Kosma_Atum von HasiAnn (Wie die Digiritter lernten, wie klein ihre Welt eigentlich ist) ================================================================================ Kapitel 15: Atenetamon ---------------------- Atenetamon Geruch? Es roch... Nach verbranntem Holz. Feuer? Es war warm. Ich fühlte mich wohl. Kaminfeuer. Ich schlug die Augen auf. Doch das erste, was ich erkannte, war ein verschwommenes Bild aus Braun- und Grüntönen mit einem leuchtend Gelb-Orangen Punkt in der Mitte. Ich atmete schwer und mir tat alles weh, was nur wehtun konnte. Mir schmerzten sogar Körperteile, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie hatte. Doch sowie ich mich an die vergangenen Moment erinnerte, die sich noch in letzter Sekunde in mein Gedächtnis gekrallt hatten, war ich froh, dass ich überhaupt noch etwas fühlte. "Oh, gut. Sie ist wach. Ich dachte schon, sie bewegt gar keinen Muskel mehr. Wäre schade um sie." Ich hörte eine zittrige, weibliche Stimme. Doch durch all den unerwarteten Schmerz in mir, verstand ich sie gar nicht richtig. "Wie bitte?...", fragte ich daraufhin, doch das Sprechen tat so sehr weh, dass ich es gleich wieder ließ. "So, wie ich sie gefunden habe, fürchtete ich, sie noch sterben zu sehen und sie ist doch ein so hübsches Mädchen." Ich versuchte noch immer krampfhaft das unscharfe Bild vor mir zu erkennen. "Strenge sie sich nicht so doll an. Mit aller Gewalt etwas zu erzwingen führt doch zu nichts..." Ich hörte auf das Geplapper der Stimme und ließ es sein, etwas auf Teufel komm raus erkennen zu wollen. Und so schloss ich meine Augen wieder. "Wer bist du?", frage ich und war überrascht, dass das Reden plötzlich überhaupt nicht mehr so weht tat, wie eben noch. "Hm, wenn ich mich recht erinnere, war mein Name Atenetamon. Aber sie kann mich Ateneta nennen." Atenetamon. Ich war also bei einem Digimon in Obhut. Fantastisch... "Was tue ich hier?" "Ich habe sie gefunden. Sie lag völlig bewusstlos auf der Spitze eines Berges und hat stark geblutet. Sie tat mir so leid und als ich sah, dass sie noch lebt, habe ich sie einfach mitgenommen und geheilt. Ich kann doch ein so hübsches, junges Mädchen nicht einfach in dieser gefährlichen Welt liegen lassen." "Du hast mir das Leben gerettet?" "Natürlich." "Danke...", ich schlug die Augen wieder auf. Das Bild war nun etwas schärfer, doch sehr viel erkennen konnte ich noch immer nicht. Mein Kopf tat mir weh. Und ansonsten eigentlich auch alles andere. Ich erinnerte mich daran, was passiert war. An Myotismon und an die verletzten Digiritter... Und an Tai. "Ah, Scheiße, ich hab' Tai völlig vergessen.", schrie ich und richtet mich auf. Doch der Schmerz in mir nahm überhand, sodass ich sofort wieder umkippte. "Nein! Mache sie das nicht! Sie darf sich nicht so sehr anstrengen. Noch nicht. Sie schadet sich nur selbst." "Aber ich habe... ...aaaautsch... Ich habe nicht viel Zeit. Myotismon hat mir nur 24 Stunden gegeben, um wieder fit zu werden. Ach, Herr Gott und geschlafen hab' ich ja auch noch. Wer weiß, wie viel Zeit ich jetzt noch habe. Ich muss wirklich weg.", rief ich aufgebracht und obwohl ich so gut wie blind war und mir alles weh tat, stand ich auf und rannte los. Und ich wusste nicht einmal, wohin ich rannte, aber Hauptsache was machen, die anderen retten. Ich musste einfach. "Halt! Meint sie etwa, dass sie in ihrem Zustand irgendwas gegen ihren Bruder ausrichten könnte?", rief mir Ateneta hinterher. Ich blieb daraufhin stehen. "Du weißt davon?!" "Ich weiß nur eins: Eile mit Weile. Jetzt setze sie sich wieder hin und warte die Zeit ab. Sie will ihre Freunde retten, aber so wird sie das sicher nicht schaffen." Ich wusste nicht warum, doch ich musste einfach tun, was mir Ateneta sagte. Und so setzte ich mich, egal, wo ich mich gerade auch immer befand. "Was weißt du darüber? Was