Remember the promise you made von Ulysses (San Francisco Love Stories) ================================================================================ Kapitel 22: Hush, hush, sweet Alex ---------------------------------- Die klare Flüssigkeit perlte über Jeremys Zunge bevor er den Champagner ganz herunter schluckte. Er saß David im "Ocean Drive" gegenüber. Das Restaurant zählte zu den zur Zeit besten Adressen von San Francisco, nahe am Hafen und bis über die Grenzen der Stadt für seine Meeresfrüchte bekannt. Das Restaurant wirkte sehr vornehm, alles war in blau und weiß gehalten, die Kellner trugen dunkle Anzüge. David und Jeremy saßen direkt am Fenster, mit Blick auf den Hafen und die Bay. Ein unglaublich romantisches Ambiente, Jeremy war stets aufs neue überrascht, wie viel Sinn für Romantik der Anwalt zu haben schien... ohne das überhaupt zu bemerken. Der Abend war schön gewesen. Sie hatten sich einen Film angesehen, aber Jeremy konnte nicht genau sagen, worum es ging. Sie hatten wie Teenager fast die ganze Zeit geknutscht und schließlich auch noch rum gemacht. Jeremy hatte es sogar wirklich gewagt irgendwann mit dem Kopf in Richtung Süden zu verschwinden, ungeachtet der Gefahr von einem anderen Zuschauer beim Blowjob erwischt zu werden. Das war eine unglaublich erregende Erfahrung gewesen. "Bist du nervös?" Jeremy zuckte zusammen, als David ihn ansprach. "Was?" "Ob du nervös bist?" "Warum fragst du?" "Och, nur so. Champagner genießt man, aber du stürzt ihn regelrecht runter, du hast schon drei Gläser weg, ich bin noch beim ersten." Jeremy wurde rot. David hatte Recht. Er trank sich Mut an. So war es... ganz eindeutig. Ein Kellner kam an den Tisch und brachte das Essen. "Zweimal Hummer nach Art des Hauses." "Vielen Dank", lächelte David. Jeremy schaute etwas verstört auf seinen Teller. "Wie isst man das?" "Ist gar nicht so schwer." David zeigte ihm wie man es machte. Der junge Mann war fasziniert wie weltmännisch der Anwalt sein konnte. Manchmal wirkte er wie ein großes Kind, dann wieder so unglaublich erwachsen. Und tatsächlich, nachdem beim ersten Versuch beinahe eine Hummerschere quer durchs Restaurant geflogen wäre, vor allem, weil Jeremys Feinmotorik durch die eilig getrunkenen Gläser Champagner etwas in Mitleidenschaft gezogen worden war, gelang es dem Tänzer seinen Hummer so zu verspeisen, wie es vorgesehen war. Und trotz anfänglicher Skepsis schmeckte das Krustentier ganz vorzüglich. Während des Essen sprachen sie kaum, Jeremy war auch viel zu konzentriert, um sich nicht einen weiteren peinlichen Fauxpas zu leisten. Als von den beiden roten Meerestieren nur noch die Schale übrig war, tupfte sich David mit der Serviette die Lippen ab. "Und?" "Was?" "Dein Blick war ja eher skeptisch, wie hat es geschmeckt?" "Sehr gut, danke..." Jeremy rutschte etwas unruhig auf seinem Stuhl herum. "Aber ich fühle mich etwas unwohl, weil du mich schon wieder einlädst und dann in so ein teures Restaurant." "So teuer ist es hier gar nicht, glaub mir. Und ich gehe sonst so gut wie nie Essen, also kann ich mir das ruhig mal erlauben. Außerdem ist das nur passend, dass wir uns etwas besser benehmen nach dem Anfang des Abends." "Hier blase ich dir sicher keinen!", lachte Jeremy. "Wäre wahrscheinlich auch etwas fehl am Platze, aber der Abend ist ja noch nicht zu Ende." "Stehst du eigentlich im Guinessbuch?" "Als was?" "Für den größten sexuellen Appetit." Jetzt war es an David zu lachen. "Mein Appetit hängt aber von meinen Tischherrn ab." Jeremy wäre am liebsten aufgesprungen, hätte sich mitten in den Raum gestellt und ständig "Yes! Yes! Yes!" rufend das Victoryzeichen gemacht. Das war für Davids Verhältnisse ein wunderbares Kompliment und unter Umständen ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht ging bei David Liebe eben nicht durch den Magen, sondern durch den A... "Vielen Dank." "Aber werde ja nicht eingebildet." "Ich doch nicht!" Jeremy grinste und kippte den Rest seines Champagners runter. "Jetzt sag endlich, was dich bedrückt", wechselte David das Thema. "Ich weiß nicht... vergiss es lieber..." "Jeremy, sag es oder du kriegst keinen Nachtisch!" Er grinste von einem Ohr bis zum anderen. "Bitte?! Was ist das für eine Drohung?" kicherte der Tänzer, David schaffte es immer wieder locker ihn zum Lachen zu bringen, eine tolle Eigenschaft. "Ich weiß, dass du auf Süßigkeiten stehst." "Aber du weißt auch, dass ich zu dick bin, also ist es gut, wenn ich keinen Nachtisch kriege!" "Mach darüber keine Witz!" knurrte David. "Wenn ich an diesen Dirk Dingensbums denke, kriege ich immer noch Aggressionen." "Du nimmst dir das echt zu Herzen, was?" "Natürlich tue ich das! Solche Menschen gehen mir einfach auf die Nerven." Jeremy musterte David eindringlich. Wenn man ihn das erste Mal sah, konnte man ihn glatt für arrogant halten, er hatte so eine Art Aura der Überlegenheit an sich, aber viel davon war einfach nur eine geschickte Fassade, um den wahren David Vanderveer zu kaschieren. Vielleicht brauchte man so etwas in seinem Beruf und vielleicht war er deswegen so erfolgreich. Wenn man sich die Mühe machte hinter die Fassade zu sehen, ergab sich ein völlig anderes Bild, eines, das