A complicated love von Blackwolf ================================================================================ Kapitel 9: Female Behavior -------------------------- „Dr. House?“ Tysons starrte verwirrt auf den Fernsehschirm. „Der Typ erinnert mich ein wenig an Kai. Unfreundlich, verklemmt... aber redseeliger.“ Ein weiterer beherzter Griff in die Chipstüte folgte. Yuri, die neben ihm saß und an Karotten und Kohlrabi knabberte, sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Du vergleichst einen Freund mit House? Das ist aber fies...“ In diesem Moment klingelte das Telefon; sie zuckte zusammen und ließ beinahe das Tellerchen, auf dem sie das Gemüse feinsäuberlich garniert hatte, fallen. „Ja? Chandler.“, meldete sie sich und versuchte dabei mit ihren Fingernägeln ein Stückchen Karotte zwischen ihren Schneidezähnen heraus zu pulen. „Angie?“ Sie grinste. „Jaah?“ Ihre Augen wanderten zu Tyson, der sie und den Fernsehschirm abwechselnd musterte, und sie wedelte mit ihrer Hand in seine Richtung. Der Schwarzhaarige zog seine Augenbrauen zusammen und schluckte eine Ladung Chips hinunter. „Was?“, fragte er und stellte den Ton leiser. Yuri verdeckte mit ihrer Hand das Telefon und erklärte: „Angie hat eine Mail von Lara bekommen. Zack will eine kleine Party veranstalten, in drei Tagen, am Freitag. Sie will wissen, was man als Japaner trinkt.“ „Was man trinkt?“ Tysons Gesicht nahm einen leicht väterlichen Ausdruck an. „Dies und jenes... am besten von allem etwas!“ Er zwinkerte ihr gut gelaunt zu. „Bier, Wodka, Tequila, Mixgetränke... wie jeder normale Mensch auch.“ „Werden Japanern nicht schneller dicht als Europäer?“ Yuri sah ihn prüfend an, beschloß, dass sie auf eine Antowrt verzichten konnte und sagte dann in den Hörer: „Bist du noch da, Angie? Du kannst Lara sagen, dass sie Zack sagen kann, dass es egal ist. Das selbe wie die Russen, meint Tyson.“ Nach weiteren fünf Minuten legte sie auf. „Wie ist das mit Partys bei euch in Japan?“ Der Schwarzhaarige löste seinen Blick wieder vom Bildschirm, zuckte mit den Schultern. „Wir gehen im Sommer oft in den Park oder an den Strand. Dann haben wir immer laute Musik, schätze mal, genau so, wie ihr’s macht.“ Yuri nickte. „Ja, wahrscheinlich wird’s überall ähnlich sein. Morgen fahrt ihr nach London, oder? Mr. Avery hat gemeint, ihr würdet dort übernachten. Also kommt ihr erst am Donnerstag zurück. Fahren die Russen auch mit?“ „Ja. Wird bestimmt cool. Wir waren schon mal dort, ich meine die Bladebreakers, während der Weltmeisterschaft, aber wir haben nicht so viel gesehen. Mussten unsere Matches gewinnen.“ Tyson sah Yuri an, als würde er von ihr verlangen, dass sie mit Begeisterung nach fragte, aber ihr relativ gleichgültiger Blick machte deutlich, dass es sie nicht wirklich interessierte, was sie dort gemacht hatten. Anscheinend war nur Angie am Beybladen interessiert. „Ähm, naja, er hat gemeint, wir würden morgen um kurz vor acht erwartet und er hat anscheinend vor, dass wir unseine halbe Stunde früher einfinden sollen... nein, er meinte eine Viertelstunde früher. Und auf dem Programm steht erst einmal eine kleine Stadtrundfahrt mit den berühmten londoner Bussen. Dann dürfen wir in der Stadt rum...“, er kam ins Stocken und sah Yuri Hilfe suchend an. „... ihr dürft eigenständig die Stadt besichtigen?“, riet diese, während sie sich eine Kohlrabi zwischen die Zähne schob. „Wir dürfen eigenständig die Stadt besichtigen und vorher werden wir unsere Sachen in so einem Jugendhotel abgeben. Achja. Am nächsten Tag steht das Natural History Museum auf dem Plan und dann geht’s wieder hierher. Schätze, wir werden erst relativ spät kommen.“ „Und was ist mit den Russen?“, erinnerte Yuri ihn. Tyson zuckte die Schultern. „Ich glaube, die kommen mit. Die werden sicherlich fertig sein... erst der Flug und dann geht’s gleich wieder mit dem Zug nach London...