Erwärme mein Herz von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Gegen die Zeit ---------------------- Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden. Was aber, wenn sie bei manchen Menschen genau das Gegenteil tut? Kann die Zeit trotzdem diese offenen Wunden heilen? Wenn zwei Menschen sich lieben, aber lange getrennt sind, kann ihre Liebe alle Zeit überdauern? Ja, sie kann. Man sagt, Liebe ist unvergänglich. Sie ist ewig und wenn die Zeit nicht alle Wunden heilen kann, kann es die Liebe. Kapitel 1: Inzwischen --------------------- Hallohallo! ^.^ Bin wieder mit ner neuen FF an bord! Natürlich werd ich die andern beiden nicht vernachlässigen und fleißig weiter dran arbeiten... Aber ich wollte wissen, wie diese neue idee ankommt, und deshalb bitte ich alles Escaflowne-fans und alle anderen das hier zu lesen und mir eure meinung zu posten! Mehr sag ich jetzt auch net.. Lest es einfach mal! Ich hoffe, es gefällt! Mata ne Chiyo-san ---------------------- Inzwischen "König Van! So wartet doch!" Kobe rannte mit hochrotem Gesicht über den Palasthof, ein riesiges Buch auf dem Arm. "Ihr könnt nicht einfach verschwinden! Ihr müsst vorher noch die Gaia-Cronik abzeichnen!", rief er keuchend und erreichte endlich die kleine Truppe von Menschen. Japsend glättete er seinen langen blauen Umhang, der vom herumlaufen ganz verzogen war. "Das hättest du dir früher überlegen sollen, Kobe! Ich gehe heute Jagen und keine Cronik der Welt kann mich davon abhalten!", entgegnete ein wütender König und zog die Zügel seines schwarzen Rappen scharf zurück. "Aber euer Hoheit! Wenn sie sie heute nicht durchlesen und abzeichnen, wird der morgige Staatsbesuch von Asturia höchst entzürnt sein!", sagte Kobe verzweifelt. "Ich kann das Ding genauso gut noch morgen unterschreiben! Also geh mir aus dem Weg und belästige mich nicht weiter mit solchem Unsinn!", sagte Van aufgebracht und funkelte seinen obersten Berater mit vollster Verachtung an. Er saß hoch zu Roß, mit grüner Jagdkleidung , Pfeil, Bogen, Dolch und Schwert ausgerüstet. Seine Kniehose aus feinstem Leder war über den Stiefeln verschnürt und sein weißes Hemd mit dem goldbestickten Wams darüber sagten seinen Status aus. Genauso erhaben wirkte sein strenger Gesichtsausdruck und die braunen Augen, die auf Kobe herabschauten, wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Kobe dagegen sah aus wie jeder andere der 6 Berater des Prinzen. Er trug den langen, blauen Umhang mit den Silberborten am Ärmel und die silberglänzende Kappe auf dem Kopf. Nur die sechs silbernen Dreiecke, die in Brusthöhe im Umhang eingestickt waren, verrieten, dass er der höchste königliche Berater war. Er spürte, wie in ihm Wut hochstieg, doch sein Stand erlaubte es ihm nicht, diese auch zu zeigen. Stattdessen senkte er mit großer Geste den Kopf und trat vor dem wilden Hengst des Königs zur Seite. "Ich wünsche euch viel Vergnügen bei der Jagd, euer Hoheit...", sagte er langsam. Er wusste, dass es keinem Zweck hatte, gegen das Wort des Königs zu sprechen. Andernfalls würde er seinen immer vorhandenen Zorn zu spüren bekommen. Doch er wollte die Hoffnung nicht ganz aufgeben, dass der Prinz irgendwann zur Vernunft kommen würde und endlich seinen Pflichten nachgeht, als ständig Vergnügungen wie dem Jagen nachzugeben. "Gut, dass wir uns nun einer Meinung sind!", warf Van scharf zurück und zog abermals ruckartig an den Zügeln seines tänzelnden Hengstes, welcher langsam unruhig wurde. Als der Hengst schließlich aufstieg und Vans pechschwarzes Haar dadurch in Bewegung geriet, vervollständigte sich Kobes Bild eines schwarzen Wirbelwindes. Dieser König war nicht aufzuhalten! "Heyah!!", rief Vn und trieb sein Pferd an. Dem plötzlichen Aufbruch folgten die anderen 10 Reiter, die den König bei der heutigen Mammut-Jagd begleiteten. Kobe schaute ihnen hinterher, solange bis sie aus dem Schlosstor hinaus und nicht mehr zu sehen waren. "Wo ist der Mensch, des diesen Mann bändigen kann?", fragte er. Eigentlich hatte er das nur im Gedanken sagen wollen, doch war es ihm rausgerutscht. Insgeheim hegte er diesen Wunsch schon seit vielen Jahren... Heute sah er im Vergleich zu letzter Woche ganz Fit aus. Sie hatte ihn die ganze Stunde kein einziges mal klagen hören, geschweige denn, dass er sich weigerte weiterzumachen. "Gut, Tomu, weiter so!", sagte Hitomi und ging dann an ihren Platz zurück, direkt vor der trainierenden Gruppe. "Das wars denn für heute!" (erleichtertes Stöhnen ging durch die Reihen) "Vergesst eure Dehnübungen nicht! Bis nächste Woche!", rief sie freudig und beendete damit die Sportstunde. Die Mädchen und Jungs trabten erleichtert vom Platz zu ihren Handtüchern und Wasserflaschen, die sie auf der Tribühne platziert hatten. "Tomu, kommst du mal schnell?", sagte sie zu dem 12 Jährigen Jungen, der sofort zu ihr rüber kam. Er wippte etwas verlegen von einem Bein aufs andere, als er so vor ihr stand. "Wie geht's deinem Muskelkater?", fragte sie und versuchte ihr wärmstes Lächeln aufzulegen. "Oh, der ist schon weg! Deswegen gings heute ganz gut!", erwiderte er erfreut. Anscheinend hatte er etwas anderes erwartet. "Du warst heute echt gut! Du wirst auch immer besser!", sagte Hitomi weiter und trocknete gleichzeitig ihren verschwitzten Nacken mit dem Handtuch ab. "Danke, Kansaki-Sempai...", erwiderte er leise. Hitomi schickte ihn mit einem Klaps auf den Rücken weg. Er war wirklich ein Goldjunge! Das hatte aber einige Zeit gedauert... Tomu war ein Waise. Seine Eltern waren bei einem Erdbeben gestorben und nun hatten ihn Verwandte hie in Tokio aufgenommen. Als er vor einem Jahr hier her kam, war er mürrisch und still, schloss sich von seinen Kameraden aus und wies jeden Annäherungsversuch ab. Doch im Sport hatte er eine Beschäftigung gefunden, die ihn auftauen ließ. Er integrierte sich nun endlich in der Klasse und schöpfte neunen Mut. Hitomi hatte sich das alles sagen lassen und war deshalb sehr nachsichtig mit ihm, seit seinem Einstieg in die Leichtathletikgruppe vor drei Wochen. Doch wieder mal war ihm der Sport gut gesonnen und er lernte schnell. Was Hitomi umso mehr freute! Sie machte den Nebenjob an der Schule nun schon seit 5 Jahren, und Tomu war der erst Problemfall der ihr begegnete, weswegen sie immer versuchte, sich besonders um ihn zu kümmern. Sie seufzte. Die Arbeit hier an der Schule macht sie wirklich viel zu selten... Sie hatte zwar 5 Tage in der Woche, immer gegen Abend eine Gruppe in Leichtathletik, doch das war manchmal schon viel zu wenig. Der Sportlehrer an der Schule gab zwar auch Leichtathletik-Unterricht, doch Hitomi hatte sich zusätzlich für weitere Gruppen, den Sport auch in ihrer Freizeit treiben wollen, bereitgestellt. Dafür hatte sie sich zwar extra eine Lizenz erarbeiten müssen, doch das war für Hitomi kein Problem! Sie war ein Arbeitstier! Am späten Abend, als die Sonne schon in der Bucht von Tokio versunken war, schloss Hitomi ihre Wohung auf und trat erleichtert ein. Ihre Wohnung war für japanische Verhältnisse relativ groß. 3 geräumige Zimmer, die sie als Wohnzimmer, Büro und Schlafzimmer nutzte. Dazu noch eine hübsche Küche und ein, für ihre Verhältnisse, riesiges Bad, mit einer dementsprechenden Badewanne. Außerdem gab es da noch den langen Flur, einen Lagerraum für alle Mögliche und einen kleinen, begehbaren Schrank. Hitomi war sehr stolz auf ihre Wohnung, vor allem, dass sie sie sich leisten konnte! Mit ihrem Hauptberuf verdiente sie nicht schlecht, ebenso wie bei ihren zusätzlichen Trainingsstunden. Hitomi ließ sich auf ihr Sofa fallen und schaltete den Fernseher ein... Noch ein wenig Entspannung vor dem nächsten Arbeitstag... "Kansaki-san? Wie stehts mit den Reaburn Daten?", fragte Kagami, als sie durch die Tür zu Hitomis Büro spitzte. "Sind erledigt. Ich muss sie nur noch einmal prüfen lassen...", murmelte Hitomi, über einen Papierhaufen gebäugt. "Gut!" Kagami trat ganz ins Zimmer und stellte sich vor Hitomis Schreibtisch. Sie bewunderte ihre Chefin sehr! Immer sah sie gut aus, hatte einen unbeschreiblich eleganten Kleidungsstil und ihre langen, braunen Haare glänzten wie Seide bis zu ihrem Schulterblatt hinunter. Dazu noch ihre grünen Augen, die konzentriert über das Papier wanderten. Kagami fasste sich ein Herz und versuchte abermals ihre Vorgesetzte umzustimmen. "Äh, Kansaki-san?", fragte sie unsicher. Hitomi blickte nun endlich auf. "Ja?" Sie musterte ihre Sekretärin von oben nach unten, und an ihrer verlegenen Mine konnte sie schon erkennen, was nun gleich folgen würde. Kagami hatte die Augen gesenkt und errötete leicht, was gar nicht zu ihrem Dress passte, welches in einem sanften rosè ton gehalten war. Dann strich sie eine ihrer schwarzen Haarstränen zurück, die ihr aus dem Zopf gerutscht war und schaute Hitomi direkt an. "Morgen ist ja ein Feiertag... Und da wollte ich sie fragen, ob ich sie vielleicht zum Essen einladen kann...", begann Kagami hoffnungsvoll. Hitomi lächelte. "Kagami, du weißt doch, ich kann...", wollte sie erwidern, doch Kagami unterbrach sie auf ungeschickte Weise. "Mein Mann würde sich auch sehr freuen, sie endlich einmal kennen zu lernen! Außerdem verbringen sie den Tag doch sowieso alleine...", redete sie weiter auf ihre Chefin ein. Sie versuchte seit 3 Jahren ihre Vorgesetzte dazu zu bewegen, ihre Einladungen anzunehmen, an jedem Feiertag im Jahr. Doch Hitomi hatte bist jetzt jedes mal abgelehnt. "Bitte, Kansaki-san!" Ihre braunen Augen schauten Hitomi hoffnungsvoll an und die Wirkung war ähnlich wie beim Betrachten eines Hunde-Welpen. "Kagami... Was muss ich noch tun, damit du verstehst, das ich...", setzte Hitomi fort, doch diesmal fiel ihr keine geeignetes Argument ein. Ihr übliche Ausrede, dass sie keine Zeit hätte, würde hier nicht gelten, ebenso wenig, dass sie lieber allein wäre... Kagami drückte ihre Wirbelsäule durch und stellte sich krampfhaft näher an den Schreibtisch. "Bitte!", bat sie nochmals und schaute Hitomi vorwurfsvoll. Hitomi seufzte. Diesmal würde sie ihrer Sekretärin wohl nicht entkommen. "Nun gut... Wann soll ich kommen?" Hitomi lächelte schief. "Oh DANKE, Sempai! Sie werden das nicht bereuen!", sagte Kagami hoch erfreut und ihre Augen strahlten. Nun sah sie wieder aus, wie die stets gutgelaunte Sekretärin, die Hitomi so mochte. Ihre Gesichtszüge, ihr rundes Gesicht und der zierliche Körper mit den ausgeprägten Hüften. "Ich bin sicher, dass ich das nicht bereuen werde, aber wann soll ich kommen?", fragte Hitomi abermals und musste über den Eifer ihrer Gehilfin schmunzeln. "Äh, um sieben! Kommen sie morgen Abend um sieben bei mir vorbei!" "Ich werde pünktlich sein!", sagte Hitomi und lächelte erneut. "Aber jetzt nimm diese Akten mit in die Marketing-Abteilung und lass sie prüfen." Sie reichte ihr einen Stapel Papiere, den Kagami höflich entgegennahm. "Selbstverständlich!", sagte sie freudig und verschwand wieder durch die schwarze Tür. Hitomi lehnte sich seufzend zurück. Sie hatte es also geschafft sie zu überreden! Naja, ein Abend allein in der Wohnung war wahrlich nicht besser, als ein gutes Essen bei einer Arbeitskollegin. Doch vor dem Feiertag musste sie noch einige Sachen erledigen. Und so ging sie die Computerdaten durch und überprüfte den aktuellen Auftrag noch mal. Sie arbeitete Hauptberuflich in einer angesehenen Werbefirma, mitten in Tokios Innenstadt. Letztes Jahr war sie befördert worden, und saß nun im 15 Stock, in ihrem eigenen Büro mit Sekretärin, kurz unter der Chefetage. Sie war zuständig für die Auftragsbearbeitung und Gestaltung der Werbung. Sie überlegte sich ein Konzept, schlug es beim Chef vor und je nach Zustimmung ließ sie es ausarbeiten. Dass sie einmal ein Büromensch werden würde, hätte sie nie gedacht! Deshalb war der Sportunterricht ein guter Ausgleich. Hitomi hatte plötzlich das Bedürfnis aus dem Fenster zu schauen. Von dort konnte sie direkt auf die Bucht von Tokio blicken, wo die Frühjahrssonne gerade dem blauen Wasser einen zauberhaften Glanz verlieh. Überall blühten gerade die Kirschblüten auf, was auch der Anlass des morgigen Feiertags war. Hitomi konnte von dort auch das hohe Gebäude sehen, in dem sich ihre Wohnung befand. Sie schaute wieder aufs Meer und betrachtete die Schuppenartigen Wölkchen am Himmel. Die Farbe der Wolken und die unendliche Freiheit, die sich dahinter verbarg, erinnerte sie manchmal an Zeiten, die sie schon fast vergessen hatte. Doch diese Zeit war nun schon 13 Jahre her... Und es schmerzte Hitomi daran zu denken. Kapitel 2: Verlorene Freundin ----------------------------- so! nu gleich das zweite kapitel! Ich war ech überracht, dass die story so gut bei euch angekommen ist! Das kann mich nur motivieren weiterzuschreiben! ^.^ Bitte nicht enttäuscht sein, aber in den ersten kapiteln wird es vorwiegend um hitomi gehen... Auf Van müsst ihr noch etwas warten! *zwinker* Nun aber viel spaß beim lesen und schreibt mir eure meinung! Gruß Chiyo-san ------------------------------ Verlorene Freundin Wie üblich waren die Straßen Tokios vollgestopft mit Autos, und an den Ampeln standen riesige Trauben von Menschen. Darunter befand sich auch Hitomi Kansaki, mit einem Handy am Ohr und unablässig redend. "Kagami, ich bekomme den Entwurf nicht früher als morgen fertig! Außerdem ist hier wieder mal die Hölle los und ich bin kaum aus der U-Bahn rausgekommen, also bitte sieh die Akten alleine durch!", schrie sie aufgebracht in das kleine Gerät. Ihre Frisur sowie ihr Kostüm saßen wie immer perfekt, nur ihr Gesichtsausdruck verriet ihren Ärger. "Ich kann mich nicht zerteilen! In 10 Minuten bin ich im Büro!", schrie sie erneut energisch in den Hörer und legte auf. Die Ampel schaltete auf grün und Hitomi wurde automatisch über die Straße geschoben. Ihre Wut verrauchte ein wenig, als sie sich durch die Fußgängermassen schlängelte. Normalerweise war sie diesen Trubel von Tokios Innenstadt gewöhnt und die Ruhe selbst, doch an diesem Tag war sie so gereizt, dass sie Feuer spucken könnte! Sie hatte gestern noch kurzfristig einen neuen Werbeauftrag bekommen, den sie in 3 Tagen fertig haben musste, und Kagami schleppte täglich noch mehr Arbeit an. Sie war deshalb wirklich genervt! Der Feiertag war nun schon wieder eine Woche her, und trotzdem hatte sie soviel Arbeit wie schon lange nicht mehr. Zwar war das Abendessen bei Kagami relativ entspannt verlaufen und sie hatten einen netten Abend, doch konnte davon nicht mehr die Rede sein... Wenig später befand sich Hitomi wie gewohnt hinter ihrem Schreibtisch und arbeitete am Computer, als ihre Sekretärin herein kam. "Ich bringe die Daten...", sagte sie monoton und legte einen Stapel Akten auf den Tisch. Still und leise wollte sie das Büro wieder verlassen, doch Hitomi hielt sie zurück. "Kagami...", begann sie und fixierte sie. "Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich vorhin am Telefon so schroff war..." Kagami lächelte schwach. "Schon gut... Ich war nicht ganz gerecht....", sagte sie und winkte bedauernd ab. "Ich wollte wirklich nicht...", redete Hitomi weiter und schnaufte tief durch. Kagami trat näher an den Schreibtisch heran. Dann sprach sie zögernd: "Ich weiß, dass sie viel zu tun haben... Sie geben immer ihr bestes und ich weiß auch wohl, dass sie sich deswegen nicht zerteilen können. Es war mein Fehler." Sie seufzte. Aber sie war noch nicht fertig. "Als sie letzte Woche meiner Einladung gefolgt sind, war ich so froh, das können sie sich gar nicht vorstellen! Ich bewundere sie sehr, Kansaki-san, und ich wollte mehr mit ihnen zu tun haben, als nur täglich zwischen einer Bürotür. Ich wollte ihre Freundin werden..." Hitomi hob erstaunt ihre Augenbrauen. Sie wusste, dass Kagami sehr an ihr hing, aber dass sie sich gleich so um sie sorgte? "Doch sie haben sich nach diesem Abend erneut in ihr Schneckenhaus zurückgezogen...", fuhr die Sekretärin fort. Dann sah sie Hitomi genau in die grünen Augen. "Ich weiß, dass sie keine Freunde haben...", sagte sie trocken. Hitomi schnappte unbewusst nach Luft. Wie konnte sie das so unverblümt sagen? "Kagami, was soll das denn jetzt...!", setzte sie an, doch Kagami fuhr in einem fort. "Ich weiß es. Ich habe sie lange Zeit beobachten. Sie haben niemanden... Ihre Mutter ist Tot, das haben sie mir selbst gesagt. Deswegen, und nur deswegen, wollte ich ihnen helfen, ihnen eine gute Freundin sein." Kagami wandte sich von den Moosgrünen Augen ab und schaute aus dem Fenster zu der Fassade eines weiteren Wolkenkratzers. "Aber sie haben immer abgelehnt, all meine gutgemeinten Angebote! Bis zur letzten Woche...", meinte sie und zupfte an ihrem beigefarbenen Rock herum, der vom Sitzen Falten bekommen hatte. Hitomi wippte leicht auf ihrem Schreibtischstuhl hin und her. Kagami sollte zuerst aussprechen, bevor sie selbst etwas sagen würde.... "Ich war froh darüber, wirklich froh, aber dennoch haben sie mich nicht näher an sich rankommen lassen... Und nun habe ich keine Zeit mehr, mich um sie zu bemühen." "Wieso das denn?", fragte Hitomi verwundert. Irgendwas am Tonfall von Kagamis Stimme machte sie stutzig. "Ich kündige", sagte sie prompt und schaute flüchtig zu Boden. Hitomi realisierte im ersten Moment gar nicht, was Kagami gesagt hatte, bis die Worte Silbe für Silbe zu ihr durchdrangen. "Du willst kündigen? Was...? Was hat das zu bedeuten, Kagami?" Hitomi hielt es nicht länger auf, nur still in ihrem Schreibtischstuhl dazusitzen und sie richtete sich langsam auf und blickte ihre Sekretärin scharf an. Was hatte sie ihr getan? Wieder Erwarten, wurde Kagami plötzlich sehr verlegen, und tat so als würde die Musterung des Teppichbodens besonders interessant sein, bevor sie zu Hitomi aufblickte. "Naja, es hat sich vielerlei ergeben... Mein Mann hat eine Stelle in Nagoya bekommen und außerdem... bin ich schwanger...", verkündete sie leise. Hitomi seufzte erleichtert aus. "Das freut mich Kagami! Wirklich!" Sie schritt um den Schreibtisch herum und drückte ihre Sekretärin kurz, um ihrer ehrlichen Freude noch mehr Ausdruck zu verleihen. Kagami, die ihr gerade mal bis zur Schulter reichte, nickte dankbar. "Das ist doch wunderbar, Kagami! Was solllte dann das mit der Kündigung?", fragte sie vorsichtig. Kagami zupfte wieder an ihrem Rock herum. "Ich muss kündigen. Mein Mann kann die Stelle schon im nächsten Monat antreten, und bis dahin müssen wir uns um den Umzug kümmern. Ich kann nicht mehr länger für die arbeiten....", meinte sie bedauernd. "Also hat die Kündigung nichts mit mir persönlich zu tun?", wollte Hitomi wissen und sprach damit ihre Gedankengänge laut aus. Kagami schüttelte abwehrend den Kopf. "Nein, ganz und gar nicht! Aber ich finde es bedauerlich, dass wir keine Freunde mehr werden können..." Sie sah Hitomi abermals in die Augen. "Sie sind eine gute Chefin und ein guter Mensch, Kanzaki-san. Verschließen sie sich nicht länger vor dem Leben! Versprechen sie mir, dass meine Mühen nicht ganz umsonst waren und sie sich nicht für immer in ihr Schneckenhaus zurückziehen!" Hitomi schnaufte fest durch. Einerseits fand sie es empörend, sich die Unterstellungen machen zu lassen, andererseits konnte sie Kagami nichts anderes als Zustimmen. Ihre Sekretärin hatte ihr zuguterletzt doch so etwas wie die Meinung gesagt. Sie reichte Kagami die Hand. "Ich verspreche es..." Kagamis Augen formten sich berührt zu Halbmonden, bevor sie das Büro verließ. Am Abend saß Hitomi in ihrer Wohnung auf der Couch und hörte mit halbem Ohr dem Nachrichtensprecher im Fernsehen zu, während sie sich mit großer Sorgfalt ihre Zehennägel mit einem zarten Aprikot - Ton lackierte. Das tat sie nicht oft, meist nur um sich irgendwie zu beschäftigen. Sie ging so gut wie nie weg. Wenn sie am Abend nicht gerade Trainingsstunden hatte, blieb sie zuhause und las, kochte oder sah Fernsehen. Doch heute konnte sie sich nicht so leicht ablenken. Sie musste immerzu an das Gespräch mit Kagami zurückdenken. Sie hatte ihr skrupellos die Wahrheit direkt vors Auge geführt: Hitomi hatte keine Freunde. Jetzt, wo sie das von jemand anderem gehört hatte, wurde es ihr umso schmerzlicher bewusst... Es stimmte, ihre Mutter war tot, aber das war nicht der Grund für ihre Zurückgezogenheit. Vor ihrem Geistigen Auge, erschien ein Bild von einem gutaussehenden, schwarzhaarigen Jungen, der sie anstrahlte und ihr aufmunternd die Hand entgegenhielt. Sie versuchte das Bild auszulöschen und verrutschte dabei mit dem Pinsel, sodass sich nun ein Aprikotfarbener Streifen über ihren gesamten Fuß erstreckte. Ja, Van war mit Schuld daran. Natürlich war sie mittlerweile erwachsen und für sich selbst verantwortlich, aber in ihrem Unterbewusstsein erkannte sie, dass Van und Gaia der Grund für ihre Zurückgezogenheit waren. Nachdem sie wieder auf die Erde zurückgekehrt war, ging es ihr gut, denn sie glaubte daran, dass Van immerzu bei ihr war, im Gedanken und Herzen. Aber das war ihr zu einer Illusion geworden... Sie hatte sich in Arbeit gestürzt, sich ein komplett neues Leben aufgebaut, ohne auch nur noch einen einzigen Gedanken an Van und die damit verbundenen Geschehnisse zu verschwenden... Und jetzt? Jetzt war sie 29, und durch die simple Sorge ihrer Sekretärin wurde sie wieder mit alldem konfrontiert und in eine Zeit zurückgeschleudert, von der sie glaubte, dass sie schon längst vergangen war! Sie fluchte auf und wischte sich den Nagellackstreifen energisch weg. Verdammt! Kagami hatte ja so recht! Sie hatte niemanden, niemandem dem sie sich anvertrauen konnte und wollte! Sie ließ niemanden an sich heran! Weder einen ihrer Kollegen oder andere flüchtige Bekannte, geschweige denn Männer, die ernsthaftes Interesse an ihr zeigten. Wieso musste sie erst ihre Sekretärin darauf aufmerksam machen? Erneut fluchend stand sie auf und wollte im Badezimmer den Nagellackentfernen holen, als der Nachrichtensprecher im Bildschirm plötzlich ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Sämtliche Gedanken an Van waren weggewischt, als sie einen Blick auf die rote Skala warf, die nun im Hintergrund eingeblendet wurde. "Wie sie sehen können, schlägt die Skala bereits im Roten bereich an. Sie Vorbeben haben im Raum Nagoya und in den mittleren Regionen von Honshu bereits beträchtliche Schäden verursacht. Erdbebenspezialisten vermuten, dass auch der Raum Tokio nicht verschont bleibt. Ich bitte sie daher darum, vorsichtig zu sein und keinesfalls allein in einem Gebäude zu bleiben. Die Erdbeben müssen als besonders gefährlich eingestuft werden und wir rechnen in den nächsten Tagen mit ihnen..." Hitomi hatte ihr Nagellackunglück plötzlich vergessen. Erdbeben? Das waren ganz und gar keine gute Neuigkeiten... Kapitel 3: Die Erde bebt ------------------------ sodala! Nachdem ich jetzt 3 Wochen in Japan war, konnt ich das 3 Kapitel schreiben und hier ist es... Wie von euch allen heiß herbeigesehnt, tritt Hitomi wieder ihre Reise nach Gaia an. Viel Spaß beim lesen und bitte schreibt mir ein paar motivierende Kommis! Gruß, Linda ---------------------------------- Kapitel 3 - Die Erde bebt Die Erdbebenwarnung hatte nicht nur Hitomi in Aufruhr versetzt, sondern auch den größten Teil der Stadt. Viele Leute blieben einfach zuhause und warteten bang auf das Beben, andere ließen sich davon nicht in Panik versetzen und gingen ganz normal durch ihr alltägliches Leben. So auch Hitomi. Sie ging ganz normal zur Arbeit, ganz normal zu ihren Sportstunden und versuchte, sich nichts von ihrer inneren Besorgnis anmerken zu lassen. Sie hatte noch nicht oft ein Erdbeben miterlebt, meistens auch nur kleine Erschütterungen, aber eine so große Warnung war ihr noch nie untergekommen. Deshalb war sie auch sehr beunruhigt... Sie wollte nicht, dass sich etwas in ihrem Umfeld veränderte, dass womöglich ein Gebäude einstürzte oder jemand ihr Bekanntes verletzt wurde. Doch an diesem Wochenende musste sich sich wohl oder übel darüber Gedanken machen. Sie saß in ihrer Wohnung, eine Schüssel Salat auf dem Arm und ein Buch in der Hand. Sie hatte schlichtweg keine Arbeit im Büro, in die sie sich hätte hineinstürzen können. Darüber hinaus war das Wetter nicht besonders optimal für irgendwelche Aktivitäten auf dem Sportplatz. Der Abendhimmel über der Stadt hatte sich mit dicken, grauen Wolken zugezogen, welche baldige Schauer und Gewitter versprachen. Und so vertiefte sie sich in ein Buch. Es sollte eigentlich ein Krimi sein, doch das ganze Geschehen entwickelte sich zusehends zu einer Liebesgeschichte... "Er sah in ihre stahlblauen Augen, und wäre fast darin versunken, hätte sie sich ihm nicht entgegengestreckt um ihn sanft..." Hitomi klappte das Buch zu und legte es beiseite. Sie konnte einfach keine Liebesgeschichten lesen! Sie konnte es einfach nicht ertragen und genau das rief ihr wieder Kagamis Anschuldigungen in Erinnerung. Es war kindisch, verhext und einfach lächerlich wie sie sich benahm, aber es war nun mal eine Tatsache, dass sie solche Sachen immer an Van erinnerten und das konnte sie am wenigsten ertragen... Missmutig rappelte sie sich vom Sofa auf und gabelte sich wieder Salat auf, als das Telefon klingelte. Hitomi stellte den Salat ab und griff zum Hörer. "Ja, Hallo?", fragte sie und räusperte sich. "Ja, Hallo... ähm, bin ich hier richtig bei Frau Kansaki?", fragte eine Frauenstimme, die leicht verunsichert klang. "Ja, das sind sie...", bestätigte Hitomi. "Und mit wem spreche ich?", fragte sie weiter und lauschte auf eine Antwort. "Mein Name ist Imaeda... Azusa Imaeda... Ich bin die Tante von Tomu Imaeda...", sagte die Frau, nun noch verunsicherter, was Hitomi sehr stutzig machte. "Oh, ja, Tomu... Was kann ich für sie tun Imaeda-san?", wollte Hitomi wissen und ließ sich wieder aufs Sofa sinken. "Tomu... Er ist weg!", platzte sie heraus. "Inwiefern?", fragte Hitomi, nun alamiert. "Er ist gestern nicht nach Hause gekommen, und bis jetzt noch nicht aufgetaucht!" Die Stimme am anderen Ende der Leitung war nun schon panisch aufgeregt. "Haben sie noch nicht herumtelefoniert, in der Schule oder bei Freunden angerufen?", fragte Hitomi ruhig, um die Situation zu entschärfen. "Ja, habe ich! Er ist nirgendwo aufgetaucht!" "Wollen sie nicht vielleicht die Polizei informieren?" Hitomi runzelte die Stirn. So was sah Tomu gar nicht ähnlich... "Nein!! Noch nicht jetzt jedenfalls... ich dachte dass sie vielleicht eine Idee hätten, wo sich Tomu aufhält? Sie haben doch einen guten Draht zu ihm, oder? Er erzählt immer viel von den Sportstunden..." Frau Imaeda klang hoffnungsvoll und wartete gebannt auf Hitomis Antwort. "Ja, schon... Aber ich wüsste nicht, wo er sein könnte... Hm, ... haben sie vielleicht eine Ahnung warum er nicht nach Hause gekommen ist?" Hitomi dachte scharf nach, doch ihr fiel kein logischer Grund für Tomus Verhalten ein. "Ja..." Frau Imaeda klang resigniert. "Tomu hasst Erdbeben... Er hasst sie so sehr und hat trotzdem soviel Angst davor, weil seine Eltern dadurch gestorben sind. Ich weiß nicht, was dann in ihm vorgeht, aber ich denke, das ist der Grund...", sagte sie langsam. Hitomi dachte darüber nach. Es konnte stimmen, ja. Aber wo könnte Tomu stecken? "Ähm... Tomu wäre doch zuhause am sichersten... Warum kommt er dann nicht einfach?", fragte Hitomi ratlos. "Weil er hier auch nicht mehr sicher ist... Wir wohnen nicht in Tokios Innenstadt, sondern eher außerhalb... Und heute Nacht gab es bei uns bereits eine kleine Erschütterung des vorhergesagten Erdbebens...", sagte Frau Imaeda leise. Hitomi atmete scharf ein. Das Stimmte! Die Meldung kam heute Morgen in den Nachrichten! Wenn das wirklich so war, und Frau Imaeda kein großes Aufsehen erregen wollte... "Lassen sie mich kurz überlegen...", sagte Hitomi in den Hörer. Wo konnte er sein? Wo war Tomu gerne? Kannte sie ihn so gut, dass sie das sagen konnte? Hitomi überlegte heftig, als ihr etwas einfiel... Womöglich war er am Sportplatz... Ja, das war gut möglich! Sie selbst suchte vor langer Zeit Zuflucht auf dem Sportgelände und trainierte ihre Sorgen weg... Vielleicht tat Tomu nun das gleiche! "Imaeda-san? Ich weiß eventuell, wo sich Tomu aufhält..." Hitomi beeilte sich. Sie zog sich sofort um, griff zu Jeans, Shirt, Pullover und Turnschuhen. Vorsichtshalber nahm sie noch einen Regenschirm mit, falls es doch noch zum Regnen anfangen sollte. Dann rief sie sich ein Taxi und machte sich unverzüglich auf den Weg zum Sportplatz. Draußen war es bereits dunkel geworden und als das Taxi kaum 2 Straßen gefahren war, brach das erwartete Unwetter los. Die dunkle Nacht ergoss sich, schüttete regelrechte Regenmassen auf die Stadt. Innerhalb kürzester Zeit waren die Straßen vom Wasser überströmt und der Verkehr geriet ins Stocken. "Können sie sich nicht ein bisschen beeilen?", fragte Hitomi den Taxifahrer schroff. Sie wollte nicht riskieren, dass Tomu möglicherweise noch panischer reagierte, wenn zusätzlich zu den Erdbebenwarnungen noch ein Gewitter ausbrach. "Es geht nun mal nich schneller, Fräulein...", maulte der Taxifahrer und warf ihr einen gelangweilten Blick zu. Wenn er diesen Beruf ausübte, wurde er anscheinend ständig mit Leuten konfrontiert, die es eiliger hatten, als es ihm möglich war. Eine halbe Stunde später waren sie größtenteils durch den zähflüssigen Verkehr gekommen und nur noch eine Straße vom Sportplatz entfernt. Hitomi klopfte ungeduldig auf ihre Sitzlehne und schaute aus dem Fenster. Am Rand der Straße hatten sich schon ganze Bäche gebildet, die Tokios Straßenschmutz mit sich rissen. Es prasselte kontinuierlich von der mittlerweile schwarzen Nacht herunter und verursachte ein brausendes Geräusch auf dem Dach des Taxis. Dann im nächsten Moment, zuckte der erste Blitz über einem nahegelegenen Gebäude hinweg, gefolgt von einem ohrenbetäubendem Donner. "Verdammt! Ich muss hier raus!", rief Hitomi aus, die nun nur noch an Tomu dachte. "Können sie hier warten? Ich muss nur jemanden abholen!", sagte sie zum Taxifahrer, der nur nickte und an den Straßenrand fuhr. Hitomi stieß die Autotür auf und spannte eilig ihrer Schirm auf. "Verdammt, Verdammt, Verdammt!", fluchte sie, als sie in den Regenstrom trat und ihre Turnschuhe komplett durchtränkt wurden. Doch sie durfte nicht an ihre Schuhe denken, sondern an Tomu. Der Sportplatz lag nur um die nächste Abzweigung, also rannte Hitomi los und hatte dabei Mühe ihren Schirm gegen den aufkommenden Wind gerade zu halten. Das ganze ähnelte einem heftigen Sommer Taifun! Aber warum hatte man ihn nicht vorhergesagt? Oder war es doch nur ein einfaches Gewitter? Hitomi fluchte erneut, als sie sich dabei erwischte, wie sie über diese im Moment völlig unwichtigen Dinge nachdachte. Sie rief sich Tomus Gesicht vor ihr geistiges Auge, als sie um die nächste Hausecke bog und der Sportplatz in Sicht kam. Sie rannte über die Straße zum Tor des Schulgeländes und kramte in ihrer Hosentasche nach der Chipkarte, die sie zum öffnen brauchte. Dann zog sie die Karte über den Sensor und schob mit einem leisen Klick-Geräusch das Tor auf. Sobald sie ein paar Meter auf dem Platz war, konnte sie kaum noch etwas sehen, nur die nahen, dunstigen Straßenlampen und Hausbeleuchtungen waren ihr eine Orientierung. Sie musste zum Kontrollraum kommen und die Scheinwerfer einschalten! Sie lief also zielsicher über den Sportplatz, der sich anfühlte wie ein vollgesogener Schwamm. Doch das hinderte sie nicht an ihrem Vorhaben, bis sie schließlich an dem kleinen Gebäude neben den Sprintbahnen ankam. Ihre Schuhe und Hose waren fast komplett nass, als sie über den glitschig-nassen Boden schritt und erneut ihre Chipkarte zückte um die Tür zu öffnen. Als sie so einen Blick zurück in die fahle Dunkelheit warf, bis hin zu den umliegenden Lichtern der Stadt, konnte sie sich nicht vorstellen, dass sich Tomu hier irgendwo versteckte, außer vielleicht... Hitomi warf noch einen Blick auf das große Schulgebäude, welches fast völlig mit der Dunkelheit verschmolz, als auch schon wieder ein Blitz aufzuckte und ihr bestätigte, dass das Schulhaus trotz der Finsternis noch da war. Ihr wurde mulmig zumute, als sie in das rettende Gebäude stürzte, und die Tür hinter sich schloss. Damit schloss sie auch das prasselnde Regengeräusch aus und atmete erst einmal erleichtert auf, bevor sie den Regenschirm auf den Boden warf. Als sie nach dem Lichtschalter tastete, erschrak sie erneut. Sie hatte vielleicht das Regen-Rauschen ausgeschlossen, doch mit Donner war das nicht möglich. Es krachte lange und laut, als Hitomi endlich den erlösenden Lichtschalter fand. Sie versuchte ihre ruinierte Kleidung zu ignorieren und schritt behände in den Nebenraum. Dort machte sie sich an einigen Schaltern und Hebeln zu schaffen und beobachtete erleichtert durch das Fenster, wie sich die Scheinwerfer an den Tribünen nach einem anfänglichen Glimmen in gleißendes Licht ergossen. Sie lies abermals ihren Blick herumschweifen... "Tomu, wo zum Teufel bist du nur?", flüsterte sie, als sei rein gar nichts auffälliges entdeckte, außer der herabkommenden Regenmassen. Die Tribünen waren nass, aber niemand saß dort, geschweige denn, dass der Sportplatz irgendetwas ungewöhnliches aufzeigte. Vielleicht war das auch besser so, als es erneut Blitzte und Donnerte. Hitomi wandte sich vom Fenster ab, und ging den Gang entlang zum Geräteraum. Vielleicht würde sich ihr Verdacht bestätigen... Als sie im Geräteraum das Licht anknipste, fiel ihr zuerst auch dort nichts auffälliges auf. Die Sachen standen alle an ihrem gewohnten Platz. Die Matten, die Hindernisse, die Bälle und all die anderen Geräte warteten nur auf ihren erneuten Gebrauch. Dennoch konnte Tomu hier sein. "Tomu? Bist du hier?", fragte sie leise in den Raum. Nichts kam zurück. "Tomu, ich bins, Kansaki-sensei...", sagte sie weiter und lauschte hoffnungsvoll in den Raum. Doch schon im nächsten Augenblick tauchte Tomus strubbeliger Haarschopf hinter den blauen Matten hervor und zwei betrübte Augen blickten ihr entgegen. "Ich bin hier Sempai...", sagte er leise und konnte dabei sein wimmern nicht unterdrücken. "Oh Gott sei dank, es geht dir gut!" Hitomi atmete erleichtert auf und schritt zu ihm hinüber um ihn hinter den Matten hervor zu ziehen. "Ist auch alles ok mit dir?", fragte sie weiter und tastete sorgenvoll sein Gesicht ab. "Du siehst total erschöpft aus..." Sie strich ihm die Haare aus dem Gesicht und begutachtete ihn von oben bis unten. "Ja, es geht schon...", sagte er lahm, und wenn Hitomi es nicht schon besser wüsste, würde sie ihm das auch nicht abkaufen. "Du hast Angst, nicht wahr? Vor dem Erdbeben und vor dem Gewitter?" Das war eine Feststellung ihrerseits. Tomu nickte kaum merklich. "Was hast du dir nur dabei gedacht, Junge? Deine Tante macht sich riesige Sorgen um dich... Keiner weiß wo du steckst...", warf sie ihm sachte vor, um ihn nicht noch mehr zu verunsichern. "Ich weiß auch nicht... Ich musste an meine Eltern denken, und da hab ich total Angst bekommen... Ich dachte, hier bin ich am Sichersten...", sagte er kleinlaut. "Nun ist ja alles ok... Solange dir nichts passiert ist!" Hitomi drückte den kleinen Jungen kurz und kramte dann nach seinem Rucksack, den sie an sich nahm. "Sensei?", fragte Tomu. "Ja?" Sie sah ihn fragend an, als sie sich seinen Rucksack um die Schulter hing. "Wie haben sie gewusst, dass ich hier bin?", fragte er. "Sagen wir... Ich hätte mich an deiner Stelle wahrscheinlich auch hier verkrochen...", antwortete sie und lächelte warm. "Aber wie bist du hier rein gekommen?", fragte sie und sah sich suchend nach einem Hinweis um. "Oh, durch die Lüftungsluke...", sagte er gelassen und konnte schon wieder ein wenig schelmisch grinsen. Hitomi sah die Luke oben an der Wand, die tatsächlich groß genug war, dass ein 12 jähriger Junge hindurchpasste. "Nun gut, dann lass uns jetzt am besten gehen... Du hast bestimmt Hunger...", sagte sie und trat bereits zur Tür, als Tomu sie entsetzt ansah. "Jetzt? Sei wollen JETZT da raus?!" Er zuckte unmerklich zusammen, als das nächste Donnergrollen von draußen erklang. Hitomi dachte noch mal über ihre Aussage nach. Aber hier zu warten brachte auch nichts. Das Gewitter konnte noch die ganze Nacht toben... "Keine Sorge.... Wir müssen nur schnell über den Platz laufen. Um die Ecke wartet ein Taxi auf uns und dann fahren wir zu mir. Das ist kürzer, als bis zu deinem Haus...", sagte sie in einem möglichst beruhigenden Ton, obwohl sie es selbst grauste, wieder in das Unwetter hinauszutreten. "Na gut...", erwiderte Tomu und nickte zaghaft. Hitomi lächelte ihn wieder an. "Ich mach dir auch eine heiße Schokolade! Na wie wärs?" Tomu grinste und nickte nun lebhafter. Hitomi ging es auch besser. Sie hatte sich viele Sorgen gemacht und war nun sehr froh, Tomu gefunden zu haben. Sie machte die Lichter im Gebäude aus, nur die Scheinwerfer auf dem Platz lies sie an, damit sie mehr Sicht hatten. Gerade als sie aus der Tür traten, donnerte es erneut und Hitomi griff nach Tomus Hand, sobald der Regenschirm aufgespannt war. Tomus Körper durchlief ein Schauer und Hitomi drückte die Hand fester, als sie gemeinsam losliefen. Sie waren schnell über die beleuchtete Fläche hinweg und Hitomi konnte schon den großen Baum ausmachen, der beim Eingangstor stand und wie ein Riese vor ihnen hochragte. Hitomi zog Tomu gerade in Richtung Tor, als alles ganz schnell ging. Aus den Blättern des Baumes sprühten urplötzlich, kleine, helle Blitze und Funken. Hitomi bemerkte sie erst gar nicht, bis ein Blitz, auf das Stahltor übersprang und dort Funken sprühte. "Oh Mist!" Hitomi wusste was das bedeutete. Sie hatte es in genug Büchern gelesen. Sie machte scharf kehrt und zog den verängstigten Tomu am Arm mit sich. Und zwar gerade rechtzeitig. Im nächsten Moment schlug der Blitz, der sich durch die Funken bereits angekündigt hatte, mit vollem Karacho im Baum ein und der gewaltige Donner folgte sogleich. Hitomi warf den Schirm weg, um sich mit Tomu auf den Boden zu werfen und sich schützend über ihn zu klammern, als der Boden vibrierte, wo sich der Blitz in den Boden bohrte. Tomu japste auf und zitterte sogleich am ganzen Körper, als ein zweiter Donner einsetzte. "Schon gut! Das war kein Erdbeben, nur ein Blitzschlag! Ist gut Tomu, ist gut!", versuchte Hitomi ihn zu beruhigen und umarmte ihn schützend. Dann zog sie ihn auf die Knie, als er nicht zu schluchzen aufhörte. "Keine Angst! Es war nur ein Blitz!" Der Baum zuckte immer noch, voll von Funken, Flammen und kleinen Blitzen. Währen sie nur einen Moment früher am Tor gewesen... Hitomi mochte gar nicht daran denken... Sie sah nur gebannt auf den zerborstenen Baum und den riesigen Ast, der nur einen haben Meter von ihnen entfernt herumlag und ebenfalls Funken schlug. Die Luft roch nach verbranntem Holz und heißem Metall. Sie konnte den Blitz förmlich riechen! Der Sauerstoff war aufgeladen, was sich auch darin zeigte, dass sich Tomus Haare elektrisch aufstellten. Sei hätten auch getroffen werden können! "Schnell weg von hier...", sagte Hitomi, als es in der Ferne schon wieder donnerte und blitzte. Ihre Kleidung war nun schon vollkommen nass und der Regen schien auch nur ein wenig nachgelassen zu haben. Vielleicht würde es bald vorbei sein... Hitomi zog Tomu wieder über den Platz. Sie konnten keinesfalls riskieren, das Tor zu passieren. Vielleicht war es immer noch vom Blitz aufgeladen, und das konnte tödlich enden... Wahrscheinlich warteten sie besser noch eine Weile im Kontrollraum. Die Scheinwerfer waren ausgegangen, wie Hitomi nun auffiel, ebenso wie die Straßenlampen und jedes andere Licht aus der Umgebung. Ein Stromausfall auch noch... Schlimmer konnte es ja kaum noch kommen! Doch da irrte sie sich abermals. Im nächsten Moment bebte die Erde. Hitomi dachte erst an einen zweiten Blitzschlag, doch dafür fehlte die Spannung in der Luft. Es hörte auch nicht wieder auf zu beben, es wurde nur noch schlimmer. Das war das prophezeite Erdbeben! "Oh nein!", schrie Hitomi. Sie konnte sich nicht mehr bewegen! Ihre Knie sackten regelrecht zusammen, weil sich ihre Gelenke auf dem wackelnden Boden nicht halten konnten. Sie landete plump auf dem Boden, mit Tomu, der sich wimmernd an sie geklammert hatte. Es wurde immer schlimmer! Es fühlte sich an, als würde die Erde versuchen, all ihre Kraft herauszusprengen! Hitomis Gebiss schlackerte lose aufeinander und sie biss sich auf die Zunge. Sie schmeckte den metallischen Geschmack von Blut. Sie hatte keine Kontrolle mehr über ihren Körper! Und sie dachte nur daran, dass sei Tomu nicht loslassen durfte! Im Nächsten Moment schien das Beben bereits auf die gesamte Stadt übergegangen zu sein und das naheliegende Gebäude gab ein summendes Geräusch von sich, als würde es gleich einstürzen! Dem Hartboden ging es nicht anders... Die Bahnen neben Hitomi gaben knackende Geräusche von sich und bekamen kleine Risse. Das durfte doch nicht wahr sein! Warum ausgerechnet jetzt?! Sie musste hier weg, sie musst Tomu hier weg bringen! Er würde vor Angst umkommen! Sie musste hier weg! SIE MUSSTE HIER WEG! Das war Hitomis einziger Gedanke, als sich plötzlich ein gleißendes Licht um sie herum auftat. Hitomi dachte erst, dass der Strom wieder an war, und die Scheinwerfer wieder gingen, doch es war nicht das gleiche Licht. Es war... rein, hell, warm.... Ja, sie kannte es! Sie kannte dieses Licht aus ihrer Vergangenheit. Hitomi atmete auf und hielt Tomu noch fester. Sie wusste, dass sie jetzt sicher waren, als sie langsam in der Lichtsäule aufstiegen und von einem warmen Strom umfasst wurden. Nun würde alles gut werden... Sie waren in Sicherheit. Kapitel 4: Ankunft auf Gaia --------------------------- Hallo Leute! Ich hab mal wieder zeit gefunden, das vierte Kapitel zu schreiben. Endlich! Einige von euch werden jetzt aufstöhnen, weil es wahrscheinlich nicht so ist wie erwartet, aber keine Panik. Hitomi trifft noch früh genug auf Van... Ich selbst finde das kap nicht schlecht. Ich muss es hald noch ein bissl spannend machen, und so passt es ganz gut, wie ich finde. Aber ihr könnt mir das alles selber sagen, wenn ihr mir nen kommi schreibt! ^.^ Also schön fleissig lesen! mfg Chiyo-san ------------------------------- Kapitel 4 - Ankunft auf Gaia Sie prallten mehr oder weniger sanft auf der Erde auf. Das warme Licht löste sich langsam um sie herum auf. Es war ein Moment der Ewigkeit. Hitomi nahm das feuchte Gras unter ihren Händen wahr, hörte wie Tomu neben ihr leise wimmerte. Sie fühlte, wie er keuchend Atem ausstieß, der ihre Härchen auf dem Unterarm aufstehen ließ. Sie spürte ihre nassen Haare, die ihr in wilden Strähnen ins Gesicht hingen und wurde sich der fürchterlichen Nässe ihrer Kleidung bewusst. Es war eine schreckliche Ankunft. "Wo sind wir?", fragte Tomu, mit aufkeimender Panik in der Stimme. Sie konnte es ihm nicht verübeln. Es passierte schließlich nicht jeden Tag, dass man per Lichtstrahl auf einen anderen Planeten befördert wird. Sie konnte nur zu gut mit ihm fühlen und wurde sich schlagartig der wirren Gefühle bewusst, die sie hatte, als sie das erste mal auf Gaia ankam. "Wir sind auf Gaia", sagte sie knapp und rappelte sich langsam vom feuchten Boden auf. Sie waren mitten im Wald gelandet, um uns herum waren nur hohe Bäume und das Gestrüpp von den seltsamsten Pflanzen die es gab. Sie hoffte zumindest, dass sie auf Gaia waren. "Gaia? Was ist das? Wo liegt das?" Tomu wurde sichtlich immer nervöser. Hitomi musste Ruhe bewahren, wenigstens für den kleinen Jungen neben ihr. "Ich kann dir nicht sagen wo es liegt. Es ist ein anderer Planet, in einer anderen Dimension, in einem anderen Universum, wer weiß...", sagte sie langsam und sah Tomu endlich an. Er saß neben ihr, von Kopf bis Fuß durchnässt und schmutzig, mit zerstrubbelten Haaren und einem verzweifelten Ausdruck in den schwarzen Schlitzaugen. Hitomi versuchte ein Lächeln auf ihre Lippen zu bringen. "Aber es ist der schönste Ort der Welt..." Wenig später versuchten sie sich einen Weg durch den dichten Wald zu bahnen. Hitomi stellte fest, dass es Morgen in Gaia war. Die Feuchtigkeit kam von den Tau-Tropfen, die sich auf jeder Pflanze ablagerten. Es war alles so unwirklich. Doch sie durfte nicht schwächeln. Tomu wollte Erklärungen haben. "Ein anderer Planet? Wie geht das? Warst du schon mal hier?", löcherte er in einer Tour. "Tja, so genau kann ich dir deine Fragen leider nicht beantwortet. Ich kann dir sagen, dass ich schon einmal hier war, für lange Zeit sogar. Aber diese Reise kann ich immer noch nicht erklären. Ich hatte damals ein Amulett, womit ich reisen konnte. Vorher gehörte es meiner Großmutter. Auch sie war schon hier gewesen. Aber das Amulett hab ich nicht mehr. Deswegen kann ich mir auch nicht erklären, wie wir es geschafft haben hierher zu kommen...", erzählte sie ihm. Doch natürlich wollte er noch mehr wissen. "Wie war es hier? Warum warst du hier? Und wo ist das Amulett?", bohrte er weiter. Sie sah gezwungen lächelnd zu ihm hinunter, während sie einen weiteren riesigen Ast zur Seite schob. Er war damit beschäftigt, auf seinen Weg zu achten, wirkte nun aber überhaupt nicht mehr verschreckt, sondern eher wie ein kleiner Junge, der das große Abenteuer entdeckt hat. "Warum ich hier her gekommen bin, weiß ich nicht. Ich hatte Visionen, von schrecklichen Dingen, ja ich konnte ein wenig in die Zukunft sehen. Ich schätze, ich war so etwas wie auserwählt. Aber es war nicht schön damals. Ich konnte mich hier nicht zurechtfinden und Gaia war ein zerteiltes Land, überall herrschte Krieg, angefangen vom großen Reich Zaibach. Sie haben alles unterworfen und alles zerstört. Es war schrecklich. Aber es gab jemanden, der sie besiegt hat. Durch ihn ist wieder Frieden eingekehrt, und ich schätze, das ist immer noch so." Tomu sprang über eine dicke Wurzel, als er wieder nachhackte. "Wer hat denn die bösen besiegt?", fragte er munter. Er schien Gefallen an der Wanderung durch den Wald zu finden. Hitomi seufzte. Alles um sie herum war dich mit grün bewachsen, und es gab keinen Lichtblick auf ein Ende. Dennoch antwortete sie ihm. "Sein Name war Van de Farnel. Er war der Prinz eines großen Reiches, eines guten Reiches. Und er hatte eine Art Kampfmaschine, namens Escaflowne. Mit ihrer Hilfe konnte er das Zaibacher Imperium besiegen und den Frieden nach Gaia zurückbringen. Und er ist es auch, der mein Amulett hat." "Wow! Ein echter Prinz? Ist er schon tot?" Tomu schien nun hellauf begeistert von ihrer Geschichte. Sie musste jedoch kurz den Atem anhalten. Der Gedanke, dass Van tot war, war ihr noch gar nicht gekommen! Sie hatte so viele Jahre nicht an ihn gedacht, hatte ihre Vergangenheit vergessen wollen, und dabei war ihr nie der Gedanke gekommen, dass sich alles verändern konnte! Vielleicht lebte Van gar nicht mehr, oder alle anderen ihrer Freunde hier! Oder es war erneut Krieg ausgebrochen! Oder sie waren gar nicht auf Gaia... Hitomi verwarf den Gedanken schnell und antwortete Tomu: "Das weiß ich auch nicht. Ich hoffe es aber nicht. Er war ein guter Freund von mir..." Sie beobachtete Tomu. Er schürfte sich gerade an einer dicken Baumrinde auf, als er versuchte einen Ast abzuknicken. Es schien ihm jedoch nichts auszumachen. "Hast du gar keine Angst mehr Tomu? Ich meine, das muss dir doch alles seltsam vorkommen?", fragte sie ihn sanft. Er hielt inne und senkte etwas traurig den Kopf. "Ich hatte Angst. Aber jetzt nicht mehr. Sie haben mich vor dem Erdbeben gerettet, Kansaki-sempai. Auch wenn wir jetzt auf einem anderen Planeten sind, solange sie dabei sind, muss ich keine Angst haben, oder?", sagte er leise. Hitomi wurde warm ums Herz. "Nein, das musst du nicht. Ich werde dich beschützen, das verspreche ich dir. Und ich werde auch versuchen, dich so schnell wie möglich wieder auf die Erde zu bringen. Ich hatte nicht beabsichtigt, dich gleich auf einen anderen Planeten zu verschleppen...", sagte sie sanft und strich ihm durch die feuchten Haare. "Ist schon ok. Es wird schon nicht so schlecht werden hier...", entgegnete er, nun wieder freudig. "Ja, das hoffe ich. Ach und Tomu, du kannst mich Hitomi nennen...", sagte sie. Nach schier ewiger Zeit, die sie durch Gestrüpp und Dickicht wanderten, wurde der Wald endlich lichter. Anstatt der Grünen Pflanzen standen nur noch dicke Bäume herum, bis sie schließlich auf eine Lichtung stießen. Sie zog sich mindestens 100 Meter in einer schmalen Schneise durch den Wald und wenn Hitomi sich nicht täuschte, konnte ich sogar so etwas wie Waldrand erkennen. Die Lichtung war mit großen Bäumen umringt und wenige Meter neben ihnen wucherten schon wieder seltsame Pflanzen und dichte Büsche und Farne. "Na endlich! Ich dachte schon, wir sehen die Sonne gar nicht mehr!", seufzte sie und ließ sich schwerfällig auf den Boden nieder. Tatsächlich war mittlerweile die Sonne aufgegangen und durchflutete die Lichtung mit einem angenehm freundlichen Licht. Sie merkte auch, dass ihre Kleider allmählich an Feuchtigkeit verloren. Hitomi sehnte mich nach einer heißen Dusche! Doch nach wie vor deutete nichts auch nur annähernd darauf hin, dass hier in der Umgebung irgendwo Menschen lebten. Sie wäre ja schon mit Katzen- oder Wolfsmenschen zufrieden gewesen... Vielleicht waren sie ja wirklich nicht auf Gaia gelandet? Sie wurde jedoch schon im nächsten Moment eines Besseren belehrt. Von der anderen Seite der Lichtung kam nämlich plötzlich eine große Gestalt zügig herangeschritten. Zu zügig, für Hitomi's Geschmack! Sie packte Tomu am Arm, riss ihn zu sich herum und bedeutete ihm, in das schützende Dickicht der Pflanzen zurückzukriechen. Hitomi wälzte sich voran, durch die feuchte, braune Erde, bis zu einem umgestürzten Baumstamm, verborgen hinter Blättern, die die Größe von Mülltonnendeckeln hatten. Sie legten sich flach hinter den Stamm und beobachteten durch das Gestrüpp die näher kommende Person. Hitomi konnte nun erkennen, dass es ein Mann war. Er hatte breite Schultern, blondes Haar und trug eine Art Uniform. Und er kam immer noch stetig in unsere Richtung! Sie befürchtete schon, dass er sie gesehen oder entdeckt hatte und gleich ein paar Köpfe rollen würden, aber da lag sie wohl abermals falsch. Er hielt abrupt an, zog ein großes Katana aus der Scheide und säbelte damit den milchigen Stängel einer großen Blume ab. Dann machte er so etwas wie ein Training. Er schlug mit dem Schwert in die Luft, um sich herum, machte komische Posen, wie man sie nur aus alten Samurai-Filmen kannte und das solange, bis er ins Schwitzen geriet und das Schwert keuchend nieder sinken ließ. Und plötzlich musste auch Hitomi keuchen, als sie den Mann erkannte. Er hatte sich ein wenig verändert, in ihrer Abwesenheit, aber doch war es unverkennbar der selbe tapfere Krieger: Allen von Astoria. Sie setzte mich gerade auf und konnte einfach nicht den Mund halten. "Allen!", japste sie und schlug sich im nächsten Moment schon die Hand vor den Mund. Natürlich hatte er sie gehört. "Wer da?", fragte er und hob sein Schwert drohend auf Brusthöhe. Nun war es sowieso schon zu spät, um noch weg zu laufen. Entweder ging sie gleich hinaus, oder er würde sie vermutlich versehentlich aufspießen. "Bleib hier Tomu!", murmelte Hitomi ihrem Gefährten zu und stieg dann hastig über den Baumstamm, hinaus auf die Lichtung. Als er sie sah, ließ er verblüfft das Schwert sinken. Er erkannte sie also... "Allen...", sagte sie noch einmal, nur leiser und sah ihm in die Meerblauen Augen. "Hitomi! Bist du's wirklich?", wollte er wissen und musterte sie, nur noch baff, von oben bis unten. "Ja, bin ich..." Hitomi konnte ihm seine Nachfrage nicht verübeln. Sie musste auch wirklich einen dämlichen Anblick abgeben. Ihre Klamotten waren dreckverschmiert, zerrissen und nass. Ihre Haare hingen ihr in langen, wirren Strähnen ins Gesicht. Überall hingen Blätter und andere Zeugen von Wald und Schmutz herum. Er hingegen, wirkte genauso, wie sie ihn in Erinnerung hatte: Er trug eine blaue, saubere Uniform, die perfekt saß. Breite Schultern und muskulöse Arme zeichneten sich unter Hemd und Wams ab. Nur die Haare waren anders. Kürzer, und zu einem frechen Zopf zusammengebunden. Alles in Allem mussten ihm die Frauen wie üblich scharenweise zu Füßen liegen... "Oh mein Gott, Hitomi! Du bist es wirklich!!" Sein Gesicht erhellte sich schlagartig und er trat auf sie zu und umarmte sie überschwänglich. Es war, als wäre sie endlich Heim gekehrt. Kapitel 5: Die Reise -------------------- So. ich hatte mal wieder Zeit weiter zu schreiben... Und für alle die, die schon sehnlichst darauf warten, dass VAn und Hitomi endlich aufeinander treffen... Sorry! In diesem kap noch nicht... *gg* Ich muss euch ja ein wenig zappeln lassen... Dafür war ich mir mit dem kap hier nicht so sicher. Weil doch einiges passiert und geredet wird. wenn was nicht klar ist, einfach sagen. aber egal. Lest euch erst mal das hier durch und sagt mir bitte wie ihrs findet. Ich danke allen schon mal, die mir immer kommis schreiben. Das hilft einem doch immer. Gruß Chiyo-san ----------------------------------- Kapitel 5 - Die Reise Van lag auf seinem riesigem Himmelbett, alle viere von sich gestreckt und schaute verträumt aus dem Fenster. Es war nebelig, jetzt am Morgen, trotz der Sonne, dich sich nun über den Bergkamm schob. Er verstand selbst nicht, warum er heute so früh schon wach war. Normalerweise schlief er sehr viel länger. Ihm fiel auf nicht ein, ob heute irgendetwas besonderes anstand... Erst letzte Woche war eine Ratsversammlung, wo er gedrungenermaßen anwesend sein musste. Er konnte diese Regierungsangelegenheiten nicht ausstehen. Es war ja doch immer das gleiche... Er drehte sich von der Sonne weg und grub sich wieder tiefer in seine unzähligen weichen Kissen. Wenn etwas wichtiges los war, würde ihm das Kobe schon mitteilen. Ja, Kobe... Als hätte er ihn gerufen, stürmte der rundliche Berater schon im nächsten Moment zur Tür herein. Es war zwar noch früh, das wusste Kobe, und vermutlich würde ihn der König erhängen lassen, wenn er so früh geweckt wurde, aber er kam diesmal nicht darum herum. Schon seit 2 Stunden war das ganze Schloss auf den Beinen und hatte mit den letzten Vorbereitungen für die 20-Jahr-Feier begonnen. Auch die Schneiderin war vor wenigen Minuten eingetroffen, und hatte sofort den König herbeordert, um die letzten Änderungen an seiner neuen Festtagskleidung vorzunehmen. Und die Drecksarbeit blieb wie immer an Kobe selbst hängen... Er tapste vorsichtig an das Bett heran, und warf einen zweifelnden Blick auf den schlafenden König. Sollte er es wirklich wagen? Ja, er musste wohl... "Euer Hoheit?...", begann er kleinlaut. "Was zum Teufel willst du um diese Zeit hier, Kobe?", schnauzte Van zwischen zwei Kissen hervor. "Oh, ähm...", stotterte Kobe. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der König schon wach war! Das war wirklich verwunderlich! "Es tut mir leid, euch wecken zu müssen, Euer Hoheit, aber die Schneiderin ist soeben eingetroffen und möchte nach Möglichkeit sofort mit der Anprobe von euren neuen Kleidern beginnen..." Kobe warf einen zweifelnden Blick auf das wilde Haargewirr auf des Königs Kopf und wartete auf eine Antwort. "Was für neue Kleider? Wer hat neue Kleider für mich angeordnet?", wollte Van wissen und drehte sich mürrisch wieder auf die andere Seite. "Ähm, ihr selbst, Euer Hoheit... Ihr habt neue Kleider gewünscht, für das große Fest morgen...", klärte ihn Kobe auf. Van rieb sich die Augen, da ihn die Sonne nun voll anstrahlte. "Was für ein Fest?" "Die 20-Jahr-Feier des Friedens, Euer Hoheit." Kobe geriet langsam ins Schwitzen. Der König konnte doch nicht das wohl wichtigste Fest in diesem Jahr vergessen haben? Seit Monaten hatte ganz Farnelia darauf hingearbeitet! Und er wusste am Morgen davor von nichts? Das konnte doch selbst dieser verantwortungslose, selbstgefällige Herrscher nicht zustande bringen! Kobes Worte drangen langsam zu Van durch. 20-Jahr-Feier? Ja richtig! Also gab es auch an diesem Wochenende wieder eine lästige Veranstaltung, an der er teilnehmen musste... Er rappelte sich langsam auf und kratzte sich an den Bartstoppeln an seinem Kinn. "Sag der Schneiderin, sie soll noch eine Stunde warten, dann widme ich mich ihren Sorgen...", meinte er knapp. Kobe wusste, dass das sein letztes Wort war. "Ich richte es ihr aus, Euer Hoheit...", entgegnete er kühl und verließ das königliche Schlafzimmer. Die Sonne war nun ganz aufgegangen, und Hitomi musste eine Hand vor ihre Augen halten um sie abzuschirmen, als sie nun auf dem wuchtigen Bock einer der Lastenkutschen saß. Sie wurde von Pferdeartigen Wesen mit langen Hälsen und Stilartigen Ohren gezogen und schaukelte gemütlich des Weges. Neben ihr saßen Allen und Tomu, und sie unterhielten sich. Nachdem Allen sie gefunden hatte und sie sich freudestrahlend begrüßt hatten, holte sie Tomu aus dem Gebüsch und machte ihn wohl etwas zu überschwänglich mit Allen bekannt. Er hatte verblüfft auf den blonden Ritter gestarrt und war scheinbar überwältigt von seiner Ausstrahlung. Genauso verblüfft schien Allen selbst. Er hatte Tomu von unten nach oben gemustert und dann einen schrägen Seitenblick zu Hitomi geworfen. Und nun war sie gerade dabei ihn aufzuklären. "Du siehst also, Tomu ist nicht mein Sohn..." Allen nickte verständnisvoll und grinste Tomu dann aufmunternd an. "Mach dir keine Sorgen Junge, hier auf Gaia bist du sicher vor Erdbeben und anderen Katastrophen. Wir können mit Stolz sagen, dass wir seit 20 Jahren vollkommenen Frieden auf unserem Planeten haben, was auch der Anlass für diese Eskorte ist." Es stimmte. Das hatte sie gleich stutzig gemacht. Als Allen sie beide am frühen Morgen aus dem Wald geführt hatte und an einen riesigen Feuerplatz brachte, kam es ihr schon seltsam vor, warum so eine riesige Gruppe unterwegs war. Sie saß auf dem dritten Wagen der langen Karawane und hinter ihr schien es noch endlos weiter zu gehen. "Anlass? Ja, welchen Anlass habt ihr, diese lange Reise zu machen?", wollte Hitomi wissen und warf sicherheitshalber einen Blick auf Tomu, der in der Mitte saß und mit Allen die Zügel halten durfte. "Wie gesagt, wir haben nun schon 20 Jahre Frieden und aus diesem Anlass gibt es ein Fest, um uns vor Augen zu halten, wie gut wir es haben und wie gut wir unser Umfeld wieder aufgebaut haben. Ganz Gaia wird dort sein und wir, unsere kleine Truppe aus Astoria, sind nur ein Teil davon....", erzählte Allen und gab Tomu erneut freundliche Anweisungen, wie er diese magischen Wesen lenken konnte. Hitomi fiel es wie Schuppen von den Augen! Natürlich! Astoria! Sie hatte sich schon die unterschiedlichsten Möglichkeiten überlegt, warum so eine große Gruppe auf Reisen ging! "Dann ist Millerna wahrscheinlich auch dabei, oder?", folgerte sie laut. Millerna war ihr immer eine gute Freundin gewesen und da sie nun auch an sie dachte, freute sie sich schon auf ein Zusammentreffen mit ihr. "Oh Nein! Millerna ist nach wie vor mit Dryden verheiratet und mittlerweile ein unersetzbares Mitglied seiner Handelsflotte, sowohl als Ärztin als auch als liebende Ehefrau!", sagte Allen grinsend und Hitomi konnte die Lachfalten erkennen, die sich in der Zwischenzeit an seinen Augen eingefurcht hatten. "Ich glaube, du bist zu lange weg gewesen, Hitomi...", neckte er sie und schnalzte mit der Zunge, damit die Pferdewesen etwas schneller dahintrotteten. "Ja, wahrscheinlich...", stimmte sie zu und senkte den Kopf. Dann warf sie einen Blick auf die Menschen im Wagen vor ihnen, die lachten und dabei trotzdem schwer schufteten, indem sie die vielen Fässer auf dem Wagen umschlichteten um mehr Platz zu schaffen. "Macht es dir und den anderen hier nichts aus, dass ich und Tomu nun so einfach hier rein platzen?" Hitomi schaute in Tomus braune Augen, als er sie nun stirnrunzelnd ansah. "Ist doch cool Hitomi!", sagte er und wandte sich wieder an das Steuern. Allen ging nicht darauf ein. "Wieso sollte es uns etwas ausmachen? Hitomi, hier war lange Zeit dein Zuhause, ob du willst oder nicht! Alle stehen zu dir, mich eingeschlossen! Auch wenn du kaum jemanden von hier kennst, es ist uns eine Freude zwei Personen mehr mitzunehmen, so wahr ich der Oberbefehlshaber von Astoria bin...", sagte Allen ernst und sah sie dabei an. "Oberbefehlshaber? Du hast es ja ganz schön zu was gebracht...", sagte sie leise, musste jedoch grinsen. Doch auch diesen Kommentar überging er einfach. "Und auch Van wird sich freuen, dich endlich wieder zu sehen, nach so langer Zeit..." Wunderbar! Jetzt hatte sie es doch geschafft, seit dem Morgen nicht mehr an Van zu denken. Und schon wieder tauchte sein Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. "Naja, da bin ich mir nicht so sicher....", sagte sie abwehrend. "Das wirst du heute Abend schon sehen! Er wird begeistert sein!", sagte Allen zuversichtlich. "Heute Abend?", fragte sie verdutzt. Allen schnalzte wieder mit der Zunge. "Oh, das hab ich ja ganz vergessen zu erwähnen: Die 20-Jahr-Feier findet natürlich in Farnelia statt...", sagte er gelassen. Hitomi konnte nur mit Mühe verhindern, dass mir meine Kinnlade entgleiste, und so schaute sie geschwind auf die andere Seite. Schon heute Abend würde sie auf Van treffen?! Das ging ja schon wieder gut los... Zur Mittagszeit legte die Karavane eine Rast am großen See des Reiches Farnelia an, wo sich sein unteres Stück durch die hohen Berge schlängelte. Allen und Hitomi setzten sich mit Brot und frisch gekochter Fleischsuppe ausgerüstet, in den Schatten eines großen Baumes, dessen Äste mit Flechten und Weben verhangen waren, während Tomu bei den anderen am Lagerfeuer saß und lustigen Geschichten lauschte. Hitomi lehnte sich gemütlich an den Stamm und kaute auf ihrer Brotkrume. Allen saß ihr schräg gegenüber und streckte sich genüsslich, bevor er sich an sein Mahl machte. "Das war eine anstrengende Reise..." "Ja, kann ich mir vorstellen. Wie lange seit ihr denn schon unterwegs?", fragte sie und sah ihn an. "Seit drei Tagen. Aber das ist schon in Ordnung. Ich habe meine alten Freunde schon ewig nicht mehr gesehen... Besonders Van. Wir haben viel gemeinsam durchgemacht, das verbindet uns immer noch. Genau wie dich...", sagte er und sah sie nun auch aufmerksam an, auf ihre Reaktion wartend. Hitomi blieb stumm. Was sollte sie ihm sagen? Dass sie alle Gedanken an Van verdrängt hatte, über all die Jahre? Dass sie oft innerlich ein Wrack gewesen war, weil sie sich so elend fühlte? Wie sollte Allen das verstehen? "Ich war lange Zeit weg, Allen...", sagte sie schließlich langsam. "Ich weiß. Genau 20 Jahre...", erwiderte er. "Nach unserer Zeitrechnung sogar nur 13...", sagte sie scherzhaft. Doch Allen hob nur ein Augenbraue. Er wartete immer noch auf eine Antwort... "Ich glaube, ich kann dir nicht sagen, was du gerne hören möchtest...", sagte Hitomi kopfschüttelnd. "Sie ist lange her, meine Zeit auf Gaia. Auf dem Mond der Illusionen war ich allein. Meine Freunde munterten mich auf, meine Mutter versuchte für mich da zu sein, aber es half nichts. Die erste Zeit war schrecklich, ohne Van... Aber ich musste es irgendwie schaffen! Ich zog in einen anderen Stadtteil, stürzte mich in Arbeit und versuchte alles zu... verdrängen. Dann starb meine Mutter und das ganze ging wieder von vorne los. Und Jetzt? Jetzt bin ich wieder hier, ganz plötzlich, wegen diesem kleinen Jungen dort...", erzählte sie ihm und deutete auf Tomus Hinterkopf. "Und Van? Hast du oft an ihn gedacht?" Allen sah sie durchdringend an. "Allen, ich... Ich konnte es nicht! Es wäre zu schmerzvoll gewesen! Ich hatte nicht daran gedacht jemals nach Gaia zurückzukehren! Und ich konnte mir auch nicht sicher sein, wie es mit Van steht!", sagte Hitomi zu ihrer Verteidigung. "Hast du geheiratet? Liebst du einen Mann auf deinem Planeten?", fragte er herausfordernd. "Nein." "Van hat auch nicht geheiratet..." Damit stand er energisch auf, um sich noch mal Nachschlag zu holen. Doch dann drehte er sich noch einmal um. "Ach ja, Hitomi... Vielleicht solltest du dich noch baden, bevor wir in die Hauptstadt weiterziehen. Du siehst scheußlich aus!", sagte er missbilligend, aber mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen. Wahrscheinlich hatte Allen sogar recht. Als Hitomi durch die dichten Bäume den schmalen Pfad zum See hinunterstieg, warf sie einen kritischen Blick auf ihr Erscheinungsbild. Ihre Kleidung war nach wie vor zerrissen und dreckig, wenn auch nun endlich trocken. Ihr Gesicht wollte sie gar nicht sehen, wenn ihr der Zustand ihrer Haare schon Schauder über den Rücken jagte. Wahrlich Zeit für ein ausgiebiges Bad! Sie kam an das Ufer des türkis-blauen Sees, der sich noch unendlich weiter zu ziehen schien. Ihr wurde gerade erst wieder bewusst, was für ein faszinierender Planet Gaia doch war. Der See wand sich, von ihren Blicken entzogen, weiter um eine kleine Gebirgskette, die sich bis an den Horizont erstreckte und überall wucherten diese seltsamen Pflanzen und Blumen. Doch das wohl seltsamste waren die beiden silbrigen Planeten, die schräg neben der Sonne am Himmel standen. Einer davon war ihre Heimat... Hitomi verwarf die melancholischen Gedanken und wandte sich nun dem Wasser zu. Es war klar und sauber und lud geradezu auf ein Bad ein! Also zog sie sich Stück für Stück aus, warf alle Klamotten ins Wasser, damit sie ein bisschen einweichten und begab sich dann selber ins kühle Nass. Es war ziemlich heiß, jetzt um die Mittagszeit, da tat ein Bad sogar noch besser. So setzte sie Fuß vor Fuß in den weichen Seesand und bewegte sich immer weiter ins Wasser hinein, bis sie nicht mehr stehen konnte. Dann schwamm sie, große, weite Züge. Die Nackheit war zuerst ungewohnt, aber trotzdem war es sehr angenehm, durch das tiefe blau zu gleiten und zu tauchen und dabei nichts außer einer leichten Wellenbewegung und Vogelgezwitscher zu hören. Hitomi dachte nur im Hinterkopf an irgendwelche Seeungeheuer, die ihr ein Bein abbeißen könnten, doch was machte das nun schon noch aus? Sie war für einen kurzen Moment wieder sehr glücklich, und das konnte ihr auch kein Ungeheuer nehmen! Nach schätzungsweise einer halben Stunde schwamm Hitomi ans Ufer zurück und widmete sich ihren Kleidungsstücken. Sie tauchte sie ins Wasser und schrubbte mit den Händen daran herum und rieb den Stoff aneinander. Sie war so vertieft, dass sie nicht hörte, wie jemand näher kam. "Ich glaube, deine Kleidung kannst du nicht mehr retten...", sagte Allen mit gleichgültiger Stimme. Hitomi erschrak fürchterlich und zog reflexartig ihre Jacke aus dem Wasser und presste sie an sich, um ihren Oberkörper zu bedecken. "Allen!! Was machst du hier! Was fällt dir überhaupt ein mich so zu erschrecken?!", rief sie empört. Doch er saß nur gemächlich am Ufer und sah sie unverfroren an. "Glaub mir Hitomi, ich habe schon mehr nackte Frauen gesehen, das ist doch nichts neues für mich...", sagte er und sie hörte den Schalk in seiner Stimme. "Aber mich noch nicht!", fauchte Hitomi zurück. "Nein, das wohl noch nicht... Bis eben....", erwiderte er. Sie warf meinen Schuh nach ihm und er flüchtete sich lachend. "Sei nicht sauer. Ich werds keinem Sagen...", versicherte er ihr Augenzwinkernd. Dann wies er auf einen Haufen Stoff, den er unter den Arm geklemmt hatte. "Ich bringe dir etwas neues zum anziehen, von den Frauen oben..." "Danke...", sagte sie und gab sich geschlagen. Es machte ihr im Prinzip eigentlich gar nichts aus, dass er sie gesehen hatte. Es war ja nur Allen... Hitomi musste grinsen. Sie hatte den alten Freund wirklich vermisst und wenn sie daran dachte, dass sie mal ein wenig in ihn verschossen war, musste sie noch mehr grinsen. Das konnte sie sich wirklich gar nicht mehr vorstellen! "Beeil dich Hitomi, die Jungs kommen auch gleich mit Tomu und wollen baden...", informierte er sie. "Ok, ich komme schon." Sie wickelte den Stoff fester um ihren Leib und watete langsam durchs hüft-hohe Wasser zum Ufer. Allen wollte schon gehen, als Hitomi ihm noch nachrief. "Allen, bist du eigentlich schon unter dem Pantoffel...?" "Hm, ich hoffe bald...", sagte er grinsend und verschwand durch die Bäume. Als sie später, mit einem frischen grünen Kleid eingekleidet, wieder auf den Kutschbock stieg, kam gerade Tomu, ebenfalls frisch gebadet, und mit sauberen Klamotten. "Hitomi, ich finds toll hier!", sagte er grinsend. "Das freut mich..." Ja, das tat es wirklich. Nachdem was er durchgemachte hatte, hätte es sie nicht gewundert, wenn er sich in sich zurückgezogen hätte, aber er tat genau das Gegenteil. Hitomi bewunderte seine kindliche Energie! "Also, weiter geht's!", verkündete Allen und der Zug setzte sich in Bewegung. Eine Stunde später nahmen sie gerade das letzte Stück der Serpentinen auf sich, die sich in breiten Bändern um einen der Berge wanden. "Wenn wir dort oben sind, haben wir einen großartigen Ausblick auf die Stadt Farnelia...", informierte sie Allen. Und tatsächlich: Als sie oben auf dem Bergplatou ankamen und sich der Weg wieder absenkte, konnte man über das ganze Land blicken! Über die restlichen Bergen, die sich überall auftaten und mit einigen ihrer Gipfel die die Wolken küssten. Auch der See war nun in seiner vollen Größe zu sehen, der sich durch die schönste Wald und Hügellandschaft zog! Inmitten alledem prangte die wunderschöne Stadt Farnelia von weiter Ferne. Hitomi konnte zwar nur kleine Umrisse erkennen, und trotzdem sah ich die schöne Anordnung der Häuser und sogar das goldene Glimmen des Königspalastes. Und irgendwo dort unten in den Wälder stand ein Grabstein, neben dem der Gymilef Escaflowne wachte. Escaflowne... Mit ihr hatte alles angefangen und alles aufgehört. Wie würde es diesmal weitergehen? Sie hoffte, den Mut aufzubringen, um es herauszufinden. Kapitel 6: Katastrophales Aufeinandertreffen -------------------------------------------- Hallo! ^.^ Puh! Nach dem ganzen vorweihnachtlichen Stress hab ichs endlich geschafft, kapitel 6 fertig zu schreiben. Also erst mal wünsch ich allen, die das hier lesen, ein gutes neues Jahr! Wird sicher wieder sehr ereignisreich! Davon abgesehen, bitte ich euch, euch mit diesem kap zu beschäftigen. Ich selbst finds net so gut, weils einfach keinen Pepp hat, worauf mich wiederum meine Beta-Leserin aufmerksam gemacht hat. Das stimmt schon, der Pepp fehlt größtenteils, aber ich bemühe mich, die nächsten wieder besser zu schreiben. Versprochen! Sagt mir einfach eure meinung! Viele Grüße Chiyo-san -------------------------------------- Kapitel 6 - Katastrophales Aufeinandertreffen Es war kaum zu glauben, als Sie tatsächlich vor den riesigen Toren der Stadt stand. Farnelia erschien Hitomi sehr viel größer geworden zu sein! Und noch dazu, war es wunderschön! Schon allein das Stadttor war aus dickem, dunklen Holz gearbeitet und die Stadtmauer war mit Efeu und anderen Pflanzen, die zierliche weiße Blüten trugen, überwuchert. Noch dazu tauchte das Abendrot das ganze Bild in ein überaus romantisches Licht... Sie wollte ihre Blicke wirklich nicht mehr abwenden, sie wollte sich ganz den Gedanken von wunderschöner Landschaft widmen, anstatt ihrer gebliebenen Erinnerung an Van. Es war zum Haare ausraufen! Sie hatte sich ihr ganzen Leben unter Kontrolle gehabt. Ihre Gefühle, ihre Arbeit, ihre Umgebung, einfach alles. Und jetzt warf dieser König, den sie 13 Jahre nicht gesehen hatte, alles durcheinander! Hitomi wollte gar nicht daran denken, was heute Abend wohl alles passieren mochte... Erst Allen holte sie wieder in die Realität zurück. "Wenn du damit fertig bist, die Stadtmauer anzustarren, könntest du gnädigerweise Platz machen, damit ich absteigen kann, Hitomi...", meinte er grummelig und schob sie ein wenig grob zur Seite. Sie schaute ihm kopfschüttelnd hinterher, wie er elegant vom Kutschbock hüpfte und sich den beiden Wachmännern zuwandte, die am Tor warteten. "Was machen wir jetzt, Hitomi?", fragte Tomu sie neugierig von der Seite. "Ich weiß es nicht. Allen wird es schon wissen...", sagte sie. Hitomi war ja selbst mehr als skeptisch, wie das nun alles funktionieren sollte. Und trotzdem war sie Allen dankbar, dass er die Situation momentan einfach so hinnahm und sich um alles kümmerte. Es war ja nicht selbstverständlich, dass man für Menschen von einem anderen Planeten noch zusätzliche Umstände auf sich nahm... Und wenn sie nun genau darüber nachdachte, war es eigentlich ein großes Glück, dass sie Allen im Wald getroffen hatten. Andernfalls wären sie von dort vielleicht gar nicht mehr weggekommen. "Es wird schon werden, Tomu...", versicherte Hitomi ihm noch mal seufzend, als Allen auch schon zurück auf den Kutschbock geklettert kam. "Ich musste nur das mit der Einfuhr klären. Jetzt kanns losgehen!" Er setzte sich neben sie, ergriff die Zügel und steuerte die Kutsche durch das riesige Stadttor an den Wachleuten vorbei, die Warnrufe ausstießen und mit ihren Armen die Kutsche in die Stadt hineindirigierten. Hitomi warf noch einen schnellen Blick um die Ecke und sah, dass die anderen Kutschen ihrer Karawane den Weg an der Stadtmauer entlang nahmen. "Wo fahren die denn hin?", fragte sie Allen und wies mit einer kurzen Handbewegung hinter sich. "Zum Lagerplatz. In der Stadt ist einfach zu wenig Platz, um all die Menschen, Tiere und Gefährte unterzubringen. Es wurde ein extra Platz zwischen See und Waldrand organisiert, wo die Leute ihre Zelte aufschlagen können...", sagte er fachmännisch und trieb die Pferde etwas mehr an, weil es nun sanft bergauf ging. "Und warum fahren wir dann in die Stadt hinein?", fragte Tomu, der damit auch Hitomi's Gedanken aussprach. "Weil wir den Wein geladen haben, den der König für das Fest beordert hat. Es gibt nirgends so guten Wein wie in Astoria...", erwiderte er, mit unverkennbarem Stolz in der Stimme. Sie wollte darauf nichts erwidern. Im Prinzip hatte sie also Pech gehabt, dass sie auf Allens Wagen gestiegen war, denn das bedeutete nur ein früheres Zusammentreffen mit Van. Es war ja fast schon kindisch, wie sie sich benahm! Sie hatte wirklich ein wenig Angst davor, Van zu sehen... Was, wenn er sie gar nicht erkannte? Immerhin waren ihre Haare viel länger und überhaupt sah sie nicht mehr aus wie ein sechzehnjähriges Mädchen. Sie musste diese Gedanken irgendwie los werden! So sah sie sich nun intensiv in der Stadt um. Es war eine schöne Stadt, das hatte Hitomi schon vom Berghang aus gesehen. Die meisten Häuser war nach der Zerstörung neu aufgebaut worden, und glichen sich mit ihrer einfach Bauweise und den flachen Dächern ziemlich. Je weiter sie in die Stadt hineinfuhren, wurden die Bauten größer und luxuriöser. Hitomi sah Gasthäuser, Pensionen, die mit bronzenen Schildern ihre Vorzüge und Angebote auspriesen. Es waren sehr schöne Häuser, mit auslaufenden Dachgiebeln und reich verzierten Fensterrahmen. Die Fassaden waren in Pastell-Farben gehalten und darüber hinaus gab es noch bunte Läden, die ihre Ware vor der Tür ausgestellt hatten. Die grünen Salatköpfe und die saftig roten Äpfel leuchteten Hitomi verführerisch an, trotz des spärlichen Lichts der untergehenden Sonne. Sie hätte am liebsten in einen Apfel hineingebissen! Stattdessen beobachtete sie die Menschen, die herumliefen und ihren alltäglichen Arbeiten nachgingen. Frauen, die mit beladenen Körben an der plattgefahrenen Sandstraße entlanggingen; Männer, die auf dem Weg in das nächste Lokal waren; ältere Damen die aufgeregt miteinander tuschelten und Kinder die dem vorbeifahrenden Wagen zuwinkten. Trotz dieses etwas mittelalterlichen Bildes der Stadt, war Hitomi von Glück erfüllt und winkte den Kindern gern zurück. Gaia war eine komplett andere Welt! Aber sie wusste sie zu schätzen. Wenig später fuhren sie über den kleinen Markplatz, wo die letzen Menschen ihre Stände abbauten und einige Frauen Wasser aus dem Brunnen holten. Noch dazu wurden hier die Häuser mit vielerlei Blumen und Fahnen für das anstehende Fest geschmückt. Dann sah Hitomi das Objekt ihrer beklemmenden Angst: Der Königspalast. Auch Allen war der Meinung, ihr das noch einmal deutlich mitzuteilen. "Dort vorne ist schon der Palast. Wir sind gleich da..." Hitomi verdrehte die Augen und seufzte. Obwohl der Palast wirklich schön und einladend aussah, konnte Hitomi ihre Unbehaglichkeit nicht verdrängen. Der Palast sah so aus wie in ihrer Erinnerungen. Trotz einiger Veränderungen aufgrund des Krieges, hatte er doch seine alte Form behalten. Direkt an eine hohe Felswand gebaut und umgeben von einem riesigen Garten, wirkte er wahrlich eines Königs würdig. Hohe Türmchen, ausladende Terassen und Balkone und eine prächtige Fassade verstärkten das nur noch. Und was das schlimmste war: Es war das Zuhause von Van und Hitomi würde nicht darum herum kommen, dort hinein zu gehen. Die Straße zum Palast war gepflastert, mit Steinen die den Panzern von Schildkröten ähnelten. Dementsprechend fühlte es sich auch an, als sie nun den Hang hinauf holperten. "Wer diese Pflastersteine ausgesucht hat, muss echt grausam gewesen sein....", sagte Hitomi und ihre Zähne schlugen von der Holperei aufeinander. "Ich glaube, die sind sogar noch original aus den Zeiten von Vans Großvater...", informierte sie Allen, der diese Strecke anscheinend schon gewohnt war und deshalb auch mit aufeinandergepressten Zähnen sprach. Toll, dachte sich Hitomi nur. Sie kamen dem Palast näher, und das Pflaster wechselte nun endlich zu einer flacheren Sorte. Hitomi konnte jetzt sehen, dass sie nicht die einzigen waren, die in das Palastgelände wollten. Vor dem Tor befanden sich andere schwer beladene Wägen, berittene Boten und überaus grotesk aussehende Mammut-Wesen, die scheinbar sehr unruhig waren und ihre Last schnell loswerden wollten. Am Tor standen auch einige Männer herum, die laut irgendwelche Anweisungen brüllten oder mit den Lieferanten herumdiskutierten. "So, da wären wir...", meinte Allen und bugsierten denn Wagen in die Warteschlange hinein. "Ich muss mal kurz mit den Verantwortlichen reden....", meinte Allen und war schon dabei vom Kutschbock zu klettern, was Tomu sehr freute, da er nun wieder die Zügel halten durfte. Hitomi saß nur da, und beobachtete, wie die Spitze des Berges hinter dem Palast vom letzten Sonnenstrahl berührt wurde, bis auch dieser weiterwanderte und das Tal langsam im Dunkeln zurück lies. Hitomi bemerkte, dass sie eigentlich ziemlich müde war und war deshalb froh als Allen schon zurückkam und sie ablenkte. "Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis die das hier alles geregelt haben, aber wir kommen heute auf jeden Fall noch in den Palast...", sagte er aufmunternd. Er hatte sich am Palasttor eine Fackel angezündet und zündete nun auch die kleine Lampe am Kutschbock an. Es war wie auf der Erde, wenn man bei einbrechender Dunkelheit schon einmal das Licht des Autos anschaltete. Nur das es auf Gaia keinen elektrischen Strom gab... Damit musste sich Hitomi nun abfinden... Eine knappe halbe Stunde später, hörte Hitomi, wie hinter ihnen ein weiterer Wagen über das klappernde Pflaster herangefahren kam. Er war nun schon dunkel und die ersten Sterne erschienen am Himmel von Gaia. "Ah, da ist eben ein Wagen von Dryden angekommen!", verkündete Allen, der mit Tomu unten stand und die Tiere mit Heu fütterte. "Wirklich?" Auch Hitomi warf nun einen Blick nach hinten, und tatsächlich: Von dem vollbeladenen Wagen stieg nun eine blonde Frau herunter die einer alten Freundin zum verwechseln ähnlich sah. "Millerna!", rief Hitomi und sprang aufgeregt vom Kutschbock herunter. Wie schön es doch war, mal wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen. Millerna hingegen wirkte verwirrt, als sie ihren Namen hörte und eine Frau auf sie zugelaufen kam. Wer konnte das sein? Millerna konnte sich nicht entsinnen, sie schon einmal gesehen zu haben... Und dann, als Hitomi nahe genug vor ihr stand um ihr Gesicht ausmachen zu können, war sie wie vom Blitz getroffen. Das war Hitomi! Ohne Zweifel gehörten diese grünen Augen und die braunen Haare zu dem Mädchen vom Mond der Illusionen! Hitomi wartete gespannt auf irgendeine Reaktion und als Millerna verblüfft ihren Namen hervorhauchte, warf sie sich überschwänglich in ihre Arme. "Oh Millerna, ist das schön dich zu sehen...", seufzte Hitomi und drückte sich fest an sie. Sie waren nun gleich groß, was wohl ein weiterer Unterschied zu damals war. Millerna hingegen konnte es kaum fassen. "Hitomi! Was machst du denn hier? Bist dus wirklich? Oh, das ist ja unglaublich!", faselte Millerna und betatschte Hitomis Gesicht, ihre Arme und drückte sie wieder an sich, nur um sich zu vergewissern, dass sie es auch wirklich war. "Ja, ich bin es wirklich...", sagte Hitomi und lächelte glücklich vor sich hin. Auch Allen war inzwischen zu den beiden hinzugestoßen. "Ich konnte es auch kaum glauben, als sie heute morgen verdreckt und übel riechend vor mir stand...", meinte er scherzend. "Ach, Du..." Hitomi kniff ihm freundschaftlich in den Arm, während Millerna auch Allen begrüßte. Sie war so wunderschön, wie schon damals. Und insgeheim hatte Hitomi sie immer um ihre lange, hellblonde Mähne und ihre sinnliche Weiblichkeit beneidet. Auch jetzt, knappe 20 Jahre Älter, wirkte sie immer noch so jung und lebendig wie eh und je. Sie hatte immer noch die selbe schimmernde und straffe Haut und die gleichen, leuchtenden Augen, die die Farbe von frischgereiften Heidelbeeren hatten. Hitomi kam es allmählich wie ein Wunder vor, hier sein zu dürfen! "Deine Rückkehr allein ist ja schon ein Grund für ein großes Fest! Du glaubst ja gar nicht, wie sehr ich mich freue, dich zu sehen! Und was werden die anderen sagen? Van, er wird bestimmt ausrasten!", sagte Millerna überaus aufgeweckt. "Du hast uns wirklich gefehlt..." "Davon hat Allen aber keine Wort erwähnt...", gab Hitomi schmunzelnd zurück und schielte zu Allen hinüber, der sich lachen schon wieder davon machte. "Er ist immer noch der gleiche, alte Charmeur....", meinte Millerna, die Hitomis Blick richtig deutete. Dann sah sie an Hitomi hinab. "Aber du bist nicht mehr die selbe... Nicht nur äußerlich, sondern... Ich weiß nicht, du strahlst so viel Ruhe aus...", stellte Millerna fest und ließ den Blick über das ganze Erscheinungsbild von Hitomi gleiten. "Tatsächlich?", fragte Hitomi, nicht recht überzeugt. Dass sie Ruhe ausstrahlte, war ihr neu. Normalerweise hätte sie ein ganz normaler Buisness-Mensch aus Tokyo sein müssen. "Ja, wirklich", sagte Millerna bestätigend. "Aber jetzt genug davon! Erzähl mir, wie es dir in dieser langen Zeit ergangen ist!", forderte Millerna und zog Hitomi mit sich zu ihrer Kutsche, die wesentlich niedriger war als die von Allen. "Ich muss mich etwas setzen...", meinte Millerna und im dämmrigen Licht der Fackeln und Lampen wirkte ihr Gesicht plötzlich matt und ernst. Bei näherer Betrachtung erkannte Hitomi auch warum: Es war zwar nicht auffällig, weil das violette Samt-Kleid relativ weit geschnitten war, und doch zeichnete sich unter dem lavendelfarbenen Seidenbesatz, der um die Taille herum genäht war, eine leichte Wölbung unter ihrer Brust. Ja, sogar eine unverkennbare Wölbung! "Du bist schwanger Millerna?", platzte es aus Hitomi heraus. Millerna wirkte erst ein wenig überrumpelt, doch als sie sich seufzend auf die Bank des Kutschbocks sinken ließ nickte sie lächelnd. "Ja, im sechsten Monat...", sagte sie sanft und strich über ihren runden Bauch. "Ist es dein erstes Kind?", wollte Hitomi wissen, der es plötzlich so vor kam, als hätte sie zum ersten mal richtig eine schwangere Frau gesehen. "Nein, mein zweites..." Hitomi machte große Augen. Es hatte sich wirklich einiges verändert während ihrer Abwesenheit. Eigentlich hatte sie nie wieder kommen wollen, und jetzt, als sie wieder in dieser Welt war, konnte sie gar nicht mehr verstehen, warum sie das beschlossen hatte. Wie sie Millerna so sah, als sie liebevoll über ihren Bauch und das ungeborene Kind von Dryden strich, wollte sie nie wieder weg! "Das freut mich für dich...", sagte Hitomi endlich und lächelte Millerna glücklich an. "Und wo ist dein anderes Kind? Ist es ein Junge? Wie alt ist er?", wollte Hitomi, nun in euphorischer Stimmung, wissen. "Ja, es ist ein Junge... Er heißt Miguel, ist jetzt elf Jahre alt und Dryden wie aus dem Gesicht geschnitten...", sagte sie und ihre Augen leuchteten dabei so, dass Hitomi sofort erkannte, wie sehr sie die beiden liebte. "Dann ist er ja sogar in Tomus Alter! Das wird ihm gefallen...", murmelte Hitomi vor sich hin. "Wer ist Tomu?" Millerna wirkte nun etwas misstrauisch. "Das ist der Junge, einer meiner Schüler, der mehr oder weniger aus Versehen mit mir gekommen ist... Du wirst in kennen lernen..." Während die beiden warteten, dass sich die Schlange vorwärts bewegte, sprachen sie hauptsächlich über Millernas Leben. Was sie die ganze Zeit gemacht hatte, wie es mit Dryden stand und welche Aufgaben sie in Astoria und in der Handelsflotte hatte. Hitomi konnte gar nicht genug davon bekommen, als sich die Kutschen endlich vorwärts bewegten. Auch Allen trieb seine Pferdewesen an und beeilte sich, durch das Tor zu kommen. Millerna griff ebenfalls zu den Zügeln und brachte die Kutsche ins Rollen. "Macht es dir eigentlich nichts aus, in deinem Zustand so harte Arbeiten zu machen?", fragte Hitomi und warf einen zweifelhaften Blick auf Millernas runden Bauch. Millerna lachte, als hätte sie einen dummen Scherz gemacht. "Was bleibt mir anderes übrig? Drydens Handelsflotte ist der wichtigste Lieferant in ganz Gaia! Und ich bin ein wichtiger Teil davon... Während Dryden sich um das geschäftliche kümmert, bin ich für die Fracht und Ordentlichkeit zuständig. Zusätzlich bin ich eine unentbehrliche Ärztin geworden. Es gibt mir immer noch den nötigen Ausgleich, anderen Menschen zu helfen. Dieses Fest hier mit zu organisieren erscheint mir da wie eine Kleinigkeit...", erzählte sie, während sie durch das einladende Tor auf den weichen Sandboden fuhren. Der ebenerdige Weg zum Schloss war an beiden Seiten gesäumt mit hoch hinaufragenden Öllampen, die eine relativ helles Licht über das Gelände strahlten. Hitomi konnte einen üppig bepflanzten Vorgarten sehen, wo die seltsamsten Pflanzen und Blumen wuchsen und Efeu-bewachsene, knorrige Bäume standen. Sogar bei Nacht sah alles wunderschön aus! Hitomi driftete wieder zurück zu ihrem Gespräch mit Millerna. "Also bist du viel beschäftigt?" "OH ja! Manchmal vergesse ich ganz, dass ich eigentlich eine Prinzessin von Astoria bin... Ja, eine Königin, wenn du willst...", sagte Millerna. "Aber ich bin froh, keine Königlichen Verpflichtungen zu haben. Das Regieren von Astoria liegt in der Hand meiner großen Schwester... Ich bin glücklich mit meinem Leben!" Das sagte sie so, dass Hitomi es ohne Zweifel glaubte. Millerna schien wirklich sehr glücklich zu sein! Der Weg war nicht lang, denn sie kamen sogleich zu einem weiteren, mächtigen Tor, dessen robuste Eichentüren weit offen standen. Allens Kutsche fuhr, nach einigen Rufen und Anordnungen der Wachen langsam durch das Tor. Millerna jedoch hielt vor dem Tor an und wies Hitomi mit an, ab zu steigen. "Diese Ladung kommt nicht sofort ins Schloss, sondern in die Lagerräume am anderen Ende des Geländes. Dryden hat heute Morgen schon so viele Früchte, Stoffe und andere Dinge geliefert, dass das Schloss aus allen Nähten platzen muss!", scherzte sie und ging zu den Wachleuten. Sobald die Kutsche ihre Herrin verloren hatte, kamen wie aus dem Nichts drei jugendliche Jungen aus dem Laderaum geklettert und übernahmen alles eifrig und geschwind wie Heinzelmännchen. Einer der drei, dessen Gesicht sich durch rot-glimmende Sommersprossen auszeichnete, sprang auf den Kutschbock und lenkte die Kutsche den Weg nach links zu den Lagerräumen. Damit war also alles geregelt. Doch als Hitomi Millerna durch das Tor folgte, wurde ihr wieder schmerzlich bewusst, dass der schlimmste Teil des Tages wohl erst noch bevor stand... Der Schlosshof war wieder gepflastert, diesmal mit ebenerdigen, gleichmäßigen Steinen. Zwei riesige, alte Bäume mit mächtigen Ästen, die wohl die einstige Zerstörung unbeschadet überstanden hatten, wachten dort links und rechts vom Schlossportal. Dort stand auch Allens Wagen, wo nun ebenfalls fleißige Männer und Frauen die Weinfässer ausluden und quer über den Hof in einen kleinen Anbau rollten. Und nicht nur das: Unzählige andere Personen schmückten den Hof mit Lampions und riesigen Töpfen voller bunter Blumen mit Tellergroßen Blüten. Es war ein ewiges kommen und gehen und Millerna und Hitomi fielen dabei nicht im geringsten auf. Sie stießen auf Allen und Tomu. "Na, bereit für den König von Farnelia?", fragte Allen in die Runde. Hitomi hätte ihm am liebsten irgendeinen Fluch an den Kopf geworfen, von wegen er solle aufhören sie so zu ärgern, doch dann fiel ihr ein, dass Allen ja eine ganz andere Meinung zu dem Thema hatte. Er musste richtig darauf brennen, die Begegnung von Hitomi und Van zu beobachten! Hitomi nickte nur matt und wandte sich dann Tomu zu. Es kam ihr nun fast so vor, als hätte sie ihn vernachlässigt, weil sie so lange bei Millerna gewesen war, doch Tomu wirkte im Gegenteil aufgeweckt und fröhlich. Er sah aufmerksam um sich und staunte über diese doch so fremde Welt. "Ach übrigens, Millerna! Das ist Tomu!", verkündete Hitomi, nachdem Millerna einen zweifelnden Blick auf den 12-jährigen geworfen hatte, als passte er nicht ganz ins Bild. Doch dann lächelte sie. "Freut mich Tomu!" Sie reichte Tomu die Hand, welche dieser verlegen schüttelte. "Ich bin Millerna, eine alte Freundin von Hitomi...", sagte sie ganz sanft. Man sah sofort, dass sie viel Erfahrung mit Kindern hatte. "Freut mich auch...", murmelte Tomu, mit geröteten Wangen. Er war sichtlich sofort angetan von Millerna, was Hitomi wiederum sehr beruhigte. Allen schien allmählich die Geduld zu verlieren und scheuchte alle miteinander in Richtung Palast. Der Palast selbst, der nun wie ein riesiger Koloss vor ihnen emporragte, wurde schon am Eingang von einem riesigen und prachtvollen Portal geschmückt, was auf weitere Pracht hindeutete. Die runde Treppe führte flach zum riesigen Eichenportal, welches wiederum mit Schnitzereien verziert war, die hier zum ersten mal auf die Atlantische Kultur hinwiesen. Außerdem war die Treppe gesäumt von riesigen Säulen und das Portal hingegen von einer mächtigen Ädikula. Ja, auch hier erkannte Hitomi die Einflüsse der Griechen und des atlantischen Volkes, was sie so sehr an ihre eigene Welt erinnerte. "Nicht so lahm!", sagte Allen und ging voran, um das Portal zu öffnen. Sie stiegen die Treppe hinauf und traten durch die offene Tür hinein. Hitomi fand sich in einem kreisrunden Raum wieder, der ebenfalls von bauchigen Säulen gestützt wurde und in bläulichem Marmor gehalten war. An der Decke, die mindestens 3 Meter über ihren Köpfen liegen musste, befanden sich erste Malerein, des alten gaianischen Volkes. Mächtige Pferde, Flügelwesen und strahlende Rüstungen säumten eine kleine Kuppel, die nun schon das bläuliche Mondlicht hereinscheinen ließ, und sahen zu ihnen herunter. "Wir möchten zu König Van, sofort, wenn's geht...", sagte Allen an die beiden Wachen gewandt, die den Durchgang zum Palastinneren bewachten. Einer der beiden nickte, gab seinen langen Speer an seinen Kameraden ab und verschwand im spärlich beleuchteten Gang. "Mann, Van hat die Disziplin hier ja noch mehr verstärkt...", murmelte Allen an Millerna gewandt. "Meinst du? Ich denke, das ist eher in Kobes Schuhe zu schieben...", entgegnete sie. Allen seufzte. "Wahrscheinlich. Ich war schon lange nicht mehr hier..." "Wie lange?", wollte Hitomi wissen. "Ein Jahr, bestimmt...", sagte er. Hitomi nickte nur. Ein Jahr also. Ob Van sich wohl sehr verändert hatte? Auch innerhalb eines Jahres? Was mochten da 20 Jahre ausgewirkt haben? Sie wollte nachfragen. "Wie ist Van so? Ist er so wie früher, oder hat er sich sehr verändert?" Erst kam lange keine Antwort. Dann begann Allen. "Er ist...", zögerte er. "Anders...", fiel ihm Millerna eiskalt ins Wort. "Du wirst es schon sehen..." Sie mussten ein paar Minuten warten, bis die Wache zurückkam, im Schlepptau einen älteren Mann mit rundlicher Gestalt, einem herben Gesicht mit grauem Schnurrbart, vielen Falten um die Augen und grauem Haaransatz unter der blauen Kappe. Sein passender blauer Umhang verlieh ihm etwas von höchster Autorität. Tatsächlich besaß er diese auch, als er sich vorstellte. "Mein Name ist Kobe. Ich bin der erste Berater des Königs. Wie kann ich ihnen Helfen?", sagte er monoton. Allen fing urplötzlich zu lachen an. "Mensch Kobe! Lass doch mal diese Förmlichkeiten und tun nicht so, als würdest du uns nicht kennen....", sagte er und schlug Kobe freundschaftlich auf die Schulter. Kobes strenge Gesichtszüge lockerten sich genauso plötzlich auf und er lachte, wie ein freundlicher Opa in die Runde. "Einen Versuch war es Wert Herr Allen..." Er lachte und schüttelte Allen die Hand. "Oh und welche freudige Überraschung! Prinzessin Millerna persönlich!", sagte er und ging zu Millerna um ihr ebenfalls die Hand zu schütteln. "Ach, lass doch mal die Prinzessin weg, Kobe..." "Ich glaube, daran kann ich mich nicht gewöhnen...", sagte er gespielt traurig und wandte sich dann Hitomi und Tomu zu. "Und wer sind diese beiden Herrschaften hier?" Er schüttelte den beiden trotz ihrer noch unbekannten Identität schon mal die Hand. "Die Dame ist Hitomi Kansaki, eine alte Freundin von Van und ihr kleiner Schüler Tomu...", sprach Allen für sie. "Ah, sehr erfreut." Er fragte nicht weiter nach. Anscheinend hatte er noch nie etwas von einer Hitomi Kansaki gehört. Was Hitomi etwas verwunderte... Aber es war ihr ganz recht so. Das ersparte ihr weitere lästige Fragen. "So kommt, kommt. Ich führe euch zum König!", verkündete Kobe und ging voran durch den Gang. Der karge, nur mir Fackeln beleuchtete Gang führte keine 5 Meter weit, dann kam schon wieder ein kleiner Raum, in dem nur eine riesiger Bottich voll Blumen stand und von dem 2 symmetrische Treppen zu einer Tür hinauf führten. Während sie die Treppen hinaufstiegen, redete Kobe ununterbrochen. "Es ist schön, mal wieder ein paar altbekannt Gesichter zu sehen. Den ganzen Tag geht es heute schon drunter und drüber, auch wenn man jetzt nichts mehr davon sieht. Der Palast bekam sozusagen seinen letzten Schliff, von unzähligen Menschen, von denen ich nicht einmal die Hälfe kannte. Aber jetzt ist wieder ein wenig Ruhe eingekehrt...", erzählt er wie ein rauschender Wasserfall. Hitomi musste sich eingestehen, dass diese Sprechweise genau zu einem königlichen Berater passte. "Und Van? Äh, Entschuldigung, der König... Hat er alles im Griff?", fragte Allen locker. Kobes Blick verfinsterte sich auf einmal, bevor er wieder normal weiter sprach... "Ja, ja... Es ist alles geregelt..." Dann standen sie auch schon vor der Tür, die mit Messingplatten verziert war und sie traten ein. Dahinter befand sich anscheinend sogleich das Empfangszimmer. Links und Rechts war der Raum von hohen Fenster gesäumt. Zahlreicher bunte Teppiche lagen aus und kostbare Öllampen erhellten den Raum mit königlichem Glanz. Am Ende stand ein edel gearbeiteter Stuhl, der mit rotem Samt bezogen war und anscheinend den Thron darstellte. Sonst war nichts besonderes auszumachen, außer die üblichen, üppigen, atlantischen Deckenfresken als Überbleibsel einer alten, hohen Kultur. Kobe wies sie an hier zu warten und schritt selbst durch eine schlichte Tür in den Nebenraum, wo der eigentliche Palastkomplex begann. Von hier ging es zum Ballsaal, zum Speisezimmer und zu den Schlafgemächern. Kobe ging schnellen Schrittes durch die großzügige Vorhalle zu einer kleinen Tür, die wiederum eine lange Treppe zur königlichen Brauerein hinunter führte. Tatsächlich waren diese Räumlichkeiten eine der wenigen, wo sich der König gern aufhielt, was Kobe dagegen sehr missfiel. Doch was konnte er schon tun? Der König hatte darauf bestanden, am Vorabend des Festes persönlich das Bier zu kosten, was so ziemlich das einzige sinnvolle war, was er an diesem Tag vollbracht hatte. Kobe ging die Fackelerhellte Wendeltreppe hinunter und trat dann energisch durch die hölzerne Tür zur Brauerei. Sofort schlug ihm der starke Geruch von frischgepresstem Hopfen entgegen. Wie nicht anders zu erwarten war der König schon wieder ein wenig betrunken. Er saß mit dem Braumeister und den anderen Bediensteten an einer runden Tafel, vor ihm ein leerer Krug, in der Hand schon wieder ein voller und sie sangen belustigt ein undefinierbares Lied. "Mein König!", sagte Kobe sehr laut und stellte sich direkt hinter Van, um ihm im Notfall den Krug wegzunehmen. "Kobe? Was willst du hier?", fragte Van mit einem gezwungen ernstem Ton. "Der Erste Besuch für heute Abend ist eingetroffen. Ich bitte Sie, sie zu empfangen." Van lachte und prostete dem Braumeister erneut zu. "Wer ist es denn Kobe?", fragte er dann. "Allen und Millerna von Astoria", berichtete Kobe laut und deutlich, um den Singsang der Brauer zu übertönen. "Ach, der gute Allen! Ha! Sag ihnen, sie sollen noch etwas warten! Wie du siehst, bin ich hier noch nicht fertig!", sagte er glucksend und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Krug. Kobe ging nicht auf diese Bemerkung ein. "Darüber hinaus ist noch eine junge Dame mit ihrem Schüler eingetroffen...", sagte er und gab damit Allens Worte wieder. "Wer? Ich kenne keine junge Dame...", spottete Van und nahm erneut einen großzügigen Schluck aus dem Steinkrug. "Sie heißt Hitomi Kanzaki...", sagte Kobe, und musste nun fast Schreien. Der Name hallte in den Gewölben wieder. Zu Kobes Verwunderung hielt der König inne und befahl mit einem Wink seiner Hand den Brauern ruhig zu sein. "Wiederhol das noch mal....", sagte Van mit glasklarer Stimme, die nicht darauf hindeutete, dass er schon etliche Liter Alkohol intus hatte. Es herrschte nun vollkommene Stille, als Kobe den Namen der Fremden wiederholte. Van setzte seinen Bierkrug dumpf auf dem Tisch ab. "Führe mich sofort hinauf..." Hitomis Nervosität war nicht mehr zu bremsen. Kobe war nun schon einige Minuten weg und konnte jeden Moment von Van wieder auftauchen. Gott, was sollte sie nur zu ihm sagen? Hallo Van, wie geht es dir? Hast du mich vermisst? Oder Hallo Van, wie läufts so? Hier bin ich wieder.... Das war doch idiotisch! Hitomi wurde das Gefühl einfach nicht los, das gleich irgendetwas schreckliches passieren würde und davon konnte sie auch Allens aufmunterndes Grinsen nicht abhalten. Gleich würde sie den Menschen treffen, den sie 13 Jahre ihres Lebens aus ihren Gedanken verdrängt hatte und der sie doch immer dominiert hatte. Van! Im nächsten Moment ging die Tür auf und Kobe kam wieder herein. Er hielt die Tür auf und eine weitere Gestalt trat herein. Er trug knielange Lederstiefel, eine ausgebauschte Hose und einen reichliche bestickten Wams über einem weißen Leinenhemd. Darüber lag ein smaragdgrüner Mantel mit einer goldenen Borte am Saum. Insgesamt eine unverkennbar königliche Erscheinung. Doch waren die Kleider nur nebensächlich. Hitomi saugte in diesen wenigen Sekunden einfach alles auf. Die hochgewachsene Gestalt, die breiten Schultern und dieses charismatische Gesicht. Ja, es war unverkennbar Van! Die tiefbraunen Augen, die wilden schwarzen Haare und die Ernsthaftigkeit im Blick und an den Lippen. Das war Van! Er war 20 Jahre älter, ohne Zweifel, und doch hatte sich Hitomis Bild von ihm über all die Jahre nicht verändert. Plötzlich löste sich die Verknotung in ihren Eingeweiden und sie fühlte sich wieder wie eine sechzehnjährige die vor dem Jungen stand, den sie liebte. Irgendwie war sie erleichtert, dass sie nun vor ihm Stand, ja es war nun gar nicht mehr schlimm. Sie versuchte ein Lächeln auf ihre Lippen zu bringen, als Kobe sie erneut vorstellte. Vans Blick, der Hitomi mit der gleich Intensität musterte, war kurzzeitig erstaunt und ungläubig gewesen, doch nun sofort wieder seiner typischen Ernsthaftigkeit gewichen. Hitomi wartete, wartete, dass er als erstes etwas sagte. Und tatsächlich. "Ich kenne diese Frau nicht." Das sagte er so kalt und kurz angebunden, dass sich Hitomis Eingeweide wieder verknoteten, als wäre es nie anders gewesen. Ihr Instinkt hatte sie nicht getäuscht. Es würde etwas schreckliches passieren. Kapitel 7: Fassungslosigkeit ---------------------------- Its's always the sun... *dadamm* So ein Kapitel zu schreiben, is manchmal net einfach... Das denkt man und denkt man, und es mag einfach alles nicht zusammenpassen. Bei mir gings aber sehr flüssig! ^.