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Kosma_Atum

Wie die Digiritter lernten, wie klein ihre Welt eigentlich ist
von

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Die Liebe zu einer kleinen, inkommerziellen Serie

Die Liebe zu einer kleinen, inkommerziellen Serie
 

Es war wieder mal einer dieser Montage, an denen man sich fragt, warum man nicht im Bett geblieben ist. Da hätte ich mich doch lieber noch dreimal in die warmen Kissen gekuschelt und hätte noch mal mein Lieblingsplüschtierchen zerquetscht, als dass ich jetzt hier an meinem Schreibtisch hocke und mich selbst für bescheuert halte, weil ich Idiot mich doch tatsächlich dazu bereit erklärt habe, heute in die Schule zu gehen. Die ersten zwei Stunden Mathe-Leistungskurs hatte ich ja schon mehr oder minder erfolgreich hinter mich gebracht. Kommt nur darauf an, wie man "erfolgreich" definiert. Wenn "erfolgreich" bedeutete, in einer verschlafenen Klasse zu sitzen, die alle paar Sekunden im Chor gähnt, weil die gestrige Party - auf die ich so schlau war nicht zu gehen - doch etwas ausgedehnter war, als vier Uhr nachts, und einer völlig entnervten Lehrerin zuzuhören, die sich erneut über die unterbezahlte Lehrergewerkschaft aufregt, dann waren meine ersten zwei Unterrichtsstunden dementsprechend "erfolgreich". Demzufolge hatte ich von dem durchgesprochenen Stoff vielleicht soviel mitgekriegt, dass es für einen halben Punkt bei der nächsten Kursarbeit reicht. Aber da ich vor einer Woche erst eine geschrieben hatte, werde ich mir wegen der nächsten Kursarbeit sicher noch nicht den Arsch blutig machen. Zumal ich dazu ja nun mehr so überhaupt nicht motiviert war. Ich hatte zwar gerade das Glück eine Doppelstunde Ausfall zu haben - einer der Bio-Lehrer konnte wohl wieder nicht die Finger vom Gras lassen - und da ich gerade mal fünfzig Meter neben der Schule wohnte, konnte ich demnach meinen Heimvorteil nutzen und mich nach Hause bequemen. Aber bei jedem noch immer verschlafenen Blick meinerseits aus dem Fenster, wo mir diese graue, kalte, nasse Suppe des Novemberanfangs entgegengrinste, stellte ich mir ernsthaft die Frage, ob es sich noch lohnen würde, mich durch die noch auf mich wartenden Unterrichtsstunden zu quälen. Lieber fresse Sand...

Ich drehte mich auf meinem Drehstuhl ein paar mal um die eigene Achse und versuchte darin einen Sinn zu sehen, da ich im Moment nix besseres zu tun hatte. Aber das wollte mir nicht so recht gelingen. Weil mir letztendlich nichts anderes mehr einfiel, rutschte ich von dem Stuhl und warf mich mit einem eleganten Sprung in mein Bett. Wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch gleich 'n Nickerchen machen. Ich schloss die Augen. Aber mit dem Entspannen wurde das nicht so richtig was. Ich musste die ganze Zeit an die nächsten Unterrichtsstunden denken, zu denen ich mich in gut einer Stunde schleppen muss und die ich nur allzu gern schwänzen würde. Die Lehrer werden uns sicher wieder mit vollkommen sinnlosem Mist zukäsen, den eigentlich niemand hören will, mich mit eingeschlossen. Ach, mann, wie sehr ich die Schule doch hasste. Und jetzt in diesem grau-diesigen November, wo es frühs draußen noch so dunkel und kalt ist, dass man überhaupt nicht aus dem Bett kommt, ist die Motivation entsprechend im Keller.