Jeremy nie für möglich gehalten hätte und das ihm von Minute zu Minute besser gefiel. "Hab ich was zwischen den Zähnen? Oder warum starrst du mich so an?" Und dann sagt er so etwas! Jeremy hätte am liebsten seinen Kopf auf den Teller knallen lassen, auch auf die Gefahr hin ein Stück Hummerpanzer ins Auge zu kriegen. David hatte ein unglaubliches Talent einen romantischen Augenblick mit einem einzigen Satz zunichte zu machen. "Nein, du hast nichts zwischen den Zähnen, du unromantischer Bock!" "Ich bin unromantisch?" David setzte einen gespielt schockierten Gesichtsausdruck auf. "Hat dir das noch nie jemand gesagt?" "Nein!", grinste David. "Dann habe ich es hiermit getan. Schreib es dir hinter die Ohren!" "Vielen Dank für den Hinweis." Jeremy spielte etwas geistesabwesend mit seiner Gabel. "Wenn wir schon so unromantisch sind... darf ich dich mal was fragen?" David nickte. "Was denn?" Jeremy legte vorsichtshalber die Gabel weg. Sein Blick wanderte zum Fenster, er spiegelte sich ein wenig verzehrt darin. Die Frage war ihm so in den Sinn gekommen und er schätzte David verrückt genug ein, darauf einzugehen ohne viel dahinter zu vermuten. Er nahm all seinen Mut zusammen. "Schaust du dir eigentlich Pornos an?" Stille senkte sich über den Tisch. David starrte ihn überrascht an. "Bitte?" "Ach, vergiss es... ich..." "Du wolltest ein paar schmutzige Details erfragen, was?" David zwinkerte ihm zu. Jeremy hätte beinahe erleichtert ausgeatmet, er kannte David doch besser als er dachte, er vermutet nichts dahinter. Er setzte ein Grinsen auf. "So in der Art." "Dreist bist du wohl gar nicht. Aber ich muss dich enttäuschen, ich schaue so gut wie nie Pornos, ich erlebe lieber selbst was." Ich könnte dich küssen!, dachte Jeremy. "Überhaupt keine?" "Du hast Gesprächsthemen bei Tisch, irgendwie gefällt mir das. Nein, wirklich so gut wie keine... außer vielleicht..." Er strich sich übers Kinn. "Ab und an mal... ich hab eine Vorliebe für Army Boys, aber das bleibt unter uns." Jeremy nickte verschwörerisch. "Das bleibt unter uns." Besser konnte es eigentlich gar nicht laufen. Jeremy hatte plötzlich Panik gehabt, dass das Schicksal ihm den grausamen Streich spielen könnte einen seiner Filme in Davids Hände zu bugsieren. Aber er hatte nie in diesen Armeestreifen mitgespielt. Da wurden große, muskulöse Typen verlangt, denen man den starken Mann abnahm, dafür sah er viel zu jung aus. "Gibt es einen besonderen Grund, warum du mich nach Pornos fragst? Willst du mit mir einen schauen?" "Nein!" lachte der Tänzer. "Wahrscheinlich ist es dieses Gesöff, mir ist auch ein bisschen schwindelig." "Notfalls trage ich dich Heim." "Heim?" "Zu mir. Willst du etwa nicht mitkommen?" Jeremy lehnte sich zurück. "Schon wieder? Soll ich etwa bei dir übernachten?" "Kein Interesse?" "Doch! Doch!" ereiferte sich Jeremy. So konnte er David auch besser mit der Idee konfrontieren, ein paar Tage bei ihm einzuziehen. Ein Kellner schob einen Teewagen neben den Tisch, auf dem verschiedene Kuchen und Desserts standen. Kalorienbomben wohin man sah. "Ein Dessert, die Herren?" Jeremys Augen wurden angesichts der Köstlichkeiten geradezu riesengroß. David lächelte und nickte dem Kellner zu. "Ich denke, wir nehmen ein Dessert." Chris schloss die Schlafzimmertür leise hinter sich. Sein Freund lag ausgestreckt auf dem Bett, er hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen. Chris grinste schelmisch. Er zog seine Shorts, die er schon für die Nacht angezogen hatte, herunter, ging zum Bett und krabbelte über Jason. Ganz langsam, mit nahezu katzenhaften Bewegung glitt er über den anderen Mann. "Schläfst du?" Jason hielt die Augen geschlossen. "Tief und fest." Chris rieb mit seinem Becken über das von Jason. "Na ja, aber nicht alles von dir..." Jasons Arme schossen nach oben und umfingen ihn. Lachend warf er ihn um und rollte sich auf ihn. Er fing an Chris' Hals mit Küssen zu bedecken. Ihm wurde heiß, schon viel zu lange war er seinem Freund nicht mehr nahe gewesen. Er hielt es kaum ein paar Tage aus ohne ihn zu lieben. "Jetzt bist du aber plötzlich ganz schön wach!", keuchte Chris. "Das kannst du laut sagen! Nur wir zwei, ganz allein..." Er verwickelte Chris in einen leidenschaftlichen Kuss. Seine Hände wanderten über den schlanken Körper des blonden Mannes, erforschten ihn zärtlich. Er wollte ihn spüren, ihn... Ein Jaulen hallte durchs Schlafzimmer. Jasons Kopf sank auf Chris' Schulter. "Bitte... bitte sag mir, dass du das warst... ich hab nichts gegen eine Hündchennummer..." Das Jaulen schwoll wieder an. Chris schaute zur Tür. "Ich muss dich enttäuschen. Das ist Batman. Ich hatte ihn eigentlich in der Küche in seinem Körbchen gelassen. Aber er muss es wohl die Treppe hinauf geschafft haben." Der kleine Hund kratzte an der Schlafzimmertür und machte weiterhin lautstark mit einer Mischung aus Winseln und Bellen auf sich aufmerksam. "Nein... bitte... bleib einfach liegen und ich mache weiter. Du hörst ihn sicher gleich nicht mehr..." "Jason, also wirklich!" Chris drückte ihm gegen die Brust, bis sich sein Freund mit einem resignierten Gesichtsausdruck zur Seite fallen ließ. Der blonde Mann stand auf und stieg wieder in seine