^ Dank eurem Ansporn... Es freut mich, dass anscheinend immer mehr leute hier mitlesen und tolle kommis schreiben... Weiter, nur weiter! Dann werden die Kapitel nur so aus meinem Gehirn emporspriesen... (bitte nicht bildlich vorstellen!) Diesmal gings wirklich schnell. Mein kopf is auch schon wieder voll ideen, für den rest der story und das nächste kap... mal sehen, ob das auch wieder so schnell geht... ich wünsch euch viel spaß beim lesen... machts euch gemütlich und trinkt ne tasse tee! *gg* mfg Chiyo-san (Musik bei diesem Kapitel: Escaflowne Movie OST; Notting Hill OST *schwelg* The main-Getränk: Earl Grey mit ganz viel Milch *lecker: ^.-) ------------------------------------------------- Kapitel 7: Fassungslosigkeit Hitomi stand einfach da. Wie vom Donner gerührt. Hatte sie sich verhört? Vielleicht vertrug sie das Gaianische Klima noch nicht. Ja, konnte durchaus sein! Oder die glitzernden Öllampen blendeten sie und der Mann der gerade diese schrecklichen Wort gesagt hatte, war gar nicht Van, sondern irgendein Angestellter, der etwas verwirrt war... Es konnte doch einfach nicht sein, dass Van so etwas sagte! Er musste sie doch kennen! "Van?!", hauchte Hitomi mit erstickter Stimme. "Erkennst du mich nicht?" Hitomi wusste nicht, was sie erwartet hatte, wenn sie Van wiedersah, aber ganz bestimmt nicht das. So kalt wie Stein kam er ihr vor. Er stand nur da, mit einem abschätzenden Blick in den Augen. "Nein, ich kenne sie nicht...", sagte er erneut und drehte sich dann abrupt um, verlies den Raum und schlug die Tür hörbar hinter sich zu. Er verschwand so schnell, wie er gekommen war... Kobe stand scheinbar teilnahmslos da, doch innerlich brannte er bereits. War dies das angemessene Verhalten eines Königs? Selbst wenn er diese Frau nicht kannte, konnte er unmöglich so abweisend und schlicht unhöflich sein! Kobe war bestürzt! Er hatte schon viel mitgemacht, mit diesem König, und viel ertragen müssen, aber das war doch wirklich die Höhe! Und das am Tag vor der 20-Jahr-Feier... Er wandte sich mitleidig an Hitomi. "Es tut mir sehr leid, Fräulein Kanzaki, aber der König scheint etwas... durch den Wind zu sein...", sagte er, gelinde ausgedrückt. Eigentlich hätte er sagen wollen, dass der König der arroganteste Bastard war, der je über Farnelia geherrscht hatte! Aber solche Ausdrücke lies sein hohes Berater-Amt nicht zu... "Es tut mir wirklich leid...", wiederholte Kobe und blickte betreten drein. Alle schwiegen für einen Moment. Erst Allen meldete sich wieder zu Wort. Der gab einen pfeifenden Laut von sich und sagte dann : "Das ist doch nicht dein Ernst Kobe! Wir beide wissen genau, dass Van keineswegs durch den Wind ist... Erst ist genau wie immer, nur vielleicht noch etwas schlimmer...." Kobe seufzte resigniert. Er konnte seine Beratermine eigentlich ablegen, besonders vor Allen. Sie beide hatte schon unzählige Gespräche über den König geführt. Wie ignorant dieser doch war und auch wie man ihn dazu bringen könnte, endlich Vernunft anzunehmen. Ja, Allen wusste was Sache war... "Leider muss ich dir Recht geben, Allen, ja... Er ist wie immer..." Allen nickte, ebenso Millerna. Anscheinend wussten alle drei genau was hier los war. Hitomi hatte das ganze von der Seite beobachtet und war sich sicher, dass Kobe, Allen und Millerna genau bescheid wussten. Was konnte der verdammte Grund sein, dass Van sie so behandelte? "Was ist hier los? Ihr wisst doch genau, warum Van so reagiert hat, als er mich gesehen hat?!", sagte Hitomi herausfordernd. Alle drei sahen sie betreten drein. "Was habt ihr mir verheimlicht, als ich euch vorhin fragte, wie Van so ist, ob er sich verändert hat? Denn er hat sich offensichtlich verändert!", schrie Hitomi schon fast. Sie konnte selbst nicht sagen, warum sie das plötzlich so belastete. Sie hatte Van schließlich nie wieder sehen wollen. Sie hatte sich so viele Versionen von ihrer Wiederbegegnung ausgemalt! Dass Van vielleicht erschrocken war, dass er weinte oder sie vielleicht sogar küsste, aber auf keinen Fall DAS! Allen wagte erneut als erster zu sprechen. "Ja, wir wissen was los ist. Nur hatten wir die Hoffnung, dass du alles veränderst, Hitomi...." Hitomi wurde misstrauisch. "Dass ich alles verändere....? Wie meinst du das..." "Ich glaube, für diese lange Geschichte sollten wir uns lieber setzen...", meinte Allen und wies auf den niedlichen Tisch mit 6 Stühlen darum herum, der Hitomi erst jetzt auffiel. So setzten sie sich also. "Also, was ist nun los?", fragte Hitomi erneut, als sie sich auf dem Stuhl nieder lies. "Das mit Van ist eine komplizierte Sache... Gott, wo soll ich nur anfangen... Das ist wirklich schwer Hitomi...", sagte Allen ein wenig verzweifelt. "Dann werde ich die Geschichte wohl erzählen...", sagte Kobe in die Runde. Hitomi war still und lauschte. "Ich arbeite jetzt schon seit 15 Jahren hier im Palast. Erst war ich nur ein einfacher Gelehrter, der gelegentlich die Bibliothek besuchen durfte. Doch schnell bekam ich angeboten, in der erneuerten Regierung eine Beraterrolle zu übernehmen. Also wurde ich einer der sechs Berater. Zuerst nur ein unbedeutender, doch über die Jahre stieg ich zum obersten Berater auf und bin nun schon seit 8 Jahren in dieser Position....", sagte er und seufzte. "Man kann sich also vorstellen, dass ich dem König sehr nahe stehen müsste. Das tue ich auch, aber nur in Sachen der Regierung. Privat bin ich nie an den König herangekommen, genauso wenig wie irgendjemand sonst...." "Wie meinen sie das?", fragte Hitomi. "Der König ist ein verschlossener Mann, mit einem Herz aus Stein." Hitomi war ein wenig verwirrt. "Ein Herz aus Stein? Van? Er war zwar schon immer sehr ernst, aber verschlossen.....?" Sie wusste gar nicht, wieso sie das sagte. Eigentlich musste sie ihren Mund halten. Tatsache war, dass sie Van 13 Jahren nicht mehr gesehen hatte, und ihn deshalb also nicht mehr kannte. "Durch irgendein einschneidendes Ereignis, muss der König so geworden sein. Ich kann nicht sagen, durch welches.... Er ist schon immer so, seit ich für ihn arbeite.....", sagte Kobe traurig. Dann zogen sich seine Augenbrauen zusammen und er wurde wieder sehr ernst. "Er ist gefühllos, eiskalt und tyrannisch! Und das ist noch das wenigste: Er nimmt seine Aufgaben nicht ernst! Er geht lieber auf die Jagd, als sich um seine königlichen Angelegenheiten zu kümmern! Er hat noch nie ein Buch gelesen, geschweige denn kennt er alle Gesetze dieses Landes, die er einst selbst aufgestellt hat! Er ist verantwortungslos und strahlt defensive, negative Energie aus, wo er geht und steht!", sagte Kobe in völliger Rage. "Oh, ich vergas! Außer wenn der trinkt, ja dann ist er ausgeglichen und belustigt....", fügte er noch trocken hinzu. "Dieser Mann, so stark und mächtig er auch zu sein scheint, hat es nicht verdient König zu sein!" Das waren harte Worte, selbst in Hitomis Ohren. Sie schaute Kobe nun etwas ungläubig an. "Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen...", meinte sie knapp. "Kobe hat recht, mit jedem Wort das es sagte. Van ist anders. Von seinem früheren Ich ist nichts mehr übrig...", sagte Allen. "Aber, wie kann das sein? Ein Mensch kann sich doch nicht so extrem verändern?" "Leider doch...", meinte Allen resigniert. "Was war der Auslöser dafür?", wollte sie wissen. "Du." Das kam von Millerna, die sich bis jetzt zurückgehalten hatte. "Du warst der Auslöser Hitomi. Indem du weggegangen bist." "Wie bitte?" Hitomi war nicht im geringsten auf so eine Antwort gefasst gewesen.... "Ich soll der Auslöser gewesen sein? Ist das euer Ernst?", fragte sie ungläubig. "Ja, wir vermuten es zumindest. Jedes mal wenn wir Van darauf angesprochen haben, oder gar von dir geredet haben, hat er sofort abgeblockt... Also wird das der Grund sein...", sagte Millerna. Dann meldete sich Kobe wieder zu Wort. "Ich möchte ja nicht das Gespräch unterbrechen, aber wieso sollte dieses Fräulein der Auslöser sein?", fragte er verdutzt. Dann fragte er an Hitomi gewandt: "Von woher kennen sie den König überhaupt? Sind sie aus Astoria?" Hitomi seufzte abermals. "Nein, ich komme nicht aus Astoria. Und auch nicht einmal aus Gaia. Ich kenne Van nur von Früher..." "Nicht aus Gaia? Wie soll ich das.... bitte verstehen?", hackte Kobe nach und wirkte nun sehr verwirrt. "Das ist wohl unsere Schuld. Wir hätte Hitomi gleich richtig vorstellen sollen....", sagte Allen und tat seinen Fehler mit einer Handbewegung ab. "Dieses Fräulein hier ist unsere alte Freunde. Wir haben sie in den Kriegszeiten kennen gelernt. Wir nannten sie auch Das Mädchen vom Mond der Illusionen." Bei Kobe schien der Groschen gefallen zu sein. "OH natürlich!" Sein Gesicht zeigte nun ein freudiges Lächeln. Später würde er sich gut als Opa machen, dachte Hitomi nur. "Das hätte mir gleich klar sein müssen! Ich erinnere mich an Sie! Sie haben unsere Welt gerettet, gemeinsam mit unserem König! Und nun sind sie wieder hier!", rief er freudig aus. Es klatschte aufgeregt in die Hände. "Das wird ein Fest Morgen! Endlich ist eine Heldin zugegen, die so eine Feier zu würdigen weiß!" Hitomi winkte ab. Sie fand es zwar sehr schmeichelhaft, dass sich Kobe so freute, doch musste sie ihm auch einiges erklären. "Kobe, ich bin nicht absichtlich wiedergekommen. Eigentlich wollte ich nie wieder zurückkehren! Geschweige denn wollte ich je wieder an Gaia oder Van denken! Ich dachte, so ginge es leichter, damit umzugehen... Und dann bin ich durch einen dummen Zufall wieder in der Dimensionssäule gelandet....", sagte Hitomi. "Ich bin ganz gewiss keine Heldin. Ich bin erbärmlich...." "Du bist nicht erbärmlich, Hitomi... Wirklich nicht... Wir sind froh, dass du wieder hier bist, egal unter welchen Umständen das war...", sagte Millerna und nahm tröstend Hitomis Hand. "Danke...", erwiderte diese. "Eigentlich sind wir ja erbärmlich...", meinte Millerna matt und wechselte einen müden Blick mit Allen. "Das stimmt...", fügte Allen hinzu. "Heute Morgen, als du plötzlich vor mir standest, war ich erst einfach froh, dass du wieder da warst. Und dann, dachte ich an Van! Und so blöd das auch klingen mag, ich schöpfte sofort Hoffnung, dass du es schaffen könntest, ihn zu verändern. Ich brannte richtig darauf, eure Begegnung mitzuerleben!" "Das stimmt allerdings...", sagte Hitomi, mit einer guter Portion Sarkasmus. "Du warst meine Hoffnung. Und Millerna erkannte das auch sofort. Wir haben wirklich gedacht, Van würde wie ausgewechselt sein! Aber wie du siehst, ist das Gegenteil passiert....", sagte Allen, nicht minder resigniert wie Millerna. Hitomi dachte lange über seine Worte nach. Wenn sie die Lage so betrachtete, war Van zu einem grausamen, eitlen Herrscher geworden, wie man ihn sonst nur in Märchen oder sehr klischeehaften Hollywood-Filmen kannte. Und genau das konnte sich Hitomi einfach nicht vorstellen! VAN! Ja, er war schwierig gewesen, damals, als 16-jähriger. Er war unheimlich ehrgeizig, starrköpfig und unvernünftig gewesen... Und dann in manchen Momenten, konnte er so ernst und lieb sein, dass Hitomi manchmal innerlich dahingeschmolzen war. Er war so zwiespältig! Ein Trampel und doch ein leidenschaftlicher Kerl. Zu allem Übel musste sich Hitomi eingestehen, dass sie damals genau die selben Eigenschaften hatte... Sie waren sich so unglaublich ähnlich gewesen! Als sie auch noch merkten, was sie füreinander empfanden, hätte alles gut werden können. Doch Hitomi hatte es wieder auf die Erde gezogen... Und jetzt, nach all den Jahren sollte das alles vorbei sein? Es konnte doch einfach nicht sein, dass sich ein Mensch so veränderte! Hitomi fand das so widersprüchlich, dass sie am liebsten geschrien hätte! Es war zum verzweifeln... Nach langem grübeln, seufzte Hitomi und sagte: "Um ehrlich zu sein, hatte ich mir auch große Hoffnungen gemacht. Ich dachte, dass Van mich immer noch lieben würde, wenn man davon ausgeht, dass das Gefühl, dass ich so lange vergraben hatte, Liebe ist..." Sie blickte in die Runde. "Ich dachte, ich kann hier wieder ein Leben anfangen. Denn meins war bisher einfach unerfüllt. Aber nun, das Van so ist, habe ich jeden Mut verloren..." "Aber Kanzaki-san! Sie sind doch immer mutig!", sagte Tomu nun, der seit dem Eintritt in den Palast so gut wie kein Wort gesagt hatte. Hitomi lächelte. Das stimmte. Sie hatte immer versucht, mutig zu sein. Aber jetzt, war sie selbst verunsichert und des mutig-seins müde. "Ja, das war ich...", sagte Hitomi leise. Kobe sah sie nun mit ganz anderen Augen an. Mit weisen Augen eines Vaters, der alles zu wissen schien. Ja, er verstand jetzt. "Fräulein Kanzaki... Ich bewundere eure Stärke! Ihr seid eine Frau wie keine andere! Und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben! Im Gegenteil, ich habe gerade erst begonnen zu hoffen! Ich bin mir nämlich sicher, dass ihr diejenige seid, die unseren König wieder zu dem macht, was er einmal war...", sagte er. "Ihr erwartet eindeutig zu viel von mir....", sagte Hitomi abwehrend. "Nein! Sagt das nicht! Wenn ihr es nicht schafft, schafft es keiner! Mit eurer Stärke und eurer Liebe, könnt ihr den König zur Vernunft bringen! Denn er hatte nie eine Frau, wenn ich das sagen darf...", entgegnete Kobe beschwichtigend. "Ja, keine Frau, aber dafür jede Menge...", wollte Allen glucksend einwerfen, doch Kobe schlug ihm den Mund zu und wandte sich wieder an Hitomi. "Ich bitte euch, versucht es! Dieses Land hat etwas besseres verdient, als es jetzt hat!", sagte Kobe schon fast flehend. Hitomi musste sich eingestehen, dass sie sich schon wieder die unmöglichsten Situationen vorgestellt hatte, wie sie Van wieder näher kam... Es war wirklich idiotisch es zu versuchen, aber irgendwie konnte sie Kobe, der sie mit seinen, weisen, grauen Augen eindringlich ansah, den Wunsch nicht verwehren. "Ich werde es versuchen...", meinte Hitomi gequält. Millerna lies augenblicklich ihre Hand los und atmete erleichtert auf, ebenso wie Allen und Kobe, deren Mine nun aussah, als hätten sie im Lotto gewonnen. "Das wirst du nicht bereuen...", sagte Millerna leise und lächelte aufmunternd. "Ich hoffe es wirklich sehr. Aber nun bin ich ehrlich gesagt ziemlich müde und möchte nur noch ein großes, weiches Bett...", sagte Hitomi und unterdrückte ein Gähnen. "Selbstverständlich! Sie beide müssen morgen beim Fest genau wie die anderen Ehrengäste fit sein...", sagte Kobe und klatschte die Hände zusammen. Eine halbe Stunde später befand sich Hitomi in einem gemütlichen 2-Bett-Zimmer, das an der Südseite des Palastes lag, und deckte gerade Tomu zu. "Gute Nacht, mein kleiner Freund. Ich hoffe, du kannst einigermaßen gut schlafen...", flüsterte Hitomi und strich Tomu liebevoll über die Stirn. "Ich denke schon...", murmelte Tomu und lächelte verschmitzt. Hitomi erwiderte das Lächeln und sagte dann ein wenig traurig: "Ich muss mich noch einmal bei dir entschuldigen, Tomu. Ich hätte wirklich gewollt, ich hätte dich anders vor diesem Erdbeben beschützt. Nach Gaia zu gelangen, wäre mir nie in den Sinn gekommen! Und doch kann ich es nun nicht mehr ändern...", sagte sie nachdenklich. "Dann war es wohl Schicksal...", sagte Tomu und kicherte. "Du findest das wohl lustig, hä?", sagte Hitomi und zwickte Tomu neckisch in die Nase. Tomu kicherte abermals. Dann wurde er wieder ganz ernst. "Ich bin froh, dass ich auf Gaia bin. Alle sind so nett zu mir! In Tokio war es zwar auch schön, aber seit meine Eltern tot sind.... ist alles doof...", sagte er traurig. "Na dann bin ich ja beruhigt... Aber wann immer du dich unwohl fühlst, oder du Heimweh hast, dann sag es mir... Es gibt Möglichkeiten, die Dimensionen wieder zu überspringen und auf die Erde zu gelangen. Wer weis, vielleicht habe ich auch bald keine Lust mehr, hier zu sein...", sagte Hitomi im Plauderton. "Ok...", erwiderte Tomu. Hitomi lächelte, und fühlte sich plötzlich sehr mütterlich. Sie hatte noch nie ein Kind zu Bett gebracht, geschweige denn so viele Stunden an einem Stück mit einem verbracht! Es war ein unbekanntes Gefühl, aber ein gutes. Sie sah Tomu nochmals lächelnd an. "Aber nun schlaf. Heute war ein langer Tag, und der morgige wird es sicher auch..." Sie gab Tomu einen Kuss auf die Stirn und zog die weiche Decke bis zu seinem Kinn hoch. Sie wollte schon aufstehen, als Tomu sie am Arm zurückhielt. "Wartest du, bis ich einschlafe? Meine Mama hat das auch immer gemacht...", fragte Tomu hoffnungsvoll. Hitomi war etwas verdutzt über die Frage. Als sie aber den tiefere Bedeutung seiner Zutraulichkeit erkannte, nickte sie lächelnd. "Ich bleibe solange wach, bis du tief und fest schlummerst..." Tomu schien zufrieden und lies sie los. Hitomi stand auf. Ihr eigenes Bett winkte einladend von der anderen Zimmerseite herüber, und sie konnte die Müdigkeit nur schwer aus ihren Augen vertreiben. Deshalb entschied sie, noch ein wenig auf den Balkon zu gehen und in der lauwarmen Nachtluft einen Blick auf das schlafende Farnelia zu werfen. Sie trat also auf den kleinen Balkon hinaus. Die Luft war tatsächlich lau, und doch frisch. Eine sanfte Brise zog vom Tal herauf und umspielte Hitomis weißes Nachthemd mit einem zarten Hauch von Lavendel und Laubgeruch. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis! Kein vergleich mit Tokio! Wenn sie dort aus dem Fenster schaute, roch es nur nach Abgase und Müll. Außerdem sah man meilenweit nur Hochhäuser und triste Betonlandschaft. Ganz anders war es hier. Hier stand sie auf einem hohen Balkon eines mittelalterlichen Schlosses und warf einen Blick nach rechts über eine matt erleuchtete Stadt, bis hin zum großen See, worin sich zwei Vollmonde spiegelten. Auf einem davon war sie zu Hause. Die Monde leuchteten Hell am Firmament und erhellten das ganze Tal, sodass Hitomi einzelne Bäume ausmachen konnte und mit etwas Fantasie auch den Bergkamm, wo sie wenige Stunden zuvor noch gestanden hatte. Es war wirklich ein atemberaubender Ausblick! Nicht minder atemberaubend war der Anblick, der sich ihr zu ihrer Linken bot. Denn dort, auf einem großen, weitläufigem Balken, knapp 3 Meter über ihr und 10 Meter neben ihr, stand ein Mann. Der untere Teil seines Körpers blieb hinter den dicken Pfeilern der Balustrade verborgen. Man sah nur seinen nackten Oberkörper, der im bläulichen Mondlicht angestrahlt wurde. Es erinnerte sie an den marmornen Körper, einer griechischen Götterstatue. Gefesselt von diesem Anblick, registrierte Hitomi erst viel später, dass zu jedem Körper ja auch ein Gesicht gehörte, und als sie diesem ihre Aufmerksamkeit schenkte, wurde ihr ganz mulmig. Natürlich gehörten all diese anziehenden Dinge zu niemand anderem als Van Farnel. Hitomi spürte, wie sich ihre Wangen trotz der nächtlichen kühle erwärmten. Es war zum verrückt werden! Obwohl sie nach dem heutigen Abend nicht mehr mit den allerwärmsten Gefühlen zu Van stand, konnte sie ihre Augen nicht mehr von ihm abwenden. Sie starrte ihn an wie eine Irre und war froh, dass er nichts davon merkte. Ihre Spannerei wurde erst durch eine heftige Windböe verraten, die die Balkontür zu ihrem Zimmer demonstrativ zustieß, als wollte sie das Geschehen beenden. Das laute, knarrende Geräusch erweckte augenblicklich Vans Interesse. Er wandte sich abrupt um und starrte wie ein aufgescheuchter Wolf zu Hitomi auf den Balkon hinunter. Sein Gesicht lag nun im Schatten, doch Hitomi wusste genau, dass er sie genauso anstarrte, wie sie ihn zuvor. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Gesicht, auf den Rundungen ihrer Brüste unter dem Nachthemd und auf jeder anderen Stelle ihres Körpers. Es war, als würden sie tausend kleine Blitze treffen! Ja, die Luft zwischen ihnen war so gespannt, wie vor einem Blitzeinschlag! Doch dann sah Van weg, drehte sich so energisch um, dass seine kinnlangen Haare herumschwangen und verschwand dann in seinem Zimmer. Hitomi fühlte sich unendlich erlöst, als sie nun erschöpft an der Balustrade niedersank. Diese Begegnung, so wortlos sie auch war, hatte sie auf geheimnisvolle Weise extrem geschafft. Hätte sie sich mit ihm geprügelt, wäre es aufs gleich hinausgelaufen! Die körperliche Spannung, die für diese wenigen Sekunden zwischen ihnen gelegen hatte, war schlimmer als alles bisher da gewesene! Hitomi atmete heftig und schnaufte einige Male tief durch, bis sie sich einigermaßen gefangen hatte. Was für ein Mann! Wenn Hitomi sich nicht verrechnete, musste Van jetzt 36 Jahre alt sein. Eigentlich ein Alter, wo er erwachsen genug sein müsste, und alles im Leben geregelt haben müsste. Und doch war er so abweisend wie ein Felsblock... Wie konnte ein so schöner Mann so verbittert sein? Das war doch gar nicht möglich... Hitomi lehnte sich erschöpft an das Geländer und musste plötzlich an die letzte Begegnung mit Van denken, die nun schon so viele Jahre zurücklag. Damals, als der Krieg gerade frisch beendet war, standen sie beide mit der Escaflowne bei Folkens Grab und dachten an die vergangenen Tage. Dann hatte Van den roten Stein, das Herz des Drachen, aus der Escaflowne geholt und war zu Hitomi gegangen. Sie hatten sich lange angesehen, und Hitomi wusste, dass sie nicht gehen wollte. Sie erinnerte sich noch genau an das Gefühl, als sie Van gegenüberstand, als sie ihm sagte, dass sie zurück zur Erde musste. Es war ihr so unendlich schwergefallen! Sie wollte in diesem Moment nicht gehen... Und als Van sie dann noch umarmt hatte, konnte sie einfach nicht aufhören zu weinen. Wenn sie tiefer in ihren Erinnerungen grub, konnte sie noch genau die Wärme in seinen Augen sehen und den Geruch seiner Haut riechen. Er hatte ihr sogar gesagt, dass sie sich immer sehen konnten, solange sie nur das gleiche empfinden würden... Ja, wenn sie nur das gleiche empfinden würden... Hitomi hatte ihre Gefühle eingegraben, nachdem sie nach einem halben Jahr bemerkte, dass ihr diese Gefühle nicht reichen konnten. Sie wollte mit dem Kapitel Gaia abschließen und hatte alles verdrängt.... Wenn sie jetzt darüber nachdachte, kam ihr das abermals idiotisch vor. Wie hatte sie das nur tun können? Wenn sie immer an Van geglaubt hätte, ihre Gefühle behalten hätte, wäre er vielleicht nicht so geworden. Hitomi keuchte. Auf einmal wurde ihr schlagartig bewusst, dass sie selbst schuld daran war, ja sie allein trug Schuld daran, dass Van nun so ein kaltherziger Mensch war. Durch ihre selbstsüchtige Entscheidung, hatte sie Van die Verbindung zu ihr genommen, vielleicht seinen einzigen Hoffnungsschimmer, Hitomi jemals wieder zu sehen... Er hatte immer an sie geglaubt... Hitomi stand wacklig auf und warf noch mal einen Blick auf den Balkon, wo er wenige Augenblicke zuvor noch gestanden hatte. Van hatte ihr nur diese Worte ins Gesicht geschleudert, weil er daran erinnert wurde, wie sehr er verletzt wurde. Von ihr selbst. Hitomi. Sie fasste einen Entschluss: Sie musste ihre Schuld wieder begleichen. Sie musste Van wieder Hoffnung geben und ihn daran erinnern, was wichtig war. Nur das zählte jetzt. Kapitel 8: Die 20-Jahr-Feier (part I) ------------------------------------- Hallo liebe lesenden... Erst mal: ENTSCHULDIGUNG, dass ich sooooo lange gebraucht habe, für dieses kapitel... naja, relativ lang. Ich habe hald ziemlich lang rumüberlegt und darüber hinaus hatte ich echt extrem viel zu tun für die Schule... (Das Abi rückt immer näher... *bammel*) Was ich noch an dieser Stelle anprechen möchte, sind die vielen Fragen, die ihr in letzter Zeit so hattet. (und die ich noch nicht beantwortet habe...) 1) Die Zeitverschiebung: Das ist ein schwieriges Thema. Ich nehme einfach mal an, dass ihr alle die Escaflowne TV-Serie gesehen habt. Tja, ich habe sie mir jetzt EXTRA für euch nochmal komplett reingezogen! ^.^ Ich war eben immer der Überzeugung, dass die Zeit in Gaia schneller bzw. anders verläuft als auf der Erde. Ganz einfach aus dem Grund, weil Hitomi ja in den letzten paar folgen wieder kurzzeitig auf die ERde zurückkehrt, und dort eigentlich wieder den Tag erlebt, an dem sie mit Van nach Gaia verschwunden ist. Wenn ich aber das ganze jetzt genauer betrachte, muss da einfach irgendwas anderes dahinterstecken... Dass irgendetwas, das Raum-Zeit-Gefüge durcheinander gebracht hat, oder so. Denn Amano, Yukari usw. haben ja anscheinend keinerlei erinnerung mehr, dass hitomi in einer Lichtsäule verschunden ist. Das hab ich jetzt auch erst so betrachtet. Ist schwierig zu erklären.... sorry. jedenfalls, es stimmts schon, dass es in der Serie nicht richtig rauskommt, dass die zeit anders ist auf Gaia. Aber ich habe mir das hald IMMER so vorgestellt, und da die FF auf diesem Zeitunterschied aufgebaut ist, müsst ihr das einfach mal akzeptieren... Schließlich isses ne freie FF, also was solls. Wurmt mich zwar schon, weil ich ja eigentlich ein Perfektionist bin... *gg* ok. ich hoffe, ihr seid mit dieses umständlichen Erklärung zufrieden. 2) Die neuen Personen: Naja, einige von euch haben ja gesagt, dass sie es nicht so toll finden, wenn dauernd neue Personen auftauchen. ABer keine Bange. Es hält sich ja in Grenzen... Aber sagt mir bitte, falls ihre den Überblick verliert. 3) Die alten Personen: Viele der bekannten Charas sind ja schon aufgetaucht. ABer keine Sorge, die anderen kommen schon auch noch. Besonders auf Merle müsst ihr gar nicht mehr lang warten. Ich denke, das wars so im groben. Falls noch was wirklich dringliches ansteht, einfach sagen... Aber jetzt lest das kap! Und sagt mir wie ihrs findet! ^.^ Gruß Chiyo-san ----------------------------------------------------------- Kapitel 8 - Die 20-Jahr-Feier (Part I) Hitomi wachte in dem Bett auf, dass in ihrem Gästezimmer im Schloss von Farnelia stand. Die Decken fühlten sich so weich an, als wäre sie in einen Kokon aus Seide eingehüllt und die Matratze, die anscheinend mühevoll mit Federn ausgestopft war, fühlte sich wunderbar unter ihrem Rücken an! Sogar Tomu schlummerte noch friedlich vor sich hin... Sie warf einen Blick aus dem Fenster, wo die Sonne schon aufgegangen war und den neuen Tag einleuchtete. Schon kam eine angenehme Wärme von der Balkontür herein, die irgendjemand geöffnet haben musste, denn Hitomi war sich ganz sicher, dass sie sie in der Nacht geschlossen hatte. Kurz nachdem sie Van zuletzt gesehen hatte... Oh, bei dem Gedanken daran, dass sie ihn jetzt am Morgen wiedersehen würde, kuschelte sie sich wieder tiefer in ihre Decken. Sie konnte die einlullende Wärme des Bettes aber nur wenige Minuten genießen, denn dann klopfte es an der Tür. Drei laute Schläge. "Ja?" Hitomi kroch wiederwillig aus den wärmenden Decken hervor und schlurfte noch Schlaftrunken zur Tür. Draußen stand eine Art Zimmermädchen mit einem riesigen Tablett auf dem Arm und zusätzlich sehr wuchtigen Stoff über dem Arm. "Guten Morgen... äh, Fräulein Kanzaki...", sagte sie, als könnte sie den Namen nur sehr schwer aussprechen. Mehr konnte Hitomi im ersten Moment gar nicht ausmachen, denn das Mädchen drängte Hitomi korrupt zur Seite, um mit ihrem überdimensionalen Tablett durch die doch relativ breite Tür zu kommen. Sie tippelte schnaufend ins Zimmer und stellte das Tablett, welches, wie Hitomi nun mit geriebenen Augen erkannte, überfüllt war mit Essen. Neben einem Laib Brot stapelten sich Früchte aller Art, 10 verschiedene Arten von Käse und Wurst, gekochte Eier und eine cremige Paste, die fast wie Pudding aussah. Darüber hinaus verströmte eine riesige blaue Kanne den aromatischen Duft von frisch-aufgebrühtem Tee. "Kobe schickt mich mit dem Frühstück...", sagte das Mädchen nun und schnaufte kräftig durch. Das Tablett muss sehr schwer gewesen sein... "Das sehe ich...", erwiderte Hitomi lässig. Sie musterte das Mädchen nun genauer. Sie war von schwarzer Hautfarbe, kleiner Statur und hatte ein eher unscheinbares Gesicht. Und doch wirkte sie stark und unbeirrbar, in ihrem schlichten blauen Kleid und der weißen Schürze mit dem Wappen von Farnelia darauf. "Danke, für das tolle Frühstück...", murmelte Hitomi und verkniff sich ein Gähnen. Das überladene Tablett brachte ihren Magen tatsächlich zum knurren. "Bitte. Gern geschehen...", sagte da Mädchen und machte einen leichten Knicks. Dann deutete sie auf den Haufen Stoff auf ihrem Arm. "Außerdem soll ich diese Kleider für sie bringen und ihnen jederzeit zur Verfügung stehen...", meinte sie und Hitomi, die immer noch nicht ganz wach war, glaubte ihre Stimme doppelt so laut zu hören. "Danke...", murmelte sie dann nur. Das Mädchen runzelte seine Stirn und fragte dann zaghaft: "Und haben sie denn einen Wunsch?" "Nein, eigentlich nicht... Außer vielleicht noch ein paar Stunden Schlaf...", sagte Hitomi halb im Scherz. "Diesen Wunsch kann ich leider nicht erfüllen...", sagte das Mädchen und zeigte ein bezauberndes Lächeln auf ihrem Gesicht. "Heute ist ein wichtiger Tag in der Geschichte Gaias und sie sind ein Ehrengast, Fräulein Kanzaki..." Beim Anblick ihrer treuen Knopfaugen bekam Hitomi endlich ihre Manieren zurück. "Vielen Dank... Das war auch nicht ernst gemeint...", sagte Hitomi lächelnd. "Wie ist dein Name?" "Brisaeye", sagte das Mädchen zaghaft. "Ok, Brisaeye... Nenn mich einfach Hitomi", sagte Hitomi und reichte dem Mädchen die Hand. Brisaeye wirkte erschrocken. "Wie bitte?" Hitomi dagegen war verwundert. "Du hast doch nicht etwa Angst vor mir, oder?", fragte sie. "Nein, das nicht... Nur sind sie Das Mädchen vom Mond der Illusionen und da bin ich schon etwas ehrfürchtig", erwiderte Brisaeye und schüttelte Hitomi aber nun schmunzelnd die Hand. Hitomi winkte ab. "Das musst du nicht. Ich bin nichts besonderes. Schongar nicht nach so vielen Jahren meiner Abwesenheit..." "Trotzdem sind sie eine Heldin. Das werden sie heute beim Fest schon erleben..." Brisaeye zwinkerte und legte ihre Stoffbündel nun über die Stuhllehne. "Bitte ziehen sie das hier an. In einer Stunde sollen sich alle in der großen Halle versammeln", informierte sie Hitomi. "Und wenn sie meine Hilfe brauchen, rufen sie nach mir, ich höre es garantiert...", versicherte Brisaeye und verlies das Zimmer. Hitomi sah ihr lächelnd nach. Mit Brisaeye würde sie bestimmt noch öfter Bekanntschaft machen... Sie schmunzelte in sich hinein und schnappte sich einen Apfel vom Frühstückstablett, als sie Tomu bemerkte, der mit zerstrubbelten Haaren schon aufrecht im Bett saß. "Wer war das?", fragte er verschlafen. "Unser persönliches Zimmermädchen", entgegnete Hitomi und biss in ihren Apfel. Van hingegen wollte heute am liebsten gar niemanden sehen... Er hatte Kobe aufgetragen, dass niemand, nicht mal ein Zimmermädchen ihn schon in aller Frühe nerven sollte. Das bisschen anziehen würde er auch alleine hinkriegen. Obwohl das bei diesen vielschichtigen Klamotten nicht immer ganz so einfach war... Er stand gerade vor dem Mannshohen Spiegel und knöpfte den letzten Knopf seines neuen Gewands zu. Es war diese elende Neuanfertigung, um die die Schneiderin so viel Wind gemacht hatte. Van fand sie aber auch nicht anders, als jedes andere seiner Sachen. Der Wams über dem weißen Hemd glänzte in einem sanften Türkis-grün und war mit Goldfäden durchwebt. Darüber trug er ein weiteres übergewand, welches genau wie die Hose in einem cremigen Braun gehalten war. Die Ärmel waren mit goldenen Knöpfen zusammengehalten und trugen jeweils das Wappen von Farnelia in kleiner Version. Über alledem trug er noch einen Umhang, der genau wie der Wams gearbeitet war und mit einem Wappen versehen war. Die ledernen Stiefel und sein schon fast verstaubtes Katana waren da nur eine kleine Zugabe... Van fand das alles viel zu protzig. Zum Glück musste er es ja nur heute tragen. Er hoffte nur, dass Kobe nicht allzu viel rumnörgeln würde und dieses Wochenende schnell vorbei sein würde. Jetzt, da Hitomi wieder da war, würde dieses Fest doppelt so überzogen sein... Hitomi machte die Zimmertür hinter Tomu zu und trat auf den langen Flur, der noch ein Stück nach rechts weiter ging und dann an einem Rundbogenfenster endete. "Du siehst sehr schön aus, Kanzaki-san...", sagte Tomu verlegen. "Danke...", entgegnete Hitomi. Sie bemerkte, dass Tomu es immer noch nicht schaffte sie schlicht nur Hitomi zu nennen, doch sie grinste darüber hinweg und war einen Blick auf ihr Kleid. Das Kleid, welches Brisaeye ihr gebracht hatte, war zwar ein Meisterwerk der Schneiderkunst und doch konnte sich Hitomi nicht mit den Farben anfreunden. Die erste Lage des Kleides war türkis und mit goldenen Fäden durchwebt und lag über einem weißen Unterkleid, das mit goldenen Knöpfen am Ellenbogen zusammengehalten wurde. Darüber lag ein Überwurf im sanften Braunton und überdeckte das auffallende Türkis größtenteils. Wirklich sehr schön, nur biss sich diese Farbe eindeutig mit dem Moosgrün ihrer Augen. Aber Hitomi wollte sich nicht beschweren. Es war nun mal so.... "Du siehst aber auch fesch aus, Tomu!", meinte Hitomi und warf einen prüfenden Blick auf Tomus weißes Hemd und die braunen Hosen. Warum durften Männer so schlicht auftreten, während Frauen immer nach dem neuesten Schrei aussehen mussten? Das war wirklich ungerecht... Nichtsdestotrotz war Hitomi gespannt auf diesen Tag und schritt daher den Gang entlang und die Treppe hinunter. Diese führte in die Eingangshalle, wo Kobe schon ungeduldig wartete. Anscheinend hatten ein paar gute Feen die ganze Nacht über gearbeitet, denn die Halle war festlich geschmückt, mit Blumen, Girlanden und zahlreichen Wanddrucken mit dem Wappen von Farnelia. "Guten Morgen Kobe. Kommen wir zu spät?", fragte Hitomi, die den verzagten Gesichtsausdruck in den Zügen des Beraters ausmachte. "Sie sind pünktlich Fräulein Kanzaki, wie ich es ihnen gesagt habe...", sagte Kobe langsam. "Lassen sie mich raten.... Van hätte schon vor einer halben Stunde hier sein sollen?", wollte sie wissen, war sich aber fast sicher, dass sie damit ins schwarze getroffen hatte. Kobe spielte den Verblüfften. "Woher wissen sie das nur?" Sein Sarkasmus war nicht zu überhören, schon allein weil seine Augen nun schon fast wütende Funken sprühten. "Er hat mir fest versichert, dass er wenigstens an diesem wichtigen Fest alles richtig machen würde, aber nein, er ....." , schimpfte Kobe, wurde aber vom Lärm unterbrochen, der nun von der Treppe zu hören war. "Sie sehen übrigens sehr gut aus in diesem Kleid...", bemerkte Kobe rasch, zwischen all seinen Beschimpfungen. Hitomi achtete aber gar nicht mehr auf ihn. Es kam nämlich ein kleiner Junge, ungefähr mit Tomus Größe und Alter von der Treppe heruntergehopst, der lauthals ein Lied sang, und dabei mit seinem blonden Haarschopf herumwippte. "Heute gibt's ein tolles Fest, heute gibt's ein tolles Fest!....", sang er immer wieder. "Miguel, sei doch nicht so laut in aller Frühe!", schalt Millerna ihn, die hinter dem Jungen herkam, an der Seite ihres Mannes Dryden und gefolgt von Allen. "Hitomi!" Millerna kam freudestrahlend auf sie zu, während Miguel neugierig hinter ihrem ausladenden, hellblauen Kleid hervorlugte. "Du siehst fantastisch aus...", gestand ihr Millerna und befühlte bedächtig den türkisen Stoff an Hitomis Taille. Hitomi murmelte ein verlegenes "Danke", während sie sich Dryden zuwandte. "Schön dich zu sehen Hitomi", sagte dieser. Er sah anders aus, als Hitomi ihn in Erinnerung hatte. Auch er hatte sich die Haare geschnitten, sodass sie nun in sanften Wellen um Ohren und Hals lagen. Er trug eine Brille, die ihm zusätzlich zu seinen schlauen Augen noch den Ausdruck eines sehr intelligenten Menschen gaben, was er ja auch ohne Zweifel war. "Es freut mich auch...", sagte Hitomi lahm. Dryden streckte ihr herzlichst die Hand entgegen, doch kam ihr das in diesem Moment irgendwie noch lahmer vor. So trat sie prompt auf ihn zu und umarmte ihn fest, wenn auch nur kurz. Sie ging ihm gerade bis zum Schulteransatz, obwohl sie in den 13 Jahren ebenfalls sehr gewachsen war. "Ich kann mich meiner Frau nur anschließen... Du siehst sehr gut aus...", sagte Dryden mit weicher, tiefer Stimme. Dann lächelte er, fast gütig. "Mensch! Habt ihr's bald?", meldete sich eine freche Stimme von unten. Miguel stand zwischen seinen Eltern und blickte mürrisch drein. "Aber ja... Miguel, das ist unsere alte Freundin Hitomi...", stellte Millerna sie vor. "Es freut mich auch dich kennen zu lernen!", sagte Hitomi und lächelte zu den kleinen Jungen hinab. "Ich bin Hitomi und das hier ist mein Schüler Tomu...", sagte Hitomi und deutete auf Tomu, der schüchtern bei Kobe herumstand. "Hallo...", murmelte er kleinlaut und schaute schnell zu Boden. Miguel schien sich davon aber nicht irritieren zu lassen. Seine Mandelbraunen Augen blitzten auf, als der registrierte, dass er nicht mehr das einzige Kind hier war. "Hey, ich bin Miguel... Hast du schon die Küche gesehn?" Miguel schien sehr aufgeweckt zu sein, und ohne lange herum zu fackeln, packte er Tomu beim Arm und schleifte ihn mit sich zur nächsten Tür, wo sie auch schon verschwanden. "Miguel! Pass bloß auf!", rief ihm Millerna besorgt hinterher. "Tut mir wirklich leid, Hitomi. Miguel hat ein gewaltiges Temperament!", sagte sie entschuldigend an Hitomi gewandt. Hitomi tat das ganze lässig mit einem Wink ab. "Ach macht doch nichts... Solange sie Spaß haben... Das ist bestimmt super für Tomu, endlich einen gleichaltrigen Freund zu haben..." "Eben. Mach dir keine Sorgen, mein Schatz...", sagte Dryden und fasste seine Frau um die Taille. Dann zog er sie zu sich heran und küsste sie kurz. Seltsamerweise schaute Hitomi nun beschämt zu Boden und spürte wie sich die unvermeidliche Röte übe ihre Wangen zog. Was hatte sie nur? Dryden und Millerna liebten einander aufrichtig. Sie durften sich küssen wann und wo sie wollten. Doch sie musste sich eingestehen, dass sie sich insgeheim auch nach jemandem sehnte, der sie immer und überall begleitete, mit dem sie zusammen sein konnte. In diesem Moment trat Allen hinzu und Hitomi fühlte sich wieder in die Realität zurückversetzt. Kobe ging nervös auf und ab und unterhielt sich dabei mit Dryden. Millerna stand immer noch an seiner Seite. Und Allen? Der stand neben Hitomi, vor sich hinschmunzelnd. "Du wirst ja rot...", neckte er sie. "Ach Quatsch!" Hitomi hatte ihren Normalzustand wieder erreicht und warf einen ärgerlichen Blick in Richtung Allen. "Ich meine ja nur. Die Farbe beisst sich mit dem Türkis deines Kleides...", sagte er mit einem abschätzenden Blick auf den Stoff. Hitomi war froh, dass sie keinen Ausschnitt hatte, sondern eine hochgeschlossenen Bluse. Andernfalls hätte sie Allen jetzt gegen das Schienbein getreten. "Du alter Schlaumeier! Darauf bin ich auch selbst gekommen! Die Farbe passt zu mir, wie die Katze zum Hund!", meinte sie grimmig. Allen lachte. "Ach Hitomi! Lass dich doch ein wenig von mir ärgern. Du bist die einzige Person, bei der ich das machen kann...." Er nahm ihren Arm und legte ihn sich über seinen Arm. "Aber abgesehen von der schrecklichen Farbe siehst du wirklich fantastisch aus! Die Männer werden dir nur so hinterherlaufen! Und aus diesem Grund werde ich deinen Begleiter spielen, um dich vor all diesen Lustmolchen da draußen zu beschützen...", sagte er inbrünstig. Hitomi blickte skeptisch auf ihren Arm, der nun bei Allen eingehakt war, als hätte es sich niemals anders gehört. "Das finde ich ja wirklich nett von dir, aber..." Hitomi wurde unterbrochen. Jemand stieß die Tür zum Thronsaal auf und heraus kam eine mollige Frau mit wallenden Kleidern. Ihre Errungenschaft musste mindestens aus 5 Lagen bestehen, die in den wildesten und buntesten Farben um ihren fülligen Körper herumwirbelten. "Das kommt gar nicht in Frage, Herr Allen! Das Mädchen vom Mond er Illusionen wird sie heute nicht begleiten!", schrie sie aufgeregt, während sie in die Halle stürzte. "Oh nein... Die hat uns gerade noch gefehlt...", sagte Allen überaus gereizt. Resigniert entließ er Hitomis Arm aus seiner Umklammerung. Nach Kobes mürrischem Gesichtsausdruck zu urteilen, war diese Frau nicht gerade der Himmelsbote, der seine Laune verbessern sollte. "Wer ist diese Frau?", fragte Hitomi schnell, bevor die aufbrausende Dame auch schon vor ihr stand. Sie beantwortete die Frage von Selbst. "Darf ich mich vorstellen? Ich bin die Schneiderin des Königs, mein Name ist im Moment unbedeutend!", sagte sie und streckte Hitomi demonstrativ ihre Wurstfinger entgegen. Hitomi verstand diese klare Ansage durchaus und schüttelte der Frau geschwind die Hand. Sie hatte ein Mondrundes Gesicht, kleine misstrauische Augen und mindestens ein Doppelkinn. Ihre knallroten Haare, die in wilden Strähnen von ihrem Kopf abstanden vervollständigten ihren verrückten Auftritt. "Dieses Meisterstück, das sie gerade tragen ist eine meiner Kreationen, speziell für die 20-Jahr-Feier! Und nicht sie, Herr Allen, werden diese wunderschöne Dame in diesem fantastischen Kleid begleiten! Sie ist für jemand anderen bestimmt...", meinte die Schneiderin lauthals und ging nun wie ein Storch um Hitomi herum. Anscheinend um zu prüfen, ob noch alles an seinem rechten Platz war. "Und für wen bin ich bestimmt, wenn ich fragen darf?" Hitomi , die sich allmählich wie ein aufgescheuchtes Tier fühlte, schaute die Schneiderin mit hochgezogener Augenbraue an. Dann räusperte sich Kobe und Allen tippte sie an der Schulter. "Ich schätze mal, für ihn...", murmelte Allen und deutete zur Treppe. Dort stand der König. Er war heruntergekommen, ohne dass es jemand gemerkt hatte, da alle ihre volle Aufmerksamkeit dieser verrückten Schneiderin gewidmet hatten. Van ließ seine Adlergleichen Augen herumschweifen, wobei er bei Hitomi stoppte und ihr einen besonders bösen Blick zuwarf, so als wolle er ihr sagen : "Du bist hier unerwünscht!" Hitomi musste aber feststellen, dass er nicht den gewünschten Effekt bei ihr hervorrief. Statt dass sie genauso böse zurückschaute, verkrampften sich ihre Eingeweide und ein flaues Gefühl ging wie geschmolzener Käse durch ihre Knie. Warum zum Teufel konnte sie sich nicht unter Kontrolle halten? Oder besser: Warum war Van nur so verdammt attraktiv?! Das war ja schlimmer als gestern Abend auf dem Balkon! Hitomi wollte in diesem Moment nur noch weglaufen, konnte sich aber keinen Zoll bewegen. Sie zwang sich ihren Blick von Vans Gesicht abzuwenden. Erst jetzt fiel ihr der Grund auf, warum Allen so verblüfft dreinblickte. Van trug die selbe Kleidung wie sie! Zwar war sie für einen Mann gemacht, und doch im Stoff und in der Verarbeitung völlig identisch! Sie starrte geschockt auf den Türkisen Stoff, der sich über Vans Brust ausbreitete. Und warum zum Teufel sah er darin so gut aus? Vermutlich weil seine Augenfarbe hervorragend dazupasste.... Die verrückte Schneiderin meldete sich endlich wieder zu Wort in dem sie seufzte. Ein seeliger Ausdruck lag nun auf ihrem Gesicht, als sie ihre Kreationen an lebenden Personen wiederfand. Hitomi fasste sich irgendwie wieder. "Sie meinen doch nicht allen Ernstes, dass Van .... äh, ... der König mein Begleiter ist?!", fragte sie ungläubig. "Oh, doch doch! Kobe hat mich gestern Abend extra noch beordert, ein Kleid zu nähen, dass für das Fest würdig ist... Und da sie sowieso die zweit-wichtigste Person heute sind, dachte ich mir, ich gleiche ihr Kleid dem Festgewand des Königs an...", sagte sie aufgeregt. Wenn Hitomi sie genau betrachtete, wirkte sie wirklich, als hätte sie eine ganze Nacht durchgearbeitet um dieses bescheuerte Kleid zu nähen! Dann warf sie einen prüfenden Blick zu Kobe. Er zuckte ahnungslos mit den Schultern. "Ich habe das nicht gesagt. Ich wollte nur ein Kleid für sie, Fräulein Kanzaki sonst nichts... Aber kein Kleid, dass so unübersehbare Aufmerksamkeit auf sich zieht....", sagte Kobe und warf einen nervösen Blick auf das Gewand des Königs. Dann fixierte er mit finsteren Blick die Schneiderin. "Das ist eine Unverschämtheit, Patrizia..." "Ich finde, es ist angemessen...", erwiderte die Schneiderin und verschränkte schroff ihre Arme vor der Brust. Van, der bis jetzt muchsmäuschen still gewesen war, meldete sich nun auch endlich zu Wort: "Endlich ein Grund, um sie zu entlassen...", sagte er und warf einen verächtlichen Blick in Richtung der Schneiderin. Die Verrückte sagte nichts mehr. Sie starrte nur mit glubschigen Augen zu Van. "Ich weigere mich, neben dieser Frau aufzutreten... Wenn sie kein anderes Kleid haben, wird sie ganz einfach nicht mitkommen...", sagte Van kalt. "Aber eure Hohheit! Sie ist das Mädchen vom Mond der Illusionen...", sagte Kobe, mit sehr viel Verzweiflung in der Stimme. Wenn Van jetzt auch noch durchdrehte, konnte er sein wohl-organisiertes Fest vergessen. Hitomi aber brachte kein Wort heraus. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Eingeweide wieder etwas zu ordnen. Sie hörte nicht mal mehr richtig zu, als um sie herum ein heftiger Streit ausbrach und alle beteiligten Partein heftig um die Richtigkeit der Angelegenheit fochten. Erst Dryden, der unübersehbar eine Aura von Ruhe ausstrahlte, schaffte es, Ordnung in das Chaos zu bringen. "RUHE! Ich bitte euch! Ihr seid doch vernünftige Menschen!" Er sah ermahnend zu Van. "Du solltest dich endlich mal am Riemen reißen, mein Lieber. Die gute Patrizia hat es nur gut gemeint, also mach ihr keine solche Angst. Und Hitomi, unsere gute Hitomi, die nun endlich wieder da ist, kann am wenigsten dafür..." Nun sah er die verrückte Schneiderin an. "Sie gehen am besten jetzt, Patrizia. Sie werden sehen, man wird ihre fantastischen Kreationen zu würdigen wissen...", sagte er besänftigend. Die Schneiderin, die aussah, als hätte man sie ins Gesicht geschlagen, zog wehmütig die Mundwinkel nach unten und verließ dann mit einem Knicks die Halle. Dryden, der nun völlig in der Rolle des Schlichters agierte, sah nun nochmals ernst in die Runde. "Wir sollten nun endlich nach draußen gehen, und dieses Fest beginnen lassen...." "Ja, das finde ich auch...", sagte Kobe, der nun anscheinend auch wieder gesonnener war. Van passte es anscheinend gar nicht, dass sein Dickschädel mit Vernunft besiegt wurde und er schritt stolz voran zum großen Portal. Hitomi sah ihm mit flauem Magen nach. Wie sollte sie diesen Tag nur überstehen? Van ignorierte sie noch mehr als zuvor und eine friedliche Einigung erschien da sinnlos zu sein... Allen aber riss sie wieder aus ihren Gedanken, indem er sich bei ihr einhackte. "Wenigstens bis zum Schlossportal kann ich dich ja begleiten, oder?", sagte er und schmunzelte. Hitomi war ihm dankbar für diese Stütze und sie folgten den anderen hinaus auf den Schlosshof. Als sie die Treppe vor dem Palast hinunterschritten, wurde Hitomi von der Sonne geblendet, die freundlich vom Himmel herunterlächelte. Zwar konnte sie für ein paar Sekunden nichts sehen, der Lärm aber war kaum zu überhören. Auf dem Schlosshof standen Tausende von Menschen, die sich alle um das kleine Podest drängten, welches wiederum direkt vor der Treppe aufragte. Bis zum Tor hinaus standen sie, und darüber hinaus auch noch im Garten. Alle wollten sie den König sehen. Der Lärm der Jubelrufe stieg noch mehr an, als Van mürrisch auf das Podest hinaufstieg, anscheinend um das Fest zu eröffnen. Der braune Umhang wallte dabei majestätisch hinter ihm her. Die Menschen verstummten langsam und die Kinder in der ersten Reihe schauten mit runden, treuen Augen zu Van auf. Hitomi kam das alles irgendwie surreal vor. Wussten sie denn nicht, was Van für ein Mensch war? Dass bei ihm, wie bei keinem anderen der Schein trug? Dass Van nicht der fabelhafte König war, für den ihn alle hielten? Das konnte sie sich kaum vorstellen... Dass Van sich nach außen hin verstellte, war schier unvorstellbar. Sie hoffte, zum Wohle aller, dass er es tat! Kobe stand oben auf dem Podest und beobachtete die Menge unten im Schlosshof. Sie wirkten zwar euphorisch und ehrfürchtig, jedoch wagten sie sich nicht an den Wachen vorbei, die mit ihren Hellebarden für einen angemessen Abstand zum Podest sorgten. Er warf noch einen Blick hinter sich. Dort standen Allen, Dryden, Millerna, die beiden Kinder und Hitomi, das Mädchen vom Mond der Illusionen. Sie alle wirkten einigermaßen fröhlich und winkten hinunter zum Volk. Kobe war besonders dankbar für ihrer aller Anwesenheit. Vielleicht würde sich der König zumindest ihnen zuliebe etwas zusammenreißen und das Fest würdevoll eröffnen. Anscheinend war er nicht der einzige, der daran zweifelte. Die anderen 5 Berater, die in einer Reihe neben ihm standen warfen jedenfalls überaus skeptische Blicke in Richtung der Königs. Der stand gelassen da, und starrte sichtlich gelangweilt geradeaus. Jetzt nur nichts falsch machen! Kobe trat also nach vorne, um den König anzukündigen. "Liebe Bürger und Bürgerinnen!", begann er, mit lauter Stimme. Sofort kehrte Ruhe im Palasthof ein. Nur die Vögel in den Jahrhundertealten Bäumen sangen noch ihre Lieder. Alle Augen waren nun kurzzeitig auf ihn gerichtet. "Mit Freuden haben wir uns hier versammelt um in den beiden kommenden Tagen die 20 Jahre des gaianischen Friedens zu feiern! Mit Stolz können wir, Farnelia, und all die anderen Königreiche auf diesem wunderbaren Planeten sagen, dass wir bis jetzt unser Bestes gegeben haben, um aus dem einst zerstörten Land wieder einen Ort der Harmonie zu machen. Doch will ich nicht davon sprechen! Liebe Bürger und Bürgerinnen, hier eure Hoheit, der König von Farnelia!" Kobe verbeugte sich tief und lies die Worte ausklingen. Sobald er geendet hatte, brach der Sturm von gewaltigem Applaus aus und das Volk jubelte über seine Worte. Was nun passieren würde, dafür war Kobe nicht mehr verantwortlich.... Van sah freudlos in die Menge. Wieso waren diese Menschen so begeistert? Begeistert von einem weiteren belanglosen Fest in der Geschichte dieses Planeten? Und warum jubelten sie alle ihm zu? Er kannte keinen einzigen von ihnen, wusste keinen ihrer Namen... Wie konnten sie ihm dann all ihr Vertrauen schenken? Ja, weil er der König war.... Verstehe einer die Menschen. Er konnte nichts dafür! Wäre es nach seiner Schnauze gegangen, wäre er jetzt ein Krieger, ein Jäger oder irgendjemand, der zumindest etwas mehr Spaß im Leben hatte. Aber er war ja praktisch in die Haut eines Königs hineingeboren worden... Aus welchem Grund auch immer... Und jetzt musste er diese bescheuerte Rede halten, nur um den Leuten zu imponieren? Was für eine Welt! Trotz all dieser inneren Wiedersprüche trat Van, nach dem Wink von Kobe nach vorne an den Rand des Podests und begann mit seiner Rede: "Meine lieben Bürgerinnen und Bürger, mein Volk....", sagte er mit tiefer Stimme. Das Phänomen war das gleiche wie bei Kobe zuvor. Die Menge verstummte augenblicklich und blickte in tiefer Ehrfurcht zu ihm auf. "Wie mein erster Berater schon gesagt hat, ist dieses ähm... Fest, eines der wichtigsten in der Geschichte Gaias. 20 Jahre Frieden sind ein ausreichender Grund dafür, dieses beiden Tage im großen Ausmaß zu feiern. Heute werden noch viele weitere... ähm... Persönlichkeiten aus den anderen Königsreichen eintreffen: Aus Astoria, Fraid und auch der neuen Republik Zaibach", sagte Van langsam und ernst. "Wir wollen ihnen einen gebührenden Empfang bereiten..." Die Menge tobte. "Die Stadt hat sich ähm... toll herausgeputzt und das wird.... alle beeindrucken... Also werden wir die 20 Jahr-Feier mit viel Musik und Wein in die Geschichte eingehen lassen..." Vereinzeltes Toben. "Also, ich denke das wird ein denkwürdiger Tag und somit.... ist die 20-Jahr-Feier eröffnet!", sagte er kurz angebunden und wandte sich dann, ohne noch einen weiteren Blick auf sein Volk zu werfen, um. Hitomi seufzte. Der Schaden den Van angerichtet hatte, war somit gar nicht mal so schlimm wie befürchtet.... Später gegen Mittag, gingen sie alle zusammen durch den Schlosshof, wo nun wieder Ruhe eingekehrt war, denn die Menschen waren größtenteils in die Stadt zurückgekehrt. Jetzt herrschte eine angenehme Atmosphäre, zwischen riesigen Blumentöpfen, gutgelaunten Musikern und tanzenden Frauen und Kindern. Eigentlich ein wunderbarer Tag und ein wunderbares Fest, wenn Hitomi nicht neben Van hätte hergehen müssen. Sie schlenderten zwar einfach nur herum, doch wurden sie wachsam von der verrückten Schneiderin und Kobe beobachtet. "Das war eine.... bewegende Rede....", sagte Hitomi unsicher und wusste selbst nicht, warum sie Van direkt ins Gesicht log. Es war die schrecklichste Rede gewesen, die sie jemals gehört hatte. "Hm...", machte Van nur, sah sie aber nicht an. Hitomi versuchte sich nicht davon ablenken zu lassen, dass sie mit ihren abgestimmten Klamotten praktisch wie ein Ehepaar aussahen. "Hm...", machte Hitomi lasch. Sie sah neidisch zu Dryden und Millerna hinüber, die sich angeregt mit Allen unterhielten und die bunten Blumen betrachteten, während Tomu und Miguel bei den anderen Kindern herumtanzten. Warum konnte sie sich nicht einfach auch eine wenig amüsieren? Stattdessen musste sie mit einem mürrischen König herumhängen.... Hitomi versuchte es auf die sanfte Art. "Van... Es tut mir ehrlich leid was da heute passiert ist..., du weißt schon, das mit den Gewändern... Ich habe ja auch nicht gewusst, dass sie gleich sind!", sagte Hitomi, als sie hinter Van hertrottete und abermals fragte sie sich, warum sie sich immer noch in allen Dingen vor ihm zu rechtfertigen versuchte. Van hielt inne. Und zu Hitomis größter Verwunderung drehte er sich um und sah ihr zum ersten mal richtig in die Augen. "Schon gut. Du kannst ja nichts dafür Hitomi...", sagte er und wandte sich wieder um. Wie angewurzelt blieb Hitomi stehen. Hatte sie sich verhört? Nein! Tatsächlich hatte er ihren Namen gesagt! Das bedeutete: "Du kennst mich also doch noch!", rief sie aus und ging grinsend hinter Van her. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren! ------------------------------------------------- Nachwort: So, das ist nur ein Teil der 20 Jahr Feier. Es wird noch mindestens 2 weitere geben... Was ich noch kurz loswerden wollte: Vielleicht habt ihr/solltet ihr gemerkt haben, dass Hitomi beim Anblick von VAn schon ziemlich große Gefühle empfindet. Aber freut euch nicht zu früh! Es kommt noch einiges auf die beiden zu! *gg* Musik bei diesem kapitel: Aaliyah, Lenny Kravitz - Baptism, Alicia Keys - The diary of Alicia Keys und Misia - marvelous. Nächstes Kapitel folgt bald... Kapitel 9: Die 20-Jahr-Feier (part II) -------------------------------------- Seid gegrüßt! ^.^ Mann, ich hab mich echt beeilt, diesmal... (finde ich...) Sich durch die 20-Jahr-Feier zu arbeiten, ist echt ne qual... ich hoffe, dass dieses Kapitel einigermaßen verständlich ist. Es kommen sehr viele neue Charaktere vor und mich würds net wundern, wenn ihr euch mal net auskennt, aber dann fragt einfach... Manche sind zukünftige Hauptcharas, manche sind eher unwichtig und andere eigentlich völlig überflüssig. Sie haben hald nur mal nen Gastauftritt... *gg* An dieser Stelle möchte ich mal allen danke sagen, die mir bis jetzt einen Kommi geschrieben, und die mir vorallem IMMER einen schreiben! Danke! Danke an Reeks, enell086, Mai (thank you! ^.^ Deine kommis sind irgendwie immer besonders aufbauend...), Ayumi Kishu, Yoela, 3 doors_down, ayak, Lorelai 89 (Schaust du zufällig Gilmore Girls an?), Thetys, Nane05, nokia3210, nami, Koko-chan123456, Sugarbabe und natürlich ganz doll meiner Beta-Leserein Farnelia! *Ohne dich, kann ich nicht sein, Ohne dich... *sing* Mann 44 Kommentare! WAHNSINN! Dass haut mich echt um! Ich bin echt stolz darauf und ich hoffe dass ihr mir fleißig weiterschreiben werdet! Auf weitere 44! *gg* aber jetzt lest er mal das kapitel! (übrigens das längste bis jetzt...) Einiges zusatz-infos gibts im Nachwort... ^---------^ Gruß Chiyo-san ---------------------------------------------- Kapitel 9: Die 20-Jahr-Feier (Part II) Hitomi kam sich etwas verlassen vor, wie sie so auf diesem Stuhl im Thronsaal saß. Der ganze Palast schien kurzzeitig völlig still zu sein, was nur die fröhliche Musik vom Schlosshof draußen täuschen konnte. Trotz dieser eigentlich entspannten Atmosphäre war Hitomi überaus nervös. Ihre Finger trommelten angespannt auf die Stuhllehne. Sie blickte zu Van auf. Er saß auf seinem Thron, ein paar Meter von ihr entfernt und erhöht. Er sah gelangweilt aus dem Fenster. Hitomis Finger trommelten noch heftiger, da sie fieberhaft überlegte, was sie zu ihm sagen sollte. Ob sie überhaupt etwas sagen sollte... Es war wirklich ein verfahrene Situation. Warum kam Kobe auch immer auf so dumme Ideen? Warum konnte er sich damit dann auch noch durchsetzen? "Bis die Ehrengäste eintreffen, warten sie hier kurz. Ich bin gleich zurück!" Dass sie dabei aber mit Van alleine, über 15 Minuten, in einem Raum sein musste, hatte er natürlich vergessen zu erwähnen... Sie sah wieder weg. Vom Fenster kam nun ein süßlicher Duft herein, der entfernt an Honig erinnerte. Was gäbe Hitomi, jetzt da draußen zu sein, mit Tomu und Miguel ein paar Tintenfischröllchen zu essen und mit Millerna zu plaudern! Stattdessen saß sie mit einem miesgelaunten König, der noch dazu nicht zu einem normalen Gespräch fähig war, Stuhl an Stuhl. Sie beäugte Van abermals. Irgendwas musste sie einfach sagen! Und wenn es noch so blöd war... "Und, wie findest du das Fest bis jetzt, Van...?", fragte sie zaghaft. Van sah weiterhin aus dem Fenster und blieb stumm. "Van? Können wir nicht wenigstens über irgendetwas belangloses reden?", hackte sie nach. Jetzt machte er zumindest die Andeutung sie anzusehen. "Es gibt kein WIR...", sagte er lahm. Hitomi rollte mit den Augen. Ging das schon wieder los! Und sie hatte tatsächlich geglaubt, dass er die Rebellierung gegen ihre Person abgelegt hatte, als sie vorhin unten im Schlosshof waren. "Vaaan...", sagte sie mahnend und schaute ihm nun direkt, ohne zu zögern in die dunklen, tiefgründigen Augen. Jetzt explodierte er förmlich. "Nicht Van! Majestät! Du hast mich mit Majestät anzusprechen, so wie es jeder andere auch tut! Majestät, Majestät, MAJESTÄT!", schrie er und sein Gesicht verzog sich zu einer ärgerlichen Fratze. Dieser Mann war wirklich ein harter Brocken! Was sollte sie darauf sagen? Auf jeden fall nichts gutes. "Du machst es einem wirklich nicht leicht, VAN!", betonte sie und stand auf, um ihre Meinung noch demonstrativ zu unterstreichen. "Ich will doch nur mit dir reden, damit wir nicht wie zwei völlige Idioten wirken, die sich gegenseitig anschweigen! Und außerdem bin ich nicht deine Untergebene! Ich nenne dich bei deinem Namen, so wie ich es früher auch getan habe und wie es deine alten Freunde übrigens immer noch tun! Allen, Millerna und Dryden, sie sind deine alten Freunde! Falls du dich daran erinnerst....", schrie sie ihm wütend entgegen. "Und ich dachte auch, dass ich eine Freundin wäre..." Hitomi senkte nicht ihren Blick. Sie blickte Van mit erhobenem Haupt entgegen. Er sah nur von seinem Thron auf sie herab. Zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine tiefe Falte. "Tu scheinst ja anscheinend sehr viel Ahnung zu haben... Aber glaub ja nicht, dass du mich auf irgendeine Weise einschüchtern kannst! Du bist es doch gewesen, die...", sagte er scharf, wurde aber von Kobe unterbrochen, der in diesem Moment zur Saaltür hereinkam. Er trat lächelnd vor den Thron. "Es ist alles vorbereitet, eure Majestät. Wir sind jetzt bereit, die Gäste zu empfangen!", verkündete er und verbeugte sich. Hitomi dagegen wünschte sich wirklich, Kobe würde sich in Luft auflösen. Sie war sich sicher gewesen, dass Van jetzt irgendetwas gesagt hätte. Irgendetwas, das aus seinem Inneren kommt, was er ihr schon seit 20 Jahren an den Kopf werfen wollte! Es war wie verflucht! Immer in solch wichtigen Momenten, tauchte jemand auf, um zu stören. Hitomi sah Kobe zornig an und setzte sich trotzig auf ihren Stuhl zurück. Bis Van wieder mit ihr sprach, konnte sie lange warten... Nun kamen auch die anderen 5 Berater zur Tür hereingewandert und sahen dabei mit ihren langen blauen Kutten und den platten Mützen wie eine Horde Zwerge aus. Sie stellten sich hinter Vans Thron und Kobe selbst stellte sich, mit einem siegessicheren Lächeln, neben Vans Thron. Ihm schien es tatsächlich blendend zu gehen. Sein gut organisiertes Fest war ein voller Erfolg, alles klappte wie geschmiert, denn nicht mal der gute König machte Ärger. Hitomi seufzte. Das konnte noch ein langer Tag werden... Es war gerade mal kurz nach Mittag und jetzt stand erst mal die Willkommenheißung der anderen Ehrengäste an. Alle wurden nach einander dem König von Farnalia vorgestellt, mussten vor den Thron treten, sich verbeugen und durften dann gehen. Aufregend.... Hitomis einzige Freude war, dass sie wieder einige alte Bekannte zu Gesicht bekam, was tausendmal besser war, als den ganzen Tag Vans Launen ertragen zu müssen. Vielleicht würde sie Prinz Cheat aus Fraid sehen, oder die alten Gefolgsleute von Allen! Ja, bestimmt.... Hitomi setzte sich aufrecht hin, als drei Trompetenbläser in den Saal traten, sich neben der Tür aufbauten, um jedem Eintretenden erst einmal kräftig ins Ohr zu blasen. Sie kam sich plötzlich wieder sehr verlassen vor, als einzige unterhalb des Throns zu sitzen. Doch wenn sie den Blick auf die mindestens 50 Stühle warf, die auf ihrer Seite links vom Thron und auf der Fensterseite rechts vom Thron standen, würde sie wohl bald nicht mehr allein sein. Es würde wahrlich ein großer Empfang werden, in diesem riesigen und prunkvollen Saal. "Fräulein Kanzaki? Es geht los!", flüsterte Kobe und zwinkerte ihr zu. Von der doppelseitigen Tür am gegenüberliegenden Ende des Saals erklangen nun zum ersten mal die Marschklänge des Trompetentrios und die ersten Gäste traten ein. Hitomi freute sich, diese bereits zu kennen. "Eure Majestät, König Aston von Astoria mit Tochter Eries und dem ehrenwerten Ritter Allen Shezar von Atoria!", verkündete Kobe mit lauter Stimme, die durch den ganzen Saal klang. Ein wohliges Gefühl von Glück und Freude breitete sich in Hitomis Bauch aus, als sie sie den roten Teppich entlang schreiten sah. König Aston ging langsam und schleppend voran. Sein Haar war spärlich und eisgrau geworden, was aber auch das einzige Anzeichen an seinem Alter war. Das Gesicht war zwar faltig und blass, aber trotzdem von der alteingesessenen Schlauheit und Weisheit des Königs geprägt. Er trug ein ihm würdiges Gewand aus den schönsten und teuersten Stoffen und genoss es sichtlich, so hoch geladen zu sein. Neben ihm ging Eries, die über die Jahre nur noch schöner geworden war. Ihr Haar war noch länger als früher und streifte fast den Boden. Ein beeindruckender Auftritt für die Prinzessin von Astoria! Hinter den beiden ging Allen, der Hitomi schon von fern zunickte und für einen kurzen Moment glaubte Hitomi wieder den alten Allen zu sehen, den Ritter des Himmels der, wo auch immer er ging, einen mächtigen Eindruck bei den Menschen hinterlassen hatte. Er hatte über die Jahre etwas von diesem Zauber verloren, was jedoch nicht weniger beeindruckend war. Hinter ihnen allen ging noch ein Fahnenträger mit der Flagge von Astoria, der sich aber noch gegenüber von den Trompetern aufstellte. Die Musik verstummt, als die 3 Herrschaften aus Astoria vor dem Thron standen und sich tief vor Van verbeugten. "Es ist uns eine Ehre, heute hier zu sein, König Van...", sprach Aston mit brüchiger Stimme. Sie richteten sich auf und Eries übernahm das Wort. "20 Jahre Frieden sind wirklich ein würdiger Grund, so ein Fest zu veranlassen. Und natürlich freuen wir uns, daran teilnehmen zu dürfen! Wir alle dürfen nicht vergessen, welch schlimme Zeiten diese Welt zu durchleben hatte. Deshalb nehmen wir im Namen von ganz Astoria hieran teil. Vielen Dank für eure Einladung, König von Farnelia!" Eries sah ehrfürchtig zu Van auf. Van nickte höflich und sagte: "Und ich freue mich, dass ihr meine Einladung angenommen habt..." Wie gut er doch schauspielern konnte, dachte sich Hitomi nur. Dann war Allen noch mit seinem Text an der Reihe. "Van, 20 Jahre sind schon vergangen, seit wir uns kennen lernten und gemeinsam gegen den Feind kämpften. Trotz unsrer vielen Verluste, all der Verwüstungen und Zerstörungen, war es mir eine Ehre an eurer Seite kämpfen zu dürfen. Ich bin deshalb ebenfalls sehr stolz, dass ihr mich zu dieser Feier eingeladen habt." Allen hatte das sehr ernst gesagt und verbeugte sich noch zusätzlich, in ehrlicher Freundschaft zu Van. Hitomi meinte fast, das Glimmen des alten Feuers in Vans sonst so tristen Augen zu sehen, doch musste sie sich getäuscht haben, als Van nur stumpf sagte: "Die Ehre ist ganz meinerseits..." Anscheinend brachte Van wirklich nicht mehr als ein paar dumme Floskeln heraus. Sie seufzte. Was Kobe auch vergessen hatte zu sagen, war, dass Hitomi selbst ein wichtiger Teil der Willkommensheißung war. Denn nachdem Van mit seinen Gästen fertig war, erhob Kobe abermals die Stimme und deutete genau auf sie hinunter. "Eine ganz besondere Ehre ist es mir, Hitomi Kanzaki vorstellen zu dürfen: Das Mädchen vom Mond der Illusionen. Sie ist extra zu diesem Festlichkeiten zu uns zurückgekehrt", verkündete er stolz. "Das ist wohl ein wenig geflunkert...", murmelte Hitomi zu sich selbst, als sie aufstand, um sich auch kurz vor den Gästen zu verbeugen. Von Aston kam ein erstauntes Raunen und in Eries Augen lag die pure Verblüffung. "Es freut mich, euch wieder zu sehen...", sagte Hitomi und lächelte. "Welch Freude, Hitomi!" Eries musterte sie aufgeregt von oben nach unten und schien sehr froh, sie zu sehen. Aston machte eher den Eindruck, als wäre er einfach zu geschockt um irgendetwas zu sagen... "Nun setzt euch, liebe Gäste!" Das wars dann mit der Begrüßung und Hitomi ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Eries und ihr Vater setzten sich auf die andere Seite, von wo sie sie immer noch erstaunt beäugten. Allen allerdings setzte sich direkt neben Hitomi. Und sie war eigentlich ganz froh darüber. Wenigstens jemand, den sie kannte und der noch dazu ihr guter Freund war. "Na, hab ich gut geredet?", fragte Allen und sah so aus, als wollte er wirklich ihre Meinung hören. "Ja, sehr gut... Besser als Van zumindest....", scherzte Hitomi. Aber sie wusste, dass Allen sie schon richtig verstand. Sie warf nun noch mal einen Blick zu Aston und Eries hinüber. "Ich hatte eigentlich angenommen, dass König Aston schon tot ist. Zumindest hat Millerna mir gestern gesagt, dass Eries für das Regieren von Astoria zuständig ist...", flüsterte sie. "Das stimmt auch. Eries ist zwar nur Prinzessin, regiert aber das Land, aus dem einfachen Grund, weil König Aston an einer schweren Alterskrankheit leidet. Er vergisst die Dinge oft und ist deshalb unfähig, sein Land weiter zu führen...", klärte sie Allen auf. "Er erscheint mir aber ziemlich stabil...", stellte Hitomi verwundert fest. Allen lachte leise. "Glaub mir, er hat sich sehr zusammen genommen..." Hitomi seufzte. "Ich bin jedenfalls sehr froh, sie einmal wieder gesehen zu haben...." "Das glaub ich dir gern... Eries hat übrigens auch einen Mann, Ethaniel. Der ist aber zuhause in Astoria geblieben... Sie haben zwei Töchter, Zwillinge. Ich glaube, die sind auch draußen im Schlosshof, bei den anderen Kindern..." "Mit Tomu und Miguel?", hackte Hitomi nach. "Jep." "Gut. Vielen Dank für die Aufklärung...." "Bitte", meinte Allen und lächelte. Als nächstes trat ein großer, schlanker Mann ein. Er hatte strohblondes Haar, unendlich blaue Augen und lächelte vor sich hin als er den roten Teppich entlang schritt, in Begleitung einer dunkelhaarigen Frau und 2 Mönchen. Hitomi erkannte ihn sofort. Es war niemand anderes als Cheat, der Prinz, den sie nur noch als 10-Jährigen in Erinnerung hatte. Der kleine Prinz war jedoch erwachsen geworden, wirkte aber noch genauso treuherzig und sympathisch wie damals! Und er sah aus wie Allen... Dass er das uneheliche Kind von Allen und der verstorbenen Marlene von Astoria war, wussten nur wenige Personen und Hitomi war eine davon, auch wenn das Thema nie richtig zur Sprache kam. Cheat war Allen wie aus dem Gesicht geschnitten, und nicht einmal ein Blinder konnte die Ähnlichkeit übersehen. Hitomi warf einen vorsichtigen Blick zu Allen hinüber. Er wirkte plötzlich steif und hatte ein unechte Mine aufgesetzt, als er Cheat mit seinen Augen, die die selbe Farbe hatten wie die des Herzogs, vorsichtig beobachtete. Hitomi hätte am liebsten irgendetwas gesagt, fand es aber vernünftiger, noch still zu bleiben... Als Cheat an ihr vorbei ging blieb er abrupt stehen und sah Hitomi mit Tellergroßen Augen an. "Hitomi!", rief er und zeigte ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht. Seine Meerblauen Augen, Allens Augen, formten sich zu Halbmonden und er schüttelte ihr aufgeregt die Hand, bevor Hitomi überhaupt richtig aufgestanden war. "Das ist ja eine Überraschung! Ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen Hitomi!", sagte er überschwänglich. "Ich dachte auch, nie wieder herzukommen, Cheat. Doch jetzt bin ich hier... Und es ist schön....", sagte Hitomi und meinte es bei Cheat ehrlicher, als bei den vorigen Malen. Als Hitomi den ärgerlichen Seitenblick von Kobe bemerkte, der sich langsam etwas veräppelt vorkam, lies sie Cheats Hand los und setzte sich schnell wieder. Auch Cheat nahm wieder eine würdevollere Haltung an und schritt mit der Frau weiter nach vorne. "Mein König, Cheat - Herzog von Fraid, in Begleitung seiner Frau Alanis!", sagte Kobe mit dröhnender Theaterstimme und die Prozedur verlief wie zuvor bei Erie und Aston: Verbeugung, Danksagung und Abtritt. Als Cheat wieder an ihr vorbei ging, merkte Hitomi den unverfrorenen Blick von Alanis, der zwischen Allen und ihrem Mann hin und her wanderte. Sie war jung, bestimmt 10 Jahre jünger als Cheat, hatte aber trotzdem intelligente und allwissende graue Augen. Von der wahren Verbindung zwischen Allen und Cheat schien sie jedoch noch nichts gewusst zu haben, denn ihr Blick wirkte verwirrt und neugierig zugleich.... Die Ähnlichkeit der Beiden war einfach unübersehbar! Allen hatte sein Gesicht nun Abgewandt und er wartete bis sich Cheat und seine Anhänger auf die anderes Seite setzten. Darüber schien er sehr erleichtert und lockerte seine Haltung wieder etwas. Das konnte ja noch heiter werden..., dachte sich Hitomi und wartete mit höflicher Neugierde auf die nächsten Gäste. Das ganze Spektakel ging noch mindestens eine Stunde weiter. Es waren alle eingeladen, die hohen Tiere von ganz Gaia. Es kam ein dunkelhäutiger Mann, in Begleitung von mindestens fünf Frauen, der von Kobe als König Blyus aus dem Südland vorgestellt wurde. Alle sahen sie sehr exotisch aus, mit ihren bunten Tüchern und dem ausgefallenen Halsschmuck. Sein Geografischer Gegenspieler kam auch: König Rubens, ein rothaariger, freundlicher Mann, mit stahlblauen Augen. Dann gab es da noch jede Menge Diener, Generäle, Ritter, Weise und Fahnenträger. Sie alle verbeugten sich höflich vor Van, sagten ihren Text auf und setzten sich dann nieder. Und natürlich wurden die meisten von ihnen auch Hitomi selbst vorgestellt, was sie alle mit einem verblüfften Gesichtsausdruck oder sogar vollkommener Ratlosigkeit aufnahmen. Hitomi senkte schließlich dezent den Kopf, damit sie sich nicht noch mehr beobachtet fühlte... Schließlich waren aber nur noch 10 Stühle frei, für die letzten drei Abkömmlinge. Die Trompeten erklangen und ein hochgewachsener Mann um die 40, in Begleitung von zwei Rittern, schritt den roten Teppich entlang. Er hatte dunkles Haar, welches im satten Mahagoni-Braun schimmerte. Sein Gesicht war markant: Ledrige Haut spannte sich über die Wangenknochen, ein stoppeliger Bart zog sich über die Oberlippe und die blattgrünen Augen schienen wie ein Lux bei Nacht jede Bewegung im Raum wahr zu nehmen. Er trug zwar ein eher schlichtes Gewand und trotzdem strahlte er unverkennbar Macht und Dynamik aus. Hitomi fühlte sich trotz dieser mächtigen Ausstrahlung wohl bei seinem Anblick. Wenn sie ihn so auf der Straße treffen würde, währe er garantiert jemand, den sie nach dem Weg fragen würde. Umso erstaunter war sie, als der Mann vorgestellt wurde. "Eure Majestät, Präsident Dornfels von der Republik Zaibach mit zwei seiner Ritter." Hitomi schossen augenblicklich Bilder von Dillandau und Dornkirk durch den Kopf. Zaibach war für den Krieg verantwortlich gewesen! Sie waren es gewesen, die Farnelia, Pallas und Fraid niederbrannten und nach der Macht von Atlantis gierten. Hitomi konnte eigentlich gar nicht glauben, dass Zaibach nun zu den Guten gehörte, nach allem was sie verbrochen hatten. Und doch, wie sie noch den Präsidenten so betrachtete, als er gerade seinen Dank vor Van ausbrachte, war sie sich sicher, dass Zaibach seine Ziele tatsächlich neu geordnet hatte. Auch sie wurde wieder als Mädchen vom Mond der Illusionen vorgestellt und sie verbeugte sich andeutungsweise vor Dornfels. "Sehr erfreut...", sagte Hitomi mit gesenktem Kopf. Sie erwartete regelrecht, auf ein verblüfftes Gesicht zu treffen, sobald sie sich aufrichtete, jedoch war die Reaktion des Präsidenten überraschend anders. