Guilty von WeißeWölfinLarka (Schuldig - Kann ich es je wieder gut machen?) ================================================================================ Kapitel 23: Kroatien – Wir kommen! Teil 1: Anreise -------------------------------------------------- „Nun, wie gesagt, ich schlage vor, dass ihr mit dem Auto und einem Wohnwagen fahrt. Ist mal was anderes und auch erlebenswert. Außerdem bekommt ihr noch 3 Zelte mit, zu sechst in einem Wohnwagen ist das dann schon etwas eng“, zählte Mr. Dickenson seinen Plan auf. „Ich werde persönlich Chauffeur spielen. Na, was haltet ihr davon?“ Erwartungsvoll blickte der Sponsor in die Runde. „Öh…“ Seine Schützlinge blickten ihn verwundert an. „Wie kommen Sie auf diese Idee?“, fragte Ray schließlich. „Gefällt sie euch nicht?“ „Doch, es ist nur… sehr seltsam…“, meinte Max und zog beide Augenbrauen in die Höhe. „Okay. Ich hab mir halt nur gedacht, dass ihr Urlaub vertragen könnt. Die nächsten Wettkämpfe kommen bestimm. Und da kann so ein kleines Trainingscamp nicht schaden. Und in eurer Freizeit könnt ihr machen, was ihr wollt. So eine Erholungspause wird euch sicher gut tun. Was meint ihr nun? Besonders dir, Kai, lege ich diese Reise ans Herz, mach was draus, du als Teamleader!“ Verwundert hob der Angesprochene eine Braue an. Der Alte legte sich ja ganz schön ins Zeug und hatte sogar ein bisschen schauspielerisches Talent. Langsam nickte der Graublauhaarige. Nach einer längeren Pause ließ sich dann Tyson freudig vernehmen: „Also, ich finde das cool!“ Letztlich stimmten alle dem Vorschlag gänzlich zu, vor allem da es für sie zusätzliche Ferien bedeutete. „Gut, dann packt eure Koffer. Schon am Freitag soll es losgehen. Ich werde soweit dann alles regeln. Ihr hört von mir.“ An besagtem Tage standen die Bladebreakers vor dem Haus. Das Packen hatten sie über die Woche verteilt und mehr oder minder gut überstanden. Nun warteten sie auf Mr. Dickenson. Doch der einzige, der jetzt angerannt kam und mit heftigem Atem stehen blieb, war Tala. „Ey, sorry, dass ich so spät bin, der Bus steckte in ner Baustelle fest…“ „Hi Tala. Macht nix. Mr. D. ist auch noch nicht da“, klärte Max ihn auf. „Bist du auch so aufgeregt wie wir?“, fragte Tyson den Rothaarigen begeistert. „Oh ja, ich kann kaum erwarten, endlich unseren Kontak-“ „Тихо!“ Mit einem mörderischen Blick und eben geäußerten Wort – eher Zischen – brachte Kai Tala zum Schweigen. Er hatte gerade den gemieteten Wohnwagen an den von der BBA geliehenen Van ankoppeln wollen. Aber das vergaß er für einen kurzen Augenblick, als Tala so unvorsichtig war. „Schön dass du da bist!“ Kais Stimme klang leicht angespannt und er fuhr auf Russisch fort: „Pass auf, was du sagst! Du hättest dich fast verraten!“ „Da. Isweni.“ „Was kannst du denn jetzt nicht erwarten?“, fragte Tyson nach, der ungeduldig und verwirrt das Gespräch der beiden Russen verfolgt hatte. Kai wandte sich ab und der wieder der Ankopplung zu. „Hm? Ach so, ich meinte… unsere Bekanntschaft, also unseren Kontakt zu vertiefen. Sagt mal, wann fahren wir eigentlich?“ „Wenn Mr. D. da ist!“, erklärte der Blauhaarige bereitwillig und half Max dabei, dessen Reisetasche in den Kofferraum zu verfrachten. Da klingelte das Telefon im Haus. „Ich gehe!“, rief Ray und sprang die Stufen ins Haus hinauf. Kurz darauf kam er mit dem schnurlosen Telefonhörer in der Hand wieder zurück. Mr. Dickenson rief an. „~“Tut mir leid, ich kann leider nicht. Aber ich werde nachkommen. Ihr könnt ja schon vorfahren.