Guilty von WeißeWölfinLarka (Schuldig - Kann ich es je wieder gut machen?) ================================================================================ Kapitel 27: Lin --------------- Ein Mädchen stand auf einer Brücke. Diese war abgesperrt und Streifenwagen sowie Polizisten, jedoch auch Schaulustige standen um den Ort des Geschehens herum. Sie jedoch sah in die reißenden Fluten des Flusses unter ihr hinab. Das Rauschen des Windes und der Wellen klang wie Musik in ihren Ohren. Der Wirt des heruntergekommenen Gasthauses, bei dem sie gearbeitet hatte, stand hinter ihr und redete auf sie ein. Da die Polizisten dachten, er sei ihr Vater, hielten sie die Menge der Schaulustigen hinter der Absperrung zurück. Sie waren zu beschäftigt um zu verstehen, wovon der Mann sprach. Darüber hinaus hielten sie mit Absicht Abstand, denn ein Familienangehöriger würde wohl mehr Glück dabei haben, das Kind zurückzuholen, als ein Fremder. „Max… für dich extra auch in einer Sprache, in der du das verstehst: I won’t give a fuck on that!“ „Wow Tyson, sorry, Mann! Nur weil ich dir sage, dass du nicht zu dick bist – das ist doch kein Grund, sich so aufzuregen!“ „Hört doch auf, mir da reinreden zu wollen, es geht doch gar nicht darum, ob ich so schlank wie Kai bin oder nicht!!“ „Ach nein? Und warum imitierst du dann Kai auch schon in der Ausdrucksweise? So wie du Max grad angefahren hast, hätte man meinen können, das käme von Kai!“, mischte sich jetzt auch Ray ein. Der Teamleader selbst seufzte schwer und hielt sich aus dem Zank heraus. Bereits zwei Wochen waren seit ihrem Kurztrip nach Kroatien vergangen. Und abgesehen von ihrem Auftrag hatte Kai sich im Stillen auch davon versprochen, damit etwas für das Team zu tun. Seine Jungs sollten trainieren und sich näher kommen, damit sie sich besser aufeinander verlassen konnten. Er hatte gedacht, das würde funktionieren. Aber er hatte, so wie es ihm mittlerweile schien, alles nur noch schlimmer gemacht und eher das Gegenteil bewirkt. Tyson hatte eine Diät nicht nötig. Kai würde ihm das aber auch nicht ausreden, denn ein wenig Obst und Gemüse würden dem jungen Japaner nicht schaden. Die Gruppe befand sich gerade auf dem Heimweg von der Theater-AG, deren Bühnenstück langsam Formen annahm. Es dämmerte bereits und Kai wollte schnellstmöglich ins Haus zurückkehren. Auf seinem Schreibtisch wartete noch eine Menge Arbeit, darunter auch ein zehnseitiger Essay über die Verwendbarkeit einfachster Hilfsmittel im Training für optimale Balance zwischen Geschwindigkeit und Kraftaufwand. Den wollte er lesen, um das Training für die nächsten Tage zu konzipieren. Er verlangsamte seinen Schritt jedoch, denn der Menschenauflauf, den er an der Meiji-Brücke ausmachte, war ihm nicht geheuer. Auch sein Team blickte erstaunt auf und unterbrach den Streit. Verwundert gesellten sie sich zu der Menge und versuchten einen Blick auf den Grund dieses Staus zu erhaschen. „Das machst du doch eh nicht!“ Lin indes fasste nach dem Geländer und kletterte auf die breite Stahlplatte hinauf. „Glaubst du das wirklich, Otosan?“ „Ja Shary, denn du hast nicht den Mut dazu. Du bist feige. Aber wenn du meinst, dass du springen kannst, dann zeig es mir. Tu es!“ Das kleine Mädchen hatte deutliche Spuren von Tränen im Gesicht, jedoch weinte es nicht mehr. „Na los, mach doch, wenn du dich traust!