Ascelin Formain von NightStalker ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Der Leichnam eines toten Feindes riecht immer gut! (König Karl IX. von Frankreich (1550 - 1574)) Ascelin stand grübelnd vor dem Gestell mit den Lederrüstungen. Jetzt, wo seine Wut - vorerst - etwas abgeklungen war und er die Geschehnisse nochmals hatte Revue passieren lassen, gab es keinen Zweifel mehr. Die gesamte Belagerung war nur inszeniert gewesen, aus einem ihm unbekannten Grund. Sie - also zumindest Goeran und Ormen -- hatten Dutzende Männer in den Tod geschickt, weil die Belagerung echt aussehen sollte. Aber warum ? Wie er es auch drehte und wendete, so konnte er sich keinen Reim darauf machen. Wenn Ormen ihn eh hatte hintergehen wollen, wenn dies ein von vorne bis hinten abgekartetes Spiel gewesen wäre, hätte er dies auch schon ganz am Anfang tun können. Wenn er sich erst im Laufe der Zeit dazu entschieden hatte, wie konnte er derartig schnell zwei Drittel der Burgwache auf seine Seite bringen ?? Und wieso diese Erpichtheit darauf, ihn selbst lebend zu fangen ? Was zum Himmel versprachen die beiden sich davon ? Sie glaubten doch wohl nicht an das Ammenmärchen, das sein Vater ihm aufgetischt hatte ? Oder doch ? Immerhin würde diese Variante ihren Handlungen wenigstens zum Teil Sinn verleihen. ,Würde aber immer noch nicht erklären, warum sie die Belagerung inszeniert haben... Hatten sie solche Angst, dass sie mich unbedingt überraschen wollten ? ' Er seufzte. Vermutlich würde er sich noch wochenlang den Kopf zermartern und doch keine Lösung finden können... Schnell hatte er die Rüstung angelegt und beendete seine Vorbereitungen. Das Schwert befestigte er an seinem Gürtel, nachdem er diesen über der Rüstung angebracht hatte. Probehalber zog er die Klinge nochmals blank, wäre es doch ziemlich unangenehm, würde sie feststecken, wenn er auf sie angewiesen wäre. Doch zu seiner Überraschung saß das Kurzschwert locker in der Lederscheide und ließ sich problemlos herausziehen. Er machte einige Ausfallschritte und schnelle Schlagkombinationen, dann grunzte er zufrieden und steckte das Schwert wieder weg. ,Wenn nur die Rüstung nicht so spannen würde! Sie behindert mich nicht gerade wenig...' Er zuckte die Schultern - hatte er doch eh keine andere Wahl, es sei denn, er wollte ganz ohne Rüstung in den Kampf ziehen. Aus einem weiteren Regal nahm er sich sechs Wurfdolche, die er ebenfalls reinigte und sie dann an den dafür vorgesehenen Befestigungen am Gürtel anbrachte, sowie ein Stilett, dass genau in die Scheide an seinem rechten Unterarm passte. ,Nun habe ich alles unternommen, was mir möglich war... Jetzt hängt alles Weitere nur vom Glück ab...' Er schüttelte den Kopf "Ormen, du verlogener Bastard - ich kriege dich, und wenn es das Letzte ist, was ich tue - das Letzte, was dir widerfährt wird eh meine Klinge zwischen deinen Rippen sein... Und kein Glück dieser Welt kann dich davor bewahren - und kein Pech mich davon abhalten, dir dies zu bescheren..." Er vermisste einen Bogen, doch leider war dies eine Waffenkammer für die Burgwache, nicht für die Bogen- und Armbrustschützen... Ein Seufzer entrang sich seiner Kehle, bevor er sich zur Tür begab. Dort angekommen erstarrte er. Vor der Türe waren Stimmen zu vernehmen... ,Und eine davon habe ich heute schon gehört... Im Erdgeschoss des Burgfrieds...' Er zückte sein Kurzschwert mit der rechten Hand und griff mit der linken nach dem Stilett, während er sich neben der Tür postierte. ,Sie werden doch wohl nicht wissen, dass ich hier bin? Wie ist