Ich öffnete meine Augen wieder und betrachtete die Stofftierchen, die sich in der rechten Ecke meines Bettes gehäuft hatten. Wer hat eigentlich Plüschtiere erfunden? Ich meine, sowas unrealistisches. Ich geh doch auch nicht raus in die Prärie und knuddle die nächste zwanzig Zentimeter große, grüne Giraffe. Oder eine Maus, die zweimal so groß ist, wie der daneben liegende Elefant. Wer auch immer Kuscheltiere erfunden hat, muss wohl ein paar Meter neben dieser Welt gestanden haben. Doch dann fiel mein Blick auf dieses eine schon halb zerknautschte Plüschtier. Es hatte die Form eines rosa Balls, dem zur Hälfte die Luft ausgegangen war. Dann hatte es noch zwei lange Bänder aus dem Bereich, der wohl als oben galt, herausragen und in der Mitte stierten mich zwei riesige, rote aber trotzdem zuckersüße Augen an, die der Marke "Ooooch - is' das süüüß" entsprachen. Das, was den Mund dieses seltsamen Plüschtieres darstellen sollte, war lediglich eine schwarze, krumm aufgezeichnete Linie, aus der mal nach oben mal nach unten kleine Zähne herausragten. Dieser zerknautschte rosa Luftballon nannte sich Koromon, so jedenfalls die Herstellerfirma, und es ist ein Digimon. Naja, eigentlich war "Digimon" der Name eines Animes, der mal vor gut zwei Jahren auf RTLII lief. Als ich "Digimon" das erste Mal gesehen hatte, habe ich es wie die Pest gehasst, weil ich es nur für eine billige Nachmache hielt. Aber irgendwie, ich weiß den Grund selbst nicht mehr, habe ich mir das Teil immer öfter angesehen und es wie keine andere Fernsehserie lieben gelernt. In dem Anime geht es, um's mal grob zusammenzufassen, darum, dass auserwählte Kinder zwischen neun und zwölf Jahren in der Digiwelt landen, dort die Freunde ihres jeweiligen Digimonpartners werden und nach mehreren qualvollen, anstrengenden und gefährlichen Aktionen die Welt retten. Die zweite Staffel von "Digimon", die drei Jahre nach den Ereignissen der ersten Staffel spielt, läuft in etwas genauso ab. Es kommen halt neue Charaktere und Digimon hinzu. Und die jeweiligen Spielfilme haben eine ähnliche Basis. Aber wie gesagt, das ist nur eine grobe Zusammenfassung. Die Serie an sich, die von außen eher was für Kinder ist, ist tiefgründiger aufgebaut, als es scheint und wenn man hervorragend interpretieren kann - was im Übrigen gerade in meinem Deutschunterricht durchgenommen wird... Schon wieder - dann entdeckt man in den Geschichten weitaus mehr psychischen Hintergrund, als man es vom Hörensagen wiedergeben könnte. Ich liebe "Digimon" einfach über alles. Wer sich einmal in die Geschichte vertieft hat, kommt da so schnell sicher nicht wieder raus.

Ich grinste ganz zufrieden dem Plüsch-Koromon entgegen, dass mich durch seine roten Schulmädchen-Augen noch immer anstarrte. Schade, dass die Serie nicht mehr lief. Ich meine, von der hatte doch jeder was. Wenn ich nur daran denke, wie viel Geld durch "Digimon" schon allein nur mit Merchandising gemacht wurde, oder wie viele tausend Fansites ich im Internet schon besucht habe, oder mit wie vielen Digimon-Fans ich schon Boykott-Anschläge gegen die RTLII-Studios geplant hatte, damit sie "Digimon" wieder senden. Und ich muss dazu sagen, viele von diesen Fans waren älter als ich und ich lebe immerhin schon seit mehr als siebzehn Jahren. Mal ganz abgesehen von den Schwärmereien über Matt, die ich ebenfalls mit Fans ausgetauscht hatte. Matt oder besser Yamato Ishida, sein bürgerlicher Name - der Nickname Matt stammt ja von den Amerikanern - ist mein absoluter Lieblings-Chara der Serie. Schade, dass es solche perfekten Kerle nicht auch in dieser Welt geben kann. Diese Welt ist ja nur voller Schlappschwänze, Machos und Weicheier. Da hat man nicht viel von. Aber wie dem auch sei.

Ich griff nach dem rosa Koromon, zog es aus dem Plüschtierberg und knuddelte es ein wenig. Dabei dachte ich noch ein bisschen über meinen Lieblingsanime nach. Er lief zwar nicht mehr, aber immerhin kann mir keiner meine Erinnerungen an ihn nehmen. Wenigstens konnte ich mich jetzt etwas entspannen und ich schloss die Augen. Noch 'n kleines Nickerchen bevor mich wieder die harte Realität der Schule am Wickel hat. Hoffentlich verpenne ich nicht... ...Hätte mir 'n Wecker stellen sollen.... Ach, scheiß drauf. Lieber einmal zu viel gepennt, als sich einmal zu viel Stress gemacht... Ach, ja... Digimon is' echt... ...geil... ...zzz... ...Koromon... ...Träume ich schon?... ...zzzz... ...piepsss, piiepss... ...Was war das?... ...piepsss, piiepss... ...hört sich an, wie... ...zzz... ...ein... ...piepsss, piiepss... ...wie ein... ...z... ...DIGIVICE...