“, stachelte Yoshio Taniguchi sie weiter an. Er war der Wirt, bei dem sie arbeiten musste. Und er entsprach bei Weitem nicht dem, was man anhand seines Namens von ihm erwarten würde. Die jungen Blader hatten sich bis zur ersten Linie der Absperrung herangekämpft. Und mit einem Schrecken erkannte Kai das kleine Mädchen, das dort im Begriff war, sich das Leben zu nehmen. „Was ist das? Will das Kind etwa...?“, fragte Tyson entgeistert. „Nun werde ich meinen Eltern folgen!“ Lin lächelte leicht. Dann ließ sie sich nach hinten fallen. Entsetzt hastete Kai unter der Absperrung durch. Doch ein Polizist hielt ihn auf. „Du kannst hier nicht durch, hier-“ „LIN!!!“ Kai riss sich von dem Beamten los, sprang über das Brückengeländer und stürzte hinterher. Fassungslos standen Tyson, Max, Ray und Kenny da und starrten ihrem Teamleader nach. Taniguchi trat an das Geländer heran. Ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen, dass er rasch fortfegte, als er die Hand eines Polizeibeamten auf seiner Schulter spürte, die ihn tröstend wegführen wollte. „Ich konnte ihr nicht helfen, sie wollte unbedingt gehen. Und wenn es ihr Wunsch war, sollten wir sie gehen lassen… Armes Ding“, heuchelte er diesem sein Mitleid. Die Brücke war mittelhoch, unter ihr floss ein recht breiter und tiefer Fluss. Doch an dieser Stelle war die Strömung besonders stark. Kai sah Lin nur wenige Meter unter sich fallen und er sah, wie sie auf der Wasseroberfläche aufprallte, mit dem Rücken zuerst, und dann von den Fluten verschlungen wurde. Er hoffte inständig, dass sie das überlebte, als er selbst die Wasseroberfläche durchbrach. Diese war fast so hart wie Beton. Zu seinem Schutz hatte er seine Arme vor dem Kopf verschränkt. Er ging relativ tief unter. In der Dunkelheit unter Wasser suchte er die Kleine. Hektisch sah er sich um. Er wurde von der Strömung mitgerissen. Da endlich entdeckte er sie. Sie trieb gen Grund. Mit mehreren kräftigen Schwimmzügen erreichte er sie. Er schlang seine Arme um ihren leblosen Körper. Lin schluckte viel Wasser. Kai kämpfte sich mit aller Kraft nach oben durch, das Kind fest im Arm. Es war sehr anstrengend, doch sie mussten die Oberfläche bald erreichen. Endlich hatte er es geschafft. Gierig sog er die Luft ein. Seine Beine wurden langsam taub und das Gewicht des Mädchens drückte ihn oft unter Wasser. Trotzdem versuchte er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, sich und Lin sicher an Land zu bringen. Die Fluten trieben ihn immer weiter ab. Seine Arme fühlten sich an, als würden sie mit Blei gefüllt. Nur noch wenige Meter trennten die beiden vom rettenden Ufer. Der Junge sammelte seine letzten Kraftreserven und erreichte dann endlich den Deich. Er hievte erst Lin hoch, danach sich selbst. Behutsam legte er sie auf dem Gras ab. Er beugte sich über sie, öffnete ihren Mund etwas, hielt ihr die Nase zu und begann mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung. Seine warme Atemluft drang bis in ihre Lunge vor und stieg wieder auf. Das so entstandene Vakuum löste in ihr einen Würgereiz aus. Sie drehte sich zur Seite und spuckte einen riesigen Schwall Wasser aus. Kai klopfte ihr auf den Rücken. Plötzlich riss sie ihre Augen auf und hustete stark. Langsam erhob sie sich und auf allen vieren kniend spie sie weiter, bis sie das gesamte Wasser ausgespuckt hatte. Keuchend blickte sie hoch und starrte Kai an. Wassertropfen perlten von seinen Haaren, er atmete heftig, lächelte sie aber zärtlich an. In ihren Augen bildeten sich Tränen. Dann schmiss sie sich ihm bitterlich weinend in seine Arme. „Ach Lin, meine kleine Lin…“ Sie schluchzte. Kai hielt sie fest. „Nicht böse sein! Es tut mir leid! Bitte nicht böse sein!