“ „Apropos, fertig sein, Tyson. Aber ich bin total müde und ich schreibe morgen eine Klausur in Chemie. Wenn ich mir nochmal den Stoff ansehen will, muss ich das jetzt machen, wenn ich mich noch auf den Beinen halten kann. Also, wenn du willst, kannst du noch etwas weiter schauen, und dann würde ich dir raten, den Koffer oder was auch immer du mitnehmen willst, zu packen.“ Die letzten Worten klangen in Tysons Ohren, als würde sie seine Mutter sein. Dennoch, sie hatte recht, dass er vielleciht auch einmal beginnen sollte seine Sachen für London zu packen... Ihrem Rat also folgend, nickte er. „Ja, ich zapp noch ein bisschen durch das Programm und geh dann auch nach oben.“ „Aber bitte nicht die Pornos.“, warnte ihn Yuri Augen zwinkernd, kurz bevor sie Karotte kauend aus der Tür verschwunden war. Die Landschaft, die an ihnen vorbei zog, wirkte wie ein unechter grün-brauner Schleier, den man über die Zugfenster gelegt hatte. Der Regen, der schon bald einsetzte und schwer und unermüdlich war, bestärkte diesen Anschein noch mehr. Warum auch immer, das bisher so ausgezeichnete, sonnige Wetter schien den Entschluss gefasst zu haben, ihnen die Fahrt mit dicken, tiefhängenden grauen Wolken vermiesen zu müssen. Tala, der direkt am Fenster saß, blickte trotzdem nach draußen, auch wenn er das Gefühl hatte, als würde die Kälte und Feuchtigkeit von draußen durch das Glas hindurch dringen. Neben ihm saß Kai, den Kopf soweit es ging in den Nacken gelegt, hing er mit offenem Mund leicht aus seinem Sitz in den Gang hinein und schlief. Dass er nicht aus dem Mundwinkel sabberte, oder den Daumen in den Mund steckte, war alles. Max und Tyson, die hinter ihnen saßen, machten sich darüber lustig und hielten Kai die zerknitterten bunten Packungen der Bonbons in den Mund, die sie unglaublich laut verdrückten. Die beiden waren nicht der einzige Störfaktor in Talas Augen, denn eine Sitzreihe vor Kai und ihm saßen Akelei und Bryan, um irgendeine Belanglosigkeit hitzig diskutierend. Tala versuchte Akelei zu ignorieren, so gut es möglich war, wenn sie sich dauernd nachhinten drehte, und ihn um Unterstützung anflehte. Stattdessen beobachtete er mit müden Blick die Sitze über den Gang, wo die Zwillingsschwestern Marija und Yuliya, die Hilary und deren Freundin Ashley gegenüber saßen. Die Vier schienen sich äußerst gut zu verstehen, da sie sich gerade gegenseitig das Horoskop aus irgendeiner Frauenzeitschrift vorlasen und bei jeder Vorhersage hemmungslos zu kichern begannen. Hinter Hilary und Ashley saßen Kenny und Grigorij, die beide ihre Nintendo Portable in der Hand hatten und anscheinend gegeneinander spielten. Dass sie dabei in übertriebene Gefühlsausbrüche verfielen, wenn sie verloren oder gewannen, war ihnen anscheined noch nicht einmal peinlich. Nach der zweistündigen Fahrt kamen sie endlich am Bahnhof Victoria an, einem der großen Londoner Bahnhöfen. Von dort aus fuhren sie von der direkt unter dem Bahnhof liegenden U-Bahnhof weiter, bis sie sich eine halbe Stunde später in dem Jugendhotel befanden, das ganz gemütlich und sauber war, nicht so heruntergekommen, wie er es sich im schlimmsten Fall vorgestellt hatte. Tala teilte sein Zimmer mit Bryan, eine Wahl, die ihm nur bedingt gefiel, da er wusste, dass dieser schnarchte. Laut und unaufhörlich, auch wenn Bryan das Gegenteil behauptete. Die Zimmer hatten den Charm der typischen „Bed and Breakfast“-Pensionen, obgleich es einfacher eingerichtet war, was man an der Qualität der Möbel erkannte, billige Imitate der alten und massiven Furnituren. „Wann wollten wir uns treffen?“, fragte Bryan, der seinen Sporttasche einfach in die Ecke geworfen hatte und Tala, der seine Kleidung ordentlich in den Schrank räumte, von seinem Bett aus musterte. „Wir sollen uns in einer Stunde unten im Foyer treffen.