"Hey!!! Du erdrückst mich!!!" Ich riss die Augen wieder auf. Eine quietschige, mir aber wohl bekannte Stimme riss mich aus meinem gerade noch so angenehmen Dämmerschlaf. "Würdest du... Autsch.... Hmpf.... Würdest du mich bitte loslassen!!!" Ich blickte an mir herunter und hielt daraufhin ungewollt die Luft an. "Bitte..." Das Plüsch-Koromon, schon halb lila angelaufen von meinem Knuddelgriff, versuchte sich nach Leibeskräften aus meinem Arm zu winden. Ich verstand die Welt nicht mehr. Halluziniere ich etwa? Moment, ich war doch gerade eingeschlafen. Womöglich träumte ich ja noch. Zumindeste wäre das die einzige logische Erklärung, die mir für den Moment einfiel. Das war doch alles zu konfus. Ich ließ das rosa Digimon endlich los, was dann notgedrungen nach Luft schnappte. Ich richtete mich auf, beugte mich aber sofort zu diesem zerbeulten Gummiball runter, um ihn zu begutachten. Das Digimon, das so langsam wieder seine gewohnte Hautfarbe angenommen hatte, sah mich genauso erstaunt an, wie ich es.

"Was ist?", fragte es mich und erst jetzt bemerkte ich, wie groß das Maul des Wesens wirklich war. Es nahm ja fast die gesamte Breite des Gesichtes ein, vorausgesetzt, das, was ich als Gesicht interpretierte, war auch dementsprechendes. Ungläubig pikste ich das kleine Koromon mit meinem Finger an.

"Bist du echt?!", fragte ich dazu. Das Knautsch-Vieh machte einen gekränkten Eindruck.

"Natürlich bin ich echt. Ich bin Koromon. Was soll ich denn sonst sein?", warf es mir entgegen.

"Tja, also, normaler Weise werden bei mir die Plüschtiere nicht lebendig. Schon gar nicht, wenn es Digimon sind und eigentlich nur gezeichnte..."

"Gezeichnet?!? Sehe ich etwa aus, wie gezeichnte?!?"

"Öhm...", aber es hatte Rechte. Es sah wirklich nicht gerade aus, wie aus Tusche und Akrülfarbe. Es sah richtig wirklich echt aus. Ich hatte noch nie ein echtes Koromon gesehen. Aber es sah irgendwie überhaupt nicht anders aus, als wenn es gezeichnet wäre, nur halt irgendwie... ...echt. "Und, was machst du hier... ...Koromon?", Gott, klang das bescheuert. Ich rede mit einer nicht existierenden Figur aus einem Anime. Meine Liebe zu "Digimon" schien mich wohl langsam völlig den Verstand verlieren zu lassen.

"Ich dachte, du wüsstest das. Ach so... ...stimmt. Sorry, aber ich weiß langsam nicht mehr, wo hinten und vorne ist. Die Reisen in die reale Welt sind immer so furchtbar anstrengend." Das Koromon machte einen verwirrten Eindruck, der aber bei Weitem nicht so verwirrt war, wie meiner. "Es gibt Ärger. Schon wieder."

"Hä?!"

"In der Digiwelt."

"In der WAS?!?", soll das jetzt ein Scherz sein? Existiert die Digiwelt etwa tatsächlich?!? Irgendwie sinnlos, das zu fragen, nachdem ich ein echtes Koromon gesehen hab', das mich auch noch anquatscht.

"Es gibt Ärger in der Digiwelt. Malomyotismon wurde doch nicht vernichtet."

"Ach, nein?", ich erinnerte mich an die letzt Folge der zweiten Digimonstaffel. Myotismon, der Oikawas Körper missbrauchte, um die Umstände in der realen und in der Digiwelt unter seine Kontrolle zu bekommen, digitierte oder besser mutierte zu Malomyotismon und drohte alles im Dunklen verschwinden zu lassen. Aber ich konnte mich nicht wirklich an die Lösung des Problems erinnern. Ich hab' die Serie einfach zu lange nicht mehr gesehen.

"Ja, er ist gerade drauf und dran sich die Digiwelt zu unterwerfen und wenn er damit fertig ist, ist auch der Untergang der realen Welt nicht weit." Stimmt, in der ersten Staffel wurde doch erwähnt, dass die reale Welt ohne eine intakte Digiwelt nicht funktionieren kann.

"Und was hab' ich jetzt damit zu tun?", die Frage ist doch berechtigt.