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite...", sagte er mit einer tiefen, geheimnisvollen Stimme. Dann nahm er zu Hitomis Erstaunen mit einer flinken Bewegung ihre rechte Hand in Beschlag und küsste sie sanft. Hitomi spürte noch das kratzen der Barthaare auf der Haut, als Dornfels ihre Hand schon längst wieder losgelassen hatte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, lies er Hitomi stehen und setzte sich unweit von ihr auf einen der restlichen Stühle. Hitomi setzte sich ebenfalls. Ja, sie war sich sicher, dass Zaibach keine bösen Absichten mehr hegte. Und zu ihrem großen Bedauern hätte sie sich genau so eine Begrüßung von Van gewünscht.... Die Trompeter spielten ein weiteres mal ihren Marschklang und diesmal kam die Fraktion von Drydens Handelsflotte herein. Dryden selbst natürlich, in Begleitung von Millerna und drei weiteren wichtigen Mitarbeitern. Millerna grinste Hitomi zu als sie an ihr vorbei ging und stand dann als stützende Ehefrau neben Dryden, als dieser seinen Dank für die Einladung an Van aussprach. Millerna selbst hatte auch noch etwas zu sagen. "Eure Majestät, König Van oder besser Van, mein Freund. Natürlich kann ich den Worten meines Mannes nur zustimmen! Ich bin genauso wie jeder andere hier in diesem Raum stolz und glücklich, dieses Fest hier in Farnelia feiern zu dürfen. Und doch ist es für mich viel mehr als nur ein Fest: Es ist eine Erinnerung. Eine Erinnerung nicht nur an den Frieden, um den wir selbstverständlich alle sehr dankbar sind, sondern vor allen Dingen eine Erinnerung an den Krieg und an die Zerstörung. Du warst der Erste, der das große Leid eines Verlustes zu spüren hatte. Farnelia wurde vollkommen zerstört, von den Zaibachern..." Sie wandte sich nun um und fixierte Dornfels genau. "Die Zaibacher strebten nach der Macht von Atlantis, die eigentlich für immer versiegelt bleiben sollte. Um diese Macht zu bekommen war ihnen jedes Mittel recht. Auch wollten sie den sagenumwobenen Gymilef Escaflowne, als Pfand für das Gelingen ihrer Mission. Das alles hat ihnen nichts genützt, denn Van und Hitomi, das Mädchen vom Mond der Illusionen,", sagte sie und sah wiederum Hitomi an, "Sie haben gemeinsam angefangen gegen die Übermacht zu kämpfen und immer neue Verbündete hinzugewonnen. Mit großem Stolz kann ich selbst sagen, dass ich dazugehörte, genau wie viele andere hier in diesem Raum." Millerna sah abermals zu Dornfels hinüber. "Letztendlich hat das Gute gesiegt und wir haben nun schon 20 Jahre Frieden. Sogar Zaibach konnte sich nicht gegen die Veränderung wehren. Das gesamte Land wurde umstrukturiert und wird nun erfolgreich von Präsident Dornfels geführt. Und auch Farnelia, mit seiner wunderbaren Lage in den Bergen, ist neu erbaut worden und blickt einer vielversprechenden Zukunft entgegen. Wir alle tragen mit Verantwortung für diese Zukunft, auch in jedem anderen Land." Sie drehte sich wieder um, um ihre Rede abzurunden. "Danke Van, dass wir hier alle zusammenkommen dürfen. Der Anlass sollte uns in Erinnerung bleiben." Sie lächelte warmherzig zu Van auf, als gute Freundin und Hitomi glaubte sogar für einen Moment ein erwiderndes Lächeln auf Vans Lippen zu sehen. "Ich danke Euch, Millerna...", sagte er und nickte, als Andeutung einer Verbeugung. Was für eine Rede! Hitomi konnte sich nicht mehr halten und sie fing einfach an zu klatschen. Sie dachte gar nicht darüber nach, ob man auf Gaia überhaupt Klatschte, für solche Anlässe, doch sie tat es einfach, um Millerna ihre Begeisterung zu vermitteln. Als der gesamte Saal in den Applaus mit einstieg, seufzte sie innerlich auf. Millerna und Dryden lächelten ihr zu, als sie an ihr vorbeigingen und ihre Stühle aufsuchten. Als der Applaus nach lies warf Hitomi einen flüchtigen Blick zu Van hinauf. Er wirkte nun irgendwie ruhig, gelassen. Millerna hatte es doch tatsächlich geschafft, ihm kurzzeitig die schlechte Laune zu nehmen... "Du wirkst sehr erleichtert, Hitomi...", meinte Allen von der Seite. "Bin ich auch..., irgendwie...." Sie senkte ihre Stimme noch weiter herab. "Weißt du Allen, als Millerna gerade gesprochen hat, und all die schlimmen Dinge ungeschminkt wieder hervorbrachte, habe ich mich auch stolz gefühlt, damals dabei gewesen zu sein. Und jetzt, da ich euch alle wieder gesehen habe, fühle ich mich zum ersten mal seit 37 Stunden richtig wohl auf diesem Planeten...", sagte sie sanft. "Wir alle sind stolz, damals etwas getan zu haben, auch wenn es noch so schrecklich war. Ohne dich hätten wir es aber niemals geschafft, die Zaibacher zu besiegen." Er strich sich eine Haarsträhne aus den Augen und warf dabei einen kurzen Blick in zu seinem Sohn, Cheat hinüber. "Wir alle sind stolz. Und ich freue mich, dass du wieder hier bist Hitomi. Du gehörst hier her....", sagte er uns sah sie nun an. "Glaub mir. Das tust du..." Hitomi lächelte leicht und sah zu Boden. Sie hoffte wirklich sehr, dass Allen recht hatte und sie hier vielleicht glücklich werden konnte. Denn sie musste sich eingestehen, dass sie seit der Ankunft auf Gaia kein einziges mal mehr an eine Rückkehr auf die Erde gedacht hatte... Sie musste aber auch zugeben, dass sie erst ein wenig mehr als einen Tag hier war... Wenn dieses stressige Fest er vorbei war, würden solche Gedanken wahrscheinlich erst kommen. Endlich spielten die Trompeter ein letztes Mal ihre Melodie, um die letzten Ankömmlinge zu empfangen. Hitomi glaubte nicht, dass noch jemand kommen würde, den sie kannte und so warf sie eher wiederwillig einen Blick in Richtung Tür. Sie hatte sich getäuscht. Tatsächlich kannte sie die Person, die nun eintrat. Beinahe hätte sie diese vergessen.... Lange, braune Beine, eingehüllt in eine großzügig ausgefallene Hose, gingen über in einen langen, schlaksigen Oberkörper und einem ebenso großzügig ausfallendem Shirt; die langen, muskulösen Arme waren ebenfalls braun und getigert; das Gesicht braun und ernst, mit Tigerstreifen unter den blauen Augen; die Haare kurz und frech geschnitten, mit den herausragenden Katzenohren. Den buschigen Schwanz konnte Hitomi nicht sehen und doch war das niemand anderes als Merle, das Katzenmädchen. Jetzt war es Hitomi, die Tellergroße Augen hatte. Merle hatte sich wirklich am meisten verändert, noch mehr als Cheat. Sie war groß und schlank, nicht mehr klein und quirlig. Außerdem sprang sie nicht herum, wie sie es früher immer tat. Nein, stattdessen wirkte sie ernst und gedrungen, schon fast kühl, wie sie so anmutig durch die Reihe schritt. Das passte nicht zu Merle... Hitomi versuchte ihre Verblüffung wieder etwas unter Kontrolle zu kriegen und nahm deshalb Merles Begleiter in Augenschein. Er war ebenfalls ein Katzenmensch, trug dies selbe Kleidung wie Merle und war ebenfalls groß und schlaksig. Das besondere an ihm, war jedoch, dass er ein Albino war. Sein Fell war komplett weiß, genauso wie sein Haar und die Kleidung. Die schlitzigen Katzenaugen waren eisgrau, wie gefrorenes Wasser im Winter. Sie beide schritten nun anmutig an ihnen vorbei, mit langen, eleganten Schritten, ohne auch nur einen der anderen Gäste anzusehen. Kobe atmete zum letzten mal tief ein um dann inbrünstig die Namen der Gäste auszurufen. "Eure Majestät, Matriarchin Merle aus dem Katzendorf, mit Partner Nouga", rief er und trat dann zur Seite um den Gästen ihren Text aufsagen zu lassen. Hitomi erwartete fast, dass Merle alle Höflichkeiten vergas und Van mit einem Satz anspringen würde um ihm das Gesicht von oben bis unten abzulecken. Jedoch kam es diesmal ganz anders. Merle und Nouga verbeugten sich nicht, wie es üblich war, nicht einmal ansatzweise! Stattdessen standen sie steif wie Bretter vor Vans Thron und starrten geradewegs zu ihm auf. Sie hatten eine Art Maske über ihr Gesicht gelegt, die streng und desinteressiert zugleich wirkte. Kein Anzeichen von Hass, nur Gleichgültigkeit. Trotzdem war die Luft wie elektrisiert. Hitomi beobachtete die Szenerie mit wachsendem Unbehagen. Was war da los? Keiner Sprach ein Wort! Sogar Van war stocksteif und wirkte 10 Grad verbitterter als den ganzen Tag zuvor. Irgendetwas stimmte da gar nicht... "Danke für eure Einladung, König Van...", sagte Merle schließlich monoton, mit einer ernsten, rauchigen Stimme. Dann, als wäre es völlig normal wandten sie sich ab und wollten sich ihre Plätze suchen, als Kobe wieder aus seiner Trance erwachte, mit der er anscheinend gerade mit größter Verständnislosigkeit die Szene zwischen Van und den Katzenmenschen beobachtet hatte. "Ähm... Moment bitte noch, liebe Gäste. Ich möchte ihnen noch unseren Ehrengast vorstellen...", sagte er hastig und sah Hitomi auffordernd an. Hitomi wusste, das nun ihr Part an der Reihe war. Sie hätte Kobe am liebsten dafür verflucht, sie gegen ihren Willen zum Ehrengast ernannt zu haben, stand aber gehorsam auf. Sie sah Merle an. Sie sah in hasserfüllte Augen. Irgendetwas stimmte hier tatsächlich nicht! Merle erkannte Hitomi ohne Zweifel, doch ihre Maske von zuvor war auf einmal verschwunden und ein zorniges Gesicht blickte ihr entgegen. Als Kobe dann auch noch Hitomi als Mädchen vom Mond der Illusionen vorstellte, feuerten Merles blaue Augen regelrechte Hasspfeile ab. Sie sah aus, als würde sie Hitomi am liebsten an die Gurgel springen. Was war hier nur los?! Merle blieb stumm und Hitomi fühlte sich so eingeschüchtert, dass sie nichts zu sagen wusste. Alle Höflichkeitsfloskeln dieser Welt schienen in diesem Moment wie weggefegt. Das blieb ihr auch erspart, denn Merle wandte sich eiskalt ab und schritt mit der selben Anmut zu ihrem Platz hinüber, gefolgt von einem gleichgültigen Nouga. Jetzt konnte sie auch Merles buschigen Schwanz sehen. Er hing schlaff und trauervoll an ihren Beinen herab. Hitomi hatte nicht die Gelegenheit bekommen, irgendetwas zu Merle zu sagen, als sie kurz darauf wieder auf dem Schlosshof stand und genüsslich an einem Honigsüßen Fruchtsaft nippte, nachdem sie sich den Bauch mit allem möglichen Essen vollgeschlagen hatte. Diese ganze Willkommenheißungs-Sache war vorüber gegangen und Hitomi hatte sich vorgenommen Allen nach Merle zu fragen, sobald er wieder aufkreuzen sollte. Momentan war er aber verschwunden, genau wie Merle, Nouga und Van, der sich vermutlich irgendwohin verzogen hatte, um Hitomi nicht begegnen zu müssen. Allen hatten anscheinend auch seine Gründe, denn Cheat stand im Kreis der alten Freunde und unterhielt sich angeregt mit Dryden, während Millerna gerade Miguel ausschalt, weil er versucht hatte, das Schwert von Dornfels aus der Scheide zu ziehen. Als Miguel, Tomu im Schlepptau, dann von Dannen zog, wirkte sie jedoch ganz wie eine glückliche Mutter, wie sie so da stand, mit einer deutlichen Wölbung unter dem Pfirsichfarbenem Stoff und ihrem Sohn nachsah. Präsident Dornfels war nun nicht mehr zu sehen und Hitomi verspürte plötzlich auch das Bedürfnis, von hier zu verschwinden, und einfach mal ein paar Minuten ohne einem gestressten Kobe, einer noch gestressteren Schneiderin und all ihren alten Freunden zu verbringen. Sie stellte ihr Glas auf den Tresen des Ausschanks und schlenderte dann unauffällig davon. Tomu zischte an ihr vorbei und lächelte sie an. "Miguel weiß wo es Süßigkeiten gibt!", rief er ihr zu und war auch schon wieder verschwunden. Hitomi grinste. Wenigstens einer von ihnen war zufrieden.... Sie ging langsam aus dem Schlosshof hinaus, vorbei an all den Ständen, Musikern und Tänzern, in den Schlossgarten, wo sie sich einen verschlungen Pfad aus Kieselsteinen aussuchte, der anscheinend in ruhigere Sphären dieses Festes führte. Die Bäume und Hecken wurden hier dichter und schienen das gesamte Schloss mit einem satten Grün zu umranken. Der Kiesweg endete an einem Springbrunnen mit paradiesischem Flair. Danach ragte schon die Felswand auf, die auch den Palast an der Rückseite einschloss. Es war ein absolut abgeschiedener, ruhiger Ort, fast schon zu idyllisch an diesem ereignisreichen Tag. "Was soll's", murmelte Hitomi und setzte sich auf die marmorne Bank, die etwas versteckt zwischen riesigen weißen Blumen stand, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit Lilien hatten. Das Wasser des Brunnens plätscherte aus einem runden Stein vor sich hin, verlief sich im Becken und kam wenig später wieder zum Vorschein. Hitomi genoss die Stille sehr und atmete ein paar mal tief durch. Sie wünschte sich, etwas bequemeres anziehen zu können, als dieses grässliche Kleid, doch Kobe würde ihr dann vermutlich den Kopf abreißen, ganz zu schweigen von dieses verrückten Schneiderin.... Hoffentlich würde dieses Wochenende schnell vorüber gehen. Die Zeit verging und Hitomi saß immer noch mit geschlossenen Augen da, und bemerkte somit nicht, dass jemand durch die tiefhängenden Äste der Ahornbäume zu ihr hindurch kam. Erst der knirschende Kies verriet den Eindringling. "Präsident Dornfels!", sagte Hitomi erstaunt und versuchte nicht allzu erschreckt zu wirkten. Das gelang ihr allerdings nicht wirklich gut, denn sie spürte erneut die Röte auf ihrem Gesicht, beim Anblick des selbstsicheren Gesicht von Dornfels. "Ich bin ihnen gefolgt...", sagte dieser unverfroren und trat näher. "Gefolgt? Warum?", platzte Hitomi plump heraus und musste dadurch noch bescheuerter auf ihn wirken. "Weil ich sie sehr interessant finde." Dornfels grinste und trat noch näher. "Darf ich mich setzen?", fragte er ganz wie ein Gentleman und Hitomi nickte rasch. Eins musste sie diesem Mann lassen: Er redete nicht lange um den heißen Brei herum. "Interessant? Inwiefern...?", fragte Hitomi nach und ärgerte sich innerlich, dass sie anscheinend nicht mehr fähig war in ganzen Sätzen zu sprechen. Sie sah diesen Mann erst zum zweiten mal in ihrem Leben und doch schaffte er es mit seiner immensen Ausstrahlung, dass sie völlig den Faden verlor. "Sie sind das Mädchen vom Mond er Illusionen. Sie haben vor 20 Jahren das Zaibacher Imperium gestürzt, gemeinsam mit diesem König und seinem Gymilef. Ich möchte wissen wie sie das geschafft haben..." Seine Augen, deren Farbe nicht von der der satt-grünen Ahornblätter zu unterscheiden war, blitzten neugierig auf und fixierten Hitomi, ungewillt sie entkommen zu lassen. "Sie möchten wissen, wie ich das geschafft habe?" Endlich ein ganzer Satz! "Ja, das möchte ich..." Was sollte sie darauf sagen? Sie hatte mit allem möglichen Gerechnet, aber nicht mit so etwas. Wieso zum Teufel wollte Dornfels das wissen? "Das ganze ist 20 Jahre her...", sagte Hitomi, um ihrer Verwirrung Ausdruck zu verleihen. Dornfels Mundwinkel wurden hart. "Trotzdem waren sie es, die den mächtigen Kaiser Dornkirk zur Aufgabe gebracht hat. Wie haben sie das gemacht? Welche Macht dieser Welt haben sie sich genommen, um das zu schaffen?", fragte er scharf. Hitomi fühlte sich allmählich unbehaglich in ihrer Haut. Dieses einschüchterne Interesse war doch nicht normal! Was wollte dieser Mann damit bezwecken? Sie schaffte es irgendwie, sich Dornfels hypnotisierenden Augen zu entziehen und stand vorsichtig auf. "Haben sie keine Antwort darauf, oder gibt es die gar nicht? War es womöglich ein dummer Zufall, den mein Land gestürzt hatte?", zischte er und sein kantiges Gesicht wirkte noch eindrucksvoller. Hitomi hatte keine Lust auf solche Spielchen. "Hören sie, Dornfels", sagte sie, und sah den Präsidenten geradewegs an. "Ich weiß nicht, was sie dadurch erreichen wollen, aber glauben sie mir, ich hatte keine übermächtigen Kräfte gebraucht, um Zaibach zu Fall zu bringen. Ich war ein ganz einfaches Mädchen von der Erde, ich wollte nie etwas mit einem Krieg zu tun haben und schon gar nicht auf einen anderen Planeten teleportiert werden. Ich habe kein dunkles Geheimnis, welches ich ihnen offenbaren könnte. Es gibt keines...." Sie wandte sich ab und starrte mit schelem Blick in das plätschernde Wasser. "Ich kenne sie nicht, Dornfels, genauso wenig weiß ich, wie sie zum alten Zaibacher Reich stehen, aber glauben sie mir....", sagte sie leise und wandte sich wieder zu ihm um. "Die Zaibacher waren böse, gemein und hinterhältig... Es war richtig, dass ein neues Zeitalter anbrach. Die Zaibacher wollten diesen Planten vernichten, sie waren kurz davor den selben Fehler wie das Volk von Atlantis zu begehen. Sie selbst haben ihre Stadt vernichtet, weil sie sich zu hohe Ziele gesteckt haben. Ich habe im Grunde gar nichts getan. Früher oder später hätte Dornkirk die harte Realität begriffen." Hitomi war selbst erstaunt darüber, dass sie das alles gerade gesagt hatte. Doch es war die Wahrheit. Sie sah Dornfels geradewegs an und hielt seinem strengen Blick stand. Dornfels ging auf sie zu, nun wieder mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen. "Wahrscheinlich habt ihr Recht.... Mein Mädchen aus Atlantis..." Das sagte er so leise und deutlich direkt an ihr Ohr, dass Hitomi meinte seine Stimme auf ihren Wangen spüren zu können. "Danke für das Gespräch", rief er ihr förmlich nach, als er schon wieder auf den Kiesweg trat und Hitomi verdattert am Brunnen stehen lies. Welch seltsame Begegnung... --------------------------------------------- Nachwort: Die Sache mit der Namensgebung.... Also erst mal, ich hoffe dieses kap hat euch einigermaßen gefallen, wie gesagt, es is vielleicht etwas verwirrend, aber naja. muss hald so sein... (wobei ich sagen muss, dass ich an manchen stellen echt selbst meine probleme hatte, nicht den überblick zu verlieren...) Jetzt mal ein wenig zu den Namen, weil es da ja von eurer Seite auch so einiges gegeben hat: Brisaeye: Richtig erkannt! Dieser Name ist tatsächlich abgekupfert! ( Ich weiß nicht mehr genau, wer von euch das gefragt hat, ich glaube mai wars, oder?) Auf jeden Fall, wenn ihr Troja angeschaut habt, wisst ihr, dass diese Frau, die sich der gute Brad Pitt da erobert, Brisäis heisst. In Homers Ilias hieß sie ursprünglich Brisèä. ( oder so...) Naja, der name hat mich auf jeden fall dazu inspiriert... Kobe: Nicht schwer zu erkenn, eine japanische Stadt... Das war einfach zufall... *gg* Miguel: Manche erinnern sich vielleicht, dass in der anime Serie, der treuste Gefolgsmann von Dilandau ebenfalls Migual hieß. Das hab ich aber erst erfahren, nachdem der Name für Millernas Sohn schon fest stand. Die beiden haben auf jeden fall nix, absolut nix, miteinander zu tun... Dornfels: Wie ihr vielleicht merkt, ist in seinem Namen ein Dorn, genau wie bei Dornkirk, dem ehemaligen Zaibacher Kaiser. Das hat zum einen den Grund: ich dachte mir einfach, dass das sowas wie tradition in Zaibach ist, dass jeder Herrscher dieses Namen in seinem Namen enthält. aber bei unserem guten Präsidenten hier, hat es noch nen anderen Grund, was ich aber an dieser Stelle noch nicht verraten kann... *zwinker* Patrizia: (alias die verrückte Schneiderin) schön, dass sie manchen von euch gefällt! ^.^ Aber ich muss euch enttäuschen: Sie gehört wirklich zu den eher unwichtigen Personen und wird wohl nur noch vielleicht mal irgendwann ganz selten auftauchen... Zu der Figur der schneiderin hat mich übrigens Miss Patty aus der Serie Gilmore Girls inspiriert. FAlls dies jemand guckt, kann er bestimmt mit mir darüber lachen... *gg* Nouga: Er ist der Gefährte von merle. Über seine Person an sich, kann ich hier auch noch nichts sagen, aber ihr könnt mir glauben, wir werden noch öfter von ihm hören. Die Sache mit seinem Namen geht auf eine lustige Sache zurück: Neulich, als ich von der Schule zum Bus ging, kam ich an einer Bäckerei vorbei und da stand draußen auf einem Schild "Nougatring: nur 79 Cent" ausgepriesen. Ich hasse Nougatringe und dachte mir nur: Igitt... Aber irgendwie hat mir das Nouga gefallen, und so, naja ihr wisst ja, was dabei rausgekommen ist! ich glaube, das wars soweit erst mal... Falls es noch irgendwelche anderen unklarheiten gibt, einfach mir sagen! Bis zum nächsten Kapitel! Kapitel 10: Die 20-Jahr-Feier (part III) ---------------------------------------- Hello again! Oh mann! Tut mir echt leid! Diesmal hats wahrscheinlich zu lange gedauert... Ich hatte anfangs ne kleine Schreibblockade und dann gabs auch noch jede menge zu tun, in der schule und so. Das blieb einfach keine Zeit für irgendwas... Jaja, ich werd euch diesmal auch nicht mit nem langen Vorwort aufhalten, aber ich muss noch a bissl was zum letzten kap sagen. Zwecks Dornfels vorallem: Lasst euch nicht von dem Kerl verwirren. Zerstreut euch nicht den Kopf über ihn, zumindest noch nicht... *gg* Ihr könnt euch alles mögliche um ihn denken, das beabsichtige ich ja gerade. Er wird auf jeden Fall noch ein ganz wichtige Chara... (Ihr seht dann schon warum...) Das wars auch schon. Denn anscheinend gabs im letzten kap ja keine großen Unklarheiten... Also viel spaß beim lesen und bis gleich beim Nachwort... ^----^ Chiyo-san --------------------------------------------------- Kapitel 10: Die 20-Jahr-Feier (Part III) Am nächsten Morgen erlebte Hitomi ein Dèjà-vu. Sie fühlte sich mollig wohl in ihrem Bett und wollte nicht für 10 Könige auf dieser Welt aufstehen, obwohl die Sonne wie am Tag zuvor fröhlich durch die geöffnete Terrassentür hereinlächelte. Hitomi dachte sich schon, dass das nur wieder auf dem Mist von Brisaeye gewachsen sein konnte und bekam dies auch bestätigt. Am Fuße vom Tomus Bett, gegenüber dem ihrigen, stand sie schon und werkelte am Frühstückstisch herum. "Na, endlich wach?", fragte Brisaeye, jedoch ohne sich umgedreht zu haben. "Das bin ich...", sagte Hitomi matt und gähnte ausgiebig. "Hast du vielleicht Augen im Hinterkopf?", hackte sie dann nach, nur um irgendein Gespräch anzufangen. "Nein, durchaus nicht...", meinte das Zimmermädchen scherzhaft und wandte sich endlich um. "Der Tagesplan für Heute sieht folgendermaßen aus: Frühstück, Ankleidung, dann der Festzug durch die Stadt, Gesang und Tanz auf dem Marktplatz am Nachmittag und ein feierliches Abschlussbankett des Festes am Abend", verkündete Brisaeye und grinste vor sich hin. "Hab wenigstens Mitleid mit mir, Brisaeye...", sagte Hitomi leidvoll und krabbelte langsam aus ihren Laken. "Das hab ich, glauben sie mir..." Brisaeye grinste noch mehr und deutete verstohlen auf Hitomis Albtraum-Kleid vom Vortag, welches sauber und ordentlich am Schrank hing und leider auch wie neu aussah. "Ich muss dieses scheußliche Ding doch nicht noch mal tragen?" Eine rhetorische Frage, die keiner Antwort bedurfte. Brisaeye nickte bedauernd, ihre schwarzen Augen leuchteten jedoch belustigt auf. Hitomi gab sich geschlagen. "Schon gut, gegen Kobes Wort, beziehungsweise das von dieser verrückten Schneiderin, komme ich nicht an...", jammerte sie und schlurfte Schlaftrunken zum Frühstückstisch. Dabei wurde auch Tomu aufgeweckt. Er setzte sich senkrecht auf und blinzelte verwirrt umher. "Guten Morgen, Tomu...", murmelte Hitomi und goss sich etwas von der braunen Flüssigkeit ein, die verlockend aus der Kanne duftete. "Hast du gut geschlafen...?" "Ja, ja... Guten Morgen, Kanzaki-san und äh....", sagte er krächzend. Das dunkelhäutige Mädchen sprang für ihn ein. "Brisaeye ist mein Name. Wir haben uns noch nicht kennen gelernt..." Sie trat an Tomus Bett und reichte ihm freundlich die Hand, die er geistesabwesend schüttelte. Er rieb sich verschlafen die Augen und kroch dann endgültig aus den Federn. "Iss etwas Tomu. Denn wir werden vermutlich den ganzen Vormittag keine Zeit mehr dazu haben...", meinte Hitomi und griff nach einem der Brötchen. "Hm...", machte Tomu und ging dann aber demonstrativ am Tisch vorbei, ins Badezimmer. Hitomi schmunzelte und ging mit ihrem Tee und dem Butterbrötchen auf die Terrasse hinaus. Es war ein schöner Tag, sogar noch schöner als der Tag davor. Farnelia strahlte in seiner ganzen Pracht und der Wald darum herum glitzerte immer noch vom nächtlichen Tau. Da konnte selbst der große See nicht mithalten. Es wehte keine Lüftchen und Hitomi befürchtete, dass es deshalb wahrscheinlich ein sehr heißer Tag werden würde. Sie warf einen grämenden Blick zum Schrank, auf ihr Kleid. Vielleicht würde sie es geschickt so voll schwitzen können, dass sie es zumindest am Abend ausziehen konnte. Brisaeye, die gerade die Betten gemacht hatte, kam zu Hitomi heraus und lächelte warmherzig. Sie war für die Sonne geschaffen. Die schwarzen Haare, die ihr in kleinen, geflochtenen Zöpfchen am Kopf lagen, schimmerten eindrucksvoll in der Morgensonne und ihre schwarze Haut hatte die Farbe einer gereiften Kakaobohne. "Schmeckt der Tee?", fragte sie. "Ja, wunderbar! Was ist das für einer?" "Quittenblüten mit Honig und Wiesenkräutern... Eine Spezialität aus dem Südland...", sagte sie und trat neben Hitomi an die Balustrade. Für einen Augenblick meinte Hitomi, eine Art Sehnsucht in ihren Augen zu erkennen, doch sie musste sich täuschen, denn Brisaeye fragte höflich: "Gefällt es ihnen bis jetzt in Farnelia?" "Sehr gut. Ich habe mich lange nicht mehr so gut gefühlt, auch wenn ich sagen muss, dass ich wohl in nächster Zeit einige Turbulenzen ertragen werden muss...", sagte Hitomi missmutig. Sie mochte gar nicht an die nächsten Stunden denken. Es gab soviel, worüber sie sich letzte Nacht noch lange den Kopf zerbrochen hatte. Was war mit Merle? Warum hatte sie so einen Hass auf sie? Und warum ist sie scheinbar nicht gut auf Van zu sprechen? Hitomi hatte den dunklen Verdacht, dass beides irgendwie zusammenhing... Und Allen, auch der machte ihr Sorgen. Über die Sache mit Cheat war er anscheinend immer noch nicht richtig hinweggekommen. Und was war da noch? Hitomi spürte, dass es noch irgendetwas gab, was sie noch nicht wusste. Es gab so vieles, das sie noch nicht wusste! Sie war gerade mal 2 Tage hier und ihr Kopf schien schon dem platzen nahe. Dabei Van war ihre größte Sorge... Er war eine harte Nuss und ganz bestimmt nicht leicht zu knacken. Ihr graute, wenn sie daran dachte, dass sie heute den ganzen Tag an seiner Seite verbringen musste. Sie konnte ihn ja nicht einmal zur Rede stellen! Sie waren ständig von irgendwelchen Leuten umgeben, ein Gespräch war da unmöglich... Ein sehr missliche Affäre... Brisaeye zupfte an ihrer Uniform herum und wollte gerade wieder ins Zimmer gehen, als Tomu aus dem Badezimmer gestürmt kam und lauthals verkündete: "Jetzt habe ich Hunger!" Hitomi grinste und folgte Brisaeye hinein. "Dann lang nur zu!" Sie schenkte sich noch einmal Tee nach und ihr Blick wanderte dabei automatisch in Richtung Kleid. "Brisaeye?" "Ja?", fragte das Zimmermädchen. "Ich hasse Türkis..." Brisaeye konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Ebenso wenig wie Hitomi selbst. Als Hitomi aus dem Palasttor trat, schien alles für einen kurzen Moment sehr idyllisch zu sein. Du Sonne strahlte, die Vögel zwitscherten aufgeregt in den hohen Bäumen und die Luft roch über und über nach Blumen. Als Hitomi jedoch näher trat, ahnte sie schon wieder Unheil herannahen. Sie durchquerte das erste Tor und befand sich somit im Vorgarten. Hier standen schon wieder Wägen und andere seltsame Gefährte in einer Reihe, nur darauf wartend, dass sie in die Stadt hinein ziehen konnten. "Ah, da sind sie ja!" Kobe kam wie aus dem Nichts zwischen zwei der Wägen hervorgeschossen und stürzte auf Hitomi zu. "Das ist gut! Dann kann der Festzug doch pünktlich beginnen. "Ja...", murmelte Hitomi nur und warf Tomu dabei einen skeptischen Blick zu. Er erwiderte ihn, nur wirkte das bei ihm etwas komisch. Sie folgten Kobe wortlos an den anderen Wägen vorbei bis ganz nach vorne. Dabei ging Hitomi an allen Wägen ihrer Freunde vorbei. Zuerst war da ein kleiner, flacher Wagen, von den gaianischen Pferdewesen gezogen, in dem niemand geringeres als Merle, in Begleitung von Nouga, saß. Sie würdigte Hitomi keines Blickes und Hitomi selbst hatte nicht mal annähernd Zeit, sich mit der Situation auseinander zu setzen, denn Kobe zog sie drängend weiter. Im nächsten, prunkvollen, geschlossen Wagen, saß Cheat, der Hitomi fröhlich angrinste, als sie vorbeiging. Darauf folgten die Könige des Nord- und des Südlandes, sowie Präsident Dornfels in einer offenen, sportlichen Kutsche. "Guten Morgen, Fräulein Hitomi...", sagte er schelmisch und Hitomi grüßte ihn kurz angebunden zurück. Sie konnte es jetzt nicht aushalten, auch noch den Eidechsenaugen von Dornfels unterzukommen. Allen saß in der nächsten Kutsche, diesmal eine runde und geschlossene, an der Seite von Eries und König Aston. Hitomi grüßte ihn im Vorbeigehen und registrierte auch gerade noch den Zuruf von Millerna aus dem nächsten Wagen und das aufgeregte Winken von Miguel, als Kobe auch schon abrupt abbremste und Hitomi vor einem mürrischen König stehen lies. Wenn es möglich gewesen war, dass Vans Ernst-Falte zwischen den Augenbrauen noch tiefer sinken würde, so hatte sie nun ihren Tiefpunk erreicht. Er warf einen abschätzenden Blick an Hitomi hinab und registrierte mit einem ärgerlichen Mundwinkelverziehen, dass sie genau wie er, die selbe, identische Kleidung vom Vortag trug. "Fräulein Kanzaki, mein König. Nun können wir den Festzug beginnen lassen...", meinte Kobe fröhlich und schaute zwischen Van und Hitomi hin und her. "Das wird sicherlich ein heiteres Fest...", murmelte Van und seine Augen blitzten, als er sich träge umwandte. Hitomi bemerkte erst jetzt, wovor sie eigentlich die ganze Zeit gestanden hatte. Van's Miene hatte sie so gebannt, dass sie völlig übersehen hatte, dass hinter seinem Rücken ein gewaltiges, zotteliges Mammut stand! Es war bestimmt 5 Meter hoch und stampfte mit Beinen, die den Umfang einer ganzen Säule hatten, gebieterisch auf den Boden. Er hatte wie eine Art Sattel auf seinen Rücken geschnallt, der eine Art Pagode auf seinem Rücken festzurrte. Vorne am Kopf des Mammuts saß ein junger Mann, der das Mammut wohl in die richtige Richtung dirigieren sollte. Das ganze kam Hitomi wie ein Elefantenritt vor, nur eben doppelt so groß. Auch Tomu machte Augen und trat ein paar Schritte auf das haarige Wesen zu. "Wahnsinn!", sagte er und starrte mit offenem Mund bis hoch zur Pagode. "Kommen sie schon, steigen sie auf!", drängte Kobe und zeigte energisch auf die Wickelleiter, die an der Seite des Riesen herunter hing. Dort stand Van und wartete genervt auf sie. Hitomi, die immer noch recht überrascht war, fand ihre Sprache wieder. "Darauf soll ich... reiten? Ist das dein Ernst, Kobe?" Sie hatte ja keine Höhenangst oder irgendwelche anderen Phobien, aber auf diesem Ungetüm zum Marktplatz hinunter zu wanken, schien nicht sehr freudenreiche Aussichten zu haben. Und Van? Sollte sie etwa an seiner Seite sitzen? Sie verdrehte die Augen. "Und du willst wahrscheinlich auch noch, dass ich mich neben Van zeige....", fragte sie. Kobe wirkte auf einmal sehr verlegen. "Äh, ja... Und jetzt entschuldigen sie mich...." Dann war er genauso schnell verschwunden wie er gekommen war, und Hitomi hatte den schlimmen Verdacht, dass er wieder irgendetwas ausheckte... "Komm Tomu, wir haben die Ehre auf diesem Ding zu reiten....", sagte Hitomi und ging mit Tomu zu Van, um die Leiter zu erklimmen. Van schnaufte verächtlich, als sie den Fuß auf die erste Holzsprosse setzte und versuchte daran hoch zu klettern. Das war gar nicht so einfach. Die Leiter wackelte hin und her und das Gewicht ihres Körpers zurrte so an den Tauen, dass das Mammut unruhig auf der Stelle trat. Darüber hinaus trat sie immer wieder auf den Saum ihres wallenden Kleides und rutsche zuweilen ab. "So kommst du nie da rauf...", meinte Van spöttisch von unten. "Das weiß ich selbst!", erwiderte Hitomi genauso unfreundlich. Van konnte ihr heute gestohlen bleiben! Sie würde nicht sein Kindermädchen spielen! Er sollte sich gefälligst selber wieder einkriegen. Hitomi hielt inne und schnaufte durch. Sie hatte gerade mal 6 Sprossen geschafft und das Ende der Leiter schien noch weit entfernt. Mit diesem elenden Kleid würde sie das nicht schaffen. "Du könntest mir helfen, Van...", sagte sie und musste damit ihre Unfähigkeit zugeben. "Ach ja, und wie denn bitte? Soll ich dir vielleicht die Schleppe tragen?", spöttelte er erneut. "Du kannst ja meine Gedanken lesen!" Hitomi schaute nach unten und sah in Vans grimmiges Gesicht. Dann schienen sich seine Augenbrauen für einen Moment wieder etwa zu entspannen. "Aber nur dass dus weißt, ich tu das nur für Kobe und sein bescheuertes Fest...", murrte er und kletterte Hitomi hinterher. Tatsächlich ging es nun schneller. Hitomi hatte die Arme frei und konnte in gleichmäßigen Zügen die Leiter erklimmen, während Van, wohl mit 2 Zeigefingern, ihren Saum ein Stückchen hochhielt und ihr somit beim Vermeiden von irgendwelchen Unfällen half. Und wenn sie so nachdachte, kam es ihr ziemlich erheiternd vor, dass Van nun mit dem Anblick ihrer Knöchel zu kämpfen hatte, während sie aufstieg. Sie stellte sich ihn mit hochrotem Kopf vor... Nein, das waren schon fast zu viele Gefühle auf einmal! Sie gelangte auf die Pagode und setzte sich umständlich hinein. Van stieg, ohne auch nur noch ein Wort zu ihr zu sagen wieder hinab um geschwind noch Tomu beim Aufstieg zu helfen. Hitomi rückte so weit es ging nach links. In diesem tragbaren Häuschen gab es nur eine Sitzbank, die sich über die ganze Breite erstreckte und Hitomi beabsichtigte, Tomu in die Mitte zu setzten. Wenig später kamen Van und Tomu auch schon die Leiter herauf und die Leiter wurde von dem Mammut-Reiter aufgerollt. Tomu setzte sich neben Hitomi und machte zu ihrer Verwunderung einen etwas beleidigten Gesichtsausdruck. "Alles ok? Seid ihr gut heraufgekommen?", fragte Hitomi überflüssigerweise. "Ja", entgegnete Tomu nur. Van setzte sich, genauso mürrisch wie zuvor neben Tomu und sagte nichts. Das konnte wirklich noch heiter werden... Wenig später ging es los. Das Mammut setzte sich in Bewegung und fiel in einen gleichmäßig-schaukelnden Trott ein. Es war eine komische Situation, so wie sie alle da saßen. Hitomi fühlte sich extrem unbehaglich, Tomu wirkte immer noch beleidigt und Van war so brummig wie immer. Hitomi beschloss, einfach nicht daran zu denken, dass sie hier mit Van sitzen musste und praktisch wie seine Ehefrau wirkte. Stattdessen lehnte sie sich ein wenig über das Geländer und schaute nach unten. An der Straße standen schon die ersten Menschen, die dem Festzug aufgeregt zujubelten. Hitomi blickte auf die Dächer ringsum und sah vereinzelt Malereien und Blumenschmuck an den Giebeln. Von fern hörte sie schon Musik spielen, die vom Marktplatz kommen musste, um den Festzug zu begleiten. Sie wagte es auch noch mal einen Blick auf Van zu werfen, doch der sah nur stur geradeaus. Es war zwecklos, ihn darauf anzusprechen... Sie wandte sich an Tomu: "Na alles klar...?" "Ja", sagte dieser lahm und senkte seinen Blick. "Was ist los Tomu? Du wirkst ein wenig beleidigt...", wollte Hitomi wissen. "Ach, ist schon ok..." Den Eindruck hatte Hitomi aber nicht und stieß ihm freundlich an die Schulter. "Hey, ich merke doch, dass irgendwas nicht stimmt... Du kannst es mir sagen!" Tomu schien nun verlegen. "Naja... ich sehe nichts..." Hitomi wusste erst nicht, was er damit meinte, doch dann ging ihr ein Lichtlein auf. Sie war so darauf bedacht gewesen, nicht neben Van sitzen zu müssen, dass sie den armen Tomu vergessen hatte. Er war noch ein Kind, er war für dieses Fest begeisterungsfähig, und sie nahm ihm einfach die ganze Freude... Wie selbstsüchtig von ihr... "Oh, das tut mir leid Tomu! Das war wirklich gemein von mir...", sagte Hitomi entschuldigend. "Komm, wir tauschen Platz...", meinte sie. "Nein, das muss doch nicht sein...", sagte Tomu geknirscht. "Schon ok..." Hitomi stand auf und tauschte geschwind und ohne Wiederrede den Platz mit ihrem Schützling. Sein zufriedene Gesichtsausdruck war ihr Belohnung genug dafür, dass sie nun neben dem unvermeidlichen saß. Kurze Zeit darauf befanden sie sich bereits auf dem Marktplatz. Hier war wirklich der Kern des Festes. Die Menschen tummelten sich um die Stände und jubelten ausgelassen dem Festzug zu. Die Musik spiele laut auf und brachte Hitomi dazu, mit dem Fuß im Takt zu klopfen. Es herrschte eine angenehme Atmosphäre und auch Tomu winkte gut gelaunt zu den Leute hinunter. Auf der rechten Seite tanzten einige und von den vereinzelten großen Häusern ging ein Blütenblätterregen auf das Mammut hernieder. "Ein wunderbares Fest, nicht wahr Van?", meinte Hitomi, der es wiedereinmal zu dumm wurde, sich ständig nur anzuschweigen. "Hmphf...", machte Van und schaute weiter unbeeindruckt nach vorne. War dieser Mann denn überhaupt zu irgendwelchen positiven Gefühlsregungen fähig? Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Es stach Hitomi ins Herz, wenn sie sah, was aus dem einstigen Prinzen geworden war. Er könnte wenigstens so tun als würde ihm das hier alles gefallen... Hitomi ging zum Angriff über. "Du könntest deinem Volk wenigstens winken, damit sie wissen, dass du auch anwesend bist...", meinte sie. Van machte erneut ein dumpfes Geräusch und sagte dann: "Misch dich da nicht ein..." "Oh, schlechte Konter, Van! Du musst nur deinen Arm heben und dein Handgelenk nach links und rechts bewegen. So schwer ist das nicht, glaub mir! Wenn du das tust, werde ich dich für den Rest des Tages nicht mehr nerven....", sagte Hitomi und schämte sich, dass sie nun schon zu Erpressungsmethoden griff. Van drehte seinen Kopf so heftig zu ihr herum, dass seine schwarzen Haare in die Luft wirbelten. "Verspotte mich nicht!", sagte er laut und funkelte Hitomi mit seinen erdfarbenen Augen an. "Du verspottest dich selbst, wenn du so stur bist...", erwiderte Hitomi kühl. Vans Augenbraue zuckte verärgert auf, als er seinen rechten Arm nach draußen hielt und winkte. Ein hörbarer Freudenruf ging durch die Menge und Van lehnte sich widerwillig ein Stück weit aus der Pagode um sein Gesicht zu Zeigen. Die Zuschauer klatschten und jubelten und Hitomi fühlte sich kurzzeitig innerlich sehr befriedigt. Zumindest das hatte sie geschafft... Der Festzug ging noch durch die ganze Stadt, bis zum Stadttor. Nun wurden sie noch zusätzlich von dem Musikumzug begleitet und Hitomi fühlte sich allmählich sogar wohl, beim friedlichen hin und her schaukeln des massigen Mammut-Körpers. Van schien wieder unbeeindruckt. Ab und zu streckte er mal seinen Arm aus der Pagode um zu winken, aber das wars auch schon damit. Vorne am Stadttor mussten sie wenden. Das hieß, erst einmal hinaus aus der Stadt, einen großen Bogen schlagen und wieder zurück. Sobald der Mammut wendete, schien kurzzeitig die Sonne auf ihre Gesichter, die bis jetzt vom Pagodendach abgeschirmt war. Hitomi musste ihre Augen zusammenkneifen, weil die Sonne so stach. Erst nach einiger Zeit ging es besser und sie konnte wieder normal vorausschauen. Hitomi erhaschte einen Blick auf den großen See und die Wiese davor, die übersäht war von Zelten größerer und kleinerer Art. Überall standen Karren herum und einige der Verbliebenen kamen immer noch den Hang herauf, um der 20-Jahr-Feier beizuwohnen. Es war ein schöner Anblick, zu sehen, was hier alles versammelt war! Van jedoch schien das nicht zu interessieren, denn er machte wieder dieses "Hmphf"-Geräusch, obwohl Hitomi kein Wort gesagt hatte. Aber wenn er das wollte? "Schau dir all die Leute an Van, die extra aus ganz Gaia hergekommen sind, um sich zu versammeln und den Frieden zu feiern. Sie alle kamen hier nach Farnelia, auch um dich zu feiern! Bedeutet dir das denn gar nichts?", fragte Hitomi, darauf bedacht möglichst gelassen zu klingen. "Das geht dich gar nichts an...", meinte Van nur. "Langsam gehen dir die unfreundlichen Konter aus, eure Hoheit...", spottete Hitomi. "Du kannst mir nicht ewig aus dem Weg gehen! Jetzt sitzen wir schon nebeneinander wie ein altes Ehepaar, also könntest du doch zumindest so tun, als ob du bereit wärst ein Gespräch zu führen..." "Kann ich nicht...", erwiderte Van kalt. "Allmählich wird es kindisch...", murmelte Hitomi leise. "Was sagst du da?", wollte Van wissen, der sie nun wieder wie wild anfunkelte. "Dass du kindisch bist!", schrie ihm Hitomi genervt ins Ohr. "So sprichst du nicht mit einem...", setzte Van drohend an, wurde aber von seiner Sitznachbarin unterbrochen. "Einem König? Was ist das für ein König, der sich wie ein fünfjähriger, kleiner Dickkopf aufführt und es nicht annähernd zu schätzen weis, dass sein Volk ein wichtiges Fest feiern möchte?" Hitomi redete sich langsam in Rage. "Was ist mit dir passiert, Van? Was habe ich dir schlimmes angetan, dass du so geworden bist?" Hitomi schaute ihn herausfordernd an und Vans Blick schien gebrochen. Er wandte sich wieder ab. Da wars dann wohl mal wieder. Hitomi wusste, dass diese ganze Sache hier im Prinzip eine Fortsetzung von der gestrigen kleinen Auseinandersetzung im Thronsaal war, und hoffte deshalb auch nicht auf eine Antwort. Van schaute wieder, alles um sich herum ignorierend, geradeaus. Das Gespräch schien beendet zu sein. Viel zu spät, als Hitomi versuchte, sich wieder auf das Fest zu konzentrieren, kam sie doch noch. "Weil du weggegangen bist", murmelte Van leise, kaum hörbar. Hitomi konnte ihre Verblüffung nicht verbergen, obwohl sie Antwort schon gekannt hatte. Aber sie aus Vans Mund zu hören, stach ihr doppelt so tief ins Herz. "Van, das... war weil... Ich musste gehen! Ich war hier nicht zu Hause!", stotterte sie und wollte ihm aus einem Impuls heraus tröstend die Hand auf seinen Arm legen. "Fass mich nicht an!", sagte er laut und zog seinen Arm weg. War denn das zu fassen? Sie durfte ihn nicht einmal anfassen? "Van, lass mich doch wenigstens erklären!", versuchte es Hitomi weiter. "Da gibt es nichts zu erklären... Du hast mich im Stich gelassen und ich habe mich verändern müssen. Jetzt lass mich in Ruhe, sonst kann ich für nichts garantieren!" Er hatte sie kein einziges mal angesehen und das war Hitomi Strafe genug. Van hasste sie, aus tiefstem Herzen! Und sie konnte anscheinend rein gar nichts dagegen tun. Der Festzug war wieder entgegen Stadtmitte gezogen und am Marktplatz war Schluss. Van hatte kein Wort mehr gesprochen und war wortlos vom Mammut heruntergestiegen, ohne Hitomi auch nur ansatzweise seine Hilfe anzubieten. Hitomi war darüber aber sogar ganz froh. So musste sie sich nicht zu sehr zusammenreißen... Sie und Tomu schafften es irgendwie selbst von ihrem urzeitlichen Gefährt herunterzukommen und als sie unten von Allen und Millerna empfangen wurden, war von Van schon nichts mehr zu sehen. "Wo ist er hin?", wollte Hitomi wissen und warf einen flüchtigen Blick über die Menschenmenge um sie herum. "Weg. Gleich als er runterkam. Ich schätze, er hat sich irgendwo hin verzogen, wo er keinem von uns begegnen muss." Allen sagte das so bedauernd, dass Hitomi sich noch schlechter fühlte. "Na toll..." Sie folgte Allen und den anderen zur Marktmitte, wo eine kleine Bühne für die Musiker aufgebaut worden war. Dort standen auch ein paar Tische herum und Hitomi lies sich missmutig auf den erstbesten Stuhl dazu nieder. Tomu setzte sich neben sie. "Ist alles in Ordnung Kanzaki-san?", fragte er vorsichtig. "Nein. Vermutlich nicht. Ich bin hier nämlich nicht willkommen..." "Aber doch nur vom König? Oder?" Tomu spielte nervös mit seinem Hemdkragen herum und schaute traurig zu ihr herüber. Das ganze nahm ihn vermutlich noch mehr mit. Was hatte der arme nicht alles mitmachen müssen! Hitomi hatte ihn mit auf einen anderen Planeten, weg von seinem Zuhause, geschleppt. Und jetzt, wo es ihm hier sogar zu gefallen schien, machte Hitomi seine Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zunichte. Ja, so musste er sich wohl fühlen. "Ist schon gut Tomu... Der kriegt sich schon wieder ein...", meine sie ruhig. Tomu atmete unbewusst auf, als Miguel zu ihnen herüber kam. "Hey, Tomu! Da drüben kann man Leguane streicheln. Kommst du mit?", fragte er und sein blonder Lockenkopf wippte ungeduldig auf und ab. "Ähm... Im Moment...", stotterte er und sah bang zu Hitomi hinüber. "Geh schon. Wenigstens du sollst deinen Spaß haben..." Hitomi schenkte ihm ihr schönstes Lächeln und scheuchte ihn fort. Die beiden verschwanden gut gelaunt in der Menge. Hitomi aber war die Laune endgültig vergangen. Sie verbrachte den größten Teil des Nachmittags mit herumschlendern. Immer wieder sprachen sie wildfremde Leute an und dankten ihr für ihre Verdienste zum gaianischen Frieden. Sie bekam ständig irgendetwas zu essen oder zu trinken angeboten oder musste mir irgendeinem Mann höherer Stellung tanzen. Die Musik spielte in einem Fort und Hitomi wünschte das Ende des Festes herbei, als sie gerade von einem kleinen, übergewichtigen und extrem schwitzenden General aus Fraid herumgewirbelt wurde. Wo war nur Allen in solchen Momenten? Wahrscheinlich stand er hinter der Mauer von Zuschauern und amüsierte sich prächtig über ihren erbärmlichen Anblick auf der Tanzfläche... Als hätte sie es laut ausgesprochen, wurde die Musik langsamer, wechselte in ein ruhigeres Stück über. Der fetter General grinste nur und zog Hitomis Taille näher zu sich heran, wobei ihm der Schweiß in abstoßenden Mengen die Stirn hinunter lief. Doch eine Rettung kam tatsächlich. Nur nicht in der Gestalt von Allen. Präsident Dornfels kam auf die Tanzfläche geschritten und zwar schnurstracks auf Hitomi und ihren Tanzpartner zu. "Entschuldigen sie, mein lieber General Kealo, aber dürfte ich mir wohl diese bezaubernde junge Dame für den nächsten Tanz reservieren?", fragte Dornfels, mit seiner tiefen, geheimnisvollen Stimme und einem Blick, der keine Wiederrede zuließ. Der General lies ruckartig von Hitomi ab und es fühlte sich an, als würde sie eine gewaltige Last verlieren. "Natürlich, Präsident...", murmelte der Mann und verzog sie schwankend aus ihrem Blickfeld. Dornfels hatte wirklich eine gewaltige Ausstrahlung, nicht nur auf Hitomi selbst. So schafft er es auch, sie an sich zu ziehen und mit ihr den nächsten Tanz einzuwiegen, obwohl Hitomis Füße bereits heftig gegen eine weitere Belastung protestierten. "Sie sind viel zu schade, um von so einem Rüpel geführt zu werden. Ich zeige ihnen, wie man das richtig macht..." Er legte seine große, warme Hand auf Hitomis Rücken und hielt ihre rechte Hand fest, sodass sie sich gleich viel wohler fühlte und den Tanz richtig genießen konnte. Dornfels tanzte ruhig aber geschmeidig und führte sie, wie nur ein richtiger Mann das konnte. "Sie sagen ja gar nichts...", meinte er dann, als sie schon eine weile getanzt hatten. "Tja, es verschlägt mir ja auch jedes Mal regelrecht die Sprache, wenn sie aufkreuzen..." "Das ist das Geheimnis meines Erfolgs: Auftreten, einschüchtern und übernehmen...", meinte er scherzhaft. Doch wahrscheinlich war da ein ganzes Stück Wahrheit dran. Gegen Abend wurden die Menschen auf dem Marktplatz langsam immer weniger. Die meisten saßen nur noch auf den Tischen beisammen, die wenigsten tanzten noch zu der ruhigen, sanften Musik. Hitomi war Dornfels regelrecht entflohen. Sie hatte ihm nur diesen einen Tanz geschenkt und hatte sich dann mit einer blöden Ausrede verdrückt. Sie konnte seine Nähe einfach nicht mehr ertragen! Irgendetwas hatte dieser Mann an sich, dass sie sich innerlich zugleich bedrückt und in Aufruhr fühlte. Sie wusste ja nicht mal, ob er mit ihr flirtete oder sie nur irgendwie einzuschüchtern versuchte. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm... So hatte sie sich wieder Allen angeschlossen, mit dem sie nun an einem kleinen runden Tisch saß und irgendetwas alkoholisches trank. Allen hatte sich den ganzen Tag über an irgendwelche hübschen Frauen herangemacht und stand somit für ein Gespräch nicht zur Verfügung. Aber Hitomi lag schon die ganze Zeit etwas auf dem Herzen, was er ihr vermutlich beantworten konnte: Merle. Seit das Katzenmädchen sie gestern so finster angefunkelt hatte, fühlte sie sich irgendwie noch schlechter. Dabei wusste sie nicht einmal warum! Merle hatte eindeutig irgendeinen Hass auf sie, den sie nicht einmal zu verheimlichen versuchte. Sooft sie sich heute über den weg gelaufen waren, Merle hatte steif und verbittert gewirkt und Hitomi nur kalte Blick zugeworfen. Allen wusste bestimmt mehr... "Allen, ich muss dich etwas fragen...", begann sie. "Nur zu." Allen konzentrierte sich ganz auf sie und hob wartend eine Augenbraue. "Hat es was mit Van zu tun?" "Nein, ausnahmsweise mal nicht... Es geht um Merle..." Allen seufzte auf, ganz so als hätte er gewusst, dass sich dieses Thema nicht vermeiden lies. "Warum hasst sie mich so? Ich habe ihr doch nichts getan, oder?", wollte Hitomi wissen und blickte verunsichert auf den schaumigen Inhalt ihres Steinkrugs. "Ihr direkt nichts. Aber Van. Weißt du, natürlich war auch Merle traurig, als du gegangen bist, aber lange nicht so wie Van. Sie hatte dann ganz das gemacht was sie am besten konnte: Van in jeder Phase seines Lebens so gut es ging zu unterstützen. Und da Van damals, als du weg warst, wirklich lange Zeit deprimiert war, überlegte sie sich etwas. Etwas, wofür sie gemeinsam soviel Zeit und Energie darauf verwenden mussten, dass Van nicht mehr an seine Trauer denken konnte", erzählte Allen und fixierte Hitomi dabei genau. "Dabei kam Merle ihr Traum in den Sinn, denn sie schon seit längerer Zeit hatte. Sie wollte nämlich das Volk der Katzenmenschen wieder auf unseren Planeten zurückkehren lassen. So machte sie sich gemeinsam mit Van auf die Suche nach allen noch lebenden Wesen ihres Volkes. Und sie fanden welche, viele." Er nahm einen Schluck aus seinem Krug und fuhr dann fort: "Merle und Van brachten sie alle an einem Ort zusammen und sie gründeten ein Dorf, wo das Volk von nun an in Frieden leben und sich vermehren konnte. Van hatte tatsächlich Ablenkung damit gefunden und doch hatte er dich natürlich nie vergessen. Er war immer in der Hoffnung, dass du zurückkehren würdest und mit ihm gemeinsam das Leben verbringen würdest. Als du dann aber den Kontakt zu ihm völlig eingestellt hattest, war es um ihn geschehen: Van bracht psychisch zusammen und auch wenn er nach ein paar Monaten wieder normal zu sein schien, war er doch unübersehbar verändert. Er hatte anscheinend beschlossen, sich von keinen Gefühlen für irgendetwas mehr hinreißen zu lassen, weil ihm diese nur Ärger einbrächten." Hitomi hätte am liebsten geweint, doch sie war nicht dazu fähig. Sie musste erst wissen, was weiterhin geschehen war. "Wie ging es weiter?", fragte sie. "Van zog sich von allen zurück, auf von Merle. Er sagte ihr, dass er keine Lust mehr habe, sich um ihren bescheuerten Traum zu kümmern und beendete regelrecht seine Freundschaft zu ihr. Merle aber wollte nicht aufgeben, jetzt wo sie ihrem Ziel so nahe war. So verlies sie Farnelia und ging in das Katzendorf. Und bis heute ist nie wieder nach Farnelia gekommen..." Hitomi wurde einiges klar. Merle hasste sie also, weil sie den Kontakt zu Van abgebrochen hatte und beinahe ihren Traum aufgeben musste. Natürlich, genau wie bei Van, war sie selbst Schuld an allem. "Jetzt verstehe ich...", murmelte Hitomi. "Ja, jetzt kennst du die ganze Geschichte... Van und Merle haben nie wieder ein Wort miteinander gesprochen. Ich schätze, dass Kobe sie überredet hat zu kommen, im Sinne des Friedens oder so... Nachdem du jetzt aber auch noch hier bist, wird Merle wohl so schnell wie nur möglich wieder in ihr Dorf zurückkehren...", meinte Allen bedauernd. "Es ist alles meine Schuld... Warum war ich nur so dumm Allen?! Warum habe ich mich dazu entschlossen, Van nie wieder sehen zu wollen? Es war genau das Gegenteil von all MEINEN Träumen! Nichts hätte ich mehr gewollt, als mein Leben mit Van zu verbringen! Gott, wie konnte ich nur so etwas tun?!" Hitomi zitterte plötzlich am ganzen Leib und konnte nicht mehr damit aufhören. "Wie soll ich das je wieder gut machen, Allen?", fragte sie hoffnungsvoll obwohl sie wusste, dass das so gut wie keinen Sinn hatte. "Dabei kann ich dir nicht helfen Hitomi..." Er sah sie entschuldigend an. "Vans Wunden sind tief... Es braucht mehr, als sie einfach zu nähen...." Damit stand er auf und lies sie alleine. Er wusste genau warum er das tat, denn Hitomi weinte bereits stumme Tränen in ihren Steinkrug. ------------------------------------------------- kleines Nachwort: So, das wars wieder, puh! Ich verspreche euch hoch und heilig, das nächste kap dauert nicht so lange. Ich habe jetzt 2 wochen Ferien, und hab mir vorgenommen, mindestens die nächsten 2 kaps zu schreiben, falls ich nicht wieder kreativ blockiert bin... Tja, in diesm kap ist ja eigentlich nix aufregendes passiert, bis auf das mit Merle. jetzt is ja einiges klarer, oder? Bei weiteren Unklarheiten, einfach bei mir beschweren. Und jetzt schön weiter kommis schreiben! ^.^ ( wir haben schon die 50ger Marke überschritten, WOW!!!!) Bis zum nächsten kap! Chiyo-san Ps: Seht euch mal die chara-beschreibung an. Ich habe haufenweise neue Bilder hochgeladen. (darunter auch schnell-selbst-gezeichnete...) Mich würde interessieren, ob ihr euch die charas ungefähr so vorstellt, oder eher nicht... ps2: Musik bei diesem kap: U2// How to dismantle an atomic Bomb (Das teil ist soooooo klasse! hörts euch mal an...) *gg* Kapitel 11: Das Bankett ----------------------- Höhöhö... ^.^ Diesmal gings aber echt schnell, da könnt ihr gar nix sagen... *gg* So, nachdem das letzte kapitel anscheinend doch ganz gut bei euch angekommen ist (ich persönlich fands etwas schwach, nicht gut gelungen) , bin ich mal gespannt, was ihr zu diesem hier sagts... Anfangs war ich da auch etwas unsicher. Es ist nämlich echt schwer so viele verschiedene Personen irgendwie immer mit einzuberechnen... Aber letztendlich isses mir dann doch ganz gut gelungen, glaub ich. Aber ich lass das lieber von euch RICHTIG kommentieren... Bis zum Nachwort! see you! Chiyo-san --------------------------------------------------------------- Kapitel 11: Das Bankett "BRISAEYE!" Hitomi glaubte zwar nicht, dass dieser Hilferuf etwas nützen würde, aber das Zimmermädchen, hatte sie ja schließlich dazu aufgefordert, jederzeit nach ihr zu rufen. Das Problem war nur, dass Hitomi in ihrem Zimmer stand und Brisaeye vermutlich irgendwo im Haus war. Also musste sie es irgendwie alleine schaffen, sich in dieses Kleid zu zwängen. Sie hatte zwar 2 Stunden nach irgendeiner passenden Ausrede für Kobe gesucht, nicht auf diesem Bankett erscheinen zu müssen, als sie dann aber auf ihr Zimmer kam und dieses wirklich schöne Kleid vorfand, welches mit viel Liebe von der Schneiderin Patrizia gefertigt wurde, konnte sie Kobe das nicht antun. Nur noch dieses Abend galt es zu überstehen, dann war das ganze Spektakel vorbei. Jetzt hatte Hitomi aber leider noch unvorhergesehene Hindernisse zu überwinden. Vor knapp einer Stunde hatte sie genüsslich ihr hässliches, türkises Kleid ausgezogen und sich geschworen es nie wieder anzuziehen und sich anschließend erst einmal ein warmes Bad gegönnt. Jetzt aber stand sie vor dem Schrank und konnte ihr Kleid nicht zumachen! Und natürlich erwartete Kobe sie in genau 5 Minuten unten im Speisesaal. Tomu war schon gegangen, um noch mit Miguel in der Küche zu naschen, bevor die Gäste kamen. Hitomi würde nicht dazu zählen, wie es aussah. Das Kleid war dabei wirklich sehr schön. Das Unterkleid war Moosgrün, im selben Farbton wie ihre Augen, und bestand aus feinstem Samt. Der Ausschnitt war relativ großzügig, aber nicht aufreizend. Über all dem fiel Lindgrüne Seide in fließenden Bewegungen um sie herum, in der Taille von einer goldenen Borte betont. Diese Borte fand sich auch am Saum, an den kurzen, bauschigen Ärmeln der weißen Unterbluse und sogar in ihrem hochgesteckten Haar wieder. Es gefiel ihr wirklich und sie würde es sofort und immerzu tragen, müsste man das ganze nicht am Rücken zusammenschnüren. Beim anderen Kleid hatte ihr Brisaeye geholfen, aber heute war sie gar nicht aufgetaucht. Hitomi rief noch einmal ihren Namen, auch wenn das wahrscheinlich sinnlos war. Doch wie so vieles in Gaia, passierte auch jetzt etwas unerwartetes: Brisaeye kam schnaufend in die Tür gefallen, um Hitomi zu Hilfe zu eilen. "Sie müssen nicht so schreien! Ich höre sie gut und deutlich...", meinte sie ein wenig verärgert und machte sich aber sofort ans Schnüren des Stoffes. "Entschuldigung... Ich dachte nicht, dass du mich hören wirst...", entschuldigte sich Hitomi. "Ich habe gute Ohren, aber nur zwei Beine...", entgegnete Brisaeye und zog ruckartig an den Schnüren, dass Hitomi die Luft wegblieb. So ähnlich musste sich also ein Korsett anfühlen... "Wo warst du denn? Wusstest du nicht, dass ich mich umziehen muss?", meinte Hitomi. "Doch. Ich war ja gerade auf den Weg zu ihnen. Nur haben wir 130 Kellerstufen. Und mit einem Korb voll Äpfeln braucht man ein bisschen länger...", erzählte Brisaeye und beruhigte sich wieder ein bisschen. Hitomi hätte es nun wirklich gewundert, wenn sie ihr erzählt hätte, sie hätte sie aus dem Keller rufen hören, aber wenn sie sowieso auf dem Weg war? Dann war ja alles in Ordnung... "So fertig." Brisaeye betrachtete ihr Werk noch einmal genau, bevor sie die Schleife band und Hitomi damit entlies. "Dankeschön...", sagte Hitomi. "Jetzt muss ich aber gehen, sonst kriegt Kobe einen Anfall..." "Viel Spaß!", sagte das Zimmermädchen und öffnete ihr die Tür. Hitomi trat hinaus und ging mit gemischten Gefühlen einem ungewissen Abendessen entgegen. Der Speisesaal bot einen herrlichen Anblick! Hohe Gewölbe, mit Kreuzrippen durchzogen, erstreckten sich über den gesamten Raum und die Decke war wiederum mit Bildern von Atlantis bemalt, wie man es in anderen Teilen des Schlosses wiederfinden konnte. An den Wänden hingen Bilder, Portraits oder schlichte Landschaftsmalereien. Alles schien zusammenzupassen, sogar der rote Teppich auf dem Marmorboden und die lange Tafel aus dunklem Mahagoni. Die Tafel war bereits gedeckt mit Porzellan-Tellern und hohen Gläsern. In der Mitte standen Blumen über Blumen, Lilien, kleine gelbe Margeriten und eine Art mit riesigen, dunkelroten Kelchen, allesamt exquisit arrangiert. Hitomi staunte wirklich nicht schlecht. Wie sie nun aber bemerkte, war sie wirklich die letzte der Gäste. Alle anderen waren schon versammelt, standen um den Tisch herum und nippten an der Bernsteinfarbenen Flüssigkeit in ihren Gläsern. Alle Augen waren auf sie gerichtet, manche erstaunt, bewundernd, oder verärgert, wie die von Merle oder Van. "Guten Abend...", sagte Hitomi langsam, darauf bedacht nicht allzu eingeschüchtert zu klingen. Denn das war sie. Wo Dornfels ihr noch undefinierbar positive Blicke zuwarf, war Vans Blick eher auf Wut ausgelegt. Er sagte ihr damit klar und deutlich, dass sie am besten von dem Abendessen ferngeblieben wäre. Diese Spannung legte sich auf den gesamten Raum aus und alles war plötzlich sehr still, jede Unterhaltung ward abgebrochen. Hitomi wünschte, sie könnte sich irgendwo in einem Loch vergraben, aber natürlich war ihr das nicht vergönnt. Kobe kam nämlich, wie sonst auch immer, zur Tür herein und klatschte fröhlich in die Hände. "Das Essen ist fertig und wird gleich serviert! Liebe Gäste aus Gaia, ich freue mich, dass sie zum Abschluss dieses fantastischen Festes noch einmal zusammen gekommen sind, um den Abend beim gemeinsamen Mahl ausklingen zu lassen! Bitte setzen sie sich und genießen sie die übrige Zeit im Schloss von Farnelia!", verkündete er gut gelaunt. Hinter ihm kamen 2 der Hausmädchen, darunter auch Brisaeye, aus der Kücher gerauscht, um den Damen den Stuhl zu ziehen. Wenn Hitomi sich die Tafel so ansah, ahnte sie schlimmes. Van saß schon am Kopf der Tafel, alles überblickend, wie es sich für einen König gehörte. Sie wollte gar nicht wissen, wohin sie sich setzen musste... "Hitomi? Kommen sie, ich bringe sie zu ihrem Platz...", meinte Brisaeye, die anscheinend genau zu wissen schien, was in Hitomis Kopf gerade vorging. Aber wenn sie dieses Bankett überstehen würde, war so gut wie alles überstanden. Das musste sie sich nur immer wieder einreden. Hitomi sah Brisaeye dankbar an und folgte ihr, wie schon vermutet, zu Vans Seite der Tafel. Und dort musste sie sich natürlich auf den Stuhl, der am nächsten zu Van stand, setzen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, war die ganze Situation vielleicht doch nicht so aussichtslos. Immerhin hatte jeder am Tisch ca. einen Meter Radius Platz. So lagen zwischen Van und Hitomi praktisch zwei Meter, oder sogar noch mehr, wenn man die Krümmung des Tisches mitberechnete. Das war annehmbar. Wenn sie daran dachte, dass sie heute schon Schulter an Schulter mit ihm gesessen war, verging ihr richtig der Appetit. Van schien das auch immer noch nicht vergessen zu haben, denn er strafte Hitomi mit bösen Blicken. Wenn man mal von seiner negativen Aura absah, sah Van nicht einmal so abstoßend aus, das musste Hitomi wiederholt feststellen. Seine schwarzen Haare lagen wild um sein einprägsames, charismatisches Gesicht und gaben ihm zumindest äußerlich das majestätische Aussehen eines Königs. Unter dem weißen Hemd und dem dunkelroten Wams aus Samt spannten sich die Muskeln, verstärkten noch seine Aura. Hitomi spürte, wie ihr Herz schneller schlug, wie ihr die Gesichtszüge zu entgleiten drohten und sie sich unbewusst eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Van schaffte es also, sie völlig aus der Fassung zu bringen, auch wenn er das gar nicht beabsichtigte! Ganz anders als Dornfels, der rechts neben ihr saß und nun endlich die Gelegenheit ergriff, Hitomi mit seinen Komplimenten zu umgarnen. "Ihr seht heute Abend ganz bezaubernd aus... Die Farbe Grün steht euch...", sagte er mit tiefer Stimme und gab Hitomi wie schon am Tag zuvor einen flüchtigen Handkuss. "Äh..., Danke...", murmelte Hitomi und sah Dornfels genau an, wenn auch nur, um Vans Bann entgehen zu können. Auch der Präsident war ein gutaussehender Mann, ohne Zweifel. Die strengen, kantigen Gesichtszüge gaben ihm ebenfalls wie Van, etwas raues und majestätisches, doch wurde das alles zurückgedrängt, von seinen Augen. Diese grünen, strahlenden Augen schienen über alles und jeden genau bescheid zu wissen. Wie eine Raubtier auf Beutefang, so funkelten sie aus den Höhlen. "Das wird sicherlich ein denkwürdiger Abend...", meinte Dornfels dann und lies seinen Blick über den Tisch schweifen. Dann fixierte er Hitomi abermals genau. "Ein unvergesslicher noch dazu..." Hitomi wurde aus diesem Mann wirklich nicht schlau. Was meinte er damit schon wieder? Alles was aus seinem Mund kam, schien vollkommen zweideutig zu sein, als würde er sein Opfer verwirren wollen, bevor er zubiss. Hitomi räusperte sich. Sie fühlte sich wie eingeklemmt, zwischen zwei sich aufeinander zu bewegenden Wänden. Links von ihr ein miesepetriger Van und rechts von ihr ein zwielichtiger Dornfels. Eine reizende Kombination... Ein paar Minuten später aßen sie bereits. Hitomi war sehr glücklich, sich vorerst nur mit dem entgräten ihres Fisches beschäftigen zu müssen, als mit irgendjemandem um sie herum. "Schmeckt es, Fräulein Kanzaki?", wollte Kobe wissen. Er saß Hitomi genau gegenüber, wahrscheinlich um im Falle des Falles die Situation retten zu können, falls Van wieder irgendwelche Zornes-Anfälle hatte. Noch war aber alles ruhig, und Hitomi nickte zustimmend. "Köstlich..." Neben Kobe saß Allen neben Eries, gefolgt von König Aston, Merle und Nouga, den Nord- und Südland Königen, Cheat und Alanis, Dryden und Millerna bis sich die Runde mit Dornfels wieder schloss. Eigentlich eine nette Gesellschaft, könnte man meinen. Aber die Stimmung war extremst angespannt. Zwischen Van und Hitomi zuckten heftige Ladungen, Merle war hin und wieder einen stummen, hassvollen Blick zu ihr herüber, oder Dornfels legten seinen Eidechsenblick auf sie. Auch Allen war ungewöhnlich ruhig. Vermutlich weil er Cheat vor Augen hatte, sobald er den Kopf vom Teller hob. Die anderen merkten das auch. Millerna und Dryden flüsterten seltsamerweise miteinander, genauso wie die drei Könige eher wortkarg blieben. Das ganze war ganz und gar keine fröhliche Gesellschaft, wie Kobe das geplant hatte... "Falls jemand von ihnen noch mehr Wein haben will, sagen sie es einfach einem der Hausmädchen...", warf Kobe zwischendurch ein, mit einer unnatürlich gut gelaunten Stimme. Das war ja kaum noch auszuhalten! Hitomi löste ihre Konzentration von ihrem Fisch und tauschte einen skeptischen Blick mit Allen aus. Er musste sich genau wie sie, ziemlich mies fühlen. "Bald ist es vorbei...", versuchte Allen in seinem Blick zu ihr hinüber zu telepathieren. "Hoffentlich", nuschelte Hitomi in ihren Fisch hinein und blickte nun kurzzeitig zu Van. Dieser machte aber all ihre guten Hoffnungen zunichte, indem er ihr nur einen kurzen, aber sehr strafenden Blick zuwarf. Hitomi fühlte sich allmählich wirklich, als wäre dies ihre Henkersmahlzeit. Das konnte doch nicht so weitergehen! Vor allem diejenigen, die nichts von der kritischen Situation zwischen Van und ihr wussten, mussten sich gerade ziemlich unwohl fühlen... Wo doch die 20-Jahr-Feier sonst so ein Erfolg war... Hitomi erinnerte sich daran, dass sie ja eigentlich beschlossen hatte, Van wieder zu dem zu machen, was er einmal war, oder sie wollte es zumindest versuchen. Wenn sie jetzt aufgab, konnte sie auch gleich wieder auf die Erde zurückkehren... Sie wagte sich in das Maul des Drachen. "Van!", raunte sie ihn von der Seite an. "Willst du nicht vielleicht, nur um dieses Fest noch schön abzurunden, eine etwas freundlichere Miene auflegen?", fragte sie, ganz vorsichtig. Seine Antwort war wie immer ein ärgerlicher Blick. Es war anscheinend wirklich zwecklos! "Kannst du mir dann wenigstens die Soße reichen?", fragte in Hitomi, die feststellen musste, dass diese außerhalb ihrer Reichweite war. Und als ob Van darauf gewartet hätte, schob er die Soßenterrine demonstrativ in Richtung Kobe, anstatt zu ihr herüber. "VAN! Du Idiot!", rief Hitomi verärgert aus, anscheinend etwas zu laut, denn alle Augen waren wieder auf sie gerichtet. Na toll... Das brachte nur noch mehr Grabesstimmung. Hitomi senkte beschämt ihren Blick und stocherte in ihrem Fisch herum. Ausgerechnet Kobe war es diesmal, der die Situation so gut es eben ging, rettete. Er räusperte sich, nachdem auch ihm der Mund etwas offen geblieben war, und startete dann den letzten Versuch, eine Unterhaltung am Tisch zustande zu bringen. "So, Fräulein Kanzaki. Erzählen sie uns doch einmal, wie ihnen, als Mädchen vom Mond der Illusionen, die Feier gefallen hat...", sagte er laut und warf Hitomi ermahnende Blicke zu, sie solle ihn jetzt ja nicht hängen lassen. "Oh, es hat mir sehr gefallen! Besonders der Ritt auf dem Mammut...", sagte sie, mit unüberhörbarer Betonung des Wortes "Mammut." Mit großer Genugtuung konnte Hitomi feststellen, dass Van sich dadurch fast an einer Gräte verschluckte und hastig zu seinem Bierkrug griff, um den Hustenreiz hinunter zu spülen. Dann gab sie Kobe aber eine ernstgemeinte Antwort: "Nein, wirklich, es hat mir sehr gefallen. Ich habe, nach so langer Zeit, alle meine alten Freunde wieder gesehen. Ich meine, ich hatte nie vor, wieder auf Gaia zurückzukehren, aber nun, da ich da bin.... kann ich nicht verstehen, warum ich das nicht wollte..." Sie hielt inne und lies den Blick durch die Runde wandern. Dabei blieb er zuerst bei Cheat hängen. "Wenn ich mir überlege, dass ich nie gesehen hätte, wie groß und erwachsen Prinz Cheat geworden ist, dann bereue ich es noch mehr...", sagte sie und lächelte ganz offen zu Cheat hinüber. "Oder Millerna und Dryden. Als ich damals gegangen bin, hattet ihr gerade eine schlimme Krise und jetzt seid ihr glücklich verheiratet und erwartet schon euer zweites Kind! Das ist einfach wunderbar...", sagte sie und lächelte zu ihrer Freundin hinüber. Zurück kamen wohlgesonnene Blicke aus allen Richtungen und ein eifriges Nicken von König Aston. Hitomi fand es angemessen, sich nun wieder ihrem Fisch zu widmen. Sie nahm einen Bissen und fuhr dann fort: "Vor allem deshalb, war die Feier ein besonderes Fest für mich. Auch weil es dem langen Frieden auf Gaia zu Ehren war. Um das zu würdigen, war das Fest wirklich ein voller Erfolg!", meinte Hitomi, nur um ihrer kleine Rede etwas abzurunden. "Bravo! Da kann ich nur zustimmen!", sagte König Aston mit seiner brüchigen Stimme. "Ja, wahrlich ein erfolgreiches Fest!", meinte auch König Blyus aus dem Südland, wobei sein goldener Kopfschmuck zustimmend klimperte. "Trinken wir auf König Van, den großzügigen Organisator und Veranstalter des Festes. Es ist schön zu sehen, was aus dem guten alten Farnelia geworden ist... Vargas und Folken, die letzten verstorbenen Mitglieder der Königsfamilie, wären stolz auf euch, Majestät!" Dieser Trinkspruch kam abermals von König Aston. Er hob sein Weinglas und alle anderen taten es ihm gleich. Van zwar etwas wiederwillig, aber er tat es. "Auf eine positive Zukunft!", sagte Dornfels laut und stieß an. Die Gläser klirrten aneinander und jeder der Anwesenden nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Glas. Die Stimmung war nun zumindest so, wie man es sich bei einer Feier vorstellte. Zwar tauschte Van nur ein paar Sätze mit Allen aus und auch Merle flüsterte immer noch mieslaunig mit Nouga. Doch alle anderen schienen sich nun endlich zu amüsieren. Der nächste Gang kam aus der Küche, Brisaeye schenkte den Wein und das Bier nach und alle aßen, tranken und unterhielten sich ausgiebig. Hitomi fühlte sich aber immer noch nicht recht wohl in ihrer Haut. Sie hatte das Gefühl, dass heute Abend noch irgendetwas schlimmes passieren würde. Und wenn sie sich Van so ansah, wie er dort auf seinem königlichen Stuhl saß und gebieterisch über die Tafel blickte, war das vermutlich gar nicht so abwegig. "Stimmt irgendetwas nicht, Fräulein Kansaki?", fragte Dornfels von rechts. Er hatte seine übliche, undurchschaubare Miene aufgelegt und schien Hitomi nun mit seinen grünen Augen röntgen zu wollen. "Äh, nein, alles ok...", sagte Hitomi hastig. Schon wieder fühlte sie sich sehr unwohl in seiner Gegenwart, ähnlich wie am Tag zuvor, als er sie im Schlossgarten überrascht hatte. "Wirklich? Sie sind schon den ganzen Tag sehr verschlossen...", stellte er fest und nahm einen Schluck aus seinem Weinglas. "Ach was... Das kommt ihnen nur so vor...", wehrte Hitomi ab, und tat so, als würde es sie sehr viel Konzentration kosten, ihre Kartoffel in vier Teile zu zerlegen. "Das glaube ich nicht." Dornfels lies nicht locker. Also ging Hitomi in die Offensive. "Sie kennen mich doch überhaupt nicht. Ich habe sie gestern zum ersten mal in meinem Leben gesehen, und sie glauben schon so gut über mich bescheid zu wissen? Dazu haben sie gar kein Recht...", sagte sie wohl etwas zu garstig, denn Dornfels verzog kaum merklich die Mundwinkel. "Seien sie doch nicht so hart zu mir, Fräulein...", meinte Dornfels bedauernd. Dann aber grinste er unverhohlen. "Ich kann jedoch behaupten, dass ich die Menschen um mich herum beobachte, um mir ein korrektes Bild von ihnen zu machen. Und mit Ihnen, Fräulein, stimmt heute etwas nicht, das sagt mir mein Instinkt. Und denke ich weiß auch, was die Ursache dafür ist..." "Ach ja? Und welche?" Hitomi konnte sich gar nicht erklären, warum sie schon wieder so bissig war, wo ihr Dornfels doch eigentlich gar nichts getan hatte. Ihr Instinkt sagte ihr jedoch, dass mit diesem Mann irgendetwas nicht stimmte. Was das war, konnte sie sich aber auch nicht erklären... Dornfels rückte näher an sie heran. "Es ist ihre Rückkehr nach Gaia, nicht war? Nicht für jeden war sie so freudenreich. Es ist der König, der damit ein Problem hat...", sagte er und hob bedeutungsvoll eine Augenbraue. Hitomi hatte plötzlich genug von ihrer Kartoffel. Dornfels hatte wirklich eine ausgeprägte Beobachtungsgabe... Was sollte sie nun tun? Sollte sie ihm zustimmen, die Wahrheit sagen, oder es einfach leugnen? Das letztere wäre wohl der bequemere Weg... Und doch war es wirklich nicht schwer zu erkennen, dass Van nicht gerade Freudensprünge machte, weil sie wieder hier war. "Sie beobachten wirklich gut. Van ist tatsächlich nicht allzu gut auf mich zu sprechen...", gab sie zu. "Hm, das war nun wirklich nicht schwer..." Dornfels lehnte sich kurz zurück und wollte das Thema anscheinend vertiefen, als König Aston sich wieder einschaltete. "Hitomi! Wir haben gerade über diese Sache mit dem Mond der Illusionen diskutiert!", sagte er und deutete auf seine Tochter und die beiden übrigen Könige, die alle drei zustimmend nickten. "Wie war das doch gleich mit der Lichtsäule? Und wieso sind sie überhaupt wieder gekommen?", wollte er wissen. Wunderbar! Das hatte gerade noch gefehlt! Ein exklusives Interview mit ihr, vor den Augen aller. Sie versuchte das beste daraus zu machen, jetzt wo sowieso der ganze Tisch an ihren Lippen zu hängen schien. "Das mit der Lichtsäule kann ich mir auch nicht erklären. Sie ist immer dann erschienen, wenn ich einfach weg wollte. Ich glaube, nur durch meinen Wunsch auf Gaia zu wollen, ist das Licht erschienen und hat mich durch die Dimensionen transportiert...", meinte sie, und versuchte möglichst gleichgültig zu klingen. "Ah, interessant...", sagte König Rubens vom Nordland und raunte verblüfft in sein Weinglas, bevor er zum trinken ansetzte. Anscheinend waren alle glücklich mit dieser Antwort und die allgemeine Unterhaltung setzte wieder ein. Nur Merle, die den ganzen Abend keine Wort gesprochen hatte, die überhaupt gegenüber Hitomi noch keine Silbe verloren hatte, schien sich damit nicht zufrieden zu geben. "Du hast dir also gewünscht, nach Gaia zu gelangen?", fragte sie scharf und direkt quer über den Tisch hinweg. Ihre Stimme, die Hitomi nur piepsig und quengelig in Erinnerung hatte, war kristallklar und floss in gleichmäßigen Wellen von ihren Lippen. "Nein!", antwortete Hitomi prompt, völlig überrumpelt, dass Merle sie so offensiv anbluffte. Die Antwort war ihr viel zu schnell gekommen, auch Merle merkte das. Sie sah Hitomi direkt an, mit ihrem kalten, hasserfüllten Blick. Was sollte sie nur sagen? Sie versuchte sich zurück zu erinnern, an diesen Abend vor 3 Tagen in Tokio. Sie konnte noch genau fühlen, wie sie mit Tomu dort auf dem Sportplatz kauerte und sich ihre Haare aufstellten, von der elektrischen Spannung in der Luft. Sie hatte noch genau die Form des Elmsfeuer vor Augen, kurz bevor der Blitz in den Baum einschlug und ihr die Luft aus den Lungen nahm. Als dann auch noch das Erdbeben einsetzte und Tomu neben ihr zusammenzubrechen schien, hatte sie intuitiv gehandelt. Es gab keinen anderen Ausweg, und sie hatte das einzig mögliche getan, um Tomu und sich selbst zu retten: Sie hatte an Van gedacht. Völlig unbewusst zwar, aber sie hatte es getan. In diesem Moment war Van der einzige der ihr helfen konnte. Und dann war sie auf Gaia gelangt, und sie waren gerettet. Aber konnte sie das Merle sagen? Sie rief sich Allens Worte ins Gedächtnis: "Van hat sich wegen dir zurückgezogen und Merles Traum zunichte gemacht. Und jetzt hasst sie dich, vielleicht noch mehr als Van..." Hitomi räusperte sich. Jetzt galt, es ruhig zu bleiben... "Ja, ich denke schon. An diesem Tag war ein heftiges Gewitter in meiner Heimatstadt. Die Erde bebte, und ich befand mich mit Tomu in einer... Notsituation. Alles um uns herum schien zusammen zu brechen, und ich wünschte mir nichts mehr, als von dort zu verschwinden. Und ja, ich habe vermutlich unbewusst an Gaia gedacht...", sagte sie und sah flüchtig zu Van hinüber, der sie nun anstarrte, gebannt darauf wartend, bis sie endete. "Und auch an Van...", fügte sie dann noch schnell hinzu. "NEIN!" Van schlug mit der Faust auf die Tischplatte und funkelte sie wild an. "An mich willst du gedacht haben? Das kann ich mir nicht vorstellen!", schrie er aufgebracht, sodass der ganze Tisch augenblicklich verstummte. "Majestät...", sagte Kobe warnend von der Seite. "Spar dir dein Majestät!", fauchte Van. Dann stand er auf und sah zornesrot auf Hitomi hinab. "Ich weiß nicht, warum du wieder hier aufgetaucht bist, aber ich möchte ganz bestimmt nicht der Grund dafür sein! Du kannst meinetwegen wegen Allen, Millerna oder sonst wem wieder hier sein, aber nicht wegen MIR!!" Seine braunen Augen schienen wie Kohlen zu glühen, so voller Zorn waren sie. "Das erlaube ich dir nicht Hitomi! Nicht nach all der Zeit! Du kannst nicht einfach hier aufkreuzen und so tun, als wäre nichts passiert!", fügte er noch laut hinzu. Das war aber zuviel für Hitomi. "Was bildest du dir eigentlich ein?! Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht die Absicht hatte, hierher zu kommen! Ich habe das keineswegs geplant! Es war eine NOTSITUATION!", schrie Hitomi in der gleichen Lautstärke zurück. Zur Unterstreichung ihrer Wort fuhr sie mit einer Geste so heftig durch die Luft, dass sie ihr Weinglas umschmiss, sodass es klirrend auf der Tischplatte zerbrach. Kobe stockte kurzzeitig der Atem, aber Hitomi wollte sich nicht davon ablenken lassen. "Man kann entweder, wie du damals, durch einen Zufall, durch Schicksal nach Gaia oder auf die Erde gelangen, oder aber durch seine Wünsche! Ich habe es mir gewünscht, aber nicht um zu dir zurückzukehren!", sagte sie laut, und wusste schon in der nächsten Sekunde, dass das ein großer Fehler. "Und das sagst du mir ins Gesicht?! Wir wollten immer in Kontakt bleiben Hitomi! Du wolltest mich niemals vergessen! Ja, das waren deine Worte, als du damals gegangen bist! Und jetzt sitzt du hier und sagst mir noch dazu, dass du nie absichtlich .... Absichtlich zu mir zurückkehren wolltest!" Van geriet völlig in Rage und die Situation eskalierte allmählich. Kobe starrte mit Tellergroßen Augen auf die beiden Streitenden, Allen war nahe dran sein Schwert zu ziehen und Merle sah so aus, als würde sie sich gleich auf Hitomi stürzen wollen. Die jedoch, sah es nicht ein, nun kleinbei zu geben. "Das stimmt so nicht Van! Ich habe dich ja nicht vergessen, ich wollte nur nicht an dich denken, um mir den Schmerz zu ersparen! Was hätte ich denn sonst tun sollen? Wir hatten beide unser eigenes Leben, als sah ich darin die einzige Möglichkeit!", sagte sie aufgewühlt. Van setzte schon zum Gegenschlag an, aber nun mischte sich auch, mit angelegten Ohren, Merle in den Wortkrieg mit ein. "Das ist doch nicht zu fassen...", sagte sie langsam und so voller Abscheu, dass Hitomi ein regelrechter Kälteschauer über den Rücken jagte. "Du sitzt hier, und erzählst uns, dass du den Kontakt zu Van abbrechen musstest, nur weil du das für logischer empfunden hast, Hitomi? Wo ist denn da die Logik?! Hast du vielleicht auch nur eine Sekunde daran gedacht, was das für Auswirkungen haben kann? Van wurde dadurch zu einem anderen Mensch...", sagte Merle, fauchende wie eine wütende Wildkatze. "Die Konsequenzen waren fatal! Van, der tapfere und gutmütige König von Farnelia war verschwunden... Stattdessen ist da nun ein kaltherziger, egoistischer Holzblock, dem es nichts ausmacht, seine Freunde zu verraten!" Merle stand auf und verengte ihre Katzenaugen zu Schlitzen. "Verabscheuungswürdig!", spottete sie. "Wag es ja nicht, mich so zu nennen!", schrie ihr Van entgegen. Währenddessen schien Kobe einer Ohnmacht nahe. Er klammerte sie an seine Stuhllehne und starrte mit glasigen Augen auf das Geschehen. Hitomi tat das richtig leid und sie wollte schon aufstehen und das ganze endlich beenden, als sie von Merles Hasserfüllten Augen ergriffen wurde. Merle hatte den Blick in ihre Richtung die ganze Zeit gemieden, und Hitomi wusste jetzt warum: Die einst so strahlenden, Himmelblauen Augen, schienen mit dunklen, Wutgeladenen Wolken verhangen zu sein. Wie ein Gewitter ruhten sie auf Hitomi und blitzten zu ihr herüber. "Nein Van, ich werde nichts mehr gegen dich sagen. Ich kann gar nichts sagen, denn du hast wahrscheinlich das einzig Mögliche getan, um deine tiefe Enttäuschung zu überwinden, das wird mir soeben bewusst...." Ihre Pupillenschlitze waren nur nun nur noch Striche. "Schuld ist Hitomi. Weil sie so selbstsüchtig war, musste Van seine Persönlichkeit aufgeben, und ICH fast meinen Traum!", schrie sie und ihre Verzweiflung steigerte sich. "Du hättest beinahe alles zunichte gemacht... Zum Glück, konnte ich mich vor einem größeren Schaden bewahren....", sagte sie eiskalt. "Merle, lass mich doch erklären...", versuchte Hitomi zu erwidern, obwohl sie bereits merkte, wie sich ein Loch in ihr Auftat. Ein Loch, in das sie zu fallen drohte. "SEI STILL!", schrie ihr Merle entgegen. "Ich werde nicht versuchen, meine Wut zu zügeln, denn jetzt ist die Gelegenheit, um den über 18 Jahre angestauten Frust zu entfesseln..." Sei hielt noch einmal inne, bevor sie zum Showdown ansetzte. "Ich hoffe wirklich, Hitomi, dass Van so schlau ist, und sich nicht von deinem Erscheinen blenden lässt. Ich für meinen Teil fühle große Genugtuung, wenn ich daran denke, wie hart es für dich hier werden wird... Du hast fast das Leben zweier Menschen zerstört, denke immer daran", sagte sie im unerbittlichen Ton. Dann gab sie Nouga, der den Streit durchweg mit gleichgültigem Blick verfolgt hatte, zu verstehen, dass sie vorhatte zu gehen. Er stand auf und sie wandten sich ab. Bevor Merle den Speisesaal verlies, warf sie Hitomi noch einen letzten, kalten Blick zu. "Du bist für mich nicht mehr das Mädchen vom Mond der Illusionen, welches einst meine Freundin war, du bist zu einer Frau geworden, mit der ich nichts mehr zu tun haben will...", sagte sie und verschwand hinter Nouga durch die Tür. Fünfzehn Minuten später saß Hitomi auf ihrem Bett. Sie hatte es keine Moment länger im Speisesaal ausgehalten, nach dieser Demütigung. Den letzten Blick von Seiten Merles würde sie wohl nie vergessen... Er würde sie in ihren Träumen verfolgen und ihr immer bewusst machen, dass sie an allem Schuld war. Das war ihr nun klar... Wie hatte sie nur so naiv sein können, zu glauben, dass sie Van wieder zu dem machen konnte was er einst war? Das war unmöglich, ein Witz! Er hatte sie so angeschrien, mit diesen Augen, die früher vor Lebensmut glänzten. Vielleicht war das auch, weil er vom Volk des Drachengottes war. Diese Kaltherzigkeit, war dies eine Eigenschaft, typisch für das atlantische Volk? Nein, vermutlich nicht... Van war so, nur wegen ihr, und sie konnte es nicht wieder gut machen, egal was sie sagte... Hitomi machte sich daran, ihr Kleid auszuziehen, was alleine sogar sehr gut ging. Sie hing den fließenden grünen Stoff über eine Stuhllehne, löste ihre Frisur auf und verkroch sich im weißen Unterkleid in ihr Bett. Es war eigentlich noch gar nicht spät, und Kobe würde die anderen Gäste nach dieser fürchterlichen Szene im Speisesaal wohl dazu animieren, den Abend noch ein wenig mit Wein und Bier ausklingen zu lassen. Sie konnte sich jedoch dort unten nicht mehr blicken lassen. Tomu streunte wohl mit Miguel noch ein wenig im Schloss herum, doch das war völlig ok. Er musste von all ihren eigenen Problemen nichts mitkriegen... Hitomi zog die Decke enger um ihren Oberkörper und wälzte sich ein wenig herum, bis sie eine geeignete Stelle zum einschlafen gefunden hatte. Müde war sie allerdings nicht, dazu ging ihr zuviel im Kopf herum. Merle hasste sie, Van ebenso und bis auf ihre anderen Freunde, schien der Aufenthalt auf Gaia nicht sehr rosig zu werden... Hitomi war wirklich ratlos. Sie wusste nicht, wie sie es anstellen sollte, Van zu beruhigen oder wie sie es überhaupt schaffen soll, sich selbst zu beruhigen. Sie war innerlich so aufgewühlt, als hätte sie zuviel Koffein getrunken. Sie wusste nicht, was sie fühlte. Einerseits fühlte sie sich offensichtlich zu Van hingezogen und andererseits hatte sie schreckliche Angst davor ihm zunahe zu kommen. Es war so verwirrend! Sie hatte ihn einmal geliebt, richtige geliebt, das wusste sie, aber jetzt konnte sie nicht an eine Wiedereinkehr dieser Gefühle glauben... Es tat so weh zu sehen, wie Van litt, aus völlig falschen Gründen. Er war verzweifelt gewesen, und nun, im Nachhinein, wünschte sich Hitomi nichts sehnlicher, als dass sie damals bei ihm gewesen wäre. Sie würde es alles rückgängig machen, wenn sie das könnte. Das würde sie, ganz sicher... Trotz all dieser Gefühle, fiel Hitomi nach einiger Zeit in einen unruhigen Schlummer. Doch schon nach knapp 2 Stunden wachte sie wieder auf. Sie schreckte hoch und sofort stieg ihr der Geruch von Schweiß in die Nase. Sie spürte, wie ihr das Unterkleid am Körper klebte und ihr noch dazu der Magen knurrte. Sie fühlte sich plötzlich richtig ausgezehrt, so als hätte sie im Bett gekämpft, anstatt zu schlafen. Sie hatte eindeutig zu wenig gegessen... Vorsichtig glitt sie aus dem Bett. Draußen war es nun schon komplett finster und die Sterne funkelten am Firmament. Tomu war auch schon da. Sie hörte seinen gleichmäßigen Atem von der anderen Zimmerseite herüber. Er schlief tief und fest und Hitomi stand auf, um ihre schmerzenden Glieder auszustrecken. Es musste ungefähr Mitternacht sein und ihr Magen lies abermals verlauten, dass nicht eher Ruhe gab, bevor er etwas zu essen bekam. Hitomi dachte an die Massen von Kartoffelpüree und die vielen Salate, die vom Abendessen übrig geblieben waren und erneut durchfuhr sie ein Hungerkrampf. Sie ging zum Schrank und durchsuchte ihn mit müden Augen nach irgend etwas zum Umhängen. Sie würde einfach in die Küche gehen und irgendetwas zu essen holen. Sicher war noch irgendjemand wach... Sie fand einen flauschigen Umhang und zog ihn sich um den Körper. Dann ging sie Barfuss und auf Zehenspitzen zur Tür und schlich möglichst lautlos hinaus. Auf dem Gang war es dunkel, nur das Mondlicht schien durch das bunte Glasfenster und warf lange streifen auf den Steinboden. Hitomi bewegte sich nach links zur Treppe, die mit Fackeln beleuchtet war. Vorsichtig stieg sie hinunter und huschte auf dem kalten Boden durch die Eingangshalle. Die Küche lag noch eine Ecke weiter, durch einen schmalen Bogen in einen weiter Gang hinein. Sie trat in den Gang, der parallel zum Speisesaal lag und bewegte sich zielstrebig weiter, durch das dämmrige Gemäuer. Der Gang musste noch vom alten Grundriss des Schlosses stammen, bevor Farnelia abgebrannt ist, denn die Steine waren alt, abgenutzt, und die Pilaster, die den Gang immer wieder gliederten, wirkten ziemlich brüchig. Am Ende gabelte sich der Gang. Nach links vermutlich in die Küche und nach rechts wohl zum Speisesaal. Hitomi wandte sich nach links, hielt jedoch inne, als sie die Küchentür aufgehen hörte und zwei Stimmen bemerkte, die ihr sofort bekannt vorkamen. "Hier können wir reden...", lies Allen im Flüsterton verlauten. "Ja, aber nicht mehr lange. Nouga und ich wollen morgen in aller Frühe abreisen...", erwiderte Merle. Merle und Allen! Was machten die hier um diese Zeit? Hitomi ward sofort alarmiert und zog sich zurück in den Gang, hinter eine der Pilaster, die glücklicherweise tiefe, dunkle Schatten warfen. Sie presste sich mit dem Rücken gegen die Wand, so weit wie möglich in den Schatten und hörte wie sich die Schritte der beiden näherten. "Also, hast du etwas von ihr gehört?", wollte Allen wissen, und seine Stimme klang irgendwie hohl, viel zu hoch für ihn. Merle zögerte die Antwort ein wenig heraus, sagte jedoch dann bedauernd: "Tut mir leid, Allen, nichts..." Hitomi hätte zu gern ihren Blick sehen wollen, wagte es aber nicht, aus dem Schatten des Pilasters heraus zu treten. "Bist du dir sicher? Ich meine, bist du auch alle Möglichkeiten durchgegangen?", fragte Allen nach und Hitomi meinte, Verzweiflung zu hören. "Ja, doch Allen, glaub mir... Wir haben sie 3 Monate lang überall gesucht, jeden Winkel der Umgebung. Nouga ist sogar bis zu den Schneekuppen des Nordgebirges vorgedrungen... Nichts..." Merles Schritte kamen näher und Hitomi sah ihren Schatten auf dem Boden. "Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Wir haben kein Lebenszeichen von ihr gefunden, Allen, es tut mir leid." Merle zögerte wieder, und ihre Stimme klang so einfühlsam, so ungewohnt leidenschaftlich. "Allen... Ich trau mich fast nicht das zu sagen, aber ich glaube, sie ist... tot...", sagte sie dann ganz langsam. "Nein! Das kann ich nicht glauben!", rief Allen heiser aus. "Aber niemand konnte sie finden, Allen! Weder wir vom Katzenvolk, noch das Wolfvolk. Sie haben ebenfalls ihre Fährte aufgenommen, sie jedoch mitten im Wald verloren... Allen, es gibt keine andere Möglichkeit. Kein Mensch kann in 2 Tagen weiter als bis an die Grenze des Gebirges kommen, egal in welche Richtung... Wir hätten sie gefunden, glaube mir..." Merle schien traurig und bewegt. Ebenso wie Allen. Hitomi hörte, wie er unnatürlich laut aufatmete, nur um seine Gefühle zu unterdrücken. "Ich will es nicht glauben, Merle... Wieso musste das passieren? Mit ihr verbrachte ich die schönsten beiden Wochen meines Lebens! Und dann ist sie einfach verschwunden? Warum, wegen mir?" Allens Stimme war verzweifelt, gekränkt und so beängstigend untypisch für ihn. Was ging da nur vor? "Ganz bestimmt nicht wegen dir, Allen... Du hast sie geliebt, das hat jeder gesehen... Sie wollte nie gehen, das hat sie mir oft gesagt. Ich habe den schlimmen Verdacht, dass irgendetwas schlimmes passiert ist...", erzählte Merle leise. Hitomi fühlte richtig die tiefe Trauer, die von Allen ausging, durch den ganzen Gang. Was war das los? Über wen redeten die beiden? Und was hatte Allen damit zu tun? "Ja, ich habe sie wirklich geliebt... Ich wollte sie heiraten Merle!", sage Allen. "Ich weiß...", erwiderte Merle. "Du kannst jederzeit zu mir kommen, Allen, falls irgendetwas ist... Ich habe mein möglichstes getan, und ich wünschte, es wäre anders verlaufen..." "Ich auch..." Die beiden entfernten sich, an Hitomi vorbei, in Richtung Eingangshalle, leise murmelnd. Hitomi wartete noch ein paar Augenblicke, bis sie ihre Stimmen nicht mehr hörte. Erst dann traute sie sich aus ihrem Versteck hervor. Was sie da soeben gehört hatte, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie vergas sogar, dass sie eigentlich Hunger hatte. Sie spürte genau, dass sie eben bei etwas sehr wichtigem gelauscht hatte, bei etwas, wobei Allen und Merle zusammenhielten. Vermutlich war auch das der Grund, weshalb Allen so gut über Merle bescheid wusste. Sie hatten wahrscheinlich öfter miteinander zu tun gehabt... Doch wer war diese Frau, von der in dem Gespräch die Rede war? Was war mit dir geschehen? Und warum hatte Allen nichts davon erwähnt, mit keiner Silbe? Alles ungelöste Fragen, auf die Hitomi eine Antwort wollte. Die Auflösung lag wahrscheinlich in den 20 Jahren, die Hitomi verpasst hatte. Die 20 Jahre, die sie gern zurückhaben wollte... ------------------------------------------------------ Nachwort: Also, leut was sagt ihr? Ich möchte das ganze mal kurz kommentieren. Für die, die gerne Liebesgeschichten und etwas anrüchigere Szenen lesen, (so wie ich... *gg*), ihr müsst nicht mehr lange warten. Es geht ja letztendlich doch um Van und Hitomi und die beiden WERDEN irgendwann zusammenfinden. nur geduld! Aber ich werd schon bald mal etwas romantischeres einbauen, wenn die Zeit reif ist... Dornfels is ja immer noch ein scheidepunkt. Und das will ich so! Ihr sollt euch richtig den Kopf über ihn zerbrechen! Es soll noch nicht klar werden, was seine Absichten sind... die kommen schon noch früh genug hervor... Und merle, naja, sie hasst Hitomi, das ist offensichtlich. Und so hart dieses Szene im speisesaal erscheinen mag, es hält sich ja noch in Grenzen, oder? Wir werden Merle auf jeden FAll wieder sehen, keine sorge... ok. soweit so gut. Ich habe euch letztes mal auf die Charakterbeschreibung aufmerksam gemacht. Hat sie irgendjemand von euch angesehen? Ich wills nochmal wissen: Wie findet ihr Bilder? stellt ihr euch die charas ungefähr so vor? Ich habe die Bilder auch nur hochgeladen, für die, dies einfach wissen wollen. Wenn ihr aber selbst genug fantasie habt, alles charas gut vor eurem geistigen Auge zu sehen, bin ich natürlich noch mehr zufrieden. dann braucht ihr euch die bilder gar nicht ankucken... *gg* Was mich noch interessieren würde: Welchen chara findet ihr bis jetzt am interessantesten? habt ihr einen Favouriten? also, falls ihr im kommi nichts weiter wisst als "schreib schnell weiter", dann könnt ihr ja auf meine Fragen eingehen, wenn ihr wollt. Bis zum nächsten kap! Wird diesmal aber sicher n bissl dauern, weil in meinem kopf grade andere dinge herumspucken... ^---------^ mata ne, Chiyo-san Kapitel 12: Feuer und Luft -------------------------- Hallohallo... ok. diesmal spar ich mir ein großes vorwort... hat diesmal wirklich etwas gedauert, aber da ich heute birthday habe und die ganze letzte woche stress pur war mit lauter party-vorbereitungen, könnt ihr ganz froh sein, heute überhaupt ein kapitel lesen zu können... *gg* bis zum nachwort! Chiyo-san --------------------------------------------- Kapitel 12: Feuer und Luft Eine Woche war vergangen, seit den unbequemen Ereignissen auf dem Bankett. Alle Gäste waren abgereist, bis auf Dryden, Millerna, Miguel und Allen. Keiner hatte den Vorfall mehr mit großen Worten erwähnt und Hitomi versuchte, darauf vor den anderen nicht zu sprechen zu kommen. So war die 20-Jahr-Feier doch noch einigermaßen harmonisch ausgeklungen und Farnelia konnte sich wieder dem Alltag zuwenden. Hitomi hatte diese Woche ganz gut überstanden, indem sie sich mit Tomu beschäftigte, mit Millerna lange Spaziergänge unternahm oder mit Brisaeye in der Küche plauderte. Van war sie, so gut es eben ging, aus dem Weg gegangen. Nur zwei mal hatte sie ihn kurz angetroffen, wobei sie aber kein Wort miteinander gesprochen hatten. Hitomi spukten immer noch Merles Anschuldigungen im Kopf herum und das wusste Van nur zu gut... An diesem Morgen wachte Hitomi mit einem stechenden Muskelkater in den Beinen auf, denn am Tag zuvor hatte sie mit Tomu ein wenig im Schlossgarten trainiert. Obwohl ihr jetzt die Glieder schmerzten, hatte das Sprinten sehr gut getan. Ihr Kopf war plötzlich völlig befreit von allen Gedanken gewesen. Es zählte nur der Lauf. Der Lauf mit dem Ziel vor Augen. Alles andere, Van, Merle, Gaia, war in diesen Moment vollkommen unwichtig gewesen... Bei einem Lauf konnte sich Hitomi wahrlich am meisten entspannen, alles aus ihrem Kopf verbannen. Nur der Körper war wichtig, das ständige Anspannen der Muskulatur und Bänder, die Venen, durch die das Blut pochte, und die Lungen, die gierig Luft einsogen. Erst wenn man gelaufen war, wurde man sich seines Körpers völlig bewusst... Da war ein Muskelkater ein akzeptabler Nebeneffekt. Hitomi setzte sich an die Bettkante und streckte sich erst einmal kräftig durch. Dann stand sie auf und bewegte sich steif und schlaftrunken ins Badezimmer. Sie betrachtete sich im Spiegel und versuchte ihre wirren Haare etwas zu ordnen, bevor sie sich wieder ins Zimmer wagte. Tomu schlief noch. Und Hitomi wollte ihn nicht dabei stören. Sie zog sich das schlichte, rostrote Kleid an, welches ihr Brisaeye am Tag zuvor gegeben hatte und schlüpfte raus auf den Gang. Sie würde einfach in der Küche frühstücken... Wenig später fand sich Hitomi in dem düsteren Gang wieder, wo sie am Abend des Banketts Merle und Allen belauscht hatte. Bis jetzt hatte sie noch nicht herausgefunden, war diese mysteriöse Frau war, die Allen anscheinend sehr viel bedeutete... Aber alles zu seiner Zeit... Hitomi öffnete die Tür zu Küche und trat ein. Die Küche schien für dieses pompöse Schloss fast ein wenig zu klein, doch das lag vermutlich an der niedrigen Decke. Sonst herrscht hier eine ganz herrliche Atmosphäre. Köche standen an riesigen Töpfen, in welchen die verschiedensten Gebräue brodelten. Ein mit Ruß beschwärzter Junge kam gerade zur Hintertür herein, mit einem Arm voll neuem Brennholz. Auch rannten einige der Hausmädchen aufgeregt hin und her, nur Brisaeye stand gelassen an dem großen, klobigen Tisch und stellte ein Glas Marmelade auf ein Tablett. "Guten Morgen, Hitomi... Ich wollte gerade zu ihnen hoch gehen...", meinte Brisaye schmunzelnd, jedoch ohne auf zu sehen. "Morgen...", murmelte Hitomi und trat neugierig näher. "Ich weiß auch nicht, ich bin heute irgendwie zu früh augewacht..." "Na dann... Dann können sie ja gleich hier frühstücken... Tomu bringe ich dann später etwas mit...", sagte Brisaeye und lächelte Hitomi wohlwollend an. "Brisaeye... Ich habe dich doch gebeten, mich zu duzen... Wenn sich das Tomu schon nicht angewöhnen will...", ermahnte Hitomi sie und setzte sich an die Stirnseite des Tisches. "Na gut... Ich werde es mir merken..." Brisaeye lächelte und wandte sich dann ab, um Hitomi ein Frühstück zu bringen. Keine 2 Minuten später standen bereits Brot, Marmelade, Quark, Obst und frischer Tee vor ihrer Nase und Hitomi griff hungrig zu. "Und sonst? Alles in Ordnung?", fragte Brisaeye und setzte sich zu ihr. "Alles in Ordnung, denke ich...", meinte Hitomi und biss in ihr Brot. Sie beobachtete Brisaeyes Profil von der Seite und irgendwie durchströmte sie dabei ein wohliges, zufriedenes Gefühl. Brisaeye war eine sehr liebe Person, und obwohl sie es noch nicht richtig erwähnt hatten, war Hitomi sich doch fast sicher, dass bereits gute Freundinnen waren und vielleicht noch bessere werde würden... Sooft Brisaeye die letzte Woche in Hitomis Zimmer war, hatten sie über irgendetwas geredet, worüber man sonst eigentlich nur mit einer Freundin sprach. Und das gute war, Hitomi musste Brisaeye nicht