Hose. "Du willst doch nicht wirklich behaupten, dass du dabei Sex haben kannst! Der arme Kerl." "Der arme Kerl?! Ich bin ein armer Kerl! Ich!" Chris hörte gar nicht mehr auf ihn und öffnete die Tür. Der kleine Fellball flitzte hinein und kam mit dem Schwanz wedelnd vor dem Bett zum Stehen. Chris ging in die Knie und nahm ihn hoch. "Ja, ist ja alles gut." Er streichelte ihn zärtlich. "Du musst nicht weinen." Jason war mittlerweile auf seine Seite des Bettes gewechselt und murmelte etwas vor sich hin, das wie "Aber ich weine gleich..." klang. Chris kam wieder ins Bett und setzte den kleinen Hund ans Fußende auf die Decke. "Siehst du, so kannst du ruhig schlafen und bist nicht allein." Das sah Batman anders. Die Stelle dort war zwar schön, aber genügte den Ansprüchen des Beagles offenbar nicht mehr. Er trottet seelenruhig direkt zwischen Jason und Chris, drehte sich ein paar mal im Kreis und ließ sich dann fallen, wobei er wesentlich mehr von Jasons Platz für sich beanspruchte als von Chris', seine Besitzansprüche machte er rabiat dadurch klar, dass er dem Polizisten seine kurzen Beine in die Seite drückte. Der blonde Mann lächelte seinen Freund etwas verlegen an. "Es ist doch nur für heute Nacht. Morgen schläft er auf jeden Fall in seinem Körbchen." "Okay! Das reicht!" Chris zuckte zusammen, so abrupt setzte sich Jason auf. Er schwang die Beine aus dem Bett. "Willst du etwa woanders schlafen?" "Soweit kommt es noch!", lachte Jason etwas verächtlich. "Nein, nicht ich! Er schläft woanders!" Batman schaute ihn mit seinen großen braunen Augen etwas verwundert an, aber er quietschte freudig, als Jason ihn auf den Arm nahm. "Was hast du vor?" "Ich sperre ihn in die Küche! Da kann er Jaulen soviel er will! Mir reicht es jetzt." "Das kannst du doch nicht tun!" "Und ob ich das kann, pass nur auf." "Nein, Jason, sei nicht so sadistisch!" "Das ist kein Sadismus!" Batman guckte wie bei einem Tennismatch ständig zwischen seinen beiden Herrchen hin und her. "Dieser Hund sieht uns als sein Rudel an und wenn wir ihm alles durchgehen lassen, ist er ruckzuck das Alphatier hier und tanzt uns auf der Nase herum! Er muss sich daran gewöhnen allein zu schlafen! Ich habe nicht vor meinen Schlaf und nicht zuletzt mein Liebesleben wegen ihm aufzugeben." Damit verließ er den Raum. Chris schaute ihm fassungslos nach, als er Jason die Treppe hinab gehen hörte, löschte er das Licht und rollte sich in die Decke. Kaum eine Minute später kam Jason wieder hinauf, jetzt ohne Hund, und schloss die Schlafzimmertür. "So, ich hab die Küchentür zugemacht. Er wird noch etwas Terz machen, aber dann sicher bald schlafen." Chris gab nur ein Knurren von sich. Auch als Jason ins Bett stieg, würdigte er ihn keines Blickes. "Glaube ja nicht, dass ich jetzt mit dir schlafe!" zischte er. "Damit muss ich dann wohl leben!" Ganz offensichtlich nahm Jason ihn nicht ernst. "Gute Nacht, mein Engel." "Tierquäler..." murmelte Chris in sein Kissen. "Du weißt, dass das nicht stimmt." "Ach ja?!" Jetzt setzte sich Chris doch wieder auf. "Und wer hat gerade einen verängstigten Welpen allein in eine fremde Umgebung gesperrt?" Jason verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Du tust gerade so, als hätte ich Batman in die Küche geschmissen oder so. Ich hab ihn in seinen Korb gelegt, noch einmal gekrault und bin dann gegangen. Das ist das Beste für ihn." "Ach, und woher weißt du, was das Beste für ihn ist?" "Ganz einfach!", triumphierte Jason. "Wir hatten mehrere Hunde und ich weiß genau welche Tricks sie anwenden. Aber es gehört nun mal zur Erziehung, dass der Hund allein schlafen kann. Wenn du ihn zu sehr verwöhnst, erziehst du dir nur einen Haustyrannen!" "Aber er tut mir so leid... ich wette, er will morgen nichts mehr von uns wissen..." "Du wirst überrascht sein, wie leicht ein Hund so etwas verzeiht. Er wird morgen noch der Gleiche sein wie heute, nur das er dann eben auch allein in seinem Körbchen schlafen kann und nicht ins Bett muss. Hunde haben im Bett nichts zu suchen, hier bin ich das Alphatier!" Chris knuffte ihn in die Seite, seine Wut war verflogen. "Ach? Bist du das? Das sind ja ganz neue Töne." "Doch, nur der Alpharüde hat das Recht zum Begatten und das bin dann wohl ich." "Oh, du!" Chris warf sich auf Jason und fing an ihn zu kitzeln. Sein Freund schüttelte sich vor Lachen und konnte sich nur mühsam wehren, weil Chris genau wusste an welche Stellen er den größten Effekt erzielen konnte. Endlich bekam Jason ihn unter Kontrolle. "Pass auf, wenn du weiter so auf mir herum springst, mache ich doch noch Gebrauch von meinem Recht als Alpharüde!" "Darauf lasse ich es ankommen...", grinste Chris. "Und trotzdem willst du das alles aufgeben, damit der Hund hier schlafen kann?" Der blonde Mann knabberte am Ohr seines Freundes. "Vielleicht sollte ich dir einfach mal vertrauen... aber wehe er mag mich morgen nicht mehr!" "Da kannst du ganz beruhigt sein. Er wird dich sicher noch mögen." "Dann will ich dem Alpharüden mal nicht widersprechen!", grinste Chris, bevor er Jason leidenschaftlich küsste... Jeremy stand allein in Davids Wohnzimmer am Fenster und schaute hinaus. Der Glanz der nächtlichen Großstadtlichter hatte