das möglich?' Ascelin lauschte dem Gespräch vor dem versteckten Eingang des Raumes. Zuerst vernahm er die tiefe Stimme von Torbal, einem der Hauptleute der Burgwache. Die Stimme, die ihn und Gundalf in der Halle so höhnisch begrüßt hatte... Der Elf erinnerte sich, dass Torbal für seine Brutalität gegenüber seinen Untergebenen berüchtigt war. Torbal stand im Rufe, seine Männer mit einem stählernen Handschuh zu verprügeln, manchmal auch mit einer Peitsche oder sogar der flachen Seite seines Breitschwertes. Und auch wenn man ihm niemals etwas hatte nachweisen können, so gab es dennoch diese Gerüchte... Und Torbal war anscheinend außerordentlich ärgerlich... "Die beiden sind durch den Geheimgang der Burg entkommen? Was sagst du da, du unfähiger Penner?" Ascelin bereute es, dass er den Offizier nicht einfach beim geringsten Verdacht vor ein Gericht gestellt hatte... ,Nun... dann werde ich das eben etwas... unbürokratischer erledigen...' Der zweite Gesprächspartner war anscheinend ein total eingeschüchterter Unteroffizier. Ascelin konnte seine Angst förmlich spüren. "Sire, ich verstehe es auch nicht... Wir hatten am Ausgang mehr als ein Dutzend Kämpfer postiert!" ,Tja, Torbal - wie gewonnen, so zerronnen.' Ascelin musste grinsen. Torbals Stimme troff vor Sarkasmus. "KÄMPFER? Nulpen, Trottel, Schwächlinge oder was weiß ich - aber mit Sicherheit keine KÄMPFER!" Er holte Luft. "Wirkliche Kämpfer hätten sie bei einer Übermacht von zwölf zu zwei nicht einfach fliehen lassen!" Ascelin war einerseits erschrocken, dass einer seiner Offiziere sich derartig gehen ließ, andererseits konnte er sich der Komik der Situation auch nicht völlig entziehen. ,Immerhin bin ich ja gar nicht weg - sondern nur einen knappen Meter von dir entfernt, Torbal...' Dieser schäumte vor Wut. "Wenn ich nicht jeden Scheiß selbst erledige oder euch Nieten bei jedem gottverdammten Handgriff über die Schulter starre, wird hier nichts, aber wirklich gar nichts Vernünftiges zustande gebracht!" Der Unteroffizier andererseits schien der Verzweiflung nahe und versuchte stammelnd, sich zu rechtfertigen. "Hauptmann... Ich..." "HALT'S MAUL, DU ARSCH!" schrie der Angesprochene. Es erschien Ascelin, als hätte Torbal Angst... Er überlegte, ob er Torbal vielleicht einen Grund liefern sollte, Angst zu haben, als er mit einem Male Schritte vernahm, die sich von der Treppe her der Waffenkammer näherten. Schwer knallten die eisenbewehrten Stiefel von zwei weiteren Kämpfern auf den steinernen Boden, bis sie direkt vor der Türe halt machten. Einer der Neuankömmlinge erhob das Wort und seine Stimme klang kalt wie Eis und gleichzeitig hart wie Granit. "Hauptmann Torbal, Lord Goeran wünscht euch zu sprechen!" "Ja, verdammt - ihr seht doch, dass ich beschäftigt bin." bellte der Offizier. Ascelin beschlich das Gefühl, dass dies keine angemessene Antwort war. Und er sollte Recht behalten. "Lord Goeran wünscht euch zu sprechen. Sofort, Leutnant Torbal." Diesmal klang die Stimme nicht nur kalt und hart - nebenbei hatte sie auch noch einen Unterton, der so scharf war, dass er vermutlich ohne große Mühe durch eine Kettenrüstung schneiden würde. Die Schritte entfernten sich wieder, stampften in Richtung der Treppe davon. ,Eine reife Leistung - ohne die Stimme zu erheben derartig schneidend und bedrohlich zu klingen. Und ihn darüber hinaus in einem Nebensatz zu degradieren.' Der Elf war ehrlich beeindruckt. ...was auf Torbal anscheinend nicht zutraf. Dieser schien vielmehr gehörig Angst zu haben. "Was stehst du hier so dumm in der Gegend