“~“ „Aber… wer fährt uns denn dann?“, wunderte sich Ray. „~“Ein Angestellter der BBA… Ah nein, das geht ja auch nicht… Wollt ihr mit dem Zug fahren? Ich bringe den Wohnwagen dann nach. Aber ich weiß noch nicht, wann. Wir haben hier Probleme. Es tut mir ehrlich Leid, Jungs!“~“ „Ray, gib mir mal“, forderte Kai den Schwarzhaarigen auf und nahm den Hörer an sich. „Mr. Dickenson, Sie hatten uns diesen Urlaub versprochen. Und jetzt machen Sie einen Rückzieher. Es wird Sie vielleicht überraschen, aber auch wir haben Termine, die wir einzuhalten haben. Außerdem freuen sich einige von uns auf den Strand und das alles. Sie haben uns auf den Urlaub heiß gemacht, es steht alles zur Abfahrt bereit – das sollen wir nun umsonst gemacht haben?! Das ist nicht unbedingt fair!“ Mr. Dickenson wollte Einwände erheben, doch Kais Argumente waren einleuchtend, und bevor er etwas sagen konnte, meinte der Teamleader: „Ein Vorschlag zur Güte: Wir unternehmen die Reise auf eigene Faust und rufen Sie an, wenn wir über sind. Dann können Sie ja nachkommen. Vielleicht sind Sie ja auch schon früher da. Ich weiß es nicht. Wir finden eine Lösung, irgendwie kommen wir schon nach Kroatien. Keine Sorge – wir werden Sie von unterwegs immer mal wieder anrufen.“ „~“Kai, meinst du wirklich, dass ihr das schafft?“~“ „Klar!“ Der Sponsor schien zu überlegen. Es behagte ihm nicht, sie alleine fahren zu lassen, aber letztlich waren Kai und Tala dabei. Und Ray. Kenny war auch sehr vertrauenswürdig und vernünftig. Und die beiden Russen hatten sicher schon genug Lebenserfahrung… Wie Recht er damit hatte, wusste Mr. Dickenson ja nicht, als er schließlich zustimmte. „~“Gut. Dann eine gute Fahrt. Ich versuche, so schnell wie möglich fertig zu werden. Viel Spaß!“~“ „Danke.“ Kai drehte sich zu seinem Team um, das sich um ihn versammelt hatte. Tala lehnte lässig am Auto und hob fragend eine Augenbraue. Kenny beschwerte sich, wie Kai denn nur immer so schroff mit ihrem Sponsor reden könne, während die anderen niedergeschlagen die Köpfe hängen ließen. „Was machen wir denn jetzt?“, jammerte Tyson betrübt und schoss einen kleinen Kiesel von den Pflastersteinen. Max stimmte mit ein: „Wie sollen wir denn jetzt nach Kroatien kommen? Menno… Das ist gemein!“ Doch ihr Leader schien davon unbeeindruckt er drückte Kenny nur den Telefonhörer in die Hand und bat: „Tala, schau mal eben hinten beim Wohnwagen, ob’s die Blinker tun…“ „Wie, du willst..?“ Kai nickte. Tala pfiff ehrfürchtig und ging grinsend seinem Auftrag nach. Als Kai noch die Seitenspiegel so eingestellt hatte, dass er gut sehen konnte, rief er sein Team zusammen. „So. Habt ihr alle Sachen zusammengepackt? Ist alles da? „Ja, das dürfen wir alles wieder auspacken…“, murmelte Max sichtlich enttäuscht. „Ray, check bitte, ob der Herd ausgeschaltet ist, die Fenster zu und die Wasserhähne verschlossen sind und danach schließ bitte die Tür ab“, wies der junge Russe den Schwarzhaarigen an. Dieser schlurfte leicht verwundert los. „Tala, hast du alles dabei?“, fuhr Kai ungerührt fort. „Jep, alles im Kofferraum verstaut. Ich hab noch Getränke mitgebracht, 1,5 l Wasserflaschen, 20 Stück. Die Fahrt wird sich ja über ein paar Tage hinziehen.“ Kai nickte. In dem Moment kam Ray zurück: „Toll, und jetzt?!“ Der Silberhaarige deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf den Van hinter sich. „Los, steig ein. Ein bisschen schneller, wenn ich bitten darf!