irgendetwas verheimlichen oder darauf aufpassen, keine unbedachte Bemerkung von Van oder sonst jemandem zu machen. Sie konnten ganz offen miteinander sprechen... Das lag vermutlich einfach daran, dass Brisaeye Hitomi früher nicht kannte. Sie wusste nicht, was damals alles passiert war, als sie zum ersten mal auf Gaia war, und sie kannte auch nicht die Umstände, warum sie nun wieder hier war. Brisaeye kannte Hitomi nur jetzt, so wie sie jetzt war... Sie musste sich keine schräges Urteil bilden und hatte auch keine Vergleichsmöglichkeit mit der Hitomi von früher. Hitomi hatte einfach das Gefühl, sie konnte ihr alles anvertrauen, alles was sie mit Allen oder Millerna einfach nicht besprechen konnte. Es wunderte sie selbst, dass ihr Instinkt ihr sagte, dass sie Brisaeye vertrauen konnte. Wenn sei daran dachte, dass sie fast 10 Jahre ihres Lebens keine richtige Freundin mehr gehabt hatte... Denn Yukari, ihre einzige, beste Freundin war mit 20 aus Tokio weggezogen. Sie hatte Amano geheiratet und jetzt lebten sie in Europa. Vielleicht konnte Brisaeye nach so langer Zeit so etwas wie ein Ersatz dafür werden... Brisaeye sah sie nun mit ihren schwarzen, funkelnden Augen an, schien sie zu hypnotisieren... "Bist du sicher? Ich meine, dass alles in Ordnung ist?", hackte sie nach und griff das Gespräch wieder auf. Hitomi überlegte im wusste sofort wovon ihr Gegenüber sprach. "Falls du auf Dornfels anspielst... Dann ist alles in Ordnung, ja...", versicherte sie ihr. Hitomi hätte am liebsten nie wieder daran gedacht... "Hast du an ihn denken müssen?", fragte Brisaeye erneut. "Um Gottes Willen, NEIN!", bluffte Hitomi zurück und nahm einen tiefen Schluck von ihrem Tee. "Ich sage dir, dieser Mann ist mir nicht geheuer und ich dieser Kuss hat mir rein gar nichts bedeutet..." Hitomi rief sich den Tag nach dem Bankett ins Gedächtnis, als die meisten Gäste abreisten. Sie hatte sich von allen verabschiedet, so wie es sich gehörte, auch von Dornfels. "Auf Wiedersehen, Präsident...", hatte sie zu ihm gesagt, als sie im Schatten der wuchtigen Kutsche standen und ihm die Hand gehalten. Sie erinnerte sich nicht daran, in irgendeiner auffordernden Tonlage gesprochen zu haben oder ihn irgendwie in die Augen gesehen zu haben. Sie wurde im Gegenteil abermals von einem Schauer ergriffen und wollte so schnell wie möglich vor Dornfels ausgeprägter Aura fliehen, doch Dornfels bemerkte anscheinend nichts davon. Stattdessen hatte er sie am Arm gepackt und sie kurz, aber hart geküsst. Seine Lippen waren kalt gewesen und hatten sich wie ein Wand, ohne jede Sensibilität gegen ihren Mund gepresst. "Ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen, mein Mädchen aus Atlantis...", sagte er dann mit seiner tiefen, dominanten Stimme. Dann hatte er sich auch schon abgewandt, war auf den Wagen gestiegen und wurde davon kutschiert. Hitomi wäre ihm am liebsten nach gerannt, um ihm eine deftige Ohrfeige zu geben. Wie hatte er es wagen können! "Gut... Dann können wir uns ja erfreulicheren Dingen zuwenden...", meinte Brisaeye und lehnte sich zurück. Hitomi hingegen fühlte sich plötzlich schuldig, als hätte sie etwas verbrochen. Sie wusste nicht mal, ob jemand von den anderen den Kuss beobachten hatte! Was wenn Van sie gesehen hatte? Oh, das würde sie um mindestens 5 Punkte auf seiner Sympathie-Skala zurückwerfen. Falls sie überhaupt schon über einen Punkt hinaus gewesen war... "Brisaeye, bitte halte mich nicht für eingebildet! Ich habe Dornfels in keinster Weise dazu aufgefordert mich zu küssen... Geschweige denn, dass ich ihn auch nur irgendwie an mich herangelassen hätte... Ich fand den Mann schon vom ersten Moment an seltsam, sogar suspekt und ich wusste nie, was ich bei ihm denken soll... Er hat sich mir einfach aufgedrängt...", sagte Hitomi, etwas bedrückt. "Und zu allem Übel hab ich jetzt ein schlechtes Gewissen..." "Gegenüber unserem Sonnenschein von König?", fragte Brisaeye und ihre wissenden Augen fixierten Hitomi. "Ich denke schon...", erwiderte diese. "Nur keine Sorge... Der Präsident ist jetzt in Zaibach und sie werden ihn wahrscheinlich ewig nicht wiedersehen. Also vergessen sie den Vorfall und blicken sie nach vorne...", meinte Brisaeye aufmunternd. "Danke...", sagte Hitomi und legte Brisaeye eine Hand auf den dunklen, schokobraunen Arm. "Aber sag trotzdem Du zu mir..." Brisaeye fing an zu lachen und Hitomi musste, wie schon so oft, spontan mit einstimmen. Nachdem Hitomi in Ruhe gefrühstückt hatte, verließ sie gemeinsam mit Brisaeye die Küche. "Ich bringe Tomu jetzt sein Frühstück... Wir sehen uns später?", meinte Brisaeye und wandte sich in der Einganshalle Richtung Treppe. "Alles klar. Ich gehe inzwischen in den Schlossgarten..." Hitomi winkte ihrem "Zimmermädchen" und wandte sich in die andere Richtung, in Richtung Portal. Sie war schon voller Vorfreude nach draußen zu kommen, denn später hatte sie sich dort mit Allen verabredet. Und wenn alles gut ging, würde sie heute vielleicht etwas aus ihm herausbekommen... Sie öffnete die schwere Tür zum Thronsaal, durch den sie gehen musste, um nach draußen zu kommen. Es standen immer noch die Stühle vom Gästeempfang herum. Nur würden sobald wohl keine Gäste mehr kommen... Hitomi hielt sich nicht lange damit auf und bewegte sich schnurstracks nach rechts zum Portal. Dahinter waren nur noch die Treppen, der Gang und dann würde sie schon draußen sein. Aber das war ich nicht vergönnt. Als sie nämlich einen kurzen, unbedeutenden Blick entlang des Saals zum Thron warf, sah sie das Unheil in Person: Van Farnel, der König selbst, saß reglos auf seinem Thron, ohne ein Geräusch von sich zu geben. Anscheinend hatte er gehofft, Hitomi würde Non-Stop an ihm vorüber gehen. "Was machst du denn hier?!", platzte es aus ihr heraus, wofür sie sich im nächsten Moment schon wieder verfluchen wollte. "Das geht dich gar nichts an...", antwortete Van, übellaunig wie immer. Das war nun wirklich zu erwarten gewesen... "Die bessere Frage ist, was DU hier machst...", fuhr Van fort. Spätestens jetzt hätte Hitomi merken müssen, dass dies der angemessene Moment wäre, um dezent zu verschwinden. Einfach nur um Van die Genugtuung zu verderben und ihn ihm Regen stehen zu lassen. Aber natürlich verpasste Hitomi diesen Moment. "Das geht nun wiederum dich nichts an...", entgegnete sie. Dabei bewegte sie sich unbewusst auf den Thron zu. Ihr Körper tat genau das Gegenteil von dem, was ihr Geist wollte! Dabei hatte es bis jetzt so gut geklappt, Van aus dem Weg zu gehen, eine weitere Diskussion zu vermeiden. Er wirkte einfach wie ein Magnet auf sie! Er zog sie, wohl völlig unbewusst, zu sich heran. "Ich habe dir schon einmal gesagt, du sollst nicht so mit mir sprechen! Ich bin schließlich der König!", schrie ihr Van entgegen und Hitomi konnte erneut diese extreme Spannung in der Luft spüren. "Und ich habe dir schon einmal gesagt, dass mir das egal ist, denn für mich bist immer noch Van...", konterte sie geschickt. "Und das kannst du noch so einfach sagen, nach dem Vorfall beim Bankett? Hast du keine Würde?", sagte er laut und stand von seinem Thron auf. "Vermutlich habe ich davon mehr als du..." Doch da war sie sich nicht so sicher. Sie fühlte sich immer noch zutiefst gedemütigt, wenn sie an all das dachte, was Merle zu ihr gesagt hatte. Aber sie konnte jetzt unmöglich vor Van kleinbei geben.... "Ich habe nicht damit angefangen, an jenem Abend. Ich habe nichts weiter gesagt als die Wahrheit...", rechtfertigte sie sich, wobei sie noch weiter auf ihn zutrat. Van tat es ihr gleich und stieg die Treppen von der Thronerhöhung herunter, immerzu mit einem unerbittlichen Blick auf ihr. "Und auch ich habe die Wahrheit gesagt. Und ich bin im Recht, Hitomi! Ich war derjenige, der unter deiner Entscheidung zu leiden hatte... Somit ist alles, was Merle gesagt hatte, ganz und gar richtig..." Er stand nun direkt vor ihr. "Egal was du sagst, nichts wird meine Meinung über dich ändern...", sagte er in einem Tonfall, der so voll jahrelang aufgestautem Frust war, dass es Hitomi einen Schauder durch den Körper jagte. "Du hast völlig Recht Van, mit allem, was ich getan habe. Ich habe mich von dir abgewandt, ich war es, die deine Gefühle verraten hat...", sagte Hitomi leise und behutsam. Sie wollte nicht mehr ständig streiten. Vielleicht konnte sie Van auch mit ganz vernünftigen Argumenten überzeugen... Sie war ihm nun so nah, dass sie regelrecht spürte, wie sie seine feurige, rote Aura berührte. Die Magnetwirkung war immer noch da, sogar unbeschreiblich stark, als sie ihm in die braunen Augen schaute. "Aber was ist mit meinen Gefühlen Van? Glaubst du vielleicht, ich hatte es leicht? Du kennst meinen Planeten nicht und du kennst auch mein Leben nicht. Du weißt nicht, wie viel Überwindung es mich gekostet hat, diese Entscheidung zu fällen....", sagte sie und tat etwas, was völlig unbewusst geschah. Sie hob ihre rechte Hand, ganz langsam, und berührte Vans Wange. Zwar nur behutsam, aber sie spürte seine Wärme und die kleinen, schwarzen Bartstoppeln auf dem Kinn. Sie hätte ihre Hand ewig dort liegen lassen können und irgendwie, aus irgendeinem unerfindlichen Grund, stieß Van sie nicht weg... Er sah sie an, intensiv und gebannt. Dieser Moment war da, er war ewig, in ihren Seelen. Aber er dauerte trotzdem nur kurz an. Als Van registrierte, was da gerade geschah, stieß er Hitomis Hand abrupt weg und sofort lag wieder diese abgrundtiefe Abneigung in seinen Augen. "Versuch es gar nicht erst, Hitomi... Meine Meinung von dir bleibt bestehen...", sagte er entfernte sich aus diesem Bann. Er wandte sich von Hitomi ab und ging den Thronsaal entlang. Hitomi, die immer noch etwas ungläubig auf dem Fleck stand, wandte sich um. "Van, so kann das doch nicht weitergehen...", meinte sie leise, und mit vollem Ernst. Van blieb stehen und sagte dann: "Wenn du vorhast, hier in Farnelia zu bleiben, dann meiden wir uns besser weiterhin..." Damit ging er durch das rechte Portal und verschwand in der großen Halle. Hitomi war nun diejenige, die sich im Regen stehen gelassen fühlte... Hitomi, mit einem gewaltigen Trauerkloß im Magen, war sehr froh, als sie endlich durch das Palastportal schritt und die morgendliche Frische einatmen konnte. Sie lauschte intensiv den Gesängen der Vögel und speicherte den Duft von frischen Gras in ihrer Nase. Vielleicht würde sie das ein wenig von ihrem Gedanken-Wirrwarr ablenken... Diese Begegnung mit Van im Thronsaal ging ihr nicht mehr aus dem Kopf... Sie war so intensiv gewesen, so kraftvoll, als wäre sie von einer salzigen Sturmböe aus dem Meer erfasst worden. Sie konnte sich das auch nicht erklären, aber entgegen all ihrer Vorsätze, fühlte sie sich sehr zu Van hingezogen... Sie wollte ihm gerne nahe sein und so ungezwungen mit ihm umgehen, wie es beispielweise Dryden und Millerna miteinander taten. Momentan war sie allerdings froh, wenn sie es irgendwann einmal schaffen würde, an ganz normales nicht-Streitgespräch mit Van führen zu können... Auch wollte sie nun nicht mehr weg von Gaia. Bis vor ein paar Tagen hatte sie sich geschworen, nach der 20-Jahr-Feier wieder irgendwie zu verschwinden, doch nun hatte sie es gar nicht mehr eilig... Wenn sie daran dachte, wieder in ihr langweiliges Alltagsleben in Tokio zurückkehren zu müssen, würde sie zehnmal lieber Tag und Nacht mit Van streiten. Dabei konnte sie zumindest sein Gesicht sehen und seine Gestalt betrachten... Hitomi schritt aus dem Innenhof hinaus in den Garten. Hier herrschte eine angenehme Stimmung und Hitomi wollte am liebsten gar nicht mehr von ihrer Bank aufstehen... Sie saß einfach nur da und dachte für ein paar Sekunden an nichts, was ihr allerdings nicht sehr gut gelang. Vor ihrem inneren Auge erschien unauslöschlich und klar Vans Profil. Warum musste sie ständig an ihn denken? Das tat gar nichts gut... Sie schlug sich dieses Bild aus dem Kopf und schaute stattdessen gen Sonne. Sie stand noch nicht sehr hoch am Himmel. Erst wenn der Berg keinen Schatten mehr warf, sollte sie sich mit Allen im Schlossgarten treffen. Bis dahin war noch etwas Zeit und Hitomi begab sich abermals, entlang des Kiespfades, in die versteckte Laube, wo sie einst von Dornfels überrascht worden war. Dort, beim angenehmen Plätschern des Brunnens, legte sie sich vorsichtig auf die Marmorbank und schloss die Augen... Bis Allen kam, konnte sie ruhig ein kleines Nickerchen einlegen.. "Hitomi! So was, da schläfst du einfach ein!" Allen kniete direkt über ihr, als Hitomi ungeschickt hochfuhr. "Was? Was ist los?", haspelte sie, mit vom Schlaf trockener Stimme. "Nichts ist los... Wir waren vor einer halben Stunde verabredet... Nur wusste ich nicht, dass du unter Schlossgarten diese alte, vergessene Laube verstehst...", meinte Allen und erhob sich. "Das tue ich auch normalerweise nicht. Nur ist das hier ein Ort, an dem man normalerweise absolut ungestört ist..." Hitomi setzte sich auf und reckte kurz ihre Glieder, bevor sie sich von Allen hochziehen ließ. "Gehen wir ein Stück?", fragte Allen und bot ihr seinen Arm an. "Gute Idee...", stimmte Hitomi zu und hackte sich beim Ritter des Himmels unter. Sie verließen die Laube, diesen versteckten Ort der Ruhe und gingen durch den Schlossgarten, der sich auf einmal doppelt so lang hinzuziehen schien. "Also Allen... Du wolltest mit mir sprechen?", begann Hitomi, um das Gespräch einzuleiten. "Ja, das wollte ich." "Um was geht es?" Hitomi ahnte zwar schon, in welche Richtung das hier gehen würde, doch wartete sie vorsorglich auf Allens Antwort. "Über dich und Van....", sagte Allen und verlangsamte seinen Schritt etwas. "Hm, das war irgendwie vorherzusehen...", meinte Hitomi scherzhaft, wobei ihr gar nicht sehr nach Scherzen zu mute war... "Es ist so, dass ich mir eben so meine Gedanken mache... Als ich dich vor 10 Tagen dort draußen im Wald gefunden habe, warst du anders als du es jetzt bist. Du hast abgestritten, dass du Van liebst, du hast gesagt, dass das alles vorbei ist und die Gaia ursprünglich für immer den Rücken kehren wolltest...", erläuterte er ihr. "Das ist alles richtig...", meinte Hitomi kleinlaut und nickte. Allen redete weiter: "Und auf dem Bankett, da wurdest du von Merle regelrecht verhört und du hast uns allen mitgeteilt, warum du dich von Van abgewandt hast. Du hast es nicht ertragen und so weiter..." Allen atmete einmal tief durch und blieb dann stehen. Er wandte sich Hitomi zu und fixierte sie mit seinen Meerblauen Augen. "Du hast gesagt, dass du den einzigen Ausweg darin gesehen hast, die Schmerzen deiner Liebe zu Van zu überbrücken indem du den seelischen Kontakt zu ihm abgebrochen hast. Einfach so...", sagte er weiter. Hitomi fühlte sich zunehmend unwohler in ihrer Haut und versuchte sich Allens Blick zu entziehen. "Ja, auch das stimmt...", sagte sie. Allen lies sie nicht entkommen. "Das Problem ist nur, ich glaube dir nicht, Hitomi...", sagte er und lies nicht zu, dass sie seiner Aura entwich. "Die Hitomi von früher, mit ihrem unerschöpflichem Mut, ihrer Leidenschaft für alle Dinge und ihrer Weisheit vom Mond der Illusionen hätte das nie getan. Sie, die nie aufgeben wollte und immer für ihrer Freunde da war, hätte es niemals zugelassen, dass ihre letzte Verbindung zu atlantischen Planet abbricht..." Hitomi riss sich von ihm los. "Allen, du verstehst das nicht!", rief sie ihm entgegen und drehte sich um. Für einen Moment herrschte vollkommene Stille. Dann legte Allen ihre seine Hand auf die Schulter und redete abermals auf sie ein. "Ich kann und will nicht glauben, dass du innerlich eine arme, leidende Frau bist. Das bist nicht du Hitomi!" "Ich kann mich doch verändert haben... Ist nicht gerade Van das beste Beispiel dafür?", meinte Hitomi. Allen seufzte. "Natürlich kannst du das... Aber wie gesagt, das glaube ich nicht... Ich glaube, dass du immer noch, tief in dir drinnen, das Mädchen von damals bist. Nur ist Van dir ein Hindernis, nicht wahr?", fragte Allen. "Wie meinst du das nun wieder?" Hitomi drehte sich um und sah ihn an. "Ich meine, dass du Van liebst. Immer noch oder erneut, wie du willst. Nur ist das gerade sehr unpassend, denn er ist ja offenbar nicht sehr gut auf dich zu sprechen..." "Da erzählst du mir nichts neues..." Hitomi ging um Allen herum und zupfte eine der zartrosa Blüten von einem großen, verknotetem Gewächs, welches sich um eine der alten, atlantischen Figuren rankte. "Weißt du Allen, du hast das sehr gut beobachtet, wirklich. Ich glaube auch das ich wieder etwas für Van empfinde, nur ist es wirklich nicht einfach das zuzugeben. Ich habe heute den ganzen Tag darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mich ganz glücklich schätzen kann, wenn Van mich überhaupt einmal ansieht...", sagte sie leise. "Das weiß ich. Und trotzdem Hitomi, dabei stellt sich mir wieder die Frage, wie es überhaupt soweit kommen konnte! Was war der Auslöser, für dieses Debakel, dass du Van aus deinem Leben gestrichen hast?" Allen fragte sie direkt und ließ es diesmal aber sogar zu, dass Hitomi nervös ein Blütenblatt nach dem anderen abrupfte. Hitomi blieb still. Wie sollte sie ihm das erklären? Wie sollte Allen verstehen, dass es schlichtweg keinen vernünftigen Grund dafür gibt? Dass sie einfach instinktiv gehandelt hatte? "Dummheit...", sagte Hitomi und drehte sich um. "Dummheit, Starrsinn und Egoismus, das waren vermutlich die Gründe, genau wie Merle es auch schon gesagt hat..." Sie sah Allen wieder genau an. "Hitomi... Bitte sag mir die Wahrheit...!", forderte Allen sie auf. "Das ist die Wahrheit! Ich selbst habe diese Entscheidung getroffen! Ich selbst habe entschieden, dass es besser ist, nie wieder an Van zu denken! Ich habe ihn geliebt, das ist richtig! Aber damals war ich 16! Bei all meiner Weisheit und Leidenschaft, wie du das so schön gesagt hast, war ich trotzdem noch fast ein Kind! Ich war jung, ich wollte nach Hause, auf meinen Planeten! Und als ich gemerkt habe, dass es nicht mehr länger geht, mit dieser ewige Sehnsucht nach Van, habe ich es einfach so entschieden!", rief Hitomi aufgebracht. "Und glaubst du, dass diese Entscheidung richtig war? Jetzt wo du älter bist?" Allen wusste genau wie er sie dran brachte... Er sah sie mit gehobenen Augenbrauen an. "Ich weiß es nicht...", erwiderte Hitomi und fühlte sich von mal zu mal unwohler. "Ach komm schon! Sag mir was war Hitomi!", forderte Allen sie abermals energisch auf. "Ist es vielleicht wegen einem anderen Mann gewesen? Hast du jemanden auf deinem Planeten kennen gelernt?" Er lies einfach nicht locker! Er sah Hitomi scharf an und wartete wie ein Fuchs auf die Antwort. Aber Hitomi dachte nicht daran, nach seiner Pfeife zu tanzen... Sie wandte sie abrupt ab und schritt den Kiesweg entlang. "Weiß du was Allen?! Ich wüsste überhaupt nicht, was dich das überhaupt angeht!", rief sie laut. "Ich will er verstehen Hitomi! Ich will verstehen, warum du diese Dummheit begangen hast!", sagte er. "Ach ja? Schön für dich! Ich sag dir mal was... Wenn dir nicht reicht, was ich dir bis jetzt gesagt habe, vergiss es! Es ist mein Leben von dem wir hier sprechen und DU hast überhaupt keine Ahnung, wie das ist auf meinem Planeten, und überhaupt musst du nichts verstehen. Denk was du willst, es geht dich nämlich eigentlich nichts an..." Hitomi war richtig in Rage und redete stur weiter. "Du treibst mich richtig zur Weisglut, mit deinen Fragen! Ich habe dir alles gesagt, was ich denke das zu sagen ist! Quäl mich doch nicht länger! Es ist doch sowieso längst Vergangenheit!", schrie sie aufgebracht. "Und einen anderen Mann gab es nicht!", fügte sie noch hinzu. Allen war wohl etwas baff, denn er wusste nicht recht, etwas zu erwidern. Hitomi ging wieder auf ihn zu, mit kurzen, energischen Schritten. "Wo wir nun über meine Vergangenheit gestritten haben und du alles aus mir herausgequetscht hast, würde ich doch gerne wissen, was es mit dieser geheimnisvollen Frau auf sich hat!", forderte Hitomi ihn nun auf und fixierte ihn diesmal. Damit war Allen wohl noch mehr überrumpelt, denn er fragte verdutzt: "Welche geheimnisvolle Frau?" Hitomi verengte ihre Augen zu Schlitzen. "Auch du hast anscheinend eine dunkle Vergangenheit, Allen... Ich habe dich und Merle am Abend des Banketts eher ungewollt bei eurem Gespräch im Küchengang belauscht...", stellte sie offen in den Raum. "Wie bitte?" Damit hatte Allen wohl nicht gerechnet, denn er riss seine Augen weit und erschrocken auf. "Du hast uns belauscht? Und hast alles gehört?", fragte Allen fassungslos. "Ja, alles. Laut und deutlich!", erwiderte Hitomi, ungewillt nun aufzugeben, wo sie doch den Fisch am Hacken hatte. "Erzähl mir, was es mit dieser Frau auf sich hat Allen! Irgendwas stimmt dabei nicht und ich will es wissen...", forderte sie. "Das geht dich gar nichts an...", entgegnete Allen kühl und wandte sich nun seinerseits ab. Hitomi schnaufte tief durch und wurde sanfter: "Du wolltest auch alles über meine Vergangenheit wissen, nun bin ich es, die wissen möchte, was in den 20 Jahren meiner Abwesenheit bei dir passiert ist..." Allen blieb stehen. Er drehte den Kopf zur Seite und einige seiner blonden Haarsträhnen, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten, fielen ihm ins Gesicht. Der Ausdruck in seinen Augen war plötzlich so unendlich traurig, dass Allen schlagartig älter aussah. Seine sonst so gut erhaltene jugendliche Fassade war verschwunden und man sah ihm zum ersten mal seine 39 Lenze an. "Sie sollte mein Leben werden... Ich habe sie geliebt und wollte sie heiraten, mit ihr Kinder haben und ein schönes Zuhause aufbauen. Ich hatte mir das jeden Tag vorgestellt, den ich mir ihr zusammen war, obwohl es nur zwei Wochen waren, die wir zusammen verbracht haben...." Er sprach leise und stockend, so als wäre jedes Wort ein Stein, der ihm zusätzlich auf die Schultern gelegt wurde. "Verstehst du Hitomi, ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass ich jemals eine Frau treffen würde, für die ich so tief empfinden würde...", sagte er und sah sie an. "Sie war die Luft, das Wasser und die Erde für mich... Und dabei ist es wirklich abstrus... Ich meine, es waren nur zwei Wochen! Zwei läppische Wochen brauchte sie, um mich völlig einzunehmen..." "Was ist dann passiert?", fragte Hitomi vorsichtig. "Sie ist verschwunden..." Allen ging langsam den Weg entlang weiter und nur war er es, der an den Blüten herum zupfte. "Sie ist einfach verschwunden... Ohne ein Wort zu sagen... Ich habe sie gesucht, genau wie Merle und das Wolfsvolk. Du hast es ja gehört, drei Monate sind seitdem vergangen und wir haben immer noch nichts von ihr gesehen oder gehört... Es ist, als hätte sie sich in Luft aufgelöst..." Hitomi holte ihn ein und ging neben ihm her. "Kein Sterbenswörtchen? Schon seltsam... Und sie kann nicht einfach nach Hause sein? Wo stammt sie her? Wie hieß sie?", fragte Hitomi hastig. Es tat ihr im Herzen weh, Allen so leiden zu sehen... Denn sichtlich meinte er jedes Wort das er sagte ernst und ehrlich... "Bitte sprich nicht in der Vergangenheit, Hitomi! Du gibst ihr damit das Todesurteil!", sagte er aufbrausend, besann sich aber dann darauf ihr eine Antwort zu geben. "Das ganze war sehr verwunderlich... Sie war eines Tages einfach da... Ich habe dir ja erzählt, dass ich Merle all die Jahre öfter in ihrem Katzendorf besucht habe, wenn Van sich schon nicht dazu durchringen konnte. Und eines Tages, als ich wieder dort hin kam um die Vorbereitungen zur 20-Jahr-Feier zu besprechen, war sie plötzlich da. Sie war eine Woche vorher einfach im Dorf aufgetaucht, verdreckt und verstört... Merle hatte sich ihr angenommen und ein Dach über dem Kopf gegeben...", erzählte er langsam. Wie er das so sagte, wurde Hitomi abermals schwer ums Herz. Allen erzählte weiter: "Ich musste sie nur einmal ansehen, den Glanz ihrer schwarzen Haares und die Undurchdringlichkeit in ihren dunklen Augen, da wusste ich, dass sie meine Zukunft ist... Es ist einfach so passiert und ihr ging es genauso!" "Also Liebe auf den ersten Blick...", sagte Hitomi. "Ja, das war es wohl... Und um deine Frage zu beantworten, ihren Namen habe ich nie erfahren, genauso wie ihre Herkunft..." "Wie bitte?", fragte Hitomi verblüfft. "Über was habt ihr denn bitte geredet?" Allen lächelte ein wenig. "Ich weiß, das klingt komisch, aber das war nicht nötig, wir mussten und nur ansehen und uns berühren, dann waren alle Worte überflüssig. Wenn überhaupt, haben wir über Dinge wie die Natur und unsere Umgebung gesprochen..." "Tut mir leid Allen, aber das kommt mir alles mehr als seltsam vor...", sagte Hitomi. "Ich weiß... Aber ich bin mir sicher, es war mein Schicksal diese Frau zu treffen, und wenn es mein Schicksal ist, sie wieder zu verlieren, dann will ich das Schicksal ändern können...", meinte Allen resigniert. "Das kannst du nicht...", Hitomi blieb stehen und sah ihm tief in die Augen. "Niemand kann das..." Allen nickte und erneute überkam ihn eine Woge der Verzweiflung, sodass seine Hände zitterten. Hitomi tat das einzige, was in so einer Situation am hilfreichsten war. Sie umarmte Allen, bot ihm eine seelische Stütze. Sie hatte nun erfahren, was Allens großes Geheimnis war. Er litt genau wie sie, noch mehr sogar, denn für ihn schien seine Liebe auf immer verloren. Die Frau ohne Namen war wie ein Schatten, der Allens Geist verwirrte. Wenn sie nun sah, wie ihn diese Tatsache auffrass, wurde Hitomi zum ersten Mal bewusst, dass sie sich auch einmal so gefühlt hatte und wohl wieder fühlen würde, wenn sie es zu lies, Van erneut zu verlassen. Diesmal würde sie es richtig machen. Diesmal würde sie es nicht falsch machen und Van beweisen, dass ihr Schicksal miteinander verbunden ist und dass sie zueinander gehören... Doch stand sie erst am Anfang dieses Vorsatzes. Bis Van verstehen würde, was sie fühlte, war es noch ein weiter Weg. ------------------------------------- Welcome to the Nachwort! ^----^ sodala... Und wie war das kapitel? relativ unspektakulär, wie ich finde... eigentlich nur gespräche und so... deswegen hats (zusätzlich zu den Geburtstagsvorbereitungen...) auch so lang gedauert, weil ich zwischendurch echt voll die schreibblockade hatte, was das schreiben von diesen vielen gesprächen betrifft... Bildet euch aber bitte nix auf den Kuss mit Dornfels ein... warum ich sowas eingebaut habe, is erst sehr viel später wichtig, aber bitte, Dornfels+Hitomi (mit einem imaginären roten Herz umrandet...) NEVER EVER! *gg* DAs is nur proforma... *gg* Und das mit allen und der geheimnisvollen Frau... naja, das gefällt mir persönlich schon ganz gut... *hihi* Hat jemannd von euch ne vermutung wer diese Mysteriöse sein könnte? ^.^ was sonst noch so in diesem kap war, darüber lasst euch doch bitte aussführlich in euren kommis aus... *gg* Danke übrigens erneut an alle, die mich kontinuierlich suppoerten!!! Ohne euch wär das hier wahrscheinlich schon lange untergegangen... Und kommi schreiben geht doch! Auch mehr als nur "schreib schnell weiter"... DAs sollte keine kritik an euch sein, und klar freuts mich wenn ich schnell weiter schreiben soll, aber es geht doch auch anders, wie man das letzte mal gesehen hat, oder? *gg* schöne lange, kommis... *schwärm* ok. nun werde ich mich an kapitel 13 machen, auf welches ich mich übrigens schon seit kapitel 6 freue... *gg* DAs wird richtig rocken! Naja, nicht wortwörtlich, aber es wird sehr viel tolles passieren! (je nachdem wie mans sieht...) Ich freu mich und werd mich diesmal beeilen weiter zu schreiben.... also bis denne, Chiyo-san Kapitel 13: Auf der Jagd ------------------------ Konnichiwa! Boah... diese woche bestand eigentlich nur aus mathe/kapitel/mathe/kapitel... etc. aber ich wollte das kapitel so schnell wie möglich fertig haben, also drückt mir die daumen, dass ich mathe am montag nicht ganz versau... ^-------^ Ich hatte echt richtig lust, diese kap zu schreiben... RICHTIG! vorallem ist es das längst bisher geworden! wirklich! Ich habe einfach drauf los geschrieben, und als ich dachte ich wär schon fertig ist mir noch etliches eingefallen, was ich unbedingt noch mit einbauen muss... naja, lest es erst mal... dann schau mal, ob sich die meinung nicht doch teilt. An dieser Stelle wiedermal danke für die vielen tollen kommis! Was wär ich nur ohne euch! Es ist echt schön zu sehen, dass euch meine story immer mehr zu gefallen scheint... aber wartet nur, das ist ja noch gar nicht das beste... *harharhar* ^.^ ok. ich schreibe nochmal was ins nachwort! bis denne, Chiyo-san ---------------------------------------------------------------- Kapitel 13: Auf der Jagd Im Stall war es stickig. Er roch Staub und Schweiß in der Luft, als er durch den Mittelgang schritt, und hörte die Tiere stumpf schnauben. Es war sehr früh am Morgen, gerade breitete sich ein sanft-violettes Morgenrot über dem Bergkamm aus. Das Wetter würde also schön werden. Genau richtig für sein Vorhaben... Van stieg über einen Heuballen und hob den Holzriegel an, der die Box zu seinem schwarzen Freund verschloss. "Na, bereit für ein neues Abenteuer?", fragte Van das Pferd und ging zielstrebig auf ihn zu. Der Schwarze legte zwar seine langen, Pinselartigen Ohren an, schnaubte jedoch zufrieden, als Van ihm den Hals abtätschelte. Kùro war das stattlichste Wesen im gesamten königlichen Stall und niemand anderes außer Van war es erlaubt, ihn zu reiten... Überhaupt konnte ihn niemand sonst reiten. Kùro erlaubte es nur seinem Herrn, auf ihm zu sitzen. Das Tier schnaubte erneute und warf den Kopf energisch zurück, sodass seine schwarze Mähne durch die staubige Luft fuhr und sein glänzendes schwarzes Fell vibrierte. "Du kannst es wohl nicht mehr erwarten, was? Ich auch nicht...", murmelte Van dem Schwarzen zu und ging aus der Box. Kúro lief ihm sofort nach und seine langen, sehnigen Beine gingen sofort in einen temperamentvollen Gang über. Er lief niemals weg. Er folgte Van als ewiger Begleiter eher wie ein treuer Hund, als ein Pferd. Sie waren ein eingespieltes Team und beide konnten nicht glücklicher sein als auf der Jagd. Van konnte sich voll und ganz auf das gaianische Pferd verlassen ebenso wie Kúro seinem Herrn voll und ganz ergeben war. Van schritt erneut den Gang entlang, bis zum Ende, wo er Kùro die samtene Decke auflegte und den ledernen Sattel darüber. Das Tier schnaubte erneut ungeduldig auf und tänzelte auf der Stelle. "Moment noch...", herrschte Van ihn an und legte ihm das Zaumzeug an. Erst dann führte er ihn nach draußen. Der kleine Innenhof hinter dem Haupthof lag noch vollkommen im Schatten des Berges und das Pflaster war feucht vom nächtlichen Tau. Das war das beste Zeichen für einen sonnigen und perfekten Tag für die Jagd. Darauf hatte sich Van schon seit Wochen gefreut. Kobe hatte ihn viel zu lange im Palast gehalten, mit all diesen Festlichkeiten und Empfängen... Es war an der Zeit, dass er wieder das tat, was er am liebsten machte, unabhängig davon, ob Hitomi oder sonst jemand nun da war oder nicht. "Majestät... Ich bitte euch, verschiebt euer Vorhaben doch noch einmal...", jammerte Kobe, der bang am Stalleingang gewartet hatte, bis der König wieder herauskam. Sein Pferd zu begrüßen und zu satteln war ein wichtiges Ritual für den König und er wollte dabei von niemandem gestört werden. "Strapaziere nicht meine Nerven, Kobe! Auch meine Geduld hat einmal ein Ende!", fuhr Van ihn im Gegenzug an und griff ruckartig nach dem Kurzschwert, Bogen und dem Köcher mit den Pfeilen, die Kobe ihm hinhielt. Sein altes Schwert, das Wahrzeichen von Farnelia, benutzte er schon lange nicht mehr. Kobe rückte die Sachen nur wiederwillig heraus und legte noch dazu eine leidende Miene auf. "Majestät... Ihr habt immer noch Gäste im Palast... Wie könnt ihr da einfach zur Jagd reiten, und noch dazu alleine! Wollt ihr nicht den ehrwürdigen Dryden fragen, ob er mit euch kommt?", fragte Kobe. In Vans Augen regte sich wieder dieses Vulkanartige Sprühen und er fuhr seinen ersten Berater erneut an: "Wage es ja nicht, mir irgendjemanden nach zu schicken! Weder Dryden noch sonst jemanden! Ich werde heute alleine jagen, nur ich und Kúro! Du hast mich lange genug für diese elenden königlichen Verpflichtungen eingespannt!" "Aber euer Majestät! Ihr seid nun mal der König! Und ihr könnt nicht ständig das tun, was euch...", begann Kobe, wurde jedoch barsch von Van unterbrochen. "Ich kann durchaus tun was ich will! Und heute werde ich jagen!", schrie Van und sprang, in voller Jagdmontur, auf sein schwarzes Pferd. "Aber...!", wollte Kobe noch fortfahren, sah aber nur noch wie der König über das klappernde Pflaster davon trabte. "Die Hose ist ja viel zu weit!", protestierte Hitomi und zupfte entnervt am Hosenbein herum. "Entschuldigung, Madam! Aber normalerweise schneidere ich keine Hosen für Frauen!", wehrte die Schneiderin Patrizia ab und ihr Gesicht lief vor Ärger rot an, was wiederum so gar nicht zu ihrem feuerroten Haar passte. "Und ich dachte, sie wären so genial...", murrte Hitomi, jedoch so leise, dass Patrizia das nicht hörte. Sie stand im Schneiderladen der königlichen Schneiderin vor einem Mannshohen Spiegel. Als Hitomi vor einer Woche von Kobe erfahren hatte, das Van eine Jagd auf Alleingang plante, hatte sie sofort diese verrückte Schneiderin benachrichtigt, damit sie ihr ein passendes Jagdgewand schneidern konnte. Diese Nachricht war ihr wie ein Wink des Schicksals vorgekommen! Die gesamten 4 Wochen, die nun schon seit der 20-Jahr-Feier vergangen waren, war Van ihr strategisch aus dem Weg gegangen und hatte es geschafft, jedes Gespräch mit ihr zu vermeiden. Aber nun würde er ihr nicht mehr entkommen! Sie würde ihm einfach nachreiten und ihn so lange nerven, bis er einfach mit ihr redete! Wenn das nicht klappen würde, war die Aussicht Van jemals umzustimmen, sehr gering... Sogar Reitstunden hatte sie sich heimlich von Allen geben lassen, obwohl sie noch nie in ihrem Leben ein Pferd, geschweige denn ein gaiansches, alleine geritten hatte. Und mit der passenden Kleidung konnte einfach nichts mehr schief gehen... "Könnten sie die Hose hier am Knie nicht noch etwas enger machen?", fragte Hitomi hoffnungsvoll. Die Schneiderin blickte skeptisch an Hitomi hinab. "Ich denke das ist nicht nötig... Wenn sie erst mal in den Lederstiefeln drin sind, sieht man das nicht mehr", meinte sie fachmännisch und zog prüfend unten am Saum der Hose. "Außerdem wollten sie doch heute so früh wie möglich losreiten...", merkte sie an und wuchtete ihren fülligen Körper dann wieder auf, wobei ihre zahlreichen Armreifen geräuschvoll aneinander klirrten. "Stimmt..." Hitomi musste wohl kein bei geben... Dann musste sie eben diese Hose anziehen, die an den Oberschenkeln so ausgebauscht war, dass man nicht erkannte, wo ihre Beine waren. "Ich muss mich wirklich beeilen...", sagte Hitomi und schritt zum Fenster. Glücklicherweise lag der Laden der Schneiderin direkt an der Hauptstraße, die er einzige richtige Zugang zum Palast war. Sie späte hinaus und versuchte einen herannahenden Reiter zu erkennen. Doch war noch nichts von Van zu sehen... "Glauben sie, dass sie irgendwas beim König erreichen können?", fragte Patrizia und in ihrer rauchigen Stimme schwang so viel Skepsis mit, dass Hitomi schlagartig ihre Zuversicht verlor. "Hat ihnen Kobe von meinem Vorhaben erzählt?", fragte Hitomi, die darüber eigentlich nicht überrascht war. "Hm, hat er...", meinte die Schneiderin, während sie eine lange Bahn dunkelblauen Stoffs zusammen legte. Hitomi hatte keine rechte Lust näher darauf einzugehen und zog sich stattdessen die Knie-hohen, ledernen Stiefel an. Dann ging sie erneut zum Spiegel und warf nun noch mal einen prüfenden Blick auf ihr Erscheinen. Die Hose sah nun mit den edlen Reitstiefeln nicht mehr ganz so schlimm aus. Zwar erinnerte das ganze an die Uniformhose der englischen Rotröcke aus der Renaissance, nur eben weiblicher. Oben trug sie ein schlichtes weißes, langärmliges Hemd mit einem edlen, dunkelgrünen Pullunder darüber. Zusätzlich zu alledem hatte ihr Kobe noch einen Dolch angedreht, der jetzt an dem ledernen Gürtel um die Hüfte herum steckte. Insgesamt war ihre Erscheinung also Reit- und Jagdtauglich, vom Schuh bis zu den streng zusammengebunden Haaren, wobei Hitomi vorhatte das Jagen so gut wie es ging zu umgehen. Sie würde schon genug damit zu tun haben Van zu jagen... "Ich finde, sie sehen trotz der Hosen, sehr gut aus...", meinte Patrizia anerkennend und ein gewisses Leuchten trat in ihre Augen, was wohl jedes mal passierte, wenn sie wieder eine geniale Kreation geschaffen hatte. "Danke...", erwiderte Hitomi und ging erneut zum Fenster. Draußen stand schon ihre braunes Pferd, eines der ruhigsten Pferde in ganz Gaia, wie ihr Allen versichert hatte, an einem Pfahl angebunden und döste gelangweilt vor sich hin. Vielleicht war das Tier so ruhig, dass Hitomi es gar nicht mehr vom Fleck bekam, wenn Van erst mal angeritten kam... Doch wollte sie den Teufel nicht an die Wand malen und späte erneut die Straße hinauf. Und ja, als hätte sie ihn gerufen, kam mit lautem Hufgetrappel ein pechschwarzes Pferd angetrabt und gab Hitomi den unvermeidlichen Anblick des Königs höchstpersönlich preis. "Das ist er!", rief Hitomi aufgeregt und wollte schon hinausstürmen, als Patrizia sie mit vollem Körpereinsatz prompt zurück hielt. "Moment! Warten sie doch wenigstens, bis er vorbei geritten ist... Wenn sie ihn gleich überfallen, wird er auf der Stelle zurück reiten und ihr Plan ist geplatzt...", beschwor die Schneiderin sie. "Warten sie ein wenig und folgen sie ihm dann in gemessenen Abstand die Stadt hinaus...", schlug Patrizia vor und ihr von Falten umzogen Augen musterten Hitomi eindringlich. "Gut..." Hitomi wartete also bis Van, majestätisch und unnahbar wie immer, am Laden vorüberritt. Erst dann ging sie zur Tür und näherte sich ihrem eigenen Pferd. "Viel Glück!", rief Patrizia ihr noch nach. "Das kann ich brauchen...", murmelte Hitomi und band die Zügel ihres Pferdes los. Das würde bestimmt ein interessanter Tag werden... Hitomi brachte ihr braunes Pferd kurz vor dem Stadttor zum stehen. Van ritt ungefähr 100 Meter vor ihr und sie wartete bis er draußen auf dem Weg war. "Hoffentlich geht das gut...", murmelte sie zu sich selbst und trieb ihrem Pferd die Fersen in die Flanken. Das Pferd wieherte und setzte sich dann ruckartig in Bewegung. Schwankend und krampfhaft an den Zügeln zerrend, saß Hitomi im Sattel und brachte ihr Pferd schließlich dazu zu galoppieren. Vans schwarzes Rassetier hatte ebenfalls schon damit begonnen und es schien so, als würde Van doppelt so schnell voran kommen. Doch Hitomi hatte nicht vor, ihn entkommen zu lassen! Spätestens am Waldrand musste sie ihn eingeholt haben! Sie gab ihrem Pferd erneut einen Ruck in die Flanken und das Tier schien endlich aus seinem morgendlich Dösritt aufzuwachen und jagte nun mit einer unerfahrenen Reiterin die Ebene hinab. Van ritt stetig vor ihr, und erst schien er auch nicht zu bemerken, dass er verfolgt würde. Aber dann, als Hitomi langsam immer näher kam, wandte er seine Kopf einmal um. Er schien sich nichts böses dabei zu denken, sondern ritt einfach weiter, trieb sein Pferd noch mehr an, um seinen unbekannten Verfolger schlichtweg abzuhängen. Allerdings war Hitomi hartnäckig und trieb ihr Pferd mit einem lauten Schrei erneut an. Jetzt erst schien es Van zu dämmern. Er wandte sich mitten im Galopp erneut um und sein Mund öffnete sie kaum merklich! "Ha, mit mir hast du wohl nicht gerechnet!", rief Hitomi, hoffte jedoch, dass er das erst gar nicht hörte. Van wurde schlagartig langsamer, zügelte sein Pferd und fiel schließlich in einen gleichmäßigen Trab. "WAS ZUM HENKER... machst du hier!?", schrie ihr Van entgegen und sein Blick war erschrocken und eindeutig sehr verärgert. Hitomi nutzte seine Verblüffung um elegant neben ihn auf gleiche Höhe zu reiten. Ihr Schenkel taten ihr jetzt schon weh und sie flehte zu Gott, dass Van sich erbarmen würde und in eine gemächlichen Schritt fallen würde. Verwunderlicherweise tat er das auch, denn er erwartete immer noch eine Antwort von ihr. Hitomi entspannte sich sichtlich, als ihr Pferd aus reinem Gruppenverhalten das gleiche tat wie Vans Schwarzer Hengst und in ein gleichmäßiges, angenehmes Schaukelns fiel. Sie atmete ein paar mal tief durch, bevor sie zu Van hinüber schaute und ihm eine Antwort gab. "Ich werde heute jagen...", sagte sie, wobei das ja nicht ganz richtig war. "Kobe hat dich geschickt, nicht wahr?", mutmaßte Van und seine Augenbrauen senkten sich in erstaunliche Sphären des Ärgernisses. "Nein, hat er nicht...", meinte Hitomi, wobei sie von Van scheinbar völlig ignoriert wurde. Dieser spann nämlich derweil seine eigenen Verschwörungstheorien. "Kobe... Wenn ich den erwische! Das wird noch ein...", schimpfte er und Hitomi war es diesmal, die dazwischen ging. "Kobe hat mich nicht geschickt!", schrie sie ihm so laut entgegen, dass er augenblicklich verstummte. Sein Pferd schnaubte mürrisch und Hitomi fuhr fort: "Es war meine eigene Idee... Kobe hat mir nur gesagt, was du heute vorhast... Ich selbst wollte dir nach reiten..." "Und wieso das, bitte schön?", wollte Van wissen, und er erreichte langsam wieder seinen normal-mürrischen Zustand. "Um mit dir zu reden natürlich! Wenn wir uns nur ständig aus dem Weg gehen, kann ich nie das erreichen was ich eigentlich will!", gab Hitomi zurück und zog die Zügel des Braunen strammer. Van blieb für einen Augenblick stumm. Erst dann konterte er. "Weißt du was? Deine Vorträge wirst du dir sparen! Das hier heute wird meine Jagd. ALLEIN MEINE!", betonte er stark, "Und nichts und niemand wird mich dabei stören! Wenn du also etwas bei mir erreichen willst, dann kehr sofort um und reite zurück in die Stadt! Das ist ein Befehl!" Er sah sie kurzzeitig sehr intensiv an, lies sie mit jeder Faser seines Körpers spüren, wie sehr er ihr Aufkreuzen verabscheute. Erst dann trieb er seinem Pferd die Fersen in die Flanken und galoppierte mit einem lauten "HEYYAHH!" davon in Richtung Wald. Hitomi hatte jedoch nicht im geringsten vor, sich an den Befehl des Königs zu halten... Sie würde einfach weiterhin an ihm dran bleiben... Und dafür musste sie nicht einmal galoppieren... Wozu gab es schließlich Hufspuren? Hitomi war sehr zuversichtlich. Das redete sie sich zumindest ein, als sie dem Waldrand entgegen ritt. Die grüne Mauer ragte nur noch ein paar Meter vor ihr auf und ihr wurde hier, auf dem Rücken eines Pferdes, zum ersten mal bewusst, wie einschüchternd so ein Wald doch sein konnte. Dort drinnen war es wie in einer anderen Welt und der Waldrand war die Grenze dazu. Man wusste nicht, was sich hinter den dicken Baumstämmen und den zerklüfteten Farnen alles verbarg. Und Hitomi ritt dieser Ungewissheit langsam näher und näher. Auch Van war dort drinnen und das verstärkte ihren Eindruck davon, dass ihr Vorhaben vielleicht doch etwas überstürzt geplant war. Wie würde Van mit ihr umgehen? Würde er sich vielleicht sogar etwas zusammen reißen? Wenig später überquerte sie tatsächlich die Grenze in diese fremde, grüne Welt und sofort warf sich Schatten auf sie und ihr Reittier und die Sonne blinzelte nur noch in schmalen Strahlen durch das Blätterdach. Vor ihr lag ein breiter, jedoch unscheinbarer Waldweg, der kreuz und quer nach Westen verlief. "Mal sehen, ob wir dich bald finden, Van...", murmelte Hitomi und warf einen prüfenden Blick auf den Boden. Tatsächlich war der Waldweg auf der linken Seite mit tiefen, frisch-getretenen Hufspuren durchfurcht, die von Vans galoppierendem Rappen stammen mussten. Die positive Zuversicht gewann wieder ein wenig die Oberhand und Hitomi ritt weiter gemütlich den Weg entlang... Nach ca. einer Stunde, so kam es ihr jedenfalls vor, lichtete sich der Wald und Hitomi erlebte einen atemberaubenden Anblick: Kein Wölkchen war am Himmel und direkt vor ihr tat sich der vordere Teil des großen Sees in seiner ganzen Pracht auf, bevor er sich in der Ferne um den Berg herum wand. Der See war so türkis und blau wie schon damals, als sie darin geschwommen war, nur säumten hier kleine lavendel- und zart-violette Blumen die Uferböschung. Hier schien es zum Schwimmen ungeeignet zu sein, Hitomi reichte aber der schöne Anblick allein. Van passte da so gar nicht ins Bild... Er stand am Ufer und hielt die Arme verschränkt, während sein Pferd friedlich vor sich hin graste. Sein Blick schien noch grimmiger als sonst und Hitomi wurde augenblicklich sehr mulmig zumute. "Was tust du denn hier?", fragte sie gespielt überrascht. "Ich habe darauf gewartet, dass du NICHT auftauchst!", sagte er spöttisch. "Aber du bist es doch... Obwohl ich dir gesagt habe, dass du umkehren sollst!" Hitomi seufzte. "Du solltest mittlerweile gemerkt haben, dass du mir nichts befehlen kannst, Van. König hin oder her...", erwiderte Hitomi trocken. "Noch hast du die Möglichkeit umzukehren!", bot er ihr, etwas milder verärgert, an. "Das habe ich aber nicht vor..." "Das heute wird kein Reitausflug! Ich möchte jagen und du störst nur dabei!", argumentierte er weiter. "Du wirst mein Anwesenheit gar nicht bemerken...", gab Hitomi lässig zurück. Van startete einen letzten Versuch. "Ich weis nicht mal, wann wir wieder zurück kommen... Vielleicht heute Abend, oder erst spät Nachts? Ich werde weit reiten und du wirst da bestimmt nicht mithalten können..." Hitomi hob belustigt eine Augenbraue. "Versuch es gar nicht erst, Van..." Und zu Hitomis größter Verwunderung resignierte Van im selben Moment. Er stampfte nur wütend auf den Boden, wie ein kleinen Kind und stieg dann auf seinen Schwarzen, der auch schon wieder nervös herum tänzelte. "Reite mir nach... Aber wehe du störst mich bei der Jagd...", meinte er warnend und ritt voran. Hitomi folgte ihm, ein Stück am Seeufer entlang und dann zurück in den Wald. Sie glaubte, den See heute wohl nicht mehr so schnell wieder zu sehen, jedoch machte ihr das nicht im Geringsten etwas aus. Sie hatte ein wohliges Gefühl im Bauch. Gegen Mittag, als die Sonne hoch am Himmel stand, machten sie eine Pause. Van hatte schon erfolgreich 3 Enten geschossen und zwei davon hingen trostlos an seinem Sattel, darauf wartend, später in Farnelia zum Abendessen verspeist zu werden. Die dritte Ente war schon gerupft und von einem Ast durchbohrt worden, und röstete nun fröhlich über einem offenen Feuer, worin Van immer wieder herumstocherte, um es anzuheizen. "Und du bist dir sicher, dass man die essen kann?", meinte Hitomi mit einem skeptischen Blick auf den kleinen Entenkörper, der sich allmählich braun tönte. "Ja, doch... Das hier gehört einfach zu einer Jagd dazu...", antwortete Van mürrisch und blies kräftig in die Glut, sodass wieder kleine Flammen aufloderten. Hitomi lächelte. Sie glaubte ihm ja, nur war der Gedanke eine frischgeschossenen Ente zu verspeisen doch etwas mittelalterlich und passte nicht in ihre normalen Essgewohnheiten. Die Stimmung war dank der Ente sogar etwas harmonischer geworden! Den ganzen Vormittag war Van auf der Jagd gewesen, hauptsächlich am Ufer des Sees, wobei sich Hitomi immer dezent im Hintergrund gehalten hatte. Dann waren sie entgültig tief in den Wald hinein geritten. Das Gelände war mit der Zeit immer hügeliger und felsiger geworden, was vermutlich daran lag, dass sie schon nahe der Berge waren. Jetzt saßen sie auf einem großen, flachen Felsen, der ein wenig höher in den Wald hinaus ragte, sodass sich nicht einmal mehr ein vollständiges Blätterdach über ihren Köpfen befand und die Sonne wärmend auf sie nieder schien. Der Felsen war teilweise mit weichen, flaumigen Moos bewachsen, worauf sich Hitomi erleichtert nieder gelassen hatte, nachdem sie es keine Sekunde länger im Sattel ausgehalten hatte. Sie fühlte sich gut und auch Van war nicht mehr ganz so schlecht gelaunt wie noch am Morgen. Er war scheinbar glücklich, sich mit dem Braten der Ente beschäftigen zu können... "Van, wenn es dich nicht vom Enten braten ablenkt, würde ich doch ganz gern mit dir reden...", begann Hitomi, nachdem sie merkte, dass ein Moment wie dieser wohl so schnell nicht wieder kommen würde. "Deswegen bist du mir doch gefolgt, oder nicht?", meinte Van nur knapp. Hitomi seufzte. Bevor sie ihm sagen wollte, was ihr auf dem Herzen lag, zögerte sie noch etwas. Würde er es verstehen? Würde er sofort seine Meinung über sie ändern? Sie wusste es nicht... "Van, es geht um uns beide...", meinte sie langsam. "Darum, wie du über mich denkst..." Van wurde ein wenig hellhörig und blickte zwischenzeitlich von seiner Arbeit auf. "Weißt du denn was ich denke?", spöttelte er und wandte sich wieder an seine Ente. "Nein, das weiß ich nicht. Ich kann es nur raten." Hitomi kramte in dem Beutel herum, der an ihrem Sattel gehangen hatte. Darin fand sie frische Früchte und einen Behälter mit Wasser, den ihr Kobe vermutlich ohne ihr Wissen mitgegeben hatte. "Du bist verletzt Van, das verstehe ich. Ich habe eine Entscheidung getroffen, die dir 10mal mehr geschadet hat, als mir... Und ich will jetzt gar nicht analysieren, was wohl die 20 Jahre über in dir vorgegangen sein muss. Es geht mir darum, wie du mich jetzt siehst...", fuhr Hitomi fort, und fühlte sich mehr und mehr an ihr Gespräch mit Allen erinnert, dem sie auch so einiges erklären musste. "Ich glaube, du hältst mich für verräterisch und egoistisch... Aber du musst mir glauben wenn ich dir sage, dass ich dachte richtig zu handeln..." Van stocherte stumm in der Glut herum und drehte die Ente anschließend so, dass auch die andere Seite gebräunt wurde. "Ich möchte nicht, dass du mich hasst! Bitte Van, versuche mich doch wenigstens ein bisschen zu verstehen...", bat ihn Hitomi und fixierte ihn so, dass er gezwungen war zu ich auf zu sehen. "Lass es gut sein Hitomi. Es stimmt, ich halte dich für egoistisch und verräterisch, aber ich hasse dich nicht. Das tut Merle schon...", meinte Van und seine braunen Augen wirkten auf einmal so wissend wie noch nie zuvor. "Ich will versuchen zu akzeptieren, dass du wieder hier bist, mich an den Gedanken gewöhnen, dass du wieder in mein Leben eintauchst... Aber zu mehr bin ich noch nicht bereit." Das sagte er mit so viel Überzeugung, dass Hitomi sich plötzlich sehr schuldig fühlte. Trotzdem fiel ihr ein Stein von Herzen. Van war also bereit zu "kooperieren." Na wenn das kein Fortschritt war... Die Ente war bald knusprig braun und Van begann, sie auf dem nackten Fels zu zerlegen. Vieles an Innereien musste er ins Feuer werfen, wo sich das Fleisch zischend in sich zusammen zog. Das was essbar war, reichte er Hitomi und sie aß sofort ohne Vorbehalte davon. "Mhhm! Das schmeckt ja richtig lecker!", meinte sie ehrlich. "Nicht wahr? Habe ich doch gut hin gekriegt...", erwiderte Van und ein wenig Stolz schwang in seiner Stimme mit. Hitomi musste schmunzeln und lehnte sich ein wenig zurück, sodass sie sich mit dem rechten Ellenbogen auf dem Felsen aufstützen musste und ihre Füße ausstrecken konnte. Obwohl der Fels von der Sonne aufgeheizt war, lag nun jedoch ein kühlender Schatten über allem. Hitomi nagte an ihrem Entenflügel und lugte durch das spärlich vorhandene Blätterdach nach oben. "Sieh mal Van... Es ziehen Wolken auf...", meinte Hitomi, möglichst neutral. "Das kann doch nicht sein!" Van wirkte erschrocken und blickte nach oben, um sich zu vergewissern. "Der Tag sollte doch sonnig-warm werden...", murmelte er. "Stimmt schon... Meinst du dass Gewitter kommen?", fragte Hitomi vorsichtig. Van schüttelte den Kopf. "Nicht unbedingt... Aber du hast recht... Es sieht fast danach aus....", meinte er dann. Hitomi tat erschrocken. "Wow! DU gibst mir in etwas recht?! Van überging diese Bemerkung. "Wir sollten uns dann nicht mehr lange hier aufhalten. Wenn wir mit dem Essen fertig sind, reiten wir weiter. Ich möchte zumindest noch ein wenig Beute machen...", sagte er. Hitomi setzte sich wieder auf. Dann zog sie den Wasserbehälter und die Früchte aus dem Beutel und schob sie zu Van hinüber. "Zur Stärkung, für einen starken Jäger...", witzelte sie und beobachtete seine Reaktion. Van beäugte die Sachen erst Misstrauisch und griff dann nach einer orangen, bauchigen Frucht. "Danke...", meinte er und sein Blick, der sonst immer so ernst war, wirkte zum ersten schlichtweg zufrieden und gelassen. Hitomi musste sich selbst auf die Schulter klopfen... Sie lächelte und widmete sich wieder ihrer Ente. Nachdem sie also ausgiebigst gegessen hatten, musste sich Hitomi wohl oder übel wieder in den Sattel schwingen und weiter reiten. Van ritt langsam voran, da sie sich immer noch im felsigen Gebiet des Laubwaldes befanden. Erst wenig später drangen sie wieder in andere Sphären des Waldes vor, wo die Bäume tiefer, die Blätter grüner und dafür die Sträucher höher waren. Hitomi sah wieder die knorrigen, hellgrünen Ranken, die sie schon bei ihrer Ankunft auf Gaia im Wald bemerkt hatte. Auch musste sie sich mit ihrem Pferd durch die gummiartigen Bodengewächse schlagen, die sich mit seltsam spiraligen Blättern und großen, kelchförmigen schwarzen Blüten in den Weg drängten. "Ich hoffe das Gewitter lässt sich noch etwas Zeit... Ich möchte nicht mitten in diesem Dschungel Unterschlupf suchen...", sagte Hitomi. Sie fühlte sich außerdem zusehends unwohl in ihrer Haut, denn die angenehme Wärme des Vormittags war trüber Schwüle gewichen, die sich nun wie ein unsichtbarer Schleier über den verflochtenen Wald legte. Hitomi's Hemd klebte an ihrem Rücken und der Schweiß schien allmählich aus all ihren Poren zu dringen. Ihr braunes Reittier war ebenfalls schon nass-geschwitzt. Van hatte Hitomi's Besorgnis anscheinend nicht bemerkt denn er trieb Kùro wieder mehr an. Sein Pferd schien etwas zu wittern, denn trotz der Hitze, die ihnen allen zu schaffen machte, warf der Schwarze seinen Kopf herum und schnaubte aufgeregt. "Ich glaube, Kùro wird uns gleich direkt zur nächsten Beute führen...", meinte Van fieberhaft und versuchte etwas durch die vielen Blätter hindurch zu erkennen. "Ich hoffe es... Dann können wir endlich wieder nach Hause reiten...", meinte Hitomi, mehr zu sich selbst, als zu Van. Zwar hatte sie immer noch nicht ihr Vorhaben in die Tat umgesetzt, doch hatten sie ja immer noch den gesamten Weg nach Farnelia zurück die Möglichkeit zu reden. Van drehte sich zu ihr um. "Du siehst Farnelia also schon als dein Zuhause an?", meinte er garstig und musterte sie mit einem fordernden Blick. Wieso hatte er das nun wieder gehört? Hitomi wusste nichts auf diese Anspielung zu erwidern, was wahrscheinlich daran lag, dass sie ein erschreckendes, wühlendes Geräusch hörte. "Hast du das gehört...?", fragte Van, instinktiv im Flüsterton und richtete sich ein wenig im Sattel auf. "Ja...", hauchte Hitomi und spürte, wie die Neugierde und die Angst zugleich sie überrannten. Sie stand nun direkt neben Van und ihr Pferd durchfuhr ein Zucken durch den ganzen Körper, was ihr selbst durch Mark und Bein ging. "Was glaubst du, was das ist?", fragte Hitomi, die immer noch nichts erkennen konnte. Das scharrende Geräusch war jedoch erneut zu hören, nur diesmal schien es etwas weiter weg zu sein. "Das werde ich gleich heraus finden...", erwiderte Van und stieg geschmeidig von seinem Pferd. Hitomi sah wieder dieses Feuer des Jagdfiebers in seinen Augen leuchten und ihr wurde schmerzlich bewusst, wie sehr sie das an den Krieg erinnerte, als so viele andere Krieger diesen Blick hatten, während sie darauf brannten ihren Feind abzuschlachten. War das vielleicht ein Grund, warum Van der Jagd so sehr verfallen war? Van lugte vorsichtig durch die Blätter. "Von hier aus kann ich nichts erkennen... Ich kann nur sagen, dass es etwas großes ist... Ich muss näher ran!", flüsterte er und nahm sogleich Pfeil und Bogen vom Rücken. Er zog prüfend an der Sehne und schien zufrieden. Er wandte sich noch einmal um und tätschelte Kùro vorsichtig am Hals. "Du bleibst hier, mein Lieber...", sagte er leise und schien seinen schwarzen Freund eindringlich zu beschwören. Dann blickte er Hitomi an. "Und du bleibst auch hier... Das hier sind keine mickrigen Enten mehr, das ist etwas großes und jetzt könnte es gefährlich werden!", meinte er und schien sie ebenso wie sein Pferd zuvor eindringlich zu beschwören. "Wehe du folgst mir!" Hitomi protestierte: "Du kannst mich doch hier nicht allein lassen! Was ist, wenn noch mehr von diesen Viechern auftauchen? Ich habe nicht mal eine richtige Waffe!" Van lächelte finster. "Tja, dann hättest du mich nicht auf eine Jagd begleiten sollen... Du bleibst hier, das ist mein letztes Wort...", sagte er energisch und verschwand dann rasch im Dickicht. Hitomi blieb ungläubig auf ihrem Pferd sitzen. Wie konnte er so etwas tun? Zwar war sie nicht besonders zimperlich und selten ängstlich, doch dies war wieder einer dieser seltenen Momente, wo jede Beherrschung nutzlos war. Tatsache war, dass sie allein mit zwei Pferden in einem undurchdringbaren Dschungel festsaß und der einzige Mensch der sich hier auskannte soeben verschwunden war und sie mit nichts weiter als zwei toten Enten und einem lächerlichen Dolch am Gürtel zurückgelassen hatte. Noch dazu war da diese brütende Schwüle und eine Atmosphäre das man meinte, der Wald hätte den Atem angehalten. Die Ruhe vor dem Sturm.... oder dem Gewitter? Hitomi vernahm erneut dieses drohende Geräusch von irgendeinem Tier und wischte sich mit dem Ärmel ihres Hemdes den Schweiß von der Stirn, von dem sie nicht mehr wusste, ob er von der Schwüle oder der Angst kam. Denn sie hatte wirklich Angst. Ob Van ihr gegenüber nun abgeneigt war oder nicht, er hätte sie nicht allein lassen dürfen... Als Kùro leise mit den Hufen scharrte, hielt sie es nicht länger aus. Sie musste hier weg! Behutsam und erleichtert glitt sie aus dem Sattel, nahm die Zügel ihres Braunen und band sie am dünnen Stamm eines naheliegenden Jungbaumes fest. Das Pferd, entgegen dieser Situation, graste nun friedlich vor sich hin, als wäre alles in Butter, obwohl nun, nach diese bedrückenden Stille, ein noch beunruhigender Wind durch den Wald fegte. "Kobe hat mir anscheinend das dümmste Pferd von allen gegeben...", murmelte sie verärgert. Von wegen, Pferde hätten den besten Instinkt in Notsituationen... Das traf zumindest jetzt nur auf Kúro zu, der nervös den Kopf hin und her wiegte und mit weit ausgebreiteten Pupillen umher starrte. Um ihn konnte sie sich jetzt allerdings nicht kümmern. Hitomi überprüfte ob sich der Dolch noch immer am Gürtel befand und sah sich dann um, in der Hoffnung, dass Van vielleicht doch wieder aufkreuzen würde. "Es tut mir leid Hitomi... Ich konnte dich einfach nicht allein lassen...", könnte er sagen und sich dann auf sie zu bewegen, sie mit seinen tief-braunen Augen ansehen und sich zu ihr hinunter beugen um sie dann... Hitomi schlug sich diesen Gedanken aus dem Kopf und trat stattdessen mitten durch die grüne Mauer, an der selben Stelle wie Van zuvor. Weil hier kein Pfad mehr war und alles kreuz und quer wuchs, war das Vorankommen nur schwer möglich. Noch dazu hatte Hitomi erschreckende Bilder von Handgroßen Moskitos oder Baumstamm-dicken Schlangen im Kopf... Sie hatte ja keinerlei Vorstellung davon, was hier auf Gaia so alles in der Wildnis lebte. Und was würde erst dieses Wesen sein, das diese Geräusche von sich gegeben hat? Und hatte Van es schon entdeckt? Mit diesen Gedanken und zunehmender Unsicherheit streifte Hitomi durch die Farne und Gewächse, immer darauf bedacht, nicht auf den mehr und mehr aufkommenden Wind oder ihre leise, schleichende Gänsehaut zu achten. Wo war Van hin? Würde sie ihn finden, bevor das unvermeidliche Gewitter losging? Die Antwort lag knapp rechts von ihr in den Büschen. "Van!", hauchte sie, und ein großer Stein fiel ihr vom Herzen, als sie ihn dort knien sah, unverletzt und mit gespannten Bogen auf der Lauer. Seine Freude hielt sich jedoch in Grenzen. Im Gegenteil, er erschrak fürchterlich und funkelte Hitomi wie üblich verärgert an. "Verdammt, ich habe dir doch gesagt du sollst mir nicht folgen! Hitomi, geh zurück oder ich vergesse mich!", drohte er ihr und seine Aura brauste so sehr auf, dass der Wind in den Bäumen ein Witz dagegen war. "Du hast mich einfach dort allein gelassen! Was denkst du, wie ich mich fühle, wenn du fort bist und ich nicht weiß wann du zurück kommst...", beschwerte sie sich. Vans Miene blieb hart. "Dann weißt du vielleicht, wie ich mich vor 20 Jahren gefühlt habe...", sagte er und wandte sich dann wieder eiskalt ab. Er schaffte es doch immer wieder geschickt, die Situation so zu ändern, dass Hitomi es war, die sich schuldig fühlte. Hitomi stand da, der Wind fuhr regelrecht durch sie hindurch und wirbelte ihr lose Strähnen ins Gesicht. Van kniete wieder nieder und spannte den Bogen erneut. Und obwohl Hitomi am liebsten weg gelaufen wäre, blieb sie da und kniete sich stattdessen neben Van nieder. Jetzt interessierte sie trotz allem, was er da versuchte anzuvisieren. Jenseits des knorrigen Busches, wo die beiden kauerten, lag eine kleine, halbmondförmige Lichtung, die dem Himmel Einblick in die Tiefen des Waldes gewährte. Jetzt braute sich dort aber eine tief-schwarze Suppe zusammen, die das Erscheinen des Wesens auf der Lichtung noch unterstrich. "Das ist ein Waldkeiler...", murmelte Van, dem es jetzt, im Auge des Opfers, egal zu sein schien, dass Hitomi noch da war. Der Waldkeiler hatte tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Hitomi eher bekannten Wildschwein. Er hatte die selben, weiß-gelben Keiler, die wie Stoßzähne aus seinem Maul heraus ragten und auch sein Körper war ähnlich proportioniert. Jedoch war die gaianische Version fast doppelt so groß wie ein normales Wildschwein und hatte neben einem ungewöhnlich beigen Fell noch auffallende rote Geschwülste an Kopf und Beinen. Das Tier stand dort auf der Lichtung und scharrte und schnüffelte an einem alten, verrottetem Baumstamm herum, wodurch auch diese Geräusche ausgelöst wurden, die Hitomi und Van schon vorher gehört hatten. "Das gibt einen fetten Braten...", flüsterte Van und spannte seinen Bogen bis aufs Äußerste. Hitomi lehnte sich zurück, um Van nicht ins Gehege zu kommen. Der Keiler schien sie nicht zu bemerken. Er war zu beschäftigt mit seinen Ausgrabungs-Arbeiten. Seine Keiler wetzten beängstigend an der Baumrinde und bei der Vorstellung, diese Zähne würden sich in einen menschlichen Körper rammen, wurde Hitomi übel. Van schien so etwas allerdings völlig kalt zu lassen. Er prüfte noch einmal die Entfernung und lies den Pfeil dann los. Der Schuss traf in einer perfekten, geraden Linie auf den Keiler und bohrte sich in dessen Schulter. Untermalt wurde das ganze noch von einem gewaltigen Donnergrollen des nahenden Gewitters. Als wäre das nicht genug, fühlte sich Hitomi unversehens in jene Nacht zurückversetzt, als sie mit Tomu auf den Sportplatz in Tokio kauerte und der Jahrhundert-Taifun über sie hinweg tobte. Eine ähnliche Wiederholung dieses Szenarios könnte sie nicht ertragen... "Treffer!", hauchte Van und beobachtete, wie der Keiler in sich zusammen zuckte und ein gewaltiges Zittern durch seinen Körper ging. Van reagierte schnell. Ein Pfeil war also nicht genug, um den Waldkeiler zumindest zu schocken, also holte er einen zweiten Pfeil aus dem Köcher und schoss ihn geschwind ab. Der Pfeil traf wieder im Schulterbereich ein und Van, der sich nun erhoben hatte, schoss schon den dritten Pfeil ab, der nun knapp oberhalb des Kopfes eintraf. Jetzt war die Wut des Keilers geweckt. Und der Regen setzte ein. Unter dem dunklen Himmel, der sich nun dramatisch über dem Wald ergoss, wütend grollte und ferne Blitze auf Gaia nieder sandte, starrte der Keiler mit roten, lieblosen Augen zu ihnen herüber. Er wusste nun, wo sich sein Gegner befand. "Noch zwei Pfeile, und er ist tot!", meinte Van triumphierend und trat gebieterisch durch den Busch hindurch. Hitomi reagierte erst gar nicht. "Stopp! Wo willst du nun schon wieder hin?!", meinte sie verzweifelt, musste jedoch beobachten, wie der ach so große Jäger auf sein Opfer zuschritt, um ihm den Todesstoß zu verpassen. Was Van jedoch nicht sah war, dass der Keiler nicht allein war. Links und recht von ihm, im Dickicht der Farne und Büsche, hatten sich die ganze Zeit über zwei andere Keiler aufgehalten, ebenfalls damit beschäftigt, an verendeten Bäumen herum zu scharren. Und nun, da sich Van als Jäger offenbarte, waren sie da, um ihn zu stürzen. Mensch gegen Tier. So war es schon immer... Hitomi, die immer noch reglos im Gebüsch kauerte, musste hilflos mit ansehen, wie der eine Keiler von links auf Van zustürmte. Der Regen prasselte nun nur so nieder, dass die Welt in wenigen Minuten wie ein einziger Sumpf wirkte. Sie konnte ihm nur auf eine einzige Art helfen. "Achtung Van! Links von dir!", schrie sie aus ganzem Leibe, in der Hoffnung, der Regen würde ihre Stimme nicht verschlucken. Van reagierte schnell. Der nächste Pfeil war schon gezogen, kam jedoch nicht zum Einsatz, denn der Keiler war schon gefährlich nah. Van wich geschickt aus und schoss den Pfeil in das fette Hinterteil des vorbeistürmenden Keilers. Auch den dritten Keiler hatte er nun im Blick und hätte ihn vermutlich auch mit links überlisten können, wäre da nicht noch ein zusätzliches Hindernis aufgetaucht. Hitomi beobachtete mit Entsetzen, was nun passierte. Es ging alles viel zu schnell. Van trat zurück, zog ein Pfeil aus dem Köcher, versank jedoch mit den Fersen im aufgeweichten Boden und trat wieder nach vorne und sackte ebenfalls ein wenig ein. Dann knickte er aufgrund des Gleichgewichtsverlustes seitlich weg. Der Pfeil ward zwar geschossen, drang jedoch ziellos ein paar Meter weiter links in den Boden. Der Keiler kam immer noch in vollem Karacho auf den König von Farnelia zu, mit nichts als Wut in den roten Augen und dem uralten Verteidigungsinstinkt, der das Tier immer wieder vor dem Menschen gerettet hatte. Van verlor den Überblick, griff noch zu seinem Schwert, konnte sich aber nur noch nach links wegdrehen, um die Stoßzähne des Waldkeilers nicht in den Brustkorb gerammt zu bekommen. Der Plan ging nicht auf. Der Keiler streifte Vans Oberarm. Zumindest würde man es im verharmlosten Sinne als streifen bezeichnen. Der rechte Eckzahn drang voll und ganz in Vans rechten Oberarm ein und riss ihm das Fleisch vom Knochen. Van sank zusammen und heulte vor Schmerzen auf. Die Jagd war für ihn zu Ende, für die Keiler jedoch nicht. Sie kreisten ihren Feind ein, drohten ihn zu zerfetzen. Hitomi konnte nicht mehr zusehen. Van würde sterben, wenn sie nicht eingriff! "Van!", schrie sie und sprang verzweifelt auf. Einer der Keiler wurde auf sei aufmerksam. Er setzte zu einem Sprint an, durch irgendwie, inmitten dieser unwirklichen verzerrten Szene, kam Hitomi und Van das zu Hilfe, womit sie am wenigsten gerechnet hätte. Das Gewitter, das in vollem Gange tobte, sandte einen gewaltigen Blitz aus. Die Luft lud sich elektrisch auf, was die Keiler dazu brachte, hysterisch auf zu grunzen. Als der Blitz dann mit all seiner elementaren Wucht in einen naheliegenden Baum einschlug, flohen die Keiler, denn die Natur, in der sie selbst lebten, wurde hier zu ihrem schlimmsten Feind. Schlimmer als der Mensch. "Vaaaaaaaann!!!" Hitomi konnte sich endlich aufraffen und aus ihrer Erstarrung lösen. Sie sprang auf, zog ihren mittlerweile völlig vom sintflut-artigen Regen durchnässten Körper nach oben und rannte zu Van hinüber. Dieser lag inmitten der Lichtung und unterdrückte den stechenden Schmerz mit einem gleichmäßigen Keuchen. Sein Hemd war bis zur Schulter blutdurchtränkt und die Wunde selbst hatte sich ekelerregend mit Regen und Schlamm gefüllt. "Van! Kannst du mich hören?!", rief Hitomi und lies sich direkt neben ihm nieder. Sie hielt sein Gesicht in den Händen und rüttelte aufgebracht daran. Van öffnete kaum merklich seine Augen und starrte Hitomi hilfesuchend an. "Lass mich deine Wunde ansehen..." Sie war sehr tief. Wenn sie sich nicht täuschte, konnte sie den Knochen sehen, doch sie würde verheilen, das war ihr im Moment sofort klar. Entsetzlich weh tat sie trotzdem. "Verdammt... Tut das weh!", jammerte Van und biss sich auf die Lippe. Hitomi handelte nun einfach instinkttief. "Ich werde die Wunde grob verbinden... Und dann schaffe ich dich hier weg!", bestimmte sie und riss ihr eigenes Hemd an der Schulter ab. Den schlauchigen Ärmel benutzte sie als Verband und wickelte ihn fest um die offenen Wunde. Sofort drang Blut hindurch, was aber immer noch besser war, als nichts. Sie suchte Blickkontakt mit Van und strich ihm beruhigend über die Stirn und durch sein pechschwarzes, klitschnasses Haar. "Komm, du musst aufstehen Van! Bitte, halt dich an mir fest! Wir müssen es zurück zu den Pferden schaffen..." Es donnerte und blitzte wieder. Hitomi hatte nun aber keine Angst mehr. Vans Schicksal lag jetzt in ihrer Hand. Sie stützte ihn den gesamten Weg zurück zu den Pferden, welcher ihr nun unendlich lang vorkam. Der Sturm tobte um sie herum, durchnässte ihre Kleider, schlug ihnen Äste und Blätter ins Gesicht und lies ihre Stiefel im Boden versinken. Bei den Pferden angekommen verlor Hitomi erneut all ihren Mut. Die Pferde waren schlichtweg nicht mehr da. Dort wo ihre Brauner gestanden hatte, waren nur noch Schrammen am Baumstamm und ein abgerissener Zügel zu sehen. Es hatte sich losgerissen. Kúro, den Van grundsätzlich nirgends fest band, hatte es im Sturm anscheinend auch nicht mehr ausgehalten. "Was machen wir nun...?", fragte Hitomi Van, der wie ein Krüppel an ihrer Schulter lehnte und sich mit dem gesunden linken Arm an ihren Hals klammerte. Seine Hand war kalt und Hitomi befürchtete, dass sich die Wunde entzünden könnte und dass er nun, wo auch die Pferde weg waren, hier im Sturm an Wundfieber sterben könnte. Sie fasste ihn fester um die Hüfte. Sie hatte nicht vor ihn aufzugeben. "Ruf... nach K'ro...", keuchte Van dann nach einer Weile. Hitomi hatte damit nicht gerechnet. "Wie bitte?", hackte sie nach. "Ruf... nach Kúro...!", brachte Van erneut mühsam hervor. Hitomi tat was er ihr sagte. Zum ersten mal am heutigen Tag... Sie rief laut, im akustischen Kampf mit dem Sturm, nach dem schwarzen Pferd von Van, immer wieder und immer wieder. Schließlich, als könnte es nicht anders sein, kam das rassige Pferd seelenruhig, als hätte es nur einen kurzen Ausflug gemacht, den Pfad entlang getrabt und blieb direkt vor Hitomi stehen. Hitomi betrachtete das Pferd genau und konnte es erst gar nicht glauben, dass doch noch nicht alles verloren war. "Gott sei dank...", murmelte sie leise und trat an das Pferd heran. Die Enten hingen nicht mehr am Sattel, aber sonst schien Kúro keinen weiteren Schaden genommen zu haben. "Los Van, verschwinden wir von hier...", meinte sie und half Van in die Steigbügel, worauf hin er sich mühsam in den Sattel setzte. Bevor Hitomi selbst aufsaß, strich sie Kùro über die Stirn. "Du bist der Retter in der Not..." Da bemerkte sie, dass das Pferd die selben Augen hatte wie Van.... Der Regen hatte etwas nachgelassen, dennoch prasselte er immer noch kontinuierlich auf sie hernieder. Hitomi saß hinter Van und hielt ihn mit einer Hand an der Taille fest, während sie mit der anderen das Pferd langsam und bedächtig durch den Dschungel lenkte. Sie hatte keine Ahnung wohin sie ritt und ihr Orientierungssinn war auch nicht gerade der beste. In gewisser Weise vertraute sie auf Kúro, denn man sagte Pferden ja nach, dass sie immer wieder nach Hause finden würden. Van war ihr keine Hilfe. Er wiegte im gleichmäßigen Schritt des Tieres hin und her und schien völlig damit beschäftigt, seinen Schmerz zu unterdrücken. Zumindest war er noch bei Bewusstsein... Hitomi kam die Situation jedoch immer auswegloser vor. Wohin sollte sie reiten? Würde sie überhaupt annähernd in die Nähe Farnelias kommen? "Was soll ich tun Van?", fragte sie, erwartete allerdings keine Antwort. Zuerst kam auch keine. Van keuchte nur erneut auf, von einer Woge des Schmerzes überrollte. Dann brachte er die Worte stockend hervor. "Reite... gen Westen. Da ist das Katzendorf... von Merle..." Hitomi griff fester um Vans Oberkörper herum. Es war überhaupt das erste mal, seit ihrer Ankunft auf Gaia, dass sie sich körperlich so nahe waren. Jedoch war das nur ein Ausnahme für diese besondere Situation. Dass sie Van irgendwann einmal bewusst so berühren konnte, war für sie unvorstellbar... Das Katzendorf also... Ein erneutes Aufeinandertreffen mit Merle hätte sie zwar gerne noch etwas hinaus gezögert, doch konnte sie Van nicht so leiden lassen. Diesmal wollte sie ihm den Schmerz ersparen. -------------------------------------------- Nachwort: So ok... Lasst das kapitel noch ein bissl auf euch wirken, fühlt euch in den gaianischen Dschungel hinein,stellt euch vor es gießt aus kübeln und ihr sitzt an hitomis Stelle hinter Van auf dem Pferd... *wuahhhhaaaaaa!!!* ^-^ Nein, nein, ich nutze die situation hier schamlos aus... *gg* Spaß beiseite... Wie fandet ihrs? Also meiner beta leserin "hots voll daugt", auf bayerisch gesagt... ich hoffe, euch auch... Mir persönlich gefällt dieser part ja von allen bisherigen teilen mit am besten, bis auf die tolle Balkonszene in kapitel 6? glaub ich? *hihi* Nein ich weiß nicht, das hier ist hald so ne schlüsselszene, weil van langsam aber sicher zu einer einsicht kommt. Ich hab mich einfach schon ewig drauf gefreut, das teil zu schreiben, ich weiß auch nicht warum. mich würde interessieren, ob die stimmung richtig rüber gekommen ist, die dramatik etc. da bin ich mir nämlich nicht so sicher... kann sein, dass viele dinge aufgrund des schnellen schreibens irgendwie untergegangen sind... aber das könnt ihr ja kommentieren. Um noch kurz auf eure kommis zu kapitel 11 einzugehen, zwecks der favourite-charas. alos anscheinend kommt Van bei allen von euch gut an... das freut mich! *hihi* und Tomu scheint auch ein zwei fans zu haben, ebenso wie allen &co. über dornfels scheint ihr euch alle eindeutig noch uneining zu sein... richtig so! naja, im laufe der geschichte frag ich euch nochmal, vielleicht hat sich ja dann was geändert. ihr habt wirklich keinen schimmer wer diese mysteriös dame von allen ist? wenn ihr scharf überlegt, müsstet ihr eigentlich drauf kommen... Was mich meine beta-leserin mal gefragt hat: wo ist eigentlich Serena abgeblieben? Tja, simple antwort, sie ist einfach nicht wichtig für die story und ich hab sie ganz weggelassen, aber vielleicht taucht sie später oder so mal irgendwie auf. ok. bis zum nächsten kap! (wird wieder länger dauern...) auf bald, Chiyo-san Kapitel 14: Katzenauge ---------------------- Ahhhhhhhhhhhhh!!!!!!!! >_< Leute, es tut mir so leid, dass es diesmal sooooooo lange gedauert hat.... Ich hatte letzte Woche mein Fachabitur, und darauf musste ich mich echt noch richtig vorbereiten... Puh, das war echt übel und irgendwie hab ich das Gefühl, dass die ganze Lernerei im Prinzip doch nichts gebracht hat... Auf jeden Fall hab ich jetzt viel mehr Zeit und werde ich auf jeden Fall weiterhin und vorallem schneller die neuen Kapitel servieren. Außerdem hab ich mir das neue Coldplay-Album geleistet, und weil das die beste Band der Welt ist, geht das schreiben jetzt bestimmt noch leichter... ^----^ (Wenn ihr Coldplay mögt, kauft euch das album, kann ich nur empfehlen! *gg*) ok. aber jetzt laber ich gar nimmer mehr, sondern lass euch erst mal das kapitel lesen. wir sehen uns im Nachwort! Chiyo-san ---------------------------------------------- Kapitel 14: Katzenauge Hitomi sieht zum fünften mal innerhalb einer halben Stunde auf ihre Uhr und spielt nervös mit der kleinen, Spitzenbesetzen Tischdecke herum. Wo bleibt er nur? Er hätte schon längst da sein sollen... Sie rührt aus reinem Zeitvertreib einen weiteren Löffel Zucker in ihren mittlerweile erkalteten Milchkaffee, als Van endlich auftaucht. Sein Anzug sieht immer noch genauso ordentlich aus wie am Morgen, als er aus dem Haus gegangen war, nur sein Haar war zerzaust und unbändig wie immer. "Tut mir leid Schatz, die erste U-Bahn ist wegen Überfüllung an mir vorbei gefahren und auf dem Weg hierher war ich noch schnell im Kiosk, um mir die Times zu kaufen...", sagt er entschuldigend und drückt ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. "Schon gut...", meint Hitomi und winkt beflissen ab. "Hauptsache wir können noch einen Kaffee trinken..." Sie winkt dem Ober zu, zweimal Kaffee zu bringen, worauf dieser nickt und eilig zur Theke schlendert. "Wie war dein Tag bis jetzt?", fragt sie ihn dann und berührte seine Hand über den Tisch hinweg. Van schnauft erschöpft. "Ziemlich durcheinander bis jetzt. Meine Sekretärin kriegt es nicht auf die Reihe mir die Anrufe der letzten sechs Wochen in der richtigen Reihenfolge abzuheften und mein aktueller Klient liegt mir immer noch damit im Ohr, dass seine Frau eine, ich zitiere >> abgefuckte Schlampe<< ist, obwohl er bald eine Abfindung bekommt...", erzählt er. Sie tätschelt ihm mitfühlend die Hand. "Und wie war dein Tag?", fragte er zurück. "Ach, nicht viel anders als deiner... Kagami war heute krank und ich durfte den ganzen Aktenhaufen alleine durchkämmen, nur um zu dem Schluss zu kommen, dass unsere Mediendesigner unfähig sind einen Teddybären über eine Blumenwiese hüpfen zu lassen...", meint Hitomi bedauernd und schüttelt den Kopf. "Tja, wir haben eben einfach undankbare Jobs!", meint er darauf und lacht laut los. Hitomi stimmt mit in das Lachen ein und sie erinnert sich daran, dass sie ihrem Mann ja noch etwas wichtiges sagen muss! "Schatz, es gibt da ein Problem...", beginnt sie. "Was denn?", will er wissen und betrachtet sie interessiert. "Deine Stirn sieht ganz schön mitgenommen aus..." Hitomi blinzelte und registrierte allmählich, dass das weiße Gesicht mit den eisgrauen Augen unmöglich in die Szene von eben hineinpasste. "Mit diesen Kräutern hier, sollte man allerdings morgen nichts mehr davon sehen...", murmelte das Wesen über ihr und Hitomis verschwommenes Blickfeld kristallisierte sich langsam soweit, dass Hitomi einen Katzenmenschen ausmachen konnte. Sie riss die Augen vollends auf. Nouga! Der Albino-Katzenmensch war über sie gebeugt und strich ihr gerade eine stinkende, scharfe Paste auf die Stirn. "Was ist passiert?", wollte Hitomi wissen und versuchte sich aufzurappeln, was ihr aber nur schwer gelang, denn ihr Körper fühlte sich an, als würde er unter einem Berg von Steinen begraben sein. "Oh, etwas sehr amüsantes...", kicherte Nouga und klatschte ihr erneut diese Teufels-creme auf die Stirn. Der Geruch stieg ihr in die Nase und sie musste husten. Diese bizarre Szene von einem netten Kaffeekränzchen mit ihrem EHEMANN Van in einem kleine Tokioter Cafè war Gott sei dank nur ein Traum gewesen, die Realität war dafür aber umso bedrückender. Dem flaumigen Geschmack in ihrem Mund zufolge, musste sie ziemlich lange geschlafen haben, was nach den Ereignissen des gestrigen Tages wohl auch nicht verwunderlich war. Sie war mit Van auf der Jagd gewesen, die Tatsache allein war schon ein schwieriges Unterfangen... Und dabei war alles ganz gut gelaufen. Die beiden hatten sich praktisch "prächtig" verstanden und hätten vielleicht einen noch prächtigeren Heimritt gehabt, wäre nicht dieses verfluchte Gewitter aufgezogen. Van war gerade dabei, einen Waldkeiler zu erlegen, als der Sturm gerade lostobte. Es blitzte und donnerte, und alles ging drunter und drüber. Van war von einem der beiden anderen Keiler angefallen worden und war gerade noch so mit einer tiefen Wunde im Arm davon gekommen. Hitomi war die einzige, die ihn helfen konnte, jedoch war das Gewitter in vollem Gange und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu Merles Katzendorf zu reiten... Hitomi hatte noch genau das Geräusch von Kùros Hufen im Kopf, wie sie schmatzend auf Schlamm und Morast traten. Van kauerte hilflos vor ihr und wäre wohl wie ein Sack Kartoffeln vom Pferd geplumpst, hätte sie ihn nicht verzweifelt mit einem Arm daran gehindert. Für ihre eigenen kleinen Schrammen, die wie Brennnesselwunden an Armen und Beinen brannten, hatte Hitomi keine Zeit, denn Van keuchte alle paar Augenblicke vor Schmerzen auf und außerdem hatte ihn der Schüttelfrost befallen. Als sie nach scheinbar unendlich langer Zeit das Katzendorf, um damit auch Merle erreichten, fiel Hitomi ein riesiger Stein vom Herzen. Van war gerettet! Hitomi schob diese Bilder für den ersten Moment aus ihrem Kopf und konzentrierte sich wieder auf Nouga, der sie nun skeptisch betrachtete. "Was ist passiert?", fragte sie erneut und checkte vorsichtshalber einmal durch, ob noch alles ihre Körperteile am rechten Fleck waren. "Ach nichts... Du hast nur patòu darauf bestanden, den König selber in das Krankenzimmer zu tragen, bist dabei aber, vermutlich vor lauter Erschöpfung, mit dem Kopf gegen den niedrigen Türstock gelaufen und Ohnmächtig geworden...", meinte er und kicherte, wobei sich seine Katzenaugen schelmisch zu Halbmonden verformten. Hitomi war selbst zu erschöpft um zu lachen. Vielleicht war es aber ganz gut, dass sie ausgeknockt wurde, sonst wäre sie vor lauter Sorge um Van vermutlich eingegangen... "Oh Gott, Van! Was ist mit ihm?!", dämmerte es ihr und sie setzte sich ruckartig auf. Ihre Körperteile waren jedenfalls alle da, auch ihr Gehirn, welches ihr unverzüglich die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück gab. Nachdem sie nämlich unter strömendem Regen in das Katzendorf geritten war, war ihre Verzweiflung über ihre Situation herausgebrochen... Das Dorf lag still am Berghang und im gleichmäßig-prasselnden Regen wirkten die vereinzelten Lichter, die durch die kleinen, eckigen Fenster der runden Binsendachhäuschen drangen, matt und entwaffnend. Hitomi hatte keine Ahnung, wo sie Merle finden konnte, also tat sie das einzige, was sie in dieser Situation tun konnte... Sie schrie! Sie schrie den ganzen Schmerz aus ihrem Körper und rief Merles Namen wieder und wieder, bis sich im Haus neben ihr etwas rührte. Ein kleiner, getigerter Katzenjunge war aus der Tür getreten und starrte sie entsetzt an. "Merle, wo finde ich Merle?", keuchte Hitomi. "Oben, ....oben im Haupthaus!", stotterte der sichtlich eingeschüchterte Junge und deutete in richtig Berghang. Und wenn sich Hitomi nicht täuschte, konnte sie dort ein langes, niedriges Haus erkennen, das einzige dieser Art. Hitomi warf wilde Blicke durch den kleinen, dämmrigen Raum, der nur von einer Öllampe an der Decke erhellt wurde. "Keine Sorge, er schläft tief und fest...", versicherte ihr Nouga, als sie Van auf der gegenüberliegenden Seite in einem schmalen Bett liegend erkannte. "Wie geht es ihm?", fragte sie ängstlich. "Im Anbetracht der ganzen Strapazen, die er hinter sich hat, würde ich sagen, ganz gut..." Nougas eisige Augen schauten Hitomi eingehend an, strahlten dabei aber eine gewisse Wärme aus. Hitomi nickte erleichtert und betrachtete Vans Gesicht, welches ihr abgewandt lag und sie deshalb nur einen wirren Berg schwarzer Haare zu Gesicht bekam. Wenige Stunden zuvor hatte sie ihn vorsichtig von seinem schwarzen Pferd gehievt und seinen zitternden Körper mühsam zur Haustür von Merles vermeindlicher Hütte geschleift. "Merle, mach auf!", rief sie, während sie wie eine Irre gegen die Tür pochte. Die Tür war wenige Augenblicke später geöffnet worden und Nouga stand vor ihr. "Was zum Teufel...", begann er, kam jedoch nicht annähernd dazu seinen Satz zu beenden, denn Hitomi war skrupellos ins Haus geschritten, um Van aus dem gefährlichen Regen zu bringen. "Van!... Auf der Jagd... Gewitter... wilder Eber.... Verletzung....!", hatte sie unzusammenhängend hervorgekeucht. Nouga ward sofort alarmiert. "Los, wir bringen ihn ins Gästezimmer...", hatte er gesagt und misstrauisch Vans Verletzung beäugt. "Hier entlang...", Nouga führte sie zu einer Tür, wollte ihr die Last in Gestalt von Van abnehmen, doch Hitomi hatte nur noch eins im Sinn: Van selbst in Sicherheit zu bringen! Sie ging schnurstracks auf die Tür zu und bemerkte dabei gerade noch so Merle. Diese hatte die Szene ohne einen einzigen Kommentar beobachtet. Nur ihre weit aufgerissenen, dunkelblauen Katzenaugen verrieten ihre Bestürzung. Bis dahin ging Hitomis komplette Erinnerung. Dem war vermutlich der besagte Türstock gefolgt, dann dieser bescheuerte Traum und nun lag sie selbst als Opfer in einem Bett. Wenigstens war Van gerettet... "Dann ist ja gut..." Hitomi lies sich wieder in ihre Matratze zurück sinken und seufzte auf. Nouga lächelte erneut schelmisch und erhob sich dann in einer einzigen, graziösen Bewegung von ihrer Bettkante. "So, dann werde ich mal unseren Hauptverwundeten versorgen...", meinte er und ging zu Vans Bett hinüber. Er packte erneut sein kleines, rundes Holzschälchen aus, das vermutlich diese scharfe Kräuterpaste beinhaltete. Hitomi ergriff wieder dieses schlechte Gewissen, dass sie schon längere Zeit quälte und ihr einzureden versuchte, dass sie wieder mal an dem ganzen Schlamassel selbst schuld gewesen war. Wenn sie nur erst gar nicht auf diese blöde Idee gekommen wäre, mit Van zu jagen! "Lass mich das machen!", rief sie und versuchte Nougas elegante Bewegung von eben zu imitieren. Jedoch missglückte dies, denn Hitomi verheddert sich mit den Füßen in der Bettdecke. Nouga strafte sie mit einem einzigen, zweifelndem Blick und extrem angehobenen Augenbrauen, die aber auf seinem weißen Fell nicht wirklich auffielen. "Bitte!", flehte Hitomi und schaffte es nun, zumindest aufzustehen. "Ich fühle mich für Vans Zustand verantwortlich..." Nougas Blick wurde weich. "Na gut... Viel falsch machen kannst du ja nicht... Schmier´ einfach ein wenig von dieser Paste auf die Wunde und wickle den Verband wieder um", erklärte ihr Nouga und drückte ihr die Creme in die Hand. "Gut..." Damit wandte sich Nouga zum gehen, nur hielt Hitomi ihn noch einmal zurück. "Was ist mit Merle?", wollte sie wissen, nur falls Van aufwachte und danach fragte. "Oh, die ist ziemlich zerstreut...", meinte der Albino. Hitomi legte einen fragenden Blick auf. "Schließlich ist das der erste Besuch des Königs in ihrem Dorf seit 15 Jahren...", meinte er und lächelte geheimnisvoll. Dann verlies er den Raum, wobei er den Kopf instinktiv unter dem extrem-niedrigen Türstock einzog und dann die Tür hinter sich schloss. Tja, Blödheit will gelernt sein, dachte sich Hitomi und berührte vorsichtig ihre angeschlagene Stirn ehe sie sich Vans Bett zuwandte. Hitomi ging über den knirschenden Holzboden und fühlte sich allmählich wieder soweit fit, alles um sich herum zu registrieren. Zum Beispiel lagen ihre Klamotten, die sie gestern bei der Jagd getragen hatte, über einen Stuhl am Fußende ihres Bettes gelegt und sahen mehr oder minder aus wie ein dreckiger Haufen Lumpen. Die Katzenmenschen, wer auch immer noch in diesem Haus lebte außer Nouga und Merle, mussten ihr dieses Knöchellange, weiße Nachthemd angezogen haben. Es war so leicht und luftig wie eine kühle Bergbrise und schien ihre Schrammen am Körper zu kühlen. Diese machten sich nämlich jetzt langsam bemerkbar. Ihre Oberschenkel und ihr Gesäß schmerzten wie nach einer Prügelei, was vermutlich vom ewigen reiten kam. Und ihre Arme.... überall sah sie Schrammen und blaue Flecken, die die Äste des Dschungels auf ihrer Haut hinterlassen hatten. Und jetzt kam noch ihr Kopf dazu, der sich seltsam hohl anfühlte. "Na Wunderbar...", murmelte Hitomi und setzte sich dann vorsichtig auf Vans Bettkante, in die freie Stelle, die seine angewinkelten Knie übrig ließen. Er hatte aufgehört zu zittern und schlummerte friedlich vor sich hin. Sein verletzter Arm lag Hitomi zugewandt und sie deckte ihn vorsichtig ab. Dann hob sie ihn an und schob die Decke darunter, damit Vans nackter Oberkörper weiterhin gewärmt war. Der Oberarm war dick mit Verband eingewickelt und an der Stelle wo sich die Wunde befand, hatte sich ein braun-grüner Fleck breit gemacht. "Ich hoffe, ich tute dir jetzt nicht weh Van... Wenn ja, dann sag es!", murmelte sie weiter, wohl um diese seltsame Atmosphäre im Raum zu überspielen. Außerdem war es gut mit Kranken zu sprechen, egal ob sie einen hören konnten oder nicht... Sie wickelte behutsam den Verband herunter, immer darauf bedacht, Van gleichmäßig weiter atmen zu hören. Irgendwann drang sie schließlich bis zu Wunde durch, die nun zwar wenigstens nicht mehr blutete, an manchen Stellen jedoch seltsame Blasen warf. Das rührte wahrscheinlich von Nougas blauem Faden, mit dem er die Wunde mit 20 Stichen genäht hat. Hitomi wollte gar nicht wissen, wie sie Van dabei betäubt hatten... Aber es schien berauf zu gehen... Sie wandte ihren Blick von der gut vernähten Wunde ab und griff zu ihrem Holzschälchen. Sie nahm einen Finger voll der gift-grünen Paste und strich ihn vorsichtig auf die Wunde. Was keine so gute Idee war... Vans Körper zuckte nämlich unter ihrer Berührung zusammen und er jaulte auf, bevor er seine Augen aufschlug und wild umherfuhr. Natürlich, die Wirkung der Betäubung hatte schon längst nachgelassen! "Argh!", schrie er und wälzte seinen Körper ungeschickt herum. "Van, hör auf! Sei ganz ruhig!", sagte Hitomi in einen Ton, als würde sie einen Hund beim Tierarzt beruhigen wollen, der einen Spritze bekommen soll. Sie fasste seine linke Schulter und drückte sie zurück ins Bett. "Es ist schon gut! Ich bins nur Hitomi!", redete sie weiter auf ihn ein und strich ihm beruhigend über die Stirn. Der kalte Schweiß stand ihm dort bereits und Hitomi drückte ihn sanft zurück auf die Matratze , wo er nun auf dem Rücken lag und sie immer noch erschrocken anstarrte. "Hast du starke Schmerzen?", fragte Hitomi, die schon das schlimmste befürchtete. Van schüttelte den Kopf: "Nein... Ich bin nur erschrocken... Wo sind wir hier?" "In einem Krankenzimmer in Merles Katzendorf...", klärte ihn Hitomi auf und legte Vans verletzten Arm vorsichtig an seine Körperseite. "Dann sind wir also noch angekommen?", hackte er nach und seine Augen, die nun so ungewohnt unernst waren, fixierten Hitomi genau. "Ja sind wir... Aber jetzt muss ich dir die Wunde versogen, die dir dieser elende Waldkeiler zugefügt hat...", meinte Hitomi und griff nach Vans Ellenbogen. "Erschrick