weißt du über meinen Bruder?" "Hier, trinke sie das, dann können wir weiter reden." Mir wurde ein kleiner Becher gereicht. Ich roch erst skeptisch daran. Es roch noch einer seltsamen Mischung aus Kräutertee, Terpentin und Schlamm. "Was ist das?" "Sie ist halb blind, ihr tut alles weh und trotzdem wäre sie bedingungslos zur Rettung ihrer Freunde gestürzt. Und jetzt ist sie nicht einmal bedingungslos dazu bereit, meinen Tee zu trinken. Ist doch irgendwie widersprüchlich. Findet sie nicht?" Ich war zwar von einem wohltuenden Geschmack oder einer genauen Kenntnis, welcher Tee das ist, nicht wirklich überzeugt, doch ich überwand mich und trank. Als sich der Geschmack in meinem Mund ausbreitet, wusste ich nicht ganz, was ich davon halten sollte. Es war so, als ob ich jeden Geschmack, der jemals meine Sinne gereizt hat, aus diesem Getränkt herausschmecken konnte. Von Früchte-Tee, über Kartoffelbrei, bis hin zu Bananen und Toastbrot. Es war seltsam, wie wenn man sich auf einen Schlag an alles erinnert, was jemals passiert war. "Was ist jetzt? Was weißt du über meinen Bruder?" "Ach, Kind. Ich bin so alt. Ich kann mich nicht mehr so gut an ihn erinnern." "Wie alt bist du denn?" "Ich weiß es nicht genau. Ich bin immerhin das älteste Lebewesen in der Digiwelt. Als ich 1024 Jahre alt wurde, muss ich wohl mit Zählen aufgehört haben." "Das älteste Lebewesen der Digiwelt? Sogar älter als Gennai? Wie kommt's, dass du so alt bist?" "Nun, in erster Linie liegt es wohl daran, dass ich bei einem Kampf hier noch nie verloren habe." "Du hast mal gekämpft?" "Oh, ja, ich war mal eines der stärksten Digimon. Jedes andere Digimon der Digiwelt wurde irgendwann mal in einem Kampf getötet und in der Stadt des ewigen Anfangs wiedergeboren. Doch mir ist das nie passiert. Ich lebe hier, seit es die Digiwelt gibt." "Existierte die Digiwelt etwa nicht schon immer?", ich merkte, wie sich Ateneta neben mich setzte. "Wo denkt sie hin? Die Digiwelt existiert seit etwa fünf Jahren." "Aber wieso bist du dann so alt?" "Kind, weiß sie überhaupt, was die Digiwelt ist?" "Laut meinem Bruder ist sie nur Illusion.", sagte ich traurig und sah wieder die letzten, grausamen Bilder, die ich von ihm noch in Erinnerung hatte. "Dann sollte sie sich erst fragen, was Illusion ist. Sie hat sich doch früher immer voller Begeisterung ihren Lieblingsanime angesehen..." Ich riss die Augen auf und blickte Ateneta geschockt an. Doch mehr, als einen verschwommenen Fleck konnte ich nicht erkennen. "Du weißt davon?", spätestens jetzt wurde mir klar, dass das nie und nimmer ein ganz gewöhnliches Digimon war. "Sie beantworte meine Frage. Hat sie's nicht immer gern gesehen?" "Ja... Natürlich. Ich war süchtig danach." "Hat sie sich eigentlich jemals darüber gesinnt, was der Mensch, der den Grundgedanken der Serie Digimon gesetzt hat, gedachte haben muss oder gefühlt haben muss?" "Ich schätze mal, er dachte, es wäre 'ne gute Marktlücke und dass man mit Merchandise 'n Haufen Knete machen kann.", war ganz schön unverschämt so zu reden und so korrigierte ich mich selbst: "Aber andererseits... Um so eine furchtbar komplexe und umfangreiche Geschichte zu erstellen, muss man 'ne Menge Fantasie haben. Irgendjemand da draußen hatte eine Idee, einen Glauben im Hinterkopf, den er auch anderen vermitteln wollte. Zumindest glaube ich das." "Und was glaubt sie, wie deutlich er die Digiwelt wohl vor sich gesehen hat?" "Er war... ...der erste Mensch in der Digiwelt?" "Es war seine Welt!", Ateneta schlürfte zufrieden ihren Tee. "Seine... ...Welt?!?", mir kam plötzlich ein Gedanke, der eigentlich schon in mir steckte, seit ich in der Digiwelt war. "Ateneta, als ich die Prophezeiung gelesen habe, wuchsen mir Flügel und ich bin durch so etwas, wie einen Lichttunnel geflogen. Ich hab' so viele verschiedenen Bilder gesehen. Meine