“ „Häh? Und dann? Sollen wir auf ein Wunder warten oder was?“ Tyson und den anderen drei Jungen war diese Aktion nicht ganz schlüssig. „Einsteigen, los!“, wiederholte Kai leicht gereizt. Konnten sie denn nicht mal das tun, was man ihnen sagte?! „Setzt euch irgendwo hin, ist mir egal. Wer aber auf den Beifahrersitz will, sollte Karte lesen können. Ich würde gerne Tala oder Ray neben mir wissen. Oder Wenn Kenny Lust hat?“ Nebenbei hatte Kai schon auf dem Fahrersitz Platz genommen und stellte gerade den Sitz ein. „Heißt das etwa, du fährst?!!“, entfuhr es Kenny, plötzlich verstehend. Alle außer Tala sahen ihren Leader entsetzt an. „Ja, was denkt ihr denn? So ein Unmensch bin ich auch nicht, dass ich euch Talas Fahrstil zumuten will.“ „Hey!“, rief Tala gespielt empört und knuffte Kai in die Seite. „Aber… Aber du bist doch erst 16! Ihr beide!!“, stotterte der kleine Braunhaarige. „Boah, ihr seid wohl echt coole Säue, dass ihr schwarz fahrt… hätte ich nicht gedacht!“, meinte Tyson bewundernd. Tala grinste: „Das war hoffentlich als Kompliment gemeint, Kleiner…“ Aber Ray und Kenny wurden mulmig zumute. Deswegen fragte der Chinese, ob auch alles mit rechten Dingen vorging: „Kannst du denn überhaupt fahren? Ich meine, hast du einen Führerschein? Nicht, dass ihr eine Straftat begeht!“ Kai seufzte genervt. „In Russland bringen meistens die Älteren den Jüngeren das Fahren auf abgelegenen Straßen bei. Wir haben zum Teil bei Boris-“ Tala unterbrach ihn knurrend: „Wenigsten zu etwas war er gut!“ „–und zum Teil bei einem guten Freund gelernt.“ Die anderen Jungen wussten nicht, ob sie jetzt deswegen weniger beunruhigt sein sollten. „Also habt ihr gar keinen Führerschein?“, hakte Kenny noch einmal genauer nach. „Doch, weil wir… eh… das haben wir beantragt und in Russland die Prüfung Anfang dieses Jahres gemacht.“ „Dann habt ihr aber ja noch gar nicht so lange Fahrerfahrung!“, meinte Kenny bestürzt. Tala schnaubte: „Oh doch, das glaub man!“ Und er dachte an die vielen Nachtschichten, auch als er und Kai noch für Biovolt und die Abtei gearbeitet hatten, in denen sie etwas liefern hatten sollen und sich dafür Autos ausgeliehen hatten. Kai dachte an den einen Ausflug mit dem Motorrad und das Gefühl der 112 PS des Landrovers unter der Motorhaube, als er einmal Tala besucht hatte. Doch schnell riss er sich von seinen Gedanken los. „Also, wollt ihr nun in den Urlaub fahren oder nicht?!“ Ein freudiger Ausruf seines Teams, einschließlich Kenny, beantwortete Kai die Frage und er nickte. „Gut. Dann geht es jetzt los.“ Letztendlich saß Tala neben Kai und sie konnten die Fahrt antreten. Die Bladebreakers waren gespannt und aufgeregt. So waren sie noch nie gereist. Außerdem kannten sie Kais Fahrkünste nicht. „Ray, schau mal, ob ich mit dem Wohnwagen aus der Kurve komme. Achte darauf, da zu stehen, dass ich dich auch sehen kann!“ Vorsichtig fuhr Kai den Wohnwagen aus der Einfahrt. Es war doch nicht so einfach wie er gedacht hatte. Als Kai hielt, damit Ray einsteigen konnte, bat Kenny ihn, sich seinen Führerschein einmal ansehen zu dürfen. Der Silberhaarige kramte in seinen Manteltaschen und gab Kenny schließlich das gewünschte Dokument. „Tatsächlich, ein echter Führerschein!“ Max, Ray und Tyson drehten sich zu ihrem ‚Chef’ und sie bewunderten die kleine, autorisierte Karte aus Plastik. „Bist du eigentlich schon mal mit Anhänger gefahren?