etwas beruhigendes. Allgemein fühlte er sich in Davids Apartment sehr sicher. Hier war er weit entfernt von seiner Welt, umgeben von Luxus wie er ihn nicht kannte, unendlich weit weg von Pornodrehs in Hinterhöfen, von Partys voller zugekokster Möchtegernsternchen... und von Alex. Das Treffen am Nachmittag ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf und die Worte seines Exfreundes jagten ihm Schauer über den Rücken. "Du machst einen Fehler, das wirst du noch sehen." Was hatte er damit gemeint? Er hatte doch hoffentlich nicht wirklich vor ihn zu erpressen. Das könnte er mit Leichtigkeit, wenn David nichts von seiner "Filmkarriere" wissen sollte. Er wanderte etwas ziellos in dem großen Raum herum, ließ seine Hand über die Sofalehne gleiten und blieb schließlich vor dem Regal mit den CDs stehen. Phil Collins, REM, Beatles, Eric Clapton, Madonna (natürlich auch mit dem Album "Erotica" vertreten), A-ha... David hatte einen sehr guten Musikgeschmack musste Jeremy neidlos zugeben. Sonderbarerweise waren viele dieser CDs sehr romantisch, was irgendwie so gar nicht zu Davids Bild von sich selbst passen wollte. Der junge Mann fuhr mit dem Finger über die CD-Rücken bis er eine hervorzog. Ein Album von Eric Clapton auf dem der Songs "Tears in Heaven" enthalten war, ein wunderbar romantisches und trauriges Lied das der Sänger seiner verstorbenen Tochter gewidmet hatte. Jeremy liebte diesen Song. Er fand sich schnell an den Bedienungselementen von Davids Stereoanlage zurecht und legte die CD ein. Kurz darauf erklangen die ersten Takte aus den überall im Raum verteilten Boxen. Jeremy schloss die Augen und bewegte sich im Rhythmus der Musik, ganz langsam. Musik hatte auf ihn schon immer eine merkwürdige Wirkung gehabt. Er konnte die Noten, den Rhythmus der Klänge, all das geradezu spüren, bis tief hinein in seinen Körper. Er wurde regelrecht eins mit der Melodie. Eine ganze Zeit lang gab er sich einfach nur dem wunderschönen Lied hin. Als er die Augen öffnete stand David in der Tür, er war in der Küche gewesen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Keiner der Beiden sagte ein Wort, Jeremy streckte ihm einfach nur die Hand entgegen. Den fragenden Blick Davids beantwortete er nur mit einer auffordernden Geste mit den Fingern. Endlich kam der Anwalt seiner Aufforderung nach und trat zu ihm. Er nahm Jeremys Hand und zog den jungen Mann an sich. Jeremy schlang die Arme um die Hüften des Blonden und schmiegte sich an ihn. David passte sich seinen Bewegungen an und sie tanzten den Rest des Songs schweigend miteinander. Jeremy lehnte mit der Wange an Davids Brust und lauschte mit geschlossenen Augen seinem Herzschlag. Er hätte in diesem Moment am liebsten geweint. So nah hatte er sich David noch nie gefühlt. Er konnte genau den angenehmen Duft des Parfüms des anderen Mannes wahr nehmen, spürte die Wärme seiner Umarmung. Sein sehnlichster Wunsch war, dass dieser Augenblick ewig dauern möge. Doch irgendwann war das Lied zu Ende und David löste sich von ihm. "Das habe ich auch noch nie gemacht..." "Du hast noch nie getanzt?" "Nein!", grinste David. "Ich meine noch nie hier in der Wohnung und noch nie auf diese Art." "Du bist fünfunddreißig und hast noch nie romantisch getanzt?" "Ich hole uns was zu trinken, ja?" Jeremy blieb vollkommen verdutzt stehen. Er konnte noch nicht einmal nicken. David schien geradezu aus dem Zimmer zu flüchten. Floh er vor ihm? Oder vor der Frage? Wahrscheinlich vor beidem. Mit einem Seufzen ließ er sich aufs Sofa fallen. Hoffnungslos, dieser Mann war einfach unglaublich. Eben noch lässt er sich auf einen eng umschlungenen Tanz ein und in der nächste Minute, bumm, nichts mehr. Vollkommen abgeschottet. Wenn er hier etwas erreichen wollte, durfte er auf keinen Fall mit der Holzhammermethode vorgehen. David war das reinste Karnickel, nicht nur, dass er dessen Kopulationstrieb zu besitzen schien, nein, er verschwand auch beim geringsten Anzeichen von Gefahr in seinem Bau und steckte seine Löffel erst wieder heraus, wenn die Luft rein war. Also war Vorsicht angesagt, anschleichen, auf den richtigen Moment warten und dann an den Ohren schnappen. Sonst konnte man das Domestizieren vergessen. Jeremy grinste breit. Die Kaninchengeschichte begann ihm zu gefallen. Unwillkürlich erschien vor seinem geistigen Auge das Bild von David mit Hasenohren auf dem Kopf. Am besten noch mit so einem niedlichen Puschel am Hintern... der Gedanke war... sexy, sehr sogar. David kam mit zwei Gläsern wieder. Er reichte Jeremy das eine und nippte direkt an dem anderen. Jeremy nahm auch einen Schluck. Cola. Etwas besseres war ihm wohl nicht eingefallen. Aber der Tänzer nahm sich vor sich zu hüten und etwas in dieser Richtung anzumerken. Immer vorsichtig, ganz langsam, bis die Löffel in Reichweite waren. Er musste sich zusammenreißen nicht schon wieder zu grinsen. "Magst du etwas zu Knabbern oder so?" "Nein, ich bin wunschlos glücklich, danke. Viel lieber würde ich dich mal etwas fragen." "Nur raus damit. Willst du diesmal wissen, ob ich Dildos benutze?" David grinste ihn breit an. "Du mal wieder!", lachte Jeremy. "Nein, ich wollte einfach feststellen, dass du mittlerweile eine