nicht, das ist jetzt ein wenig kalt und kann sogar weh tun...", warnte sie ihn und nahm erneut eine großzügige Portion der Heilpaste. Geschickt schmierte sie die Creme über die Naht, bis alles bedeckt war, dann ließ sie Vans Arm los und er hörte auf zu schreien. "Es tut also doch weh...?", fragte sie, obwohl sie die Antwort schon kannte. "Ja, schon ... ein wenig....", gab Van zu und versuchte einen Blick auf die Wunde zu erspähen. Hitomi war jetzt aber schon wieder dabei den Verband herum zu wickeln und tat dies langsam und extrem vorsichtig. So einfach war das aber nun nicht mehr, weil der Arm so nah an Vans Körper lag. "Sag mal Van, schaffst du es, die aufzusetzen?", wollte sie wissen und blickte ihn fragend an. Van nickte bestimmt und stützte sich mit dem linken Arm auf der Matratze auf um sich aufzurichten. Seine Muskeln spannten sich mühsam, als er einigermaßen aufrecht da saß. "Alles klar?", fragte Hitomi. "Ja, mir geht's prima!", fauchte er zurück. Hitomi merkte, dass sie den Bogen womöglich überspannte, wenn sie weiterhin so überfürsorglich war. So machte sie sich wieder daran, den Verband um die Wunde zu wickeln und tat das langsam, schon fast zu langsam. Du führst dich ja auf wie ein Teenager, dachte sie sich, während sie vieldeutige Seitenblicke auf Vans straffen Oberkörper warf. Vans Haut war braun gebrannt und goss ihn wie in Bronze. Noch dazu hatten seine dezenten, aber durchaus vorhandenen Arm- und Bauchmuskeln abermals diesen "griechische Götterstatue" - Effekt. Verdammt, konnte er nicht irgendetwas anhaben? Ihr Puls schlug nämlich mittlerweile so schnell, dass sie befürchtete ihre Hände würden augenblicklich zu zittern anfangen. "Kannst du das auch?", fragte Van nun skeptisch. "Ja, das werde ich wohl noch hinkriegen... Ich musste oftmals kleine Schrammen meiner Schüler verarzten...", meinte Hitomi im gleichgültigen Ton. "Gut...", meinte er zufrieden und seine Fauch-Attacke von eben erschien nur noch wie ein plötzlicher Aussetzer. Hitomi spähte nun nicht mehr auf Vans Oberkörper, sondern machte ihr Aufgabe beflissen weiter, bis sie schließlich die beiden Enden des Verbandes verknoten konnte. "So, das wärs...", meinte Hitomi und ließ Vans Arm los. Von seiner Seite kam auf einmal nichts mehr, und als Hitomi fragend in seine Augen sehen wollte, sah sie nur errötete Wangen, und einen seltsam stierenden Blick, der sich augenblicklich von ihr abwandte und die scheinbar furchtbar interessanten Faltenwürfe der Bettdecke musterte. Er räusperte sich und starrte immer noch auf die Bettdecke. Was sollte das denn nun? Obwohl Hitomi nie eine derartige Gefühlsregung bei Van erwartet hatte, war sie sich relativ sicher, dass er gerade ihren Körper, durch das durchscheinende Nachthemd hindurch, genauso betrachtete hatte, wie sie seinen zuvor. Das kam nun wirklich überraschend! Aber schließlich war Van auch nur ein Mann... So tat Hitomi dies im Gedanken als völlig belanglos ab und überbrückte die peinliche Pause, in dem sie nach Vans Hand griff. "Kannst du sie bewegen? Vielleicht wurden schlimme Nerven getroffen..." Van stieg sofort in das Fluchtloch mit ein. "Ja, ich kann sie bewegen...", meinte er und bewegte prüfend einen Finger nach dem anderen. "Gut, dann hat Nouga gute Arbeit gemacht...? "Wieso Nouga?" "Er hat dich verarztet." "Kann er das denn?" "Ich nehme an, schließlich hat er deine Wunde sauber zugenäht, ohne dir noch mehr zu schaden...", erläuterte Hitomi sachlich. Van nickte und Hitomi wollte seine Hand wieder loslassen, als Van sie fest hielt. "Wie geht es dir überhaupt? Ist dir etwas schlimmeres passiert?", fragte Van mit einem besorgten Blick auf ihre Stirn und die verschrammten Arme. Moment mal, irgendwas stimmt hier nicht. Machte sich Van etwas Sorgen um sie? "Ähm, nein, nicht wirklich... Nur ein paar Schrammen...", erwiderte sie und winkte ab. "Gut, dann bin ich ja beruhigt..." Wie bitte? Er war beruhigt? Ist er vielleicht auch mit dem Kopf gegen den Türstock gestoßen, als Hitomi noch im Delirium war? Hatte er vielleicht so etwas wie ein Trauma wegen seiner Schmerzen? "Ist auch alles ok mit dir...?", hackte Hitomi erneut nach und versuchte dabei möglichst harmlos zu klingen. Sie dachte nicht daran, ihr Hand aus seiner zu nehmen. "Ja, wieso?" Van wirkte nun sogar unbekümmert! Wo war bitte seine übliche mürrische Miene geblieben? "Du bist anscheinend... besorgt um mich...", meinte sie sachte. Van starrte sie etwa verwirrt an. "Ja, warum auch nicht? Schließlich war ich es, der uns in diesen Schlamassel reingeritten hat. Wenn ich dich nicht allein im Wald hätte stehen lasse, wärst du mir wahrscheinlich gar nicht gefolgt und es wäre nie dazu gekommen... Ich hätte es sowieso von Anfang an verhindern können, indem ich mit dir nach Farnelia zurückgekehrt wäre...", sagte er und sein braunen Augen sahen sie nun zum ersten mal wieder ernst an. Jedoch auf eine nette Weise... "Ach was! Dann hättest du mich einkerkern müssen um mich am mitreiten zu hindern... Ich bin dir schließlich nachgeritten... Und wäre ich nicht so sturköpfig, wäre es nie so weit gekommen... Du hättest einen schönen Tag bei der Jagd verbracht und ich hätte im Schloss wieder den ganzen Tag daran gedacht, was ich dir noch alles sagen will...", gesteht im Hitomi und schüttelt den Kopf. Dann lachte Van. Zum ersten mal seit sie wieder auf Gaia war, lachte er kurz und erheitert auf. "Es nützt nichts wenn wir uns jetzt gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben... Es ist nun mal passiert... Und wir sind beide gerade so davon gekommen...", meinte er und nahm eine stabilere Sitzhaltung ein. Hitomi gab nur einen zustimmenden Laut von sich, denn sie musste es erst verdauen, dass Van soeben gelacht hatte. Van war aber anscheinend noch nicht fertig, mit seiner ungewohnt verständlichen Analyse der Situation. "Außerdem hast du mich gerettet", fügte er hinzu. "Wenn du nicht da gewesen wärst, wäre ich jetzt vermutlich tot. Du hast es geschafft uns hierher zu bringen und du hättest es nicht besser machen können..." Hitomi war es nun, die ein wenig errötete: "Ach was... so toll war das nun auch wieder nicht..." "Doch, das war es... Ohne dich wäre ich verloren gewesen...", meinte er bestimmend. Hitomi lächelte ein wenig. "Ach Van, wenn du nur immer so reden würdest...", schwelgte sie und dachte an all die Momente des Streits, die so schön hätten sein können. Aber na ja, sie war ja selbst schuld an alledem... Hätte sie sich nur nie von ihm abschotten lassen, dann wären sie schon sehr viel weiter gekommen. Sie drückte seine Hand fester und sah ihm tief in die finsteren Tiefen seiner Augen. "Ich wünschte wirklich, wir könnten öfter so da sitzen und reden... Ohne Zwang und irgendwelche Hintergedanken... Das wäre soviel besser für uns beide..." Van verzog ein wenig das Gesicht, wusste aber anscheinend nicht recht, was er darauf antworten sollte. Hitomi packte die Gelegenheit am Schopf, und sagte ihm endlich das, was sie ihm schon so lange sagen wollte. Die ganze Zeit über hatte sie sich so viele Gedanken gemacht, sich tiefe Schuldgefühle gemacht und all das Schlechte in sich hinein gefressen. Aber nach dem Gespräch mit Allen war ihr endlich vollends klar geworden, dass es egal war, was sie tat und sagte, Van musste es kapieren. Es musste kapieren, dass sie erst wieder eine einigermaßen vernünftige Beziehung zu einander aufbauen konnten, wenn sie die Vergangenheit hinter sich ließen, einen Schlussstrich machten und neu Anfingen... Doch wollte er das überhaupt? Hatte er jemals darüber nachgedacht? "Weißt du Van, wir müssen das alles hinter uns lassen...", begann sie. "Ich weiß wie schwer die vergangenen beiden Jahrzehnte für dich waren, glaub mir, auch für mich waren sie nicht leicht, aber wenn wir ewig auf all unseren Fehlern herumreiten, kommen wir nicht weiter... Und ich möchte weiterkommen! Ich möchte dich nicht vollends verlieren... Ob als Freund oder... auch anders..." Sie war immer leiser geworden, hielt Vans undurchdringlichen Blick aber stand. "Ich möchte dass du mich als Frau ansiehst... Ich bin nicht mehr das 16-jährige Mädchen von damals, mit ihren Tarot-karten und den vielen Visionen... Ich bin erwachsen geworden...", flüsterte sie nur noch. Van hatte ihr ruhig zugehört und sagte jetzt: "Das tue ich bereits..." "Was?", wollte Hitomi wissen und ermunterte ihn, indem sie seine Hand noch einmal drückte. Vans Blick verschleierte sich nun irgendwie und sein Gesicht rückte näher an sie heran. "Dich als Frau ansehen...", hauchte er mit seiner tiefen Stimme. Dann konnte Hitomi nichts mehr sehen. Sie konnte nicht mehr denken. Sie konnte nur noch spüren, wie Van sie küsste, auf die Lippen und mit soviel Sanftgefühl, dass sie verrückt wurde! Insgeheim hatte sie sich das schon sooft vorgestellt, Van zu küssen, dass sie jetzt einfach seine Schultern umschlang und den Kuss mit solcher Intensität erwiderte, dass jedes weitere Wort zwischen ihnen unnötig erschien... "Das tue ich bereits...", wiederholte Van und wartete erneut auf eine Antwort. "Was?", fragte Hitomi, und verdrängte diese kleine Illusion von ihrem ersten Kuss mit Van schnell aus ihrem Kopf. Es stimmte, sie hatte sich das sehr oft vorgestellt, viel zu oft, während der 13 Jahre ihrer Abwesenheit. Da war es kein Wunder, dass sie von einem Tagtraum überrannt wurde, jetzt wo Van auch noch halbnackt vor ihr saß. Sie ließ seine Hand los und es wurde sofort besser. "Was tust du bereits?", fragte Hitomi, um den Faden wieder aufzunehmen. Vans Blick wurde irgendwie traurig. "Ich versuche es wirklich besser zu machen , Hitomi, und nicht mehr sooft mit dir zu streiten...", meinte er. "Aber trotzdem werde ich die Vergangenheit nie vergessen und damit auch nicht, was du mir angetan hast. Niemals!", rief er aus und Hitomi spürte eine Welle seiner sonst üblichen Kälte auf sich schwappen. Was sollte sie nun dazu sagen? Vermutlich war das alles zwecklos... Für Van schien das Gespräch beendet, welches so viel länger hätte sein müssen, und er legte sich deshalb auch zurück auf die Matratze, auch um seine Arm zu schonen. Hitomi ließ es fürs erst gut sein und warf ihm die Decke über. "Schlaf noch ein wenig, ruh dich aus... Es ist noch nicht einmal morgen...", sagte sie und erhob sich von seinem Bett. Wahrscheinlich würde sie diese momentane Ausgeglichenheit von Van nicht mehr so schnell erleben... Sie betrachtete noch einmal sein Gesicht mit dem markanten Profil, ehe sie das Licht löschte und sich leise selbst in ihr Bett legte... Eine knappe Stund später hielt Hitomi es aber nicht länger im Bett aus und stand auf. Zum einen war da die Tatsache, dass sie mit Van in einem Zimmer war, und dies beherrschte ihre Gedanken so sehr, dass sie nicht mehr klar denken konnte, geschweige denn einschlafen konnte. Dankbarerweise wurde es draußen hell und das erste dämmrige Tageslicht, das durch das winzige Fenster drang, offenbarte ihr einen Stapel frischer Kleidung am Fußende ihres Bettes, welcher vermutlich schon länger dort lag. Van schlief wieder tief und fest, immer noch geschlaucht von den Strapazen der vorherigen Nacht und so konnte Hitomi sich getrost im Zimmer umziehen. Die einfache cremefarbene Leinenhose passte ihr sehr gut und das weite blaue Oberteil war so furchtbar bequem, dass sie es am liebsten immer tragen würde. Darunter trug sie eine Art Unterhemd, welches aus einem seltsam flexiblen Stoff gewebt war, sich ihrer Körperform anpasste und unter dem Busen mit Fischbein verstärkt war. Hitomi empfand dies aber als sehr bequem und die Funktion als eine Art Büstenhalter außerordentlich praktisch. Zufrieden verließ sie den Raum und achtete diesmal besonders darauf, nicht mit dem Kopf gegen den Türstock zu knallen. Sie kam in hinaus in ein langes Zimmer. Genau in der Mitte stand ein riesiger Runder Tisch, der mindestens 20 Leuten Platz bot. Sonst war nichts auffälliges im Raum, nur zwei handgewebte Wandteppiche und palmartige Gewächse in den Ecken. Es befanden sich auch noch jeweils zwei Türen an jedem Zimmer-Ende und eine kleine Kochnische war links neben der Eingangstür angebracht. Alles wirkte sehr harmonisch und einfach, was in Hitomis Augen jedoch sehr viel angenehmer war als all der Prunk im Schloss von Farnelia. "Na, hast du Hunger?" Die Frage kam von Nouga, der am Herd über einem kleinen Kessel Stand, welcher einen überaus köstlichen Duft verströmte und Hitomi sofort Magenknurren bereitete. "Da fragst du noch?!", meinte sie spitz und ging zu Nouga hinüber. "Was ist denn das köstliches?", fragte sie neugierig und warf einen skeptischen Blick über Nougas Schulter. "Oh, Gemüsesuppe... Leider nichts gegen all die Delikatessen im Schloss...", entgegnete er. "Ach was!" Hitomi winkte ab. "Das hier schmeckt bestimmt viel besser...", meinte sie und sog den Duft des frischen Gemüses in sich ein. "Setz dich, ich bringe dir gleich etwas...", meinte Nouga gleichmütig. Hitomi tat wie ihr geheißen und setzte sich auf den erstbesten Stuhl, der aus robustem, dunklen Holz gebaut war. "Wie geht es unserem König?", wollte Nouga wissen, als er ihr eine tiefe Holzschüssel mit der köstlichen Suppe und ein Stück Brot reichte. "Oh, gut... denke ich...", sagte Hitomi vage. "Ich habe ihn jedenfalls so verarztet, wie du es mir gesagt hast." "Hm, gut..." Nouga wandte sich wieder dem Herd zu und warf ein paar Kräuter in die Suppe. Hitomi löffelte derzeit fleißig ihrer Schüssel lehr und spürte wie sich ihr Magen mit der guten Mahlzeit füllte. "Die ist ja so lecker, Nouga!", lobte sie dann und war selbst erstaunt, wie vertraut sie mit dem Katzenmann umging. Als hätten sie sich schon lange gekannt... Wahrscheinlich lag das aber einfach an Nougas offenem Charakter. Nouga lachte kurz auf und bedankte sich für das Lob. "Sag mal, was ist das überhaupt für ein Haus hier? Wohnen nur Merle und du hier?", fragte Hitomi dann und strich den letzten Rest der Suppe mit dem Brot aus. "Oh, ja, normalerweise schon... Aber das hier ist das Gemeinschaftshaus, für alle. Jeder kann hierher kommen, egal zu welcher Tageszeit. Er bekommt dann etwas zu essen oder einen Schlafplatz. Außerdem finden hier alle Versammlungen statt, die das Dorf betreffen...", erklärte er ihr ohne sich umzudrehen. Hitomi gefiel diese Idee. Ein Ort, wo man sich willkommen fühlen konnte. Sie fühlte sich tatsächlich so. Nur wurden ihre Gedanken dadurch getrübt, dass Merle, die Matriarchin des Dorfes immer noch einen starken Hass auf sie hatte. Ob sich das jemals ändern würde? Hitomi nahm ihre lehre Schüssel und trug sie zu Nouga hinüber. "Wo ist Merle jetzt? Ich denke, dass ich einmal mit ihr reden muss. Das Auftauchen von Van und mir muss sie ziemlich durcheinander gebracht haben...", wollte sie wissen. "Sie ist unten im Kindergarten. Zwar macht sie als Dorfoberhaupt sowieso schon jede erdenkliche Arbeit, aber die Arbeit mit den Kindern will sie sich nicht nehmen lassen...", sagte er und schnupperte prüfend an der brodelnden Suppe. "Wie finde ich dort hin? Meinst du ich kann sie besuchen?" "Sicher. Das ist ganz leicht zu finden. Das große, runde Haus neben der alten Eiche... Nicht zu verfehlen...", meinte er und lachte. Hitomi war sich da nicht so sicher, wandte sich aber trotzdem schon zur Tür. Dann fiel ihr noch etwas ein. "Sag mal Nouga, welche Funktion hast du eigentlich in diesem Dorf? Doch nicht etwa Arzt oder Koch?", meinte sie skeptisch. "Oh, ja... Offiziell bin ich für solche Dinge zuständig...", meinte er, fügte dann aber noch mit einem schelmischen Grinsen und blitzenden Augen hinzu, "aber eigentlich bin ich nur Merles Liebhaber..." Hitomi ging kopfschüttelnd den Hang hinunter und dachte über Nouga nach. Er war wirklich ein seltsamer Kerl, aber sie hatte das Gefühl dass er so was wie Merles bessere Hälfte war.... Wenn sie gleich mit der Matriarchin aufeinander stoßen würde, wird sie bestimmt ihre schlechtere Seite zu spüren bekommen... Sie ging weiter und hielt stetig Ausschau nach einer großen, alten Eiche. Erst war Hitomi im Zweifel ob der Kindergarten wirklich so einfach zu finden war wie Nouga getan hatte, aber sie erblickte den Baum sofort, nachdem sie das Dorf mit den Augen überflogen hatte. Am Rand des Dorfes, nahe einem kleinen Weiher, stand der Baum mit der großen, runden Hütte in seinem Schatten. Schon von hier aus konnte sie Kindergeschrei hören. Sie musste einen anderen Pfad nehmen, um dahin zu gelangen, und als sie näher kam sah sie eine spielende Horde Kinder um die alte Eiche herum rennen. Merle stand mitten unter ihnen und warf einem kleinen, rothaarigen Katzenmädchen einen Ball zu, wobei sie zugleich ein waches Auge auf den Rest der Kinder hatte. Es war ein seltsamer Anblick: Merle lachte, ja strahlte regelrecht und tollte mit ihren Schützlingen herum. Ihre Katzenaugen leuchteten und all der Hass, der sonst wie ein Nebelschleier auf ihnen lagen, war wie weggefegt. Sie war glücklich... Hitomi trat vorsichtig näher, mit der bösen Vorahnung, dass sie gleich die Idylle zerstören würde. Tatsächlich wurde sie sofort von Merle bemerkt und diese hörte abrupt mit dem Ballspielen auf und schickte das kleine Katzenmädchen zu den anderen Kindern. "Hallo Merle...", sagte Hitomi zaghaft. Merles Lippen pressten sich zu einen dünnen Strich zusammen und sie nickte nur dezent. Hitomi fühlte sich plötzlich selbst wie ein kleines Kind das etwas verbrochen hatte und es nun seiner Mutter gestehen musste. "Ähm, ich wollte mit dir reden, falls zu Zeit hast...", erklärte sie und stand nun nur noch mit einem zwei-Meter Sicherheitsabstand vor Merle. Merle blickte sie kalt an. "Wie du siehst habe ich gerade eigentlich zu tun... Da die Kinder aber gerade Spielpause haben, habe ich kurz Zeit...", meinte sie bestimmend. Hitomi wurde zusehend unsicherer. Wie sollte sie das ganze am besten Anpacken? Sie hatte sich praktisch keine Gedanken gemacht, was sie Merle sagen wollte. Sie wusste nur, dass sie ihr etwas sagen MUSSTE! Jetzt da es soweit war, fühlte sie sich jedoch irgendwie nackt und entblößt unter Merles unerbittlichem Blick. "Es geht um mich und Van, und darum, dass wir nun hier sind....", begann sie zögernd. Merle nickte und schaute prüfend zu den Kindern hinüber. "Ich höre...", sagte sie abwesend. "Ich weiß, dass du nicht gut auf uns beide zu sprechen bist. Und ich kann auch verstehen, wenn es dir nicht gefällt dass wir nun hier sind. Aber ich glaube es wäre an der Zeit zu vergeben. Zumindest Van. Es war in gewisser Weise meine Schuld dass er so geworden ist... Also lass ihn aus dem Spiel...", sagte Hitomi vorsichtig, kam aber nicht sehr weit, denn Merle unterbrach sie unhöflich. "Du willst, dass ich vergebe?! Um mir das zu sagen, kommst du hier runter? Das stellst du dir aber ein bisschen einfach vor, Hitomi..." Hitomi spürte ihre eigene Unsicherheit nur zu deutlich, was sie erheblich nervte. Sie war niemand, der schnell nachgab. In ihrem alten Leben hatte sie zu den Siegern gehört, nicht zu den Verlierern. Gegenüber Merle war sie aber eindeutig die Unterlegene. "Vielleicht ist das etwas zuviel verlangt, aber so kann es doch nicht bleiben Merle... Denk doch mal an Früher, wie es da war. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, dachte ich doch, dass wir Freundinnen wären...", sagte Hitomi beflissen. Merle lachte kurz auf und ihre spitzen Eckzähne blitzten dabei auf. "Ich finde es wirklich amüsant, wie du dich hier abquälst, Hitomi... Und das nur für diesen egoistischen König, der nun schwächlich da oben in Bett meines Hauses liegt? Du musst wirklich naiv sein!", meinte sie kalt. Hitomi spürte, wie sich ein Klumpen in ihrem Magen bildete und sie sah flüchtig zu Boden. "Ich glaube nicht, dass Van ein schlechter Mensch ist. Im Grunde überspielt er mit seiner mürrischen Art doch nur, was er in Wirklichkeit fühlt...", meinte Hitomi leise und wunderte sich selbst ein wenig über ihre Worte. "Du hasst mich Merle, das ist in deiner Situation verständlich, aber ich bitte dich, hasse nicht Van...", flehte Hitomi nun und blickte in Merles Augen. Sie waren ganz klar, so wie ein wolkenloser Himmel an einem Sommertag. Sie schienen Hitomi anzuhaften und ihr jeglichen Mut auszusaugen, doch sah nun nicht mehr den puren Hass, sondern etwas anderes, etwas was sie noch nie zuvor bei Merle gesehen hatte. "Ich erinnere mich, dir das gesagt zu haben Hitomi. Aber eigentlich habe ich kein Recht dich zu hassen. Auch du hast nur das getan, was dir wichtig war. Ich wollte meinen Traum von einem Katzendorf verwirklichen, dachte aber es ohne Vans Hilfe nicht zu schaffen. Ich war wütend, verletzt und eifersüchtig darauf, dass Van an dich dachte und nicht an mich...", sagte sie und trat dabei weiter in den Schatten des Baumes. "Doch dann traf ich Nouga und ich bekam wieder Hoffnung. Er war mein Halt und im Prinzip war Van dann schon vergessen. Den Schmerz, diese Wunde die sein Verhalten zurückgelassen hatte, konnte ich aber nicht vergessen..." Hitomi konnte kaum glauben was sie da hörte. Wollte sich Merle etwa bei ihr entschuldigen? "Merle...", flüsterte sie. Die Katzenfrau sah sie an. "Du musst jetzt nichts weiter sagen Hitomi. Ich werde dir nicht verzeihen, und Van auch nicht. Aber ihr seid jetzt Gäste in meinem Dorf und ihr werdet es gut haben, solange ihr hier seid. Ich will Van zeigen, dass ich es auch ohne ihn geschafft habe...", erwiderte sie. Hitomi nickte. "Ich verstehe..." Insgeheim hoffte sie, dass das ein Anfang war, ein Anfang von einer besseren Zukunft. Vielleicht würde sie eines Tages wieder normal mit Merle reden können und vielleicht würde Merle es schaffen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Merle wollte ihr noch etwas sagen, als eines der Katzenkinder vom Gebäude herüberrief: "Mama, kommst du wieder zum Ballspielen?" Es war das Mädchen von vorhin und als Hitomi sie nun näher betrachtete wurde ihr einiges klar. Das Mädchen hatte zwar sehr beiges Fell, aber eindeutig Merles rote Haare und Nougas kristallene Augen. Es war ihre Tochter! --------------------------------------- Nachwort: Na, ist das eine Überraschung? ^------^ Also ich meine das mit der Tochter... Das ist mir übrigens ganz spontan so eingefallen und ich habs mit eingebaut. Merle Junior findet auf jeden Fall noch mehr Verwendung in dieser Geschichte... *höhö* Sonst find ich das kapitel selber ein wenig seltsam... Vorallem bin ich mir nicht sicher, ob ihr das mit dieser Tagträumerei und den Vielen Gedankenrücksprüngen gecheckt habt. Natürlich zweifle ich nicht an eurem Leseverständnis, nur habs ich vielleicht nicht ganz klar gemacht. Ich wollte es jedoch flüssig schreiben , nicht mit irgendwelchen *** oder ~~~~ Kennzeichnungen... Das macht man in einem Buch auch nicht. ok. es ist ja jetzt nicht viel passiert in diesem kap, aber denkt ja nicht, dass Van jetzt plötzlich ein braves LÄmmchen gworden ist. er ist einfach nur ein bissl erledigt. und merle ist auch immer noch schlecht auf hitomi und van zu sprechen, hat sich in dieser situation aber nur wegen den kindern zurückgehalten. aber sie wird sich bessern, versprochen... übrigens freut es mich auch, dass euch kapitel 13 so gefallen hat. darauf bin ich echt stolz! Gefällt mir selbst sehr gut. ok. see you next chapter! ich setz mich gleich an die Tasten! Gruß, Chiyo-san ps: Hört euch das neue Coldplay album an... *gg* Kapitel 15: Harmonie -------------------- Hallo liebe Leute... Auf ein neues Kapitel! Diesmal hab ich mich doch wirklich beeilt, oder? ^---^ Ich hoffe, es ist kein Schund dabei rausgekommen... Auf jeden Fall ist es eines meiner schwächeren kapitel. Ich konnts schon mal besser. Spätestens kapitel 17 wird wieder klasse, weil das hab ich schon komplett im kopf... An dieser Stell nochmal danke, danke, danke an alle Kommi-Schreiber! Ohne euch wäre ich nichts! >_______< *schluchz* Und noch etwas: Ich weiß nicht ob ich das schon mal gesagt habe, aber wenn jemand von euch eine ens von mir kriegen will bei einem neune kapitel, bitte ich nochmal um ausdrückliche Bescheidgabe. irgendwie ist das bis jetzt ein bissl untergegangen. Kurz nochetwas zum letzten kap: Der Kuss von Hitomi und Van WAR NICHT REAL! DAs war nur ein Tagtraum von Hitomi. Ich hatte nur irgendwie das gefühl, dass das manche von euch falsch verstanden haben. Beim echten KUss wird das natürlich ausführlichst beschrieben... *höhö* ok. viel spaß beim lesen jetzt und bis zum nachwort! ------------------------------------------------- Kapitel 15: Harmonie Nach einer Woche Aufenthalt im Katzendorf war es endlich soweit, dass Van sich wieder soweit fit fühlte, nach Farnelia zurückkehren zu können. Seine Wunde war zwar noch nicht annähernd richtig verheilt, doch bestand Van darauf, wieder ins Schloss zurückzukehren. Auch Hitomi dachte sehnsüchtig an Farnelia zurück. Sie vermisste Tomu, welcher sich vermutlich schon die größten Sorgen machte, auch wenn er immerzu mit Miguel unterwegs war. Ebenso vermisste sie die kühlen Gemäuer des Schlosses, das frische Obst, das Brisaeye ihr jeden Morgen brachte und die Gespräche mit Brisaeye selbst. Zwar war es im Katzendorf sehr schön, aber sie konnte Van gut verstehen. Die Stimmung war einfach nicht mehr die selbe. Anfangs ließ es sich noch aushalten, aber als es Van immer besser ging, fand er leider auch wieder zu seiner altbewährten Laune zurück, was die Atmosphäre in Merles Haus nicht besser machte. Merle war so schlecht auf die beiden zu sprechen wie eh und je, und würde es Nouga nicht geben, hätte Van vermutlich jetzt noch ein paar mehr Verletzungen... Genauso war es nun bei ihrem letzten Frühstück im Gemeinschaftshaus. Nouga stand am Herd und goss den Tee auf, während Van miesgelaunt am Tisch saß und stumm seine Portion Reisbrei aß. Er rümpfte die Nase, als er die weiche Masse mit einem großen Holzlöffel zum Mund führte. Er war wieder ganz der eitle König, dem man nichts recht machen konnte und Hitomi schwor sich insgeheim ihn auf dem Heimritt an das barbarische Entengrillen zu erinnern. Auch Merle saß an der runden Tafel und half ihrer Tochter beim Zerteilen einer großen, roten Frucht. Die kleine Nora kam Hitomi immer noch ziemlich unwirklich vor. Als sie im Kindergarten die Identität des kleinen Katzenmädchens erkannt hatte, wollte sie ihren Augen gar nicht trauen. Aber es war unübersehbar, dass sie Merles und Nougas Tochter war. Merle hatte es absichtlich vermieden das Thema anzuschneiden, da war sie sich sicher. Als sie Nora nämlich am Abend mit zum Essen gebracht hatte, war sogar Van so verblüfft, dass er sich an seiner Suppe verschluckte. Das Thema Nora wurde einfach übergangen! Erst nachdem Hitomi selbst Nouga darauf ansprach, wurden sie dem Mädchen vorgestellt und Hitomi überkam erneut ein unheimlicher Schauer beim Anblick der kristallenen Augen des Mädchens und der roten Haare, die das Zeugnis ihrer Eltern waren. Jetzt wurde das Thema erst recht nicht mehr angesprochen und Hitomi führte das auf Merles Groll zurück. "Hier der Tee...", meinte Nouga und stellte einen hohen Tonbecher vor Hitomis Nase, was sie aus ihren Gedanken riss. "Danke...", murmelte sie und beobachtete erneut Mutter und Tochter auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches. Merle wirkte so liebevoll und fürsorglich, einfach völlig ausgewechselt. Das hatte sie noch nie an ihr gesehen und doch machte es den Eindruck, als könnte es gar nicht anders sein... Als Oberhaupt des Dorfes und Mutter hatte sie also ihr Glück gefunden, da war Hitomi sich ganz sicher. Deshalb konnte sie nun gar nicht mehr verstehen warum sie trotzdem so wütend und gekränkt war, wenn sie an die Vergangenheit dachte. Wieso konnte sie das nicht einfach vergessen, wo sie doch alles zu haben schien um glücklich zu sein? Für Hitomi war die Tatsache, dass Merle eine Tochter hatte, ein ausschlaggebender Grund sich über Merles Verhalten Gedanken zu machen. Allein ihre Verabscheuung für ihres und Vans Verhalten erschien ihr das ziemlich abwegig. Steckt da noch mehr dahinter, als irgendjemand zugeben wollte? Oder dachte Hitomi einfach zuviel darüber nach? Die ganze Situation kam ihr einfach immer seltsamer vor und sie hoffte, dass sie es irgendwie schaffen konnte, die alten Zeiten zumindest annähernd wiederzubeleben. "Wann wollt ihr aufbrechen?", fragte Nouga um die Stille etwas aufzulockern. Da Van keine Anstalten machte etwas zu erwidern, sprang Hitomi für ihn ein: "Ich denke, nach dem Frühstück..." "Gut...", sagte Merle dazu, worauf sie sich einen leicht verärgerten Blick von Nouga einfing. "Sie sind unsere Gäste Merle, sie können gehen wann sie wollen...", stellte er klipp und klar fest. Merle sah ihn nur mit einem kalten Blick an. "Das weiß ich... Aber wahrscheinlich können sie es gar nicht mehr erwarten nach Farnelia zurück zu kehren..." Das sagte sie so, als wären Hitomi und Van gar nicht mehr anwesend. Nougas Augen verengten sich zu Schlitzen und zum ersten Mal spürte Hitomi eine unglaubliche Kraft und Stärke bei ihm. "Merle, reiß dich wenigstens ein mal zusammen! Der unbeabsichtigte Besuch des Königs und Hitomi war überhaupt kein Problem für uns und müsste vielleicht selbst dir einmal wie ein Wink des Schicksals vorkommen...", meinte er kalt und starrte Merle wütend an. Seine Partnerin machte nur ein pfeifendes Geräusch und widmete sich wieder ganz ihrer Tochter. Nougas Aura legte sich wieder in den Normalzustand und er fragte Hitomi gelassen, ob er ihr noch mehr Reisbrei bringen solle. Hitomi aber lehnte ab und nippte stumm an ihrem heißen Tee. Auch Van hatte anscheinend kapiert, dass es jetzt unklug wäre, selbst noch seinen Senf dazu zu geben und so aßen alle still vor sich hin, was Hitomi mindestens genauso ärgerte. Sie sah Nora an und bemerkte zum ersten mal ihren traurigen Blick. Vielleicht hatte das kleine, rothaarige Mädchen schon mehrere dieser Situationen miterlebt? Nach dem Frühstück packte Hitomi ihre und Vans spärlichen Habseligkeiten zusammen und ging dann nach draußen, wo Van schon ungeduldig neben Kurò stand und wartete. Sein verletzter Arm war in eine Bandage gelegt worden und Hitomi beobachtete wie sein Gesicht von Schmerz verzogen war, als Kurò seinen Herrn leise schnaubend begrüßte, nur dabei eben gegen dessen Arm stieß. Hitomi machte sich sorgen, wie sie den Ritt nach Farnelia schaffen sollten. Sie mussten beide auf Kurò reiten, weil Merle nicht bereit war, eines ihrer 5 Pferde, die allgemein dem Dorf gehörten, herzugeben. Es würde ein langer Tag werden, wo es noch dazu sehr heiß werden würde. Hitomi spürte schon jetzt wie ihr die morgendliche Schwüle den Schweiß aus den Poren trieb... "Habt ihr alles?", fragte Nouga zur Sicherheit und überprüfte noch einmal selbst, ob die Satteltaschen an Kuròs Sattel auch wirklich festgezurrt waren. Dort befanden sich ein paar Früchte, Brote und Wasser, als Verpflegung für die Reise. "Ich denke schon...", meinte Hitomi und lächelte. Nouga war wirklich ein netter Kerl und sie war froh über seine Hilfe. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, so hatte er doch ein wenig die Kontrolle über Merle und ihre Launen, das wusste sie. Sie betrachtete die hochgewachsene Matriarchin noch einmal, wie sie mit Nora an der Tür stand und scheinbar unbeteiligt wirkte. Hitomi war sich sicher, dass Merle in Wirklichkeit eine sehr warmherzige und gütige Person war, aber ihr Stolz und Ehrgefühl überwiegte, wenn sie auf sie und Van traf. Darin war sie dem König selbst unheimlich ähnlich... "Dann wünsche ich euch eine gute Heimreise...", sagte Nouga und verbeugte sich leicht vor dem König. Van nickte nur grimmig. Er wollte hier wegkommen. "Wir werden schon gut ankommen... Ich danke euch für eure Gastfreundschaft und für deine ärztliche Versorgung Nouga...", meinte Hitomi dann ehrlich und reichte Nouga zum Abschied die Hand. "Von mir aus seid ihr jederzeit wieder willkommen...", versicherte ihr Nouga und warf dabei einen prüfenden Blick zu Merle. Diese aber tat immer noch völlig unbeteiligt und kraulte ihrer Tochter abwesend den Kopf. Hitomi wusste, dass es absolut zwecklos war, sich jetzt noch irgendwie mir Merle gut zu sprechen, also ging sie auf Kurò zu und tätschelte sanft dessen Hals. Van machte Anstalten in den Sattel zu steigen, hatte dabei aber keinen Erfolg. Nouga war aber schon zu Stelle und half ihm hinauf. Kurò wieherte kurz auf und legte verärgert seine Ohren an. Sobald Van saß, versuchte Hitomi hinten aufzusitzen. Auch dabei half ihr Nouga und als sie die Zügel aufnahm, waren sie bereit zum Abritt. "Noch einmal danke für alles! Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen Merle, Nouga und Nora...", rief Hitomi ihnen zu, wobei sie vorsichtig ihre Fersen in Kuròs Leisten trieb, damit er wendete. "Auf Wiedersehen!", sagte auch Van und Nouga und Nora winkten ihnen hinterher. Nur Merle blieb wie versteinert an der Haustür stehen und starrte ihnen nach, bis sie im Wald verschwunden waren... Van und Hitomi ritten schon eine ganze Weile im Wald, wobei sie beide kein Wort sagten. Hitomi war nicht zu sprechen zumute. Sie musste ständig daran denken, dass eine Woche im Katzendorf kein bisschen dazu beigetragen hatte, die Differenzen mit Merle zu beseitigen... Das ärgerte sie und sie war sich sicher, dass Van sich auch ziemlich unwohl in seiner Haut fühlte. Sie wollte jetzt einfach gar nichts sagen... Jedoch war es Van, der den ersten Schritt machte. "Dass Kurò dich auf sich reiten lässt, finde ich einfach unglaublich...", meinte er leise. "Warum?" Hitomi wusste nicht, wie er jetzt darauf kam, also wartete sie erst einmal ab. "Normalerweise lässt er nämlich nur mich auf seinem Rücken sitzen und dass jemand fremdes wie du dazu fähig ist diese Tatsache zu brechen, ist wirklich erstaunlich..." Hitomi dachte kurz über eine passende Antwort nach. "Vielleicht spürt er diese besondere Situation, dass du in Gefahr warst und Hilfe brauchst. Vielleicht akzeptiert er mich nur deshalb... Pferde sind ja nicht dumm", sagte sie langsam. "Nein, das sind sie in der Tat nicht...", erwiderte Van knapp. Hitomi fand es seltsam, wie Van plötzlich redete. Er wirkte irgendwie melancholisch und in sich zurückgezogen, ganz anders noch als heute morgen. Beschäftigte ihn wirklich Kuròs Verhalten so sehr, oder war das noch etwas anderes? "Und denkst, dass es an etwas anderem liegt?", hackte sie dann nach. Van sagte lange nichts und seufzte dann. "Ich weiß es nicht, Hitomi..." Die Art und Weise, wie er ihren Namen aussprach, lies Hitomi eine Gänsehaut über den Arm laufen. Ihr wurde plötzlich bewusst, wie nah sie Van im Moment eigentlich war... Ihr linker Arm lag um seine Taille und ihre Brust war sanft an seinem starken Rücken gedrückt. Sein ungekämmtes Haar roch nach Schlaf und Reisbrei, wobei seine Haut einen intensiven Geruch aus Schweiß und Erde abgab. Hitomi wünschte sich nichts mehr, als dass sie bald Rast machen würden, denn sie befürchtete dass Van ihr klopfendes Herz bemerken würde... "Vielleicht ist es ein Zeichen, Van...", murmelte Hitomi dann, nur um sich von ihren Gefühlen abzulenken. "Vielleicht...", erwiderte er. Sie ritten lange Zeit ohne Pause und als sie schon kurz nach der Mittagszeit an den großen See kamen, merkte Hitomi erst, welche Umwege sie auf der Jagd genommen hatten. Sie mussten regelrecht im Zickzack geritten sein! Jedenfalls war Farnelias Hauptstadt nun nicht mehr fern. Kurò graste friedlich am Waldrand, während Van an der sanft-abfallenden Uferböschung saß und eines der Brote aß. Es war ein schattiges Plätzchen, umgeben von diesen zarten, lavendelfarbenen Blumen, wie sie sie schon zu Beginn der Jagd gesehen hatten und Hitomi musste bei Vans Gesichtsausdruck grinsen. Er sah schlichtweg zufrieden aus. Dieser Augenblick erinnerte sie an Früher, als sie mit ihm und Escaflowne allein im Wald saß, auf der Flucht vor den Zaibacher-Gymilefs. Zwar befanden sie sich eigentlich in einer Gefahrensituation, so waren sie doch beide schlichtweg zufrieden, weil sie zum ersten mal ein richtig ernstes Gespräch geführt hatten. "Tut es noch sehr weh?", wollte Hitomi wissen, als sie sanft Vans Narbe am Arm berührte, nachdem sie den Verband abgewickelt hatte. Wie jeden Mittag war es an der Zeit, die Wunde einzucremen. "Nicht mehr sehr...", meinte Van, biss sich dabei aber tapfer auf die Unterlippe. Hitomi betrachte eingehend die Verletzung durch den wilden Eber, konnte aber nur zufrieden mit den Kopf nicken. Es wurde immer besser. Die seltsamen Blasen verschwanden allmählich und die gereizte Haut im Umkreis der Narbe färbte sich allmählich wieder normal. Mit etwas Glück konnte Millerna schon in einer Woche die Fäden ziehen. Bis sie die Wunde aber Millernas ärztlichem Auge vorsetzen konnten, musste noch Nougas selbst-gemixte Tinktur herhalten. Hitomi nahm einen Finger voll aus dem Holzdöschen und strich die grüne Paste vorsichtig auf die Wunde. "Kobe wird gar nicht erfreut sein, wenn er das sieht...", meinte Van und lachte kurz bitter auf. "Hm, wahrscheinlich... Aber ich werde ihm sagen, dass du selbst keine Schuld daran trägst..." "Danke, aber das wird ihn nicht beruhigen. Er hasst es, wenn ich zur Jagd gehe, und jedes Mal warnt er mich erneut vor solchen Dingen...", gestand Van ihr. "Ach, mach dir keine Sorgen... Das wird schon werden...", meinte Hitomi und konzentrierte sich wieder mehr auf ihre Arbeit, schon allein um ihr trommelndes Herz ignorieren zu können. Sie legte ihm den Verband wieder vorsichtig an und arrangierte den Arm wieder in die Schlaufe. "Die scherst dir doch auch sonst nichts darum, was Kobe denkt, warum als jetzt?", sagte Hitomi eigentlich mehr im Spaß, wusste aber sofort, dass sie zu weit gegangen war. Van funkelte sie verärgert an und verzog seine Augenbrauen wieder in beunruhigende Tiefen. "Kobe schert sich ja auch nie darum, was ich eigentlich möchte. Für ihn zählen nur meine königlichen Pflichten und sonst nichts...", maulte er. "Ach komm schon Van! Das kannst du ihm ja wohl nicht übel nehmen! Es ist nun mal sein Job als erster königlicher Berater seiner König an seine Pflichten zu erinnern...", zischte Hitomi zurück. "Du hast doch keine Ahnung!", fauchte Van und stand abrupt auf, so abrupt es eben ging, mit nur einem gesunden Arm. Wie ein kleines Kind stampfe er hinunter zum See, schleuderte seine Stiefel weg und ging soweit ins Wasser, bis es ihm an den Oberschenkeln stand. Hitomi fühlte sich nun wieder mal in der Stimmung ihn zurecht zu rücken und zog daher ebenfalls ihre Stiefel aus. Dann folgte sie Van ins kühle Nass. "Wieso blockst du eigentlich immer ab, wenn es dir zuviel wird? Das hast du schon immer gemacht und es ist nicht gut, Van!", schrie sie ihm entgegen und stürmte in den türkisen See, dass es nur so spritzte. "Ach lass mich doch in Ruhe!", murrte er und ging zwei Schritte weiter in den See hinein. "Nein, warum auch! Wir haben jetzt eine Woche lang im selben Raum geschlafen und ich habe mich um dich gekümmert, obwohl du seit meiner Ankunft hier immer eklig zu mir warst! Ich mache mir Sorgen um dich und ich sehe gar nicht ein, dich im Ruhe zu lassen...!", protestierte Hitomi und folgte ihm unaufgefordert. Van riss geschockt seinen Mund auf. "Du bist wirklich dreist!", war das einzige was ihm einfiel. "Ich war nicht immer eklig zu dir!" "Ach, das müsste ich doch besser wissen!", schrie sie ihn an. "Ja?!", schrie er zurück. "JA!!!!" Hitomi baute sich vor ihm auf und merke, dass sie beide genauso schwer schnauften. "Es tut gut, dich mal wieder richtig anzuschreien...", meinte sie und lachte dann. Diese ganze Situation war so selten komisch, dass sie einfach lachen musste und nicht mehr aufhören konnte. Van wirkte erst verblüfft und er starrte sie an, als würde sie eine seltsame Krankheit haben, aber zu Hitomis Verwunderung stimmte er dann in das Gelächter mit ein. Er lachte, wie sie es noch nie gesehen hatte, lachte laut und ohne Hemmungen, bis sie beide vollkommen außer Puste waren und sich Hitomi auf ihre Oberschenkel stützen musste. "Aua...", maulte Van und einem letzten, verbliebenen Lacher. "Jetzt tut mir wieder der Arm weh..." "Oh, das wollte ich nicht!", entschuldigte sich Hitomi und betastete vorsichtig seinen Arm. "Geht schon...", versicherte er ihr und machte mit seinem gesunden linken Arm einen wegwerfende Handbewegung. Sie schnauften immer noch, sagten jedoch kein Wort mehr. Hitomi bespritzte ihr heißes Gesicht mit etwas Wasser und schaute dann zufrieden über den großen, blauen See hinweg. Trotz der schwülen Temperaturen war es ein schöner Tag, der Horizont war weit und der Himmel nur vereinzelt mit ein paar bauschigen Wolken versetzt. Der Bergkamm, um welchen sich der See herumlegte war klar vom Himmel abgezeichnet, verschwamm jedoch nach hinten immer weiter in violette Schattierungen. Es war ein wunderschöner Anblick! "Was empfindest du, wenn du dein Land so betrachtest?", fragte Hitomi, als sie merkte, dass auch Van sich von der Landschaft fesseln ließ. "Ich weiß nicht...", sagte er nur knapp. Hitomi lächelte und schloss die Augen. "Vielleicht ist es das, was Kobe beabsichtigt. Er möchte wahrscheinlich einfach nur, dass du das Land, über das du herrscht, lieben lernst. Die wunderbare Landschaft, sowie auch seine Bewohner..." "Hm....", machte Van und nickte zustimmend. Hitomi öffnete ihre Augen wieder und sah dafür Van an. "Findest du es nicht auch wunderschön? Findest du es nicht fantastisch, wie schnell die Male des Krieges von zarten Blumen und kräftigen Bäumen überwuchert wurden? Ist es nicht fantastisch, auf was wir da gerade nieder blicken?", fragte ihn Hitomi. Van zögerte kurz bevor er antwortete. "Es stimmt: Mein Land ist wirklich wunderschön... Irgendwie ist mir das noch nie so recht bewusst gewesen...", meinte er dann und sah Hitomi tief in die Augen. "Welch Ironie, dass du mich erst darauf hinweisen musstest..." Er schmunzelte und blickte erneut in die Ferne. Am späten Nachmittag passierten sie das Stadttor von Farnelia. Hitomi fühlte sich etwas komisch in ihrer Haut, wie sie so auf einem Pferd mit dem König durch die Stadt ritt. Das war bestimmt kein alltäglicher Anblick für die Leute, jedoch achtete Hitomi gar nicht darauf. Sie wollte nur schleunigst in den Palast kommen, Van an Millerna übergeben, falls sie denn noch hier war und dann in ihr Bett gehen. Als der Palast immer näher in Sicht kam, fiel Hitomi ein riesiger Stein vom Herzen. Sie hatte Van wieder gut nach Hause gebracht! Sowie sie endlich im Palasthof standen, rannte auch schon einer der Wachen in den Palast um Kobe zu benachrichtigen. Hitomi, die den verletzten König durch das Eingangsportal begleitete, fiel plötzlich ein, dass Kobe ja nicht einmal davon wusste, war passiert war! Was würde er wohl denken, wenn sie nun einfach aufkreuzten? Vielleicht hatte Van recht und diesmal würde es wirklich Ärger geben... Sie kamen in den Thronsaal, wo augenblicklich Kobe und Millerna, knapp gefolgt von Tomu, auf sie zustürzten und sie mit Fragen bombadierten. "Geht es dir gut Van?!", rief Millerna alarmiert aus begutachtete sofort den bandagierten Arm. "Kanzaki-san, geht es ihnen gut?!", fragte Tomu ein wenig erschüttert und fiel Hitomi in die Arme. "Ja, ja... Es ist alles ok mit uns...", versicherte Hitomi ihnen allen und befreite sich von Tomus heftiger Umarmung. Van sagte für den Moment erst mal gar nichts, sondern ließ sich willig von Millerna abführen, um sich verarzten zu lassen. "Schön, dass ihr wieder hier seid...", sagte Kobe dann erleichtert, sobald die erste Aufregung verflogen war. "Ja, wir freuen uns auch...", murmelte Hitomi und ließ sich erschöpft auf einen der umstehende Stühle fallen. Tomu setzte sich neben sie und starrte sie unbeirrt an, so als könne er nicht glauben, dass sie es wirklich war. "Wir haben uns solche Sorgen gemacht...", sagte er kleinlaut. Hitomi nickte mitleidig. "Ich weiß, und es tut uns leid, dass wir nicht daran gedacht haben einen Boten zu schicken... Das war wirklich unverantwortlich...", bemerkte Hitomi und sah Kobe entschuldigend an. Der erste königliche Berater wirkte etwas verdutzt. "Ähm... wir haben doch einen Boten bekommen...", meinte er leise. "Wirklich?" Hitomi dachte, dass er da vielleicht etwas missverstanden hatte und schaute skeptisch zu Van hinüber, der nur ratlos mit seiner linken Schulter zuckte. Millerna hatte inzwischen die Wunde abgewickelt und warf ein prüfendes Auge darauf. "Nouga scheint seinen Job gut gemacht zu haben...", meinte sie zufrieden und legte ein dickes Stück Stoff auf die Verletzung. "Komm mit in dein Zimmer Van, dort werde ich dich komplett verarzten...", befahl Millerna und Van erhob sich kompromisslos. Wahrscheinlich wollte auch nur mal seine Ruhe haben. Hitomi beobachtete wie sie durch die Tür zur großen Halle verschwanden, ehe sie sich wieder Kobe zuwandte um den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. "Also... ihr habt einen Boten bekommen, der euch gesagt hat, dass es Van und mir gut geht? Von wem?" Kobe lächelte ein wenig verschmitzt. "Dann wird sie es euch verschwiegen haben...", sagte er wie zu sich selbst. Er fixierte Hitomi mit seinen weisen, grauen Augen. "Merle hat einen Boten geschickt..." Hitomi riss vor Verblüffung ihren Mund auf. "Im Ernst? Merle hat den Boten geschickt?", stieß sie aus. Kobe nickte nur wissend ,drehte sich dann um und verließ langsam schlendernd den Thronsaal. "Dann ist ja alles noch mal gutgegangen...", seufzte Hitomi und fühlte sich nun endlich in der Verfassung Tomu ausgiebig zu drücken. Dann hatte Merle also tatsächlich den Boten geschickt... Vielleicht hatte sie sich doch in ihr getäuscht. Merle´s Hass auf sie war mit etwas Glück vielleicht nicht mehr so tief wie zuvor... Am Abend nahm Hitomi ein ausgiebiges Bad und zog sich anschließend ein seidenes Nachthemd über, um in ihr weiches, wartendes Bett zu hüpfen. Tomu lag schon in den Federn und beobachtete sie mit einem glücklichen Gesicht. "Ich bin froh, dass ihnen nichts passiert ist, Kanzaki-san...", murmelte er leise. Hitomi lächelte gütig und setzte sich kurz zu ihm an den Bettrand. "Ich hätte dich doch niemals alleine auf diesem schrecklichen Planeten gelassen...", scherzte sie und streichelte dem kleinen Junge über sein pechschwarzes Haar. Tomu verzog seine Mundwinkel leicht nach oben. "Ich finde es toll hier... Miguel ist jetzt mein bester Freund, und sonst sind auch alle sehr nett zu mir...", gestand er ihr. "Ich weiß, ich weiß... Das freut mich für dich...", erwiderte Hitomi sanft. "Schlaf jetzt Tomu, und freu dich auf Morgen, einen neunen, aufregenden Tag auf Gaia..." Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn und entfernte sich vom Bett. Tomus Unschuldigkeit war wirklich süß, dachte sich Hitomi, als sie gedankenverloren auf den Balkon hinaus trat, um vor dem Schlafen noch einmal Gaias nächtliche Luft einzuatmen. Sie ging bis ganz vorne zu Balustrade und ließ ihren Blick wie so oft zuvor über das Land schweifen. Sie sah den Mond hoch am Himmel stehen und daneben die Erde, ihre Heimat, die ihr im Moment soweit weg schien, als hätte sie nie dort gelebt. Überrascht stellte sie fest, dass sie keinerlei Heimweh-Gefühle verspürte. Was hatte sie schließlich verloren? Ein langweiliges Stadtleben, einen gewöhnlichen Job und ein paar wenige Freunde. Darunter war jedoch keiner, der ihr so viel bedeutete, um auf die Erde zurückkehren zu wollen. Es war schon komisch, aber sie wollte im Moment nicht weg aus Farnelia... Sie sog ein letztes Mal den Duft von Erde und Bäumen ein, ehe sie sich umdrehte um aufs Zimmer zurück zu kehren. "Auch noch wach?", fragte sie dann eine vertraute Stimme. Hitomi blickte instinktiv nach rechts, zum Balkon von Van, der etwas erhöht über ihrem lag. "Ja, die Luft ist so schön hier draußen...", meinte sie und lächelte zu Van hinauf. Er stand locker an der Balustrade gelehnt und sein verletzter Arm war erneut in eine etwas stabilere Bandage gelegt worden. "Was hat Millerna gesagt?", wollte Hitomi wissen und trat näher in Vans Richtung heran. "Oh, alles in Ordnung. Nouga hat die Wunde tatsächlich gut vernäht und mit ihrer Medizin wird das ganze schnell verheilen, meinte sie..." Hitomi sah, dass er ein wenig lächelte. "Es geht dir also gut?", hackt Hitomi zweifelnd nach. "So könnte man das sagen, ja...", meinte Van und schnaufte tief durch. "Dann bin ich ja beruhigt..." Hitomi lächelte und trat an ihre Balkontür heran. "Gute Nacht, eure Majestät... Ich wünsche euch einen geruhsamen Schlaf...", meinte Hitomi und machte einen ironischen Hofknicks. Van reagierte zum ersten mal nicht verärgert auf solche Anspielungen und lachte stattdessen kurz auf. "Gute Nacht, Hitomi...", sagte er warm und Hitomi ging schleunigst in ihr Zimmer, bevor Van ihre Unsicherheit bemerkte. Sie schloss die Tür und lehnt sich anschließend mit klopfendem Herzen gegen sie. So tragisch die Jagd auch geendet hatte und so seltsam diese Woche im Katzendorf auch verlaufen war, sie hatte doch etwas gutes gehabt: Van konnte wieder lachen. ---------------------------------------- Nachwort: Hm, das kapitel ist auch irgendwie nicht so lange geworden, fällt mir grad auf. Ich hoffe euch hats trotzdem gefallen, obwohl ja jetzt nichts dramatisches passiert ist. Aber Van kann wieder lachen und das ist schon wichtig, finde ich... Ich glaube, Van ist richtig sexy, wenn er loslacht... *schwärm* ok. aber reden wir nicht von gutaussehenden Männern, sondern von anderen dingen... *gg* viel gibts zu dem kapitel wirklich nicht zu sagen... hat schon jemand von euch rausgefunden, wer Allens mysteriöse geliebte ist? ich glaube nicht. naja, ich sage jetzt einfach mal bis zum nächsten kapitel... Da wirds dann wieder verschwörerisch... *zwinker* Ach ja, Leute, vergesst nicht, heute am 2. Juni findet bzw. fand Live8 statt. vielleicht hams manche von euch gekuckt oder warn sogar dort. Jedenfalls finde ich das wirklich ein wichtige und tolle aktion die den armen menschen in afrika helfen soll. Also geht auf www.live8live.com oder auf www.deine-stimme-gegen-armut.de und gebt eure stimme ab! Bis dann, Chiyo-san Kapitel 16: Brisaeyes Geheimnis ------------------------------- Hallo alle zusammen! Puh! Es ist fei manchmal echt anstrengend, unter druck zu schreiben, wisst ihr das? ok, ich hab mir jetzt für dieses kapitel wieder etwas mehr zeit gelassen, und ich muss auch nicht in dem Sinne "unter Druck" schreiben, aber ich hab trotzdem immer im Hinterkopf, dass ihr ja alle ganz scharf aufs nächste kap seid und ich befürchte, dass ich mir irgendwann ärger einheimsen werde... ^.^ Bei diesem kapitel is es mir echt schwer gefallen, richtig flüssig zu schreiben. Wie ich schon mal erwähnt habe, habe ich kapitel 17 ja bereits voll im kopf, das problem is nur, dass das ganz sechzehnte so ne art Überleitung zum 17 und auch zum 18 ist, aber das so hinzukriegen, dass man nicht zu viel und nicht zu wenig andeutet, war echt doof. Mir ist zeitweise echt nix mehr aufgefallen, vor allem diese Brisaeye-Sache richtig zu verschleiern ist blöd... Aber lest selbst! (Hört sich an wie in einem Shakespeare Stück... "Seht selbst, mein Herr!" *gg* I LOVE SHAKESPEARE! ^-----------^) Bis zum Nachwort... ----------------------------------------------- Kapitel 16: Brisaeyes Geheimnis "Van! Wo schleifst du mich denn hin?", protestierte Hitomi lauthals durch den Schlosshof. Van hatte sie nach dem Frühstück am Arm gepackt und sie kommentarlos aus dem Schloss gezogen, wobei sie sich jetzt gerade zielstrebig auf den Stall zu bewegten. "Hab doch einfach Geduld! Es ist eine Überraschung...", meinte er freudig erregt und zerrte sie weiter. "Wie soll ich denn Geduld aufbringen, wenn du mich halb entführst...!", beschwerte sich Hitomi und riss sich entnervt von Van los. Dieser blieb sogleich stehen und sah ihr tief in die Augen. "Entschuldige meine Hartnäckigkeit, aber ich möchte so schnell wie möglich deine Reaktion sehen...", meinte er beschwichtigend. Hitomi gab einen knurrenden Laut von sich. "Musst du mich dann gleich so herumzerren?" Vans ernster Blick wurde weich. "Bitte...", sagte er leise. "Na gut...", sagte Hitomi und kaum als sie es ausgesprochen hatte, packte er sie wieder und zog sie weiter. Im Stall angekommen, war Hitomi aber keineswegs mehr böse wegen Vans radikalen Maßnahmen. Dafür war die Überraschung viel zu schön. "Und das soll wirklich mir gehören?", wollte Hitomi nur noch einmal zur Versicherung wissen. "Ja, voll und ganz...", bestätigte Van und grinste schelmisch. Vor ihr im dämmrigen Morgenlicht des Stalles stand ein Pferd. Es war in etwa so groß wie Kurò, zeichnete sich jedoch mit einem senftfarbenen, schon fast goldenen Fell und geschmeidiger weißer Mähne und Schweif aus. Es war ein anmutiges Tier, mit langen, sehnigen Beinen und schlanken Fesseln, als wäre es dazu geboren über weite Felder zu traben. "Ich dachte mir, nach deinem letzten Fehlschlag in Sachen Pferd, wurde es an der Zeit, dass du mal ein richtiges Tier bekommst...", meinte Van gelassen. Hitomi lächelte und ging fasziniert von seinem Anblick auf das Pferd zu. Es betrachtete sie mit seinen gutmütigen Augen und neigte seinen edlen Kopf. "Wie heißt es?", fragte Hitomi und tätschelte vorsichtig den Hals des Pferdes. Dabei wackelten die pinselartigen Ohren erst nervös, bevor sie sich entspannt nach vorne legten. "Sie scheint dich schon zu mögen...", meinte Van anerkennend und trat zu Hitomi hinzu. "Ihr Name ist Minnmay und ich habe sie von einem Gestüt in Fraid holen lassen. Man sagte mir, sie sei die zuverlässigste und anmutigste Stute im ganzen Land. Sie braucht viel Zuwendung...", erklärte er und wartete auf Hitomis Reaktion. Diese konnte es immer noch nicht so ganz fassen, dass dieses wunderschöne Tier jetzt ihr gehören sollte... Nicht, weil sie sich ein Pferd gewünscht hatte, sondern weil diese Geste von Van ein Beweis dafür war, wie sehr er sich nun verändert hatte. Sie beobachtete ihn über den Hals des Pferdes hinweg... Die Sonnenstahlen, die durch das kleine Stallfenster hereinspitzten, durchdrangen sein schwarzes Haar und ließen sein Gesicht aufleuchten. Seine Augen blickten irgendwie in die Ferne, voll darauf konzentriert Minnmay mit einer Hand zu streicheln. Er wirkte vollkommen zufrieden! "Und sie ist wirklich mein Pferd?", bemerkte Hitomi, um den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. "Ja, so wahr ich der König bin...", erwiderte Van und grinste. "Hm, dann sollte ich das vielleicht noch mal prüfen lassen...", scherzte sie und duckte sich unter dem Pferdehals hinweg. Sie stand jetzt ganz nah bei Van. Sie konnte ganz deutlich seinen Atem hören und roch den Geruch von Pferden, der nun auch von ihm ausging. "Das war wirklich eine tolle Überraschung...", meinte sie leise. Sie fragte sich in diesem Moment, wie weit sie gehen konnte und wann Van wieder abblocken würde, aber sie wollte es riskieren. Ganz vorsichtig, darauf bedacht nicht an den bandagierten Arm zu stoßen, umarmte sie ihn und flüsterte ihm ein "Dankeschön" ins Ohr. Zu ihrem eigenen Erstaunen legte Van seine linke Hand auf ihren Rücken und erwiderte die Umarmung mit derselben Intensität. So standen sie ein ganze Weile da, aneinander geschmiegt und in vollkommener Ausgeglichenheit. In diesem Moment schien nichts zwischen ihnen zu stehen, kein Hass, keine Abneigung und kein Stückchen Vergangenheit. Es gab nur sie und das leise schnauben der Pferde ringsum. Hitomi wollte ihn nicht mehr loslassen, weil sie befürchtete, so brutal in die Realität zurückgeschleudert zu werden. Als Van Anstalten machte, sich von ihr zu lösen, berührten sich für einen kurzen Augenblick ihre Wangen und Hitomi spürte kleine Bartstoppeln. Sie hätte sie am liebsten berührt, mit ihren eigenen Händen, aber ihre Idylle wurde schließlich zerstört als Tomu aufgeregt in den Stall gelaufen kam. "Hier steckt ihr also! Ich soll euch holen, zur Verabschiedung!", keuchte er und hielt sich am Türstock fest. Van räusperte sich. "Welche Verabschiedung?" Dann ließ er Hitomi vollends los. "Ähm... die von Dryden und Millerna... Sie kehren doch heute auf ihr Handelsschiff zurück!", meinte Tomu, ein wenig entsetzt darüber, dass Van so etwas vergessen konnte. "Oh, stimmt! Da war doch irgendwas...", gestand sich auch Hitomi ein und lächelt Tomu verlegen an. "Also ihr Erwachsenen seid manchmal wirklich nicht zu verstehen!", maulte er und verließ den Stall genauso schnell wie er gekommen war... Als Hitomi hinter Van und Tomu über den Schlosshof zurück folgte, fühlte sie sich plötzlich irgendwie zerrissen und leer. Sie wäre am liebsten für den Rest des Vormittags bei ihrem neuen Pferd Minnmay geblieben. Im Stall herrschte eine ganz andere Atmosphäre und in gewisser Weise nahm sie es Tomu krumm, dass er sie und Van dort gestört hatte. Er war gerade so sanft und weich gewesen, als würde gar nichts mehr zwischen ihnen stehen! Aber es hatte wohl noch nicht sollen sein... "Ach da seid ihr ja!", rief ihnen Millerna schon von weitem entgegen und lächelte Hitomi zu. "Ich dachte schon, ihr habt uns vergessen...", meinte sie, während sie ihre kleine Handtasche auf einen der umstehenden Koffer stellte. Hitomi grinste verlegen. "Ach, das könnten wir doch nie...", meinte sie und wechselte dabei einen vielsagenden Blick mit Van. Sie warf einen prüfenden Blick in die Runde und bemerkte das irgendetwas fehlte... Natürlich Allen, doch der Ritter des Himmels war schon vor Tagen abgreist. "Wann kommt denn die Flotte?", wollte Van wissen und Dryden antwortete anstatt seiner Frau: "Sie müsste jeden Moment über den Felsen-Berg kommen. Er schirmte seine Augen gegen die Sonne ab und deutete über den Palast hinauf zum Berg, der wie ein Mauer über sie hinaufragte. Hitomi beschlich ein beklemmendes Gefühl, sowohl beim Anblick der hohen Felsenwand, als auch bei dem von Tomu, der etwas verloren bei Miguel herumstand. Für ihn musste es sehr schwer sein, dass er nun gehen musste. Sie waren seit der 20-Jahr-Feier die besten Freunde geworden, aber wie so vieles im Leben hatte alles einmal ein Ende. Dryden und Millerna musste wieder ihrer Arbeit und ihren Verpflichtungen nachgehen. Der kleine Urlaub in Farnlelia war zu Ende... Während Van sich noch kurz mit Dryden unterhielt, wandte sich Hitomi an Millerna, um ihr das Versprechen abzunehmen, ihr sofort bescheid zu sagen, wenn ihr Baby auf der Welt war. Es konnte jetzt immerhin nicht mehr so lange dauern... "Natürlich mache ich das...", versicherte Millerna ihr und nahm bedächtig ihre Hand. "Und du versprichst mir, dass du auf Gaia bleibst... Ich denke, dass du allen hier gut tust, besonders Van. Pass auf ihn auf. Er scheint endlich etwas weicher geworden zu sein...", bemerkte sie und spähte zum besagten König hinüber. Auch Hitomi musste zugeben, dass sie damit völlig recht hatte und insgeheim hoffte sie, dass Vans Gemütswandel zumindest minimal etwas mit ihr zu tun hatte. Als sie auf Gaia ankam, hatte ja nichts darauf hingedeutet... Im Gegenteil, ihr Anwesenheit hatte alles nur noch schlimmer gemacht! Aber jetzt, wo sich Van so angeregt mit Dryden unterhielt, völlig zwanglos und gut gelaunt, war das schon gar nicht mehr war. Hitomi unterhielt sich noch eine Weile mit Millerna, bis sie alle aufhorchten, als sie das ferne rotieren von Windmotoren hörten. Tatsächlich kam im nächsten Moment die gesamte Himmelschiffsflotte von Dryden, bestehend aus sage und schreibe 15 Schiffen, über dem Felsenplateau hervor. Es waren gewaltige Schiffe, genau wie Hitomi sie in Erinnerung hatte. Allesamt wurden sie angetrieben von sich ständig drehenden Seitenpropellern, wobei riesige Geröllsteine als Ballast angebracht waren. Die Flotte flog majestätisch über Farnelia hinweg und brachte auch Tomu zum Staunen. "So, dann ist es wohl so weit...", meinte Millerna traurig. Hitomi bemerkte das kleine Bei-Schiff, welches nun im Sinkflug auf sie zukam, um Dryden, Millerna und Miguel aufzulesen. Sie beobachteten allesamt, wie das Schiff, eine kleinere Version der riesigen Handelschiffe, wie ein Hubschrauber im Schlosshof landete und dabei soviel Staub aufwirbelte, dass Hitomi schützend eine Hand vor Augen halten musste. Die Propeller-Blätter kamen zum Stillstand und aus dem kleinen, runden Fluggerät kam ein ebenso kleiner Mann, gefolgt von zwei Pagen, auf sie zugesteuert und verbeugte sich schon 10 Meter vorher vor seinem Herrn. "Seid gegrüßt, Herr Dryden... Lady Millerna...", meinte er beflissen und verbeugte sich vor seinen Vorgesetzten. Dann war Van an der Reihe: "Es ist mir auch eine Freude euch wiederzusehen, eure Majestät...", erklärte er und verbeugte sich noch tiefer vor Van. Van nickte nur, wobei Dryden das Wort übernahm. "Gut auch euch wieder zu sehen, Verwalter. Ich hoffe, in meiner Abwesenheit gab es keine Probleme?" "Keine Probleme, mein Herr... Alles wie immer!", versicherte der kleine Mann schnell. Hitomi hatte den Eindruck, dass er ein wenig mitgenommen aussah. Er hatte tiefe Augenringe und eine fahle Haut. Wahrscheinlich keine leichte Aufgabe, auf eine ganze Handelsflotte aufzupassen... "Können wir aufbrechen?", fragte Dryden. "Aber natürlich mein Herr...", versicherte der Verwalter und schon kamen die Pagen um das herumstehende Gepäck in den Flieger zu laden. "Dann wird es jetzt an der Zeit, Auf Wiedersehen zu sagen...", meinte Millerna und umarmte Hitomi. "Pass gut auf Van auf!", sagte sie Augenzwinkernd und ging sogleich weiter zu ihm, um auch ihn zu umarmen. Hitomi verabschiedete sich noch von Dryden und Miguel und musste schmerzlich mit ansehen, wie Tomu die Tränen kamen. "Ihm wird der Abschied am schwersten fallen...", bemerkte Van, als er sich nun neben Hitomi stellte. "Das stimmt allerdings...", stimmte Hitomi zu und beobachtete missmutig, wie Tomu und Miguel sich einen freundschaftlichen Handschlag gaben. "Auf Wiedersehen! Hoffentlich sehen wir uns bald wieder!", rief ihnen Millerna zu, als das Gepäck komplett verstaut war. "Komm Miguel..." Schweren Herzens wandte sich der kleine, blonde Junge von seinem neune Freund ab und folgte seinen Eltern in das Flugzeug. Bevor sie einstiegen, winkten sie alle noch einmal und Tomu fiel es besonders schwer seine Hand zu heben. Traurig beobachtete er, wie das Luftschiff langsam in den Himmel stieg und geschwind der Handelsflotte folgte... "Du wirst ihn wiedersehen...", versicherte Hitomi ihrem Schützling und legte ihm zuversichtlich die Hände auf die Schultern. "Ganz bestimmt sogar...", bestätigte auch Van und kniete sich zu Tomu hinunter. "Vielleicht kannst du ja in ein paar Monaten, wenn die Flotte wieder hier durch kommt, eine Zeit lang mitfliegen? Das wäre doch bestimmt interessant...", schlug er vor. Hitomi hatte das zweite mal an diesem Tag ein Überraschungs-Erlebnis: Van war so fürsorglich, wie sie es noch nie erlebt hatte... Und dass er so aufmunternd zu Tomu sprach, bedeutete ihr einiges. Sie kniete sich ebenfalls zu Tomu hinunter und sah ihm tief in die Augen. "Van hat recht. Du wirst Miguel bald wieder sehen... Nur keine Angst..." Tomu nickte, ein wenig erleichtert, und drückte Hitomi dann so fest, dass sie fast umfiel. "Danke, Kanzaki-san...", sagte er und tat das gleiche auch bei Van. Auch das war ein ebenso schöner Moment, wie schon am Morgen im Stall, wenn nicht sogar noch schöner... Trotz all ihrer Ablenkungsversuche war Tomu zwei Tage später immer noch am Boden zerstört. Er lag den ganzen Vormittag im Bett herum und wurde dann von Van animiert, reiten zu lernen. Auch Hitomi verbrachte viel von ihrer Zeit mit Minnmay, Van und Kurò draußen auf den Feldern, wo sie Van dabei beobachtete, wie er Tomu auf einem kleinen, weißen Pony versuchte das Reiten beizubringen. Er war dabei sehr umsichtig und setzte alles daran Tomu eine Freude zu machen, um ihn von seiner Trauer abzulenken. Hitomi hatte das Gefühl, dass es besser wurde. Tomu konzentrierte sich ganz auf Vans Anweisungen und versuchte alles richtig zu machen. Es machte ihm Spaß und das war jedenfalls besser, als dass er ständig an Miguel dachte. Nach einem langen Reittag kehrte Hitomi ins Schloss zurück, wobei Van und Tomu immer noch vor der Stadtmauer waren und fleißig weiterübten. Hitomi öffnete ihre Zimmertür und ließ sich erschöpft auf ihr Bett sinken. Ihr Kleidung roch intensiv nach Pferd und sie wünschte sich nichts mehr, als ein Vollbad nehmen zu können. "Oh, wenn Brisaeye nur hier wäre...", seufzte sie leise und machte sich daran, ihre Reitstiefel auszuziehen. Schlurfend begab sie sich ins Badezimmer und wollte sich gerade im Spiegel betrachten, als die Tür aufging. "Du hast mich gerufen, Hitomi?", fragte Brisaeye als sie eintrat. Das schwarze Mädchen schloss bedächtig die Tür und wirkte zum ersten mal, seit Hitomi sie kannte, ein wenig abwesend. "Ähm, nein... nicht direkt...", erwiderte sie verblüfft. Dass Brisaeye nun tatsächlich hier erscheinen würde, hatte sie eigentlich nicht erwartet. "Oh, ich dachte...", murmelte Brisaeye und wandte sich wieder zum gehen. "Moment mal!" Hitomi hielt sie zurück. Irgendetwas war doch hier komisch. Sonst war das Zimmermädchen doch immer so fröhlich und ausgeglichen... Was war denn jetzt los? Ihr schwarzen, sonst so wachen Augen, schienen wie von einem Nebelschleier belegt und starrten seltsam an Hitomi vorbei, anstatt sie anzusehen. "Was ist denn los?", wollte Hitomi wissen und ging auf ihre Freundin zu. Zuletzt hatten sie lange miteinander geredet, als sie wieder von der Jagd zurückgekehrt war. Sie hatte ihr jedes Detail erzählt, vom jagen, von ihren Gesprächen mit Van, vom Gewitter, über den Aufenthalt im Katzendorf bis hin zu der Tatsache, dass Merle ein Tochter hatte. Es hatte ihr gut getan, jemanden zum zuhören zu haben... Brisaeyes jetziges Auftreten war jedoch völlig untypisch für sie. "Nichts... warum? Mir geht's gut... Wenn du mich nicht brauchst, gehe ich wieder...", sagte sie wenig überzeugend und öffnete die Tür erneut. "Nein, nein, nein... Du bleibst jetzt hier! Ich habe dich nicht wirklich gebraucht. Und wollte nur ein Bad nehmen und habe leise vor mich hingemurmelt, dass es gut wäre wenn du jetzt da wärst... Wie zum Teufel konntest du das hören?" Hitomi ging mit schnellen Schritten zur Tür und drückte sie wieder zu. Mit verschränkten Armen lehnte sie sich dagegen und wartete auf eine Antwort von ihr. Das war nämlich ein Thema, das ihr schon oft Kopfzerbrechen bereitet hatte. Es hatte schon häufig Situationen gegeben, wo Hitomi nach Brisaeye gerufen hatte, aber in so einer Lautstärke, dass sie es unmöglich hätte hören können. Und zu ihrem großen Erstaunen war Brisaeye jedes mal wie durch Zauberhand erschienen. "Was meinst du denn damit?", fragte das dunkelhäutige Mädchen unwissend und blickte kaum merklich zu Boden. "Naja, ich meine, dass du schon vor der Tür hättest stehen müssen, um das zu hören... Hast du vielleicht ein besonders starkes Gehör oder so?" Hitomi kam es ja selbst ein wenig albern vor, ihre neue Freundin wegen so einer Kleinigkeit anzuprangern, aber das beschäftigte sie wirklich schon eine ganze Weile. Was war ihr Geheimnis? "Hm, da liegst du gar nicht so falsch...", meinte Brisaeye und wandte sich von der Tür ab. Ihr Blick war immer noch gesenkt und ihre Rastalocken hingen ihr ins Gesicht. "Was auch immer es ist, du kannst es mir sagen...", redete Hitomi weiter. Ihre Neugierde war nun nicht mehr zu bremsen. Brisaeye war nun an den Tisch getreten und spielte abwesend mit der Tischdecke herum. "Es musste ja mal jemandem Auffallen... Ich hätte umsichtiger sein sollen...", sagte sie wie zu sich selbst. Hitomi trat an sie heran und suchte ihren Blick. "Brisaeye, was ist denn los? Was musste mal jemandem Auffallen?" "Dass ich viel zu gut höre..." "Und das ist ein Problem?" "Wenn man vom Volk des flüsternden Windes ist, ja...", sagte sie leise, kaum hörbar. Hitomi spürte, dass sie jetzt irgendeine Reaktion erwartete, dass sie entsetzt aufschrie oder verständnislos den Kopf schüttelte... Aber Hitomi tat nichts dergleichen. Sie stand einfach nur da und versuchte sich irgendeinen Reim aus Brisaeyes Worten zu machen. "Ähm, wie bitte?", sagte sie dann, als hätte sie schlecht gehört. "Vom Volk des flüsternden Windes? Und was hat das damit zu tun...?" Brisaeye war es jetzt, die ein wenig verdutzt aussah. "Du weißt nicht, was das bedeutet?" "Woher denn!" Hitomi versuchte ihr mit einem Blick klar zu machen, dass sie 20 Jahre auf Gaia praktisch verpasst hatte und viele Dinge dieses Planeten schlichtweg nicht kannte. Brisaeye lächelte ein wenig. "Dann habe ich mich praktisch gerade völlig umsonst verraten..." "Egal was du damit meinst, du kannst es mir erzählen...", erwiderte Hitomi um auf das Thema zurück zu kommen. Brisaeye sah ihr in die Augen, als wüsste, sie, dass ihr letztes Stündlein gekommen war... Sie setzte sich auf einen der Stühle und begann zu erzählen. "Das Volk des flüsternden Windes ist eines der ältesten Stämme auf diesem Planeten. Zwar nicht so alt wie das Drachenvolk, aber in weiter Vergangenheit sind wir ebenfalls von den Bewohnern Atlantis abstammend. Das besondere an uns ist unser Gehör...", sagte sie matt. "Das erklärt, warum ich jedes mal von deiner Tür stand, auch wenn du noch so leise gesprochen hast. Ich höre jedes Geräusch innerhalb und auch noch außerhalb des Schlosses. Es ist schwer für mich immer alles richtig zuzuordnen, und trotzdem bin ich stolz das zu sein was ich bin..." Hitomi hörte ihr aufmerksam zu. Sie fand es überaus faszinierend was ihre Freundin ihr da gerade erzählte. Brisaeye räusperte sich und fuhr fort: "In vergangenen Zeiten wurden die meisten unseres Stammes als Spione in den verschiedenen Königspalästen eingesetzt. Es war ein Privileg für jeden Adligen wenn er behaupten konnte, jemandem vom Volk des flüsternden Windes in seinen Reihen zu wissen... So kamen viele Kriegspläne und verdeckte Intrigen ans Licht." Jetzt musste Hitomi doch nach Luft schnappen. "Du bist doch nicht -", schoss es aus ihr heraus, doch Brisaeye unterbrach sie sogleich. "Nein! Nein! Ich bin keine Spionin! Bitte denk das nicht!", rief sie abwehrend. "Ich bin wirklich nur angestellte in diesem Palast! Aber es darf niemand von meiner wahren Herkunft erfahren! Wenn das rauskommt, könnte ich getötet werden!", sagte sie aufgebracht. Hitomi schnappte erneut nach Luft. "Getötet? Aber Brisaeye, was redest du denn da..." "Das ist mein Ernst!", rief sie verzweifelt. "Als man damals die Fähigkeiten unseres Volkes erkannte, und merkte, dass sie einem zum Verhängnis werden konnten, wurde unverzüglich damit begonnen, uns alle umzubringen. Es gibt jetzt nur noch 10 oder 20 von uns, die sich irgendwo in Gaia verstecken müssen, darunter auch ich...", sagte sie betrübt. "Aber Brisaeye! Jetzt herrscht doch Frieden! Das ganze ist doch schon ewig her! Niemand wird dich für die früheren Taten deines Volkes zur Rechenschaft ziehen!", beschwichtigte sie ihre Freundin und sah ihr in die schwarzen Augen. Für einen Moment glaubte sie dort etwas lodern zu sehen, etwas tiefes, dunkles, verstecktes, dort wo niemand hinsehen konnte. Schnell wandte sie sich ab und nahm Brisaeye an den Schultern. "Ich bitte dich, niemand wird dir etwas tun! Das ist doch alles Vergangenheit... Mach dich nicht verrückt..." Brisaeye schien dies aber nicht zu helfen. Sie griff nach Hitomis Hand und starrte sie an. "Du musst mir versprechen, Hitomi, dass du niemandem davon erzählst... Niemand darf davon wissen, weder Tomu, der König oder sonst jemand. Bitte! Ich muss mich auf dich verlassen können...", flehte sie. Hitomi fühlte sich etwas unwohl in ihrer Haut. Warum machte Brisaeye so ein Drama daraus? Das ganze war bestimmt nicht so schlimm, wie sie meinte. Sie selbst fand es ja sehr spannend, dass es so ein Volk tatsächlich gab. "Keine Sorge. Von mir niemand etwas erfahren, obwohl ich es für ziemlich unwahrscheinlich halte, dass dich jemand deswegen beschuldigen wird...", sagte sie leise und drückte Brisaeyes Hand. "Ich schwöre dir, dass niemand etwas von mir erfährt...", bekräftigte sie noch einmal. Das Zimmermädchen seufzte erleichtert. "Danke. Es bedeutet mir viel, jemandem vertrauen zu können...", gestand sie. Hitomi blickte ihr noch einmal in die Augen. Erneut glaubte sie dort etwas zu sehen, was ihr Angst machte. Etwas verborgenes... Schnell wandte sie sich ab und Brisaeye stand auf. "So, dann werde ich dir jetzt mal ein Bad machen...", sagte sie, wieder gut gelaunt und ging ins Badezimmer. "Ach, Brisaeye...", hielt Hitomi sie zurück. "Danke, dass du dich mir anvertraut hast..." Das Mädchen lächelte ein wenig. "Ja, ich bin auch froh..." Dann ging sie und Hitomi hörte Wasser plätschern. Hitomi blieb zurück und begann sich zu entkleiden. Sie war erleichtert, wieder ein wenig mehr Klarheit zu haben, aber irgendetwas in ihr erweckte den Drang, schnell Van davon zu berichten. Aber nein, das würde sie nicht tun. Sie hatte es versprochen. Gedankenverloren zog sie ihre Reitkleidung aus und bemerkte dabei nicht, wie zwei tiefschwarze Augäpfel sie beobachteten. Van betrachtete zufrieden den Erfolg des vergangenen Tages. Tomu saß jetzt nicht mehr krumm und schief im Sattel, sondern gerade und aufrecht. Er gewöhnte sich langsam an das Pferd und wurde immer besser mit der Zügelführung. Trotzdem wollte Van immer noch ein Auge auf ihn werfen. "Und, bin ich besser?", fragte Tomu scheu und blickte hilflos in Vans Augen. Van warf noch einmal einen abschätzenden Blick auf den Jungen, der im Kreis um ihn herum ritt und sagte dann grinsend: "Ja, du bist schon wirklich gut!" Sofort erhellte sich Tomus Gesicht und er atmete erleichtert aus. "Bald können wir schon zu zweit einen längeren Ausritt machen...", meinte Van und gebot Tomus weißem Pony Einhalt. "Wirklich? Kann Kanzaki-san auch mitkommen?", fragte Tomu und seine Augen strahlten noch mehr. Van lächelte in sich hinein, bei der Tatsache, dass er Hitomi immer noch so förmlich anredete und ihn selbst im Laufe des Tages kaum noch mit seinem Königstitel angesprochen hatte. Doch das machte ihm nichts aus, im Gegenteil. Er war sehr glücklich darüber, dass er das Vertrauen des kleinen, aufgeweckten Jungen so schnell gewonnen hatte und er fragte sich, warum er sich nicht früher für ihn interessiert hatte. Tomu war wirklich ein kleiner, gewiefter Kerl und Van hatte ihn sofort lieb gewonnen. Es betrübte ihn sehr, dass Tomu schon so früh seine Eltern verlieren musste und nun praktisch nur noch Hitomi hatte... Aber jetzt war er selbst da, und er würde dafür sorgen, dass Tomu eine tolle Zukunft haben würde. Er würde ihn auf jeden Fall im Schwertkampf unterrichten. Vielleicht würde einmal ein großer Krieger aus ihm werden? Vielleicht sogar eine neue Art von Krieger, jetzt da es nicht mehr nötig war, mit Gymilefs zu kämpfen. Van schwelgte in seinen Vorstellungen, wurde aber von Tomu schnell in die Realität zurück geholt. "Van? Was ist denn nun?" Van zuckte zusammen und besann sich darauf, Tomu eine Antwort zu geben. "Natürlich kommt Hitomi mit... Jetzt wo sie ihr neues Pferd hat, muss sie doch die Zeit so gut wie möglich nutzen...", sagte er und seine Gedanken schweiften wieder ab, als er daran dachte, wie sich Hitomi beim reiten anstellte. Sei war wirklich nicht schlecht, nur saß sie noch viel zu steif im Sattel und war noch nicht vertraut genug mit ihrem Tier. Er schmunzelte abermals in sich hinein, als er daran dachte, wie Hitomi verzweifelt versucht hatte, die grasende Minnmay zum galoppieren zu bringen... Es war zu komisch gewesen! "Hm... ja, dann müssen wir es aber bald machen...", sagte Tomu dann und tätschelte ausgiebig den Hals des Ponys. Van, der den grasenden Kurò zu sich gepfiffen hatte, blickte Tomu mit erhobener Augenbraue an. "Was meinst du damit?", fragte er, denn irgendwas an Tomus Ton kam ihm komisch vor. "Naja, wenn Kanzaki-san wieder auf die Erde zurückgeht... Dann muss ich ja mit...", sagte er leise. "Was? Auf den Mond der Illusionen?!" Van merkte, wie komisch sich seine eigene Stimme anhörte. Er streichelte gedankenverloren über Kuròs Mähne und starrte zu Tomu unentwegt an. "Du meinst, dass Hitomi zurück auf ihren Heimatplaneten geht?", fragte er nach und als er die Worte aussprach, fühlten sie sich irgendwie fremd und unecht an. Natürlich! Warum hatte er daran nicht gedacht? Innerhalb der letzten beiden Wochen hatte er doch tatsächlich seine einstiege Abneigung gegenüber Hitomis Auftauchen abgelegt. Er konnte das selber nicht ganz glauben, aber er hatte es wirklich AKTEPZIERT, dass Hitomi nun wieder hier war, in seinem Palast lebte und mit ihm Zeit verbrachte. Er hatte sich damit abgefunden! Und es machte ihm nichts mehr aus! Er fühlte sich gut, wenn er mit Hitomi zusammen war, und auch jetzt mit Tomu. Dass Hitomi wieder gehen könnte, war ihm gar nicht in den Sinn gekommen... Ja, sie konnte doch jeder Zeit gehen! Vielleicht plante sie das auch schon länger? Schließlich war sie ja nicht aus freien Stücken nach Gaia gekommen, sondern "durch einen dummen Zufall", wie sie ihm damals erklärt hatte... "Van? Alles in Ordnung?", fragte Tomu besorgt und beäugte seinen Reitlehrer misstrauisch. "Ja, ja.. alles in Ordnung...", meinte er nicht sehr überzeugend und machte Anstalten, in Kurós Sattel zu steigen. Irgendwie schaffte er es auch, jedoch nicht so geschmeidig wie sonst immer, wenn ihm auch nur der linke Arm zur Verfügung stand. Wie in Trance blickte über sein Land und obwohl es so schön wie immer in der untergehenden Sonne da lag, tat ihm das Herz weh. "Wir sollten jetzt zurück zum Palast reiten. Es wird bald dunkel und die Pferde sind müde... Und morgen ist auch noch ein Tag...", sagte er lahm und trieb Kurò sanft seine Fersen in die Seiten. Tomu tat es ihm gleich und sein weißes Pony trottete folgsam neben Kurò her. Van fühlte sich nun nicht mehr in der Stimmung zu plaudern. Ein dumpfes, seltsames Gefühl hatte sich nun in seinem Bauch breit gemacht und brachte ihn dazu, sein Gesicht zu verhärten, wie er es sooft in der Vergangenheit getan hatte. Er hatte den ganzen Tag über soviel gelacht, wie seit Jahren nicht mehr und jetzt kam es ihm so vor, als wäre es wieder wie früher, als Hitomi noch weg war. Wieso hatte er nicht daran gedacht? Er war es schließlich gewesen, der Hitomi´s Aufenthalt so scheußlich wie möglich gemacht hatte und der ständig garstig und gemein zu ihr gewesen war. Ja, sie hatte ihn verletzt, aber irgendwie wusste er schon gar nicht mehr warum. Dass Hitomi früher oder später wieder von hier weg gehen würde, hatte er wirklich nicht vermutet. Was wenn sie es wirklich tun würde? Wie konnte er sich dann von ihr verabschieden? Was sollte er ihr sagen? Und wie würde es danach werden? Im Moment hatte er das Gefühl, dass nichts schlimmer sein könnte... "Tomu? Glaubst du, dass Hitomi gehen wird? Dass ihr beide gehen werdet?", fragte er und blickte in Tomus noch so kindliche Augen. "Ich weiß es nicht...", begann er leise, "aber ich hoffe es nicht. Mir gefällt es hier auf Gaia. Ich habe hier viel mehr Freund als auf der Erde... Ich will gar nicht zurück!" Sein Gesichtsausdruck wurde trotzig und dann wieder traurig. "Ich hoffe es wirklich nicht..." "Ich auch nicht...", stimmte Van zu. Sein Herz stach wie nie zuvor. ------------------------------------------------- Nachwort: So, das wars auch schon wieder. echt seltsam, da sitzt man 5 Stunden da und schreibt und es kommt nix gescheites dabei heraus... Wie gesagt, diesmal ging das schreiben echt zäh. Und ich bin auch net so zufrieden mit dem Kap, aber naja. Was sagt ihr dazu? Ich hoffe das mit Vans Verletzung kam trotzdem raus. Ich habs am anfangs ehrlich gesagt vergessen zu erwähnen... Aber wundert euch net, warum er schon wieder reiten kann (von dürfen ist nicht die Rede! *gg*) Er hatte ja NUR eine Fleischverletzung, KEINEN Bruch... Und glaubt mir, Oberarmbrüche sind nicht lustig, ich kann ein Lied davon singen... Reiten könnte man da jedenfalls nicht mehr... Und Sorry an alle Allen-Fans. Ich weiß, er wurde schon lange nicht erwähnt und ist plötzlich verschwunden, aber mei. Er muss hald auch wieder seine Geschäfte machen... *gg* (Es ist echt schwierig, immer alle Charaktere miteinzubeziehen.) ok. gabs noch was zum letzten kapitel? irgendwelche mängel von eurer seite, auf die ich noch eingehene wollte? Glaub nicht... Oh doch! jemand von euch wollte wissen, ob Dornfels bals wieder kommt. Ich kann sagen, ja. Keine Sorge. Der wird irgendwann so wichtig sein, dass ihr ihr wünschtet, er wärs nicht. Er wird euch bestimmt ziemlich auf die Nerven gehen! *gg* Hm, und was haltet ihr jetzt von Brisaeye? Irgendwelche dunklen Vermutungen, Vorahnungen etc.? Eins kann ich schon mal sagen: Sie ist kein Todesser und versucht nicht Harry Potter umzubringen! ^.