“, fragte Tala Kai nun leise, er konnte seinem Freund die Konzentration aus dem Gesicht ablesen. „Nö. Aber so schwierig wird das auch nicht sein“, versuchte dieser seine leichte Unsicherheit zu überspielen, „Wenn die Straße geradlinig verläuft, dann werde ich mich auch daran gewöhnen können.“ Ihre Fahrt zum Fährhafen verlief relativ ruhig. Tyson versuchte seine gute Laune zum Ausdruck zu bringen und meinte: „Wie wäre es mit einem kleinen Liedchen?!“ Trotz Kais erschlagenden Seufzers stimmte er eines an, in das alle bis auf Kai mit einfielen. Er war schließlich der Fahrer und musste sich auf den Verkehr konzentrieren. „Fort, fort, fort und fort-“ „Boah, Tyson! Es gibt Terroristen, Chaoten und dich!“, unterbrach Kai das Lied gleich zu Anfang, doch das tat der Fortsetzung keinen Abklang. „Fort, fort, fort und fort An einen andern Ort! Nun ist vorbei die Sommerzeit, Drum sind wir Schwalben jetzt bereit Von einem Land zum andern Zu wandern Ihr, ihr, ihr und ihr, Ihr Leute lebet wohl! Ihr gabt zur Herberg euer Dach Und schützet uns vor Ungemach. Drum sei euch Glück und Frieden beschieden. Du, du, du und du leb wohl du schöner Ort Du hast in deinen Straßen oft verliehn, was unser Herz gehofft dein denken wir von Ferne noch gerne Ihr, ihr, ihr und ihr, Ihr Mücklein lebet wohl! Ihr habt uns oft recht satt gemacht Und uns mit manchem Schmaus bedacht. Lebt wohl! Auf Wiedersehen! Wir gehen.“ (*) Es klang recht witzig, wie die beiden Japaner, der Amerikaner und der Chinese das deutsche Wanderlied mit ihren verschiedenen Akzenten sangen. Dass deutsche Volkslieder sich in Japan allgemeiner Beliebtheit erfreuten, war sowieso verwunderlich. Tala grinste nur, er sang auch nicht mit, aber aus dem Grunde, weil er das Lied nicht kannte. „Wenn man das richtig bedenkt, Tyson, passt das Lied aber gar nicht zu unserem Urlaub! Das hätten wir eher auf der Rückfahrt singen können“, ließ sich Dizzys technische Stimme vernehmen. „Oh Kenny, du gehst auch nie ohne deinen Laptop außer Haus, oder?“, lachte Ray und mit fröhlichen Geschichten setzten sie ihre Reise fort. Sie fuhren durch die Stadt zum Fährhafen und nahmen die nächste Autofähre. Als Kai dann den Wagen geparkt hatte, bettelte Tyson: „Kai, können wir mal aussteigen? Ich muss mal!“ „Sicher! Kann nicht schaden, sich die Beine zu vertreten.“ So stiegen dann auch alle aus und das Team trennte sich. Sie hatten noch Zeit. Kai streckte sich. Da nahm Tala ihn beiseite. „Wie wollen wir das mit dem Kontaktmann machen? Wir können ihn ja schlecht am Strand ansprechen und dann den nächsten Kerl umnieten, den er uns als ‚Mitglied’ nennt. „ „Ich glaube sowieso, dass Domovoi uns verscheißert hat… Dem trau ich nicht. Hast du gemerkt, dass er uns fast ausschließlich kleine Fische einiger Yakuza-Clans genannt hat? Und die Zielperson, die wir nun suchen sollen… ich glaube, der steckt selbst in der Scheiße…“ Tala sah sich kurz um, nachdem Kai geendet hatte, und prüfte, ob jemand lauschte. „Wir können uns kurz einklinken und uns schlau machen. Wenn Domovoi gelogen hat, dann…“ „Egal… Ich will wissen, was er uns geben kann. Wir können ihn immer noch zur Rede stellen. Und der Kontaktmann darf unsere Gesichter nicht sehen. Wir werden uns verkleiden. Und zwar richtig. Du weißt, was ich meine.“ „Ja. Na gut, Kai. Aber ich habe den Eindruck, dass du langsam weich wirst.“ „Ich bin müde Tala, sehr müde…“ „Soll ich gleich weiter fahren?