“ „Tyson!“, knurrte Kai leicht genervt. Das Objekt seines Ärgernisses lehnte sich gefährlich weit aus dem Fenster und kommunizierte lautstark mit Max und Ray, die anscheinend genau das gleiche im benachbarten Zimmer machten. Der Schwarzhaarige wandte sich auf dem Fensterbrett kniend zu Kai um. „Hey, komm‘ doch mal her. Ray will was los werden!“ „Vergiss es. Wenn er was sagen will, dann soll er bitteschön her kommen, aber durch die Tür, wie jeder normale Mensch.“ Kai schnaubte und jonglierte mit Dranzer, während er innerlich betete, dass die Stunde Wartezeit schneller vergehen möge. Doch anscheinend prallten seine Gebete unbeachtet am Himmelstor ab, den die Minuten zogen sich zäh wie Gummi. Dass er sich mit Tyson ein Zimmer teilte war eigentlich ganz in Ordnung. Sie waren gut befreundet, auch wenn man das auf den ersten Blick nicht sehen konnte, denn eigentlich waren sie absolut unterschiedlich. Aber wahrscheinlich waren es diese Unterschiede, die es ihnen ermöglichte dennoch auf einen Konssenz zu kommen, obgleich es ein eher subtiler war. Kai war ruhig und bedächtig, Tyson lautstark und impulsiv. Dass sie sich gegenseitig nahezu anstachelten zu streiten, war prädestiniert. Dass diese Streitereien auch etwas Gutes hatten, nämlich unausgeschmückten Wahrheitsgehalt, konnten sie sich mehr oder weniger konstruktiv kritisieren. „Du hast doch nur Schiß!“, mutmaßte Tyson belustigt, während er sich noch weiter aus dem Fenster lehnte, um eine handvoll Chips zu ergattern, die ihm vom anderen Fenster aus angeboten worden war. Sie befanden sich im sechsten Stock eines im Tudor-Stil erbauten Gebäudekomplexes an dem direkt eine viel befahrene Straße lag. Dass Tyson mit seiner Aussage recht hatte, sprach Kai nicht laut aus, aber allein das Wissen darum, dass wenn er aus dem Fenster blicken würde fast zwanzig Meter unter ihm steinharter Asphalt lauerte, ließ ihn schaudern. Kai schnaubte nur und warf Tyson einen tödlichen Blick zu. Dieser bemerkte das und hob in leichter Überraschung seine Augenbrauen, während sein Mund stumm die Worte „Ich habe recht?“ formte. Allein die Tatsache, dass er die Worte nicht laut ausgesprochen hatte, bewahrte Tyson vor dem sicheren Erstickungstod mit einem der lachsfarbenen Kopfkissen. Ersatzweise warf Kai mit einem der selben nach ihm, leicht beeindruckt, dass Tyson seinen todbringenden Blick richtig interpretieren konnte. Einige der Chips landeten auf dem neuen Parkettboden und Max rief: „Was ist los, Tyson? Hol doch mal Kai ans Fenster.“ „Der liegt auf dem Bett und holt sich einen runter.“, erklärte Tyson lautstark. Kais warnender Blick wurde mit einem breiten Grinsen erwidert. „Halt doch die Klappe, Tyson!“, knurrte Kai, so laut, dass auch Max und Ray es hörten. „Kai!“ Ray brüllte in einer ähnliche Lautstärke wie Tyson. „Mach schon, komm ans Fenster!“ Der Grauhaarige rappelt sich auf und stürmte wütend aus dem Zimmer, riß die Tür zum Nachbarzimmer auf und funkelte Ray und Max, die kniend auf dem Fensterbrett saßen und aus dem Fenster hingen, beide mit einer Chipstüte bewaffnet, gefährlich an. „Was willst du, Ray?“, schnaubte Kai. „Mach dich mal locker, Kai.“, riet ihm Bryan, der hinter ihm am Türrahmen lehnte und über das Bild das sich ihm bot amüsiert war. Ray und Max waren vor Schreck fast aus dem Fenster gekippt, Kai stand da wie ein wütender Stier und Tyson rief: „Hey, was ist los, Jungs? Hey!“ „Ray, sag was los ist. Hier, und nicht während du aus irgendeinem Fenster hängst.“ Kai ignorierte Bryan, der das Zimmer betrat und sich bei Max‘ Chipstüte bediente. Der Chinese rutschte vom Fensterbrett, kramte in seinem Rucksack und fischte einen Touristen-Führer heraus. „Eine Bar in Blackfriars. Da müssen wir unbedingt hin.