Menge über mich weißt, ich aber kaum etwas über dich." "Und das möchtest du jetzt gern ändern." "So kann man es sagen, also hast du etwas dagegen?" David schüttelte langsam den Kopf. "Was willst du wissen?" "Hm... erzähl einfach was von dir." "Eine sehr genaue Frage! Also gut... Ich heiße David Vanderveer", Jeremy schnitt eine Grimasse über den für Davids Verhältnisse schlechten Scherz, "meine Eltern Beatrix und John stammen aus Holland, genauer aus Den Haag und sind zwei Jahre vor meiner Geburt nach Denver gezogen. Ich bin also waschechter Amerikaner, hab aber auch die holländische Staatsbürgerschaft. Nach der Schule hab ich Denver den Rücken gekehrt und bin nach Berkeley gegangen um zu studieren." "Du... warst in Berkeley?!" "Ja, gibt es da ein Problem?" Berkeley... jetzt hatte Jeremy erst recht Minderwertigkeitskomplexe. Er hatte mit Müh und Not die Schule beendet, weil er eigentlich nur Interesse am Tanzen hatte und jetzt saß er einem Mann gegenüber der in einer der größten und besten Intellektuellenschmieden des Landes studiert hatte. Am besten dachte er wieder an Karnickel-David. "Äh... nein, entschuldige, sprich ruhig weiter." "Danke, aber viel ist da sowieso nicht mehr zu erzählen. Ich hab mein Studium mit Auszeichnung bestanden und bin dann hierher nach San Francisco. Ich hab mich vom Anwaltgehilfen hochgearbeitet und hoffe jetzt auf eine Partnerschaft in meiner Kanzlei, jedenfalls arbeite ich daran." "Partnerschaft, das ist das Stichwort! Gibt es da etwas zu erzählen?" David zog die Augenbraue hoch. "Okay, vergiss die Frage." Soviel zum Thema langsames Anpirschen, er war gerade auf dermaßen viele Äste getreten, dass das Kaninchen die nächsten zehn Jahre den Bau nicht mehr verlassen würde. "Hast du zufällig was zum Knabbern da?" grinste er etwas verlegen. "Eine glänzende Idee!" David verschwand in Richtung Küche und Jeremy hätte am liebsten das Gleiche in einem Loch getan. Bei David musste man wirklich Fingerspitzengefühl haben, echt gewöhnungsbedürftig. Aber er war soweit gekommen er würde jetzt nicht aufgeben. Sein Handy klingelte. "Das ich auch immer vergessen muss es auszumachen..." Einen Moment lang war er versucht nicht ran zu gehen, dann tat er es aber doch. "Hallo." "Baby...?" David kam wieder ins Wohnzimmer, bewaffnet mit mehreren Packungen Chips und einer Schale mit Salsadipp. Jeremy drehte sich ein wenig zur Seite. "Was fällt dir ein mich anzurufen?!", zischte er ins Telefon. "Wag das ja nie wieder!" "Ich... ich... brauche deine... Hilfe..." Alex' Stimme war tranig, ein wenig als wäre er kurz vorm Einschlafen, aber Jeremy war viel zu wütend, um das zu registrieren. "Egal was es ist, lass mich gefälligst in Ruhe! Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben!" Seine Wangen brannten wie Feuer, er musste feuerrot vor Scham sein. "Bitte... ich habe... Angst..." "Alex, ich lege jetzt auf!" "Ich habe... Tabletten... geschluckt..." Jeremy wollte den Hörer schon vom Ohr nehmen, doch in diesem Moment hielt er inne. "Was sagst du da?" "Ich..." Einen Augenblick herrschte Stille in der Leitung. "Ich... ich hab Schlaftabletten...geschluckt... und... Wein... ich...bitte hilf... mir..." David beobachtete verwundert wie sich Jeremys Gesichtsfarbe von knallrot zu leichenblass wandelte. "Verdammte Scheiße! Wo bist du?! Alex, wo bist du?!" "Bei mir... ich... kann mich kaum... noch bewegen... bitte... mir ist so schwindelig..." "Bleib wach, du Idiot! Bleib wach! Ich bin gleich da!" Am anderen Ende war Schweigen. Jeremy starrte das Telefon an. "Alex?! Sag was!" Keine Antwort. Er legte auf. "Was ist los?" Jeremy sprang auf. "Das war mein Exfreund. Ich weiß nicht genau, aber ich glaube er hat Tabletten genommen und das Ganze mit Wein runtergespült. Er war total neben der Spur. Ich muss zu ihm!" David warf die Chips achtlos auf die Couch und war bereits auf dem Weg zu seiner Jacke. "Los, ich fahre! Wir rufen auf dem Weg zu ihm einen Krankenwagen." Er hielt Jeremy die Tür auf. "David, du musst nicht... ich meine du hast doch damit nichts zu tun..." "Witzbold! Wie willst du denn zu ihm kommen, mit einem Taxi? Jetzt komm schon." Jeremy nickte nur und kam der Aufforderung nach. Eine Rekordzeit später waren die Beiden vor Alexanders Wohnungstür in einem etwas heruntergekommenen Mietshaus am Rand der Innenstadt. Jeremy hatte drei Kreuze gemacht das sein Ex in der Zeit ihrer Trennung nicht die Wohnung gewechselt hatte. Klingeln und Klopfen an der Tür blieb jedoch vollkommen ohne Reaktion. "Verdammt, was jetzt?" David trat ein paar Schritte zurück. "Geh mal von der Tür weg." Jeremy tat wie ihm geheißen und der Anwalt drehte die rechte Schulter in Richtung Tür, nahm soviel Anlauf wie ihm der schmale Flur erlaubte und rammte dann mit voller Wucht dagegen. Das Ergebnis waren knarrendes Holz, quietschende Scharniere und ein schmerzverzerrter Ausdruck auf Davids Gesicht. "Scheiße, im Film sieht das immer so leicht aus!" Trotz der pochenden Schmerzen in seiner Schulter rannte er noch ein weiteres Mal gegen die Tür an und diesmal hatte er Erfolg. Die dünne Holzplatte des Eingangs sprang aus den Halterungen und flog in die Wohnung, David hinterher, er hatte aufgrund des plötzlich