beste Freundin zusammen mit Will Smith zum Beispiel. Sie hätte mir sicher erzählt, wenn sie ihm jemals gegenüber gestanden hätte. Oder gar geküsst hätte." "Tja, dann hat sie ihr was verschwiegen." "Aber das ist doch Blödsinn. Wie sollte sie je Will Smith so nahe gestanden haben. Das ist doch gar nicht realistisch." "Wer redete denn auch von Realität?" "Meinst du etwa ...ihre Welt?" "Ach, die Kleine hat diesen Schauspieler, Sänger und Sportler schon immer angehimmelt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich mit ihm in ihre Welt verliert." "Willst du damit sagen, sie hat sich in eine andere Welt transportier?" "Nicht eine andere Welt. In IHRE Welt. Denke sie doch mal nach. Jeder Mensch hat doch seine eigene kleine Welt, in die er sich mal flüchtet, wenn er von der Realität die Schnauze voll hat." "Und die Digiwelt und das Meer Dragomons und die reale Welt der Digiritter sind auch so eine Welt, vermittelt durch die Medien der Realität. Das meinte mein Bruder also, als er sagte, es sei nur Illusion. Illusion in dem Sinne, dass es nicht die Realität ist, aber es trotzdem real ist. Und die ganzen Bilder, die ich in dem Lichttunnel gesehen habe, das waren alles die eigenen Welten der Menschen. Ob geheime oder für andere zugänglich. Ich hab' sie alle gesehen. Aber das muss ja bedeuten, dass ich die Fähigkeit habe, zwischen den Welten zu reisen." "Deswegen hattest du auch anfangs, bevor du deine Flügel entdeckt hast, noch das Digivice. Das Digivice dient für zweierlei. Erstens kann es mit Einfluss der Kraft des Digiritters die Daten eines Digimons mutieren lassen und zweitens erlaubt es seinem Besitzer, zwischen zwei verschiedenen Welten zu reisen. Das hört sich schon nach sehr viel an, aber wenn man nun bedenkt, wie viele Milliarden Welten es gibt...", Ateneta stellte ihren Becher auf den Boden. "Sie soll ihre Kinnlade wieder hochklappen, sonst fliegt da noch was rein." Das war gar nicht so leicht. So viele Informationen, so viele neue Tatsachen, mit denen ich mich gerade auseinandersetzte. "Aber wenn ich mich recht erinnere, war ich noch nie in irgendeiner anderen Welt. Ich stand immer mit beiden Beinen auf dem Erdboden." "Und trotzdem ist sie jetzt hier." "Stimmt... Ateneta? Ich bin kein Mensch, hab' ich recht?" "Glaubt sie denn, dass sie ein Mensch ist?" "Ich weiß nicht. Ich bin in der Realität aufgewachsen, hab' dort Freunde gefunden, gehe dort zur Schule. Und jetzt wachsen mir plötzlich Flügel, wie bei einem Vogel und Myotismon meint, ich sei seine Schwester, also ein Digimon? Alles irgendwie verwirrend. Ich weiß langsam gar nicht mehr, was ich bin. Kannst du mir nicht sagen, wer ich bin? Du scheinst ja gut bescheid zu wissen." "Ich weiß zwar viel, da ich sehr viel erlebt habe in meinem langen Leben, aber dir kann ich nicht sagen, wer du bist. Jeder muss für sich selbst wissen, was er ist und was er aus sich macht." Es war einen Augenblick still. Der Geruch des Tees stieg mir in die Nase. Mir war warm. "Wie geht es ihr jetzt?" "Hm, körperlich geht's mir ganz gut. Aber in meinem Kopf ist gerade die Hölle los. Weißt du, gestern war mein größtes Problem noch die Leistungskontrolle, die möglicher Weise in der Schule auf mich wartete. Und jetzt fürchte ich um den Untergang der Welt und darum, meine Freunde nicht retten zu können." "Sie will ihn unbedingt vernichten..." "Gibt es etwa eine andere Möglichkeit? Myotismons Macht ist so gewaltig, dass es ein Klacks für ihn ist, sich... Herr Gott, jetzt weiß ich, warum er den Digirittern ihre Digivices weggenommen hat." Gedankenblitz! "Nicht, um damit die Digimon zu kontrollieren. Er wollte damit zwischen den Welten reisen, um sich auch jede andere Welt zu unterwerfen. Nicht auszudenken, was er alles anrichten kann." "Erkennt sie nun, dass er wesentlich mehr Macht hat, als sie. Wie