“ „Ach, so meinte ich das doch nicht. Jede Nacht gehen wir neuen Hinweisen nach. Wenn wir mal grade keinen Auftrag haben, müssen wir unseren Schlaf nachholen. Das ist sehr anstrengend. Und ich habe dich da mit rein gezogen… Das meine ich mit müde.“ „Ich verstehe…“ Tala sah auf das Meer hinaus, sie standen an der Reling, die Arme auf das Geländer gestützt. „Du weißt doch, dass ich dir damals versprochen habe, das mit dir zusammen durchzuziehen. Es ist mein freier Wille, Kai.“ Wieder musste er seinem Freund versichern, dass er ihm aus freien Stücken half. Noch während sie redeten, kamen die Bladebreakers aus dem kleinen Café der Fähre. Sie sahen sich suchend nach den beiden Russen um. „Aber… so langsam verliere ich die Hoffnung. Wir suchen schon so lange, drehen jeden noch so kleinen Stein um, aber kommen einfach nicht weiter. Wir finden sie einfach nicht! Vielleicht hat alles Hoffen nichts gebracht, vielleicht… ja vielleicht sind sie wirklich… und ich hab mir das damals nur eingebildet!! Wer tot ist, kann nicht… das geht nicht! Ich war klein, naiv…“ Endlich entdeckten die restlichen Jungen die beiden und rannten auf sie zu. „Hey Kai! Tala!“ Plötzlich erhob Tala seine Hand und gab Kai eine gepfefferte Ohrfeige. Ray, der der Gruppe voran lief, stoppte abrupt, so dass die anderen in ihn hineinliefen. „He, was soll das, Ray?!“, empörte sich Max, da er fasst seine Cola über sein Shirt gekippt hätte. „Tala…“, wisperte der Chinese und deutete auf den Rothaarigen, „er hat Kai geschlagen!“ „WAS?!“ Sie sahen zu ihrem Teamleader, auf dessen Gesicht sich ein deutlicher Handabdruck abzeichnete. „Tala hat richtig heftig zugeschlagen, ich hab’s gesehen!“, flüsterte Ray. „Und DEN nehmen wir mit? Na, der kriegt was zu hören!!“ Tyson wollte gerade losstürmen, da hielt Max ihn zurück: „Schau mal!“ „Wie kannst du nur!? So etwas zu denken!! Sie leben, verdammt! Und so lange du nicht aufgibst, SIE nicht aufgibst, besteht die Hoffnung, sie zu finden! Warum hast du plötzlich Zweifel? Warum?! Verdammt, du glaubst daran, seit du 6 bist!! Hör jetzt nicht auf damit!“ „Aber… wenn sie… das Blut… und alles… Als 6-Jähriger glaubt man auch an den Osterhasen!“ Tala packte Kai an den Schultern und schüttelte seinen besten Freund: „Wo ist der Kai geblieben, der Kämpfer, der, den ich kenne?!! Wo ist deine Zuversicht geblieben?!! Kai, ich sage dir jetzt was, hör gut zu: ICH. GLAUBE. DARAN. Wir werden sie finden, Kai, sie leben, das weißt du, das fühlst du. Ist doch so, oder?!“ „Ja.“ Kai sah seinen Freund mit glitzernden Augen an. Doch bevor er seinem Impuls folgen und sich einfach in Talas beschützenden Arme fallen lassen konnte, bemerkte er sein Team. „Wir haben Besuch“, erklärte er fast tonlos und wandte sich wieder dem Meer zu, während Tala sich umdrehte. Verstohlen wischte Kai sich über die Augen, denn sie brannten, als wollten sie Tränen vergießen. Er war wirklich schon nervlich ziemlich am Ende. Kein Wunder. Seitdem Tala und Kai sich zusammengetan hatten und gegen, Voltaire, Boris und deren Handlanger vorgegangen waren, um Kais Eltern zu finden, waren mittlerweile schon drei Jahre vergangen. Der Grund, warum sie so gut mit Waffen umgehen konnten, war einzig und allein die Tatsache, dass sie mit 10 Jahren in der Abtei in der Waffenkunde ausgebildet worden waren. Auseinander- und wieder zusammenbauen und putzen von Waffen und dergleichen. Auch der Umgang, das Beherrschen der Schusswaffe an sich, wurde ihnen aufs Schärfste eingebläut. Kais Gedanken drifteten ab. „Warum hast du Kai geschlagen?!