fehlenden Widerstands das Gleichgewicht verloren. Jeremy war mit wenigen Schritten bei ihm. "Alles okay?" "Ja, los, geh nach ihm sehen! Ich komme schon klar!" Während David sich aufrappelte, sprintete Jeremy auf gut Glück zu Alexanders Schlafzimmer und tatsächlich lag er da. Er hing halb aus dem Bett, der Telefonhörer war ihm aus der Hand gefallen. Im Raum standen mehrere Weinflaschen, eine Dose mit Schlaftabletten lag umgekippt auf dem Nachttisch. Mit Schrecken erkannte Jeremy auf dem Fernseher gegenüber vom Bett einen ihrer gemeinsamen Filme, Gott sei Dank ohne Ton, die zugehörigere DVD-Hülle lag auf dem Boden. Er wunderte sich über die Kaltblütigkeit, mit der er so schnell er konnte den Fernseher ausschaltete und die Hülle unters Bett kickte, bevor er sich überhaupt seinem Exfreund zu wandte. Nun kam auch David ins Zimmer. "Lebt er noch?" Der Anwalt hielt sich die Schulter. Jeremy legte sein Ohr an Alex' Mund. Der andere Mann atmete noch, flach aber spürbar. "Ja, er lebt noch, aber er scheint verdammt viel geschluckt zu haben." Jeremy wusste nicht was er tun sollte, er war plötzlich mit der Situation vollkommen überfordert. David schob ihn aus dem Weg und zerrte Alex vom Bett hoch. "Der Krankenwagen muss gleich hier sein. Wo ist das Bad?" "Gleich die nächste Tür rechts!" Jeremy beobachtete, wie David seinen Ex ins Bad schleifte und ihm dabei schon Ohrfeigen gab. Er schob den nahezu bewusstlosen Mann in die Dusche und drehte eiskaltes Wasser auf. Alex stöhnte. "Gut so! Wach bleiben, Mann, wach bleiben!" Jeremy schaute das Ganze wie aus weiter Ferne an, er stand völlig neben sich. Nur ein Gedanke kreiste durch seinen Kopf... Wenn Alex jetzt starb, war es seine Schuld... Diese Angst ließ ihn auch in der Notaufnahme des San Francisco Memorial nicht los. Ärzte und Schwestern eilten an ihm vorbei, Verletzte wurden auf Tragen von Sanitätern hinein gefahren und über allem lag der unangenehme Geruch von Desinfektionsmitteln. Er saß in einem separaten Wartebereich mit unbequemen Plastikstühlen. Um ihn herum andere Leute, einige weinten, andere schauten ständig auf die Uhr. Er kam sich vor wie in einer Folge Emergency Room und jetzt wusste er auch wieder, warum er diese Serie hasste. David kam zu ihm und reichte ihm einen Pappbecher mit Kaffee. "Hier, was anderes wirft dieser Automat leider nicht aus." Jeremy nahm das Getränk entgegen, seine Hand zitterte dermaßen, dass die schwarze Brühe bedrohlich gegen den Rand schwappte. Der Anwalt nahm ihm den Becher schnell wieder ab und stellte ihn auf einen kleinen Tisch neben seinem Sitz. "Besser doch nicht, sonst verbrennst du dich noch." "Warum sagen die mir nichts? Warum hören wir nichts?" David legte ihm beruhigend die Hand auf den Oberschenkel. "Sie pumpen seinen Magen aus, das weißt du doch. Sie werden uns schon Bescheid sagen, wenn er wieder okay ist." "Wenn er das überhaupt wird!" stellte Jeremy panisch fest. "Vielleicht stirbt er ihnen da gerade weg! Und dann ist das alles meine Schuld!" "Rede doch nicht so einen Unsinn!" "Es ist meine Schuld! Wenn ich nicht..." "Wenn du nicht was?", wollte David wissen. "Wenn ich ihn an diesem Nachmittag nicht so behandelt hätte... dann..." "Was ist zwischen euch vorgefallen?" Jeremy beobachtete eine Frau die gerade von einem der Ärzte eine Nachricht überbracht bekam. Ihr Ausbruch in Tränen machte deutlich welcher Art die Mitteilung war. "Wir hatten eine ziemlich schmutzige Trennung, ist eine Menge schief gelaufen...", untertrieb er schließlich, "Heute Nachmittag ist er bei mir aufgekreuzt und wollte sich versöhnen... ich hab ihm gesagt, er solle sich zum Teufel scheren und ..." "Du hast ihn damit nicht umgebracht!", verneinte der Anwalt den Rest des Satzes ehe Jeremy ihn überhaupt sagen konnte. "Was hättest du denn tun wollen? Wieder zu ihm zurück?" "Nein!" Jeremys Stimme war voll Überzeugung. "Aber vielleicht hätte ich ihn hiervon abhalten können." "Hat er dir gedroht sich umzubringen?" "Nein...", gab der Tänzer zu. David schenkte ihm als Antwort nur einen triumphierenden Blick. Ihre Diskussion wurde von einem jungen Arzt unterbrochen. "Mr. Vanderveer?" David hatte sich um die Formalitäten gekümmert, ein Unding wie er fand, aber die Krankenhausbürokratie war unerbittlich. "Mr. Stone ist über den Berg. Sie haben ihn noch rechtzeitig gefunden." Sein Blick irrte zwischen Jeremy und David hin und her. "Wird er wieder gesund?" Der Arzt schaute den rothaarigen Mann an. "Sind Sie mit ihm verwandt." "Er ist mein Ex... er hat keine Familie, weder David noch ich sind mit ihm verwandt." Der Arzt schien einen Moment etwas perplex, weil Jeremy Alex als seinen Ex bezeichnet hatte, fing sich aber schnell wieder. "Nun, er wird heute wohl nicht mehr aufwachen, aber morgen können Sie ihn besuchen. Es gibt nicht mehr viel, was Sie für ihn tun könnten, also fahren Sie am besten nach Hause und ruhen sich etwas aus." "Vielen Dank, Doktor." nickte David. Der Arzt ließ sie allein. "Gehen wir?" Jeremy fühlte sich zunächst überhaupt nicht angesprochen, bis David ihn am Arm berührte. Er sah ihn etwas verstört an. "Gehen wir?" wiederholte der blonde Mann die Frage. "Ja..." Jeremy nickte langsam. "Bringst du mich