“ „Vergiss was der Kerl gesagt hat. Es ist feige, sich aus dem Leben stehlen zu wollen, indem man sich selbst umbringt. Wirklich mutig ist, sich seinen Problemen zu stellen und sie zu lösen!“ Beruhigend strich er durch ihr nasses Haar. „Hör zu: Um das Leben wegzuwerfen, ist es doch viel zu wertvoll. Hast du denn an die gedacht, die dich vielleicht lieb haben und dich mögen?“ Lin schüttelte den Kopf. Aber Kai lächelte freundlich. „Das dachte ich mir. Überleg mal: Wenn du gehst, dann bleiben die, die dich echt gern haben, alleine zurück und sind ganz furchtbar traurig.“ Das Mädchen schniefte: „Aber ich habe doch niemanden, der mich mag... Niemand würde mich vermissen...“ „Doch, Lin. Du hast mich. Und ich würde ganz doll traurig sein, wenn dir etwas passiert und ich dich nie wiedersehen könnte. Du darfst dich nicht aufgeben und musst durchhalten. Denn wenn du kämpfst und stark bist, dann kannst du alles schaffen, was du erreichen willst. Schließlich haben deine Eltern sich etwas dabei gedacht, dass sie dir das Leben geschenkt haben. Du bist ihnen wichtig. Das darfst du nicht vergessen.“ Er machte eine kurze Pause und ließ sie seine Worte verarbeiten. Dann fragte er sanft: „Hast du das verstanden?“ Lin nickte und drückte sich ganz fest an Kai. Das Licht der untergehenden Sonne reflektierten sich in seinen Augen und ließen seine Iris geheimnisvoll funkeln wie rote Rubine, als Kai sagte: „Ich werde dich mitnehmen! Ab jetzt passe ich auf dich auf!“ Lins Augen wurden groß. Kai fügte hinzu: „Du musst nicht mehr ins Lokal und arbeiten. Du wohnst jetzt bei mir. Ich werde auf dich aufpassen, jetzt und immer.“ Vor lauter Glück begann sie wieder zu weinen. Kai drückte sie, dann nahm er sie auf den Arm und ging mit ihr zusammen den Deich hoch. Oben wurden sie bereits von einem Krankenwagen und seinem Team empfangen. „Mein Gott, ich dachte du stirbst!!“, rief Tyson und lief Kai entgegen. Alle hatten der wagemutigen Rettungsaktion beigewohnt und den Kampf der beiden im Fluss mit angesehen. Sanitäter eilten herbei und schlangen Decken um Kai und den vor Kälte zitternden Körper Lins. Der anwesende Notarzt schickte sie in den Rettungswagen zur Untersuchung. Doch Kai ließ sich nicht anfassen. Er übergab Lin den Sanitätern, denn er wollte nur, dass es ihr gut ging, selbst blieb er draußen. Wie durch ein Wunder hatten beide keine größeren Verletzungen davon getragen. „Kai!!“ Der Silberhaarige fand sich urplötzlich in einer innigen Umarmung wieder. Das war ihm etwas unangenehm, denn es war nicht eine einzelne Person, sondern gleich mehrere. Kenny, Max und Tyson drängten sich um ihren Leader, wollten ihn nicht loslassen. Ray hielt sich im Hintergrund. Mit sorgenvollem Blick betrachtete der Chinese Kai und seufzte erleichtert. „Hey! Lasst mich mal los, was sollen die Leute denken! Max! Tyson! Chef!!!“ Kai drückte sie schließlich von sich, rieb sich die Arme. Er fröstelte. Aber nicht wegen der Kälte sondern auf Grund des Körperkontakts. „Ich bin doch ganz nass!“ „Das ist uns egal! Kai… Das war so mutig von dir!“, meinte Max und seine blauen Augen strahlten ihn ehrfürchtig an. „Und so bescheuert. Du … du hättest…“, begann Ray und trat heran. Seine Stimme zitterte leicht. „Wollen Sie mitfahren?