^ Kleiner Scherz am Rande, nur weil grade wieder das ultimative Harry-Potter-Fieber ausgebrochen ist... Ich habe ihn übrigens noch nicht gelesen, also bitte nicht Spoilern hier! ok. bis zum nächsten kapitel. ich werde mich beeilen und euch richtig zappen lassen für kapitel 18. Im August hab ich nämlich nur begrenzt zeit. (ihr werdet ja auch im urlaub sein, oder?) Also, bis denne! Wir lesen uns in kap 17! kritik und lob wie immer in kommi-form, bitte! ^----^ Ach ja, wollte ich ja noch erwähnen: LEUTE; 100 KOMMIS! DER WAHHHHHNNNNSINNNNN!!!!! Danke, Danke, DAnke für eure unterstützung! Das rührt mich echt zu trähnen! *heul* Auf weitere 100 Stück! Gruß, Chiyo-san Kapitel 17: Das Grab der Escaflowne ----------------------------------- O yasumi nasai! Puh, leute! Japan umgibt mich gerade wieder voll und ganz... letztes jahr hab ich ja an so nem Austausch teilgenommen und jetzt sind die japaner im Gegenzug den August über hier... Mein Gast is ein ganz süßes Mädel, Miki! (Grüße an dieser Stelle!) Wir haben natürlich den ganzen TAg Sightseeing programm etc. also nehmts mir net übel, wenn kap 18 diesmal sehr lange dauert. Aber das passt mir ganz gut, denn kapitel 17 ist so dramatisch und am schluss so unvorhersehbar, dass ich euch ein bissl zappeln lassen will! ^---^(Ich weiß, ich bin gemein!) Es freut mich, dass euch das letzte kapitel doch so gut gefallen hat, trotz meiner Mängel... aber egal... Danke für eure Kommis und euer Lob! Ich weiß jetzt gar nicht was ich sagen soll, außer: LEST! Wir sehen uns in einem "ausführlichen" Nachwort... Es gibt viel zu bereden! Chiyo-san ------------------------------------------ Kapitel 17: Das Grab der Escaflowne Sorgfältig zerteilte Hitomi ihr gekochtes Ei, bröselte die Schale Stück für Stück herunter. Das zarte Eiweiß kam zum Vorschein und sie durchbrach die Oberfläche mit ihren silbernen Löffel. Das alles tat sie so langsam und konzentriert, dass es schon fast lächerlich war. Aber sie wollte die Zeit genau nutzen, um Van beobachten zu können. Er saß wie immer beim essen am Ende er Tafel und war ebenfalls mit seinem Ei beschäftigt. Noch vor 3 Wochen hatte immer fröhliche Stimmung beim Frühstück geherrscht und Hitomi war gerne und regelmäßig herunter in den Speisesaal gekommen, anstatt allein auf ihrem Zimmer zu frühstücken. Aber jetzt... Jetzt war wieder alles anders, als wäre es nie anders gewesen. Seit dem Tag, als Hitomi Brisaeyes Geheimnis erfahren hatte, war irgendetwas geschehen. Van, der es doch glatt geschafft hatte seine frühere üble Laune auf einen annehmbaren Stand zu bringen, war nun wieder schweigsam und in sich zurückgekehrt. Hitomi verstand es einfach nicht! Sie hatte sich schon so viele Hoffnungen gemacht! Immerhin hatte Van gut 2 Wochen lang keine blöden Bemerkungen mehr abgelassen und sogar regelmäßig gelacht... Nur war er jetzt so in sich gekehrt, dass Hitomi sich schon fast seine frühere mürrische und aggressive Art zurück wünschte. Auch Kobe hatte die Veränderung sichtlich bemerkt. "Schmeckt ihnen das Ei nicht, euer Majestät?", fragte er von der Mitte der Tafel her, bedacht darauf, nicht vorwurfsvoll zu klingen. Van blickte kurz auf. Sein Blick war irgendwie komisch, als würde er weit in die Ferne blicken. "Oh nein, nein... Es ist vorzüglich...", antwortete er beflissen und wandte sich wieder ab. Brisaeye, die um den Tisch herum ging und Tee nachschenkte starrte nun fast entrüstet zu ihrem König hinunter. Was war nur in ihn gefahren? Hitomi konnte es sich einfach nicht vorstellen, nur hatte sie den leisen Verdacht, dass es etwas mit ihr zu tun hatte. Van sah sie schlichtweg nicht mehr an und vermied jedes Gespräch mit ihr. Früher wäre er ihr demonstrativ aus dem Weg gegangen und hätte sie angeschrien, wenn sie auch nur in irgendeiner Weise etwas von ihm wollte. Das tat er jetzt nicht mehr. Er ging ihr zwar nicht aus dem Weg, jedoch war ein Gespräch mit ihm auch nicht besser als mit einer Topfpflanze. Hitomi hatte schon alles versucht, ihn angeschrien, provoziert und genervt, aber er sprang auf nichts an. Als hätte er eine seltsame Krankheit, die ihn ständig müde machte... Was war nur los mit ihm? Was war an jenem Tag geschehen, dass Van jetzt so ist? Sie hatten doch soviel Spaß zusammen mit Tomu, beim reiten. Es hätte alles so gut werden können... "Ach, Kobe?" Van hatte sein Ei schon halb gegessen, sah jedoch jetzt auf und suchte Kobes Blick. "Ich möchte bitte für die Audienz des Boten aus dem Südland bitte mein neues Gewand tragen. Richten sie das der Schneiderin aus?", fragte er seinen ersten Berater schon fast liebenswürdig. Kobe, der seine Verwunderung über Vans Tonfall nicht zurückhalten konnte und fast seinen Löffel fallen ließ, nickte heftig und murmelte ein hastiges "Natürlich." Brisaeye ging jetzt kopfschüttelnd mit ihrer Teekanne zurück in die Küche und Hitomi wandte sich erneut ihrem Eigelb zu. Tomu war nun der einzige, der Van anstarrte, als wäre er eine Erscheinung. Hitomi konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Sie würde es selbst tun, wenn es noch Sinn machen würde. Aber auf gar keinen Fall, würde sie ihre "Mission Van" so schnell aufgeben. Sie würde herausfinden, was nun schon wieder sein Problem war, ob ihm das nun passte oder nicht! "Van, warte mal!", rief Hitomi und stellte sich dem König in der großen Halle in den Weg. Er kam gerade von seiner Audienz zurück und wirkte ausgelaugt und abwesend. Seine Augenbrauen hatten sich seit langem einmal wieder in unerfreuliche Tiefen gesenkt und als er jetzt von Hitomi aufgehalten wurde, wirkte er schon fast wieder zornig. "Was ist?!", fuhr er sie an, blickte dabei aber in eine ganz andere Richtung. "Jetzt sei doch nicht so! Ich frage dich noch mal: Was ist los mit dir? Was habe ich dir getan?", sagte Hitomi und suchte dabei verzweifelt seinen Augenkontakt. "Nichts!", rief er und schob sie zur Seite. "Gar nichts hast du gemacht..." Energisch stampfte er davon und lies Hitomi stehen. "Dasselbe sagt er auch zu mir, wenn ich ihn danach frage...", merkte Kobe an, der nun auch aus dem Thronsaal gekommen war. "Ich will das aber nicht mehr hören!" Hitomi tauschte einen vielsagenden Blick mit Vans erstem Berater und flitzte dann dem König selbst hinterher. "Verdammt noch mal! Damit gebe ich mich nicht zufrieden!", fauchte sie, als sie Van eingeholt hatte. Sein schwarzes Haar flog herum als er sie für einen kurzen Moment wie wild anstarrte. "Es ist immer das gleiche mir dir! Du mischt dich in Dinge ein, die dich überhaupt nichts angehen!", schrie er energisch und Hitomi spürte die tobenden Wogen seiner Aura wie verrückt um ihn herumschlagen. "Und du weißt, dass es mir wie immer egal ist, was du davon hältst...", erwiderte sie trocken und ging wieder auf gleicher Höhe mit ihm. Sie waren die Treppen hinaufgejagt, ohne es richtig zu merken und nun stapften sie den langen Gang entlang, wobei nicht mehr viel fehlte, bis sie an der Treppe angelangt waren, die zu Vans königlichen Gemächern führte. "Ja, allerdings! Und würdest du jetzt bitte aufhören, mit hinterher zu laufen?!" Er blieb abrupt stehen und machte auf dem Absatz kehrt. Hitomi konnte gar nicht so schnell schauen, da war er schon wieder den Gang zurück geschritten. Sie rannte ihm erneut hinterher, und erst als sie zurück im verlassenen Thronsaal waren, machte Van langsamer. Hitomi schlug die Tür hinter ihm zu, nur um ihn ein wenig zu verdeutlichen, dass er in der Falle saß. Sofort hielt Van inne und schaute sie kurz an. Man konnte regelrecht sehen, wie seine Schultern niedersanken, als Zeichen der Resignation. "Würdest du mir jetzt bitte sagen, was los ist?", fragte Hitomi erneut und starrte auf Vans Hinterkopf, als könne sie damit etwas erreichen. "Es gibt nichts zu sagen. Ich bin einfach nur nachdenklich, in letzter Zeit...", meinte Van nur und seine Aggressivität war so schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Er war nun wieder genauso in sich gekehrt und seltsam abweisend, wie schon in den letzten drei Wochen. Genau das sprach Hitomi jetzt an: "Drei Wochen? Niemand ist drei Wochen lang nachdenklich! Es war doch alles gut Van! Du hattest mir Minnmay geschenkt und wir hatten jede Menge Spaß mit Tomu zusammen. Und dann bist du plötzlich so... so komisch..." Sie starrte immer noch seinen Hinterkopf an und versucht ihn irgendwie dazu zu bringen, sich umzudrehen. "Tja... Es geht mir einfach viel durch den Kopf das ist alles...", sagte er abweisend und schritt langsam auf eines der Fenster zu. Just in dem Moment konnte man einen Donner grollen hören. "Was ist denn jetzt?", fragte Van laut und blickte argwöhnisch aus dem Fenster. Hitomi, nun ebenfalls abgelenkt, stellte sich hinzu. Von fern drang das Licht eines Blitzschlags durch die Scheiben und sie konnten beobachten, wie der Regen einsetzte. Tropfen für Tropfen ging auf die Dächer von Farnelia nieder, dramatisch untermalt von Donner und Blitz. Der Himmel schüttete all sein Wasser aus und dabei machte sich ein eigenartig flaues Gefühl in Hitomis Magen breit. Der Regen war in ihrer Welt kein gutes Zeichen... Zuerst der Taifun über Tokyo und dann dieses heftige Unwetter in Gaias Urwald. Beide Male zogen schicksalhafte Ereignisse mit sich, und dabei nicht einmal gute. Zwar war hier im Schloss keinerlei ernsthafte Gefahr zu erwarten, doch spürte Hitomi instinktiv, dass irgendetwas geschehen würde. Etwas, was ihr jetzt schon eine Gänsehaut über den Körper jagte. Sie starrte wie in Trance nach draußen, auf den immer dichter werdenden Regen, der jede Kontur der Landschaft verschwimmen ließ und jeder Donner und jeder Blitz ließ sie erschaudern. "Ein Sommergewitter...", sagte Van leise, als ob das nicht ganz klar wäre. "Ja...", murmelte Hitomi und wandte ihren Blick schwermütig vom Regen ab. Sie musterte Van verstohlen von der Seite. Sein markantes Profil wurde alle paar Sekunden von einem gleißenden Blitz erhellt und seine dunklen Augen kamen ihr auf einmal so seltsam fremd vor. Sie wusste eigentlich gar nicht, was gerade in Van vorging. Immer versuchte sie ihn zu einem anderen Menschen zu machen, dabei konnte sie auch nur Mutmaßungen anstellen, was seine Gefühle betraf. Vielleicht kannte sie diesen Mann wirklich nicht mehr? "Van, sag mir doch endlich was mit dir los ist...", startete Hitomi einen neuen Versuch und berührte ihn vorsichtig am Arm. Er wandte sich ihr zu und sein Blick blieb schwermütig auf ihr liegen. "Ach Hitomi...", seufzte er und mit dem nächsten Donnerschlag wandte er sich von ihr ab und schritt langsam durch den Thronsaal zurück. "Van!", rief ihm Hitomi erneut nach, doch Van drehte sich nicht wieder um. Stattdessen öffnete er die Tür und murmelte leise: "Ich kann es dir nicht sagen. Nicht heute... Es ist etwas, was nur mich angeht. Das solltest du endlich akzeptieren..." Mit diesen Worten ging er und ließ Hitomi stehen. Sie fühlte sich schlagartig so, als würde sie draußen stehen, wo der Regen senkrecht auf sie nieder prasselte und ihr jeder Tropfen durch Mark und Bein ging. Am nächsten Morgen fühlte sich Hitomi vollkommen erschöpft und ausgelaugt. Sie hatte nur ungefähr drei Stunden geschlafen, zum einen, weil sich das Gewitter noch eine Zeit lang über Farnelia entladen hatte und zum anderen, weil sie stundenlang über Van nachdenken musste. Sie konnte sich immer noch keinen Reim darauf machen, was mit ihm los war. Er war einfach nicht mehr er selbst. Wenn er nur irgendeine Andeutung gemacht hätte oder wenigstens irgendwie böse auf sie wäre... Aber nein, er blockte alles völlig ab! Das machte sie noch verrückt! Wütend schlug sie auf ihre Matratze und schrie einmal laut in ihr Kissen, sodass ihr Schrei gedämpft wurde. Im nächsten Moment bereute sie dass, weil sie befürchtete, Brisaeye könnte es gehört haben und würde gleich besorgt vor ihrer Tür stehen. Aber es passierte nichts, auch nicht nach ein paar Minuten. Sogar Tomu schlief noch tief und fest. Resigniert stieg sie aus dem Bett und lugte durch das Fenster. Die Nacht ging gerade wieder in den Tag über und ein rot-goldener Schimmer breitete sich von der Bergkette her aus. Es würde anscheinend ein schöner Tag werden, vom Gewitter des vergangenen Abends war nichts mehr zu sehen. Was sollte sie heute nur tun? Auf jeden Fall würde sie wieder anfangen, auf dem Zimmer zu frühstücken. Die Stimmung am Tisch war ihr wirklich zu trist... Sie machte sich daran, irgendetwas anzuziehen. Obwohl es noch ziemlich früh war, schlafen konnte sie beim besten Willen nicht mehr. Sie zog das geschmeidige Oberteil an, welches sie noch aus Merles Katzendorf behalten hatte und machte sich gerade auf dem Weg zum Schrank, als es zaghaft an der Tür klopfte. Verwundert über die frühe Störung öffnete Hitomi die Tür und zum Vorschein kam Brisaeye, die so frisch und ungestüm wirkte wie eh und je. "Du hast doch nicht etwa meinen Schrei gehört?", mutmaßte Hitomi und sah sie skeptisch an. "Oh, ja, den auch...", scherzte das Mädchen leise. "Aber eigentlich hat mich Kobe geschickt. Du sollst sofort deine Reitkleidung anziehen und nach unten in die Halle kommen. Es sei wichtig...", sagte sie und machte Hitomi mit einem Blick deutlich, dass sie auch keinen Schimmer hatte. "Was kann er denn so früh nur wollen?", fragte sich Hitomi, zog sich aber folgsam an. Als sie nach unten kam, stand Kobe schon da. Seine Augen waren vom Schlaf noch etwas verquollen, trotzdem schritt er nervös auf und ab. "Guten Morgen, Hitomi... Gut das sie so schnell kommen konnten...", begrüßte er sie. "Was ist los?" Hitomi versuchte etwas aus seinem Gesicht zu lesen und mehr denn je, hatte sie das Gefühl, dass etwas schlimmes passiert war. "Ist etwas mit Van?", fragte sie und ihre Stimme klang hohl und fremd, als würde sie nicht ihr gehören. Sofort trat ein flüchtiges Lächeln auf das Gesicht des ersten Beraters. "Nein, nein... Nicht direkt. Der König ist heute morgen noch in aller Dunkelheit aufgebrochen und hat mich angewiesen, sie dorthin zu schicken, sobald der Morgen graut." "Wohin?", wollte Hitomi wissen und ihre Angst legte sich ein wenig. Dass Van manchmal hitzige und überstürzte Einfälle hatte, war ihr ja bekannt. "Zum Grab der Escaflowne...", sagte Kobe leise und nachdrücklich. Die Worte hingen einige Zeit im Raum, als hätte man ihre Bedeutung vergessen. Hitomi jedoch blieb für kurze Zeit der Atem aus. Escaflowne! Der sagenumwogene Gymilef! Sie hatte ihn schon fast vergessen... Damals, während des Krieges, war Escaflowne ein wichtiger Pol gewesen. Als man die Macht des Gymilefs erkannte, wollte sie jeder besitzen, diese uralte Macht, zusammengesetzt aus Maschine und Drachenblut. Escaflwone war Vans Gymilef gewesen und sie erinnerte sich genau daran, was sie alles gemeinsam durchstehen mussten. Am Ende, als der Krieg vorbei war, und Folken gestorben war, hatte Van beschlossen auch Escaflowne dort im Wald zurückzulassen, im Gedenken daran, was alles schlimmes passiert war. Doch was hatte er heute dort zu suchen? Und warum sollte sie kommen? Hitomi fasste sich wieder und starrte Kobe an, als hätte sie nicht richtig gehört. "Zum Grab der Escaflowne? Aber was will Van da? Und warum soll ich kommen?" "Das hat er mir nicht gesagt. Aber es schien ihm sehr wichtig zu sein...", gestand Kobe und Hitomi erkannte, dass auch ihm das ganze nicht geheuer war. "Vielleicht finden sie dort die Antwort darauf, warum sich der König in letzter Zeit so... ungewöhnlich verhält...", meinte Kobe und sah Hitomi unsicher an. "Ja, das könnte sein...", murmelte Hitomi, allerdings wenig davon überzeugt. Alles, das Gewitter, Vans Verhalten und ihre eigenen Gefühle deuteten darauf hin, dass irgendetwas passieren würde. Ob es nun mir Escaflowne zu tun hatte oder nicht, es würde ihr sicherlich nicht gefallen... Schon ein paar Minuten später hatte Hitomi Minnmay gesattelt und trabte nun auf ihrem schönen Tier durch die Hauptstraße von Farnelia. Minnmays Fell glänzte golden in der Morgensonne und das gleichmäßige Schaukeln während dem reiten beruhigte Hitomi ein wenig. In ihrem Kopf nahmen tausenderlei Theorien drüber Gestalt an, was Van ihr wohl nun zu sagen hatte. Ein ungutes Gefühl breitete sich zusehends in ihrem Bauch aus und sie wollte gar nicht mehr daran denken, was gleich kommen würde. Was war es, das Van ihr mitteilen wollte? Und warum ausgerechnet dort im Wald, bei Escaflownes und damit auch dem Grab seiner Familie? Alle waren dort begraben, seine Mutter, sein Vater und sein Bruder, der einzige aus Vans Familie den sie noch gekannt hatte. "Oh Van... Was ist nur los mit dir...", seufzte Hitomi und trieb Minnmay noch mehr an. Sie kamen hinaus aus der Stadt und schlugen diesmal den Weg nach rechts ein, entlang an der Stadtmauer. Die Luft roch frisch und belebte ihren Geist. Besonders das Gras sandte einen intensiven Geruch aus, so kurz nach dem Regen. Es herrschte eine angenehme Stimmung im Land. Hitomi hätte so gern die morgendliche Sonne genossen und den Vögeln bei ihrem Gesang gelauscht, aber sie kam ihrem Ziel immer näher und nichts außer Van hatte mehr Platz in ihrem Kopf. Minnmay galoppierte nun den sandigen Weg entlang und ihre weiße Mähne flatterte dabei auf. Der Waldrand kam näher und vom Weg ging ein schmalerer, ausgetretener Pfad ab, den Hitomi einschlug. Sie konnte sich ganz genau daran erinnern, als sie zum ersten mal dort bei den Gräbern gewesen war. Es war ihr letzter Tag auf Gaia gewesen, ihre letzten Stunden in dieser seltsamen Welt... Damals war sie gegangen, gerade als der Frieden eingekehrt war. Sie wollte es so und auch Van hatte das verstanden... Jetzt, im Nachhinein hätte sie es nicht tun sollen. Sie wollte am liebsten nie wieder in dieser Lichtsäule verschwinden... Sie erreichte den Wald und jagte ihre Stute den Weg entlang. Für wenige Meter verschwand das blaue Glitzern des großen Sees aus ihrem Blickfeld, ehe sich die dichten Büsche und Farne lichteten und einen ganz seltsamen Teil des Waldes freigaben. Hier schien alles golden zu schimmern, so wie das Fell von Minnmay. Es waren keine urwaldartigen Geflechte mehr zu sehen, nur hohe Bäume, deren orange-grüne Blätter sich viele Meter über ihnen zu einem Dach vereinten. Hitomi konnte den See wieder durch die Vielen Baumstämme hindurch sehen und kurzzeitig fühlte sie sich wieder gut, besänftigt. Minnmay ging automatisch in Schritttempo über und schon weitete sich der schmale Pfad zu einer breiten, hellen Lichtung. Dort, am anderen Ende, umgeben von Bäumen und vom Tau glitzernden Farne, lag das Grab von Vans Familie. Eine hoher, steinerner Obelisk ragte inmitten von vielerlei Blumen in die Höhe, dahinter drei andere, kleinere. Hitomi schmerzte der Anblick der Gräber, fast mehr als der von Escaflowne. Der Gymilef saß ein wenig abseits der Gräber zwischen zwei Baumstämmen, in sich zusammengesunken. Als Hitomi näher kam erkannte sie den Kristall, welcher - einst in strahlendem Purpur - nun nur noch grau und tot aussah. Van hatte damals bei ihrem Abschied den Stein des Drachenherzens daraus entnommen, um eine Lichtsäule erzeugen zu können. Escaflowne schlief jetzt. Die stählerne Hülle war an manchen Stellen vom Regen verrostet und mit Laub und Moos bedeckt. Episoden von der kämpfenden Maschine drangen in Hitomis Gedanken, doch sie musste sie beiseite schieben. Van stand vor Folkens Grab und blickte darauf hinab. Sie hatte ihn und den in der Nähe grasenden Kurò gar nicht wahrgenommen, sosehr bewegte sie der Anblick von Escaflowne. Kurò wieherte aufgeregt, als er Minnmay näher kommen sah und trottete zu ihnen herüber. Van, der sicherlich alles mitbekommen hatte, zeigte keine Regung. Vorsichtig glitt Hitomi aus dem Sattel, tätschelte Minnmays Hals und schritt auf die Gräber zu. Das Gras unter ihren Stiefeln war noch nass und auch von den Bäumen tropfte der Tau, jetzt wo die Sonne vollkommen aufgegangen war. "Van?" Hitomi ging auf ihn zu, in der Hoffnung, dass er irgend eine Regung zeigte. Doch Van blieb unverändert stehen, den Kopf andächtig gesenkt. Es muss auch für ihn schwer sein, einmal wieder hierher zu kommen. Er hatte seine ganze Familie verloren und sie selbst noch dazu. Es war ein Ort der Trauer. Sobald sie neben ihm stand, senkte auch sie ihren Kopf und sprach in ihren Gedanken ein Gebet für die Verstorbenen aus. Ihr war, als könne sie immer noch den Geist von Vans Familie an diesem Ort spüren, behütet und bewacht von Escaflowne. Vorsichtig wandte sie ihren Blick zu Van. Er hatte sein Augen geschlossen und atmete gleichmäßig ein und aus. "Van... Warum sind wir heute hier?", fragte Hitomi vorsichtig, um die stille Andächtigkeit nicht zu zerstören. Van schnaufte langsam aus und öffnete seine Augen. Sein Blick blieb auf der Inschrift im Grabstein hängen und er sagte leise: "Dies ist der Ort, an dem du damals gegangen bist..." Hitomi wurde das Herz schwer. "Das weiß ich... Jetzt bereue ich das sogar..." "Hier wird sich der Kreis schließen...", sagte er noch leiser und machte eine ausschweifende Bewegung mit seinem rechten Arm. Hitomi konnte sehen, wie es ihm immer noch schwer viel, den Arm voll und ganz zu bewegen. Die Wunde war zwar gut verheilt, doch würde es eine Zeit lang dauern bis die Muskeln wieder vollständig aufgebaut waren. Das Hemd das er heute trug, war bis obenhin zugeknöpft und hatte einen Stehkragen. Es sah komisch an ihm aus... "Was meinst du damit?", fragte Hitomi, die schon wieder fast vergessen hatte, worum es jetzt eigentlich ging. "Ich meine damit, dass du wieder gehen wirst...", sagte er bedeutungsschwer. "Was?" Hitomi starrte ihn entsetzt an. "Wovon redest du?!" "Davon, dass du mich wieder verlassen wirst, wie schon vor so vielen Jahren...", sagte er und schaute sie nun endlich einmal an. Sie konnte in seinen dunklen, erdfarbenen Augen einiges lesen: Furcht, Verzweiflung und Wut. Und Hitomi wurde schlagartig klar, dass sie wiedereinmal zu spät gekommen war. Jetzt verstand sie was in Van vorging. Er hatte Angst, dass sie wieder gehen würde und sie konnte das sogar verstehen... Wo sie ihn nun so sah, sein schön geschnittenes Gesicht klar vor Augen hatte und in seine sonst so verschlossenen Augen blickte, wusste sie, dass sie ihn liebte und dass sie es wieder nicht geschafft hatte, ihm dies zu sagen. Wie schon vor so vielen Jahren, als sie in Dornkirks Festung gefangen gewesen war und die Schicksalsmaschine betrachtete, hatte sie viel zu spät erkannt, wie sehr sie sich zu Van hingezogen fühlte, wie sehr sie ihn liebte. Und auch diesmal wieder, hatte sie alles falsch gemacht. Sie hatte nur versucht, ihm körperlich näher zu kommen, das Eis in ihm zu brechen, anstatt dass sie einfach ausgesprochen hatte, was sie fühlte. Warum fiel ihr das so schwer? Wahrscheinlich war es genau das, was Van brauchte... Gewissheit und Zusprechung. Sie hatte es ihm wieder nicht gegeben und ihn enttäuscht. Er dachte, sie würde wieder gehen, und sie konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. "Du denkst, ich will gehen? Dich verlassen Van?! Leider muss ich dich da wieder enttäuschen... Ich will nicht gehen. Schon lange nicht mehr!", sagte sie ihm klar und deutlich. Vans Blick wandte sich ab von ihr und der drehte sich um, schritt auf Escaflowne zu. "Wir haben soviel zusammen erlebt. Du, ich und Escaflowne...", sagte er und berührte fast zärtlich seinen alten Gymilef. "Du hast uns mit deinen Fähigkeiten durch den Krieg geholfen, hast mir soviel beigebracht. Die Unsichtbaren Feinde zu erkennen, umsichtiger mit anderen Mensch umzugehen und auch... zu lieben...", sagte er. Irgendwie passte es nicht zu ihm, wenn er so redete und Hitomi lief ein Schauer über den Rücken. "Als du gegangen warst und schließlich den Kontakt zu mir abgebrochen hattest, brach für mich alles zusammen. Ich wurde ein anderer Mensch,... aber das weißt du ja. Ich dachte wirklich, du würdest für immer hier bleiben, aber Tomu hat mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt..." Hitomi war verblüfft. "Tomu?! Was - ", sagte sie laut, doch Van unterbrach sie. "Ich hatte es schlichtweg vergessen! Natürlich konntest du jederzeit wieder gehen, du warst nicht verpflichtet hier zu bleiben! Das war es was mich die letzten drei Wochen beschäftigt hat. Und ich habe einen Entschluss gefasst... Bevor du gehst muss ich dir aber noch - ", sagte er mit sicherer Stimme, jedoch was es Hitomi diesmal, die ihn unterbrach. "Was soll denn das Van? Was für einen Entschluss?! Hast du mir nicht zugehört? Ich werde nirgendwo hingehen! Ich will doch bei dir bleiben!", sagte sie schon fast verzweifelt und griff nachdrücklich nach Vans linkem Arm. "Hörst du?! Ich will nicht gehen! Du bildest dir da etwas ein!" Energisch schüttelte sie Vans Arm und zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. "Tue ich nicht..." Sein Blick wurde wieder hart, als er sich von ihr abwandte. "Was ist nur los Van? Ich gehe wirklich nicht... Oder willst du das etwa...?", sagte Hitomi und klang dabei sehr verzweifelt. Van blieb stehen und seine Schultern strafften sich förmlich. "Ja...", sagte er laut. Mit dieser Antwort hätte Hitomi niemals gerechnet. "Was...?! Du willst,... dass ich gehe?!", rief sie ungläubig und der Mund blieb ihr offen stehen. Ihr Herz schlug jetzt vor Aufregung wie verrückt. Aber es war kein schönes Gefühl, wie beim verliebt-sein, nein, es war anders. Wie beim erfahren von Prüfungsergebnissen, oder vielleicht beim Gang zum Schafott, wenn man wusste dass es zuende gehen würde... Was zum Teufel war nur in ihn gefahren? Hitomi musterte Vans Profil. "Das kannst du doch nicht ernst meinen!", rief sie aufgebracht. "Doch. Es ist mir Ernst. Ich möchte, dass du Gaia verlässt, auf den Mond der Illusionen zurückkehrst und dein Leben weiterlebst. Du hättest nie zurückkommen dürfen. Das hat alles nur noch schlimmer gemacht...", sagte er mit fester Stimme. "Van! Das geht nicht!", schrie sie schon fast. Jetzt war sie nicht mehr zurück zu halten! Sie zog Van an der gesunden Schulter zurück und zwang ihn erneut, ihr in die Augen zu sehen. Diesmal klammerte sie sich noch zusätzlich an seinen Schultern fest. "Hör mir zu: Ich möchte nicht gehen und es war auch kein Fehler, dass ich wieder gekommen bin. Es gab doch Zeiten und Momente, die sehr schön und harmonisch waren. Du konntest wieder lachen und wir haben viel zusammen erlebt... Das kannst du doch nicht leugnen!", sagte sie ihm eindringlich. Sie hoffte aus ihrem tiefsten Inneren, dass irgendetwas geschehen würde, dass sie ihn umstimmen konnte... dass er es gar nicht so meinte... "Hitomi, es hat keinen Zweck..." Schwermütig löste er sich von ihr und schritt wieder auf die Gräber zu. "Es ist doch eine Tatsache, dass wir uns nicht gut vertragen haben. Ich konnte es einfach nicht ertragen, dass du plötzlich wieder da warst. Du hast all meine Gedanken und all mein Tun durcheinander gebracht! Ich wollte dich nie mehr sehen!", sagte er und man hörte deutlich die Verzweiflung in seiner Stimme. "Das weiß ich...", murmelte Hitomi und sah ihm betrübt nach. "Aber deswegen muss ich doch nicht wieder gehen! Es lief doch alles so gut!", rechtfertigte sie sich dann, obwohl sie wusste, dass das nur die halbe Wahrheit war. "Doch, du musst gehen... Bitte, ich wünsche es mir Hitomi..." Das war das Limit! Hitomi spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog und es breitete sich ein Gefühl aus, als würde sie innerlich zerbröckeln. Oh Gott, lass das nicht geschehen!, dachte sie verzweifelt. LASS ES NICHT ZU! "Ich hätte es schon viel früher tun sollen... Du musst gehen und Gaia ein für alle mal verlassen. Das Schicksal muss es so gewollt haben." Langsam wanderten Vans Hände zu seinem Hemdkragen und er knöpfte das Leinen halb auf. Als Hitomi sah, was er daraus hervorzog, konnte sie ihre Fassung nicht mehr wahren, die Tränen brachen nur so aus ihr heraus. Es war der ehemalige Anhänger ihrer Großmutter. Der kleine, purpurne Stein war ein Teil eines Drachenherzsteines und baumelte immer noch an der selben goldenen Kette, wie einst zuvor. Van zog die Kette über seinen Kopf und ließ die Kette schwingen. Der Anhänger pendelte sofort im Sekundentakt ein, hin und her... hin und her... Hitomi hatte wieder genau vor Augen, wie sie Van damals den Anhänger geschenkt hatte, damit er sie nie vergessen würde. Noch mehr Tränen rannen ihr nun über die Wangen hinab. "Ich bitte dich Van... Zwing mich nicht dazu! Ich will dich nicht wieder verlassen!", jammerte sie verzweifelt. Plötzlich fühlte sie, dass ihr jegliche Kraft aus den Gliedern wich und sie schleppte sich zu Van hin und klammerte sich erneut an ihn. "Es tut mir leid, aber es ist besser so. Bitte weine nicht Hitomi, sondern geh. Geh und lass dieses Kapitel deines Lebens zurück!", redete Van steif auf sie ein, zog sie dabei aber zaghaft an sich. "Warum Van? Warum verlangst du das von mir?! Es war doch alles gut und wir hätten immer noch eine Chance. Es ist alles meine Schuld. Es tut mir so leid! Ich habe einen riesigen Fehler begangen, als ich den Kontakt zu dir abgebrochen habe!", schluchzte Hitomi und ihre salzigen Tränen tropften auf Vans braune Haut und rannen geschwind seinen Hals hinab. Van drückte sie nun vollends an sich und seine Stimme wogte auf, als er sprach: "Ich kann nicht mehr so weiterleben, Hitomi... Deine Nähe macht mich verrückt! Deine Augen, dein Haar, alles an dir! Und jeden Tag bin ich zerrissen zwischen Liebe und Hass, Begehren und Abstoßung! Ich kann das nicht mehr länger!" Mit jedem Wort zerbrach etwas in Hitomi und ihr wurde erneut schmerzlich bewusst, dass sie selbst Schuld daran war. Wenn sie doch nur viel früher ehrlich zu Van gewesen wäre! "Aber dann empfinden wir das gleiche!", stieß sie dann hervor und versuchte unter einem Tränenschleier Van in die Augen zu sehen. "Dann ist es noch nicht zu spät für uns! Denn ich liebe dich Van! Erst jetzt, viel zu spät, habe ich das erkannt!", sagte sie ernst und wischte sich flüchtig die Tränen aus den Augen. Vans, so entschlossenes Gesicht, verzerrte sich sichtlich. Er dachte angestrengt nach und schüttelte verzweifelt den Kopf. "Nein! Nein, Hito - ", sagte er doch Hitomi ließ ihn nicht zu Wort kommen. "Schick mich nicht weg! Lass mich bei dir bleiben und dir beweisen, dass ich es ernst meine!", sagte sie und in ihrem Inneren tat sich wieder ein anderes Gefühl auf. Erleichterung vielleicht oder Aufregung... Nur diesmal Aufregung darüber, dass Sie Van so nah war. Sie strich mit ihren Händen durch sein Haar und berührte seine starken Schultern. Van wandte sich nicht ab von ihr. "Hitomi, es geht nicht anders... Du musst - ", sagte er und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wobei er von Hitomi unterbrochen wurde. Sie tat endlich das, was sie schon so lange gewollt hatte. Sei näherte sich Vans Gesicht, bis ihre Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren, dann schloss sie ihre Augen und küsste ihn. Das Zerbröckelte in ihr, schien sich wieder zusammenzusetzen und als Van den Kuss sanft erwiderte, schienen die letzten Momente des Schreckens fast vergessen. Die Zeit schien still zu stehen, hier an diesem bedeutsamen und traurigen Ort. Die glitzernden Bäume, die singenden Vögel und der Geruch des Regens schien sie beide zu umschließen... Als Van sie trotzdem vorsichtig von sich drückte, waren seine Augen noch geschlossen und er rang sichtlich nach Fassung. Hitomi berührte ihre Lippen, damit sie auch sicher war, sich das nicht nur eingebildet zu haben. Sie hatten sich geküsst! Egal was jetzt kommen mochte, das konnte ihr niemand mehr wegnehmen! "Hitomi... Ich - ,... Wir hätten nicht...", murmelte er und wich dann ganz von ihr. "Doch, es war genau richtig so...", sagte Hitomi und sie war wieder ein wenig zuversichtlicher. Vielleicht waren Vans Hirngespinste jetzt verflogen und sie hatte ganz umsonst geweint. Van hatte sich hingegen wieder gesammelt, und wohlgleich seine Stimme noch zitterte, trat ein trauriger, endgültiger Ausdruck in seine Augen. "Das ändert nichts Hitomi. Du MUSST gehen..." Es war nicht, wie er es sagte, oder wie laut er es sagte. Er hätte es auch nicht aussprechen müssen, seine Augen sagten alles. Van meinte es absolut ernst und Hitomi begriff endlich, dass nichts etwas daran ändern konnte. Er wollte sie vergessen, wollte dass sie ihn vergas und überhaut nie wieder daran dachte. Van kam nicht mit so vielen Gefühlen klar und Hitomi brach erneut in Tränen aus. Sie schluchzte nur noch, denn Worte waren jetzt überflüssig. "Nimm das Amulett und verlass Gaia. Kehre in deine Welt zurück..." Sanft nahm er ihre Hand und legte das purpurne Pendel in ihre Hand. Es schimmerte in der Sonne und zwang Hitomi dazu aufzugeben. Was sollte sie noch tun? Dies war der einzige Wunsch den sie Van noch erfüllen konnte, wo sie ihn doch so tief verletzt hatte. Es war an der Zeit, sich zu revanchieren. Schweigend standen Hitomi und Van vor den Gräbern. Hitomi hatte das Amulett umklammert und weinte immer noch leise vor sich hin. Auch Van hatte sein Gesicht verhärtet und starrte scheinbar in die Leere. "Dann geht es jetzt zu Ende? Wir werden uns nie mehr wieder sehen? Auch nicht in unseren Träumen?", sagte Hitomi hoffnungsvoll. "Nein. Nicht mal in unseren Träumen...", erwiderte Van stockend. Hitomi schluchzte erneut und fasste sich dann ein Herz. Sie musste jetzt stark sein, und die Sache durchziehen. "Ich werde gehen Van. Morgen, das verspreche ich dir! Aber lass mich noch von den anderen verabschieden...", sagte sie leise. Van gab ein zustimmendes Geräusch von sich, sah sie jedoch nicht an. Hitomi wandte sich von den Gräbern ab und musterte die schlafenden Umrisse der Escaflowne. Tatsächlich... Mit ihr hatte alles begonnen und mir ihr würde es aufhören. Hitomi schritt schmerfällig zu ihrem Pferd hinüber und nahm die herunterhängenden Zügel auf. Minnmay schnaubte erfreut, über das Auftauchen ihrer Herrin. Leise streichelte Hitomi ihr über den Hals und warf dabei noch einen Blick zurück auf Van. "Auch wenn du es mir nicht mehr glauben magst, diesmal meine ich es ernst: Ich werde dich nie vergessen Van. Ich werde auch noch an dich denken, wenn ich einmal alt bin...", sagte sie und zitierte dabei ihre eigenen Worte bei ihrem letzten Abschied. "Ich liebe dich." Schwerfällig stieg sie auf ihre goldene Stute und ritt davon. Erst als sie aus der Lichtung verschwunden war, sah Van ihr nach. Er hatte nicht gewollt, dass Hitomi seine Tränen sah... ------------------------------------------ Nachwort: Und? Was sagt ihr? Ist es nicht schön? Also mir gefällt dieses kapitel echt gut! Es ist mir diesmal richtig fließing von den HÄnden gegangen und ich wollte gar nimmer aufhören! Aber ich kanns ja nicht übertreiben... Ok. Trotz meiner Begeisterung... Natürlich ist das kapitel dramatisch und was da passiert is teilweise echt doof und blöd. Glaubt mich, mir tat jede Zeile weh! Oh mann, wie soll ich das nur sagen? Also was Van da macht, ist laut meiner Beta-leserin ja "oberkacke". Stimmt irgendwo... Und Hitomi reagiert auch zu lasch... stimmt auch irgendwo. Aber bitte, wenn ihr kapitel 18 lest, versteht ihr warum das so sein muss. Warum Van diese Entscheidung getroffen hat, kann nicht mal ich als Autor konkret sagen. Das mag jetzt doof klingen, ist aber so! Van entwickelt sich, oder hat sich, zu einem ziemlich wiederspänstigen Charakter entwickelt. Manchmal tut er dinge, die nicht mal ich kontrollieren kann! *gg* Ich finde das aber gut. Van ist echt eine komplexe Figur, viel komplexer als man anfangs meint. sich in ihn hineinzuversetzen ist schon fast unmöglich. Er kann es nicht mehr ertragen, so viele Gefühle, deswegen hat er Hitomi weggeschickt. Und sie musste es aktepieren. ich bin ein Mensch, der gut und gerne beobachtet, andere menschen und dinge. (was übrigens jeder mehr tun sollte... unsere Gesellschaft beobachtet zu wenig! Und viele verschließen sich, legen eine maske auf... habt ihr schonmal ernsthaft versucht jemandem aus den augen abzulesen? das geht fast gar nicht...) Aber bei Van schon! zumindest in diesm moment!Van, der sonst immer so verschlossen ist, öffnet einmal sein gesicht. stellt euch mal seinen blick vor, als er zu hitomi sagt: " du musst gehen!" muhahaha! >_______< mir läuft es da eiskalt den rücken runter... aber genug geredet. Wie gesagt, kap 18 wird noch dauern wegen den japanern. aber keinen angst, ich schicke mich. und motzt ruhig über Van... Ich mag ihn trotzdem noch sehr! ok. ich hoff ihr habt dieses kapitel gecheckt. Bis bald, und schreibt mich kommis! *gg* Gruß, Linda übrigens: Ich habe während dem ganzen kapitel den escaflowne-soundtrack laufen gehabt. die musik passte so perfekt, dass ich am schluss fast weinen musste! *dramatik* Kapitel 18: Erwärme mein Herz ----------------------------- Hallo meine lieben Leser(innen)! ^.^ Es tut mir echt sooooo leid, dass ihr so lange auf Kapitel 18 warten musstet. Ich hoffe, ihr lebt alle noch und die Spannung hat euch nicht aufgefressen. Naja, jetzt könnt ich ja lesen! Ich will euch auch gar nicht länger mit meinem Gelaber nerven... Alles weitere besprechen wir im Nachwort! ---------------------------------------------- Kapitel 18: Erwärme mein Herz Als Hitomi am nächsten Morgen aufwachte, musste sie feststellen, dass sie sich noch nie im Leben so schlecht gefühlt hatte. Ihre Augen schmerzten vom vielen Weinen und all ihre Glieder schienen ans Bett genagelt zu sein. Es war schrecklich! Sie hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan, soviel hatte sie geweint. Dabei musste sie ihre Tränen immer leise zurückhalten, auf Rücksicht auf Tomu. Wenn sie an den kleinen Jungen dachte, wurde ihr ganz schlecht... Was sollte jetzt nur werden? Tomu fühlte sich gut auf Gaia, das wusste sie. Wie sollte sie ihm beibringen, dass sie wieder auf die Erde gehen würde? Wie würde es der Kleine aufnehmen? Es war alles so schrecklich! Traurig betrachtete Hitomi ihr altes Amulett, welches momentan unschuldig an ihrem Hals baumelte. Sie hatte schon überlegt, es einfach wegzuwerfen, oder einfach selbst auf Minnmay wegzureiten, damit Van sie nie wieder sehen musste, aber selbst auf Gaia bleiben konnte. Jedoch würde er es spüren und er würde es ihr übel nehmen... Sosehr sich Hitomi auch den Kopf zermarterte, sie wusste was der richtige Weg war: Van zu verlassen. Es war sein Wunsch an sie, der einzige, den er ihr in den vergangenen 4 Monaten unterbreitet hatte. Wie könnte sie ihn verweigern? Van saß am Rand seines Bettes und starrte zu Boden. Die Augen schmerzten ihm unheimlich, denn er hatte nicht eine Sekunde Schlaf bekommen in dieser Nacht. Sein Kopf brummte vom vielen Wein, den er aus Frust getrunken hatte und die Haare hingen ihm in Fransen ins Gesicht. All seine Gedanken waren bei Hitomi und dabei, dass sie jeden Moment von hier verschwinden konnte. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Warum hatte er sich gewünscht, dass sie weggeht? War er nicht ganz bei Sinnen? Er erinnerte sich nur noch vage an seine Beweggründe, als wäre es Monate und Jahre her, dass er Hitomi seinen Wunsch unterbreitet hatte. Ja, er hatte nicht mehr damit leben können, mit dieses ständigen Zerrissenheit. Einerseits war er tief in seinem Inneren immer noch wütend auf Hitomi, für das was sie ihm angetan hatte, vor so vielen Jahren. Wie sie einfach den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte, er konnte es einfach nicht verkraften... Andererseits war er glücklich gewesen, in der Zeit die sie da war. Nur hatte er auch das viel zu spät erkannt. Hitomis Auftauchen hatte irgendetwas wiedererweckt, etwas was schon lange vergraben gewesen war. Wie konnte er sie wegschicken? Er wollte doch nicht, dass sie ging! Zornig riss er sein Bettlaken halb von der Matratze und stampfte lautstark zum spitzbogigen Fenster. Die Sonne war schon aufgegangen, wurde heute aber von großen, bauschigen Wolken verdeckt. Nach dem Regen der letzten beiden Nächte war Gaias Pflanzen- und Baumwelt wieder zu neuem Leben erweckt worden. Die Bäume hatten sich regelrecht regeneriert und leuchteten für die letzten Tage des Sommers in sattem Dunkelgrün, ehe der Herbst anbrechen würde. Er war nicht mehr fern, das wusste Van. Jeden Tag wehte eine würzige Brise über Farnelia hinweg und fegte gegen die Felswände. Die Tage wurden Kürzer, die Nächte länger und die Luft kühler. Würde es auch in ihm wieder so werden? Würde er wieder zu diesem König werden, den er manchmal selbst nicht leiden konnte? Müsste er wieder seine Maske auflegen, die es ihm erlaubte seine Gefühle zu verbergen? Wenn Hitomi gehen würde, müsste er das tun... Van drückte missmutig seine Stirn gegen die Glasscheibe. Die Kühle lähmte für ein paar Sekunden seinen dröhnenden Kopf und damit auch seine Gedanken. "Hitomi...", murmelte er leise und versuchte einen Blick auf ihren Balkon zu erhaschen. Nichts regte sich, was ihn hoffen lies, dass sie noch nicht aufgebrochen war. Sie wollte sich von ihren Freunden hier verabschieden, das wusste er. Und wahrscheinlich gehörte er selbst nicht mehr dazu... Hitomi flocht ihre Haare provisorisch zu einem Zopf zusammen und betrachtete ihr Gesicht kritisch im Spiegel. Es war unübersehbar, dass sie die letzten Stunden nur geheult hatte. Ihre Augäpfel waren gerötet und die sonst so zart-weiche Haut um die Wimpern herum schien alt und grau. Warum zum Teufel gab es nicht so was wie Make-up auf Gaia?! Genervt wandte Hitomi ihren Blick ab und band das Ende des Zopfes nun mit einem dunkelgrünen Band zusammen. Sie hatte ihre Lieblingssachen angezogen, die Reitkleidung. Die Butterweichen Lederstiefel wollte sie nicht mehr missen und das anpassungsfähige Fischbeinoberteil, welches sie wie immer unter dem weißen Hemd trug, war ihr unersetzlich geworden. Die beige Hose war ihr bis zur Taille geknüpft worden und machte ihre Erscheinung noch schlanker. Es war die einzige Kleidung, die ihr einigermaßen normal schien, um auf die Erde zurückzukehren... Hitomi wusste, dass sie fertig war. Dennoch wollte sie die Zeit so weit wie möglich hinauszögern. Voll unendlicher Traurigkeit betrachtete sie Tomu im Schlaf. Wie sollte sie es ihm nur beibringen? Sie hatte keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Leise schlich sie zu ihrem eigenen Bett hinüber und griff nach dem schimmernden Amulett ihrer Großmutter, welches um den schöngeschnitzten Bettstock hing. Sie hob den purpurnen Stein auf Augenhöhe und sofort pendelte der Anhänger an der goldenen Kette im Sekundentakt ein. Hitomis Augen konnten nur mühsam den hin und her schwingenden Stein folgen, und sie fühlte sich plötzlich, als würde alles um sie herum in Zeitlupe zu fließen. Sekunde um Sekunde verstrich die Zeit, als würde sie extra langsam für Hitomi ticken, und damit immer näher ihrem Abschied hin. Die Zeit spielte wie immer gegen sie... Ihr ging ihre bevorstehende Reise durch den Kopf und das damit verbundene Mysterium. War die Reise nach Gaia eine Zeitreise? Oder existierte Gaia zur genau gleichen Zeit, in einer anderen Dimension? Es war Hitomi unerklärlich, wie das alles funktionierte. Die Zeit schien auf Gaia schneller zu vergehen, und doch war eine Sekunde nur eine Sekunde, eine Minute nur eine Minute und eine Stunde nur eine Stunde. Würde sie es jemals verstehen, dieses Geheimnis von Atlantis? "Kanzaki-san?" Hitomi schreckte aus ihrer Trance hoch und blicke klopfendes Herzens in die Ecke aus der die Stimme kam. Tomu war aufgewacht und schaute fragend in ihre Richtung. Seine Augen, die noch so unschuldig waren, suchten in ihrem Gesicht nach einer Antwort, einer Antwort, die Hitomi ihm nicht geben konnte. "Guten Morgen, Tomu...", sagte sie und versuchte ihren warmherzigsten Blick aufzulegen. "Hast du gut geschlafen?" Ihre geheuchelte gute Laune, lies das dumpfe Gefühl in ihrem Inneren noch größer werden. Was sollte sie jetzt nur tun? "Reiten sie aus, so früh am Morgen?", fragte Tomu vage und setzte sich in seinem Bett auf. Hitomi antwortete erst nicht darauf und ging zu Tomu hinüber. Dabei warf sie das Amulett geschwind um ihren Hals und ließ den purpurnen Stein in ihrem Hemd verschwinden. Behände setzte sie sich an Tomus Bettrand und lächelte ihn gequält an. Was sollte sie ihm nur sagen? "Hm, ja... In gewisser Weise reite ich aus...", sagte sie ganz langsam und war besonders bedacht darauf, nicht allzu leidvoll zu klingen. Tomu machte ein Gesicht, wie 1000 große Fragezeichen. "Wohin denn?" Hitomi überlegte angestrengt, ob sie einfach mit der Wahrheit rausrücken konnte, oder lieber eine harmlose Lügengeschichte erfinden sollte, um Tomu nicht zu sehr zu verletzen. "Oh, ich dachte mir..., ich besuche ein paar alte Freunde in... Fraid!", sagte sie munter und hatte sie damit für die unkompliziertere Lösung entschieden. Schon war sie auf sich selbst sauer! War sie so tief gesunken, dass sie einen kleinen Jungen anlügen musste? "Für wie lange?", war Tomus nächste Frage und seine Stimme hörte sich ein wenig piepsig an. Hitomi zögerte nicht lange: "Für länger wahrscheinlich... Du weißt doch, dass Van zur Zeit nicht gut auf mich zu sprechen ist. Und ich dachte mir deshalb, ich gehe ihm etwas aus dem Weg, damit sich alles wieder einfinden würde. Es tut mir leid, aber es muss sein...", sagte in einem selbstmitleidigen Tonfall und drückte sanft Tomus Hand. Das alles war so falsch, dass sie sich langsam fühlte, wie eine dieser boshaften Hexen aus den Disney-Filmen. Auch sie bekommen ihre Opfer mit Liebschwätzereien herum und haben in Wirklichkeit einen giftigen Apfel hinter dem Rücken versteckt. Es war außerdem überaus mutig gesagt, "damit sich alles wieder einfinden würde...". Zwischen ihr und Van würde sich nie wieder auch nur annähernd etwas einfinden, denn dazu würde sie auf dem falschen Planeten leben. Ihr kam der Gedanke, dass vielleicht auch Tomu gern zurückkehren würde, in die Millionenstadt Tokio, zu seinen Verwandten und seinem gewöhnlichen japanischen Alltag. Nein, das wollte sie ihm nicht antun. Es reichte schon, wenn sie das tat. "Tja, also... Ich werde bald wieder zurückkommen... Und vielleicht bist du dann schon so gut im reiten, dass wir zusammen ausreiten können, oder?", meinte sie und strich Tomu liebevoll über den Kopf. "Aber was mach ich denn hier allein?" Tomus Augen blickten herzzerreißend zu ihr auf und Hitomis Inneres Loch zog sich weiter zusammen. Sie versuchte ihn behutsam zu besänftigen: "Aber du bist doch nicht allein... Van ist hier und wird sich um dich kümmern... Brisaeye und Kobe magst du doch auch, oder nicht? Es wird alles gut gehen...", sagte sie und hoffte aus ganzen Herzen, dass das stimmte. "Und ich kann nicht mitkommen?" "Nein... Versteh doch Tomu... Ich brauche etwas Zeit für mich! Mit dir hat das wirklich nichts zu tun... Ich komme... so schnell wie möglich wieder..., versprochen", meinte sie schweren Herzens. Dann stand sie auf und griff nach ihrem kleinen Proviantsäckchen, welches sie eigenhändig noch am Abend zuvor in der Küche zusammengestellt hatte. Langsam drehte sie sich noch einmal zu Tomu um. "Kanzaki-san?" "Ja?" "Bringen sie mir etwas mit?" Hitomi musste unwillkürlich schmunzeln, ihr Bauch zog sich jedoch soweit zusammen, dass ihr der Atem wegblieb. Van ging in seinem Zimmer auf und ab, wie ein Raubtier hinter den stählernen Gitterstäben eines Käfigs. In seinen Gedanken war er jedoch gar nicht mehr anwesend. Er spulte die vergangenen paar Monate im Schnelldurchlauf noch einmal ab und sein Gehirn arbeitete krampfhaft bei der Suche nach einer Lösung. Irgendeinem Ausweg... Er konnte Hitomi nicht gehen lassen! Und warum es erst nötig gewesen war, dass er sich abermals aufführte wie ein desorientierter, bemitleidenswerter Snob, war wohl sein Schicksal. Er konnte nicht sagen, was ihn zu dem Sinneswandel gebracht hatte, aber er musste verhindern, dass Hitomi ging. Aber dabei war er sich sehr wohl dem Stolz und der Sensibilität dieser begehrenswerten Frau bewusst. Entweder würde sie in Tränen ausbrechen und dem Himmel danken, wenn er ihr seinen neuesten Wunsch unterbreitete, oder sie würde ihm eine saftige Ohrfeige geben und ihn dafür verfluchen, dass er sie immer zum Narren hielt. Ja, die letztere Möglichkeit schien ihm gar nicht mal sie abwegig. Wenn er ihr sagte, dass es ihm leid tat und dass er einen Fehler gemacht habe, kam ihm das selber verlogen und falsch vor. Aber wie sollte er es sonst anstellen? Als er erneut an seinem mannshohen Spiegel vorbeiging, bemerkte er, dass seine Erscheinung wirklich scheußlich war. Während er sich also umzog und im Badezimmer sein Äußeres auf Vordermann brachte, überlegte er sich fieberhaft einen Plan. Hitomi durfte nicht zurück auf den Mond der Illusionen! Das war das dümmste, was er jemals von ihr verlangt hatte... Er war so überzeugt davon gewesen, dass das genau der richtige Weg war. Aber nein, es war nicht ansatzweise die richtige Lösung. Er hatte endlich begriffen, dass Hitomi sehr wichtig für ihn war und dass er ohne sie zugrunde gehen würde. Ihr glänzendes, seidiges Haar, ihre glänzenden Augen und ihre geschmeidigen Bewegungen... Wenn er sie nicht mehr jeden Tag sehen würde... Oh Gott, es bereitete ihm fast körperliche Schmerzen... Geschwind kämmte er sich sein Haar und wollte schon aus dem Zimmer stürzen, als es augenblicklich klopfte. Mit voller Wucht öffnete der König dir Tür und fand einen verblüfften Kobe dahinter stehen. Seine Falten um die Augen waren kaum zu sehen, beim Ausdruck seines Gesichtes und seine Arme waren schützend vor seinen Oberkörper gehalten, als hätte er erwartete, jemand könnte ihn mit einem Messer angreifen. "Majestät... ist alles in Ordnung?", fragte er dann besorgt und lies die Arme langsam sinken, als er sich vergewisserte hatte, dass Van kein tobsüchtiger Einbrecher war. Van hingegen war noch nie im Leben so froh gewesen, seinen ersten Berater zu sehen. "Kobe!", rief er aufgebracht, "Ist sie schon weg?" Damit zog der den alten Herrn schwungvoll in sein Zimmer und schlug die Tür lauthals zu. "Ist wer schon weg?", wollte ein verdatterter Berater wissen und strich gleichzeitig seinen langen, blauen Umhang glatt. "Na, Hitomi!!! Sie wollte auf ihren Planeten zurückkehren... Beziehungsweise, ich wollte, dass sie das tut... Aber jetzt nicht mehr! Ist sie also schon weg?!", ratterte er hastig herunter und packte Kobe an den Oberarmen. "Ähm, nein, nicht dass ich wüsste...", erklärte Kobe und seine blaue Kappe fiel ihm vom Kopf, weil Van ihn so stark hin und her schüttelte. "Wirklich? Bist du dir sicher?", verlangte Van erneut und Kobe biss sich fast auf die Zunge, so fest schüttelte ihn der König jetzt. "Entschuldigen sie, Majestät... Aber...", meinte er abwehrend, doch Van schien schon gemerkt zu haben, was er da tat. "Entschuldige Kobe, es ist nur...", sagte er kleinlaut und ließ seinen ersten Berater stehen, dem wiederum fast die Luft wegblieb. Der König hatte sich bei ihm entschuldigt? Das war so gut wie noch nie vorgekommen... Zerstreut hob er seine Kappe auf, platzierte sie tunlichtst wieder auf den Kopf und blickte Van mit trüben Augen an. "Fräulein Kanzaki ist in keinem Falle weg, soweit ich weiß..." Langsam sammelte er sich und blickte seine König neugierig an: "Was ist überhaupt vorgefallen? Sie wirken sehr durcheinander... War ist passiert, dass unsere liebe Hitomi wieder zurück auf den Mond der Illusionen will?" "Ich bin passiert..." Van seufzte und war irgendwie froh, dass Kobe hier war. Er brannte regelrecht darauf ihm davon zu erzählen und seinen Meinung zu hören. "Ich habe ihr gesagt, sie soll zurückkehren, weil ich es nicht mehr aushielt. Aber erste jetzt, 24 Stunden später ist mir klargeworden, was ich da von ihr verlangte, was ich da von mir selbst verlangte. Ich will dass sie hier bleibt und dabei habe ich nicht mal das Recht irgendetwas von ihr zu verlangen..." "Aber Hitomi tut es trotzdem, nicht wahr? Sie tut trotzdem, was sie verlangen...", stellte Kobe fest und ein diebisches Lächeln breitete sich auf seinen Lippen auf, wie bei einem Fuchs, der genau über die Lage der Dinge bescheid wusste. Es war das erste mal seit langer Zeit, dass er den König wirklich beraten durfte und es freute ihn ungemein! Van sah Kobe lange an und nickte dann nur. "Ja allerdings. Dabei habe ich sie wirklich schlecht behandelt..." "Tja, so ist das nun mal in der Liebe...", murmelte Kobe und sein Blick wurde selig. "Es ist unübersehbar, dass Fräulein Kanzaki sie sehr schätzt, sehr gerne in ihrer Nähe ist. Sie liebt sie einfach. Und wenn man jemanden liebt, nimmt man die unmöglichsten Qualen auf sich..." Eine trügerische Röte breitete sich auf Vans Wangen aus und bestätigte damit Kobes Verdacht. "Und sie lieben sie auch, nicht wahr?" Kobe fühlte sich, als hätte er voll ins Schwarze getroffen. Ein gutes Gefühl! Van hingegen fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Kübel eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Warum musste ihm auch erst sein Berater die Erleuchtung bringen? Er hatte schon lange insgeheim gehofft, dass Hitomi wieder irgendetwas für ihm empfinden würde, aber dass er ihr selbst schon allzu lange erlegen war, hatte er wiedereinmal erst viel zu spät kapiert. War er wirklich zu blind für so etwas, oder spielte ihm sein Verstand einen Streich? Natürlich liebte er Hitomi! Nur war dieses Gefühl so lange wie tot gewesen, dass er es vergessen hatte. Vergessen was man fühlt. Vergessen wie man sich benimmt und vergessen darüber zu sprechen. "Ja, das tue ich...", sagte er nun langsam zu Kobe. "Aber was soll ich machen, um Hitomi davon zu überzeugen?" Kobe fackelte nicht lange herum. "Das kann ich ihnen nicht sagen, Majestät... Egal was sie tun, lassen sie sich eines sagen: Die Liebe schreckt vor keinem Leid und keinem Schmerz zurück. Erst wenn man all dies erfahren hat, lichtet sich so manche Unklarheit. Sie müssen den Schmerz auf sich nehmen, um das durchzustehen...", sagte er und hörte sich dabei an wie ein Großvater, der seinen Enkel belehrte. Dieser imaginäre Enkel schritt jetzt mit neuem Mut zur Tür und verkündete inbrünstig, was er gedachte zu tun. "Der Schmerz kann mir gestohlen bleiben! Jetzt ist es an der Zeit zu handeln!" Mit diesen Worten ließ er einen milde schmunzelnden Kobe zurück und schlug die Tür hinter sich zu. Draußen auf dem Gang schaute er unbewusst zum bunten Glasfenster am Ende des Ganges hinüber. Darauf war ein Mensch des Drachenvolkes abgebildet. Seine Flügel waren mosaikartig aufgebaut und leuchteten in sanften Blautönen. Er sah so aus, als wolle er Van gut zusprechen. Er gab ihm das Gefühl von Mut, mit welchem der König nun den Gang entlang stürmte... Hitomi überkam das unvermeidlich Gefühl von tiefer Leere. Sie fühlte sich schuldig, als hätte sie alles falsch gemacht... Was sollte nur werden? Konnte sie einfach wieder in ihr altes Leben zurückkehren und sich jeden Tag an ihren Schreibtisch im 31 Stock setzen und so tun als ob? Nein, diesmal konnte sie die Zeit auf Gaia nicht einfach verdrängen, dazu war viel zu viel passiert... Doch jetzt war es beschlossene Sachen. Sie warf Tomu noch einmal ein gequältes Lächeln zu und schritt dann eilig zur Tür. Sie riss sie auf, als ginge es um Leben und Tod und wäre dabei auf dem Gang fast mit jemandem zusammengeknallt. "Van!", rief sie erschrocken als ein schwer atmender König vor ihrer Bildfläche auftauchte. Seine Haare sahen aus, als wären sie schnell durchgekämmt worden, jedoch hingen sie ihm wie eh und je mit Fransen ins Gesicht. "Hitomi!" war das einzige was er sagte, wobei er sie unvermindert anstarrte, als wäre sie eine Erscheinung. "Du darfst nicht gehen!" Damit hätte Hitomi nicht in ihren kühnsten Vorstellungen gerechnet! So durch den Wind wie Van allerdings aussah, hätte es sie nicht gewundert, wenn er fantasierte. Dann griff er jedoch nach Hitomis Arm und zog sie mit sich die Treppe zu den Königsgemächern hinauf, ehe sie überhaupt zu Wort kam. Er zog sie die Stufen hinauf und wandte sich sofort nach links zu einer Tür, von der Hitomi wusste, dass sie in die Bibliothek führte. "Komm, hier rein... Wir müssen reden", raunte Van und zog die schwere Eichentür auf. Hitomi rumpelte regelrecht hinein und wurde selbst sogleich von einem fantastischem Anblick überrumpelt. Die Bibliothek war ein quadratischer Raum der nach vorne zu einer Rundung auslief. Links, rechts und hinter ihr taten sich gewaltige Regale bis zur Decke auf, vollgepackt mit dicken, Ledergebundenen Büchern. Dazwischen lagen kleinere Regale mit abertausenden kleineren Büchern und zwei längliche Tische, die von den hohen, gotischen Fenstern aus Buntglas, welche an der Rundung des Zimmers lagen, beschienen wurden. "Van, was...", machte Hitomi, nachdem sie ihren vor Erstaunen offen stehenden Mund geschlossen hatte. "Du warst noch nie hier, nicht wahr?", meinte er und seltsamerweise lächelte er dabei. Hitomi sah ihn nun mit erhobener Augenbraue an. Was war denn jetzt los? Wollte er ihr vor ihrer Abreise vielleicht noch eine Schlossführung gewähren? "Es gibt vieles in diesem Schloss, was ich noch nicht gesehen habe...", meinte sie trocken und ging langsam zu einem der Tische hinüber. "Ja, ich weiß. Ich hatte nie Zeit dazu... Entschuldige...", erwiderte er. Hitomi musste nun wirklich vollkommen belämmert aussehen. War Van etwa gerade verlegen, peinlich berührt? "Entschuldige mich, Van... Aber was ist hier los? Ich war gerade dabei aus Gaia zu verschwinden und dann tauchst du vor meiner Tür auf! Was wird hier gespielt? Ich war schon dabei, es irgendwie zu realisieren und jetzt kommst du daher und zeigst mir die Bibliothek von Farnelia? Es war doch DEIN Wunsch dass ich gehe!" Hitomi war zuletzt immer lauter geworden und war nahe daran die Nerven zu verlieren. Dieser gewaltige Raum voller Bücher, die wahrscheinlich die gesamte Geschichte Farnelias und Gaias beinhalteten, trug nicht gerade dazu bei ihr Gefühl der Leere wegzuwischen. Van war inzwischen auf Hitomi zugegangen. "Ich weiß das... Ich weiß, dass ich es war, der dich zum gehen bewegen wollte. Aber ich habe es mir.... ähm... anders überlegt...", sagte er kleinlaut. "Du hast es dir anders überlegt? ANDERS ÜBERLEGT?!", fragte Hitomi ungläubig und schleuderte wütend ihren Proviantrucksack auf den Lesetisch. "Weißt du eigentlich, was ich die ganze Nacht über gemacht habe? Ich habe geweint! Ich habe Millionen von Tränen für dich vergossen, weil ich dachte, du hasst mich und willst mich deshalb loswerden... Ich habe mich Minute um Minute gefragt, wie ich etwas daran ändern könnte! Und als ich endlich soweit war, dass ich bereit war zu gehen, kommst du und sagst mir DU HÄTTEST ES DIR ANDERS ÜBERLEGT?!!!", schrie Hitomi. "WAS DENKST DU DIR EIGENTLICH DAB --", fuhr sie in völliger Rage fort, ehe Van sie küsste. Mit einem Schritt war er bei ihr gewesen und hatte ihre Lippen mit seinen versiegelt. Seine Hände hielten sich verzweifelt an ihren Schultern fest und zu ihrer eigenen Verwunderung spürte sie, wie er zitterte. Sie schockierte nicht einmal die Tatsache, dass er sie küsste, sondern dass er es ausgerechnet jetzt tat! Irgendwie schaffte sie es, sich von ihm loszureißen und starrte ihn an. "Du...", murmelte sie. In seinen Augen konnte sie wieder Furcht ablesen, Furcht vor dem was kommen würde. "Ich... will nicht dass du gehst Hitomi. Auch ich habe mir die ganze Nacht den Kopf über die Situation den Kopf zerbrochen und mir ist klar geworden, dass das die blödeste Entscheidung gewesen war, die ich jemals in meinem Leben getroffen habe!" Wieder war da dieses Feuer in seiner Aura, das Hitomi normalerweise immer einschüchterte. Diesmal aber war sie innerlich regelrecht... bewegt. "Das..., das kannst du doch alles gar nicht ernst meinen!", meinte Hitomi kopfschüttelnd und setzte sich wie aus einem Reflex auf den naheliegendsten Stuhl. "Du musste mir glauben, Hitomi! Ich wollte es nie so weit kommen lassen! Ich habe viel zu lange gebracht um zu realisieren, dass ich dich brauche!", sagte er verzweifelt und setzte sich ihr gegenüber an den schmalen Tisch. "Alles was passiert ist, die 20-Jahr-Feier, die Jagd, ja jedes einzelne mal als wir gemeinsam in einem Raum waren, ich habe mir immer benommen wie ein Idiot. Aber trotzdem hast du nicht aufgehört an mich zu glauben, dass doch eines Tages wieder zu mir zurückfinden würde...", sagte er verzweifelt und zwang Hitomi, ihn anzusehen. Sie lies sich seine Worte durch den Kopf gehen und alles schien sich zu drehen. Warum war er auf einmal so einfühlsam? Warum verstand er es jetzt erst? Und Warum hat er sie vorher so leiden lassen? Sie schaute in seine dunklen Augen, die sich wie zwei Vulkanschlunde vor ihr auftaten und sie mit einem Feuer ansahen, als wäre es nie anders gewesen. Nur war es jetzt ein Feuer der Leidenschaft. "Van... Ich war selber daran schuld, dass du mich ignoriert hast. Ich habe dir sehr weh getan...", versuchte Hitomi wie zu ihrer Verteidigung zu sagen. "Nein, nein... Du hast nur versucht die Vergangenheit hinter dir zu lassen...", flüsterte er jetzt regelrecht und griff nach ihren Händen. "Aber ich, ich konnte... wollte das nicht sehen. Ich wollte nicht sehen, dass du eine Frau warst, eine so völlig andere als vor 20 Jahren. Hitomi, ich brauche dich wirklich. Bitte, geh nicht!", flehte er nun. "Van, ich...", begann sie, kam jedoch nicht sehr weit. Van griff nach ihrer rechten Hand und lehnte sich gleichzeitig etwas über den Tisch. Bedächtig legte er sie auf die Mitte seiner Brust und sah ihr dann wieder in die Augen. "Erwärme mein Herz, Hitomi..." Es war unglaublich! Eigentlich wäre Hitomi jetzt durch das Schloss gewandert und hätte sich bei Kobe, Brisaeye und vielleicht noch Patrizia verabschiedet! Stattdessen war alles ganz anders gekommen... Sie stand jetzt in Vans Zimmer, mit dem Rücken zur Tür und vor ihr stand Van und sah sie mit diesem Blick an, den sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Er war die Verführung pur und zum ersten Mal fragte sich Hitomi, ob Van während der 20 Jahre andere Frauen gehabt hatte... Sie könnte es diesen nicht einmal verübeln, bei diesem König schwach zu werden! "Alles in Ordnung?", fragte Van, als er auf sie zu kam. Hitomi hatte gerade noch Zeit, das Zimmer kurz zu überblicken, ehe sie von Vans Aura gefangen genommen wurde. Da war auf jeden Fall ein großes Himmelbett. "Jaaa...", hauchte Hitomi und schaute tief in Vans geheimnisvolle Augen. Dann, als wäre es vorgesehen gewesen, ließ sie ihre Hände über seine Arme zu seinen Schulter gleiten und zog ihn näher an sich. Sie spürte regelrecht die Spannung in der Luft zwischen ihnen, ja im ganzen Raum. "Wirklich?", hackte Van mit einer besonders tiefen Stimme nach, die Hitomi fast verrückt machte. Sie konnte nur noch schwach nicken ehe Van sie küsste. Der Kuss dauerte lange. Erst berührten sich ihre Lippen vorsichtig, fast ängstlich, als könnten sie dieses zarte Band, welches sich zwischen ihnen zu entwickeln schien, wieder zerreißen. Aber Hitomi war sich sicher, dass Van genauso fühlte wie sie. In ihrem Inneren tat sich ein Hitze auf, die sie schon seit Jahren nicht mehr verspürt hatte. Es war die Sehnsucht und das Verlangen nach dem Körper seines Geliebten... Van umklammerte Hitomis Hüfte, fuhr mit seinen Händen immer wieder über ihren Rücken und drückte sie gleichzeitig gegen die Wand. Die Leidenschaft ging in ihre Küsse über und Van liebkoste Hitomis Hals, ja, ließ seine Zunge über ihr Schlüsselbein gleiten. Hitomi gab einen Laut des Wohlgenusses von sich und klammerte sich noch fester an Vans muskulöse Schultern. "Ist es richtig, was wir hier tun?", fragte Hitomi leise in den Raum, als sie von einer kleinen Welle des Zweifels erfasst wurde. Schon blickte sie wieder ins Vans Augen, die nun regelrecht brodelten. "Nichts anderes kann uns jetzt noch helfen...", flüsterte Van ins Hitomis Atem hinein, ehe er erneut von ihren Lippen Besitz ergriff. Sie schafften es irgendwie, zum Bett zu gelangen und Hitomi befreite Vans braune Haut langsam von einem lästigen Hemd und zog ihn zu sich herab auf das weiche Bett, wo er bedächtig ihre Bluse öffnete und voller Begierde auf derer Inhalt wartete. Jedoch stutzte er, als er das geschmeidige Unterhemd aus dem Katzendorf sah. "Was zum Teufel ist das?", fragte er misstrauisch und tastete ungeschickt den Fischbeinverstärkten, elastischen Stoff ab. Hitomi konnte bei seinem Gesichtsausdruck nichts anderes als Lachen! Kichernd kugelte sie sich unter ihm weg und richtete sich erst auf ihre Knie auf, als sie sich beruhigt hatte. "Das ist aus Merles Katzendorf... Ein sehr praktisches Teil...", meinte sie schmunzelnd und machte sich mit extra langsamen Tempo daran, es auszuziehen. "Aber hier irrt es nur..." "Allerdings", sagte Van und schluckte, als er Hitomi so sah, nachdem sie das Fischbein-Unterhemd weggeschleudert hatte. Ihre Brüste waren nun entblößt und Van zog sie sachte wieder zu sich heran. Es machte Hitomi Spaß, Van zu beobachten. Er war ihr schon erlegen, ebenso wie sie ihm. Sie wollte nie wieder aus seinen starken Armen entfliehen! Wie eine schnurrende Katze schmiegte sie sich an ihn und Van begann erneut Halsabwärts ihre weiche Haut zu küssen. Unter dem Duft von Milch und Moschus ließ er sich mit Hitomis Körper in die weichen Laken des Bettes fallen. Das er Hitomi gestern noch weg schicken wollte, war schon fast wieder vergessen... Die Hitze übernahm von Hitomis ganzem Körper Besitz, als sie Vans Haut überall auf der ihren spürte. Auf ihren Beinen, ihrem Bauch ihrem Gesicht... Die Leidenschaft zwischen ihnen kam ihrem Höhepunkt entgegen. Hitomi wusste nicht einmal mehr, wann sie einem Mann zuletzt so nahe gewesen war, aber hier und jetzt, Körper an Körper mit Van zu liegen, hatte sie sich nicht in ihren kühnsten Träumen vorgestellt! "Van!", stöhnte sie als er ihren Oberkörper umklammerte und Van sein Gesicht zwischen ihren Brüsten barg. "Willst du es tun?", nuschelte er, plötzlich ein wenig verlegen. "Ja...", hauchte Hitomi und als sich im nächsten Augengenblick ihre Körper vereinten, schien die Welt still zu stehen. Am nächsten Morgen neben Van aufzuwachen, erschien Hitomi noch unwirklicher als die letzten 24 Stunden zuvor. Sie hatte sich noch mit Van gestritten und trotzdem waren sie irgendwie in seinem Zimmer gelandet! Es muss vom Schicksal bestimmt gewesen sein, dass sie sich ausgerechnet in der kritischten Situation überhaupt am nächsten kamen. Sie hatten den ganzen Tag zuvor im Bett verbracht, sich immer wieder tief in die Augen gesehen, sich gegenseitig liebevolle Wort zugeflüstert und immer wieder den Körper des anderen liebkost. Nie hatten sie sich losgelassen, als würde sich dadurch ihre gemeinsame Zeit in Luft auflösen. Auch jetzt lag sie, inmitten von unzähligen weißen Kissen, die alle das Wappen von Farnelia trugen, an Vans warmen Körper geschmiegt. Sein linker Arm lag sanft um ihre Taille und seine Brust senkte sich gleichmäßig auf und nieder. Er schlief ein wenig, jetzt am Morgen und Hitomi beobachtete verstohlen sein markantes Profil, welches in den ersten Sonnenstrahlen, die durch das Fenster des königlichen Schlafgemachs drangen, erhellt wurde. Sie nahm zum ersten mal bewusst wahr, dass seine Wimpern genauso tief schwarz waren, wie seine Haare auch und dass sie sich leicht nach oben wölbten. Sie liebte es, ihn zu betrachten, vor allem weil sie es nun offen tun konnte, ohne vor Vans Reaktion bangen zu müssen. Sie waren sich so nahe gekommen... Miteinander zu schlafen war für Hitomi der absolute Beweis, dass man einander brauchte und dass sie Van brauchte, war ihr nie klarer geworden. Es war schön gewesen, sanft und leidenschaftlich zugleich! Und vor allem war es Van, mit dem sie dies erlebte. Das Schicksal hatte sie wieder zusammen geführt und Hitomi war überglücklich darüber... "Mhm...", machte Van und drehte sich ruckartig auf die rechte Seite sodass Hitomi einen erschrockenen Schrei losließ. Die Sonne schien Van geblendet zu haben, weshalb er jetzt wild blinzelnd um sich sah. "Was ist los?", fragte er schlaftrunken. "Nichts...", meinte Hitomi leise und ließ ihre linke Hand bedächtig über Vans starke Brust gleiten. "Ich bin hier..." Sofort zog sich ein breites Grinsen über Vans Gesicht und er zog Hitomi so weit zu sich, dass er sie bedenkenlos küssen konnte. Sobald Hitomis Bedürfnis an Liebkosung gestillt war, wandte sie sich mit ernster Mine an Van. "Das was in den letzten Stunden zwischen uns passiert ist... Ich möchte, dass du weißt, Ich werde nicht davon laufen. Es ist so, wie ich es mir einmal erhofft hatte, vor langer Zeit. Das es allerdings wahr werden würde, diese Sache zwischen uns, hätte ich nicht erwartet..." Sie sah Van an, seine wuschligen Haare hingen ihm ins Gesicht. "Was ich allerdings wissen muss: Wirst du weg laufen?", fragte sie. Van reckte sich und richtete sich in den Kissen etwas auf. "Das wäre wirklich das dümmste, was ich tun könnte...", meinte er leise und grinste ein wenig hoffnungsvoll. Hitomi gab sich mit dieser Antwort voll und ganz zufrieden. Sie vertraute Van bereits, nur wollte sie sich auf ihn verlassen können, egal was die Zukunft für sie beide bringen würde. "Ich liebe dich...", meinte sie dann ehrlich. Van schnaufte vernehmbar und griff nach Hitomis Hand. "Das hast du schon einmal zu mir gesagt, nur habe ich damals nicht begriffen, wie viel das wert war. Ich habe dich einfach gehen lassen..." "Aber diesmal werde ich nicht gehen!", sagte Hitomi und drückte wie zur Versicherung seine Hand. "Dann wird alles gut werden..." Wie zur Versicherung schauten sie beide auf ihre Hände, welche von der Sonne auf unheimliche Weise angestrahlt wurden. Vielleicht wurde diesmal wirklich alles gut... ----------------------------------------- Nachwort: So, was sagt ihr? Fandet ihrs gut oder eher nicht? Also ich muss sagen, dass Kapitel 18 wohl für die Beziehung zwischen Van und Hitomi so was wie der vorläufige Höhepunkt ist. *gg* (Höhepunkt kann man jetzt so oder so sehen...) Ja, weil wir schon mal bei so heiklen Dingen sind, wie ich sicherlich gemerkt habt, gibt es in diesem Kapitel eine... Sexszene, mehr oder weniger. Ich habe zwar gewusst, dass es in diesem Kapitel passieren muss, aber wie genau... tja. Ich habe einfach drauf los geschrieben... Erst wollte ich es schon etwas... sagen wir freizügiger schreiben, ABER in Animexx wir so was ja immer gleich adultisiert und das wollt ich euch wirklich net antun. Also müsst ihr mit dem zufrieden sein. Ich selbst finds net so toll wies jetzt is, aber na ja. Meine Betaleserin dagegen findet, das ist mein bestes bisheriges Kapitel! Hm, ich würde nicht sagen mein bestes, das war meiner meinung nach kap 13 oder 17. Aber wie findet ihrs? Mir persönlich gefällt ja am besten, die szene in der bibliothek, als Van seiner Hitomi endlich gesteht, dass er sie liebt. Diese szene war der Auslöser dafür, dass ich dieses fanfiction überhaupt geschrieben habe. Von ihr ging alles aus. Ich hatte sie von anfang an im Kopf und hab mich echt gefreut, sie endlich niederschreiben zu dürfen. (Jetzt wisst ihr auch, warum die Geschichte "erwärme mein Herz" heißt.) Es war wirklich ein schönes erlebnis, bisher, an dieser story zu arbeiten. Aber sie ist nicht zu ende, nein nein! ^.^ Es werde mind. 30 kapitel! (mann, da hab ich mir ja was vorgenommen...) Die dramatische Seite von Van und Hitomis geschichte ist jetzt so prinzipiell erzählt, jetzt wenden wir uns anderen dingen zu. z.b. dem guten Allen und dem geheimnisvollen Dornfels. Und zwischen van und hitomi wird natürlich auch weiter gehen, nur eben etwas... harmonischer. Vorerst... *gg* Dann hab ich noch zwei Nachrichten für euch, eine gute und eine schlechte. Die schlechte kriegt ihr natürlich zuerst. (für mich ist sie allerdings gut...) Ich gehe ab ersten oktober für 3 Monate nach japan. Ist war schön und gut, aber ich weiß nicht, ob ich dort regelmäßig an einen computer komme. Das könnte also bedeuten, dass ich 3 Monate nichts neues aus Gaia hört... Die gute nachricht is aber, dass ich auf jeden fall weiter schreiben werde, wenn auch nur mit stift und papier. Ihr kriegt auf jeden fall was neues zu lesen, ich mache so schnell ich kann, versprochen. Deshalb bitte ich euch, schreibt mir noch ein paar schöne lange kommis, von denen ich während der 3 monate zehren kann... ^.^ Also, bis bald dann. Gruß, Chiyo-san Ps: Musik bei diesem Kapitel, seltsamerweise Madonna. Ps2: Am 1. Oktober kommt der neue harry Potter auf Deutsch. Kauft ihn und lest ihn! ^.^ Ps3: Ich habe zugleich mit diesem kapitel eine neue Fanfic hochgeladen, oder songfic, wie man will. Das ist ein oneshot, und so was wie ein EXTRA zu "Erwärme mein Herz". Sie erzählt von Vans Gefühlswelt und ist eine kleine Liebeserklärung an Hitomi. *hihi* Bitte schauts euch an... Kapitel 19: Des Königs Groll ---------------------------- Tadaimaaaaaaaaaa!!! (wie der Japaner so schön sagt...) So, nachdem ich also 3 Monate in Japan verbracht habe (was mir schon irgendwie ganz schön lang vorgekommen ist...), BIN ICH WIEDER DA!!! Und das heißt für euch: Viele neue Kapitel! ^________^ Also natürlich nicht alle auf einmal, weil ich alle erst noch abtippen, überarbeiten und beta-lesen lassen muss. aber wenn das alles geschafft ist, solltet ihr frisches Lesefutter von der Chiyo-san-Front bekommen! Ich hoffe, ich habe über die drei monate nicht alle meine Leser verloren... Ich habe nämlich komischerweise nicht viele Reaktionen auf Kapitel 18 bekommen (DAS Hitomi/Van Kapitel schlechthin!) und es hat mir auch keiner was zu "The Reason" geschrieben, worüber ich ein bissl enttäuscht bin, aber man kann ja nicht alles im Leben haben. (Vielleicht war das jetzt zu großkotzig, sorry... Ich will euch ja nicht vergraulen, Nein!, ich freu mich doch über jeden noch so kleinen kommi!) Aber egal. Jetzt lest erst mal! ^.^ Ich werde noch ein schönes Nachwort schreiben! --------------------------------------------------------- Kapitel 19: Des Königs Groll An so einen Morgen konnte sich die Dienerschaft von Farnelia wahrscheinlich kaum noch zurückerinnern. Die gute Laune des Königs war ja schon fast unheimlich... Van saß beim Frühstück wie gewohnt am Kopf der Tafel, strahlte allerdings nicht wie sonst seine miese Laune aus. Sein Gesicht wirkte völlig entspannt und auch er selbst war sehr ruhig und gelassen. Das seltsame aber war - und genau das war der Punkt an dem sich die Geister schieden - was er sagte: "Das Ei schmeckt heute wirklich vorzüglich!", oder "Der Käse war noch nie so köstlich...", waren noch harmlose Zeugnisse seiner guten Laune. Er schien mit der ganzen Welt zufrieden zu sein und das einzige was noch fehlte war, dass er leise vor sich hin summte. Suchte man nach einer vernünftigen Erklärung, könnte man fast meinen, der gute König hatte einen mysteriösen Trank eingenommen, welcher ihm einzigartig gute Laune bescherte. Hitomi wusste es allerdings besser und schmunzelte deshalb leise in sich hinein. Sie saß wie sonst auch auf dem nächsten Platz neben Van und war gerade im Stillen damit beschäftigt die Reaktion der Anwesenden Personen auf Vans Stimmungswechsel zu beobachten. Kobe konnte sich offenbar nicht entscheiden, ob er ein schelmisches Grinsen oder eine verdutzte Miene auflegen sollte; auf dem Stuhl neben ihm merkte Tomu, der sowieso etwas verwirrt war über Hitomis Anwesenheit ("An der Grenze zu Astoria wurden Drachen gesichtet", hatte Hitomi ihn glauben lassen wollen.), nicht wie er sein Rührei eher auf sein Hemd schaufelte, anstatt in seinen Mund und die Dienerschaft brachte ungewöhnlich viel Speisen aus der Küche, auch wenn sich dabei nur eine Scheibe Brot auf ihrem Tablett befand... Hitomi zerteilte bedächtig zärtlich ihre Apfelhälfte und spürte dabei, wie ihr Van immer wieder begehrliche Blicke zuwarf. Zur Erwiderung berührte sie unter dem Tisch sachte sein Bein mit ihrem Fuß und ihre Gedanken drifteten ab, bei der Erinnerung an die letzten 24 Stunden. Sie und Van hatten lange Stunden miteinander verbracht und alles was vor ihrem Eintritt in des Königs Gemach gewesen war, schien wie unter einem Dunstschleier zu stehen. Als blickte sie durch einen beschlagenen Duschvorhang sah sie kurzzeitig die Szenen an Escaflownes Grab und in der Bibliothek. Danach kam nur noch Wärme... Und Hitze. Sie spürte immer noch ganz genau Vans Hände, wie sie die leichten Erhebungen ihrer Brüste abtasteten; Vans Lippen, wie sie feuchte Spuren über ihren Hals zogen und Vans schwarze Haare, wie sie sie zwischen ihren Beinen kitzelten... Dieses unbeschreibliche Gefühl im Bauch, das sie die ganze Zeit über hatte, war all die Qualen der letzten Monate wert gewesen. Es war ihr endlich gelungen, Van klar zu machen, dass sie ihn liebte und dass sie ihn brauchte. Vielleicht hatte sie sich das selbst auch erst richtig bewusst gemacht... Auch Van schien so zu denken und zu fühlen, und Hitomi war es ein Rätsel, wie er es all die Jahre über geschafft hatte diese unendliche Leidenschaft und Zärtlichkeit zu verbergen, wie er sie in seinem Schlafzimmer an den Tag gelegt hatte. Hitomi lächelte glücklich hinter dem Schleier ihrer offenen Haare. Ihren Körper und ihre Seele zog es zurück in Vas Schlafzimmer und in das riesige Bett, mit den unzähligen Kissen und inmitten von ihnen Van, der ihr die Hand entgegenhielt und sie ebenfalls anlächelte, als wäre es nie anders gewesen. All die Male - und es waren nicht viele Male gewesen - die sie mit anderen Männern geschlafen hatte, erschienen ihr unecht und kühl im Gegensatz zu dem, was sie mit Van erlebt hatte. Die Liebe war so schön und Hitomi wollte sie nicht mehr loslassen! Im nächsten Moment erhaschte Hitomi wieder einen von Vans feurigen Blicken. Ein wenig verlegen sah sie in eine andere Richtung. Bis jetzt wusste noch niemand, dass sie beide zusammen waren... Sie wollten nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und wenn Hitomi ehrlich war, wusste sie selbst nicht, ob diese Sache ernst war. Sie hatten nicht wirklich darüber gesprochen... Das alles kehrte sie jedoch in ihrem Kopf beiseite, als Brisaeye von der Küche herein kam. Ganz anders als die der anderen Bediensteten war ihre Miene sehr neutral und ihre Augen suchten kurz den Augenkontakt zu Hitomi. Sie brannten wissend zu ihr herüber, wie zwei Kohlestücke. Da fiel Hitomi schlagartig wieder Brisaeyes wahre Identität ein! Sie war doch vom "Volk des flüsternden Windes", jenen Wesen die alles hörten und mithilfe ihrer Ohren die dunkelsten Geheimnisse lüften konnten. Voll Schreckens beobachtete sie das dunkelhäutige Mädchen, wie sie um den Tisch herum ging und allen Anwesenden noch mal Tee nach schenkte. Wusste sie es? Wusste sie bereits, was zwischen ihr und Van vorgefallen war und ließ sich einfach nichts konkretes anmerken? Wenn es so war, dann fühlte sie sich erneut in ihrem Verdacht bestätigt, dass das Mädchen etwas verbarg... Auch wenn sie ihr angeblich alles über sich gesagt hatte, so glaubte Hitomi allmählich, dass da noch etwas war... Sie schaffte es einfach nicht, über Brisaeyes mysteriöses Auftreten hinweg zu sehen. Van sah sie fragend an und Hitomi gab ihm mit einem Handwink zu verstehen, dass alles in Ordnung war. "Der Tee ist heute wirklich besonders gut...", sagte er dann und prostete Kobe gutgelaunt mit seiner Tasse zu. Hitomi ging Brisaeyes Auftreten beim Frühstück für den Rest des Tages nicht mehr aus dem Kopf. Irgendetwas war sehr seltsam daran, aber sogleich wurden ihre Gedanken auf Eis gelegt, als Van in ihr Blickfeld trat. Sie waren gemeinsam in den Stall gegangen um nach den Pferden zu sehen und nachdem Van Kurò begrüßt hatte, kam er munter in Minnmays Box, die gerade unter leisen, wohlwollendem Schnauben von ihrer Besitzerin getätschelt wurde. "Schon allein wegen dieser Pferdedame hier hätte ich nicht gehen wollen...", sagte sie an Van gewandt. "Hm... Du bist ja nicht gegangen...", meinte er darauf und sein Blick verhärtete sich für den Bruchteil einer Sekunde, als er sich bewusst machte, dass dies ja SEINE ehemalige Entscheidung gewesen war. "Du wolltest, dass ich bleibe und ich muss sagen, ich bereue es nicht!" Hitomi grinste verschmitzt und strich sich ihr Haar aus dem Gesicht. "Haselnüsse...", murmelte Van dann. "Was?" Hitomi sah ihn an, weil sie nicht verstand, worauf er hinaus wollte. Vans Gesicht bekam einen milden Ausdruck sanfter Glückseeligkeit und er sagte: "Dein Haar... Wenn die Sonne darauf scheint, sieht es aus als wären Haselnüsse geschmolzen worden..." Wie in Trance trat er ganz nah an Hitomi und berührte ihr Haar so sacht, als könnte es unter seinen Händen zerbröseln. Hitomi lächelte glücklich, weil er ihr soeben ein richtig ernst gemeintes Kompliment gemacht hatte. "Eiscreme...", sagte sie dann abrupt, denn das war das einzige was "geschmolzenen Haselnüssen" gleich kam. "Was?" Nun war Van es, der nicht verstand. "Eiscreme ist eine Speise meines Planeten. Es ist eine sehr kalte Creme, die im Sommer als erfrischende Delikatesse dient. Es gibt sie in so ziemlich allen Geschmäckern..., auch Haselnuss...", erklärte sie ihm und bei der Erinnerung daran lief ihr das Wasser im Mund zusammen. "Schade, dass ich sie nie probieren kann...", bedauerte Van und küsste sie auf ihren Scheitel. "Ich kann dir ja beim nächsten Mal eine mitbringen...", scherzte Hitomi und küsste Van auf seine schönen, breiten Lippen. Nachdem im Stall alles in Ordnung zu sein schien, schlenderten Van und Hitomi durch den gepflasterten Schlosshof zum Tor und schlugen im Garten den Kiesweg ein, den Hitomi selbst schon öfter betreten hatte. Es war ein sehr schöner Herbsttag und die spätnachmittägliche Sonne wärmte Flora und Fauna unter sich. Die Blätter begannen sich bereits bunt zu färben und als Hitomi und Van die Laube im Schatten des Schlosses betraten, wie sie es schon einmal mit Dornfels getan hatte, raschelte bereits frisches Laub und das von den Jahren zuvor unter dem Saum ihres bodenlangen, rostroten Kleides. Damit passte sie fast perfekt zu den umliegenden Blättern - grün, gelb, rot und braun. "Hier bin ich ja seit Ewigkeiten nicht mehr gewesen...", meinte Van und sah sich mit neugieriger Mine um. Er betrachtete die Ahornbäume ringsum, deren Blätter sich kaum merklich in einer herbstlichen Brise regten. Dazwischen standen kleine Nadelbäume und die herabhängenden Köpfe von Blumen, deren Blütenblätter schon auf dem Boden verschrumpelt waren. Im Sommer waren sie noch strahlend weiß gewesen... "Es ist ein schönes Plätzchen, ja...", stimmte Hitomi zu und betrachtete den Brunnen, der leise vor sich hin plätscherte. "Und wir sind alleine...", meinte van in einem Tonfall, der nichts keusches verhieß! Hitomi rollte gespielt entnervt die Augen zum Blätterverdeckten Himmel, ließ sich aber dennoch bereitwillig von Van an den Hüften zu sich ziehen. "Hhm...", seufzte sie und genoss aus ihrem tiefsten Inneren die wärmende Berührung, mit der Van sie umschloss. Er küsste sie ganz langsam auf den Mund und versank daran wie ein Ertrinkender, der die Luft zum Atmen brauchte. Hitomi ließ ihre Hände auf seinen Rücken wandern und spürte ganz deutlich seine starken Schulterblätter, die sich unter dem Leinenstoff seines Hemdes abzeichneten. Sie ertastete seinen heißen Nacken und zupfte mit den Fingern durch sein dichtes, schwarzes Haar. Da war es wieder, dieses unglaubliche Gefühl, das sie seit neuestem in ihrem Bauch beherbergte und das sich bei dem Moment mit Van noch verstärkte. Es war wie tausend Schmetterling und summende Bienen auf einmal! Van musste wohl eher Grashüpfer in seinem Bauch haben, denn mit einer abrupten Bewegung ließ er seinen linken Arm unter Hitomis Hinterteil gleiten und hob sie dann anschließend hoch. Ihr entfuhr ein überraschter Schrei und sie klammerte sich nervös an seine Schultern. "Du bist ja überhaupt nicht schwer! Geben sie dir nichts zu essen?", meinte Van und ging abschätzend mit ihr in die Knie und wieder zurück. "Ha, ha!" Hitomi wusste nicht, ob sie das als Kompliment sehen sollte oder nicht und setzte daher einen spöttischen Blick auf. Sie begann jedoch schnell Gefallen an der Situation zu finden und entspannte sich sichtlich. Vans starke Arme hielten sie an sich gedrückt und er ging mit ihr eine Ehrenrunde um den Brunnen, ehe sie sich mit einem plumpsenden Geräusch auf der weißen Marmorbank niederließen, welche direkt vor der Efeuüberwucherten Felswand stand. "In meiner Welt ist es vorteilhafter, schlank zu sein...", sagte Hitomi, dem dringenden Bedürfnis nachgehend, noch irgendetwas zum Thema beisteuern zu müssen. "Habe ich irgendetwas an deiner Figur bemängelt?" Van runzelte die Stirn und tätschelte ihr zur Beruhigung die Hüfte. Hitomi rollte die Augen erneut gen Himmel, sich wohl dessen bewusst, dass diese Diskussion wohl zu nichts führen würde... Sie seufzte, brachte sich ruckelnd in eine bequemere Lage auf Vans Schoß und strich ihm dann sanft über die Wangen, die von ganz kleinen, unscheinbaren Stoppeln übersäht war. Ihr dickes Wollkleid war grob geschnitten und ließ deshalb nur auf ihre Körperformen spekulieren; Van jedoch tastete sich darauf UND darunter vor wie ein Weltmeister, bis seine rechte Hand warm auf ihrem Oberschenkel lag. Hitomi grinste, als er sie dann triumphierend ansah, mit einem Blick den sie noch nie bei ihm gesehen hatte: Er war irgendwie verwegen und ein bisschen rebellisch. Er erinnerte sie so stark an einen guten Schauspieler, was sie auch prompt aussprach! "So siehst du aus wie James Dean...", sagte sie überraschend verführerisch nahe seinem Ohr. "Ach ja?", war das einzige was er darauf erwiderte, bevor er sie wiederholt eng umschlang und sie fordernd und innig küsste. Die Hand unter ihren Röcken schien dabei immer weiter in gefährliche Zonen zu wandern... Hitomi schmiegte sich trotzdem nur noch enger an ihn und ließ sich für den Moment fallen, in die watteweichen Sphären des Genusses, der sie wie der Duft von Milch und Honig umfing. Hitomi erwachte wie aus einem Traum auf dem laubbedeckten Boden, ihre Röcke zerknittert und ihr Haar wirr. Sie hörte Van neben ihr atmen und den Brunnen über ihr plätschern. Ihr stieg der penetrante Geruch von feuchter Erde und männlichem Schweiß in die Nase, weshalb sie sich eilig aufrappelte und den König und Farnelia ins Visier nahm. Dieser saß mit dem Rücken an die Marmorbank gelehnt da und grübelte anscheinend mit zerfurchter Stirn über etwas. Als er Hitomis Wiederauferstehung bemerkte, sah er sie an, mit sehr skeptischen, braunen Augen. "Hitomi? Wer ist eigentlich James Dean?" Während sie gegen Abend zum Schloss zurück schlenderten, versuchte Hitomi Van zu erklären wer James Dean war, wobei die Präsenz des Schauspielers ins Unwichtige rückte, sobald Van von Film und Fernsehen erfuhr und zu begreifen versuchte, wie James Dean sich nur in einem 80x60 cm großen Metallkasten bewegen konnte. Hitomi grinste belustigt vor sich hin, während das Abendrot wie abgewaschene Farbe über die Schlossmauern kroch. Hitomi versuchte es ihm so einfach wie möglich verständlich zu machen, wobei sie mit Telefonen und Internet gar nicht erst anfangen wollte... Jedenfalls war Van immer noch relativ geschockt von James Dean und Co, als sie schon in die große Halle eintraten. Dort hatte Hitomi zum wiederholten mal ein Dèjà-vu, als Kobe wie ein geölter Blitz aus dem Thronsaal geschossen kam und auf Van einrannte. "Majestät, es tut mir leid, aber...", stammelte er sichtlich nervös und verbeugte sich hastig vor seinem König, von welchem er sogleich unterbrochen wurde. "Was gibt es denn schon wieder dringendes?", wollte Van wissen und Hitomi bemerkte, wie er angestrengt versuchte seine heutige gute Laune aufrecht zu erhalten, obwohl es ihm natürlich zuwider war, das Kobe wieder irgendetwas von ihm wollte. "Ähm... ein Bote aus Zaibach. Es ist sehr dringend...", sagte Kobe, der anscheinend selber nicht wusste was los war. Bei dem Wort "Bote" hatten sich Vans Augenbrauen für Sekundenbruchteile in seine alten Tiefen gesenkt, dennoch nahm er diese Nachricht kommentarlos auf. "Gut", meinte er dann nach einer Weile und Kobe, der sowieso schon verwirrte Blicke zwischen den beiden hin und her geworfen hatte, klappte schließlich ganz der Mund auf, als Van Hitomi einen flüchtigen Kuss gab, ihr ein "Warte hier auf mich..." zuflüsterte und ohne einen weiteren Blick an Kobe zu verschwenden in den Thronsaal rauschte. Kobe starrte erst ihm nach, dann schaute er zu Hitomi und sein überaus verblüffter Gesichtsausdruck wich einem breiten Grinsen. "Ich hab's ja immer gewusst!", sagte er großväterlich und ging, sich am Schnurrbart zupfend, schnurstracks ebenfalls in den Thronsaal. Hitomi sah noch den Saum seines indigoblauen Umhangs in der Tür verschwinden, ehe sie sich der heißen Röte auf ihren Wangen bewusst wurde. "Ist heute der Tag der kargen Worte, oder was?", murmelte sie kopfschüttelnd vor sich hin. Sie ging hinüber zur Treppe und setzte sich auf die zweite Stufe, in freudiger Erwartung auf Van. Es war tatsächlich geschehen! Sie waren zusammengekommen und wenn Kobe es schon so gut aufnahm, würde wohl der Rest von Farnelia auch nichts gegen diese Verbindung haben. Jedoch fragte sich Hitomi, welche Nachricht aus Zaibach so wichtig sein konnte und ihr schon sich unmittelbar ein Bild von Präsident Dornfels vor ihr inneres Auge. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihrer Brust breit, nicht nur wegen ihrem Misstrauen gegenüber Dornfels, sondern auch wegen Van. Vielleicht nahm sie alles zu sehr auf die leichte Schulter? Vielleicht würde diese friedliche Symbiose zwischen ihnen schneller beendet sein als sie dachte? Dabei wollte sie doch für immer an Vans Seite bleiben... Eine halbe Stunde später ging die Tür zum Thronsaal auf und Hitomi sprang fast mit etwas zuviel Elan von der Treppe auf, wobei sie ungeschickt auf ihrem Rocksaum trat und fast wieder in ihre ursprüngliche Position zurück fiel. Kobe war im Durchgang erschienen und er hatte das Gesicht so verzogen, als hätte er faule Eier gegessen. Die vermeintliche Erklärung dafür kam schon im nächsten Moment hinter Kobe her. Van ließ die Solen seiner Stiefel auf dem Boden schnalzen, als er mit einer schwungvollen, aber aggressiven Bewegung die Tür hinter sich zuschlug. Es gab einen lauten Knall und Vans Gesichtsausdruck war so finster, dass Hitomi sich fragte, ob da noch der selbe Mann im Raum stand, der vor 30 Minuten hinter dieser Tür verschwunden war... Er stand jetzt ganz still da, schaute zu Boden und ballte die Hände zu Fäusten. Früher hätte Hitomi instinktiv das Weite gesucht, da es sie nun aber fast körperlich schmerzte nicht in Vans Nähe zu sein, ging sie langsam auf ihn zu, wobei sie Kobes warnendes Gefuchtel mit den Händen demonstrativ ignorierte. "Was ist passiert, Van?", fragte sie möglichst ruhig, konnte aber einen Hauch von Neugierde nicht unterdrücken. Er schien sie gar nicht gehört zu haben, denn er reagierte nicht. Nicht ein Stück. Das war der Moment, in dem sich bei Hitomi die Alarmglocken einschalteten. Was zum Teufel war da drinnen nur vorgefallen? Plötzlich zuckten sowohl Kobe als auch Hitomi erschrocken zusammen, ohne sich den Grund überhaupt richtig bewusst gemacht zu haben. Van hatte ein ärgerlichen Schrei losgelassen, der eher zu einem wütenden Bär passen würde. Hitomi, die den Drang, ihm eine deftige Ohrfeige zu geben stark unterdrücken musste, sprang jetzt auf ihn zu und schüttelte seine Arme. "Du sagst mir jetzt sofort was los ist!", befahl sie, ohne auf die pfeifenden Geräusche zu achten, die der König immer noch von sich gab. "Er. Hat. Mich. Eingeladen!", presste er zwischen den Zähnen hervor. Hitomi konnte sich schlecht vorstellen, dass der Bote aus Zaibach ihn zu einer Party eingeladen hat, weshalb sie scharf nachdachte. "Dornfels... Dornfels hat die eingeladen?", dämmerte es ihr und ihre Stimme klang so entsetzt, dass sie sich selbst fragte warum. Van nickte nur und seine Augen schienen sich noch zusätzlich vor Wut zu verdunkeln. Allerdings entspannten sich seine Gesichtszüge eine wenig, als er sah, dass Hitomi anscheinend ebenso bestürzt war wie er selbst. Hitomi aber war keineswegs über die Tatsache bestürzt, dass Dornfels eine Einladung überbracht hatte, sondern eher über Vans Reaktion darauf. "Ja und?", fragte sie dann herausfordernd. "Hat er dich einer Orgie eingeladen, oder was?" Hitomi wusste nicht mal ob ein durchschnittlicher Gaianer wusste, was das war und Vans bösem Blick zufolge, wusste auch er es nicht. Van war scheinbar unfähig noch irgendeine weitere Aussage zu machen und wie zum Trotz riss er sich von Hitomis Umklammerung los und schritt Richtung seiner Gemächer davon. In Hitomis Magen bildete sich ein ärgerlicher Klumpen. Das war ja so typisch! Immer wenn Van etwas zuwider war, reagierte er wie ein sturer Ochse! Dabei verstand sie nicht auch nur ansatzweise, weshalb eine simple Einladung so einen Ausraster beim König hervorrufen konnte. Es sei denn, besagte Einladung war nicht ganz koscher... Im Bewusstsein, dass ER wesentlich gelassener war als der König, wandte sich Hitomi an Kobe. "Was ist das für eine Einladung?", wollte sie wissen und zwickte dabei berechnend ihre Augen zusammen. Kobe atmete erleichtert die Luft aus, welche er anscheinend unbewusst angehalten hatte und machte einen trübseligen Eindruck. Man merkte sein Alter wieder und die Falten in seinem Gesicht schienen sich tiefer in die Haut zu graben, ebenso wie seine schmalen Schultern in sich zusammensanken. "Ach, eigentlich ist es nichts großartiges... Präsident Dornfels will Verhandlungen und Gespräche führe, über die Zukunft Gaias. Was er damit bezwecken will, ist mir auch nicht so ganz klar, ... jedenfalls sollten alle Reiche in einem Monat in Zaibach zusammenkommen...", erklärte er. Hitomi blickte skeptisch drein. "Und warum ist Van dann so ausgeflippt? Erträgt er es nicht, gelegentlich mal seinen königlichen Pflichten nachzugehen?", fragte sie ungläubig. Kobe seufzte und sagte resigniert: "Nein, das ist es nicht. Ich weiß schon, der König hat ein wenig überreagiert...", gab er zu, wurde aber von Hitomi unterbrochen. "Das kannst du wohl laut sagen! Wo ist sein Problem?" Kobe strich sich geistesabwesend über seinen Bauchumfang und presste seine schmalen Lippen nachdenklich zusammen, sodass man eigentlich nur noch seinen buschigen Schnauzbart sah. "Sein Majestät traut dem Präsidenten nicht, das hat er nie. Und ehrlich gesagt tue ich das auch nicht... Dornfels war damals nach Ende des Krieges plötzlich da... Er hatte vorher keinerlei Stellung in Zaibach und niemand wusste, wo er her kam. Er war einfach da und brachte mit seinen Reformen und seiner sogenannten Demokratie neue Hoffnung in ein vom Krieg zerstörtes Land...", erzählte er und irgendwas schien bei seinen Worten in Hitomis Kopf zu klingeln, sie wusste allerdings nicht was... "Das ist aber noch lange keine Grund, so auszurasten, oder?" Hitomi spürte immer noch dumpf den Klumpen in ihrem Magen und sie überlegte bereits Fieberhaft, auf welche Weise sie Van zusammenstauchen konnte. Sie mochte Dornfels ja auch nicht, aber sein Verhalten war doch wirklich nicht gerechtfertigt. "Mir scheint das alles ganz vernünftig zu klingen, ich meine über Gaias Zukunft zu debattieren...", fuhr sie fort. Kobe nickte zaghaft, wollte aber scheinbar noch etwas sagen. "Es gibt da aber etwas, was sie noch nicht über Dornfels wissen, Fräulein Hitomi...", meinte er und schluckte. "Was?" Hitomi könnte sich Dornfels gut als Mafiaboss vorstellen, aber das konnte es ja wohl kaum sein. "Sein Majestät misstraut ihm so, weil er einmal versucht hat, Escaflowne zu stehlen...", sagte er laut. Hitomi riss die Augen auf und das Wort "Escaflowne" schien leise in der Halle wiederzuhallen. "Er hat WAS versucht?!" Das war eine rein rhetorische Frage, denn sie hatte es gut verstanden. Ihr schossen Bilder von einem mit Knüppeln bewaffneten Dornfels durch den Kopf und sie starrte ungläubig auf Kobe hinab. Dieser nickte ernst. "Das war ungefähr 5 Jahre nach seinem Amtantritt. Er hatte scheinbar ein überaus hohes wissenschaftliches Interesse an dem sagenumwobenen Drachen der Espangol. Scheinbar ist das eine Erbkrankheit der zaibacher Herrscher...", meinte er düster. "Und was ist passiert?" Hitomi wusste, dass Escaflowne immer noch am selben Platz war, wie sie vor 20 Jahren gegangen war. Kobe zuckte mit den Schultern, sein Gesicht war allerdings immer noch ernst. "Nichts. Es ist ihm nicht ansatzweise gelungen! Jedenfalls ist seine Majestät ausgerastet, schlimmer noch als heute und hegt seitdem eine starke Abneigung gegenüber dem Präsidenten. Die ganze Geschichte wurde natürlich geschickt vertuscht und es wundert mich richtig, dass bei der 20-Jahr-Feier die Fronten nicht wieder aufeinander geprallt sind..." Hitomi stand immer noch ein wenig unter Schock, als Kobe geendet hatte; Ihre Abneigung gegenüber Dornfels loderte jedoch um einiges mehr auf. "Der Ärger des Königs wird sich schon wieder auflösen... Aber wir wissen ja, dass er schwerlich mit der Vergangenheit umgehen kann", sagte Kobe weise und Hitomi konnte ihm da nur zustimmen. Der Klumpen in ihrem Magen löste sich langsam auf und die Bienen und Schmetterlinge schienen sich stattdessen wieder auf ihren alten Plätzen einzufinden. Sie empfand sogar ein wenig Mitleid für Van... Niemand schien richtig zu verstehen was in ihm vorging und sogar sie tat sich schwer damit. Aber sie hatte vor das zu ändern! Van musste ihr vertrauen, das wollte sie so sehr... "Danke, Kobe...", murmelte sie, raffte dann ihre Röcke und lies den armen Kobe in der Halle stehen. Nachdem Hitomi Van nicht in seinem Schlafzimmer auffinden konnte, war sein nächstmöglicher Aufenthaltsort wohl die Bibliothek. Sie öffnete behutsam die große, schwere Tür und sah sich um. Tatsächlich saß Van vor einem der bunten Glasfenster am Tisch und sein Profil verschwamm sanft im letzten Glimmen des Abendrots. Sobald Hitomi eintrat, wurde sie von einem angenehmen Gefühl des Wohlbefindens erfasst. Der Antike Raum mit den zahlreichen Büchern wirkte einfach sehr beeindruckend auf sie! Aber jetzt war Van das Zielobjekt und sie wanderte leisen zwischen den Regalen hindurch, wie ein kleiner Metallsplitter, der von einem Magneten angezogen wurde. "Van...", sagte sie zärtlich und legte ihre Hände auf seine Schultern. Er ließ es zu und gab nur ein resignierendes "Hmpf" von sich. "Es ist unfair, wenn du jetzt auf mich sauer bist... Ich konnte ja nicht wissen, dass Dornfels einmal versucht hat -", sagte sie, doch Van unterbrach sie. "Kobe hat es dir also erzählt?" Hitomi drückte zustimmend seine Schultern und begann aus einem Impuls heraus ihn zu massieren. "Ich bin nicht sauer auf dich... Ich bin einzig und allein sauer auf diesen Mann, der so dreist ist -", sagte er mit aufbrausender Stimme, brach dann aber ab. Hitomi knetete ihm eingehend seine Schultern und er entspannte sich sichtlich. "Ach, reden wir nicht mehr darüber...", seine Wut schien regelrecht zu verrauchen. Hitomi war selbst überrascht darüber, stellte ihr Massage aber nicht ein. Van schien nämlich jede Sekunde davon zu genießen und seufzt selig. Die Minuten verstrichen und beiden sprachen kein Wort, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Irgendwann aber, als Hitomis Hände einem Krampf nahe waren, stellte sie ihre Massage ein und schloss für einen Moment die Augen. Sie hörte es rumpeln und vernahm das bekannte wetzende Geräusche eines Stuhles, wenn er über den Boden geschoben wurde. Als sie die Augen wieder öffnete, befand sich Vans Gesicht so nach vor ihrem, dass sie direkt in seinem tiefbraunen, tunnelartigen Augen sah. "Vergessen wir Dornfels und widmen wir und lieber wieder uns beiden...", sagte Vans mit tiefer Stimme und Hitomi erwiderte: "Das gleich wollte ich auch gerade vorschlagen..." Sie fühlte sein schelmisches Grinsen mehr, als dass sie es sah, so nah war er ihr inzwischen. Seine Hüfte schob sich eng an sie und Hitomi roch sehr altes und sehr modriges Papier aus dem Regal hinter ihr. Aber kein Buch der Welt konnte sie jetzt ablenken! Sie begrüßte Vans Nähe, drückte ihre Hände in seinen Nacken und zog seine schönen, weichen Lippen zu sich herunter. Aus den Augenwinkeln konnte sie ihr vertraute Buchstaben auf einem Buchrücken sehen, ehe sie mit Van in einem wirbelnden, küssenden und lachenden Knäuel aus der Bibliothek verschwand. Dunkelheit hatte sich über Farnelia gebreitet und ein herbstlicher Sturm wirbelte all die bunten Blätter auf, trieb sie von den Bäumen. Die Lichter der Stadt leuchteten in weiter Ferne, die hohen Fenster des Palastes vorne an. Hinter einem dieser Fenster stand der König selbst und stellte ein paar wärmende Kerzen in seinem Gemach auf, um die Nacht zu vertreiben. Der Docht der letzten Kerze brannte an und er stellte sie nahe des Bettes auf. Der ganze Raum, mit seinen vielen überflüssigen Möbeln, leuchtete im scheelen Kerzenlicht und strahlte eine gewisse Wärme aus. Er war mit dem zufrieden und machte sich daran, seine verschwitzte Kleidung vom Tag abzulegen. In seiner Hose fand er ein paar rote und gelbe Blätter und die Episode in der Laube schoss ihm schlagartig durch den Kopf. Als hätte sie es gewusst, klopfte Hitomi neckisch an den Türrahmen und erschien sogleich im Durchgang zum Badezimmer. Er ließ seine Hose abrupt fallen und starrte fasziniert auf Hitomi. Sie war nackt. Auch wenn er sie zuvor schon nackt gesehen hatten, war dieser Anblick doch etwas anderes. Sie stand ganz offen vor ihm und er Kerzenschein schmiegte sich samtig an ihren Körper, umspielte ihre Brüste und ihr schönes Gesicht. Ihre grünen Augen flackerten gebannt zu ihm herüber, ebenso wie das Spiel aus Licht und Schatten, welches ihre weiße Haut bedeckte. Sie sah einfach wunderschön und auch so gefährlich aus... "Komm her", raunt er, so trocken fühlte sich seine Kehle an. Sie nahm seine Hand entgegen und schmiegte sich dann geschickt wie eine Wildkatze an ihn. "Findest du mich schön, Van?", fragte sie und ein gewisser Ernst lag dabei in ihrer Stimme. Van realisierte, dass seine Hände bereits auf ihrem strammen Pobacken lagen, und die Antwort auf ihre Frage wusste er bereits, wie er es schon seit über 20 Jahren gewusst hatte: "Du bist und warst schon immer die schönste und aufregendste Frau auf diesem Planeten..." Hitomi lächelte glücklich und liebte Van in dieser Nacht, bis er nicht mehr wusste wer er war. -------------------------------------------- Hui, da gehts ganz schön zur Sache, hä? Das war eigentlich nicht ganz so geplant, aber Van tut inzwischen eh was er will... Er ist so ein Charakter, über den ich persönlich keine vollkommene Kontolle habe, er tut einfach was er will! *gg* Aber naja, jetzt bin ich also wieder hier und die Zeit in Japan ist wie im Flug vergangen... Es war eine schöne Zeit, wenn man auch bei einem längeren Aufenthalt in diesem Land (ihr erinnert euch, letztes Jahr war ich 3 Wochen für eine art Urlaub dort...)merkt, dass nicht alles so "kawaii" und "sugei" ist, wie man meint... Japan hat hald doch auch seine Macken, aber meine Euphorie dafür ist deshalb keineswegs getrübt... Im gegenteil! Ich habe mehr über die Sprache, über die Menschen und über die Musikszene dort (*zwinker*) gelernt und bin auch selber als Mensch gereift. Denke ich... ^___^ Auch habe ich viel von meinen Eindrücken in die Fanfiction mit einfließen lassen zB. in diesem Kapitel. Es traf sich ganz gut, dass in Gaia grade Herbst wird, das es in Japan auch gerade Herbst war und sich die süßen kleinen Ahornblätter Blutrot und feurig-orange gefärbt haben. Das ist also aus erster Hand... *gg* Zum Kapitel selbst hab ich nicht viel zu sagen... Man erfährt ein bisschen mehr über Dornfels aber immer noch nicht genug, als dass man präzise sagen könnte, was er für einer is. Ich glaube aber dass es schon länger klar ist, dass ER der Böse in dieser Story sein muss... Aber wie gesagt, ich schreibe gerade an kapitel 25 und da nimmt dieses trübe Wasser um Dornfels schon langsam Gestalt an... (trübes Gewässer? Wo?) Mir selbst hat die Szene im Pferdestall sehr gut gefallen und ich würde Van wirklich gerne einmal HaselnussEis in die Hand drücken! *gg* ok. also, kapitel 20 kommt soon, I promise! Bitte, hinterlasst mir ein paar mehr kommis, ich werds euch auf ewig danken! Mata ne, Chiyo-san PS: Musik bei diesem Kapitel? Puh, da ich grade in Japan war... Ich glaube, das neue Gackt Album "Diabolos", die erfolgreichste jap. Single 2005 von "Shuji eto Akira" aus der TV-Serie Nobuta und sowieso wie üblich den Escaflowne-Soundtrack. (das volle Programm!) ^________^ Kapitel 20: Drachen wachen -------------------------- Hallo liebe lesenden... Oho... Das letzte Kapitel ist also scheinbar nicht so dolle bei euch angekommen... (Huh! >.