch bevor Cascada sich umdrehte, wusste sie, dass ebendiese Stimme zu einer schwarz gekleideten, totenbleichen Gestalt gehörte, die lächelnd zwischen den Bäumen hervortrat. „Ich liebe solche rührenden Szenen, wirklich, und ich könnte mir das stundenlang ansehen!“ Morpheus stieß einen tiefen, bedauernden Seufzer aus. „Trotzdem verstehe ich nicht ganz, was der Anlass zu all dieser Freude ist. Gut – ihr könnt das nicht wissen, aber im Grunde genommen habt ihr die eigentliche Botschaft noch gar nicht empfangen. Nur dieses anfängliche Herumorakeln, dessen Sinn, Zweck und Glaubwürdigkeit ich gewiss nicht anzweifeln möchte, aber…“ „Aber – was?!“ Phil schob sich kurzerhand an Will vorbei und stapfte mit einem sehr entnervten Ausdruck auf seinem eben noch so erleichterten Gesicht auf den Traumhändler zu. „Dieser ganze Traum war doch ein einziger blöder Mist! Wo bitte war denn da Sinn, Zweck oder… Glaubwürdigkeit?“ „Nun ja – mit ein bisschen mehr Geduld hättet ihr das vielleicht sogar noch erfahren. Die Betonung liegt hier übrigens auf vielleicht. Was soll ich sagen? Dies wäre ihr Preis gewesen. Pech im Spiel, Glück in der Liebe, aber beides soll nicht meine Sorge sein.“ Der Schwarzhaarige wandte sich mit ungerührter Miene von der kleinen Gruppe ab und schlenderte gelassen, eine leise Melodie vor sich hinpfeifend, den schattigen Waldweg hinab. „Ey! Jetzt wart aber mal!“, rief Tempest ihm hinterher, und die latente Aggressivität in seiner Stimme verriet Cascada, dass es zumindest ihm wieder vollkommen gut zu gehen schien. „Du hältst es wohl nich für nötig, dich zu verabschieden, oder was? Und was soll dieses dumme Gelaber? Jetzt red mal Klartext, was dieser bescheuerte Traum und alles eigentlich sein soll! Ich dachte, du stehst auf unserer Seite!“ Morpheus blieb stehen und verharrte einen Augenblick lang in dem weich konturierten Spiel aus Licht und Schatten, das die Nachmittagssonne auf die staubig braune Erde zeichnete. „Merk dir eines, junger Windkrieger: Ich stehe auf gar keiner Seite. Ich erledige meine Arbeit, ganz gleich, wer mir den Befehl dazu gibt. Doch statt über… irgendwelche unmöglichen Freunde solltet ihr euch lieber über eure möglichen Feinde Gedanken machen. Lächle nur, William Inoryan – du wirst beizeiten auch noch erkennen, dass ich gewiss nicht von diesen anderen Estrella spreche... zumindest hoffe ich, dass du es noch rechtzeitig erkennen wirst…“ Er lächelte, dann wandte er sich wiederum ab und setzte seine Wanderung in gemächlichem Tempo fort. „Ich nehme an, wir werden uns nicht mehr wieder sehen. Bis dahin – lebt wohl!“ Die Freunde sahen ihm noch lange schweigend nach, auch als seine Gestalt schon längst in den Schatten des Waldes verschwunden war. Ende des neunten Kapitels Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)