“, unterbrach ein Sanitäter den Schwarzhaarigen und Kai nickte. Er stieg in den Krankenwagen und setzte sich neben Lin auf die Bahre. Da sie noch immer schwer atmete, war sie an ein Sauerstoffgerät angeschlossen worden. Anscheinend war alles gut gegangen. Man hatte ihren Rücken untersucht, doch der Aufprall hatte wohl keinen größeren Schaden verursacht. Kai stupste sie leicht an. Lin schloss die Augen und lehnte sich an seine Seite. Seufzend legte Kai einen Arm um ihre Schultern und hielt sie fest. Sie war eingeschlafen. So wurden beide nach Hause gefahren. „So, da wären wir. Falls irgendwelche Beschwerden auftreten sollten, melden Sie sich bitte umgehend bei Ihrem Hausarzt.“ Kai bedankte sich und weckte Lin auf. „Wir sind da. Dein neues Zuhause!“ Er stieg aus dem Wagen, hob das Mädchen auch hinaus und trug sie zum Haus, während er erzählte. „Hier ist es oft durcheinander, unruhig und laut, aber ich denke, du wirst viel Spaß haben. Meine Freunde beißen nicht!“, zwinkerte er. In ihrer Gegenwart verhielt er sich aufgeschlossener, sie wirkte ähnlich auf ihn wie Tala. Zwar kannte er sie bei Weitem nicht so lange und gut wie seinen besten Freund, doch irgendwas war da, was ihn mit ihr verband. Er wusste nur nicht, was es war. Aber es war da. Nach ihrem Besuch in der WG hatte er nichts mehr von ihr gehört. Ein paar Mal noch hatte er sich in ihrer Nähe herumgeschlichen, etwas anderes tun als sie stumm zu beobachten konnte er jedoch nicht. Schon längst hatte er sie aus ihrem Gefängnis holen wollen. Denn seit ihrer ersten Begegnung spukten die Worte seiner Mutter wie ein Echo in seinem Kopf herum. Es gab einmal eine Zeit, in der Hilfsbereitschaft noch etwas wert war. Und ich finde immer noch, dass sie etwas wert ist. Allein aus diesem Grund schon musste er helfen. Und – vielleicht bildete er es sich ein, doch sie erinnerte ihn an seine Mutter. Besonders wenn sie lächelte. Sie waren fast bei der Haustür angelangt, da spürte Kai die Anwesendheit einer Person hinter sich. Yoshio Taniguchi hatte sie bis in den Vorgarten verfolgt. Und er war wütend, sehr wütend sogar. „Ich lasse dich nicht gehen, Shary!“, brüllte er. „Es wäre mir ja egal gewesen, wenn du im Wasser verreckt wärst, doch dass du jetzt hier wohnen sollst, das lasse ich nicht zu! Du bist nicht das Aschenputtel, das zur Prinzessin wird, nur weil so ein dahergelaufener Bursche den Prinzen mimt!! “ Kai setzte das Mädchen ab und würdigte den Wirt keines Blickes. Lin fasste ängstlich nach seiner Hand und schaute zu ihm auf. Doch Kais Ignoranz schürte nur Taniguchis Zorn. Er zog seinen kleinen Revolver aus seiner Hosentasche. „Bleib stehen, Hurensohn! DU nimmst sie mir nicht weg!“ Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, feuerte er einen Schuss Richtung Tür ab, haarscharf an Kais Kopf vorbei. Kai drehte sich nun um. „Willst du sie umbringen?“ Die Waffe drohend erhoben, trat Taniguchi auf sie zu. Als Antwort auf die Frage packte er Lin, zog sie zu sich und hielt ihr den Revolver an die Schläfe. Kais Mundwinkel zuckten, er hatte plötzlich Angst, fürchterliche Angst um Lin. Mittlerweile war jedoch das Team ebenfalls angekommen. Verdutzt blieben Kais Freunde stehen. Und Taniguchi war förmlich eingekesselt. Abwechselnd richtete er seine Waffe auf Lin und Kai. Letzterer ging langsam auf ihn zu. „KEINEN SCHRITT NÄHER!! ICH BRING EUCH ALLE UM!!“ Er schoss zweimal in die Luft. Das Weiß seiner Augen trat unnatürlich hervor und er blickte wie irr umher. „Weg da!