“ Ray baute sich vor Tala auf, obwohl er einige Zentimeter kleiner war als der 1,80m große Russe. „Was? … Ähm… weil…“ „Ja, ich höre?!“ „Piss dich wegen ner kleinen Ohrfeige nicht so an, Ray! Er hat mich nur aufgeweckt! Mehr nicht!“, fuhr Kai plötzlich dazwischen. „Warum nimmst du ihn in Schutz? Du hast nicht geschlafen!“, entgegnete Ray bissig. „Aus meiner Verzweiflung, wenn du’s so genau wissen willst! Mein Gott, sei nicht so neugierig! Es ist MEIN Körper, ICH habe damit zu leben, ob Tala mich schlägt oder nicht!“ „Aber Kai!“ „SATKNIS!!! Frag nicht mehr! Nasch rasgowor sakonzin! Ich dreh ab!“ Kai fuhr sich wütend mit der Hand durchs Haar, dann machte er auf dem Absatz kehrt und ließ Tala und die Bladebreakers stehen. Er ging zurück zum Auto, um sich dort zu beruhigen. „Was hat er gesagt?“, fragten die anderen. Tala seufzte und sah dem Silberhaarigen nach. „Er sagte, ihr sollt nicht mehr fragen, er brauche jetzt seine Ruhe. Hört mal, er ist zurzeit nicht ganz auf der Höhe. Macht euch keine Sorgen, das gibt sich wieder.“ Der Rothaarige war froh, dass Ray durch Kais Auftritt eben seine Fragen vergessen hatte. Er besorgte sich zwei Tassen Kaffee und begab sich dann auch zurück zum Auto. Die Fahrt über die Landstraßen war gar nicht so schwer und ihre Route brachten sie fast problemlos hinter sich. Dann konnten sie endlich auf die Autobahn. Tala war ein guter Kartenleser und Navigator, das war bei ihnen nun schon fest eingespielt. Beide Russen taten so, als hätte es nie eine Auseinandersetzung gegeben. Also nahm das Team dies auch so hin. Es war jetzt vier Uhr am Nachmittag und sie hatten noch ein ganzes Stück Weg vor sich. „Es dauert aber schon sehr viel länger, mit dem Auto zu reisen“, bemerkte Tyson plötzlich. „Gut erkannt, Tyson!“, grinste Max. „Nein, ich meine, wir haben doch insgesamt nur zwei Wochen. Und eine davon brauchen wir bestimmt für die Hin- und Rückfahrt!“ Kai warf einen Blick in den Rückspiegel und suchte Tysons Blick. „Keine Sorge, so lange werden wir nicht brauchen“, meinte er. „Ach nein?“, fragte Tala und zog eine Augenbraue in die Höhe. Kai schaltete in einen höheren Gang, er wechselte gerade vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Spur. Dann erklärte er, wie er sich das vorgestellt hatte. „Pass auf, wir wechseln uns einfach ab. Ich fahr so lange, bis ich müde bin. Dann übernimmst du, Tala. Und während der eine fährt, schläft der andere. So können wir Zeit sparen. In Ordnung?“ „Da hab ich so nichts einzuwenden. Was ist aber mit navigieren?“, hakte Tala nach. „Dizzy.“ Kenny entfuhr ein überraschter Laut. „Ja, Kenny, wenn du erlaubst, würden wir dann nachts gerne Dizzy nehmen, damit sie uns die Route sagt. Wäre das für dich okay?“, fragte Kai und kniff die Augen zusammen. In einiger Entfernung fuhren die Autos immer langsamer, der vor ihnen betätigte sogar das Warnblinklicht. Auch Kai verlangsamte sein Tempo. „Ja, das ist kein Problem“, erwiderte Kenny, ergänzte aber, dass der Akku seines Laptops auch nicht ewig halte. Das Gespann geriet in stockenden Verkehr. „Nicht das auch noch!“, stöhnte Kai und konzentrierte sich vollends auf die Autos und LKWs vor, neben und hinter sich. Dann ging nichts mehr. „Rien ne va plus… pff...“ Die Jungen lachten über diesen Satz von Kai. „Ach, Tala, mach doch mal das Radio lauter!