herum?" schrie er den immer noch anwesenden Unteroffizier an. ,Für den armen Kerl muss die Degradierung Torbals eine Genugtuung sondergleichen gewesen sein...' dachte Ascelin belustigt. "Beweg' endlich deinen widerlichen, fetten Arsch und liefere mir diesen dummdreisten Elf!" Es war Ascelin, als würde sich Torbals Stimme überschlagen wollen. "Jawohl, Leutnant, ich werde mich umgehend darum kümmern!" Nach einem kurzen Augenblick entfernten sich einmal mehr Schritte von der Tür - der Elf vermutete, dass es sich um den Unteroffizier handelte, der mit Sicherheit froh war, aus Torbals Nähe zu entkommen. Doch dieser schien es sich anders überlegt zu haben. "Feldwebel! " Die Schritte verstummten. "Ja, Leutnant?" Ascelin meinte eine Spur Unsicherheit in der Stimme des Unteroffiziers zu vernehmen. "Komm her! Sofort!" Wieder näherten sich die Schritte der Tür. Ascelin packte sein Schwert und das Stilett etwas fester, da ihm schon schwante, was jetzt passieren würde. "Feldwebel, ich glaube, wir müssen uns unterhalten..." Torbal war die Freundlichkeit in Person. Ascelin konnte förmlich sehen, wie er einen Arm um die Schultern des Unteroffiziers legte und ihm zuredete... ,Während die andere Hand an den Gürtel zum Dolch wandert...' Der Lord von Er'schabach klemmte sein Schwert unter den linken Arm und bewegte dann langsam seine Schwerthand zur Klinke der Tür... "Feldwebel, es scheint Euch ja geradezu gefallen zu haben, dass die Serfaltim mich degradiert haben..." Seine Stimme schien zuckersüß. ,Oh oh... das geht schief...' Ascelins Hand lag auf der Klinke, bereit, sie herunterzudrücken und die Geheimtür aufzureissen. Der Unteroffizier erwiderte nichts. "Nun, Feldwebel... Da ihr euch so herrlich amüsiert, möchte ich natürlich auch nicht zurückstehen..." Der Elf drückte langsam die Klinke herunter. "... und werde mir nun auch etwas Freude gönnen." ,Ich ahne schon, was diese Freude sein soll...' Ascelin zog die Türe langsam nach innen auf, immer bemüht, leise zu sein. "Feldwebel, ich vermute, Ihr wollt wissen, welche Art der Freude mir so vorschwebt..." Der Spalt in der Tür war mittlerweile gerade breit genug, dass Ascelin hindurchspähen konnte. Er sah Torbal, wie er tatsächlich mit dem linken Arm um die Schulter des Unteroffiziers mit dem Rücken zu ihm direkt vor der Tür im Gang stand. Sein rechter Arm nestelte hinter seinem Rücken am Gürtel und löste den dort befestigten Dolch, während er noch immer auf seinen Untergebenen einredete. "Nun, ich werde eure Neugier gleich befriedigen. Doch lasst mich vorerst etwas ausholen..." Ascelin stellte seinen Fuß in die Lücke und drückte mit ihm die Tür vorsichtig weiter auf, während er das Schwert wieder zur Hand nahm. "Feldwebel, ich bin ein Mann einfacher Freuden. Ein einfacher Soldat, zufrieden mit meinem Leben... Oder zumindest wäre ich das, wenn nicht... Ja, wenn nicht die Inkompetenz meiner Untergebenen mir ständig einen Strich durch die Rechnung machen würde..." Der Hauptmann - ,nein, der ehemalige Hauptmann' korrigierte sich Ascelin nicht ohne Befriedigung - schob den anderen langsam in Richtung der Treppe, während er seine Hand mit dem unterdessen vom Gürtel gelösten Dolch noch immer hinter dem Rücken verborgen hielt. "Doch eigentlich ist das nicht ganz so schlimm wie es mir anfangs schien, gibt es mir doch die Möglichkeit, etwas häufiger einigen meiner... nun... speziellen Freuden zu frönen..." "Leutnant Torbal, welche Art von... Freuden meint ihr?" fragte der Feldwebel ängstlich. ,Ich weiß, was der Arsch vorhat...' Ascelin hatte die Tür nun