nach Hause?" "Ja, aber zu mir." Jeremy lächelte schwach. "David, ich wäre heute sicher keine gute Gesellschaft... und Lust habe ich auch keine..." Der ältere Mann zog ihn zu sich und kam mit den Lippen ganz nah an sein Ohr. "Schockierende Neuigkeit: Ich denke nicht nur mit meinem Schwanz. Hab mal ein bisschen Vertrauen zu mir. Ich lasse dich heute Abend unter keinen Umständen allein. Vergiss es." flüsterte er ihm leise zu. Jeremy musste lachen, noch nie war er David für etwas so dankbar gewesen. Jeremy stand in Davids Küche mit einem Glas Milch in der Hand. Die weiße Flüssigkeit schwappte hin und her, so stark zitterte er immer noch. Am liebsten hätte er die ganze Zeit geweint. David kam aus dem Badezimmer hinüber und nahm ihm das Glas aus der Hand wie schon den Kaffee im Krankenhaus. "Meine Güte, du zitterst ja immer noch so heftig. Setz dich." Er führte Jeremy zu seinem Esstisch und zog ihm einen Stuhl zurecht. Dann füllte er ein neues Glas mit Wasser und reichte dem jungen Mann eine Tablette. "Was ist das?" "Ein Beruhigungsmittel, damit du schlafen kannst." "Ich nehme keine Medikamente." "Mach eine Ausnahme. Deine Nerven werden es dir danken." Jeremy gab auf und nahm die Tablette in den Mund bevor er das Glas ansetzte und sie hinabspülte. "Warum hast du so etwas im Haus?" "Für Notfälle, keine Angst, ich bin keiner von diesen Valiumjunkies." "Das hatte ich auch nicht erwartet..." Jeremy lächelte matt. "Magst du mir erzählen, was da genau zwischen dir und Alex vorgefallen ist, oder ist das zu privat?" Der Rothaarige seufzte. "Da gibt es nicht viel zu erzählen... wir haben uns vor zwei Jahren kennen gelernt, uns verliebt und eine wahrhaft turbulente Beziehung geführt... alles inklusive, sogar handgreifliche Streitigkeiten. Alex ist sehr labil, er hat Probleme mit Drogen... Alkohol... irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten... wir sind schon ein paar Monate auseinander, fast schon ein Jahr... noch bevor ich dich getroffen habe. Ich habe den Job in der Bar angenommen, um mehr auf eigenen Beinen stehen zu können.... ich hätte nie erwartet, dass er das tun würde..." Er hasste es immer wieder David anzulügen, aber er sah einfach keine andere Möglichkeit. "Mit so etwas rechnet man nie." "Sehr tröstlich..." "Du hast ihn schließlich gerettet." "Aber er hat das nur wegen mir getan!" Jeremy hob unbewusst die Stimme. "Ich bin schuld!" "Stopp! Den Schuh ziehst du dir gefälligst nicht an!", fuhr David dazwischen. "Du hast ihn nicht dazu getrieben, so etwas entscheidet man selbst. Er war labil, das hast du selbst gesagt! Du konntest nichts dafür! Oder hättest du zu ihm zurück gehen wollen?" "Nein!" "Na siehst du! Also hör auf dir dafür die Schuld zu geben, hast du mich verstanden?" "Wie redest du eigentlich mit mir?!" Der junge Mann wollte aufstehen, doch er hielt sich erschrocken an der Tischkante fest. "Mir wird... auf einmal so... schwindelig..." "Die Tablette wirkt, komm ich helfe dir." David schlang seinen Arm um Jeremys Hüfte, legte dessen Arm um seine Schulter und führte ihn in Richtung Schlafzimmer. "Himmel... was sind das... für Pillen....?", lallte er. "Welche, von denen du sehr gut schlafen wirst", lächelte David. Er half Jeremy ins Bett und dieser ließ sich einfach nach hinten kippen. David musste ihm Schuhe und Hose ausziehen und ihm auch aus dem Shirt helfen, bevor er den beinahe schlafenden Tänzer in eine bequeme Position bugsierte. Jeremy rollte sich unter der Decke zusammen. "Bleisu bei mir...?", wollte er wissen. David strich ihm sanft über den Kopf. "Ich bin die ganze Zeit bei dir. Keine Angst." "H...hab dich... lieb..." Der Anwalt starrte Jeremy fassungslos an. Was hatte er da eben gesagt? Lag das an der Tablette? Doch David musste sich etwas eingestehen: Es war ihm vollkommen egal. "Ich hab dich auch lieb..." Und das war keine Lüge. Jeremy war ihm ans Herz gewachsen und das nicht erst in den letzten Tagen, das wurde David jetzt schlagartig klar. Wie er so da lag, so schutzbedürftig. Er hatte ihn gern... daran bestand kein Zweifel. Als Jeremy am nächsten Morgen wach wurde war er erneut allein. Allerdings im Schlafzimmer, denn als er nur mit seiner Unterhose bekleidet in die Küche kam, um nach eventuellen Zetteln Ausschau zu halten, saß dort Chris mit einer Tasse Kaffee und lächelte ihn an. "Morgen." "Ähm... Morgen... wo ist David?" Chris lächelte immer noch und ignorierte vollkommen die Tatsache, dass Jeremy beinahe nackt vor ihm stand. "Er ist zur Arbeit gefahren, hat heute einen wichtigen Gerichtstermin. Aber er wollte nicht, dass du allein sein musst, also hat er mich gebeten hierher zu kommen." Jeremy war mehr als beeindruckt. Soviel hatte er von David dann doch nicht erwartet. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er nicht gerade viel Kleidung trug. "Ich...