“, herrschte er dann Ray an, der ihm im Weg stand. Doch weder Ray, noch die anderen drei dachten daran. Sie rührten sich nicht. „Das Mädchen ist nicht Ihr Eigentum, Sie können nicht einfach so mit ihr machen, was Sie wollen!“, erklärte Ray und etwas Entschlossenes trat in seinen Blick. „WAS sagst du da? AUS DEM WEG!!“ Taniguchis Hand bebte vor Zorn, er zog den Abzug an. Der Schwarzhaarige aber hielt an seinem Standpunkt fest. „Nein.“ „RUNTER!!!“, schrie Kai und keine Sekunde später flogen zwei Kugeln nur knapp über ihre Köpfe hinweg. Kai hatte an der Haltung und der Art, wie Taniguchi den Revolver hielt, ganz genau gewusst, was er tun würde. Das war extrem knapp gewesen. Doch nun stand Yoshio Taniguchi niemand mehr im Weg, sein Fluchtweg war frei. Lin weinte nicht einmal. Kai wollte hinterher. „Keinen Mucks, du Scheißer!“ Kopfschüttelnd bedeutete Lin ihm, dass es hoffnungslos war. Sie hatte sich über die schönen Stunden mit Kai gefreut und natürlich wäre es wunderbar gewesen, hier mit ihm zu wohnen und bei ihm zu bleiben, aber sie fand sich damit ab, dass sie jetzt wieder gehen musste. Brutal wurde das Mädchen von Taniguchi am Kragen gepackt, er hielt ihr die Waffe wieder an den Kopf und schleifte sie hinter sich her. „He, Arschloch!“ „Wie hast du mich genannt?“ Manisch drehte dieser sich um. Da traf ihn ein Stein in den Magen. Er jaulte auf, hielt sich den Bauch und sank auf die Knie. Sterne tanzten vor seinen Augen und er übergab sich auf dem Rasen. „Lin, komm schnell her!“ Das Mädchen rannte los. Kai hatte einen Beetbegrenzungsstein aufgehoben und Taniguchi damit zielgenau getroffen. Doch kurz bevor Lin Kai in die Arme fallen konnte, richtete sich dieser halb wieder auf und kroch auf allen Vieren in ihre Richtung. „Arschloch, ja?“ Er schoss blindlings in ihre Richtung, seine Schmerzen vernebelten ihm die Sicht. Und Lin stand direkt in der Flugbahn! Kai schnappte sich ihren Arm, zog sie zu sich und drehte sich vor ihren Körper. Und das in einem so atemberaubenden Tempo, dass es ausreichte um sie vor der Kugel zu beschützen. Doch dann ging er in die Knie. Er stöhnte leise auf. Eine Kugel steckte in seiner rechten Schulter, hatte sich tief ins Fleisch gebohrt. Aufgehalten wurde die Patrone durch den Knochen seines Schulterblattes. „Na du Pisser? Hast du nun genug?“ Er kam auf Kai zu und richtete die Waffe auf dessen Kopf. „Gib mir die kleine Schlampe, dann verschwinde ich auch von hier!“ „Erstens…“ Kai richtete sich wieder auf, darauf bedacht, Lin weiterhin vor ihm abzuschirmen. Er hatte schon Schlimmeres durchstehen müssen. „Sie ist keine Schlampe. Zweitens bist du irre, total wahnsinnig…“ „DU! Du wagst es..!?“ Der Finger Taniguchis zog sich fester um den Abzug. Kai kümmerte das wenig. „Und drittens…“ Er packte ihn brutal am Arm, trat fast gleichzeitig in dessen Hüfte und drehte den Arm so, dass die Waffe zu Boden fiel. Ein furchtbares und Ekel erregendes Knacken durchbrach die angespannte Stille, die aufgekommen war. Taniguchi schrie vor Schmerzen auf und fasste nach seiner Hand. Kai hatte ihm das Gelenk gebrochen. „Tja, drittens… Ist das hier jetzt wohl meine…“ Er ließ seinen Gegner los und hob die Waffe auf. Mit einem emotionslosen Gesicht drehte Kai sich wieder um. Er nahm die letzten drei Kugeln aus der Trommel und steckte sie in jede dritte Kammer. Dann drehte er die Trommel und ließ sie wieder einrasten. „Was hältst du von einem kleinen Spiel… Eine Runde Russisch Roulette vielleicht?