Merry Christmas von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Frohe Weihnachten ... (Für wen werde ich meine Tränen vergießen, wenn nicht für dich? Kann ich sie denn einfach so in der hartgefrorenen Erde versickern lassen?) Ich tue gerade das Traurigste, das ich tun kann. Ich höre Weihnachtsmusik. Ich höre die Weihnachtsmusik ('So this is Christmas...'), die mich an meine Kindheit erinnert, während ich einsam in meiner Wohnung sitze. In wenigen Tagen ist Weihnachten. Merry Christmas! Ich denke an den Weihnachtsmarkt, an Glühwein und den Geruch von gebrannten Mandeln, während man frierend an hübsch beleuchteten Ständen vorbeischlendert. Die Tasse in der Hand dampft wie unser Atem. Das erste Mal seit zwei Jahren könnte ich meine Hand wieder an einer anderen wärmen, doch er ist nicht hier und so schlage ich mich mit den trostlosen Gedanken, alleine auf den Weihnachtsmarkt zu gehen. Dies ist die bescheuertste Idee, die ich seit langem hatte, direkt nach der, alleine Weihnachtslieder zu hören. Das Wetter passt nicht zu Weihnachten, es passt aber umso mehr zu meiner Stimmung. Ich meine, wie würde ich mich denn fühlen, wenn draußen weißer, wunderschöner Schnee liegen würde? Nein, so gemein ist das Wetter nicht. Es ist einfach nur grau, bewölkt und nicht einmal richtig kalt. Kalt genug um zu frieren ist es trotzdem. Doch die Wärme, die ich brauche ist weit entfernt, obwohl sie so nah sein könnte. Was ist nur schiefgelaufen? Abgase steigen mir in die Nase, doch ich hab mich schon an sie gewöhnt. Die Straße, an der ich vorbeigehe ist sehr steil, so dass die Fahrzeuge stets mit durchgedrücktem Gaspedal hier hochfahren - deshalb die Abgase. Ich sehe einen Bus vorbeifahren. Wie immer kommt mir die Assoziation mit einem Viehtransport, denn die Menschen sind mehr als nur eingepfercht. An den beschlagenen Scheiben rinnen einzelne Tropfen herunter und ich habe in diesem Moment das Gefühl, noch nie etwas so Trostloses gesehen zu haben, als dieser anonyme Haufen Schlachtvieh. Worin besteht die Schlachtbank jedes einzelnen dort? Nun, meine ist die Weihnachtszeit. Merry Christmas. Wie einfach doch alles ist, wenn man nicht denken zu braucht, wenn man sich selbst nicht die Zeit nimmt oder gibt, nachzudenken. Als ich so an der lauten, stinkenden, von den schweren Fahrzeugen tief zerfurchten Straße entlanggehe sehe ich auf der anderen Straßenseite ein Mädchen, das ich kenne. Ich erinnere mich an einen wunderbaren Abend, an dem wir viel geredet haben und sie hat mir einen sehr persönlichen Einblick in ihr Leben gegeben, hat mir von einer schlimmen Krankheit erzählt, die sie hat. Nun sagt sie mir nicht einmal mehr "Hallo", aber ich glaube, sie kann sich einfach nicht mehr an mich erinnern. An sich ist das egal, es gehr mir so durch meinen Kopf, wenn ich so auf dem Weg in meine kleine Wohnung bin. Ein wenig hat es mir ja auch geholfen, nicht an ihn zu denken, aber jetzt kommen diese Gedanken natürlich zurück und stürzen mich wieder eiskalt in meine trübe Gedankenwelt. Aber was soll ich denn auch bloß mit dir machen? Oder vielleicht sollte ich mich lieber fragen, ob ich ein weiteres Weihnachten alleine ertragen würde. Es wird wohl Zeit für mich, zu entscheiden, wie ich leben möchte. Soll ich das tun, von dem ich bisher immer überzeugt behauptet habe, dass es mich am glücklichsten macht: alleine sein? Wenn ich doch nur wüsste, dass ich dazu die Kraft habe, jetzt, da Weihnachten ist. Ist es nicht so, wie ich es mir immer gewünscht habe? Ja, verdammt, warum heul ich dann wie ein Baby?! It's the most wonderful time of the year! Und dann hock ich hier mit meiner Musik. Ich bin so dumm... Wenn es das ist, was ich immer wollte, was kann mich dann eigentlich wirklich glücklich machen? Kann ich überhaupt glücklich sein? Verdammt! Glücklich im einen Moment, unglücklich im anderen und dann wieder und wieder alles von vorne wie in einer Endlosschleife. So kann man doch nicht leben. Aber was kann ich tun, um diese grässliche Schleife zu durchbrechen? Ich brauche doch nur ein wenig Harmonie, ein wenig Ruhe Ausgeglichenheit, Sicherheit und Geborgenheit. Okay, ich verlange vielleicht wirklich etwas viel, aber eines von diesen Dingen wäre ja auch schon mal himmlisch. Als Kind hat Weihnachten etwas Magisches, etwas Einzigartiges, finde ich. Warum können wir nicht ewig Kinder sein, oder warum kann ich nicht nur dieses eine Jahr noch mal Kind sein? Die zwei Jahre zuvor, an denen ich alleine war, war ich nicht so unglücklich wie jetzt. Welch eine Ironie. Nun, vielleicht wird es einfach Zeit, dass ich mich entscheide, denn ich kann nur einen Weg gehen. Vielleicht sollte ich mich erst selber finden, bevor ich versuche, jemand anderen zu finden. Vielleicht sollte ich diese Weihnachten doch alleine verbringen. Eigentlich ist Weihnachten ja auch gar nicht so toll, wie uns die Medien immer weismachen wollen, schließlich gibt es zu dieser Zeit in den Familien am meisten Streit. Sagt zumindest irgendeine Statistik. Ich mache den kleinen Kerzenbogen, den einzigen Weihnachtsschmuck in meiner Wohnung, an und stopfe mir lustlos ein paar Weihnachtsplätzchen in den Mund. Sie schmecken sicherlich gut, aber eigentlich ist mir übel. Ich esse noch ein paar mehr und schaue nach draußen in den grauen Himmel. Merry Christmas! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)