will sie ihn dann vernichten?" "Ich werde vielleicht zu schwach sein, gegen ihn zu gewinnen, aber ich kann ihm auf jeden Fall folgen und versuchen ihn aufzuhalten. Außerdem muss ich die anderen retten und Tai aus meiner Welt zurückholen. Er gehört da nicht hin." "Unter Einsatz ihres Lebens?" "Was erwartest du von mir?" "Eile mit Weile. Denke sie erst, bevor sie einen voreiligen Entschluss trifft." "Mein Bruder hat das auch gesagt." "Dann ist er schlauer, als sie." "Hey, was muss ich mir denn hier anhören?!?" "Tja, es ist ja auch nicht Myotismon, den ich halb tot auf dem Berg gefunden habe..." Da hatte sie recht. Myotismon wusste im Gegensatz zu mir, was er tat. Ich war auf nichts gefasst. "Kind, ich weiß doch, dass sie ihre Freunde retten will und das kann ich gut verstehen. Die Digiritter sind ihr mehr als alles andere ans Herz gewachsen. Ganz besonders dieser eine Junge mit den wilden Haaren." Meinte sie jetzt Matt oder Tai? "Aber sie wird sie nicht retten können, wenn sie überstürzt handelt. Sie muss erst die ganze Wahrheit erfahren, sonst wird sie nie in den Besitz ihrer vollen Kräfte kommen. Und sie braucht die Kräfte, um die Welten zu retten." "Ich habe aber nicht mehr viel Zeit. Ich habe Angst, dass meine Freunde sterben und das kann und will ich nicht zulassen.", ich stellte meinen Becher neben mir auf den Boden und stand auf. "Und deswegen gehe ich zu meinen Bruder und kläre das mit ihm." "Dann werde ich sie wohl nicht aufhalten können." Mir tat noch immer alles weh, aber wenigstens sah ich jetzt etwas schärfer, doch immer noch ansatzweise verschwommen. "Die Tür ist gleich vor ihr. Sie gehe einfach gerade aus, um aus meiner Höhle zu kommen. Ich hoffe für sie, dass sie es schafft." "Danke, Ateneta, für deine Hilfe." "Ich tue nur alles dafür, die Welten zu retten. Nicht nur sie leidet. Hier, nehme sie das mit.", das alte Digimon drückte mir ein Stück Papier in die Hand. "Das ist der letzte Ausweg. Der Weg, der ihr zeigt, wie man die Welten vernichten kann. Es wird ihr sicher bessere Dienste leisten, als mir..", die Stimme der Alten klang traurig, als ob sie wüsste, was passiert und dass das sicher nichts gutes sein wird. Aber ich musste jetzt da raus. Wenn ich noch länger hier sitzen bleibe, drehe ich noch durch. Und so schritt ich heldenhaft und todesmutig, wie es sonst immer in solchen bekloppten amerikanischen Dramenfilmchen dargestellt wird, nach draußen. Ob ich das überleben werde, weiß ich nicht, und der Gedanke, für die Welten die letzte Hoffnung zu sein, machte mich halb wahnsinnig. Ich wünschte echt, dass ich am Montag in der Freistunde Biologie nicht nach Hause gegangen wäre. Dann hätte Tai mich nicht rufen können. Er hätte mich gar nicht erst gefunden und ich würde jetzt wieder über meinen Hausaufgaben hängen. Fast ironisch, dass ich den langweiligen Alltag, den ich sonst immer so sehr verflucht hatte, mir jetzt ersehnte. Ich will wieder nach Hause. Tai hatte Recht. Ich hab' es am Anfang wirklich nur für ein Spiel gehalten und war mir über den Ernst der Lage nicht wirklich im Klaren. Selbst wenn es in der Serie in einer noch so aussichtslosen Situation so aussah, als ob alles den Bach runter geht, hat das Gute im Endeffekt doch noch gesiegt. Und ich hatte gedacht, dass wäre hier wieder der Fall. Ich dachte, dass sich die Digiritter schon um alles kümmern und ich nur ein kleiner Teil in dem ganzen System bin und fast gar nichts bewirken könnte. Wie man sich doch täuschen kann. Ich hab' so Angst. Am liebsten würde ich das jetzt gar nicht machen. Am liebsten würde ich mich in eine Ecke setzen und warten, bis jemand kommt, der die Sache für mich übernimmt. Wie feige. Ich kann das einfach nicht allein. Tai, wo bist du? Ich brauche dich. Ich will das nicht allein machen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)