ähm... ich ziehe mich eben an... dann muss ich eh zum Krankenhaus." Chris nickte. "David hat mir gesagt, worum es geht. Ich begleite dich, wenn du magst." Der Rothaarige lächelte nur dankbar. Nicht nur das David ein toller Mensch war, er hatte auch noch wunderbare Freunde. Alex sah schon viel besser aus, als Jeremy sein Krankenzimmer betrat. Chris wartete draußen auf dem Flur auf ihn, damit er in Ruhe mit seinem Exfreund reden konnte. Alex schaute nach einem kurzen Blick auf Jeremy schnell wieder weg und musterte beschämt seine Bettdecke. Der Tänzer setzte sich auf die Bettkante. "Was machst du bloß für Sachen?" "Entschuldige...", er sprach leise, "Ich weiß selbst nicht warum ich das getan habe... ich hab mich so einsam gefühlt... ich hatte dich verloren... und... es sah so leicht aus, aber als ich die Tabletten geschluckt hatte..." Eine Träne lief ihm über die Wange. "...da habe ich Angst bekommen... ich wollte nicht sterben... und ich konnte mich nur an dich wenden..." "Ist ja gut..." Jeremy strich ihm sanft über den Arm. Er hatte den ganzen Weg hierher in sich hinein gehorcht, aber er war nicht wütend auf Alex, im Gegenteil. Er war unendlich froh, dass ihm nichts passiert war, egal was zwischen ihnen gewesen war. "Du musst schrecklich wütend auf mich sein..." "Nein, das bin ich nicht, ehrlich. Ich bin nur froh, dass wir dir helfen konnten." "Wir?" "David und ich", erklärte er. "Er hat deine Tür aufgebrochen und er hat auch die Nerven behalten, ich war fix und fertig deswegen." "Tut mir so leid..." "Tu so etwas nie wieder, okay?" "Nein!" sagte Alex bestimmt. "Ich will mich ändern! Ich will auch von den Drogen und dem Alk weg! Ich hoffe nur, dass ich das schaffe." Jeremy lächelte ihn an. "Zusammen schaffen wir das." Er hatte vorher mit dem Arzt geredet und dieser hatte ihm geraten, sich in nächster Zeit um den jungen Mann zu kümmern, um so das Risiko eines neuen Versuchs zu verringern. Außerdem hatte Alex psychologischer Betreuung zugestimmt. "Das heißt, du hilfst mir?" "Ja, aber nur unter einer Bedingung: Ich helfe dir als Freund. Wir sind kein Paar. Du weißt, dass ich etwas für David empfinde." "Ja", nickte Alex. "Ich weiß und ich akzeptiere das. Hauptsache ich bin nicht allein. Danke, Jeremy." Er sagte absichtlich nicht Baby. "Ich muss dann auch los, ich muss im Mighty bei der Inventur helfen, aber ich komme nachher noch einmal vorbei... eines noch." Er hob den Finger als habe er gerade einen Geistesblitz gehabt. "Ich vergesse was zwischen uns war, selbst die Sache mit dem Pornodreh damals, aber dafür verlange ich von dir, dass du Stillschweigen darüber hältst, was ich gemacht habe. David darf das nie erfahren, schwör mir das!" "Ich schwöre. Ich will nur, dass ich dich ab und zu sehen kann. Außerdem ist es für mich das Wichtigste, dass du glücklich bist." "Ich danke dir." Jeremy stand auf und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Ich schaue nachher noch mal rein." Sie verabschiedeten sich und der Rothaarige verließ das Zimmer. Kaum war er draußen verschränkte Alex die Arme hinter dem Kopf und sein beschämter Gesichtsausdruck wich einem triumphierenden Grinsen. Das war besser gelaufen, als er erwartet hatte. Okay, die Sache mit den Tabletten war ein Risiko gewesen und zwar ein nicht zu unterschätzendes, und den Magen ausgepumpt zu bekommen war nicht das schönste Erlebnis seines Lebens gewesen, aber es hatte sich gelohnt. Natürlich war er das Problem David Vanderveer dadurch nicht los geworden, aber er hatte wieder einen Fuß bei Jeremy in der Tür. Und mit der Zeit würde er schon merken, wer wirklich zu ihm passte. Er würde Jeremy zurück bekommen und wenn es nötig sein sollte, mit allen verfügbaren Mitteln... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hm... gerade mal dreizehn Seiten... dieses Kapitel ist etwas kürzer als sonst, aber es kann ja nicht immer soviel sein ^^ Der Punkt für eine Zäsur war hier eindeutig erreicht und ich denke, dass ich jetzt einen kleinen Zeitsprung machen werde, da meine Ideen etwas stagnieren und die Handlungsfäden, die ich plane nicht direkt an diese Ereignisse anknüpfen können ^^ Aber zumindest habe ich dann wieder viele Ideen *gggg* Mit Alex habe ich endlich auch ein richtiges Miststück in der Geschichte, der mit seiner Selbstmordintrige Jeremy nun wieder näher zu sich gezogen hat und natürlich Probleme bedeutet. Aber auch David hat hier einen großen Schritt getan, hat er sich doch eingestanden, dass er Jeremy gern hat. Abwarten was daraus wird ^^ Die Jason/Chris Szene war eine spontane Idee um das Kapitel etwas zu strecken *räusper* Aber im Nachhinein bin ich sehr stolz darauf ^^ Remember the promise you made macht vielleicht jetzt eine kleine Pause, da ich mich einem Projekt widmen will, das mir momentan nicht aus dem Kopf geht. Allerdings ist ja eine Sommerpause auch im Fernsehen nichts ungewöhnliches und diese dauert sicher nicht bis Herbst. ;-) Vielleicht dauert es diesmal ein oder zwei Wochen länger, bis es weiter geht, aber allzu lange nicht, da ich synchron zu diesem Kapitel auch schon das andere Projekt begonnen habe und es schon recht weit gekommen ist ^^ Ich hoffe ihr bleibt mir gewogen und wartet auch mal ein wenig länger auf das neue Kapitel... obwohl, das habt ihr ja schon getan als mein Baby krank war ;-) Ich denke mit dem anderen Projekt (das nur ein One-Shot wird) werden viele auch was anfangen können und dann geht es hier so schnell wie möglich weiter ^^ Ich wünsche euch allen wunderbare Ferien!!! Euer Uly ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)