“ Kai hatte den Spieß umgedreht und hielt nun seinerseits Taniguchi den Revolver an die Schläfe. Dieser schluckte hart, gab sich aber gelassen. „Tze, soll ich jetzt Angst haben? Du bist noch ein Kind, was willst du schon ausrichten?! Das bringst du doch eh nicht!“ „Ach nein?“ Kai lächelte grausam. Er zog den Abzug an und… drückte ab. Ein leises Knacken. Die Kammer war leer gewesen. Taniguchis Herz hatte vor Angst einen Aussetzer. „So. Nun ist eine Kugel in der Kammer. Das wirst du ja wohl logischerweise nachvollziehen können. Du bleibst jetzt hier sitzen! Kenny, ruf die Polizei!“ Dann drehte er sich zu Lin um, die sich die Hände auf die Ohren gelegt und die Augen zugekniffen hatte, und sprach ihr gut zu. Schon sah Taniguchi darin eine Chance, da er dachte, Kai würde nur bluffen, und wollte sich auf ihn stürzen. Aber Kai schoss blind hinter sich ein Loch in den Boden, zwei Zentimeter vor den Füßen des Wirts. „Ich habe es doch gesagt! Und jetzt bleib da gefälligst sitzen!“ Als die Polizei kam und den Mann festnahm, übergab Kai auch die Waffe an einen Polizisten. Dickflüssiges, fast schwarzes Blut sickerte durch seine Wunde an der Schulter, doch er nahm es kaum wahr, außer einem fortwährenden Brennen durch die Verletzung. Ray und Kenny wurden kurz vernommen, ihre Aussagen festgehalten. Max erzählte einer jungen Polizistin gerade, wie heldenhaft Kai sie alle gerettet habe und was für ein toller Kerl er doch sei. Ray runzelte die Stirn. Er ging langsam auf seinen Leader zu. „Oh meine arme Tochter! Wie muss sie doch leiden, dass mir solch ein Unrecht angetan wird! Was wird denn jetzt nur aus meiner armen, kleinen Tochter werden?“ Noch auf der Krankenbahre jammerte Taniguchi lauthals unter mehrmaligem Würgen. Wenigstens hatte Kai ihm unsägliche Schmerzen zugefügt. Kai verdrehte genervt die Augen. Wirklich, an diesem Kerl war ein wahnsinnig talentierter Dramatiker verloren gegangen. „Keine Sorge, wir werden uns darum kümmern“, erklärte ihm ein weiterer Polizist, der sich dann, nachdem sie Taniguchi Handschellen angelegt und die Türen des Krankenwagens hinter ihm geschlossen hatten, an die Bladebreakers und somit auch an Lin wandte. „So. Na dann, komm mal mit. Du darfst im Polizeiauto mitfahren, und dann suchen wir dir einen netten Onkel und eine liebe Tante, bei denen du wohnen darfst, ja?“ Lin ging automatisch einen Schritt von dem Polizisten weg. Sie stand wieder neben Kai und suchte den Halt seiner warmen Hand. Diese war zwar blutüberströmt und klebte, dennoch hielt sie sich fest. Sachte schüttelte sie den Kopf, sah zu Kai auf. Und dieser konnte nur mit Mühe seinen Blick von der Heckscheibe des Rettungswagens lösen. Er wollte diesen Mann unbedingt hinter Gittern wissen. Unbewusst projizierte er zusätzlich noch seinen Groll gegen Boris auf diesen Mann, er fühlte sich beinahe in einem Déjà Vue gefangen. „Da muss wohl ein Irrtum vorliegen“, erklärte er schließlich. „Sie ist nicht seine Tochter. Ihr Name ist Lin. Lin Hiwatari und insofern meine kleine Schwester.“ Überrascht hielt Ray in seinem Schritt inne. Was war in bloß in ihn gefahren?! ..-..-..-.. Liebe Leser! Drückt mir die Daumen, ich muss am 17.8. mein Graecum machen. Daher wird wohl erst Anfang September ein neues Kapitel hochgeladen werden. Ihr könnt gespannt sein ;) Ach so, und ne kleine Anmerkung: Yoshio bedeutet „rechtschaffener Mann“. Deswegen entspricht er nicht seiner Namensbedeutung. ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)