Unerträglichkeit des Seins von Michiaki (Leiden eines Märchenkönigs) ================================================================================ Kapitel 1: Wunderschöner Wahnsinn --------------------------------- ******************************************************************************** "Ist es nicht schön, wie es alles in sich zusammenfällt?" "Mein König? Was ist euch?" Der Märchenkönig hatte irre Züge angenommen. Der Schmerz stand ihm ins schöne Gesicht geschrieben und das erstickte und unechte Lachen aus seinem leidend verzerrten Mund erfüllte den hohen Schlafraum. Sein persönlicher Diener und Stallbursche Richard versuchte ihn in die Realität zurückzuführen: "Ihr habt geträumt. Bitte kommt zu euch!" Des Königs verschleierte Augen wurden wieder klarer, nahmen wieder ihre schöne Farbe an. Und schließlich sah er in die blauen Augen seines Dieners. Seine Gedanken schweiften ab. Wieder musste er an Bayerns Flagge denken. Ein Blauton- speziell ausgesucht, um den Stolz der Familie Wittelsbach zu symbolisieren. Wie kam es, dass ihm dieser Ton in Perfektion aus den glühenden Augen seines Dieners entgegenflammte? Wie kam es, dass nicht auch er selbst diesen wunderschönen Glanz in den Augen hatte? Ludwig verfluchte seine eigenen Augen. Augen, die unstet ihre Farbe wechselten. Einmal in eben diesem stolzen Blau, dann in einem Grünton, welcher ihm äußerst zuwider war, und zeitweise in einem dämonischen Rot, welches er nicht vermeiden konnte. Wie oft hatte er sich seine Augen ausstechen wollen, als sie diese höllische Farbe annahmen. Wie oft war diese Tat von Richard verhindert worden. Wie oft war er ihm später dankbar dafür. "Majestät?" Richard war verwirrt. Sein geliebter König benahm sich erneut sehr seltsam. Er konnte es nicht verhindern, dass die Augen seines Herrschers wieder düster wurden. So oft hatte er in seiner Unfähigkeit verzweifeln können-jedoch tat er es selbst jetzt nicht. Der junge Hornig nahm das ebenmäßig? schöne Gesicht seines Herrn vorsichtig zwischen die Hände, streichelte sanft über weiche, gepflegte Haare, versuchte so, die leidende Gestalt vor sich zu beruhigen. Und es geschah. Das Wimmern verstummte, ging über in gleichmäßige Atemzüge. "Richard..." "Ich bin bei euch. Seid beruhigt." Der König zog seinen hübschen Diener näher zu sich. Nur durch dessen Zuneigung war er auch dieses weitere Mal dem Wahnsinn entronnen. "Mein König..." Richard wurde auf das riesige Bett gezogen. Wenige Momente später lag er unter seinem Herrn und genoss den fordernden Zungenkuss, welchen ihm dieser entgegenbrachte. Schon oft waren sie so beieinander gewesen und hatten sich dem Liebesspiel ergeben. Doch für Richard war es jedes Mal ein neues Erlebnis. Er wollte seinen Gebieter in sich spüren, fühlen wie der Schmerz langsam nachlässt und die Liebkosungen genießen. Doch sein Flehen wurde nicht erfüllt. In die Umarmung des frühen Morgens brach ein Kammerdiener. "Majestät, bitte verzeiht die Störung, aber der Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes- Graf von Bismarck möchte euch sprechen. Umgehend." Als der Bote die Situation erkannte, drehte er sich zwar beschämt um, beharrte aber auf die baldige Ankleidung des Königs. Seufzend erhob sich dieser. "Wie spät ist es denn, dass dieser dahergelaufene Preuße sich so eine schwerwiegende Störung erlauben kann?" "Acht Uhr, mein König. Und mit Verlaub, bedenkt eure Worte gegenüber des Kanzlers. Er wird euch finanziell zur Seite stehen." "Was erlaubst du dir, einfacher Kammerdiener?" "Verzeiht meine Vermessenheit." Der Diener war sichtlich beschämt. Aber ein Blick in das beschwichtigende Gesicht Richards gab ihm die Hoffnung, dass die Warnung nicht allzu streng gemeint war, wie sie geklungen hatte. Schnell trollte er sich davon und gab den Mägden die Anweisung, den König unverzüglich anzukleiden. Ludwig indess machte sich seelisch und moralisch darauf gefasst, nun endlich den hochgelobten "Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes- Graf Otto Eduard Leopold von Bismarck" anzutreffen. Zwar war es ihm zuwider, eine politische Bindung mit Preußen einzugehen, ließ ihm seine Verschwendungssucht aber leider keine andere Wahl. Unbeobachtet von den anderen Dienern und Mägden, gab er seinem Geliebten einen kleinen Kuss zum Trost. Er flüsterte ihm etwas ins Ohr und Richard errötete. Da es sich leider nicht vermeiden ließ, kleidete er sich mit Hilfe der Mägde an und empfing seinen unangemeldeten Gast. ******************************************************************************** Anm: Graf von Bismarck= Bundeskanzler im Norddeutschen Bund seit 1867 seit 1871 Fürst von Bismarck und seit 1890 Herzog von Lauenburg, Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)