vollständig geöffnet und trat leise durch die Öffnung als der Offizier den anderen Soldaten anschrie. "HABE ICH DIR ERLAUBT ZU SPRECHEN, ABSCHAUM?" Torbals Hand, welche hinter seinem Rücken den Dolch hielt, verkrampfte sich in seiner Wut derart stark, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er räusperte sich kurz, dann fuhr er wieder mit honigsüßer Stimme fort. "Nein, ich hatte Euch nicht erlaubt zu sprechen - also unterbrecht mich nicht!" Er hielt inne. Ascelin näherte sich langsam den beiden, Schwert und Stilett kampfbereit erhoben. "Bevor Ihr mich so ungehörig unterbrochen habt, wollte ich Euch gerade erklären, welche Art des Amüsements ich bevorzuge, mein lieber Feldwebel..." Er schöpfte kurz Atem, dann fuhr er fort. "Nun... Ich bin ein Anhänger der Astrologie, müsst Ihr wissen... Und besonders angetan hat es mir..." Mit einem Satz sprang er hinter den Soldaten und hielt ihm den Dolch an die Kehle. Ascelin hatte sich unterdessen noch einige Schritte an die beiden herangepirscht und stand nun kaum mehr als eine Armeslänge von ihnen entfernt. "... die Bluttechnik, die es ermöglicht, aus den Eingeweiden eines Menschen..." Ascelin hob das Stilett noch einige Zentimeter höher und begann, auszuholen... "...sowie aus der Art, wie das Blut aus seiner Kehle spritzt, ein Horoskop für diese Person zu erstellen..." Der Elf stach zu und rammte das Stilett seitlich in Torbals Hals. "Ja - doch dummerweise kann diese Person nichts mehr mit dem Horoskop anfangen, nicht wahr, Torbal?" Der Offizier röchelte überrascht, dann entglitt der Dolch seinen Fingern und er stürzte zu Boden. Im Fallen hob er die Hände an den Hals und versuchte, den Strom sattroten Blutes aufzuhalten, der diesem entsprang. "Na, dein Horoskop jedenfalls offenbart einen Scheißtag... Vielleicht solltest du dich etwas ausruhen... Immerhin warst du oben in der Halle auch nicht gerade erfolgreich..." Ascelin nahm das Schwert und berührte damit sachte den Rücken des Feldwebels, der, überrascht von dieser Wendung, wie versteinert noch immer mit dem Rücken zu ihm stand. "Nun gut, Feldwebel... Wollt ihr euch ihm anschließen oder nicht?" Der Unteroffizier konnte seine Überraschung nicht verbergen. "Lord... Lord Formain? Kann es sein?" "Lebendig, wie Ihr seht... Mhh... Nein, wie Ihr sehen würdet, wenn Ihr die Güte hättet, Euch umzudrehen..." Langsam drehte der Soldat sich um. "Lord Formain... Ich dachte, Ihr wäret geflohen..." Er bewegte vorsichtig die Hand zum Gürtel, in Richtung des Dolches, der dort in seiner Scheide stak. "Feldwebel, ich würde das lassen..." warnte Ascelin den Mann, doch es war bereits zu spät. Mit einem Aufschrei riss der Soldat seinen Dolch vom Gürtel und wollte sich auf Ascelin stürzen. Dieser wich einen Schritt zurück und trennte ihm ohne weiter zu zögern mit einem einzigen kraftvollen Schlag seines Kurzschwertes den Kopf von den Schultern. "Verdammter Narr! Was hast du Idiot dir dabei gedacht?" Ascelin sprang zurück, um dem Schwall Blut auszuweichen, der sich aus dem Hals des ehemaligen Unteroffiziers seiner Burgwache ergoss. Dann bückte er sich und zog das Stilett aus Torbals Hals, um es anschließend ebenso wie das Schwert an den Kleidern der beiden Soldaten zu reinigen. ,So eine Sauerei... Und ich hatte die Waffen gerade erst gesäubert...' Nachdem er die Klingen sorgsam gereinigt und sie wieder an seinem Gürtel verstaut hatte, machte er sich auf, weiter in die Burg vorzudringen. ,Nicht, dass noch irgend jemand nach Torbal sucht...' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)