“ Er schlug die Seite auf und hielt sie Kai direkt unter die Nase. „Angie hat gemeint, das wäre sicherlich interessant. Ein wenig Londoner Lokalkolorit. Und? Bist du dabei?“ Der Vorschlag wurde von Kai mit einem genervten Seufzen quittiert. „Was soll das? Warum muss ich extra rüber kommen? Ist euch langweilig. Habt ihr nichts zu tun?“ Ray nickte und zuckte die Schultern. „Und, was sagst du Kai? Kleines Saufgelage?“ Max grinste angesichst Kais säuerlichem Gesichtsausdruck. „Saufgelage?“ Talas rote Mähne erschien neben Bryans Schulter. „Hört sich gut an. Ich bin dabei.“ „Und jetzt fahren wir über eines der berühmtesten Wahrzeichen Londons! Die Tower-Bridge!“, erklärte Tyson mit übertriebener Euphorie. Er hob die Arme und deutete rechts und links von sich, wo Ray und Max liefen. Sie liefen gerade in Richtung Natural History Museum und hatten Tyson immer noch nicht davon abbringen können, sich über den Touristenführer lustig zu machen. „Ist er immer so drauf, dass er einen Witz bis zum Geht-nicht-mehr vergewaltigt?“, fragte Akelei Kai und sah Tyson mit einem milden Lächeln an. Dieser nickte nur und beobachtete ebenfalls Tyson, der erneut eine Anekdote über den Touristenführer in die Runde warf. „Hey, Akelei, du trinkst heute nichts. Verstanden?“ Bryan, der hinter Akelei und Kai gelaufen war, drängelte sich zwischen die beiden und sah seine Schwester streng an. Dass Bryan sich einfach nur an Akeleis Wutausbruch ergötzen wollte, fiel nur Tala auf, der beschloß, so unsichtbar wie möglich zu werden, denn er sah schon fast kommen, dass Akelei ihn auf ihre Seite ziehen wollte, und er war sich sicher, dass er es mit sich geschehen lassen würde, da sie erstens recht hatte, und zweitens ein hautenge Jeans, die sich um ihren knackigen Hintern wie eine zweite Haut schmiegte. „Wie bitte?“ Akelei sah ihren Bruder mit gerunzelter Stirn an. „Sag das noch mal.“ „Kein Alkohol.“ Er machte eine kleine Pause und seufzte. „Du verträgst ihn nicht.“ „Tala!“ Da war sie. Diese weinerliche Stimme, die einen so herrischen, befehlenden Unterton hatte. Akelei hatte sich zu ihm umgedreht und sah ihn aus großen Bambiaugen an. „Sag ihm, dass er spinnt.“ Tala seufzte und wich Akeleis Blick aus. Verdammt. Diese Frau war einfach so gut aussehend, wahrscheinlich hätte er ihr auch recht gegeben, wenn sie gesagt hätte, dass er ein gehirnamputierter Idiot war. „Könnt ihr mich nicht einmal raushalten? Oder, frag wenigstens Kai.“ „Kai hat aber keine Ahnung davon, okay? Ich meine, du weißt doch, dass Bryan mich nur provozieren will.“, erklärte Akelei aufgebracht angesichts Talas Unwillen. „Du sagst doch gerade, dass er dich nur provoziert. Dann lass dich doch einfach nicht provozieren.“ Tala seufzte erneut und warf Kai, der einen halbwegs amüsierten Gesichtsausdruck hatte, einen hilfesuchenden Blick zu. „Weißt du was, Tala? Du findest das doch nur mal wieder lustig. Du bist genau so.“ Sie schnaubte und sah Kai an. „Ich hab genug von euch beiden. Während dem Austausch habe ich keine Lust mehr auf eure dummen Provokationen. Kai und ich müssen eine Scheinbeziehung aufrecht erhalten.“ Damit stieß sie Bryan, der bis dato ein breites Grinsen auf dem Gesicht hatte weg und hakte sich bei Kai ein. „Stell dich nicht so empfindlich an, Akelei.“ Bryan sah sie beleidigt an. Wahrscheinlich war er enttäuscht, dass sie keine Lust hatte sich mit ihm die nächsten Tage lang ununterbrochen zu fetzen. „So lange die Tatsache, dass du mich ignorierst verhindern wird, dass ich andauernd zwischen die Fronten gerate, ist mir das nur recht.“, murmelte Tala und schloß zu Kenny auf, der Hilary damit langweilte, dass er neue Trainingsmöglichkeiten gefunden hatte. Es würde besser sein, sich damit abzulenken, als darüber nach zu sinnen, warum Akelei so eine unbeschreiblich kindische Zicke war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)