“, bat Max. Also drehte der Angesprochene die Musik etwas auf. Kai seufzte. Er lehnte sich in seinem Sitz zurück, die Hände noch immer am Lenkrad. Tala nahm sich ein Kreuzworträtsel zur Hand und begann es zu lösen. Die anderen vier fingen an, im hinteren Teil des Wagens Karten zu spielen. Nach einer Stunde des Wartens seufzte Kai erneut, beugte sich nach vorn zum Lenkrad. Er sank etwas in seinem Sitz ein. Wie er das Warten hasste! Sein Kopf glitt immer mehr dem Lenkrad entgegen, bis er mit seiner Stirn schließlich darauf ankam. Dummerweise erwischte er die Hupe, die sofort losdröhnte und die Jungen zusammenzucken ließ. Tala sah zu ihm. „Kai?“ „Hn?“ „Bist du müde?“ „Hast du was zu trinken?“ „Klar. Hier, meine Wasserflasche. Trink sie leer, du hast heute noch kaum Flüssigkeit zu dir genommen. Nicht, dass du uns an Dehydrierung zusammenbrichst.“ „Danke.“ Kai leerte die Flasche in fast einem einzigen Zug. „Ist das ätzend“, meinte der Silberhaarige und gab Tala die Flasche zurück, „ich hasse Stau.“ „Mhm… vielleicht hab ich eine Idee.“ „Ach so?!“ Tala kramte in der Seitentür in einer kleinen Tasche: „Passt mal auf, ich hab ne Überraschung…“ Er förderte eine CD zu Tage und schob sie in den CD-Player des Autoradios. Sofort erfüllte wummernder Bass die Luft. Kai zuckte zusammen. „Was zum Teufel…! Tala, hast du wieder deine Technopampe aus dem Internet mitgenommen?“ Der Rothaarige schüttelte den Kopf, in dem Moment ertönte auch schon eine dunkle, tiefe und verstellte Stimme im brummigsten Russisch, das die Bladebreakers je gehört hatten. „Was ist DAS denn?!“ „Djet maross!“, meinten die beiden Russen vorn im Wagen einstimmig. Kai grinste. Er stand nicht auf Techno, aber dieser Track – als Lied konnte man das nun wirklich nicht bezeichnen – machte ihm irgendwie gute Laune. Er machte sich einen Spaß daraus, mit Tala um die Wette diese knurrende Stumme nachzuahmen und brach dann in Lachen aus, weil Tala die Tonlage fast genau traf. Dann endete der Track und ein Lied begann, in dem immer „ana“ vorkam, ana – das russische Wort für die dritte Person Singular: sie. „Wer ist denn diese Anna?“, fragte Tyson und lehnte sich etwas vor. Kai grinste: „Anna? Das ist Talas Freundin – die ihm die Hose voll gekotzt hat, als sie ihm einen runterholen wollte – AU!“ Der 16-Jährige lachte laut, nachdem er einen Schlag gegen seine Schulter von Tala empfangen hatte. „Das ist NICHT witzig!! Und außerdem hieß sie Ariana!“ Da stieß Kenny gegen Kais Sitz: „Schau, es geht weiter!“ „Na los, Kai, mach hin!!“ Kai hatte Mühe, das Auto so schnell anspringen zu lassen. Außerdem musste er mehr nach Gefühl fahren als sonst, weil sie ja noch den Wohnwagen hinter sich herzogen. „Ja, ja, hetz doch nicht so, wir haben Zeit genug!“ „Ach, jetzt auf einmal, oder was?“, lachte Tala und streckte ihm die Zunge heraus. „Willst du, dass ich abwürge oder was?“ „Und du dich blamierst? Hm… vielleicht?“ Kai stöhnte genervt, er fuhr wieder an. „Womit hab ich das verdient? Warum tu ich mir das eigentlich an?“ „Wir haben dich auch lieb, Kai!“, ertönte es glucksend vierstimmig von den hinteren Bänken und Tala biss sich auf die Faust, um sein Lachen zu ersticken. ~*~*~+~*~*~ Anmerkungen Тихо – Ruhe! / Sei still! Satknis – Halt’s Maul Nasch rasgowor sakonzin – Das Gespräch ist beendet. (*)Text: Hoffmann von Fallersleben ? Musik: nach der Melodie "Es es es und es" in " Schulgesangbuch für höhere Lehranstalten Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)