"Das weiß ich auch nicht ganz genau. Gennai hat gesagt, ich soll ein Mädchen suchen gehen, dass sich Kosma nennt. Dann hat der Alte noch was von einer Prophezeiung gefaselt. Da war irgendwas mit einer verschlungenen Sonne und weißen und schwarzen Flügeln. Und was von einem Digimon. Und noch irgendwas von einem Schoen. Aber den Zusammenhang weiß ich nicht mehr. Hab' nicht aufgepasst.", Koromon machte beim Sprechen dieser provisorischen Prophezeiung einen ehrwürdigen Eindruck, aber mit dem, was es da von sich gab, konnte ich nicht viel anfangen.

"Ich weiß immer noch nicht, was ich zu tun hab'.", resümierte ich schließlich.

"Du sollst endlich deinen Hintern hier her bewegen, verdammt, uns läuft die Zeit davon!!!", hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. Mir schoss sofort ein Gesicht in den Kopf, als ich diese Stimme erkannte.

"TAI?!?", ich fuhr auf meinem Bett herum und starrt entgeistert auf den Bildschirm meines Computers. Kann mich gar nicht daran erinnern, ihn je eingeschaltet zu haben. Um so mehr schockierte mich die ernste Mine des Jungen auf dem Bildschirm, den ich eigentlich nur von fünfundzwanzig Minuten täglichen Fernsehens her kannte.

"Bist du Kosma?", rief mir der fünfzehnjährige Junge zu und ich kam mir ein bisschen blöd vor mit meinem Computer zu reden, als ich unsicher antwortete: "J-ja..."

"Dann komm endlich her. Die Kuwagamon sind mir schon auf den Fersen."

"Wie denn?"

"Na, sie fliegen. Wie denn sonst?"

"Das meine ich doch nicht.", ich verdrehte die Augen. Das war ohne Zweifel Tai. "Ich meine, wie ich zu dir kommen soll."

"Mit deinem Digivice. Ich dachte, das wüsstest du." Na klar, Digivice. Mit so 'nem Ding sind die Kids in der Serie ja auch immer in die Digiwelt gekommen. Aber woher nehmen und nicht klauen?

"Ich hab' doch keins.", sagte ich daraufhin.

"Und was ist dann das?", fragte mich der brünette Junge entnervt. Er deutet auf mich, explizit auf meine Hose und mein Blick fiel sofort auf selbige. Am Hosenbund auf der rechten Seite meiner Hose hing tatsächlich so ein kleines Tamagotchi-ähnliches Dings. Aber es hatte seltsamer Weise nicht das Design eines D3-Digivices, wie es die Kinder der zweiten Staffel benutzten, sonders es war des gleiche alte Digivice, das die Kinder der ersten Staffel erhielten. Aber zum darüber philosophieren hatte ich nicht gerade viel Zeit, da der Junge, von dem ich dachte er sei Tai, voller Ungeduld vor meinem Bildschirm rumhopste. Und auch Koromon fing an, mich zu drängen. Es sprang mir auf den Arm und quietschte: "Jetzt aber schnell!" Ich wusste nicht ganz, ob das, was ich tat auch das richtige war - mal ganz abgesehen davon, dass ich diesem rosa Knäul und dem brünetten Jungen vollkommen vertraute und ich das selbst nicht richtig verstand - doch ich erinnerte mich daran, was Yolei immer getan hatte. Ich richtete also mein Digivice gegen den Bildschirm des Computers und rief: "Tor zur Digiwelt, öffne dich!!" Ob das genau Yoleis Worte waren, wagte ich zu bezweifeln, da ich "Digimon" wie gesagt eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte und meine Erinnerungen über solche Details dementsprechend lückenhaft waren. Doch meine Aktion zeigte erwartete Wirkung. Mein Digivice fing an zu leuchten und der Computerbildschirm ebenfalls. Das Licht wurde immer heller und schließlich war es so extrem grell, dass ich meine Augen zukneifen musste. Ich spürte plötzlich einen starken Sog, der mich in Richtung Computer zerrte. Ich bekam auf einmal Angst. Das was hier passierte konnte doch alles nicht wirklich passieren. Um Gottes Willen, es war doch nur eine Fernsehserie und nicht die Realität. Aber wenn das hier nicht die Realität ist, was zum Geier ist es dann?...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Satomi
2011-12-06T14:12:50+00:00 06.12.2011 15:12
Irgendwie macht die Story so viel Spaß das ich die jetzt nochmals lese, Kosma kann echt schwer von begriff sein aber armes koromon zerquetsch es doch nicht. Q_Q


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