<) Aber irgendwie dachte ich mir das schon. Irgendwie fühle ich es richtig, dass die per Papier zusammengetragenen Kapitel in Japan nicht so gut geworden sind. Aber was soll man machen? *gg* Naja. Schön, dass ihr wieder alle mitlest, freut mich! Willkommen auch an zwei neue Mitleser, Puringirl und niome! Ist immer wieder schön, wenn Leute auf diese FF stoßen! Dann möchte ich etwas zu sunlights Kommentar. Ich fand deine Kritik durchaus angebracht und ich habe mir schon fast gedacht, dass sich mal jemand über die Sex-Dinge aufregen wird. Ich wollte wirklich nicht den Eindruck erwecken, dass sich Van und Hitomi in kapitel 19 irgendwie wie Tiere aufführen und es Tag und Nacht treiben... (!) Um Gottes Willen, Nein! Bitte denkt das nicht! Das wäre so gar nicht meine Art! Aber Sex gehört nun mal zum Zyklus des Lebens und in der Situation von Van und Hitomi, die sich so lange Jahre nicht gesehen haben und ihre Liebe erst wieder neu entdecken mussten, ist das denke ich unabdingbar. Ich sehe es in dem letzten Kapitel als so was wie einen Heilprozess an, oder so ähnlich... Ich kann das nur schwer erklären (und es würde mich nicht wundern, wenn ihr mich jetzt nicht versteht...), aber Van ist ja z.B. ein sehr komplexer Charakter. Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass die beiden jetzt plötzlich irgendwie unter Sex-Entzug leiden (oh mann...), sondern nur damit ausdrücken, wie sehr sich die beiden Brauchen, sowohl körperlich als auch seelisch. Es ist so was wie die Anfangsphase ihrer Beziehung und ich versichere euch, das ist nur in kap 19 so... üppig... Ok. Ich versuche ja wirklich immer alle möglichen offenen Fragen oder Unklarheiten zu erklären, falls sie nicht sowieso im Laufe der geschichte geklärt werden. Ich hoffe ich mache das gut! Aber jetzt will ich euch nicht länger aufhalten. Lest erst mal jetzt kap 20 und im Nachwort reden wir weiter! Mata ne! ---------------------------------- Kapitel 20: Drachen wachen Der Tag der Abreise war gekommen und Hitomi, Van und der Rest des Schlosses waren früh Morgens aufgestanden, um die letzten Vorkehrungen zu treffen. Es wurde noch gepackt, Pferde mussten gesattelt werden und Vorräte zusammengesucht werden. Jeder half so gut er konnte: Kobe rannte panisch umher und versuchte nur einen kühlen Kopf zu bewahren (Farnelia würde schließlich eine Woche ohne König auskommen müssen!), seine Majestät persönlich half im Stall bei den Pferden und Hitomi hatte sich noch für ein paar Minuten in der Bibliothek abgesetzt, ehe sie in den Schlosshof zurückkehren würde. Sie saß an einem der Tische und betrachtete mit argwöhnischer Miene das Buch in ihren Händen. Sie hatte es sich vor einem Monat ausgeliehen und wollte es nun wieder zurück bringen. Vor einem Monat... Der vergangene Monat war wirklich wie im Flug vergangen! Hitomi erinnerte sich zwar noch genau an jenen Tag mit Vans entsetzlichem Ausraster wegen Dornfels Einladung, aber die Zeit danach war fast zu schön gewesen um wahr zu sein. Sie war schlichtweg jede Sekunde an Vans Seite gewesen und sie hatten die gemeinsame, glückliche Zeit genossen. Sie hatten lange Ausritte gemacht, waren bis spät Nachts im Weinkeller gesessen und hatten den besten Tropfen von Farnelia vernichtet oder sie waren lange in Vans Bett aneinandergeschmiegt dagelegen und hatten die Welt um sich herum vergessen. Sie hatten außerdem viel geredet. Van hatte ihr viel erzählt von seinem bisherigen Leben und manche Details waren ebenso schockierend wie belustigend für sie gewesen, ganz zu schweigen von den Geschichten aus ihrem eigenen Leben... Die meisten Dinge davon waren für Van nicht annähernd vorstellbar, auch wenn es nur solche Kleinigkeiten waren wie eine Dusche oder Toilettenpapier. Hitomi schmunzelte bei dem Gedanken an seinen ungläubigen Gesichtsausdruck und strich sich geistesabwesend eine Strähne aus dem Gesicht, die aus dem Zopf gerutscht war. Das dicke Buch vor ihr war in blattgrünes Leder eingebunden und mit großen, lateinischen Lettern bedruckt. Diese Tatsache allein, hatte ihr ganz schön zu schaffen gemacht... Wenn sie sich in der Bibliothek umsah, fand sie ausschließlich alte, wertvolle Bücher von der Größe eines Pflastersteins, die noch in der alten, atlantischen Sprache verfasst waren und natürlich das gängige gaianische Schriftsystem, welches aussah wie eine Mischung aus russisch und hebräisch. Von überallher sah sie solche Buchrücken und nachdem sie die Bibliothek mehrmals genau durchforstet hatte, war sie sich sicher, dass dies das einzige war, das ein einer Sprache ihres Planeten geschrieben war. "THE HOLY BIBLE" stand dort auf dem Buchumschlag und die Buchstaben schienen Hitomi regelrecht entgegen zu leuchten. Streng genommen war sie selbst natürlich Buddhistin, aber dennoch wusste ein wenig über den christlichen Glauben bescheid... Es spielte hierbei jedoch keine Rolle, ob Jesus tatsächlich von den Toten aufgestanden ist, sondern dass TATSÄCHLICH dieses Exemplar des wohl meistgelesenen Buches auf der Welt hier auf Gaia war! Diese Tatsache hatte sie den ganzen letzten Monat über beschäftigt. Wie war es möglich, dass dieses Buch hierher kam? Der einzige Schluss zu dem sie gekommen war, war faszinierend und beängstigend zugleich: Es musste noch andere Menschen geben, die der Dimensionsreise mächtig waren. Sie hatte immer geglaubt, sie, ihr Großmutter und Van wären so ziemlich die einzigen... Van hatte bei seiner ersten Begegnung mit ihr mit einem Drachen gekämpft, weil er auf der Jagd nach dessen Herzstein war, von dem Hitomi wusste, dass er aus dem selben Gestein war wie der Anhänger ihrer Großmutter. Das war auch nicht verwunderlich, weil ihre Großmutter laut ihrer Vision selbst schon einmal kurzzeitig auf Gaia gewesen war. Der Gedanke daran versetzte ihr einen Stich ins Herz: Sie hatte seit ihrem letzten Aufenthalt in Gaia vor umgerechnet 13 Jahren keinerlei Vision mehr gehabt. Vielleicht war das ganz gut so, und doch war sie ein wenig... traurig darüber... Hitomi schüttelte entschlossen den Kopf... Das war jetzt nicht so wichtig! Sie blickte erneut auf die alten und schwere Bibel hinab, wobei ihr ein leichter Schauer über den Rücken lief. Sie fragte sich, ob zu einer Dimensionsreise tatsächlich ein Stück eines Drachenherzsteins nötig war... Wenn sie darüber nachdachte, war das fast unmöglich, denn sie war schließlich vor 5 Monaten durch eine regelrechte Stresssituation und ihren schlichten Wunsch nach Gaia gelangt. Und sie hatte Tomu mit hinein gezogen... Konnte jeder Mensch nach Gaia reisen, oder brauchte man eine bestimmte Veranlagung? Wenn eine Stresssituation der Anlass war - und das war das Erdbeben in Tokyo wirklich gewesen - dann waren womöglich Tausende andere Menschen von der Erde hier... Sie kannte das Gefühl, wenn man es nicht mehr aushielt, wenn man einfach weg wollte von seinem aktuellen Standpunkt und dabei noch jemanden beschützen wollte... Es war ein beklemmendes und seltsam unerträgliches Gefühl. Verzweiflung... Frust... Das Gefühl, verlassen worden zu sein... War so eine Situation der Auslöser für die Reise in eine andere Welt, nach Gaia? Hitomi wusste sich dieses Phänomen nicht vernünftig zu erklären. Sie selbst wollte damals nur zu Van, auf seinen Planeten, zu seiner Stärke. Er war ihr Fixpunkt gewesen. Sie schlug die Bibel an einer beliebigen Stelle auf und las leise murmelnd die erstbesten englischen Worte in der rechten Spalte: "Ein heilloser Mensch, ein nichtswürdiger Mann, wer einhergeht mit trügerischem Munde, wer winkt mit den Augen, gibt Zeichen mit den Füßen, zeigt mit den Fingern, trachtet nach Bösem und Verkehrtem in seinem Herzen und richtet allzeit Hader an. Darum wird plötzlich sein Verderben über ihn kommen, und er wird schnell zerschmettert werden, und keine Hilfe ist da." * Hitomi trat auf den Hof hinaus und konnte mit großer Freude beobachten, wie Van die Dinge in die Hand genommen hatte. Er stand gerade bei einer der beiden Kutschen herum, die als Reisemöglichkeit für Kobe und die anderen wichtigeren Diener gedacht waren. Van hatte Kobe davon überzeugen können, dass die üblichen großrädrigen und überladen-prunkvollen königlichen Kutschen für eine Reise über den Bergkamm nicht geeignet war. Wenn eines der Räder einbrach, würden sie tagelang festsitzen und die Blattgoldverziehrungen an der Kutsche würden ihnen da auch nicht weiterhelfen. Kobe hatte dies zwar eingesehen, warf den Ersatzkutschen jedoch nach wie vor geringschätzige Blicke zu. Es waren große, Kastenförmige Holzgefährte, mit kleinen, breiten aber sehr stabilen Rädern. Sie sahen wirklich nicht sehr königlich aus, würden ihren Zweck aber wesentlich besser erfüllen. Dafür war ein doppeltes Pferdegespann angebracht, um die kleinen Räder effektiver voranzurollen. Van gab einem der Kutscher gerade die Anweisung, das Pferdegeschirr weiterzulegen. Mit solchen Dinge kannte er sich einfach aus! Sie blieb ein wenig außer Sichtweite und beobachtete ihn verstohlen. Er wirkte konzentriert auf seine Arbeit, ein unscheinbarer Schweißfilm stand ihm auf der Stirn, wie er jetzt an einem der Riemen zog. Dennoch lachte er zwischendurch und unterhielt sich scherzend mit dem Kutscher. Hitomi empfand Stolz und Erleichterung bei diesem Anblick! Van hatte sich sichtlich verändert, seit sie zusammen waren, und auch das Volk von Farnelia schätzte ihren König mehr denn je, seit sie wussten, dass sie beide miteinander liiert waren. Und obwohl er sich nicht gerade sehr gehoben und majestätisch benahm, priesen sie ihn doch mehr als je zuvor. Zu jedermanns Verwunderung, sogar zu ihrer eigenen, war Van gewillt, endlich Verantwortung für sein Amt als König und über sein Reich zu nehmen. Er kümmerte sich um das Begehren des Volkes, packte bei Arbeiten in Stall und Hof mit an und zog sich jeden Tag mit Kobe in das alte, verstaubte Arbeitszimmer zurück, wo sich Schriftrollen und Briefe über die Jahre gestapelt hatten. Anscheinend versuchte er alles wieder aufzuarbeiten, was er so lange Zeit fröhlich ignoriert hat. Hitomi grinste ungehalten und schritt auf Van zu, um zu sehen ob sie selbst auch etwas tun konnte. Der Kutscher sah sie zuerst und grüßte sie so, als wäre sie die aufgehende Sonne. Eben diese hatte sich nämlich an diesem Tag noch nicht blicken lassen und verbarg sich überaus geschickt hinter einer grauen Wolkendecke. Seit Vans Erkenntnis, tatsächlich der König zu sein, wurde sie selbst automatisch noch höflicher und freundlicher behandelt, egal wo sie hinging. Sie hatte sich sowieso gewundert, wie schnell sich die Nachricht von ihrer und Vans Beziehung verbreitet hatte! Innerhalb eines Tages schien es die ganze Stadt gewusst zu haben! Wie Hitomi allerdings vermutete, war das auf eine gewisse rothaarige und recht redselige Schneiderin zurückzuführen und sie fühlte sich erneut in ihrem Verdacht bestätigt, dass Patrizia eine kleine Liason mit Kobe betrieb. Erst gestern noch war sie in ihrem Laden gewesen, um ihre neue Reitkleidung abzuholen. Noch nie hatte sich die dicke Schneiderin so gefreut sie zu sehen und ihre bunten Schals waren ihr ins Gesicht geklatscht, als Patrizia verkündete wie viele Frauen in Farnelia sich schon Hosen schneidern ließen, seit Hitomi welche trug. Sie hatte sich abrupt ein wenig als Trendsetter gefühlt und bei dem Gedanken daran, wie die farnelischen Frauen ihre Männer mit neugewonnenem Selbstbewusstsein ausstachen, musste sie unwillkürlich ein wenig kichern. "Was ist so amüsant?", fragte Van sie, der gerade zwischen den Beinen eines aschgrauen Pferdes hervorspitzte. "Oh, ich dachte nur gerade an Hosen...", meinte Hitomi und der Kutscher neben ihr machte einen verwirrten Eindruck. Van hingegen ließ nur ein belustigtes Geräusch tief aus seiner Kehle rollen und kletterte unter dem Pferd hervor. "Bist du startklar? Hier ist soweit alles bereit...", sagte er und rieb sich die Hände energisch an seiner Hose ab. Er roch nach Schweiß, Pferden und Leder, was sowohl an den Riemen des Pferdegeschirrs, als auch an seinem neuen, gefütterten Lederwams liegen konnte, den er über dem dicken Flanellhemd trug. "Ja, alles klar... Hast du Minnmay gesattelt?" Hitomi hatte es selbst tun wollen, war sich aber nicht sicher gewesen, ob sie es noch rechtzeitig schaffen würde. Van wies mit einem Kopfnicken an die Spitze des sehr kleinen Zuges und das goldene Fell ihrer Stute glänzte herüber. Daneben stand Kurò. Er scharrte ungeduldig mit den Hufen, als könne er es kaum noch erwarten loszutraben, was dem Stallburschen sichtlich noch mehr Probleme dabei breitete das Tier zu bändigen. Van hatte darauf bestanden, mit Hitomi ganz vorne zu reiten, Tomu auf seinem weißen Pony in der Mitte von ihnen. DAS nahm Kobe zwar weniger erfreut auf, doch wusste er genau wie Van und sein Dickschädel zu handhaben war. Den König für eine Reise von 2-3 Tagen in eine Kutsche verfrachten zu wollen, war ein Ding der Unmöglichkeit. So bestand ihr bescheidener, kleiner Zug aus 8 Reitern, die Wachen mit eingerechnet, und 2 Kutschen, die ebenfalls 8 Leute, Gepäck und Reiseproviant transportierten. Hitomi fand sogar dies ein wenig übertrieben... Schließlich würden sie nur nach Astoria reisen. Van hatte das vor 2 Wochen beschlossen und organisiert, weil eine Reise bis nach Zaibach viel zu lange dauern würde. Stattdessen würde Dryden sie mit seiner Handelsflotte mitnehmen und sie konnten pünktlich bei Dornfels` Konferenz sein. "Also gut! Husch, husch... Alle auf ihre Position, es geht los!", verkündete Kobe, ehe er mit wehendem Umhang durch die Reihen schritt und sichtlich zufrieden in den vorderen Wagen einstieg. Ihm folgten ein paar Leibdiener, darunter Brisaeye, und die Wägen waren startklar. Van zuckte mit den Schultern, warf nochmals einen prüfenden Blick auf das Pferdegeschirr und nahm dann Hitomi bei der Hand. Sie gingen nach vorne, wo Tomu schon überaus aufgeregt bereitstand. Natürlich freute er sich besonders, weil er endlich Miguel wiedersehen konnte und mal etwas anderes sah, als nur Farnelia. Seine dunklen, fast schwarzen Augen blitzten voll Vorfreude und er griff startbereit nach den Zügeln seines Pferdes. "Alles klar bei dir, Tomu?" Van fragte auch ihn und hatte dabei einen fast väterlichen Tonfall aufgelegt. Tomu nickte eifrig und Hitomi, die bereits im Sattel saß, lächelte. Dann zog sich Van auf seinen Hengst, welcher sogleich wild umhertänzelte und gab den Kutschen einen Wink mit dem Arm. Es ging los! Sie bewegten sich zügig vorwärts, aus der Stadt hinaus, über die weite Fläche von Wiesen und kleinen Feldern, in den Wald hinein - zumindest solange sie noch einigermaßen in der Ebene waren. Bald würde der Weg ansteigen und sie müssten den Bergkamm über die Serpentinen hinauf bezwingen, bis sie auf der anderen Seite ins Tal kommen würden. Es war ein trüber, nass-kalter Herbsttag, für eine Reise über die Berge, aber ungefährlich. Sie würden ungefähr auf 2000 Meter hinaufkommen und Schnee war erst in knapp 6 Wochen zu erwarten. Dann würde der Pass nicht mehr passierbar sein. Die Luft war bereits sehr frisch und Hitomi war froh einen warmen Umhang aus Schafswolle zu tragen. Sie blickte nach links zu Van hinüber und lächelte ihn an: "Dornfels wird Augen machen, wenn er uns zusammen sieht!" "Ach ja?" Van blinzelte sie skeptisch an und zog Kurò scharf am Zügel. "Ja...", erwiderte sie nur und machte dabei ein zufriedenes Gesicht. Es wurde bereits dunkel, als sie den Kamm hinter sich ließen und auf dem verschlungenen Weg ritten, der sich ins Tal schlängelte. Zu ihrer linken und rechten erhoben sich die Berge majestätisch in die Höhe und Hitomi konnte manch schneebedeckten Gipfel erspähen, wobei sich die Härchen in ihrer Nase fröstelnd aufstellten. Der Bergstreifen, welcher Farnelia größtenteils wie ein Platou einfasste, war zwar nur schmal, jedoch nicht minder gefährlich. Es wurde schnell dunkel und sie machten an einer üppig bewaldeten Stelle halt. Sie war extra dafür gemacht worden und neben einer offenen Feuerstelle befand sich eine grob zusammengezimmerte Hütte, in die sich Reisende des Nachts zurückziehen konnten... Der nächste Morgen war taufrisch und die Pferde, die sich vom gestrigen Marsch gut erholt hatten, schnaubten beruhigend und stießen dabei kleine Dunstwölkchen aus. Alles war bereit und ihre Reise ging weiter, durch das sich weitende Tal, wo sie stets von rauschenden Wildbächen und knisterndem Laub begleitet wurden. Dann wurden die Bäume weniger und sie ließen das Gebirge hinter sich. An seine Stelle traten endlich weite Felder und Wiesen, bebaut mit Getreide und Wein, versetzt mit ein paar wenigen, strammen Pappeln. "Das Land hier ist immer noch Farnelia. Hier gibt es den besten Wein in ganz Gaia und die Versorgung an Grundnahrungsmitteln für mein Volk. Alles hier hat seinen Rhythmus und die fleißigen Bauern bestellen die dafür nötigen Äcker...", erklärte Van und jetzt wo er es sagte, glaubte Hitomi auch ein paar flache Dächer in der Ferne auszumachen. Van erzählte ihnen viel über seine Land, was Hitomi ein wenig erstaunte, Tomu aber eifrig zuhören ließ, wie sie schmunzelnd feststellte. Sie zogen langsam durch die Ebene dahin und dann, am späten Nachmittag, änderte sich die Landschaft abrupt. Überall schossen Farne, Büsche und seltsam-tropische Gewächse aus der Erde und von ihrem Standpunkt aus konnte Hitomi Felsen aus gelbem Sandstein sehen. Sie kamen in ein Waldgebiet und damit in das grüne und tropische Astoria. Hier gab es keinen richtig erkennbaren Herbst und sie konnte die salzige Meeresluft schier von hier aus riechen! "Sind wir schon über der Grenze?", fragte Hitomi, da sie sich kaum vorstellen konnte, dass auf Gaia uniformierte Beamte in ihrem Häuschen saßen und die Pässe kontrollierten. "Nein, aber gleich... Die Grenze ist nur mit Steinen markiert...", sagte er und deutete auf etwas, was wohl hinter dem nächsten Felsen liegen müsste. Dieser ragte nämlich wie ein riesiger, gelbbrauner Keil vor ihnen auf, und würde sich der Weg nicht nach rechts darum herumwinden, könnte man glatt dagegen reiten. Der Wald war hier so hoch und dicht, dass der Dschungel regelrecht eine Wand bildete. Es war viel wärmer als noch 3 Stunden zuvor und Hitomi hatte ihren Umhang abgelegt und hinter sich auf den Sattel geschnallt. Sie drehte sich kurz nach den beiden Wägen hinter sich um und fand sie wie immer knapp 200 Meter hinter sich, Tomu und Van, die noch ein wenig schneller ritten. Die beiden waren auch schon wieder ohne sie um den Felsen verschwunden, weshalb sie Minnmay murrend antrieb, und in leichten Trab verfiel. Sie kam um den Felsen herum und sah tatsächlich in 500 Meter Entfernung zwei große, Obelisk-artige Steine, die auf beiden Wegseiten die Grenze markierten. Davor war aber noch etwas anderes, was sie dazu brachte den Atem anzuhalten: Der große, schuppige, graue und stachelige Schwanz eines SEHR großen Tieres lag quer über dem Weg und verschwand ins grüne Dickicht. Hitomi bremste Minnmay scharf an und sah, dass auch die beiden anderen Pferde stocksteif dastanden, wobei Tomus weißes Pony sichtlich lieber zuhause im Stall gewesen wäre. Van sagte es im selben Moment, wie sie es dachte: "Ein Drache!" Gut, Hitomi wusste aus eigener Erfahrung, dass in dieser Welt Drachen existierten, aber dass sie noch einmal einem begegnen würde? Verdammt noch mal, sie waren gefährlich! "Verschwinde mit Tomu und warne die anderen, Schnell!", zischte Van ihr aus dem Mundwinkel zu. Er selbst machte jedoch einen ruhigen und gefassten Eindruck, als Hitomi dem weißen Pony in die Zügel griff und es samt Reiter ohne Umschweife herumzog. Ihr Herz hämmerte wild gegen ihre Brust, als sie ohne umzuschauen um den Felsen galoppierte und der kleinen Karawane entgegen kam. Sie konnte sich vorerst nicht um Van kümmern, erst mussten die anderen gewarnt sein. Sie wusste, dass Van kämpfen konnte... Und sie wusste, dass er sein altes Katana in der Satteltasche trug. Und dass er damit umgehen konnte... Würde es tatsächlich zu einem Kampf kommen, was sich wohl kaum vermeiden ließ, war gediegener Abstand am wichtigsten. Van hatte schon einmal gegen einen Drachen gekämpft, damals als sie sich zum ersten mal begegnet waren. Er hatte auch gesiegt... "Was ist los, Fräulein Hitomi?", wollte Kobe wissen, nachdem Hitomi die Kutsche mit großem Keuchen zum Anhalten gebracht hatte. "Ein Drache... vorne an der Grenze...", sagte sie atemlos und deutete auf den Felsen, der ihr jetzt viel zu nah vorkam. Sie konnte sehen, wie die Gedanken hinter Kobes erschüttertem Gesicht vorbeirasten, doch der Kutscher war schneller als er: "Sofort umdrehen! Ein Hieb mit seinem Schwanz und unsere Kutschen sind Sperrholz!", rief er panisch und sofort fügte sich alles zusammen. Vier der Wachen ritten wie die Teufel an ihr vorbei, um Van zu Hilfe zu eilen, der Hauptmann manövrierte die Kutschen-Wende-Aktion, was in diesem Gelände ein schwieriges Unterfangen war. Aber sie würden in Sicherheit sein. Van zog sacht an Kuròs Zügeln und mit einem leisen wiehern blieb er stehen. Sein muskulöser Pferdehals war steif aufgerichtet und seine Nüstern blähten sich vor Aufregung. Sie standen genau vor dem stacheligen Drachenschwanz und Van wusste, auch wenn er mit seinem schwarzen Rappen hinüberspringen würde, der Drache würde das registrieren... Er zog schärfer an den Zügeln, sodass Kurò rückwärts ging. Jetzt oder nie! Mit kurzem Anlauf sprang das Pferd über das graue Schuppenpaket unter sich und just als sie wieder auf dem Waldboden landeten, schlug der Drache mit seinem Schwanz aus, wie ein Pferdeschweif, um lästige Schmeißfliegen zu vertreiben. Es hatte keinen Sinn... Er musste mit dem Unwesen kämpfen, andernfalls gab es kein Durchdringen für die Kutschen. Mit einer eleganten Bewegung zog Van das Katana aus der Scheide, welches er seit neuestem wieder bei sich trug. Die Klinge blitze kurz auf, dann fuhr sie nieder und hackte dem Drachen einen tiefen, aber recht nutzlosen Schnitt in das Fleisch, als Kurò erneut über den riesigen Schwanz hinwegsprang. Ein Schwall von Blut kam ihm entgegen und klatschte auf sein Hemd. Jetzt war der Zorn des Drachen geweckt! Es raschelte im Unterholz und tonnenschwere Muskelmaske, besetzt mit scharfen Stacheln, krachte erneut auf den Boden, als sich der Drache mit einem wütenden Knurren umdrehte und seinen Kopf wild hin und her schwang, auf der Suche nach dem Störenfried. Van wappnete sich. Es hatte schon einmal gegen einen Drachen gekämpft und die Erinnerung daran schien wie ein Blitzschlag in seinen Kopf und seinen Körper einzufahren. Dann wurde er von glubschigen, gelben Augen erfasst und anvisiert. Der Drache kannte seinen Gegner jetzt. Es gab einen ohrenbetäubenden Schrei aus der Kehle des Unwesens und er stürzte wild auf Van ein. Der Drache besaß keine Flügel, als handelte es sich erneut um einen Erddrachen... Van verwarf den Gedanken schnell, denn der schuppige Schwanz sauste gefährlich nah an Kuròs Flanke vorbei. Er hob sein Katana drohend in die Luft und funkelte dem Drachen in seine stechend-gelben Augen. Auf in den Kampf! Gut... Vielleicht würde alles gut gehen... Hitomi atmete tief durch und wollte sich gerade dem ziemlich schockierten Tomu zuwenden, als sie das beängstigende und böswillige Grollen hörte. Ein hoher, aggressiver Schrei, der direkt aus der Hölle zu kommen schien... "Tomu! Ich will, dass du den Weg zurück reitest, hörst du?! Bleib bei den Kutschen und kehre ja nicht um! Hast du mich verstanden?" Hitomi schaute ihm eingehend in die Augen, als wolle sie ihn beschwören. "Ja, aber...", japste er, doch Hitomi gab seinem sowieso schon nervösen Pony den fehlenden Klaps auf den Hintern. "Kehre ja nicht um!", schrie sie noch einmal und sprang von Minnmay herunter, wie sie es noch nie zuvor getan hatte. Ihre Stute würde auch allein zurecht kommen... Sie selbst musste jetzt einfach zu Van, denn die Geräusche, die sie von Jenseits des Felsens hörte, verhießen nichts gutes! Ohne weiter nachzudenken, rannte sie los, zielstrebig hinter den Felsen und ein erschreckender und doch beeindruckender Anblick eröffnete sich ihr. Van saß auf Kurò, sein Schwert drohend erhoben und sein Hemd war blutdurchtränkt. Sie hoffte inständig, dass es nicht sein eigenes war, sondern das des Drachen, der einen aufgeschlitzten Schwanz hatte und ein verklebtes, tränendes Auge, vermutlich von den Wachen getroffen. Diese standen in Abständen um das Tier herum und ihre Speere wirkten wie erbärmliche Streichhölzer. Der Angstschweiß rann ihr über die Schläfen und zwischen den Brüsten hindurch, was sie allerdings nur am Rand wahrnahm. Hitomi klammerte sich Schutzsuchend an den Felsen. Sie zuckte zusammen, als der Drache erneut schrie und mit seinem Schwanz so gewaltig aushieb, dass er gleich ein paar Bäume mitnahm. Man hörte Holz knacken und die Wachen stoben panisch auseinander, was die Aufmerksamkeit des grauen, stacheligen Drachengesichts wieder von Van ablenkte. Die gewaltigen, krallenbesetzten Klauen fuhren auf die Erde nieder und verfehlten nur knapp einen flüchtenden Wachmann. Der schuppige Schwanz hob sich erneut, Van duckte sich darunter hinweg und Kurò umrundete den Drachenkörper. Hitomi sah den konzentrierten Ausdruck auf seinem Gesicht, als er von seinem Hengst herunter sprang, die Brust des Drachen im Visier, dem einzigen Schwachpunkt des riesigen Kolosses. Sie biss sich vor Sorge und Aufregung fast die Zunge ab, konnte jedoch einfach nicht wegsehen... Er war faszinierend, Vans Kampf gegen den Drachen. Ein schuppiger, brüllender Drache, Feuer und Stacheln gegen ein Schwert, angespannte Muskeln und den eisernen Kampfgeist des Drachenvolkes. Anscheinend hatte Hitomi doch die Augen geschlossen, denn sie wurde von einem platschenden Geräusch aus ihrer Erstarrung gerissen. Van hatte die weiche Schuppenhaut durchstoßen, ein regelrechter Wasserfall von Blut war ihm entgegengeschossen und der Drache brach sein Geschrei abrupt ab. Mit einer gekonnten Bewegung seines Handgelenks, stieß Van noch tiefer zu und der Drachenkörper sackte plumpsend in seinem eigenen Schlachtfeld aus umgeknickten Bäumen und aufgewühlter Erde zusammen. Die Wachen standen mit offenen Mündern da und Hitomi fragte sich ernsthaft, ob sie jemals zuvor einen echten Drachen gesehen hatten, geschweige denn um Leben und Tod gekämpft hatten... Ein letztes Zischen drang aus dem Maul des Ungetüms, ehe Van ihm die Brust aufschlitzte und den purpur-schimmernden Drachenherzstein daraus hervorzog. Sie wusste nicht, warum er das tat, schließlich waren sie als Energiesteine für die Gymilefs nicht mehr von Nöten. Aber Van würde schon wissen, was er tat... Sie rappelte sich von der Felswand auf und musste erschüttert feststellen, dass Tomu nur wenige Meter von ihr entfernt ebenfalls an der Felswand stand und gebannt auf den riesigen, toten Körper starrte. "Tomu, ich sagte doch, du sollst nicht umkehren..." Sie wollte tadelnd klingen, schaffte es aber nicht, ihrer Stimme die richtige Autorität zu verleihen. Sie konnte es ihm ja nicht einmal verdenken... Er war ein Kind, und Kinder war nun mal neugierig. Tomu löste wiederwillig seinen Blick vom Drachen und sah dafür klagend zu Hitomi hin. "Ich dachte, das mit den Drachen an der Grenze zu Astoria war nicht ernst gemeint!", sagte er laut und Hitomi spürte, wie sich eine beschämende Röte über ihre Wangen zog. Ja, verdammt, er war noch ein Kind! Am Abend, als es schon dunkel war, suchten sich die Reisenden von Farnelia ein schönes Plätzchen auf einer Lichtung. Hitomi saß mit Van ein wenig abseits vom Feuer und sie hörten wie sich die Dienerschaft laut dort unterhielten und die Wachen, wie sie leise im Gebüsch raschelten und um das Lager patroullierten, nach dem Schock des Drachenangriffs. Die Lufttemperatur war feucht und warm hier in Astoria und Hitomi konzentrierte sich mit hochgekrempelten Hemdsärmeln auf die Verarztung von Vans kleinen und großen Kratzern. Er hatte vorher schon zahlreiche Narben am ganzen Körper gehabt: Ein 20 Zentimeter langes, gerades Exemplar auf der Rückseite seiner Oberschenkels war nur eine davon... Hinzu kamen noch der Hufeisenförmige, weiße Abdruck, den er von einem sehr jungen und sehr wilden Kurò unter die rechte Achsel bekommen hatte; ganz zu schweigen von der krummen, noch leicht geröteten Linie auf seinem rechten Oberarm, welche ihm der Waldkeiler zugefügt hat. Auf dem Rücken hatte er ein paar Spindeldünne Striemen, die noch aus der Zeit des Krieges stammten und seinen linken Handrücken zierte eine kreisrunde Brandwunde. Nun kamen jüngst noch ein Kratzer über die linke Augenbraue und zwei oder drei andere Schnitte hinzu, wo ihn der Drache gestreift hatte - gefolgt von einigen blauen und roten Flecken. "So, fertig... Fast wie neu!", verkündete Hitomi und tupfte seine Augenbraue noch mal mit der alkoholversetzten Kräutertinktur ab, welche Brisaeye freundlicherweise zusammengemixt hatte. Sie war wirklich heilfroh gewesen, dass Van keine schwereren Verletzungen davongetragen hatte... "Na, lange genug hat's gedauert...", brummte er und zog sich ein sauberes Hemd über die Schultern. Sie wusste, dass er es absolut nicht leiden konnte verletzt zu sein und von jemandem versorgt werden zu müssen. Jetzt brachte sie für solchen Unsinn aber kein Verständnis auf. "Es ist mir ernst, Van! Wenn dir etwas passiert wäre...", sagte sie streng, woraufhin sie sich einen seiner speziellen Van-Blicke einfing. "Du hast zugesehen, nicht wahr? Es war ein gefährlicher Drache, ich weiß schon, aber -" "Eben nur ein Drache!", unterbrach Hitomi ihn und hob eine ihrer Augenbrauen sarkastisch an. "Auch wenn du ein Kämpfer bist, du solltest das nicht auf die leichte Schulter nehmen! Du hättest weis Gott wie schwer verletzt werden können!", rief sie aus und spürte wie sich ihre Stimme verstörend erhellte. Sie hatte nicht gemerkt, dass sie seinen Arm umklammerte und er legte sanft seine andere Hand darauf. "Komm mit", sagte er, "Ich kenne einen Ort, der dir gefallen wird..." Sie hatten sich vom Lager entfernt, Van hatte ein paar Decken mitgenommen und sie gingen ein Stück in den Wald hinein, kaum fünf Minuten. Er führte sie zu einer anderen, kleineren Lichtung, in der ein schmaler, klarer Bach entsprang, wo Van sich vorhin vermutlich gewaschen hatte. "Man nennt sie die schwarze Quelle...", sagte er und breitete die Decken aus. Sobald Hitomi ins Bachbett blickte, wusste sie auch warum: Flache, schwarze Kieselsteine glänzten im hellen Mondschein. Der tropische Wald hatte sich über der Quelle gelichtet und offenbarte ihnen den Anblick eines vollen Mondes und eines ebenso runden Mond der Illusionen. Sie spürte kurzzeitig einen Stich im Herz, ein kleiner Riss an der Oberfläche, wo sie ihre Heimat doch vermisste. Van war neben sie getreten und schaute ebenfalls in den dunkelblauen Nachthimmel, wo die Sterne genau so hell leuchteten wie eh und je. "Warum hast du mich hierher gebracht?", fragte sie dann. "Um mit dir alleine zu sein...", sagte Van und sie sah das verführerische Glitzern in seinen Augen. Ihr wurde bewusst, dass sie alleine WAREN, obwohl sie neben dem leisen Plätschern des Baches aus noch schwaches Gemurmel vom Lager her hören konnte. "Ähm..., ja schon, a-aber..." Sie wusste nicht warum sie stotterte, sie war schließlich schon öfter mit Van in der Wildnis gewesen und sie hatten miteinander... "Komm", sagte er erneut und unterbrach damit ihre Gedankengänge. Er nahm sie bei der Hand und geleitete sei zu den Decken. Der Boden darunter war weich und samtig und schmiegte sich wie Watte an sei, als Van sie darauf nieder legte. Er rollte sich mit seinem gesamten Gewicht auf sie und sie roch die Mischung aus Gras und Feuerrauch in seinen Haaren. Hitomi brachte gerade noch ein "Du bist ganz schön dreist!" heraus, dann küsste Van sie schon, ein heißes Prickeln in ihrem Mund. Er hatte ihre Handgelenke auf dem Boden gedrückt und sie war ihm damit völlig ausgeliefert... Sollte ihr das nun gefallen oder nicht? Sie versuchte sich aus seiner festen Klammer zu befreien, kam aber nicht besonders weit. Er fuhr immer noch damit fort, sie regelrecht zu verschlingen und dann, im nächsten Moment, hielt er abrupt inne, weil er zum einen von Hitomi in die Lippe gebissen wurde und zum anderen etwas hörte. Sie hörte es auch; Schritte die raschelnd näher kamen... Van rollte sich flink von ihr herunter und spähte in die Dunkelheit. Hitomi versuchte ebenfalls etwas zu erkennen. Näherte sich ihnen erneut eine Gefahr? "Hmpf..." Das Geräusch kam von Van, als er erkannte wer der Störenfried war. Es war Tomu, der ein wenig schüchtern auf sie beide nieder blickte. "Entschuldigt, aber ich wollte euch suchen... Ohne euch ist es am Feuer so langweilig...", gestand er und fuhr sich verlegen durch seinen schwarzen Wuschelkopf. Hitomi entsann sich Tomus Angst, die er unmittelbar nach dem Drachenangriff gehabt hatte. Er war nicht mehr von ihrer Seite gewichen und obwohl sie gerne mit Van allein gewesen wäre, musste sie sich doch um ihren Schützling kümmern. Sie trug die Verantwortung und es schockierte sie selbst, wie leicht sie dies manchmal vergas. "Komm her", sagte sie und Van schien keine Einwände zu haben. Der Mond leuchtete so hell, dass sie sich gut sehen konnten und Van winkte den kleinen Japaner herüber und wies ihn an, sich zwischen sie zu legen. Er schlug eine weitere Decke über die drei und so lagen sie da, wie Fische in einer Sardinendose und beobachteten die Sterne hoch oben am Firmament. Es war wirklich eine wunderschöne, friedliche Nacht und sie spürte wie sich Tomus kleiner Körper neben ihr entspannte. Der Mond der Illusionen schien zum greifen nahe und doch verspürte sie nun nicht mehr das Bedürfnis, im Gedanken nach Tokio zurückzukehren. Sie tastete unter der Decke nach Vans Hand und hielte sie fest. "Ich liebe dich...", flüsterte sie und jetzt sah er sie an. Die Hälfte seines Gesichtes lag im Schatten und doch war es noch genauso markant und edel wie sie es kannte. "Ich liebe dich auch...", erwiderte er warm und ehrlich. Am Vormittag des dritten Tages kamen sie endlich an die Küste. Sie hatten die Uferstraße erreicht, die gerade über eine hohe Klippe führte und ihnen einen atemberaubenden Ausblick auf Astoria's Hauptstadt gewährte. Sie Häuser und Stege, die weit in die blaue Meeresbucht hineingebaut waren, lagen zwar noch in einiger Entfernung, glitzerten aber schon einladend zu ihnen herüber. Hitomi hatte sich im Sattel aufgerichtet und schnupperte selig die salzige Meeresluft, vermischt mit Algengeruch und Fischgestank. "Wunderbar...", murmelte sie und seufzte. Sie hörte das rauschen der Wellen und wie sie gurgelnd gegen die Klippen rollten. Auch die Vögel zwitscherten fröhlich an diesem Tag und die Stimmung der Gruppe war ausgelassen, weil sie endlich am Ziel waren. Hitomi und Van waren ein Stück voraus galoppiert und warteten jetzt auf den Rest, als sie etwas hörten, das so gar nicht in die tropische Idylle passte. Ein lautes rascheln aus dem Wald, dann die Schreie eines Kindes und das leise Stöhnen eines Menschen. Auch Van war jetzt alarmiert und starrte auf das Dickicht der Büsche. Er glitt argwöhnisch aus dem Sattel und näherte sich dem Waldrand, als der Ursprung der Geräusche bereits draus hervor stolperte. Es war eine kleine, zierliche Frau mit Schlitzaugen und schwarzem, zu einem langen Zopf verflochtenem Haar, der einmal sehr ordentlich gewesen sein musste. Jetzt hingen Blätter und Erdklumpen darin und einige Strähnen standen kreuz und quer ab wie dünne Antennen. Sie sah ziemlich mitgenommen aus und das kleine Baby, das in einem Wickeltuch an ihrer Brust lag, schrie unablässig. Sie versuchte es flüsternd zu beruhigen, konnte aber ihren Blick, eine Mischung aus Entsetzen und Verständnislosigkeit nicht von Hitomi abwenden. Hitomi musste ähnlich dreinblicken. Was zum Teufel machte ihre Sekretärin hier?! *Altes Testament, aus den Sprüchen Salomons, Spruch 6, Absatz 12-15 ---------------------------------------------- Nachwort: Puh, diese Drachenszene zu schreiben hat mich echt.... angekotzt! *gg* (und es passiert mir nicht häufig, dass mich etwas beim schreiben dieser Story ankotzt...) Aber es ist rum und ich hoffe ihr könnt euch diesen Drachen einigermaßen vorstellen. Ich muss zugeben, dass ich vorher nochmal ein bissl in Harry Potter Band 4 geschmökert habe, um die Beschreibung eines Drachen zu lesen. (ich bin leider kein begeisterter Leser von Fantasy-Büchern, also bleibt mir nur der gute Harry als Hilfe...) Jetzt ist der EmH-Drache ein bisschen wie der ungarische Hornschwanz geworden... ^____^ Auch diese Reise von Farnelia nach Zaibach bzw. nach Astoria hat mir ganz schön zu schaffen gemacht... Ich kann mir nur zusammenreimen, wie die Dimensionen dort sind und deshalb hab ich mir in Japan ein karte gezeichnet, zu meiner eigenen Orientierung. Ich weiß nicht, ob es schon eine offizielle Karte von Gaia gibt, jedenfalls ist das "Mein" Gaia, das von Chiyo-san, wie ich es mir vorstelle... *gg* Ich versuche die Karte hochzuladen und ich sage euch dann bescheid wo ihr sie finden könnt. (Falls ihr euch überhaupt die Mühe machen wollt...) Was ich eigentlich damit sagen wollte: Es könnte sein, dass man mit solche mittelalterlichen mitteln wie Kutschen und Pferde weit mehr als 3 Tage von Farnelia nach Astoria braucht (ich habe mir da schon was überlegt, ja...), aber ich wollte nicht soviel Zeit damit verschwenden... *gomen* Dann möchte ich noch kurz etwas zu dieser Bibel-sache sagen: Ich habe ein Buch von der Erde gebraucht, damit sich Hitomi Gedanken über die Dimensionsreise macht. Und welches Buch eignet sich da besser als das bekannteste und meistgelesene auf dieser Welt? (ok, Harry Potter wollen wir jetzt mal hintenan lassen... *gg*) Ich mein, sogar in Japan kennt man die Bibel, da ist das doch naheliegend... (Ich habe schon mit einigen Japanern über den christlichen Glauben diskutiert und deshalb habe ich Hitomis gedankengänge aus eigener Erfahrung geschrieben...) Diese Bibelstelle habe ich wirklich nur willkührlich aufgeschlagen. ERst wollte ich SUCHEN, aber wenn man kein Priester ist, ist das wohl fast unmöglich, die passenden Sätze zu finden. komischerweise passt dieses Zitat ganz gut und wer möchte, kann es auf eine bestimmte Person in EmH auslegen... (aber ich sag nicht wer! ^___^) Und noch was: Falls jemand unter euch streng gläubig ist und sich vielleicht über die Flüche aufregt, die Hitomi häufig mal loslässt ("verdammt" oder "zum Teufel"), ich bin selber gläubig, aber nicht so sehr, dass ich deshalb gleich zur Salzsäule erstarre. Wie auch immer, nehmts mir nicht übel, aber manchmal sind flüche eben wichtig, um eine Situation zu verdeutlichen... Ach ja, dann hätten wir da noch das wiederauftauchen von Kagami (die Sekretärin)! Ich wette, die habt ihr alle schon vergessen, oder? Aber ich erfinde nicht einfach grundlos irgendwelche Charaktere, jedenfalls meistens nicht... *gg* Es wird spannend werden im nächsten Kapitel, das kann ich euch schon mal sagen! ( und sehr kompliziert, wo wir schon dabei sind...) Aber jetzt bin ich erst mal gespannt, was ihr zu diesem hier sagt! Danke im Vorraus! Bis bald, Chiyo-san Kapitel 21: Geister aus einer anderen Welt ------------------------------------------ Helau! Ja, die Faschingszeit (Karneval, für die Norddeutschen von euch...) ist schon angegangen und obwohl ich eigentlich der totale Faschingsmuffel bin, hab ich schon die erste Fete besucht! Bin als Geisha gegangen... *hihi* Aber was red ich denn da! Das hat ja gar nichts mit dem neuen Kapitel zu tun! ^____^ Also, erst mal kurz zum letzten. Ich glaube, das gab es eigentlich keine allzugroßen Beschwerden, oder? Das ist gut, weil ich das Kapitel sehr mag. Aber jetzt lest erst mal das neue und im Nachwort quatsche ich noch ein bissl weiter! Kapitel 21 ist ein bissl anders, es wird viel geredet, ja das ist eigentlich was hauptsächlich passiert. Es könnte sein, dass man ein bissl durcheinander kommt, bei all dem Gelabere, also genau lesen! *zwinker* Bis zum Nachwort! --------------------------------------------------------- Kapitel 21: Geister aus einer anderen Welt Sie sah aus dem hohen Glasfenster, das sie ein wenig an den gotischen Baustil erinnerte, aufs Meer hinaus. Das Wasser war genauso blau wie auf der Erde und kleine, weiße Tupfer - Segelboote - bewegten sich darauf wie ein Sputnik im All. Sie konnte den Hafen gut von hier aus sehen, ein betriebsamer Ort, dessen Stege sich weit in Palmenbesetzte Buchten hineinwanden. Es war ein seltsam tröstender Anblick und vermutlich könnte man Stunden damit zubringen, einfach nur aus diesem Fenster zu blicken. "Und sonst tut dir nichts wehr?", hörte sie Millerna im fachmännischen Ton fragen und zwang sich, ihre Augen von der See abzuwenden. Van's Antwort war ein tiefes Knurren und Hitomi schmunzelte breit. Sie befanden sich in Millernas Sprechzimmer, ein hoher Raum mit einer Gewölbedecke und all jenen Dingen, die man sich in solch einem Zimmer ausmalte: Mannshohe Schränke, vollgestopft mit Fläschchen und Döschen, gefüllt mit allen erdenklichen Kräutern und Flüssigkeiten; ein robuster, abgekratzter Operations-Tisch, Stühle und ein kleiner Ofen mit einem Kessel darauf, zum abkochen von Wasser und Kräutertees. Hitomi konnte auch einen kleinen bei-Tisch sehen, wo Skalpelle, Messer und andere gruselige Werkzeuge auslagen. Die Bücher, die sauber aufgereiht auf einer Holzleiste standen, mussten wohl eine gutgemeinte Geste von Dryden gewesen sein, dem wohl belesensten Menschen den sie kannte. Millerna schien die dicken Nachschlagewerke nur selten zu benutzen, da sich bereits eine dünne Staubschicht darauf gesammelt hatte... Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Ärztin selbst, die immer noch über Van gebeugt da stand und einen kritischen Blick auf seine Augenbrauennarbe warf, als erwartete sie, sie könnte urplötzlich erneut zu bluten anfangen. Da dies aber nicht passierte, fasste sie Van an die Stirn und gab ein gespielt überraschtes Geräusch von sich. "Oh, ich glaube, du brauchst dringend Bettruhe!", scherzte sie und Van stieß ihre Hand grummelnd von sich. Er murmelte etwas vor sich hin und Hitomi hätte schwören können, dass es "Dann müsste ich wenigstens nicht Dornfels gegenübertreten..." war. Hitomi rollte die Augen gen Deckengewölbe und seufzte. Van war aufgestanden und schien nun wieder ganz ausgeglichen zu sein. "Können wir gehen?", fragte er und hielt Hitomi die Hand hin. Sie war versucht, seinen großen, sonnengebräunten Wink entgegen zu nehmen, ihr Blick driftete jedoch erneut in jene Zimmerecke ab, wo Kagami auf dem Krankenbett lag. Ihr kleines Mädchen schlummerte friedlich in Miguels alter Wiege dahin. Bis jetzt hatte sie keinerlei Antwort auf die tausend Fragen erhalten, die ihre durch den Kopf schossen... Nachdem Kagami aus dem Wald gestolpert war und von Hitomi Notiz genommen hatte, war sie sogleich - ob aus Erschöpfung oder Schock - in Ohnmacht gefallen und war gerade noch von Van daran gehindert worden, ihr Baby unter sich zu zerquetschen. Sie hatten die Frau, die seltsam zerbrechlich und mager wirkte, in eine der Kutschen gebracht, das Baby in Kobe's Obhut gegeben und sich mit Tempo nach Astoria aufgemacht. Hitomi hatte Van währenddessen kurz erklärt, wer die ohnmächtige Frau war, was er mit großem Interesse aufgenommen hatte. Sie schienen regelrecht zum Palast geflogen zu sein! Dort waren sie zwar freudig empfangen worden und niemand hatte ein Wort über Kagami verloren, aber Blicke gab es immer. Millerna hatte sich sofort um Mutter und Kind gekümmert, sie gewaschen und ins Bett verfrachtet, dennoch saß Hitomi wie auf brennenden Kohlen. Sie sah Van in die ernsten, braunen Augen und schüttelte den Kopf. Nein, sie musste hier bleiben! Sowohl um auf Kagami's Erwachen zu warten, als auch mit Millerna zu reden, was sie sehr vermisst hatte. "Geh du nur... Ich komme dann später...", meinte sie beschwichtigend. "Ja, sieh mal nach, was die beiden Satansbraten so treiben...", bat Millerna ihn zusätzlich noch. Mit den "Satansbraten" meinte sie Tomu und Miguel, die sich nach ihrer glücklichen Wiedervereinigung sofort daran gemacht haben, das gängige Palastleben auf den Kopf zu stellen. Bis sie mit der Handelsflotte nach Zaibach aufbrechen würden, waren noch ein paar Stunden Zeit... Van nickte mit zuckenden Mundwinkeln - er gönnte Tomu die Freude sichtlich - und verließ das Zimmer, jedoch nicht ohne Hitomi noch flüchtig zu küssen. "Und wie geht es dir so?", fragte Hitomi dann ihre Freundin, die zwar wie üblich vor Schönheit strahlte, jedoch fehlte ihrem Anblick etwas: Der Bauch. Millerna, die jetzt geschäftig ihre Pinzetten und Tupfer Abwusch, hatte vor knapp zwei Wochen entbunden. Es war eine Spätgeburt, wie sie in Allens letztem Brief gelesen hatte, der erst knapp vor sieben Tagen in Farnelia eingetroffen war. Der Grund dafür war jedoch simpel: Sie hatte nicht ein Kind geboren, sondern zwei, und anscheinend hatte sich die beiden nicht einigen können, wann sie nun das Licht der Welt erblicken sollten... Hitomi hatte die Zwillings-Mädchen noch nicht zu Gesicht bekommen, aber Millerna bei ihrer Ankunft ausführlich dafür beglückwünscht. "Ach, mir geht es bestens... die beiden kleinen Mäuse nehmen mich zwar ganz schön in Anspruch, aber das war ja irgendwie vorherzusehen...", sagte Millerna und polierte liebevoll eine große, silberne Zange, mit welcher man vermutlich vorzüglich faule Zähne ziehen konnte. "Und Dryden? Er ist bestimmt glücklich..." Jetzt lächelte sie und ihre dunklen, violetten Augen strahlten gutmütig. "Oh ja... Er und Miguel sind ganz aus dem Häuschen über den Nachwuchs...", meinte sie. "Wir sind beide sehr glücklich...", fügte sie überflüssigerweise hinzu und spülte eine kleine Glasflasche in der Waschschüssel aus. Sie strich sich eine gewellte, blonde Haarsträhne mit dem Handrücken aus dem Gesicht und wandte sich mit fragender Mine an Hitomi. "Hast du übrigens schon gehört? Der Anteil des astorianischen Königshauses hat sich erheblich minimiert, was die Reise nach Zaibach betrifft...", sagte sie seufzend. Sie schien mit ihrer Arbeit fertig zu sein und nachdem sie ihrer immer noch schlafenden Patientin prüfend eine Hand auf die Stirn gelegt hatte, setzte sie sich zu Hitomi an den Tisch. "Ach ja?" Das interessierte Hitomi dann doch, weil sie sich schon ein wenig auf eine Art großen Familienausflug gefreut hatte. Nichts anderes war es nämlich für sie, die Anwesenheit all ihrer Freunde. "Mein Vater kann schon mal nicht mitkommen, was ich sowieso von Anfang an bezweifelt habe. Es geht ihm schon seit einiger Zeit sehr schlecht... Er kann kaum noch gehen, die Gicht hat all seine Gelenke verdickt und als er letzte Woche noch einen Herzanfall hatte... Naja, du kannst es dir ja denken..." Sie machte eine ausschweifende Geste mit ihrer Hand und fuhr in einem fort: "Die nächstfolgende Begleitung wäre meine Schwester Eries und ihr Mann, wie du weißt. Doch das können sie auch vergessen..." Hitomi runzelte die Stirn und fragte sich, was Eries wohl an der Reise hinderte. "Sie ist erneut schwanger...", erklärte ihr Millerna. "Aber es kam zu einigen Komplikationen. Ich vermute, das es an Eries' Alter liegt und ihrem Körper, der sich wiederum verändert. Sie ist erst im fünften Monat, wird aber von ständigen Krämpfen heimgesucht, die schnell in Wehen übergehen können und dann eine problemlose Frühgeburt zu vollziehen, fast unmöglich..." Sie klang dabei so furchtbar nach Ärztin, dass Hitomi sie sich unmittelbar in einem weißen Kittel mit Schutzmaske vorstellen musste. Millerna schien selbst zu merken, wie sie abdriftete und räusperte sich. "Jedenfalls ist Eries außer Gefecht und somit auch ihr Mann, der sie und die Kinder natürlich nicht allein lassen kann...", schloss sie resigniert. Hitomi hoffte innerlich, dass das schon alles war, aber Millerna machte keine Anstalten aufzuhören. "Und natürlich bleibe ich dann auch hier. Ich muss mich um Vater und Eries kümmern und natürlich um Jo und Yen, die mich auch brauchen..." Jo und Yen waren Abkürzungen für "Joanne" und "Yenna", wie Dryden seine Töchter romantischerweise nach Romanfiguren benannt hatte. Millerna löste ihren Zopf, sodass ihr ihre dichte, blonde Haarpracht über die Schultern hingen, nur um sie dann erneut zusammenzufassen. "So bleiben also nur noch Dryden, Allen und der übliche Rest der Handelsflotte...", sagte sie fast entschuldigend und Hitomi spürte, wie sie Millernas Abwesenheit schon jetzt bedauerte. Jedoch war da noch ein anderes Gefühl, das sich zusehends in ihr breit machte... Eries, Millerna, Kagami... Irgendwie schien es um sie herum nur noch so von Schwangeren oder frischgebackenen Müttern zu wimmeln! War das Zufall? Nein, auch Millerna schien dies aufgefallen zu sein, weil sie jetzt beklommen mit ihren Fingernägeln in der Tischplatte kratzte. Hitomi warf einen klaren Blick zu Kagami und ihrem Kind hinüber, dessen schwarzer Haarschopf aus der Wiege lugte. Was war das nur für ein Phänomen? Wenn man von Schwangeren oder kleinen Babys umringt war, dass man sich ebenso sehr wünschte, ein Teil dieses uralten Zyklus zu werden. Zeugen - austragen - gebären. Und dann zusehen, wie ein neues Leben heranwächst, ein Zeugnis der Liebe zweier Menschen, zumindest in den meisten Fällen. Sie spürte ein leises Ziehen in ihrem Unterleib, jenem Ort, wo das Wunder geschah. Was, wenn es schon so weit war? Vielleicht war sie schon längst schwanger, ohne es zu merken? Klar, es gab gewisse Anzeichen, natürliche Anzeichen, die darauf schließen ließen: Allmorgendliche Übelkeit, die Veränderung von Geruchs- und Geschmackssinn und nicht zuletzt das Ausbleiben der monatlichen Periode. Hitomi legte eine Hand krampfhaft an ihren Bauch. Falls es dazu kommen sollte - und wenn sie eine gesunde Frau war würde es in dieser Welt ohne jeglicher Verhütungsmittel irgendwann dazu kommen - was würde Van sagen? Wie würde er reagieren? Sie hatten das Thema Nachwuchs noch nicht einmal ansatzweise angeschnitten und wenn Hitomi darüber nachdachte, hatte sie das auch nicht für nötig befunden. Es war ihr nicht in den Sinn gekommen... Ihr Glück mit Van hatte sie überrannt, aber jetzt, umgeben von den nackten Tatsachen... Sie horchte in sich hinein, erforschte ihre Gefühle. Er war eindeutig da, dieser Funken von Sehnsucht, der der Höhepunkt in ihrer Liebe zu Van sein könnte. Sie war zwar schon so glücklich und doch wünschte sie sich einen Teil von dem Glück, das Millerna, Eries und auch Kagami schon erlebt hatten: Mutterglück. Sie konnte es spüren, wie das bewusste Vorhandensein ihrer Gebärmutter oder beim Anblick von Millernas vollen, milchspendenden Brüsten, die wie reife Früchte in ihrem Mieder hingen. Hitomi wünschte sich dieses Glück, es bereitete ihr fast körperliche Schmerzen! Millerna, die sichtlich verstand was in ihr vorging, legte ihr eine Hand auf den Arm. "Ich habe von dir und Van gehört...", sagte sie und ein breites Lächeln huschte über ihre zarten Lippen. "Gehört oder gesehen?", hackte Hitomi nach und hob erwartungsvoll eine Augenbraue. "Hm, eigentlich gehört, von Allen... Aber auch gesehen...", sagte sie und zwinkerte Hitomi zu. Ja, wenn man nicht blind war, konnte jeder die Veränderung bei Van sehen und wie er mit Hitomi umging. Hitomi hatte Allen tatsächlich in einem Brief davon geschrieben und er solle nicht so geschockt sein, wenn sie sich das nächste mal sahen. "Du hat es geschafft, Hitomi...", lobte Millerna sie. "Was?" "Du hast Van's Herz erwärmt...", sagte sie und fixierte sie mit einem sehr violetten Blick. Hitomi wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, obwohl sie sich noch sehr gut an die Diskussion im Thronsaal des farnelschen Palastes erinnern konnte, bei der sie nach ihrer unmittelbaren Ankunft mit Allen, Millerna und Kobe "beschlossen" hatte, Van wieder zum Alten zu machen. "Ich liebe ihn... Und ich war nie glücklicher...", gab sie offen zu und Millerna nickte beflissen. "Ganz Gaia dankt dir dafür...", bemerkte sie ironisch und stand dann auf, um sich an ihrem Kräuterschrank zu schaffen zu machen. "Willst du einen Tee?" Sie wies auf den kleinen Wasserkessel. "Ja, gerne..." Hitomi streckte ihre Glieder, die vom Reiten noch ein wenig eingerostet waren und fragte Millerna dann etwas, was sie schon länger wissen wollte. "Wo du gerade Allen erwähnt hast... Wo ist er eigentlich?" Allen hatte nicht zu ihrem Empfangskomitee gehört und sie fragte sich, wo er wohl steckte. Millerna aber wusste bestens bescheid: "Er war die letzten Tage in Fraid... bei Cheat..." Sie hatte den Namen des jungen Herrschers extra betont - und Hitomi wusste genau warum. Sie und Millerna waren zwei der wenigen Menschen, die von Allens Geheimnis wussten, auch wenn es einem guten Beobachter nicht entgehen dürfte... Cheat war Allens Sohn, nachdem dieser eine kurze Liason mit Millernas verstorbener Schwester Marlena hatte. "Er hat es ihm doch nicht etwa gesagt?!", platzte Hitomi heraus, der dieser Gedanke schon öfter gekommen war. Millerna schüttelte den Kopf. "Nein, dies bezweifle ich..." Die Öffentlichkeit hatte keine Ahnung, dass in Wirklichkeit Allen Cheats Erzeuger war... Wenn das herauskommen würde! Ein Skandal! Dabei fragte sich Hitomi erneut, ob es nicht schon längst jeder wusste. Schließlich war Cheat Allen wie aus dem Gesicht geschnitten! Die selbe edle und hochgewachsene Gestalt, das gleiche strohblonde Haar, die völlig identische lange, gerade Nase und diese Augen... Augen so tief und so blau wie der Ozean draußen vor dem Fenster... Hitomi hoffte inständig, dass nichts kritisches passiert war. "Ist er freiwillig zu Cheat gegangen?", fragte Hitomi und beobachtete Millerna dabei, wie sie Wasser aufsetzte und grüne Teeblätter in die Tassen streute. Sie drehte sich um und runzelte die Stirn: "So weit ich weiß, nein... Er wurde wegen irgendwelcher Schwertkampf-Dinge hinbeordert. Freiwillig würde sich doch niemals in Cheats Nähe begeben!" Hitomi verstand. Allen war ein großer Meister der Schwertkampfkunst, vielleicht sogar noch mehr als Van es war. "Er war nachdenklich in letzter Zeit... War nur selten hier und hat sich irgendwo rumgetrieben. Ich habe aber nichts aus ihm herausbekommen...", erzählte Millerna weiter und räumte die Teedose wieder ordentlich in den Schrank. Hitomi dagegen konnte sich schon denken worum es ging... Um diese mysteriöse Frau... Er tat ihr sehr leid, wenn sie daran dachte. Der Schmerz und die tiefe Sehnsucht in seinen Augen, als er ihr davon erzählt hatte... Das konnte sie nicht vergessen. Hitomi fragte sich immer noch, wer diese geheimnisvolle Unbekannte wohl gewesen sein mag und verfluchte Allen gleichzeitig dafür, dass er weder ihren Namen noch ihre Herkunft herausbekommen hatte. So was war doch wichtig! Vielleicht sogar die wichtigsten Fragen, wenn man jemanden kennen lernte... Sie blickte geistesabwesend zu Kagami und ihrem Baby hinüber, als Millerna auch schon ein "Oh Nein!" ausrief und ihren Wasserkessel stehen lies. Das Neugeborene, das laut Millerna gerade mal ein paar Wochen auf der Welt war, war mit glucksen und prusten aufgewacht und begann kläglich zu schreiben. "Ist schon gut, Schätzchen...", sagte Millerna sanft und nahm das kleine Wesen aus der Wiege. "Es muss furchtbar Hunger haben...", bemerkte Hitomi, die aufgestanden war, um Millerna im Notfall zur Hand zu gehen. "Geht es ihr gut?", wollte sie wissen und betrachtete das kleine, süße Ding liebevoll. "Ja, sie ist kerngesund...", bestätigte Millerna und wiegte das Baby sanft auf ihrer Schulter auf und ab. Es stieß immer noch ein paar Klagelaute aus, schien sich allerdings langsam zu beruhigen. "Wir müssen Kagami aufwecken...", folgerte Hitomi logischerweise und sah auf die zierliche Japanerin hinunter, die sich in ihrem Erholungsschlaf scheinbar nicht stören lassen wollte. Millerna nickte und drückte Hitomi die Kleine abrupt in die Arme. "Ich will sie nur noch mal durchchecken..." Hitomi war doch ein wenig überrumpelt und versuchte das kleine Gewicht richtig zu platzieren. Sie hatte noch nie einen Säugling in den Armen gehalten... Das Baby hatte jetzt aufgehört zu schreiben und nuckelte schmatzend an Hitomis Zeigefinger, welchen sie ihm aus einem Reflex heraus hingehalten hatte. Sie hatte zum ersten Mal Gelegenheit das kleine Ding näher zu betrachten: Es hatte zwar noch die typische, runzlige Gestalt eines Babys, die Pausbacken und die Stupsnase, aber es war eindeutig schwarzes, japanisches Haar, was da auf ihrem Kopf spross. Hitomi war neugierige auf die Augen des Kindes, die es just in diesem Moment öffnete. Sie waren so tief und so blau wie der Ozean... Van ging den Marmorgefliesten Kreuzgang entlang, von wo aus man durch die schmalen Säulen hindurch einen herrlichen Blick auf den Palastgarten und das schimmernde, endlos weite Meer im Hintergrund hatte. Anders als in Farnelia befand sich der Garten hier noch innerhalb des Schlosskomplexes. Die quadratische Rasenfläche war umgeben von hohen Mauern und er konnte auf perfekt zugeschnittene Palmen und Pappeln hinabblicken. Da gefiel ihm das wilde Gewucher vor seiner Haustüre schon fast besser. Nichtsdestotrotz wurde Van's Aufmerksamkeit aus den Springbrunnen gezogen, welcher mitten im Hofgarten stand. Dort tollten sich nämlich Tomu und Miguel mit großem Gekreische herum und versuchten sich gegenseitig ins kühle Nass zu schubsen. Vielleicht sollte ich ein wenig hinzu helfen, dachte sich Van schmunzelnd und hielt schon Ausschau nach der nächsten Treppe, die ihn nach unten führen würde. Doch sein Plan wurde ich vereitelt... Der Ritter des Himmels kam gerade von der anderen Seite des antiken Kreuzganges und beim Anblick von Van hellte sich sein Gesicht merklich auf. "Allen! Na endlich!", begrüßte Van ihn gespielt tadelnd. "Schön dich zu sehen Van...", erwiderte der gutaussehende blonde Mann. Van konnte sich noch SEHR gut entsinnen, dass sie die letzten Jahre immer auf Distanz gegangen waren; jetzt aber war ihm das Schnuppe. Zu Allens Verwunderung umarmte er ihn brüderlich und klopfte ihm fest auf den Rücken. "Hitomi hat in ihrem Brief schon erwähnt, dass du dich verändert hast...", bemerkte Allen und räusperte sich. Van ließ von ihm ab. "Hat sie das?" Er wusste, dass Hitomi mit Allen Kontakt hatte und hoffte, sie würde diskret mit ihren Berichten umgehen. "Hm...", sagte Allen und lächelte. "Ich hab's ja immer gewusst! Ihr zwei gehört zusammen und ihr würdet euch irgendwann zusammenraufen...", meinte Allen lauthals, als wüsste er tatsächlich über jedes Detail bescheid. Van spürte, wie ihm eine trügerische Röte auf die Wangen kroch und er tat so, als würde er die Muster im Marmor betrachten. "Wenn ich nicht so ein Idiot gewesen wäre, wäre es schon viel früher dazu gekommen...", sagte er matt. Allen lachte und warf den Kopf zurück. "Das ist wohl war!" Ihm hingen ein paar verwegene Strähnen aus seinem Zopf heraus, die seiner makellosen Erscheinung aber nichts anhaben konnten. Van überging diese spöttische Bemerkung und stützte sich zum Ausgleich auf die steinerne Balustrade. Sogleich begann er mit einem Themawechsel. "Wo kommst du eigentlich her?" Allen sah ihn an, als wunderte er sich, warum er es nicht wusste, ließ dann aber ein knappes "Aus Fraid" verlauten. "Aha!", erwiderte Van und sein Instinkt befahl ihm, dass es besser war nicht näher darauf einzugehen. "Wo ist eigentlich deine Herzensdame?", fragte Allen wiederum und warf Van einen Seitenblick zu, als erwartete er Hitomi als Klette an ihm vorzufinden. Vom Brunnen her erklang jetzt ein lautes Platschen und ein schriller Schrei, der von Tomu stammen musste. Dann Miguels Rufe und Gelächter. "Sie ist bei Millerna im Sprechzimmer, ich komme gerade von dort...", sagte er und wies auf den Gang hinter sich. "Wie könnten gleich gemeinsam zurück gehen...", meinte Van an Allen gewandt. "Aber vorher mischen wir die beiden Jungs dort unten ein wenig auf!" Hitomi musste sich sehr zusammenreißen, Kagami nicht nieder zu starren. Sie hatten sie mühselig aufgeweckt und Millerna hatte ihr ihre kleine Tochter wortlos an die Brust gelegt. Kagami stillte die Kleine jetzt unter dem wachen Auge von Millerna. Hitomi schnaufte und schaltete innerlich einen Gang zurück. Du wirst es schon noch erfahren, sagte sie sich und kniff ihre Augen zusammen. Dennoch konnte sie nicht aufhören ihre Ex-Sekretärin zu beobachten. Ihre Haut war jetzt nicht mehr ganz so kränklich grau und doch machte sie den Eindruck, als könnte sie augenblicklich wieder umkippen. Als Hitomi sie das letzte mal gesehen hatte, war sie schüchtern wie immer vor ihrem Schreibtisch gestanden und hatte ihr mit roten Bäckchen ihre Kündigung unterbreitet. Der Grund war zum einen ihre Schwangerschaft gewesen und zum anderen die Versetzung ihres Mannes nach Nagoya. O.K, das war ja alles schön und gut, aber was zum Teufel machte sie dann hier auf Gaia? Und warum hatte ihr Kind dieselben Augen wie Allen Shezar? Diese Tatsache brannte sich in ihrem Gehirn fest und wurde zeitgleich von zahlreichen anderen Fragen umschwemmt. Es gab einen Zusammenhang und Hitomi hätte schwören können, die Antwort mit ein wenig Beihilfe zu erhalten. Auch Millerna schien zu registrieren, dass irgendetwas nicht stimmte, obwohl sie die Augen des Kindes nicht gesehen hatte. Sie warf Hitomi ständig warnende Blicke zu, da ihr wahrscheinlich ihre Unruhe anzusehen war. Kagami hielt ihr Kind fest an sich geklammert und hatte den Kopf gesenkt. "Geht es ihnen gut, äh... Fräulein?", fragte Millerna dann unsicher, als das Baby Anstalten machte, sich zu verschlucken. Doch Kagami reagierte schon und legte sich die Kleine für ein Bäuerchen über die Schulter, wo es seufzend vor sich hin schmatzte. Hitomi vergas für einen Moment all ihre brennenden Fragen und musste zugeben, dass die Kleine einfach nur süß war! Obwohl noch so winzig und schwächlich, schien sie mit ihrer Anwesenheit den ganzen Raum zu erwärmen. Kagami machte einen zufriedenen und erleichterten Eindruck, was Hitomi sehr gut nachvollziehen konnte. Die Dimensionsreise mit einem Neugeborenen zu machten, musste sehr Kräftezehrend sein... "Wie heißt die Kleine eigentlich?", fragte Millerna jetzt vorsichtig. Es kam Hitomi komisch vor, dass ausgerechnet dies die erste Frage an Kagami war, die auch ihr weit hinten im Kopf herumgespuckt war, und doch schien es richtig zu sein. "Alana...", war Kagami's Antwort und sie sagte es nur zu Millerna, ja, zwang sich, nicht zu Hitomi hinüber zu sehen. Doch bei Hitomi war der Groschen gefallen... Natürlich! Jetzt passte alles zusammen! Sie hatte jedoch keine Möglichkeit, dies auch den anderen mitzuteilen, da es jetzt den typischen Austausch an Fragen und Antworten zwischen Arzt und Patient gab. Erst als Millerna es für vernünftig befand, dass auch Kagami eine Tasse Tee vertragen konnte und sich daher wieder ihrem Kessel zuwandte trat Hitomi aus dem sicheren Hintergrund, stellte sich direkt vor Kagami's Bett und zwang sie, sie anzusehen. Sie brauchte Bestätigung! "Wer ist der Vater des Kindes?", fragte sie laut, ohne auch nur irgendein grüßendes Wort an Kagami zu richten. Diese sah jetzt verwirrt aus und nahm Alana - die zufrieden gerülpst hatte - von ihrer Schulter. Kagami musterte Hitomi jetzt genau und begriff sofort, dass Hitomi wohl nicht ihren angetrauten Ehemann meinen konnte, der vermutlich auf der Erde war und von alledem nichts ahnte. "Ein Mann namens Allen...", sagte sie genauso klar und laut. Hinter ihnen zerschlug irgendein Gegenstand mit lautem Klirren auf dem Boden, vermutlich eine von Millernas Teetassen. "WAS?!", rief diese ungläubig und kam mit wehendem Haar ans Bett gestürzt. Kagami sah beide an, jetzt vollkommen ratlos. "Ihr kennt ihn doch nicht etwa?" "Und ob wir ihn kennen!", schrie Millerna schrill und wischte sich die Hände an ihrer Arztschürze ab, da sie sie offenbar mit heißem Wasser übergossen hatte. "Er ist ein guter Freund von uns...", fügte Hitomi der Logik halber hinzu und wandte sich wieder an Kagami, obwohl sie ebenfalls ein unwohles Gefühl im Bauch verspürte, jetzt wo sie die unmittelbare Wahrheit kannte. "Aber... aber wie? Wie ist es passiert? Woher kennt ihr Allen?", fragte Millerna weiter auf Kagami ein. Die Arme stotterte nun etwas herum, bis Hitomi für sie antwortete. "Er hat es mir erzählt, dass er sich in eine mysteriöse, schwarzhaarige Frau verliebt hatte. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er dich damit meinte...", sagte sie und klang dabei viel zu sehr nach Chefin. So wie früher... Sie erklärte Millerna und der ebenfalls lauschenden Kagami im Groben, was Allen ihr vor rund 5 Monaten im Schlossgarten anvertraut hatte. "Und jetzt möchte ich bitte deine Version der Geschichte hören...", verlangte Hitomi. "Sonst platze ich!" Kagami nickte abwesend, verlagerte Alana in eine bequemere Position, schien aber nicht gewillt, etwas zu sagen. Stattdessen fragte sie abrupt: "Ist er hier? Allen?" Ihre dunklen Augen bekamen einen sehnsüchtigen Ausdruck und Hitomi nickte knapp. "Ja, eigentlich müsste er hier sein..." Kagami lächelte unmittelbar, ein kleiner Hoffnungsschimmer auf ihrem erschöpften Gesicht. Dann räusperte sie sich und begann langsam und stockend zu erzählen. "Als ich das erste mal... ähm,... gereist bin... Das war vor sieben Monaten...", sagte sie und wurde sogleich von Hitomi mit einem eiligen Handwink unterbrochen. "Vor sieben Monaten? Wie soll das gehen?" Sie deutete vielsagend auf das kleine Wesen in Kagamis Armen, von dem alle wussten, dass es normalerweise neun Monate im Bauch der Mutter verbrachte. Wenn Hitomi also nachrechnete... Ja, dann war es etwas anderes... Wenn Alana nach "Erdzeit" geboren war, die ja scheinbar langsamer verlief als auf Gaia, musste das Kind... "Eine Frühgeburt...", ergänzte Millerna, die sofort kombiniert hatte, ihre Gedankengänge. Kagami nickte knapp und schaute bedrückt auf Alana nieder. Dann ergab es natürlich Sinn... Eine Frühgeburt also... Deshalb war das Mädchen also so klein und schwächlich. "Wie lange ist sie schon auf der Welt?", fragte Millerna, ganz sachlich. "Knapp 4 Wochen...", erwiderte Kagami schwach. "Dafür ist sie aber sehr gesund...", sagte Millerna und lächelte. Das schien Kagami ein wenig zu beruhigen und sie atmete tief durch. "Danke. Ich hatte so furchtbare Angst um sie!" Sie nahm die kleinen, zerbrechlichen Finger ihrer Tochter in die Hand und diese packte sogleich kräftige zu. "Erzähl bitte weiter...", drängte Hitomi dann und zog sich einen der Stühle heran. "Wie ist es passiert?" Sie sah Kagami intensiv an und sie schien zu verstehen. "Ich war mit meinem Mann im Urlaub, 3 Wochen auf Hokkaido. Zum Ski-fahren... Wir haben in einem kleinen Hotel gewohnt und als mein Mann nach einer Woche alleine ins Tal fahren wollte, um ein paar Besorgungen zu machen, bin ich spazieren gegangen... Ähm, es... es war bitterkalt und nach ein paar Minuten hat es schon wieder zu schneien angefangen... Aber ich wollte natürlich nicht gleich umkehren. So bin ich weitergegangen. Irgendwann wurde das Schneetreiben zu einem Schneesturm..." Sie stockte und wischte sich geistesabwesend den imaginären Schweiß von der Stirn. Anscheinend kam jetzt der interessante Teil, dachte Hitomi trocken. Kagami redete weiter: "Ich wusste nicht mehr wo ich war! Mich fror fürchterlich, ich hatte keine besonders tollen Schuhe an und... ich wünschte mir nur, von dort wegzukommen..." Hitomi hätte die auslösende Szene für die Reise etwas intensiver beschrieben und doch verstand sie, dass Kagami wohl noch etwas unter Schock stand. "Und dann?" "Ich war... plötzlich nicht mehr im Schneesturm. Ich kann mich noch an Licht, VIEL... Licht erinnern und dann war ich in einem grünen, dichten Wald und um mich herum haben Vögel gezwitschert und Insekten gesummt... Ich erinnere mich, dass es mir plötzlich viel zu warm war in meinem Wintermantel...", sagte sie betrübt. "Dann wurde alles schwarz um mich herum..." Anscheinend neigte Kagami zu sofortigen Ohnmachtsanfällen... "Und als du wieder aufgewacht bist, warst du umgeben von Katzenmenschen, nicht wahr?", fragte Hitomi und Kagami nickte nur. Sie schien sich schon nicht mehr zu wundern, warum Hitomi das wusste. "Sie haben sich um mich gekümmert... Aber ich - ich war verschreckt, auch weil ich sie nicht verstanden habe... Nicht einmal Allen, als er am nächsten Tag im Dorf auftauchte...", sagte sie. Jetzt war es an Hitomi, die Stirn zu runzeln. "Du hast sie nicht verstanden? Wie meinst du das?" Sie wechselte einen ratlosen Blick mit Millerna und Kagami schüttelte den Kopf. "Nein, aber das war nicht so schlimm...Wir haben uns auch so verständigt. Ich dachte zuerst, ich muss träumen, als ich diese fremde Welt sah - zeitweise dachte ich sogar, dass ich in dem Schneesturm gestorben war... Aber ich habe schnell gemerkt, dass dies doch die Realität war", meinte Kagami nur. Hitomi dachte grummelnd an Allen, der "ich konnte sie nicht verstehen" etwas anders formuliert hatte. Sicherlich war die Sprachbarriere auch der Grund, warum er Kagami's Namen und Herkunft nicht erfahren hatte. "Na gut, erzähl erst mal weiter, dann machen wir uns Gedanken darüber, warum du die gaianische Sprache nicht verstanden hast...", forderte Hitomi sie auf. "Naja, Allen war zwei Wochen im Dorf... Wir haben viel Zeit miteinander verbracht und es ist einfach passiert! Wir haben uns ineinander verliebt... Ich weiß nicht, was ich mir gedacht habe... Ich meine, ich habe völlig vergessen, dass ich eigentlich ein anderes Leben habe! Es war..., - Ich habe so etwas noch nie gefühlt, und na ja...", sagte sie und machte eine ausschweifende Handbewegung, die vermutlich all jene intime Momente beschrieb, in welchen Alana gezeugt worden war... Kagamis Wangen waren jetzt leicht gerötet. "Und warum bis du wieder weg aus Gaia?", hackte Hitomi nach, die sich nicht vorstellen konnte, warum man seine große Liebe nach zwei Wochen schon wieder verließ... Ha, große Liebe! Allen und Kagami... Wer hätte das vermutet. "Eines Abends hat mir Allen eine Ring geschenkt, mit einem purpurnen Stein..." Hitomi ahnte schon, was kam... "Allen musste am nächsten Tag wieder gehen und als er weg war, musste ich unwillkürlich an meinen Mann denken, den ich schon vergessen hatte. Ich glaubte, ihn verraten zu haben und schon im nächsten Moment war da wieder dieses Licht und ich war wieder in den Bergen von Hokkaido, vor unserem Hotel...", sagte sie betrübt und Abstoßung war in ihrer Stimme zu hören. Hitomi versuchte, sich dies auszumalen... Sie selbst hatte es damals spannend gefunden, dass es möglich war, zwischen Gaia und der Erde hin und her zu "reisen", obwohl sie von Anfang an gerne wieder nach Hause wollte. Es war ihr wie ein Wunder vorgekommen! Aber sie verstand durchaus, dass andere Menschen dies nicht so empfanden... "Hast du verstanden, dass es der Stein war, mit dem du reisen konntest?", fragte Hitomi neugierig. "Nein, aber ich habe es geahnt...", meinte Kagami. Dann fuhr sie mit ihrer Geschichte fort: "Kurz bevor ich bei ihnen gekündigt habe, Kanzaki-san, habe ich gemerkt, dass ich schwanger war. Ich vermutete schon, ähm... das Allen der Vater war und bei der Geburt bekam ich Bestätigung dafür..." Sie wies auf die nun geschlossenen Augen des Babys und blickte trübselig drein. "Mein Mann hat mich verstoßen... Er wusste sofort, dass etwas passierte sein musste an jenem Tag, wo ich verschwand. Er dachte erst an Vergewaltigung...", sie quetschte das Wort mühsam hervor, "Aber ich erklärte ich, dass ich einen anderen Mann liebte, Allen... Und ich bin zurückgekehrt..." Sie kämpfte jetzt mit den Tränen und biss sich auf die Unterlippe. "Wie hätte ich es ihm beibringen sollen? Er hätte mir doch nie geglaubt, dass ich einer Welt gewesen bin, von wo aus man die Erde am Himmel sehen konnte! Ich hätte es nicht tun sollen! Was wenn Alana etwas passiert wäre?!", krächzte sie und wiegte ihr Kind krampfhaft in ihren Armen. Hitomi bemerkte erst jetzt den Ring, den sie an ihrem linken Ringfinger trug. Sie versuchte Kagami in die Augen zu sehen, doch diese hielt den Kopf gesenkt. "Und jetzt bin ich hier und kann alle verstehen...", fügte sie überflüssigerweise hinzu. Hitomi hatte die gaianische Sprache sofort verstanden. Sie vermutete, dass es einen nahtlosen Übergang gab, zwischen der Sprache der Erde und jener auf Gaia. Obwohl... Wenn sie ganz genau war, hatte Van die ersten Worte, die er ihr zugerufen hatte, in einer ihr unbekannten Sprache gesprochen... Bis der Drache in der Lichtsäule erschien... Dann hatte sie ihn verstanden.... Es war schon ein seltsames Phänomen! Würde sie jemals eine Erklärung dafür finden? Kagami schluchzte jetzt und Millerna warf Hitomi einen beklommenen Blick zu. Hitomi nickte und setzte sich zu ihrer ehemaligen Sekretärin ans Bett, während Millerna endlich den Tee bereitete. Hitomi legte Kagami zögerlich einen Arm um die Schulter. Sie hatte sie noch nie so vertraut berührt. "Es ist schon gut... Du bist jetzt hier und dein Baby ist ein Sicherheit. Gaia ist zwar eine andere Welt, aber in vieler Hinsicht so viel schöner als unsere, jetzt wo Frieden herrscht... Es wird alles gut...", meinte sie tröstend, wobei sie sich nicht sicher war, ob Worte überhaupt helfen konnten... Sie kamen ihr so überflüssig vor... Kagami versuchte unter ihren Tränen zu lächeln und nahm den Trost dankend an. Alana schmatzte im Schlaf, was ihnen beiden ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. "Vielen Dank, Kanzaki-san...", murmelte Kagami dann. "Ach was...", sagte Hitomi und klopfte ihr auf die Schulter. "Erstens bin ich nicht mehr deine Chefin und zweitens..., nenn mich Hitomi..." Kagami nickte, sosehr auf japanische Art, dass Hitomi noch mehr lächeln musste. Dann stellte Kagami eine Frage, die IHR wahrscheinlich schon seit dem Morgen auf der Zunge lag: "Was machen sie eigentlich hier? Ich meine, ich war nach ein paar mal in der Firma, um meine Sachen zu holen und sie haben als Vermisst gegolten... Und woher kenne sie, äh... ich meine, woher kennst DU Allen?" Hitomi pustete schnaufend ihren Atem aus. "Oh, das ist eine verdammt lange Geschichte...", meinte sie und Millerna lachte von der anderen Seite des Zimmers. Dann brach plötzlich Tumult im Zimmer aus. Die Tür wurde aufgerissen (Was Hitomi erschrocken hochfahren ließ), wo sogleich Miguel und Tomu wie eine ganze Herde Elfefanten herein trampelten. Sie kreischten und lachten wie die Irren und flüchteten sich jeweils hinter Hitomis und Millernas Rücken. Der Grund für ihre Aufregung waren Allen und Van, die brüllend und Grimassen-schneidend hinter ihnen hergerannt waren. Sie kamen ins Zimmer gestürzt und Allen blieb so abrupt stehen, dass Van gegen ihn knallte und wie ein Schiff auf Grund lief. Allen hatte Kagami erspäht, die im Bett erstarrt war. "Allen...", flüsterte sie und alle Geräusche im Raum, das keuchen der Jungen, Vans Flüche und Millernas Teegeklapper schienen augenblicklich zu verstummen. Da war nur noch Allen und das strahlende Lächeln in seinem schönen Gesicht. "Ich habe es immer gewusst...", flüsterte er zurück und seine Augen schwammen in einem Ozean aus Tränen, als er Kagami und seine Tochter in die Arme nahm. ---------------------------------------------------- Nachwort: Puh, ich bin erleichtert, dieses Kapitel geschafft zu haben! Nachdem mir klar war, dass Kagami wieder irgendwann im Plot erscheinen musste, brauchte das ganze ja ein bisschen Spektakularität (ihr Auftauchen am Ende von Kapitel 20) und einiges an Aufklärung. Hätte das jemand von euch vermute? Dass SIE die Herzdame von Allen ist? *gg* Wahrscheinlich nicht... Dabei hätte ich gedacht, irgenjemand kommt drauf... *seufz* Wie auch immer. Kagamis Auftauchen, die Tatsache das sie ein Baby hat etc. erfordert einiges an Aufklärung, weshalb die vielen Gespräche in in diesem Kapitel praktisch unerlässlich sind. Ich hoffe, ich habe es einigermaßen überzeugend hingebracht, mit diesen ganzen Schwangerschaftzeiträumen, der Zeitverschiebung zwischen Gaia und der Erde (welche in dieser Geschichte ja vorhanden ist) etc. ich hab fast selber den Faden verlohren, als ich das Teil AUF PAPIER, PER HAND geschrieben habe! Aber laut meiner Beta-Leserin versteht man alles... (hoffentlich war diese Aussage mal nicht zu blauäugig...) ok. wo war ich stehen geblieben? Hm, Hitomi macht sich auch viele Gedanken, über die Mutterschaftssache, ihren Körper etc. Das ist auch unumgänglich... Stellt euch mal vor, IHR wärt in ihrer Verfassung, hä? Ich wollte das so autentisch wie möglich machen und eigentlich hätte sie ja schon viel früher über solche Sachen nachdenken müssen, aber irgendwie hat es jetzt erst gepasst... *gg* Wie war es denn für euch? Spannend? War es überraschend, dass Kagami Allens Auserwählte ist und dass Alana seine Tochter ist? Würde mich interessieren... Als ich das Kapitel überarbeitet habe, hatte ich den Eindruck, dass Hitomi es viel zu "cool" hinnimmt, dass Kagami auf einmal hier ist, dass da viel mehr Fragen auftauchen müssten usw. Ich habe es auch ein wenig verbessert aber ich denke, dass Hitomi einfach zu geschockt war, um auf die Arme Kagami näher einzugehen. sie wollte nur wissen, was SAche ist! Oh ja, ehe ichs vergesse! Die Sache mit der Sprache! Ich musste mir einen vernünftigen Grund ausdenken, warum Allen weder Kagamis Namen noch ihre Herkunft erfahren hatte, denn egal wie verliebt man ist, das spielt doch irgendwo ne Rolle oder? Also ist mir die Sache mit der Sprache eingefallen. Ich habe dafür auch eine einigermaßen logische Erklärung, also warum Hitomi die Sprache (fast) von anfang an verstanden hatte, warum sie Tomu sofort verstanden hatte und warum Kagami das eben nicht hatte, bei ihrer ersten "Reise". Allerdings willich das hier noch nicht verraten... die Aufklärung erfahrt ihr in Kapitel 24 oder 25 mal sehen... ok. das wars erst mal. Ich hoffe, ihr kommentiert dieses Kap ein bisschen! Bis zum nächsten Mal! eure, Chiyo-san Wichtige Mitteilung zum Schluss: Nachdem ich die "Karte von Gaia" erst als Fanart hochladen wollte, die dann aber nicht von Animexx "genehmigt" wurde, ist sie jetzt in meinem Weblog! Wenn ihr also in meinen Steckbrief geht, den Weblog besucht, müsstet ihr das Bild finden! Ich hoffe es doch! Wer es gesehen hat, bitte gebt mir euren Senf dazu! Danke schon im Vorraus! ^_____^ Kapitel 22: Bettgeflüster ------------------------- Hallo ihr Lieben! ^____^ Tatatataaaa!!! *Trompetenaufmarsch* Ein neues Kapitel ist da! Ich hoffe, es taugt euch... Aber erst noch kurz etwas zum letzten Kapitel bzw. euren (spärlichen) Kommentaren: Also, wie gesagt, die Sache mit der Zeitverschiebung und der Sprache, warum manche meiner Charas damit Probleme haben und manche nicht, wird noch aufgeklärt. Eigentlich wollt ich das schon in Kapitel 24 machen, aber das wird sonst etwas zu lang... Als irgendwann später erfahrt ihr es. Zu Mais Rätseleien: Da haben wir wohl nicht ordentlich gelesen, hä? *gg* Nee, schon genehmigt. Ihr könnt ja nicht alles 1:1 im Kopf behalten! Also, die Zeit vergeht laut meiner Theorie auf der Erde langsamer als auf Gaia. Und das Katzendorf? Naja, du erinnerst dich ja hoffentlich noch, dass Hitomi und Van dort vor ein paar Wochen sozusagen gestrandet sind, aufgrund des schlimmen Sturms. Kagamis Auftauchen dort war viel früher, was ich ja im letzten Kapitel auch beschrieben habe. Ich danke euch, dass ihr immer noch mitlest und es euch anscheinend nicht langweilig wird! Das macht mich glücklich! ^___^ Aber jetzt erst mal, viel Spaß mit dem neuen Kapitel, bis zum Nachwort. --------------------------------------------- Kapitel 22: Bettgeflüster "So wäre ich auch gern von dir begrüßt worden...", maulte Hitomi und steckte sich eine weitere Haarsträhne nach oben. Sie saß auf einem Hocker an einer Art Schminktisch, welcher mit neckischen Engelsschnitzereien versehen war. Der Ovale Spiegel wurde noch vom letzten Tageslicht, welches durchs Fenster zwinkerte, erleuchtet und sie hatte einen guten Blick auf Van, der hinter ihr im Schneidersitz auf dem Bett saß und sein Schwert polierte. Sie hatten über diese überaus interessante "Allen-Kagami-Geschichte" gesprochen und als sie an Allens Freudentränen zurückdachte, erschien ihr auch abermals ihr eigenes Wiedersehen vor dem inneren Auge. "Ach was... So schlimm war das doch gar nicht...", sagte Van dumpf und unterdrückte damit wohl ein belustigtes Prusten. ">> Diese Frau kenne ich nicht<<, ja..., ja...", zitierte sie ihn als Erwiderung und warf ihm dabei einen Blick zu, bei dem sie ihre linke Augenbraue so stark anhob, dass sie fast einen Krampf bekam. Van blickte von der blitzenden Klinge auf und sah sie durch den Spiegel hinweg an. Mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen sagte er: "Ich hatte vorher ein paar Krüge Bier getrunken... Da kann so was schon mal vorkommen..." "Im Nachhinein kann man das natürlich sagen...", erwiderte sie säuerlich. Sie versuchte nicht mehr daran zu denken und fuhr damit fort, eine ordentliche Frisur zusammenzubasteln. Sie befanden sich bereits im Hauptschiff von Drydens Handelsflotte und hätte man nicht ständig das Brummen der Maschinen unter sich gespürt oder das kontinuierliche Rotieren der Propeller gehört, so hätte dies auch ein beliebiges Zimmer in einem sehr schönen Hotel sein können. Zum Abendessen wollten sie alle zusammen kommen, da sie Morgen Mittag schon in Zaibach sein würden. Hitomi hatte ihr bestes Kleid, das moosgrüne, angezogen und verpasste sich gerade den letzten Schliff. Wieder warf sie einen flüchtigen Blick zu Van hin, der - schon fertig angezogen - wieder über sein altes Schwert gebeugt da saß und es mit viel Liebe reinigte. Laut eigener Aussage hatte er das lange Jahre vernachlässigt... Dabei trug es doch das Siegel seiner Familie! Er musste ihn wohl aber auch schmerzen,...ihn an Vargas, seinen treuen Schwertmeister und an seinen Vater erinnern. Sie selbst hatte Vargas noch kennen gelernt und war gefesselt gewesen von seiner mächtigen Ausstrahlung und seiner großen Güte. Das Schwert war Van's einzige Verbindung zu ihm... "Du sagst ja gar nichts mehr...", meinte Hitomi dann leise und hielt mit der letzten, vorhandenen Haarnadel inne. Sie beobachtete ihn im Spiegel und seine Wangenknochen zeichneten sich im Abendrot scharf von seinem Gesicht ab. "Was gibt es dazu auch noch zu sagen?" Er war es jetzt, der sie mit erhobenen Augenbrauen ansah. Sein Blick war durchdringend und dunkel, doch immer mit diesem knisternden Feuer im Hintergrund. Sie zuckte mit den Achseln. "Ich weiß nicht, ... Vielleicht dass es dir leid tut?", fragte sie und bereute es im nächsten Moment. Das war dumm von ihr... Es war schon so lange her! Und wenn sie ehrlich war, hatte sie die Zeit kurz nach ihrer Ankunft, als Van so extrem schlecht auf sie zu sprechen gewesen war, schon fast wieder vergessen... Jetzt war es belanglos, denn sie war mit Van zusammen und wollte es immer sein... IHN schienen all jene vergangenen Geschehnisse allerdings nicht so leicht loszulassen. Er wischte ein letztes mal mit dem Leinentuch über den Schwertknauf und steckte es dann energisch in die smaragdgrüne Scheide. "JETZT tut es mir schon leid!", rief er aus und stand auf. "Aber damals hat es mir nicht leid getan..." Er trat hinter sie und legte seine warmen Hände auf ihre Schultern. "Ich war ein Dummkopf und ich habe verdammt lange gebraucht, bis ich die Dinge klar sah...", gestand er ihr und zupfte wie zum Zeitvertreib in ihren Haaren herum, aber Hitomi wusste, dass er ihr in Wahrheit nicht in die Augen sehen wollte. "Van es ist schon gut... All das kommt mir so vor wie in einem anderen Leben und es ist jetzt nicht mehr wichtig...", sagte sie und legte eine Hand auf die seine. Er schüttelte die Kopf. "Nein, wir dürfen es nicht vergessen, Hitomi... Wir dürfen nicht verdrängen, welche Probleme wir einst hatten, sondern müssen daraus lernen. So kann das Vertrauen ineinander doch nur tiefer werden, oder nicht?" "Das hast du aber schön gesagt...", meinte Hitomi und lachte kurz auf. Auch Van grinste jetzt scheel, nur seine Augen zeugten davon, wie ernst es ihm war. Mit der freien Hand zupfte er nun erneut in ihrer Frisur herum. Er zog eine Haarnadel nach der anderen heraus. "Was machst du da, Van?", fragte Hitomi und klang dabei weder vorwurfsvoll noch empört. Sie lies es einfach zu, weil es einer dieser seltenen Momente war, der sich für immer in ihr Gedächtnis einbrennen würde. Das Licht der Abendsonne, Vans Hände und ihre Haare, wie sie Strähne für Strähne über ihren Rücken und ihre Brust fielen. "Ich löse deine strenge Frisur auf...", sagte er. "Hm", machte sie nur. Er massierte ihr jetzt sanft mit den Fingerspitzen die Kopfhaut, mit der selben Intensität, wie er vorher sein Schwert gesäubert hatte. Sie genoss es und seufzte zufrieden auf. "Ich mag es, wenn du deine Haare offen trägst...", sagte er mit tiefer Stimme und strich über die glatte, braune Mähne Dann, ganz plötzlich, umarmte er sie von hinten, ja klammerte sich regelrecht an sie. Sein Gesicht war in ihren Haaren vergraben und er atmete stockend, so sehr presste er sich an sie. Hitomi aber wurde klar was in ihm vorging, sie wusste auch nicht warum. Es war nicht leicht Van de Farnel Worte zu entlocken, Worte die das beschrieben, was in ihm vorging... Sie verstand jedoch seine Körpersprache sehr gut, so wie es niemand sonst konnte. "Du wirst mich nicht verlieren, Van...", flüsterte sie. Als sie später nach unten in das gemütliche Esszimmer kamen, bot sich ihnen ein fast schon trauriger Anblick: Normalerweise hätten sich all ihre Freunde aus dem astorianischen Königshaus um den quadratischen Tisch geschart, aber die Anzahl der Gäste war wirklich erheblich geschrumpft. Dryden saß da und unterhielt sich mit Kobe und seinem rotnasigen Flottenchef, der ihn, Millerna und Miguel damals in Farnelia schon abgeholt hatte. Dann saßen da noch Brisaeye und drei weitere Diener, die sich normalerweise im Hintergrund auf kleinen Hockern hätten befinden müssen. Das hätte heute wohl ein wenig lächerlich ausgesehen und Dryden musste spontan entschieden haben, dass alle an einem Tisch sitzen sollten. "Ah, willkommen, ihr beiden!", rief er jetzt erfreut aus und bot ihnen mit einer einladenden Geste zwei Stühle neben Kobe an. Sofort kam ein flinkes Mädchen mit vielen Sommersprossen im Gesicht aus dem Nebenzimmer und stellte zwei Gläser Rotwein vor ihnen ab. "Du lässt dich nicht lumpen, was?", meinte Van an Dryden gewandt und damit meinte er wohl die Tatsache, dass Dryden den Abend wie immer berauschend verlaufen lies, ob nun mit oder ohne zahlreicher adeligen Gäste. "Ja, ich finde, wir sind doch eine nette kleine Runde...", sagte der Gastgeber und prostete Brisaeye zu, die schon ein wenig rot auf den Wangen war, falls dies bei ihrer Hautfarbe überhaupt möglich war... Er hatte recht, es war wirklich eine nette Runde, nur fehlte Hitomi Millernas, Tomus und vor allem Allens Anwesenheit. Wie nicht anders zu erwarten, war er bei Kagami und Alana geblieben - welche nach Millernas strenger ärztlicher Diagnose noch nicht bei Kräften für eine erneute Reise waren - und man konnte ihm das wirklich nicht übel nehmen. Außerdem war er wahrscheinlich einer erneuten Begegnung mit Cheat geschickt aus dem Weg gegangen, fügte Hitomi sarkastisch im Geiste hinzu. Bei Tomu hingegen wäre es schlichtweg unmenschlich gewesen, ihn so schnell wieder von Miguel zu trennen und auch er ist in Astoria geblieben. Nun war Dryden also der einzige Vertreter des Landes, der bei den Gesprächen in Zaibach anwesend sein würde... "Dann kann es ja losgehen... Musik! Und vor allem... ESSEN!" Dryden klatschte erneute in die Hände und rief fröhlich seine Anweisungen durch die Nebentür. Sogleich kamen zwei ältere Herren mit buschigen Vollbärten herein, ließen sich auf zwei der Hocker nieder und begannen zu spielen. Der eine hatte ein gitarrenartiges Instrument und der andere spielte so etwas wie Flöte, die aber nach unten in einer Krümmung endete und sich in ihren Ohren wie eine Klarinette anhörte; gleichzeitig stampfte er mit dem rechten Fuß im Takt auf den Holzboden, was einen dumpfen Ton erzeugte. Während Hitomi der wohlklingenden Musik lauschte, diesen seltsamen gaianischen Tönen, hatte sie Zeit sich den Raum ein wenig anzusehen. Sie war schon einmal auf Drydens Handelsschiff gewesen, aber seitdem hatte sich natürlich einiges verändert. Dieser Raum hier gefiel ihr besonders gut... Er schien komplett aus Holz zu sein, sowohl die Bodendielen als auch die lackierte Rotholzwand. Das besondere jedoch waren all die Gegenstände die an den Wänden hingen und im Raum herum standen. Da waren hohe, reich verzierte Vasen, Gummi-artige Blumenstöcke, silberne und goldene Kelche, uralte Gemälde, Glasfiguren und anderer Kram. Seltsamerweise passte alles zusammen und das war eben genau Drydens Stil. Ein bisschen Prunk und Ausgefallenheit! Er liebte das Seltene, das Kostbare und durch seine Handelsbeziehungen kam er meist an all jene Objekte der Begierde heran... Sie fragte sich, ob seine Bibliothek nicht schon geplatzt war... "Gefällt es dir?", fragte Dryden sie dann, mit nicht wenig Stolz in der Stimme, als er ihren Blick bemerkte. "Oh ja... Dein Reich ist wie üblich überaus interessant gestaltet...", erwiderte Hitomi charmant. Die Musiker spielten ein neues Lied an und vor Hitomi's Nase wurde ein köstlich duftender Braten abgestellt. "Hhm... Das duftet ja herrlich! Was ist das für ein Tier?", fragte sie, nur um weiter Konversation zu betreiben. Dryden hatte schon das Besteck gezückt und schnitt sich ein Scheibchen seines eigenen Bratens ab. "Waldkeiler, glaube ich...", sagte er kauend und Hitomi warf sogleich einen schnellen Blick zu Van. Dieser hatte bei Dryden's Worten unmittelbar das Gesicht verzogen und blickte anklagend auf das Festmahl vor ihm. Hitomi schmunzelte. Auch wenn Allen, Tomu und Millerna nicht hier waren, so war doch Van an ihrer Seite und das war das wichtigste... Zwei Stunden und ein paar Weingläser später stolperten Hitomi und Van lachend und japsend in ihr Zimmer hinauf. Hitomi konnte einfach nicht mehr aufhören zu lachen! "Ha! Als Kobe dann angefangen hat mit hochrotem Kopf von seinen Jugendsünden zu erzählen... Ich habe mich fast nicht mehr eingekriegt!", kicherte Hitomi ungehalten. "Ja, das erwartet man gar nicht von dem alten Herrn!", rief Van zustimmend aus und schlug hinter die Tür zu, nachdem noch eine kurze Lachsalve vom Esszimmer herauf geschossen kam. Es war wirklich noch ein lustiger Abend geworden und sie hatten sogar noch getanzt! Die Musikanten hatten plötzlich einen flotten Takt eingeschlagen und sie hatten noch fester auf den Boden gestampft. Irgendwie war Van wie elektrisiert davon gewesen, war aufgesprungen und hatte Hitomi wild herum gewirbelt, dass es sie immer noch drehte. Aber er KONNTE tanzen und das hätte Hitomi niemals vermutet! Sie hatten sich dann abgeseilt, nachdem Dryden, sein Flottenchef und Kobe ein überaus vulgäres Liedchen angestimmt hatten und Brisaeye mit einem schlimmen Schluckauf in die Küche davon getorkelt war. "PUH! Wer hätte gedacht, dass so wenig Leute soviel Spaß haben können...", keuchte Hitomi, unterbrochen von ein paar übrigen Lachern. Sie musste sich auf ihre Knie stützen, weil sie die Treppe regelrecht hinaufgeflogen war, mit schweren, gerafften Röcken. Auch Vans Wangen waren gerötet, als er prustend und ebenfalls kichernd das Zimmer abschloss. "Was hast du vor?", fragte Hitomi, mit SEHR wenig Autorität in der Stimme. "Na das, weshalb wir so überstürzt von der netten Gesellschaft verschwunden sind...", sagte Van ganz sachlich und mit tiefer Stimme. Hitomi erinnerte sich an ihren letzten Tanz... Die Musik war ganz sanft und melodisch geworden und sie hatten sich eng umschlugen dazu bewegt. Ob es nun der Wein war oder nicht, da war auf jeden Fall SEHR viel Hitze zwischen ihnen gewesen! Hitomi richtete sich wieder auf und empfing Van mit offenen Armen, der entschlossen auf sie zugeschritten war. Sie küssten sich, heiß und verlangend und Hitomi's Brustkorb hob und senkte sich immer noch vom tanzen, als Van's Hände suchend darauf herumgrabschten. "Hilf mir aus diesem verdammten Kleid...", raunte Hitomi zwischen ihren Küssen, die nach süßem Rotwein schmeckten. Van zögerte nicht lange sondern dreht sie geschickt um, sodass sie mit dem Rücken zu ihm stand und machte sich daran, sie aus dem vielschichtigen Kleid zu befreien. Hitomi spürte, wie er hastig die Verschnürung auflöste und sie selbst stieß dabei immer noch eine undefinierbare Mischung aus Keuchen und Lachen aus. Das grüne Überkleid war jetzt ganz geöffnet und fiel wie eine grüne Wolke um sie herum zu Boden. "Argh! Warum müsste ihr Frauen auch immer soviel Stoff am Körper tragen?", beschwerte sich Van hinter ihr. Er machte sich jetzt an ihrem Korsettartigen, weißen Unterkleid zu schaffen, welches noch komplizierter verschnürt war. Hitomi stieß ein belustigtes Prusten aus. "Tja, da hättest du des auf meinem Planeten leichter..." Dann ließ Van aber schon einen triumphierenden Siegesruf verlauten und Hitomi fühlte sich um einiges leichter, sobald der enge Stoff wie eine lästige Hautschicht von ihr abfiel. "Na, war sagt's denn...", meinte Van und drehte sie wieder zu sich um. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah sie genau an, mit diesen dunklen Augen, wo immer ein Feuer zu lodern schien. Ihr war immer noch sehr warm, obwohl sie bereits nackt war und Van immer noch vollständige bekleidet war. Er strahlte eben immer diese gewisse Hitze auf sie aus... "Das ist unfair...", murmelt Hitomi geknirscht, als Vans keine Anstalten machte, irgendetwas zu tun und sie knöpfte behände sein Hemd auf. "Du bist so schön...", sagte er und streichelte scheinbar jeden Zentimeter ihres Gesichtes. "Kannst du mir das nicht später sagen? Das wäre sehr vorteilhaft und wesentlich romantischer...", meinte Hitomi ironisch und fuhr ihm jetzt hingebungsvoll mit den Händen über seine starke Brust. Ein verschmitztes Grinsen huschte über seine Lippen und Hitomi küsste diese erneut lange und leidenschaftlich. Sie fuhr dabei mit ihren Fingerkuppen über sein geschwungenes Schlüsselbein, klammerte sich an seine Schultern und presste sich schließlich an ihn. "Du willst doch wohl nicht länger warten, oder?", raunte sie ihm ins Ohr und drückte ihn damit auf das bereitstehende Bett. Van schüttelte den Kopf, wenn er auch von Hitomi niedergedrückt wurde. "Ich wäre mehr als töricht...", sagte er noch ehe er den Spieß Schwungvoll umdrehte und sich mit ihr so hinrollte, dass wiederum Hitomi unter seinem Gewicht das Nachsehen hatte. Er hauchte ihr jetzt warme Küsse den Hals entlang bis zu ihren Brüsten, während sie sich an seinem Hosenbund zu schaffen machte. Als auch diese Hindernis überwunden war, wälzten sie sich keuchend und glucksend auf dem Bett herum, als müssten sie einen Ringkampf austragen. Hitomi fühlte sich so unendlich geliebt und beschützt in Van's starken Armen, die jetzt wie zwei Rammböcke um ihre Schultern gekapselt waren. Sie beobachtete mit höchstem Genuss, wie die Sehnen daran hervortraten und sich die Muskeln hart anspannten. Sein Gesicht befand sich knapp über ihrem und sein warmer Atem, von Rotwein geschwängert, blies ihr stoßweise ins Gesicht. Sie wand sich unter ihm wie ein gestrandeter Fisch und ihre Hände fuhren ihm unablässig über den Rücken. Sie wollte ihn so sehr! "Ihr wolltet doch nicht töricht sein, euer Majestät...", flüsterte sie ihm erneut ins Ohr und hob dann ihre Hüften an, um ihn in das feuchte Tal aus Moschus und Hitze zwischen ihren Beinen zu geleiten... Sie hatten sich heiß und innig geliebt in dieser Nacht und trotzdem fühlte sich Hitomi immer noch sehr wach und frisch, als sie im dumpfen Licht der Nachttischkerze aneinandergeschmiegt da lagen. Van's Brust lag wärmend an ihrem Rücken und sein rechter Arm war unter der dünnen Steppdecke, welche in tausend Falten um ihrer beider Körper lag, behutsam um ihre Taille geschlungen. Hitomi hielt seine Hand fest und gähnte herzhaft. "Es war schön...", murmelte sie und gab einen genießerischen Laut von sich. "Hhm...", machte Van nur zustimmend. Sie spürte, dass es bald einschlafen würde. Sein Körper war träge und sehnte sich sichtlich in Morpheus' Arme... Aber Hitomi hatte keinerlei Lust auf schlafen, im Gegenteil... Da sie nun erneut mit Van geschlafen hatte, kamen ihr wieder die Gedanken, die sie schon in Millernas Sprechzimmer gehabt hatte. Was war, wenn sie schwanger werden würde, oder vielleicht sogar schon war? Was würde Van dazu sagen, der nun mal der einzig-mögliche Vater war? Normalerweise müsste es doch so was wie ein stillen Einverständnis bei einem Paar geben das sich sehr liebt, sozusagen eine Art Beschluss, ohne Debatte... Aber sie hatte sich schon einmal in Vans Gefühlen geirrt und wollte es nicht erneut darauf anlegen. "Sag mal, Van...", begann sie leise und kniff ihm zaghaft in den Daumen, damit er ihr auch zuhörte. "Was wäre eigentlich, wenn wir einmal Nachwuchs... äh, bekommen würden..." Sofort tat sich ein Ruck hinter ihr, als Van sich halb aufrichtete um sich mit dem Ellbogen auf der Matratze abzustützen. Er sah Hitomi erschrocken an und seine Hand tastete unheilvoll hitzig ihren Bauch ab. "Du bist doch nicht etwas schwanger?", wollte er alarmiert wissen. "Nein!", rief Hitomi etwas ZU schnell aus. "Das bin ich nicht!" Trotz der Wärme im Bett, bekam sie bei Van's Tonfall eine leichte Gänsehaut am ganzen Körper. Sie wäre am liebsten einen halben Meter von ihm abgerückt, aber er hielt seine Umklammerung fest. "Ich meine, ich weiß es nicht..." Hitomi besann sich wieder auf das Thema und versuchte sich nicht von Van's Aura verwirren zu lassen. "Es könnte doch sein... Schließlich sind wir schon über einen Monat zusammen,... ähm, und-und auch, äh.... d-du weißt schon,... intim...", nuschelte sie schnell hervor, sich wohl dessen bewusst, dass Van's Hand immer noch auf ihrem Bauch ruhte. "Und ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen Mitteln man dies in Gaia verhindern sollte...", fügte sie trocken hinzu und merkte jetzt, dass sie schon die ganze Zeit eigentlich mehr zur Bettdecke sprach als mit Van. "Oh, es gibt da gewisse Kräuter...", sagte er dann, als er zu Wort kam. DAS brachte Hitomi dazu ihn anzusehen oder besser gesagt anzustieren. "WAS?! Und das sagst du mir erst JETZT?!", fragte sie ein wenig sprachlos. "Was heißt hier erst jetzt! Ich dacht du wüsstest das, von Millerna oder so... Aber das ist jetzt nicht so wichtig...", sagte er und sein Gesicht wurde wieder ernst. Hitomi musste erneut feststellen, wie überaus attraktiv er doch war, mit seinem wilden, schwarzen Haar und den markanten Zügen eines Mannes, der das Auf und Ab des Lebens sehr gut kannte. "Es geht jetzt um das hier...", sagte er und sein Blick senkte sich auf die gebauschte Bettdecke, worunter sich ihr Bauch befand. "Ich wäre der glücklichste Mann in auf Gaia, wenn wir ein Kind bekämen!" Hitomi vergas augenblicklich ihren Ärger über die Kräuter-Sache und stellte erleichtert fest, dass Van wie ein kleiner Junge vor sich hin grinste. Hitomi legte ihren Arm unter ihren Kopf, um ihn bequemer ansehen zu können. "Und du meinst das ernst?", hackte sie lieber einmal misstrauisch nach. "Na und ob!", rief er aus. "Ich meine, es ist doch wunderbar und nur natürlich, wenn zwei Menschen, die sich lieben, ein Kind gekommen. Und WIR lieben uns..."; sagte er mit Nachdruck. Er streichelte ihr jetzt ganz sacht, mit kreisenden Bewegungen, ihren Bauch. "Zu sehen wie es aufwächst und wie es von uns beiden lernen würde. Gibt es etwas schöneres?" Hiomi kam es vor, als würde eine unglaublich schwere Last von ihrem Herzen fallen und sie schnaufte erleichtert aus. "Gut... Ich habe schon das Gegenteil befürchtet..." Sie küsste ihn flüchtig und lies sich dann wieder in seine Arme sinken. "Ich weiß, dass ich manchmal noch wie ein störrischer Esel bin...", begann er dann und prustete leise. "Das kann ich nun nicht mal mehr ändern. Aber glaub mir Hitomi, ich könnte mich wegen nichts und wieder nicht von dir abwenden! Und wenn wir einmal Eltern werden sollten, dann erst recht nicht. Ich meine, sieh dir Allen an! Ich glaube, ihm ist noch nie zuvor etwas so schönes passiert..." Sie wusste was er meinte. Sie konnte es spüren, die Sehnsucht in ihm... Den Wunsch Vater zu werden! Sie fühlte es ebenso in sich selbst... Mutter zu werden... "Weißt du, dass es auf meinem Planeten die Möglichkeit gibt, schon vor der Geburt festzustellen ob es ein Junge oder ein Mädchen ist?", sagte Hitomi jetzt, wo sie sich wieder geborgen und sicher fühlte. Van's Augenbrauen fuhren überrascht hoch. "Wie soll denn das gehen?", fragte er und es war die selbe Ungläubigkeit, als sie ihm schon vor Wochen von James Dean erzählt hatte. Sie kniff die Augen zusammen und schnalzte mit der Zunge. Wie sollte sie ihm das nun wieder erklären? Um den Vorgang zu verstehen, musste er erst mal wissen was "Ultraschallwellen" überhaupt waren... Und das war nun wirklich nicht einfach! Seltsamerweise schien Van seine Lektion aber schon gelernt zu haben und ging gar nicht näher darauf ein. Stattdessen machte er eine fahrige Bewegung mit der Hand und sagte: "Egal, wenn es ein Mädchen wird, wird es so hübsch sein wie du, und wenn es ein Junge wird, wird es so charmant sein wie ich..." Jetzt war es Hitomi, die leise prustete. "Und wie würdest du, sagen wir, deine Tochter nennen wollen?", hackte sie nach weil sie schon davon sprachen. "Hm, ich dachte da an Vanilla...", meinte Van ganz ernst und fasste sich dabei grübelnd ans Kinn. Gut, das Limit war nun eindeutig überschritten... Hitomi konnte sich nicht mehr halten und brach in schallendes Gelächter aus. "Vanilla?! Das soll wohl witzig sein!", gluckste sie und es schüttelte sie am ganzen Körper. "Nein, ganz und gar nicht!", erwiderte Van prüde und zog eine beleidigte Schnute. Hitomi wälzte sich jetzt im Bett herum und kicherte dabei völlig ungehalten wie ein Hyäne. Van beobachtete sie etwas verwirrt und mit verdrehten Augenbrauen, aber ein breites Grinsen konnte sich auch er nicht verkneifen. "Oh, jetzt tut mir der Bauch weh!", jammerte Hitomi, als sie sich langsam von ihrem Lachanfall erholte. Sofort lag Van's warme Hand wieder schützend auf ihr und sie sah ihn an, wobei ihre Kehle immer noch gackernde Laute von sich gab. "OK, über die Namensgebung verhandeln wir noch mal, euer Majestät...", neckte sie ihn, was Van leise schnaubend hinnahm. Er drückte ihren Körper wieder an sich und streichelte kontinuierlich ihren Bauch. "Mach dir keine Sorgen, Hitomi... Ich glaube, das Schicksal wird es gut mit uns meinen. Schlaf jetzt...", sagte Van leise. "Puh, das Schicksal...", murmelte Hitomi leise in die Bettdecke hinein, in weiser Erinnerung daran, dass das Schicksal es eben nicht immer gut mit ihnen gemeint hatte. Dann, als Van die Kerze löschte und die Dunkelheit sie beide umgab, spürte sie schon wie der Schlaf sie umfing und ihren Geist in wohliger Wärme abdriften lies... Hitomi saß mit Van am Meer. Sie wusste, dass sie dort noch nie mit ihm gewesen war und doch war es einfach das Meer und das genügte. Die Wellen überschlugen sich vor ihren Augen und spülten schäumend und sprudelnd Muscheln und Sand vor ihre Füße. Es war so schön, so angenehm mit ihm im Sand zu liegen und nur den blauen Himmel zu sehen und das Rauschen des Meeres zu hören. Hitomi hätte am liebsten für immer so verweilt, als die Idylle um sie herum plötzlich blitzartig verschwand. Sie spürte eine Art Ziehen in ihrem Kopf als sich der Schauplatz veränderte und sie sich auf dem Boden kniend wiederfand, umgeben von schwarzer Dunkelheit. Das einzige Licht kam vom Boden... Dort befand sich eine große, runde Steinplatte die mit bunten, glitzernden Steinen mosaikartig verziert war. Breite, goldene Streifen zogen sich dort hindurch und ergaben eine Art Symbol, welches sie aber noch nie im Leben gesehen hatte. Es kam ihr jetzt so vor als würden ihr die Knie weh tun und sie versuchte aufzustehen, ... konnte es aber nicht. Das Symbol unter ihr versuchte sich in ihren Kopf zu brennen und drängte sich gewaltsam in ihren Geist, der gerade noch die Ruhe vom Meer genossen hatte. Nur mit viel Mühe konnte sie ihre Augen schließen und als sie sie nach ein paar Augenblicken wieder öffnete, wusste sie, das jemand in der Dunkelheit vor ihr stand, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte. Jedoch meinte sie die hohe Gestalt und die breiten Schultern eines Mannes zu erkennen. Wer war er? Sie hätte ihn gerne gefragt, was das Symbol unter ihr zu bedeuten hatte, brachte aber keine Silbe über die Lippen. "Folge mir...", hörte sie dann eine Stimme sagen, wusste aber nicht ob es der Mann oder das Symbol unter ihr gewesen war. Gerade als sie sich dies fragte, brach das Siegel unter ihr entzwei und gleißen helles Licht umfing sie. Sie kannte dieses Licht... Nur war dieses nicht so warm wie die Lichtsäule, sondern kalt und abstoßend, als sie darin hinunter fiel,... fiel und fiel... Hitomi schreckte aus dem Schlaf hoch und starrte wild in die Dunkelheit um sich herum. Der Schweiß lag ihr auf der Stirn und sie spürte wie sich Van umständlich neben ihr aufrappelte. "Was ist los?", fragte er mit müder Stimme. Hitomi tastete instinktiv nach seiner Hand und drückte sie. "Ich glaube, ich hatte gerade eine Vision...", flüsterte sie. -------------------------------------------- Nachwort: Wenn sich jetzt jemand wieder über "zuviel Sex" beschwert, dann kann ich euch gleich beruhigen. Das ist sozusagen nötig, weil dieses Kapitel die berühmte "Ruhe vor dem Sturm" ist. Alles was danach kommt wird nicht mehr so entspannt sein und es ist sozusagen der letzte harmonische Moment für Hitomi und Van. Und na ja, Wein und Tanzen. Eine ungute Kombination... Glaubt mir, ich weiß von was ich spreche... *gg* Egal, Sex ist nun mal unabdingbar in meiner Story und ich halte es ja in Grenzen. Was mich interessieren würde, ist eure Meinung zu Van und Hitomis Gespräch, ihrem "Bettgeflüster." Ich finde es wichtig, dass sich die beiden diese Dinge klar machen, darüber reden usw. Auch wenn das ein bissl Soap-mässig rüberkommt. Ich hab es allerdings versucht aufzupeppen, mit Van`s Grummelleien, Vanilla etc. ("Vanilla" ist mir übrigens eingefallen, als ich grade Gackt gehört habe und na ja. Es soll keine Anspielung auf Gackt oder so sein, sondern einfach dem Witz halber: Van-illa. Check it? *gg*) Ach ja, Hitomi's Vision! (wusste doch, da war noch was...) Mir war von vorneherein klar, dass Hitomi irgendwann wieder zu ihren alten Fähigkeiten zurückfinden wird. Jetzt ist sie innerlich wieder ausgeglichen, da sie mit Van zusammen ist, etc. Tja, und das erste Symptom ist da eben eine Vision. Was ihr darin seht, ist erst später wichtig... *gg* Noch was, ich habe jetzt einen Job, vorrübergehend, der mich körperlich sehr beansprucht. Ich habe gerade echt null Energie weiterzuschreiben, deshalb kann es sich in Zukunft ein bissl hinauszögern, wobei ihr bis kap 24 noch alles schön serviert kriegt. Außerdem will ich bald mit Kapitel 25 anfangen und mir graut schon davor. Mir schwirrt soviel im Kopf rum, aber ich weiß nicht, wie ich das geordnet niederschreiben soll... *kopfschüttel* Also, verzeiht mir, wenn es etwas stockend weitergeht, mit dem Hochladen der Kapitel! Sonst gibt es nicht viel zu sagen von meiner Seite. Es tut mir leid, dass Allen, Millerna usw. in Astoria bleiben mussten, das ist mir wirklich schwer gefallen, aber es muss sein, für spätere Geschehnisse... Also. Bis bald, bei einem neuen Kapitel, wenn wir Tiefer in die Beziehung zwischen unseren beiden Hauptcharas eintauchen und dunkle Geheimnisse in Zaibach aufdecken... ^____^ Auf Bald, Chiyo-san Ps: Konntet ihr meine Karte von Gaia ansehen? Wenn nicht, dann muss ich sie euch per email schicken, zumindest wer sie will. Ab dem nächsten Kapitel wird die Geografie von "meinem Gaia" nämlich wichtig sein, also sagt bescheid! Ps: Ich mache jetzt einfach mal ganz dreist nochmal Werbung für "The Reason"! Meine Extra-Story zu "Erwärme mein Herz"! (Hat sie irgendjemand schon gelesen?) Kapitel 23: Das weiße Zimmer ---------------------------- Tadaimaaaaaaaaa!!! ^_______________________^ jaja, lang hats gedauert... Schuld bin diesmal aber nicht ich, sondern meine BEta-Leserin, die das Kapitel bestimmt schon vor 4 Wochen gekriegt hat, es aber dann einfach vergessen hat! (Sauerei!) Dann hab ich sie nach 3 wochen mal dran erinnert und naja, jetzt isses da... Ist nicht das beste kapitel, sicher nicht, und mir graust schon davor kapitel 24 zu veröffentlichen, weil ich mich da echt schwer getan hab, alles so zu schreiben, dass es noch Sinn macht. In meinem Kopf is immer alles so logisch, aber dann auf dem Papier... Katastrophe! *gg* naja, wie auch immer. "Das weiße Zimmer" führt uns nach Zaibach und damit auch zu Dornfels... Es wird mysteriös! War noch irgendetwas wegen dem letzten Kapitel? Mängel, Klagen etc.? Ich glaube nicht... Wie gesagt, das war das letzte bisschen Harmonie für die nächste Zeit... *gg* Wenn sonst noch irgendwelche ungeklärten Fragen sind, stellt sie bitte, manchmal kann ich mich einfach nicht mehr an alle erinnern. aber egal. Hier erst mal Kapitel 23! Bis zum Nachwort! ^.^ ---------------------------------------------- Kapitel 23: Das weiße Zimmer Diese Vision, die erste nach so langer Zeit, bereitete Hitomi zusehends Unbehagen. Van hatte ihre keine Antwort geben können, als sie ihm das Siegel so gut es ging beschrieben hatte... Jedenfalls waren sie beide überein gekommen, dass es nichts Gutes bedeuten konnte! Hitomi hatte ein ganz übles Gefühl im Bauch und der kalte Wind, der um sie herum blies, trug nicht gerade zur Besserung dieses Empfindens bei. Sie hatten das Flottenschiff inzwischen verlassen und waren mit dem kleinen Beischiff direkt vor dem Schloss in Zaibach gelandet, oder vor der Residenz, wie es hier genannt wurde... Die Reise nach Zaibach war gut verlaufen, nur musste Hitomi zugeben, dass ihr Farnelia oder Astoria tausendmal lieber waren. Das Land hier war so ganz anders! Es gab kaum grüne Wiesen, nur braune Äcker, die von braunen und grauen Felsen zerklüftet wurden. Auch die Stadt war direkt in eher unfruchtbares, felsiges Gelände gesetzt worden, wo nur ganz selten ein knorriger Baum zu finden war. Erst am Fuß der naheliegenden Berge wurde es etwas grüner. Insgesamt machte Zaibach einen eher tristen Eindruck auf Hitomi, auch wenn die Menschen hier sicherlich versucht hatten, das "alte" Zaibach vergessen zu machen. Sie erinnerte sich noch gut an ihren ersten und bisher einzigen Besuch hier: Dornkirks Palast hatte über den Dächern einer seltsam finsteren Stadt aufgeragt, was wohl daran gelegen hatte, dass sich eine dicke, schwarze Wolkendecke darüber bebildet hatte. Blitze, grell und gleißend, waren zwischen dem Himmel und den Leitern am Palast hin und her gezuckt - die gewaltige Energiequelle für des Kaisers grässliche Schicksalsmaschine. Sie erschauderte bei der Erinnerung daran und zog sich ihren Umhang fester um die Schultern. Von all jener Grausamkeit war jetzt nichts mehr zu sehen und die damals zerstörte Stadt war ebenso wie Farnelia größtenteils neu erbaut worden und Hitomi erkannte erleichtert, dass die bauschigen Wolken am Himmel auch nicht anders aussahen als in Farnelia oder anderswo. Dornkirks Herrschaft war offenbar vergessen... Stattdessen ragte vor ihnen jetzt eine kastenförmige Residenz auf, die mit einigen flachen Nebengebäuden einen schönen, grünen Innenhof einfasste. Dahinter tat sich sofort wieder undurchdringliches Felsengestein auf, ehe sich Wohnhäuser der Bürger anschlossen und am Fuße des Berges - eine gräulich-schwarze Mauer am Horizont - abschlossen. "Das hat er ja gar nicht schlecht hingekriegt", murrte Van neben ihr und musterte naserümpfend den schön-angelegten Garten und die Residenz, welche Hitomi stark an eines der europäischen Königshäuser erinnerte. Die Front des Hauses bestand hauptsächlich aus Säulen und zahlreichen Fenstern, die durch Pilaster gegliedert wurden und mit schlichten Simsen bestückt waren. Nach zwei Stockwerken endeten sie bereits mit einem flachen, mediterranen Dach. Jedoch zogen sich weitere derlei Gebäude im ganzen Komplex hin, wahrscheinlich Stallungen, Dienerschaftsbehausungen, was Hitomi jetzt erst erkannte. "Bist du schon mal hier gewesen?" Sie vermutete es zwar schon, wusste es aber gar nicht sicher. "Ja, vor ein paar Jahren... Aber zu der Zeit war vieles hier noch nicht fertig gestellt gewesen....", erwiderte er und machte eine Handbewegung, als wollte er eine lästige Fliege verscheuchen. Hitomi hingegen vergrub ihre Hände lieber tief in ihrem Umhang, da in Zaibach der Herbst scheinbar mit einigem Nachdruck eingekehrt war. Ein eisiger Wind fegte über das Land hinweg und schnitt dem kleinen Trupp in die Gesichter, als sie jetzt in den Residenzhof hineinzogen. Sie waren eigentlich wirklich eine erbärmliche Gruppe, da sie nur aus Van, Kobe, Dryden, drei Dienern und Hitomi selbst bestanden. Der Rest der Handelsflotte hatte sich eifrig auf dem Marktplatz niedergelassen und die Geschäfte waren sicherlich schon in vollem Gange. Hitomi konnte immer noch das Brummen der Maschinen hören... Jetzt näherten sie sich dem Gebäude und nachdem sie von ein paar uniformierten Wachposten beäugt wurden, traten sie ein. Sowie das doppelflüglige Tor hinter ihnen zuschwang und sie in einer Art Eingangshalle standen, erschrak Hitomi fürchterlich. Neben der Tür war nämlich wie aus dem Nichts eine große, gertenschlanke Frau aufgetaucht, die die Neuankömmlinge mit einem scharfen Blick durch ihre quadratischen Brillengläser hindurch musterte. "Die Gäste aus Farnelia und Astoria, nehme ich an...", sagte sie und warf abschätzende Blicke zwischen Van und Dryden hin und her. Ihr grauen Augen wirkten dabei genauso reserviert wie ihre gesamte Erscheinung. Sie trug ein schlauchförmiges, weinrotes Kleid, welches mit einem steifen Rollkragen begann und erst an ihren weißen Knöcheln endete. Ihre blass-roten Haare waren seltsam stumpf, was sie vermutlich dadurch kaschieren wollte, indem sie sie streng nach hinten verknotet hatte und sie bissen sich geradezu bedauernswert mit der Farbe des Kleides. Das Weinrot schien so etwas wie Zaibachs Farbe zu sein, da Hitomi ein paar andere Diener - mit ebendieser Farbe gekleidet - erspähte, die mit Bettlacken oder Essen beladen durch die quadratische Halle eilten, den Mittelpunkt der Residenz. Hitomi fragte sich, wer die Dame wohl war, als sie prompt eine Antwort bekam. "Wenn ich mich vorstellen darf, ich bin Phära, erste Beraterin des Präsidenten... Herzlich Willkommen in Zaibach...", sagte sie mit einem straffen Tonfall und verbeugte sich leicht. "Bitte folgen sie mir..." Phära wandte ihre lange Gestalt graziös um und führte sie durch die Halle, wobei Hitomi den Blick vor Verblüffung immer noch nicht vom schmalen Rücken ihrer Führerin abwenden konnte. "Dornfels hat eine BERATERIN?!", raunte sie Van ungläubig zu worauf er nur ein zustimmendes "Hmpf" von sich gab. Hitomi war sich sicher, dass Phära damals nicht bei der 20-Jahr-Feier dabei gewesen war. Sie wäre ihr sicherlich aufgefallen... "Dornfels hatte immer schon verquere Ansichten, was Regierungsangelegenheiten betrifft...", murmelte Kobe hinter ihr, der sie gehört haben musste. Er zog dabei ein zuwideres Gesicht und sein Schnurrbart kräuselte sich noch dazu, als könne er einer Frau nicht zutrauen, einen Präsidenten vernünftig zu beraten. Wenn Hitomi Phära aber so betrachtete, die jetzt einen Gang nach rechts einschlug, war sie sich sicher, dass diese Frau durchaus dazu fähig war! Der Gang durch den sie jetzt gingen, war links und rechts von zahlreichen Türen gesäumt, die alle völlig gleich aussahen. Erst die letzte Tür führte sie an ihr Ziel, einen großen, quadratischen Saal, welcher sich bis zum Dach wölbte. Dornfels hatte anscheinend einen Faible für Schlichtheit, denn dieser Raum zeigte nichts weiter als eine riesige Karte von Gaia an der linken Wand und eine mit dunkelblauem Samt behangene Wand, vor der ein schlichter Rednerpult aus Holz stand. Natürlich, rief sich Hitomi ins Gedächtnis, Dornfels war kein König, also brauchte er auch keinen Thron. Dennoch wirkte der Raum sehr majestätisch, vor allem wegen der gaianischen Karte, welche Hitomi bisher nur einmal sehr kurz vor sehr langer Zeit gesehen hatte. Allerdings fand sie keine Zeit, diese näher zu betrachten, weil sie von Phära höflich an den großen, runden Tisch gebeten wurden. Dieser nahm den größten Teil des Raumes ein und schien extra für diesen Anlass herbeigeräumt worden zu sein, da die üblichen Stuhlreihen nun an der Wand standen, wo sich schon einige Diener niedergelassen hatten. Die "hohen Tiere" saßen am Tisch und unterhielten sich gut gelaunt oder grüßten Van, Dryden und ihre Leute, sobald sie eintraten. "Oh, hallo Cheat!", rief Hitomi dem blonden Mann zu, den sie sofort erspäht hatte. Sein Gesicht erhellte sich sofort bei ihrem Anblick und er winkte schnell zu ihr herüber. Seine Frau Alanis nickte höflich und wandte sich dann wieder ihrem Gespräch mit dem hageren König vom Nordland zu. Dieser war scheinbar mit seinem Berater anwesend, ebenso wie der König vom Südland. "Bitte setzten sie sich. Präsident Dornfels wird sogleich erscheinen...", sagte Phära dünnlippig und sie selbst wandte sich zu dem Pult, welches vorne auf der bühnenartigen Erhebung stand. Hitomi setzte sich neben Cheat um sich noch ein bisschen mit ihm zu unterhalten, während Van sich zu ihrer Rechten niederließ, gefolgt von Kobe und Dryden. "Wo habt ihr denn Allen und den Rest aus Astoria gelassen?", wollte Cheat wissen und betrachtete die kleine Gruppe von Neuankömmlingen mit gerunzelter Stirn. "Oh, das ist eine längere Geschichte, die ich dir vielleicht später erklären werde...", meinte Hitomi beschwichtigend und machte sich daran, ihren Umhang Brisaeye in die Arme zu wuchten, die von hinten herangewuselt kam. "Seltsamerweise sind alle verhindert...", fügte sie noch hinzu und musste dabei erneut feststellen, wie verdammt ähnlich Cheat seinem biologischen Vater sah... Man konnte die Haare vielleicht noch auf Seiten der Mutter schieben: Marlene war ebenso blond gewesen wie ihre Schwester Millerna. Aber diese Augen! Sie waren unverkennbar Allens und dass dieser offensichtliche Zusammenhang zwischen den beiden noch niemandem wirklich aufgefallen war, ging ihr nicht in den Kopf. "Hhm, anscheinend machen sich die wenigsten etwas aus Dornfels' Einladung. Wie ich hörte waren noch ein paar Leute mehr geladen, aber wie du siehst, ist nur ein Bruchteil davon erschienen...", erzählte Cheat leise, so dass nur Hitomi es hören konnte und vielleicht Van, der sich sofort ins Gespräch einschaltete. "Das wundert mich nicht! Dornfels hat zwar den Frieden in dieses Land zurückgebracht, trotzdem wird er nicht gerade für seine politischen Ansichten gepriesen...", murrte er und warf einen dunklen Blick zu der samtbehangenen Bühne hinauf. "Ja, das ist richtig! Ich frage mich sowieso schon die ganze Zeit, was Dornfels mit diesen Verhandlungen und Gesprächen hier bezwecken will...", stimmte Cheat ihm zu und nickte, eine bestimmende und kühne Kopfbewegung. "Das würde ich allerdings auch gerne wissen...", brummte Van. "Wenn es um die Zukunft von Gaia geht... Was beabsichtigt er damit?" Hitomi betrachtete Van's markantes Profil und rief sich in Erinnerung, dass er nur widerwillig hierher gekommen war und den Präsidenten sowieso nicht besonders leiden konnte. "Ich schätze, das werden wir gleich erfahren...", sagte Hitomi trocken und nickte in Richtung Tür, wo soeben Dornfels' hohe Gestalt erschienen war. Er trug einen reich bestickten, weinroten Umhang, welcher ihm um die Knöchel wallte und mit makellos schwarzen Lederschuhen, besetzt mit goldenen Schnallen, endete. Seine schlauen, grünen Eidechsenaugen schienen den ganzen Raum innerhalb von Sekunden zu erfassen... "Wie ich sehe, sind alle meine Gäste anwesend! Herzlich willkommen in der zaibacher Residenz!" Alle Anwesenden erhoben sich - Hitomi eingeschlossen - und verbeugten sich leicht, wobei Van es sichtlich nicht gerne tat. Der Präsident schritt mit gekonnten Bewegungen an dem kreisrunden Tisch vorbei, der bei Hitomi mehr und mehr einen Eindruck wie "Arthur's Tafelrunde" hinterließ. Dabei ließ Dornfels es sich nicht nehmen, ihr einen besonders wissenden Blick zuzuwerfen. Sie verzog ein wenig die Mundwinkel, als sich ihr schlagartig der Moment in den Kopf drängte, wie Dornfels sie so grob geküsst hatte. Hitomi war froh, als er an ihr vorbei war und sie lies sich erleichtert auf ihrem Stuhl nieder. Dieser Kuss hatte ihr nicht im entferntesten etwas bedeutet, und doch glaubte sie nicht, dass Van einen Freudentanz aufführen würde, wenn sie es ihm erzählte... "Nun, ich hab Sie heute hierher eingeladen, um über die Zukunft Gaia's zu sprechen...", sagte Dornfels sobald er hinter das Rednerpult getreten war. Er wirkte sehr einschüchternd von dort oben aus und Hitomi war gespannt, was er zu sagen hatte. "Bevor wir aber morgen mit den richtigen Gesprächen beginnen, möchte ich Sie bitten ihren kurzen Aufenthalt in meinem Land zu genießen!", sprach er und machte eine einladende Geste mit den Händen. Dann hob er seine Stimme nochmals gebieterischer an und seine Augen blitzten sogar im dämmrigen Licht, das durch die Fenster auf der rechten Seite des Raumes hereinschien. "Ich bitte Sie jetzt einen Blick auf diese wunderschöne Karte von Gaia zu werfen, die von einem besonders begabten Maler angefertigt wurde..." Phäras graue Augen hatten schon eine ganze Weile auf der großen Karte verweilt und jetzt taten es alle anderen, unter heftigen Stühle rücken und hektischen Kopfbewegungen. Es war wirklich eine sehr schöne Karte, detailliert und liebevoll gezeichnet. Etliche Städte und Dörfer waren darauf eingezeichnet, jedoch nur die großen Städte sprangen durch die rote Farbe sofort ins Auge. Dornfels fasste sich nachdenklich an sein scharfes Kinn, ehe er fortfuhr. Wie üblich hatte er dabei diesen Gesichtsausdruck aufgelegt, den Hitomi noch nie hatte richtig deuten können. "Unser Planet besteht aus so vielen unterschiedlichen Ländern und jedes zeichnet sich durch eine Besonderheit aus. Da wäre z.B. das Nordland, wo es immer kalt ist und die Nächte so lang sind, dass man den Tag um so mehr herbeisehnt; Dort an der Grenze zum ewigen Eis mit der wunderschönen Hauptstadt Kartan...", sagte Dornfels und nickte dabei dem König vom Nordland wohlwollend zu, der dies nur zu gerne erwiderte. Dornfels fuhr fort: "Direkt unter dem genannten kalten Land, erstreckt sich die Ebene von Fraid. Ein fruchtbares Land, ausgelegt auf Ackerbau und durchzogen von breiten Flüssen..." Ceat blickte stolz zur Karte hinauf und flüsterte seiner Frau irgendetwas zu. "Fraid schließt an, an das wunderbar-warme Südland, der Halbinsel umgeben von Ozean und zahlreichen Inseln. Seine Hauptstadt Sudou liegt zwar sehr südlich, doch wird man in diesem Land nie frieren...", erzählte Dornfels scherzhaft und der König vom Südland gluckste zustimmend, wobei sich seine dunkle Haut glücklich um seine Augen kräuselte. "Das ist allerdings war!", sagte er und ein kurzes Lachen kam aus der Ecke seiner Dienerschaft, die allesamt nach wie vor in ihre Umhänge gehüllt da saßen. Scheinbar war das Klima in Zaibach etwas ungewohnt für sie... Dornfels lächelte kurz und fuhr erneut mit seiner Rede fort: "Im Norden des Südlandes begegnet uns ein kleines Gebirge und bringt uns nach Astoria und seiner schönen Hauptstadt, die ins Meer hinein gebaut ist..." Das war etwas, was Hitomi erst kürzlich bewundert hatte und sie nickte zustimmend. "In Astoria scheint ewig blauer Himmel zu herrschen und kann mit dem größten Hafen und natürlich der berühmten Handelsflotte für sich sprechen...", sagte Dornfels und verneigte sich ironisch vor Dryden. Hitomi sah flüchtig zu Van hinüber, der ein todernstes Gesicht machte. Klar, jetzt war Farnelia dran. "Ehe wir uns meinem eigenen Land zuwenden, werfen wir noch einen Blick auf Farnelia, einem von zahlreichen Mysterien umwobenes Land, wie beispielsweise der Erzählung, dass dort die letzten Nachkommen des Drachenvolkes leben sollen..." Es wurde sehr still im Raum und der durchdringende Blick von Dornfels, der Van galt, war Hitomi nicht geheuer. "Aber natürlich ist Farnelia eher bekannt für seine einzigartige Landschaft, umgeben von einer riesigen Bergkette und natürlich dem besten Wein in ganz Gaia...", fuhr Dornfels in neutralem Ton fort, nichts ahnend, dass Van auf seinem Schoß die Fäuste geballt hatte. "Zum Schluss wenden wir uns Zaibach zu, einem von Felsen zerklüftetes Land, durchzogen von längst verloschenen Vulkanen, das dank meiner Mühen wieder positiv in die Zukunft blicken kann!" Komischerweise war das alles, was er dazu zu sagen hatte und Hitomi fand dies noch sonderbarer als die ganze Rede selbst. Alle anderen jedoch schienen nichts zu merken von den Blitzen, die zwischen Van und dem Präsidenten hin und her zuckten, ebenso wie niemand erkannte, dass Dornfels irgendetwas vorhatte... Hitomi hatte so etwas zumindest im Gefühl... Noch argwöhnischer stimmte sie die Tatsache, dass sich Dornfels jetzt der Karte wieder abwandte, obwohl sie noch mindestens vier weitere Länder darauf erkennen konnte! Warum sagte er zu ihnen nichts? Weil ihre jeweiligen Vertreter nicht hier waren? Wenn Hitomi allerdings ehrlich war, konnte sie sicht nicht erinnern, dass das "Drachenland", das "alte Land" oder die "verbotene Insel" irgendwann einmal bei der 20-Jahr-Feier erwähnt worden waren. Dornfels sagte gerade noch irgendetwas über Politik, aber Hitomi hörte nicht mehr hin. Sie starrte immer noch wie gebannt auf die Karte, wo sie einen kleinen roten Punkt entdeckt hatte, neben welchem in geschwungenen roten Lettern das Wort "Atlantika" geschrieben stand. Offenbar war dies eine Stadt mitten auf der Insel des "alten Landes". Was hatte das zu bedeuten? " -verschieben wir somit die politischen Angelegenheiten auf morgen! Und jetzt möchte ich Sie alle auf eine Führung durch meine Residenz einladen!", war das letzte was sie von Dornfels hörte, ehe sich alle "Ritter der Tafelrunde" erhoben und wieder in allgemeine Konversation verfielen. Hitomi starrte nochmals kopfschüttelnd auf die Karte, prägte sie sich präzise ein und nahm sich fest vor, Van bei der nächsten Gelegenheit nach den übrigen Ländern zu fragen. Jetzt galt es jedoch erst mal, einem selbstgefällig-lächelnden Dornfels hinterherzulaufen... Hitomi und Van hatten sich bei Dornfels' Führung etwas nach hinten abgeseilt, was Van nur allzu gern begrüßte ebenso wie Hitomi, die befürchtete, diesem sehr eigenen Manns schon bald wieder alleine gegenübertreten zu müssen. Sie hackte sich jetzt bei Van ein, um besser mit ihm sprechen zu können. "Ich finde ja diese ganze Aktion hier schon seltsam, aber diese Karte von Gaia... Ich weiß ja nicht ob es Absicht war, aber hat Dornfels nicht einige Länder vergessen?", wollte Hitomi wissen. Van musterte sie kurz. Es schien ihm schon zu dämmern, was sie damit meinte. "Du meinst Länder wie das Wüstenland oder so?", fragte er. "Hm...", machte Hitomi und nickte. Sie achtete gar nicht darauf, durch welch prunkvolle Räume sie geführt wurden und auch nicht auf Kobe's mahnende Blicke von vorne. "Oh, das ist ganz einfach, da sie eigentlich alle schlichtweg unbewohnt sind...", sagte Van und er war sichtlich etwas ruhiger, weil er nicht unmittelbar mit Dornfels zu tun hatte. Hitomi gab ein überraschtes Geräusch von sich. "Unbewohnt? Du meinst..." "Unbewohnt, ja...", fiel Van ihr ins Wort. "Vielleicht leben ein paar wagemutige Einsiedler dort, aber die kann man kaum als Bevölkerung bezeichnen... Es ist einfach zu gefährlich, um dort zu leben." "Warum?" Hitomi hatte ihre Augen zusammengekniffen. "Oh, das Wüstenland, wie der Name schon sagt, ist schlichtweg Wüste und schon an der Grenze dorthin findest du kein nennenswertes zaibacher Dorf mehr... Das Drachenland ist das Land der Drachen und obwohl sie prinzipiell in ihrem Gebiet bleiben, tauchen sie manchmal in den umliegenden Ländern auf...", erklärte ihr Van und dachte dabei wohl an das schuppige Ungetüm, dem sie erst vor 2 Tagen begegnet waren. "Wenn Farnelia nicht von Gebirge umgeben wäre, würden wir wohl viel öfter mit ihnen zu tun haben...", sagte er. Hitomi verstand, wollte ihn aber nicht lange unterbrechen. "Die verbotene Insel ist verboten, weil sie eigentlich nur aus Sumpf und Moor besteht... Außerdem gibt es Geschichten, dass dort seltsame Gestalten Hausen, die dich mit ihren Blicken töten können..." Er ließ die Aussage ein wenig wirken, bevor er fortfuhr: "Niemand der noch bei Sinnen ist hat in den letzten Jahrhunderten einen Fuß darauf gesetzt." Sie gingen jetzt wieder durch die Eingangshalle und in den gegenüberliegenden Gang, was Hitomi aber nur am Rande wahrnahm. "Und was ist mit dem alten Land?", fragte sie und ihre Neugierde war vollends geweckt. Van hatte sich jenes vierte Land scheinbar für den Schluss aufgehoben. Er schwieg erst und streichelte nachdenklich Hitomi's Hand, als er schließlich fortfuhr: "Das ist nicht einfach zu erklären. Es ist ein sagenumwobener Ort und man erzählt sich, dass schon viele bei dem Versuch umgekommen sind, dorthin zu gelangen..." "Wie das?" "Ich weiß nicht, ihre Schiffe wurden in Strudel gezogen, ihre Flugschiffe gerieten in einen Sturm... Irgendetwas in der Art! Jedenfalls gibt es nur wenig Berichte von Augenzeugen und daher ist es eigentlich meistens der Fall, dass diese Insel auf gängigen gaianischen Karten gar nicht mehr auftaucht...", meinte Van nachdenklich. Hitomi war umso wissbegieriger! "Aber wieso hat Dornfels sie auf die Karte malen lassen?", fragte sie und musterte Van neugierig von der Seite. "Ich könnte mir vorstellen, dass es an seinem Interesse an solchen Legenden liegt...", sagte er trocken. "Ähnlich wie mit Escaflowne oder dem Tal der Wunder..." Hitomi wusste, was er meinte... Sie selbst war damals ins Tal der Wunder gelangt - jenem Ort, den man nur mit viel Glück finden konnte - und sie war nicht scharf darauf, das noch mal zu wiederholen. Dennoch gab es etwas, was sie stutzig machte und nicht mehr los ließ. "Auf der Karte war auch eine Stadt namens Atlantika eingezeichnet... Ist auch sie unbewohnt?" Van's Augen verdüsterten sich kurzzeitig. "Atlantika ist meines Wissens nach die letzte, vollständig erhaltene Ruine des atlantischen Reiches. Aber mehr kann ich dir auch nicht sagen... Für Details fragst du am besten Dryden, der kennt sich ja damit aus, wie du weißt..." Sie wusste es, ja. Sie sah noch immer Dryden's leuchtende Augen, als sie sich damals mit dem Tagebuch von Allens Vater auf die Reise zum Tal der Wunder gemacht hatten. "Warum interessiert dich das so sehr?", wollte Van jetzt wissen und sah sie genau an. "Ach, ich weis auch nicht so genau, aber -", sagte sie, wurde allerdings von Kobe unterbrochen, der sich laut räusperte. Der Trupp hatte vor einer doppelflügligen Tür halt gemacht, die im Gegensatz zu den anderen im Gang, weiß angestrichen war. Anscheinend war das so etwas wie der Höhepunkt der Führung... "Der Raum, den sie jetzt betreten werden, liegt mir persönlich sehr am Herzen...", sagte Dornfels spitz und warf einen seiner Eidechsenblicke in die Runde. "Bitte folgen Sie mir..." Das allgemeine neugierige Getuschel verstummte abrupt, als sich alle im Raum befanden. Eigentlich war es nichts besonderes, aber auch Hitomi spürte, wie sich die Härchen auf ihren Armen kaum merklich aufstellten. Dieser Raum besaß eine besondere Aura! Er war komplett weiß, es gab nur ein einziges kleines Fenster und das einzige was sich darin befand außer ihnen, war ein hüfthoher Sockel aus weißem Marmor, in den gaianische Schriftsymbole eingehauen waren. Hitomi war noch nicht so geübt im lesen des Gaianischen und sie machte sich erst gar nicht die Mühe, die Zeichen zu entziffern. Viel interessanter war es, Dornfels' Mine zu beobachten. Sie war so neutral wie immer und doch war etwas in der Art, wie er auf den Sockel nieder blickte, was Hitomi's Armhärchen noch mehr aufrichten lies. Van schien es ebenfalls bemerkt zu haben, denn er klammerte Hitomi noch näher an sich. "Dies ist das weiße Zimmer. Ich habe es erbauen lassen in Gedenken an den schlimmen Krieg und all seine Opfer. Es solle in Mahnmal sein, das uns nie vergessen lassen soll, wie kostbar der Frieden ist...", sagte er und erntete anerkennendes Gemurmel von Seiten der anderen Könige. Cheat ging jetzt um den Marmorsockel herum und las die Inschrift, wobei sein Gesichtsausdruck recht argwöhnisch wurde. Dann wandten sich alle zum hinausgehen, was Hitomi kaum noch erwarten konnte. Nur Cheat hielt inne und stellte Dornfels eine Frage. "Weshalb habt ihr die Farbe Weiß gewählt?" "Oh, das ist doch ganz einfach mein Lieber... Weiß ist die Farbe des Friedens!", erwiderte er und klang dabei ein wenig belustigt, als ob es ein Verbrechen wäre, dies nicht sofort zu erkennen. Als sie dann wieder draußen auf dem Gang standen und Dornfels' grüne Augen sie nicht mehr beobachten konnte, senkten sich Van's Brauen zum ersten mal seit langem wieder in entsetzliche Tiefen. "Weiß ist keine Farbe...", knurrte er so laut, dass es jeder hören konnte, der es hören wollte... ---------------------------------------------- Nachwort: Wir heute ein wenig kurz ausfallen... *hihi* Wie ich euch bereits prophezeit habe, wird irgendwann die gaianische Karte eine rolle spielen. Hier ist es soweit und wer meine gezeichnete Version haben möchte, schickt mir doch bitte eine Ens mit emailaddy und ich schick sie euch dann... (anders gehts leider nicht!) Falls es euch intessiert! Tja, wir erfahren ein wenig über Dornfels' Planungen und Absichten und die schlauköpfe unter euch können sich schon denken, dass diese "Demokratie-Idee" nicht ganz koscher ist, in welcher weise auch immer.... *hihi* Dann noch zum weißen Zimmer selbst: Weiß gilt ja allgemein als Farbe des Friedens, Farbe des lichts und der guten Seite (der Macht... *gg*), wenn man so will. Wenn man aber wie ich 2 Jahre auf eine Kunstschule geht, wird einem gepredigt, dass WEiß keine Farbe ist, sondern nur ein Kontrast... *gg* Das stimmt natürlich und die Tatsache, dass Weiß sich eben nich Farbe schimpfen darf, macht für mich das weiße Zimmer doch ganz schön spannend. Ich denke es ist allen klar, dass IRGENDETWAS in diesem Zimmer sein muss, etwas nicht unbedingt gutes... und mal ehrlich, der "Kontrast" Weiß, finde ich als Symbol für das Böse und dunkle noch fast treffender und gruseliger als schwarz. Letztens war ich kurz in einem komplett weißen Raum mit nur einem Fenster, und einer weißen Tür... Das war echt schauerlich! Ich bin ja nicht leicht schreckhaft, aber das war irgendwie ein ganz komisches GEfühl und schwar zu beschreiben... irgendwie erdrückend und wahnsinnig machend, fast noch schlimmer als in einem stockdunklen Raum... naja. ich möchte damit auf jeden Fall etwas ungutes symbolisieren nur falls ihr euch über Vans letzten Satz wundern solltet. ok. Fragen? Nur her damit! ^____^ Ansonsten, bis zum nächsten Kap und bleibt mir treu! Eure dankbare, Chiyo-san PS: SChon wieder Schleichwerbung: Falls ihr euch für Japan allgemein interessiert, habe ich eine neue Fanfiction am Start, namens "Days". Es geht um 6 Japaner in Tokyo, die eben so ihre probleme mit der Liebe haben! (basiert auf einer TV-Serie die ich in Japan gekuckt habe... *hihi*) Kapitel 24: Auf dem Siegel von Atlantis --------------------------------------- So, liebe Leute... Lang, lang hats gedauert! Und das tut mir furchtbar leid... Kapitel 24 ist mir extrem schwer gefallen zu schreiben, aber dazu mehr im Nachwort. Zusätzlich hat sich meine Beta-Leserin sehr viel Zeit gelassen (*grummel*), aber naja. Sie hats mir gestern zurückgeschickt, aber praktisch überhaupt keinen Kommentar dazu geschrieben! Ich selbst finde das Kapitel relativ... schlecht, aber bitte, gebt mir Kommis!!! ^__________^ An dieser Stelle nenne ich meil diejenigen, denen ich immer ne Ens schicke/schicken soll, sobald ein neues Kap da is (falls jemand fehlt, bitte lasst mich das wissen...): Mai, Nane05, djarija, Lorelei89, sunlight, Jeanne18, Puringirl, _nabuku_ und Feena90. Danke für all eure kommis, bisher! Ich schreibe euch wirklich jedes mal ne Ens, falls ihr aber keine bekommt, muss es wohl an animexx liegen oder so... *gomen ne* also, jetzt lasst euch nicht mehr aufhalten... Ab mit Kapitel 24! ^.^ ---------------------------------------------------- Kapitel 24: Auf dem Siegel von Atlantis Wie sie so neben Van durch den Gang einher schritt, kam es ihr fast wie noch vor ein paar Wochen vor. Van’s Miene war steinern und mürrisch und sein ärgerlicher Blick machte das ganze nicht besser... Die Ursache dafür war diesmal allerdings nicht Hitomi, sondern Dornfels, der zwar nicht in Van’s unmittelbarer Nähe war, in dessen Residenz sie sich allerdings immer noch befanden. Nach dem vergangenen Tag der Ankunft stand nun der eigentliche Grund ihres Zaibach-Besuchs an: Die „Gespräche über die Zukunft Gaias.“ Van hatte mit niemandem viel gesprochen am gestrigen Tag, außer mit Hitomi im stillen Vertrauen. „Wenn du weiterhin so übel gelaunt kuckst, werfen sie dich gleich wieder aus den Verhandlungen raus...“, meinte Hitomi scherzhaft, obwohl es ihr schon ein wenig ernst war. Van’s Gesicht zeigte keine Reaktion, bis auf ein schwaches Zucken seines Kinns. „Das wäre mir sowieso lieber...“, erwiderte er kurz angebunden und fuhr sich mit der hand durch sein schwarzes Haar, welches Hitomi ihm zum Anlass ein wenig gekämmt hatte. Sie selbst trug wieder ihr schönes, moosgrünes Kleid, auch wenn sie nicht an den Gesprächen teilnehmen würde. Jedoch kam es ihr so vor, als würde dieser Tage alles auf das Auftreten einer Person ankommen... Hitomi seufzte und hoffte wirklich, dass sie bald wieder abreisen würden. Auch ihr gefiel es nicht sonderlich in Zaibach, obwohl sie bis jetzt reichlich wenig mit dem Präsidenten zu tun gehabt hatte. Allerdings lag da etwas in der Luft, etwas das sie nicht beschreiben konnte... Jedoch hatte sie es gestern gespürt, als sie im „weißen Zimmer“ gestanden war... Irgendetwas ging hinter all diesen gleich aussehenden Türen vor sich, auch wenn sie keinen blassen Schimmer hatte, was dies sein könnte. Trotzdem, ihr Instinkt hatte sie in ihrem Leben bisher selten getrogen und wenn sie diese Vision noch dazu nahm... Es kam ihr plötzlich sehr kalt vor in dem Gang und augenblicklich warf sich Gänsehaut auf ihre Unterarme. Sie klammerte sich schutzsuchend an Van und spürte sofort wie seine konstante Körperwärme auf sie überging. „Was ist los?“, fragte er verdutzt und seine kalte Ausstrahlung war wie weggefegt. Ein sorgenvoller Ausdruck lag jetzt in seinen Augen, als er stehen blieb und Hitomi genau musterte. Sie waren inzwischen vor jener Tür angekommen, die in den Raum führte, wo Dornfels sie gestern empfangen hatte und wo jetzt besagte Verhandlungen stattfinden würden. „Ist dir schwindelig?“ Van’s Stimme war hell aufgeregt und obwohl Hitomi sich tatsächlich etwas schummrig fühlte, beruhigte sie ihn sofort: „Schon gut, es geht mir gut... Ich habe nur wieder an diese Vision denken müssen...“ Das stimmte zwar zum Teil, denn sie sah immer noch den schwachen Umriss des geheimnisvollen Siegels vor ihrem inneren Auge, doch war dies keine Erklärung, warum sie sich plötzlich so erschöpft fühlte. „Wirklich?“, hackte er noch einmal nach und ein erdbrauner Blick fixierte sie eingehend. Hitomi nickte nur. „Ich verspreche dir, sobald diese blöden Gespräche vorbei sind, kehren wir so schnell wie möglich nach Astoria und dann nach Farnelia zurück, ja?“, sagte Van und klang dabei selbst sehr angespannt. Hitomi nickte erneut und ihr Haar, welches sie heute wieder offen trug, bewegte sich sanft dabei. „Viel Erfolg, oder was auch immer...“, meinte sie dann und deutete auf die Tür, die sich unheilvoll noch neben ihnen befand. Van zog kurz ein Gesicht, als hätte er schlimmes Zahnweh, straffte sich aber dann und küsste Hitomi dankbar auf die Stirn. „Mal sehen, was Dornfels zu sagen hat...“, sagte er grimmig und verschwand durch die Tür, wobei Hitomi das Gefühl hatte, ihn nur wiederwillig gehen lassen zu können. Van war also gegangen und Hitomi blieb alleine vor der Tür zurück. Es fröstelte sie immer noch ein wenig und da Van jetzt weg war, konnte sie auch gleich wieder auf ihr Zimmer gehen... Sie schlenderte den Gang zurück, als ihr auch schon zwei hochgewachsene Gestalten entgegen kamen, die sie sofort erkannte: Es war Phäre, die sich sehr graziös vorwärts bewegte an der Seite von niemand anderem als Dornfels persönlich. Er trug heute eine Zusammenstellung aus marineblauem und weinrotem Stoff, mit Silber durchwebt und sein Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er Hitomi schon von weitem erspäht hatte. Ein wissendes Lächeln umspielte seine harten Lippen und ließ seinen Oberlippenbart kräuseln. „Fräulein Hitomi! Welch schöner Anblick so früh am Morgen!“ Hitomi hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst oder zumindest Van wieder an ihre Seite gewünscht, in dessen Gegenwart wie sich völlig sicher fühlte. „Guten Morgen, Präsident...“, sagte sie mit neutraler Stimme und machte einen höflichen Knicks. „Ach, ihr braucht euch doch nicht vor mir zu verbeugen, wo ihr doch jetzt praktisch zum farnelschen Königshaus gehört...“, sagte er ohne Umschweife. Hitomi verstand diese Anspielung sofort: Dornfels hatte bemerkt, dass sie nun mit Van zusammen war. Sie warf einen Blick auf Phära, nur um nicht die grünen Augen von Dornfels sehen zu müssen. Die erste Beraterin machte jedoch einen gleichgültigen Eindruck und besah Hitomi mit einem kühlen, grauen Blick. „Noch ist es nicht soweit...“, erwiderte Hitomi lahm und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Dornfels lächelte nur weiter und diese unangenehme Spannung zwischen ihnen wurde erst durch Phäras Räuspern beendet, die ihren Präsidenten an die anstehenden Gespräche erinnerte. Dornfels machte eine abwehrende Handbewegung in ihre Richtung und ehe Hitomi es verhindern konnte, hatte er schon nach ihrer Hand gegriffen und sie geküsst. „Ich hoffe, sie nach den Verhandlungen zu sehen, meine Liebe...“, meinte er aalglatt und schritt sogleich mit wehenden Gewändern an ihr vorbei. Hitomi blieb zurück, verwirrt zwar, aber überaus erleichtert... Es waren seltsame Verhandlungen, an denen Van da teilnahm. Er hatte es zwar bis jetzt vermieden, seine Meinung kund zu tun, jedoch saß er nach wie vor mit argwöhnischer Miene an dem kreisrunden Tisch und lauschte Dornfels’ Worten. Dieser hatte sich schräg gegenüber von ihm erhoben und redete irgendetwas von „Vereinigung“, „Demokratie“ und „man müsse die Reiche reformieren...“ Im Großen und Ganzen war ihm schon klar, um was es ging: Dornfels hatte mit seiner Regierungsstrategie in den letzten Jahren scheinbar Erfolg gehabt und wollte nun die Könige von ihren Vorteilen überzeugen. Dies schien auch bei vielen der Anwesenden zu funktionieren, nur Cheat und Dryden waren offenbar nicht bereit, Dornfels’ Meinung so einfach hinzunehmen. Genau wie er. Van hielt sein Kinn nach wie vor ruhig auf seine Hände gestützt und beobachtet den Präsidenten. „... und deshalb müssen wir versuchen, die Demokratie in diesem Lande zu verbreiten, die sich in meiner gesamten Amtszeit so hervorragend bewiesen hat, um auch die kleineren Länder in Gaia mit einzubeziehen!“, sagte er gerade und deutete mir seinem rechten Zeigefinger, an dem ein schwerer Gorldring – mit einem Saphier besetzt – steckte, auf die Wand mit der gaianischen Weltkarte. „Warum liegt euch so viel daran, diese sogenannte Demokratie zu verbreiten?“, fragte Dryden nun ganz sachlich und warf Dornfels einen strengen Blick durch seine runden Brillengläser hindurch zu. „Bis jetzt hat das Königs- und Fürstentum in der Vergangenheit sehr gut funktioniert – und wenn ich hinzufügen darf, tut es das Heute besser denn je.“ Dornfels schien mit diesem Gegenargument gerechnet zu haben und lies seine Eidechsenartigen Augen durch die Reihe schweifen. Cheat murmelte irgendetwas seiner Frau ins Ohr und Kobe trommelte neben Van nervös mit den Fingern auf den Tisch. „Ich denken, nach dem schrecklichen Krieg, ist es an der Zeit, für-“ Doch weiter kam er nicht. Van unterbrach ihn ganz ruhig, mit brennendem, vulkanartigem Blick. „Ihr habt den Krieg doch gar nicht miterlebt, nicht wahr? Ihr seid er DANACH plötzlich aufgetaucht, um diesem Land wie ein guter Samariter aus der Patsche zu helfen. (Kobe schnappte bei diesen Worten hörbar nach Luft.) Aber wo wart Ihr vorher, mit eurer Demokratie?“, fragte er scharf. Dornfels stand immer noch gelassen da und ein kaum merkliches Lächeln umspielte seine Lippen. „Wie ich sehe, macht ihr euch wiedereinmal mehr Gedanken um euren persönlichen Groll, als um das Wohlergehen dieses Planeten, König Farnel...“, konterte er mit unergründlicher Miene und fuhr dann mit seinem Anliegen fort, als wäre er nie unterbrochen worden. Van spürte, wie ihn eine Welle der Zorns überrannte. Wie konnte Dornfels es wegen, ihn so vor aller Augen zu beleidigen? Auch Kobe wurde die ganze Situation scheinbar zunehmend unbequemer, denn sein Getrommel wurde noch heftiger „Das Königs- und Fürstentum ist meiner Meinung nach veraltet. Es ist an der Zeit für eine neue Zukunft!“, sagte der Präsident jetzt laut und erreichte damit zumindest bei den Nord- und Südland–Königen den gewünschten Effekt. Van hingegen stellte mit Genugtuung fest, dass weder die Fraktion aus Fraid, noch die aus Astoria annähernd überzeugt waren. „Wie stellt ihr euch das vor, Präsident? Wir wissen, dass die Führer eines demokratischen Landes vom Volk gewählt werden. Doch was passiert mit den Königen und den Königsfamilien? Sollen sie einfach abdanken?“ Cheat war es jetzt, der Dornfels misstrauisch musterte und damit andeutete, er müsse sich schon eine gute Antwort überlegen, um ihn zufrieden zu stellen. Dornfels aber ward sein wissendes Lächeln immer noch nicht vom Gesicht gewischt. Er warf noch einmal einen grünen Blick in die Runde und sagte dann: „Natürlich würde diese Umstellung seine Zeit dauern und auch die Königsfamilien kämen nicht außen vor. Sie könnten eine beratende Funktion einnehmen oder vielleicht wird manch einer sogar vom Volk wiedergewählt...“ Dieser Punkt war etwas, was dem Südlandkönig nicht zu gefallen schien, denn er strich sich fahrig über sein Gesicht und starrte grübelnd auf die tadellos glänzende Tischplatte. Van hatte also richtig gelesen: Dornfels wollte gerne ein Gaia voller Präsidenten schaffen, doch hatte er sich das ein wenig zu einfach vorgestellt. Glaubte er wirklich, die Könige würden so einfach von ihren Thronen zurücktreten? Van grinste bitter in sich hinein und fand, dass es an der Zeit war, selbst etwas zu sagen: „Ich finde nicht, dass das, was wir Könige tun, veraltet ist. Unsere Länder leben seit geraumer Zeit in Frieden und wenn ich mich recht erinnere, war es Zaibach, das damals über Farnelia hergefallen ist und damit den Krieg angefangen hat.“ Einige der Anwesenden rissen entsetzt ihre Augen auf. „Es ist wahrlich unpassend, solche Anschuldigungen nach so langer Zeit zu machen...“, rief der Nordlandkönig empört und zugleich warnend aus. Doch Van hatte sich bereits warm geredet und dachte nicht daran, jetzt aufzuhören. „Die Herrscher über Zaibach waren schon immer überheblich! Ich erinnere mich da an Dornkirk, der glaubte mit seiner Schicksalsmaschine könne er uns allen den Segen bringen!“, sagte er, ganz und gar nicht mehr ruhig und stand auf. Er war genauso groß wie Dornfels und konnte ihm nun auf gleicher Höhe entgegenfunkeln. „Und nicht nur mein Bruder musste für diese Pläne sterben...“, sagt e jetzt bitter. „Aber das ist doch alles so lange her, mein Lieber... Ich habe nicht vor, irgendetwas zu erzwingen, ich möchte nur das Beste für-“, sagte Dornfels gelassen, kam jedoch erneut nicht weit. „Für wen? Für Gaia?! Das ich nicht lache! Als ob Zaibach jemals etwas gutes für diesen Planeten getan hätte!“, rief Van boshaft. „Genug jetzt! Das geht zu weit!“, mischte sich der Nordlandkönig ein und strafte Van mit einem klaren, blauen Blick. „Wir sind nicht alle hier, um über die Vergangenheit zu sinnieren!“ „Genau das meine ich auch...“, sagte Dornfels und strich sich majeströs über seinen Schnurrbart. Van und der Präsident standen sich wie zwei Ringer gegenüber und starrten sich finster an. Es war Phära, die die gefährliche Atmosphäre störte und geschäftig ein paar Papiere verteilte. „Kommen wir zum Tagesordnungspunkt Nummer zwei“, sagte sie gelangweilt und bedeutete Van mit einem strengen Blick, sich wieder zu setzen, was er auch tat, wenn auch nur widerwillig. Dornfels folgte seinem Beispiel und für ein paar Augenblicke hörte man nichts außer dem Rascheln von Papier. Van wandte sich jetzt an Kobe, der eine traurige Grimasse zog, vermutlich aus Scham über Van`s Verhalten. „Irgendwas stimmt hier doch nicht, oder Kobe?“, raunte Van seinem ersten Berater zu, welcher Van einen mitleidigen Blick zuwarf und dabei plötzlich sehr alt aussah. „Ich fürchte, ihr irrt euch dieses mal, mein König...“, meinte er bedauernd. Hitomi war nach der Begegnung mit Dornfels nicht mehr zur Ruhe gekommen, und nachdem sie kurz auf ihrem und Van`s Zimmer gewesen war, streifte sie nun wahllos durch die Residenz. Sie wusste nicht mehr, wie oft sie die breiten, gleichmäßig betürten Gänge entlanggegangen war oder wie intensiv sie jedes der riesigen Ölgemälde betrachtet hatte, die irgendwelche berühmten Leute zeigten. Jedenfalls waren es viele Male und als sie nun wiederholt durch die große Eingangshalle wanderte, war sie sehr froh, ein ihr bekanntes Gesicht zu sehen. „Brisaeye! Gut, dass du hier bist!“ Das schwarze Zimmermädchen hatte sie ebenfalls erkannt und schlenderte nun mit einem fragenden Blick in den Augen zu ihr herüber. „Was ist los, Hitomi?“, wollte sie wissen. „Oh nichts weiter... Ich habe es nur satt, in dieser Festung festzusitzen...“, meinte Hitomi und deutet mit einem vielsagenden Blick an, dass sie die Residenz meinte. Für einen winzigen Moment glaubte sie, etwas über Brisaeyes Gesichtszüge huschen zu sehen... So etwas wie... Genugtuung? Doch sei musste sich getäuscht haben, denn Brisaeye lächelte sogleich fröhlich und klemmte sich das leere Silbertablett, welches sie anscheinend in die Küche zurücktragen wollte, unter den Arm. „Ja, es ist nicht Farnelia hier...“, sagte sie ganz neutral. „Aber wir reisen sicher bald wieder ab...“ Hitomi nickte zustimmend und blickte den Gang nach rechts entlang zu jener Tür, hinter welcher sich Van vermutlich gerade mit Dornfels zankte. „Wollen wir ein wenig zusammen herumgehen? Ich könnte wirklich Gesellschaft gebrauchen...“, fragte Hitomi, fast flehentlich, worauf Brisaeye nur fröhlich lächelte. Obwohl Hitomi „ihr Zimmermädchen“ manchmal etwas seltsam fand, war sie doch froh sie hier zu haben. Brisaeye war ein fröhliches Mädchen, nur kam sie Hitomi Zeitweilen etwas mysteriös vor, was wohl an ihrer wahren Identität lag. Seit Brisaeye ihr gestanden hatte, dass sie vom „Volk des flüsternden Windes“ war, fühlte sie sich in ihrer Gegenwart zunehmend unbehaglich... Wusste Brisaeye Dinge, die sie eigentlich nicht wissen sollte? Hörte sie Sachen, die Hitomi ihr niemals erzählen würde? Sie hatte das schwarze Mädchen noch bis vor kurzem als ihre Freundin bezeichnet, jedoch war sie sich dessen jetzt nicht mehr so sicher. Jedoch wollte Hitomi ihr gegenüber nicht beleidigend sein, wo sich Brisaeye ihr doch anvertraut hatte. Sie beobachte das Mädchen jetzt, als sie den linken Gang einschlugen, durch dessen Fenster auf der linken Seite nur schwaches Sonnenlicht hereinfiel. Brisaeye wirkte ausgeglichen wie immer, nur zupfte sie etwas fahrig an ihrer weißen Schürze herum, die über der blauen Farnelia-Uniform lag. Hitomi wusste nicht recht was sie sagen sollte, und da Van nun immer einen Teil ihres Denkens einnahm, schweiften ihre Gedanken zu den Verhandlungen. Was ging dort vor sich? Und was wollte Dornfels damit bezwecken? Wie gebannt starrte sie immer noch auf Brisaeyes Schürze, als ihr etwas einfiel: „Kannst du hören was sie sagen?“, platzte sie heraus und noch als sie es sagte, war es ihr sehr peinlich. Brisaeye schien seltsamerweise genau zu wissen, dass sie die Gespräche der Politiker meinte, denn sie lächelte nur geheimnisvoll und sagte: „Ich verschließe meine Ohren bei solchen Sachen...“ Hitomi hätte trotz ihrer Inneren Zerrissenheit gern gewusst, wie genau dies funktionierte, doch sie hielt sich zurück und war froh, als Brisaeye ein anderes Thema anschlug. Sie beschwerte sich kleinlaut über das Personal in Zaibach und da Hitomi nur zu gerne einmal wieder über etwas anspruchsloses herzog, diskutierten sie den ganzen Gang entlang über die Unterschiede zwischen dem farnelschen und dem zaibacher Herrscherhaus. (Wobei Farnelia eindeutig und positiv vorne lag!) Dummerweise endete der Gang vor der weißen Tür und ihr Anblick zwang Hitomi und Brisaeye regelrecht ihrer Unterhaltung einzustellen. „Ich habe schon von diesem Zimmer gehört... Es soll sehr beeindruckend sein...“, sagte Brisaeye und starrte auf die weiße Front vor ihr. „Hm, es ist... Kein sehr typisches Friedensdenkmal, ja...“, gab Hitomi zu und rieb sich geistesabwesend über ihre Unterarme, als würde sie erneut frösteln. Dann öffnete sie die Tür, da Brisaeye scheinbar sehr neugierig auf den Raum war. Es war ein etwas anderer Anblick als noch am Tag zuvor, was wohl der Sonne zuzuschreiben war, die sich heute immer wieder durch die Wolken kämpfte. Ein heller, klarer Lichtstrahl kam nun durch das kleine Fenster herein und beleuchtete damit geisterhaft den Marmorsockel in der Mitte des Zimmers. Brisaeye gab ein verblüfftes Geräusch von sich und Hitomi schloss die Tür nachdem sie eingetreten waren. Es war tatsächlich kalt im Zimmer und sie verschränkte ihre Arme ineinander. Brisaeye ging jetzt um den Sockel herum und las scheinbar die darin eingehauenen Schriftzeichen, wobei sie rhythmisch auf ihr Silbertablett klopfte, dies aber scheinbar nicht bewusst merkte. Da Hitomi ebenfalls nichts zu sagen einfiel, ging sie in die Hocke und versuchte mühselig die krummen und runden Symbole von oben nach unten zu entziffern. Gaianisch zu sprechen war ihr wie durch Zauberhand in Fleisch und Blut übergegangen, zu lesen jedoch fiel ihr überhaupt nicht leicht. Sie verstand zwar das System hinter der Schrift, doch brauchte sie ewig um sie zu einem sinnvollen Satz zusammenzuschachteln. Auch bei diesem Versuch gelang es ihr nur schwerlich, doch nach einigen Minuten glaubte sie, den genauen Wortlaut zu verstehen. Ihr blieb der Mund offen stehen! Brisaeye war jetzt auf ihre Seite des Sockels gekommen und Hitomi musste sie fast entgeistert ansehen. „Das kann doch nicht wahr sein, was da steht, oder?“, fragte sie perplex und deutete auf den Marmor. Brisaeye runzelte die Stirn. „Wieso?“ „Ewiger Frieden ist nicht möglich, bewiesen seit vielen Jahrhunderten. Es kommt die Zeit, vom Schicksal bestimmt, und die Starken werden die Welt berichtigen...“, las sie vor und klang dabei selbst sehr ungläubig. Das schwarze Mädchen neben ihr starrte ein paar Momente auf den Sockel und lachte dann auf einmal kurz auf. Hitomi fand nicht, dass irgendetwas daran witzig war und beäugte sie argwöhnlisch. „Du liest es verkehrt herum, Hitomi!“ Sie fuhr mit ihrem Zeigefinger jene Zeilen von oben nach unten ab, die Hitomi soeben abgelesen hatte. „Man liest in Gaia von rechts nach links, wusstest du das nicht?!“, rief sie aus und fuhr die Zeilen jetzt in der richtigen Richtung ab. „Dort steht nur: Dies Denkmal ist bestimmt für den Frieden, um uns stets an diese Kostbarkeit zu erinnern, die er für diese Welt darstellt.“ Hitomi versuchte angestrengt die Wörter mitzulesen, und tatsächlich machte das ganze so mehr Sinn. „Aber Brisaeye,... Warum bedeutet es anders gelesen genau das Gegenteil?“, fragte sie und starrte dabei immer noch auf den Marmorsockel. Ein äußerst mulmiges Gefühl hatte sich in ihr ausgebreitet und selbst Brisaeyes lässiges „Das wird wohl Zufall sein...“, konnte sie nicht beruhigen. Sie beobachtete ihr Zimmermädchen, wie es nun kopfschüttelnd um den Sockel herum ging und weiter las. Hitomi schlich sich im Hinterkopf der Gedanke ein, dass Brisaeye sie angelogen hatte... Aber noch mehr beunruhigte sie das, was sie soeben gelesen hatte! Dornfels hatte diesen Raum erbauen lassen und sie konnte sich nicht vorstellen, dass seine Echsenaugen diese Wortspielerei nicht bemerkt haben sollen... War es gar beabsichtigt? Sie hob ihre Röcke ein wenig und rückte mit quietschenden Schuhen ein Stück weiter um den Sockel. Sie war neugierig, ob da noch mehr stand. Dabei vergas sie fast alle Umsicht und trat rutschend auf einen ihrer Unterröcke und um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, grabschte sie ungeschickt nach dem Sockel und umfing ihn knapp mit einem Arm. Es gab eine Art mechanisches Klicken und mit einem mahlenden Geräusch drehte sich der eckige Sockel unter ihrer Umklammerung. Sie beschloss, dass es wohl besser war, sich auf den Boden fallen zu lassen, bestes Kleid hin oder her. Hitomi war viel zu erschrocken darüber was gerade geschehen war, dass sie kaum registrierte, wie Brisaeye ihr Tablett fallen lies. Der Grund dafür war wiederum, dass sich an der Wand gegenüber der Eingangstür knirschend aus dem Nichts eine Tür aufgeschoben hatte. Hitomi starrte ungläubig auf das schwarze Nichts dahinter. Sie erkannte jedoch, dass dort eine Art Treppe war, die in die Tief führte. „War zum-“, begann sie und rappelte sich dabei mühselig hoch. Sie konnte Brisaeyes Gesichtsausdruck nicht sehen, doch musste er wohl genauso verständnislos sein wie ihrer. „Was zum Teufel ist das?“, wiederholte Hitomi und meinte damit sowohl den marmornen Sockel, als auch die eben aufgetauchte Geheimtür. „Ich schätze, wir haben etwas entdeckt, was wir nicht hätten entdecken sollen...“, murmelte Brisaeye und ging mit dem Rücken zu ihr auf das kleine, dunkle Kämmerchen zu. Hitomi eilte ihr nach und stellte fest, dass es dort tatsächlich nichts anderes gab als eine steinerne Treppe, welche in unheimliche Schwärze hinab führte. Hitomi überlegte hastig: Was mochte dort unten sein, das Dornfels den Zugang dazu in das weiße Zimmer legen lies? (Wobei für sie kein Zweifel mehr bestand, dass Dornfels dahinter steckte...) „Das muss Dornfels eingebaut haben...“, hauchte sie in die kalte Schwärze und als Brisaeye nicht antwortete, suchte Hitomi Augenkontakt zu ihr. Sie sah nichts weißes mehr in ihren Augen... Was war das? Spielte ihr die Finsternis einen Streich? Doch Brisaeye lächelte nur wissend und sagte: „Damit könntest du recht haben...“ Mit diesen Worten wurde ihr Gesicht todernst und sie schubste Hitomi mit voller Wucht auf die Treppe zu. Hitomi, die gar nicht so schnell realisierte was passierte, stolperte erneut über ihre Unterröcke und fiel plump auf den harten Steinboden. Schmerz durchfuhr ihre Ellbogen und ihre Handflächen und ehe sie sich wieder aufrichten konnte, sah sie gerade noch, wie Brisaeye den Marmorsockel erneut drehte, sich die Tür krachend vor ihr zuschob und sie in völliger Dunkelheit zurückließ. Van befolgte nun ernsthaft Hitomi’s Rat und hielt sich und seinen Ärger zurück. Er hatte gemerkt, dass es nicht viel brachte, sich öffentlich gegen Dornfels’ Pläne und seine Person zu stellen zu stellen... Es ging nun schon seit Stunden um die Verbreitung der Demokratie und Van hörte nur noch mit halbem Ohr hin. All das schien nicht mehr wichtig, denn er hatte sich seine Meinung schon gebildet... Dornfels war gerade dabei den letzten Punkt auf einer langen Pergamentrolle vorzulesen, auf der die Gesetze seines Landes und damit auch seiner Regierungsform aufgelistet waren. Die meisten Anwesenden schienen nun etwas neugieriger geworden zu sein und als Dornfels seinen Vortrag schloss, fingen alle an, darüber zu diskutieren, bis auf Van und Dryden vielleicht. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er damit durchkommt...“, raunte Dryden ihm zu. „Das wäre völlig neu für Gaia und ich verstehe nicht, dass wir etwas >> Neues<< bräuchten. „Meine Rede!“, erwiderte Van und bemühte sich nicht mal, besonders leise zu sein. „Er erkennt nur SEINE Regeln als wahrhaftig an und vergisst dabei die Regeln, die WIR aufgestellt haben!“ Van wusste, dass dies eine überhebliche Aussage war, doch erreichte er damit immerhin, dass Dornfels von seiner Pergamentrolle aufblickte und Van einen intensiven, grünen Blick zuwarf. „Scheinbar möchte König Farnel noch etwas besonders wichtiges zu diesen Gesprächen beisteuern...“, meinte er säuerlich und sein Bart kräuselte sich dabei. Phära, die neben ihm stand, presste ihre Lippen so missbilligend aufeinander, dass sie nur noch ein Strich waren. Van fand die ganze Situation schon fast amüsant und trotz Kobes mahnendem Seitenblick, sagte er galant: „Tatsächlich habe ich meine Meinung bereits kundgetan und nichts was ihr seitdem gesagt habt, konnte noch etwas daran ändern...“ „Nun, vielleicht kann es ja mein nächstes Anliegen...“ Dornfels’ Miene war unergründlich wie eh und je, als er schnurgerade mit seinem „Programm“ fortfuhr. Van lehnte sich gemächlich in seinem Stuhl zurück und ließ Dornfels’ Gerede an sich ab perlen, wie Wasser auf einem Vogelgefieder. Er dachte an Hitomi, die sich in den letzten paar Stunden bestimmt zu Tode gelangweilt hatte... Er konnte es kaum noch erwarten, sie in die Arme zu nehmen und mit ihr alleine zu sein! In seinem Kopf spielten sich bereits Szenen der Heimreise nach Farnelia ab, die mit etwas Glück schon morgen sein würde... „Ich bitte sie alle, meine Vorschläge und Überlegungen zu überdenken und diese Verhandlungen nicht einfach als unwichtige abzutun. Gaias Zukunft liegt mir genauso am Herzen wie ihnen allen, vielleicht sogar noch etwas mehr als sie sich vorstellen können...“, sagte Dornfels majestätisch. „Ich danke allen für ihre Aufmerksamkeit!“ Mit diesen Worten schloss er endlich die Zusammenkunft und nachdem alle höflich applaudiert hatten, verfielen einige in angeregte Konversation. Van war der erste, der den Raum verließ und einen sichtlich zufriedenen Dornfels hinter sich ließ... Schwärzeste Dunkelheit umgab Hitomi. Sie kauerte auf dem kalten Steinboden und der Schock brach in Wellen über sie herein. Warum hatte Brisaeye das getan?! War sie etwa mit Dornfels’ verbündet? Damit würden ihre schlimmsten Albträume wahr werden... Zugegeben, in letzter Zeit war sie etwas misstrauisch gegenüber dem Zimmermädchen geworden, aber immerhin hatte sie sie einmal als Freundin bezeichnet. Was hatte das alles zu bedeuten? Leise keuchend tastete sie völlig blind an der Wand entlang. Ihre Hände grabschten über rauen Stein und bröckeliger Sand drang in ihre offenen Aufschürfungen. Dort wo die Tür zum weißen Zimmer gewesen war, war nun nichts anderes mehr als unnachgiebiger Fels! Das konnte doch alles nicht wahr sein! Wie konnte Brisaeye das tun? Sie presste panisch ein Ohr an den Fels, versuchte irgendetwas durchzuhören, doch es schien alles genauso still zu sein, wie man es innerhalb von felsigen Gemäuern erwartete. „Brisaeye? BRISAEYE!!“, schrie sie aufgebracht gegen die kalte Schwärze. Doch nichts rührte sich, wie nicht anders zu erwarten. „Brisaeye! Was soll das?! Wenn Van das erfährt, dann wird er –“ Hitomi stockte. Van! Er müsste allmählich aus der Besprechung mit Dornfels heraus kommen... Sie musste hier raus! Sie musste zu Van! Aus aufkeimender Verzweiflung heraus, hämmerte sie wie wild gegen den geschlossenen Durchgang und ließ ihre Hände schließlich resigniert sinken, schon gleich die Tür keinen Millimeter nachgab. Sie schmerzten fürchterlich und ihre Schürfwunden an den Unterarmen brannten wie Feuer. Es nützte nichts, hier herum zu stehen und sich zu wünschen, dass alles nur Einbildung war. Irgendetwas ging in dieser Residenz vor sich und Hitomi bekam unweigerlich vermittelt, dass sie bereits mitten drin steckte... Sie versuchte ihre Angst zu ersticken, die vor allem daher rührte, dass sie rein gar nichts erkennen konnte. Die Dunkelheit umfing sie, wie ein riesiger Mantel! Abermals tastete sie nach den Wänden und registrierte die Größe der Kammer. Sie war so klein, dass man den Fels mit beiden Händen gleichzeitig berühren konnte. Der einzige Ausweg schien die Treppe zu sein, die in die Tiefe führte. Was würde sie dort unten erwarten? Sie tastete vorsichtig mit dem Fuß nach der ersten Stufe und tapste auf der Treppe vorwärts. Irgendwie schaffte sie es, heil unten anzukommen ohne erneut über ihren Rocksaum zu stolpern: In diesem Moment wünschte sich nichts mehr als eine einfache Jeans oder zumindest ihre bequeme Reitkleidung! Keiner diese Wünsche wurde ihr erfüllt und als sie die Letzte - die 43te - Stufe genommen hatte, schien die Dunkelheit sogar noch erdrückender zu sein. Hitomi hatte keine Ahnung wo sie war, jedoch spürte sie deutlich die Nähe der Wände und die Erde über ihr, die sie regelrecht niederzudrücken schien. Und wirklich, als sie die Arme ausstreckte, war da sofort Felsen. Sie tastete sich daran vorwärts und merkte schon nach kurzer Zeit, dass sie sich in einer Art Tunnel befand, der in den Berg hinter der Residenz hineingetrieben worden war; gerade breit und hoch genug, dass ein normal-gebauter Mann hindurch passte. Das Gestein unter ihren Händen war kalt und feucht und außerdem gröber und kantiger als noch in der geheimen Kammer. Es war ein seltsames Gefühl und Hitomi fühlte sich tatsächlich wie in einem Film, wo der arme Hauptakteur durch die finstersten Abenteuer geschickt wurde. Sie fröstelte am ganzen Körper, ein Umstand, den sie auf ihr schönes, aber nicht sehr wärmendes Abendkleid schob. Nichts war noch so wie am Tag zuvor in der gemütlichen Kabine auf Dryden’s Flottenschiff. Was machte Van wohl jetzt gerade? Er beherrschte ihre wirren Gedanken, fast noch mehr als Brisaeye es tat... Jedoch wurde Hitomi bald von etwas anderem abgelenkt. Obwohl sie nur langsam im Tunnel vorankam, schien sich die drückende Schwärze nach geschätzten 5 Minuten allmählich aufzuhellen. Hitomi packte ihren Rocksaum und stolperte schneller voran, wobei sie an einigen Stellen mit dem Kopf oder einer Schulter ungeschickt gegen den rauen Fels schrammte. Das ferne Glimmen wurde immer heller und als sie um eine scharfe Rechtskurve bog, kam eine flackernde Fackel in Sicht. Die Flammen wogten auf und nieder wie im Tanz, weil hin und wieder ein paar Tropfen von kondensiertem Wasser darauf hinab tropften. Hitomi hatte Recht behalten mit ihren Vermutungen im Dunkeln: Der grob behauene Fels glänzte nasskalt im Schein des Feuers. Das Problem war allerdings, dass sich direkt an der Fackel eine Abzweigung befand. Beide Tunnel taten sich vor ihr auf, wie die dunklen Schlunde eines Ungetiers und sahen noch dazu völlig identisch aus! Wo sollte sie lang gehen? Links oder rechts? Hitomi dachte nicht lange darüber nach und zog kurzerhand die Fackel aus ihrer Halterung. Just in dem Moment als sie die Holzstange berührte, durchfuhr eine Art Blitz ihren Geist und sie wusste, dass sie den linken Gang nehmen musste. Sie atmete tief durch und betrat den Gang. Jetzt war das Vorankommen wesentlich leichter, weil sie erkennen konnte wo sie hinging. Sie umklammerte die Fackel fast krampfhaft! Wo würde dieser Weg enden? Wo auch immer das war, Hitomi war sich sicher, dass sie etwas auf der Spur war, etwas was mit Dornfels zu tun hatte. Wenn sie nun aber in eine Falle tappte... Ihre Gedanken und Vorstellungen überschlugen sich und ihr wurde schwach bewusst, dass sich der enge Gang geweitet hatte und schließlich vor einer alten, beschlagenen Eichentür endete. Obwohl das vielleicht töricht war, probierte Hitomi die Klinke zu drücken, und tatsächlich: Die Tür ging auf! Vorsichtig und auf das Schlimmste gefasst, betrat Hitomi die Ungewissheit vor ihr und was sich ihr da bot, war wirklich unerwartet: Sie befand sich in einem kreisrunden, kuppelartigen Raum, mitten in den harten Fels geschlagen. Er wurde schwach von ein paar Fackeln erhellt, zumindest dem ersten Anschein nach. Genau in der Mitte, auf einem Podest stand jenes Objekt, welches Hitomi in ihrer Vision gesehen hatte: Das mosaikverzierte Siegel! Jetzt, wo sie es in Lebensgröße sah, war es noch beeindruckender! Vielleicht so groß wie eine Autohaube, glänzten und funkelten die Mosaikteilchen darauf im Licht der seltsamen Beleuchtung. Hitomi trat ganz heran, um es erkennen zu können. Das Siegel – noch zusätzlich abgesichert mit von der Wand gespannten Seilen – war von sechs, ca. 150 Zentimeter hohen Lichtquellen umstellt, die aussahen wie sie altertümliche Beleuchtung von einem Leuchtturm. Die hohen Glassäulen waren mit Öllampen aufgebaut, bündelten das Licht aber genau auf das Siegel herab. Hitomi konnte ihren Blick nicht abwenden, von den bunten Edelsteinen, die von einem Muster aus echtem Gold durchzogen waren. Die Linien schienen geometrisch aufgebaut zu sein und auf einen sechseckigen Punkt in der Mitte des Siegels zuzulaufen, welcher allerdings leer und schwarz war. Dort fehlte eindeutig etwas und es sah beinahe so aus, als würde jemand das Ganze bereits untersuchen. Überall standen Tische herum, worauf seltsame Gerätschaften standen; Mikroskop-ähnlich oder auch einem mittelalterlichen Folterwerkzeug... Da lagen Bücher herum, wahllos herausgezogen aus den wenigen Wandregalen; Skizzen, Baupläne und Pergamentrollen, vollgeschrieben mit gaianischen Hyroglyphen. Hitomi trat an den größten der Tische, der überschwemmt war mit Papieren aller Art. Sie senkte ihre Fackel über die Aufzeichnungen und wühlte mit einer Hand wahllos darin herum, zog alte Schriftstücke und Dokumente hervor, nur um sie kurz zu überfliegen. Was ging hier nur vor sich? Sie hatte dieses seltsame Siegel in ihrer Vision gesehen und jetzt, wo sie unmittelbar daneben stand, brach ein nervöser Schweiß aus ihren Poren. In ihrer Vorahnung war etwas weniger angenehmes passiert und Hitomi hatte daher den Eindruck, so schnell wie möglich diesen Ort verlassen zu müssen. Die Sorgen um Van und seine Reaktion drang ihr wieder in den Sinn und verschwand erst, als sie eine grob skizzierte Landkarte aus dem Papierstapel hervorzog. Allerdings handelte es sich diesmal um keine Darstellung von Gaia... Nein! Auf dieser Karte befanden sich Kontinente, Kontinente und Länder, die sie selbst schon tausend mal auf einer Karte gesehen hatte: Es war eine Karte der Erde! Als hätte Hitomi nicht schon genug entdeckt innerhalb der letzten Stunde, war dies doch der Höhepunkt! Eine Karte vom Mond der Illusionen, hier unter der Zaibacher Residenz! Unglaublich... Sie musterte die Karte immer und immer wieder, um sich die beschrifteten Länder wie „Africano“ oder „Japan“ auch nicht einzubilden. Die Karte war nur grob skizziert, nur die wenigsten Länder waren eingezeichnet. Allerdings war der gesamte Bereich des atlantischen Ozeans rot markierte, ebenso wie einige andere rote Punkte in den unterschiedlichsten Teilen der Erde aufgemalt waren. Sie fragte sich, was diese zu bedeuten hatten und fand unter der riesigen Karte eine Vergrößerung des Atlantiks mit zahlreichen Notizen in einer Sprache, die sich wie spanisch oder italienisch las. Hitomi’s Gedanken überschlugen sich und sowie sie abermals zum Siegel hinüber blickte, bekam sie den nächsten Schock. Zwischen den hellen Glassäulen stand Präsident Dornfels, regungslos und mit feixendem Gesicht. Sie war so im Gedanken versunken gewesen, dass sie ihn nicht kommen gehört hatte! „Wie bedauerlich... Nun seid ihr doch tatsächlich hinter mein kleines Geheimnis gekommen, Fräulein Hitomi. Dabei wollte ich das ganze doch noch etwas hinauszögern..“ Er schüttelte betrübt den Kopf und schnalzte ironisch mit der Zunge. In Hitomi’s Kopf dagegen drehte sich alles, obwohl sie äußerlich möglichst gelassen erscheinen wollte. „Was ist das hier?“, fragte sie dann geradeheraus, in keiner Weise um einen höflichen Tonfall bemüht. Dornfels’ Lippen zogen sich spitz nach oben. „Ich nenne es meine kleine, wissenschaftliche Höhle... Interessant, nicht wahr?“, erwiderte er und schlenderte gemächlich um das beleuchtete Siegel herum auf sie zu. „Was soll das? Was haben sie vor? Und was hat Brisaeye damit zu tun?“, donnerte Hitomi los und ihre Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest drückte sie die Fackel. „Oh meine Liebe! Wo viele Fragen auf einmal!“ Dornfels stand jetzt nahe bei ihr, nur der Schreibtisch war noch zwischen ihnen. Dennoch machte er keine Anstalten näher heran zu kommen, nein, er ging vor dem Schreibtisch langsam auf und ab wie ein Panther hinter Gitterstäben. „Ich habe mir von Anfang an gedacht, dass sie etwas besonderes sind, Hitomi. Nicht nur, weil sie von der Erde kommen, sondern auch, weil sie einen ganz besonderen Spürsinn für außergewöhnliche dinge haben...“ Hitomi wusste nicht so recht, von was der Mann redete und dennoch hörte sie wie erstarrt zu. „Und gerade weil sie solch außergewöhnliche Gaben haben – welche sie laut meiner Quellen eindeutig besitzen – habe ich beschlossen, sie ein Teil meines Projektes werden zu lassen...“, sagte er spitz und seine Augen blitzten gefährlich auf. Hinter Hitomi’s Augen allerdings ratterten Gedanken und Erkenntnisse vorüber. Sie hatte zwar noch keine Ahnung wovon der Präsident überhaupt sprach, immerhin war sie sich aber absolut sicher, dass er der Mann aus ihrer Vision war! „Von welchem Projekt sprecht ihr?“, fragte Hitomi und ihr Blick schweifte über die zahlreichen Skizzen von seltsamen Maschinen und ihr unbekannten Städten, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis. „Leider ist es noch nicht an der Zeit, dass ihr das erfahrt und ich muss gestehen, dass ich es nicht geplant hatte, dass ihr so früh nach hier unten vordringt...“, murmelte Dornfels und schüttelte bedauernd den Kopf. „Es muss unangenehm gewesen sein, in völliger Dunkelheit durch die Gänge zu tappen... Ich hätte euch lieber geziemlich begleitet...“ Hitomi’s Erstarrung löste sich ein wenig, als sie merkte, wie dreist dieser Mann mit ihr sprach. Sie hatte nicht vor ein Teil seines Spielchens zu werden, was auch immer dies beinhaltete. „Was hat dieses Siegel zu bedeuten, oder was auch immer das ist?!“, fragte Hitomi weiter. Sie wusste nicht, wie weit sie gehen sollte, aber es war an der Zeit dies herauszufinden. „Mein aktuelles Projekt!“ Er breitete die Arme aus und freute sich scheinbar wie ein kleines Kind, davon sprechen zu können. „Dies ist ein Relikt aus dem alten Atlantis,“ sagte er effektheischend und fuhr mit einer Hand über die funkelnde, unebene Oberfläche des Siegels. „Laut einer Legende lässt sich damit eine dauerhafte Verbindung zur Erde herstellen...“ Es war der Moment, indem sich Hitomi fragte, warum Dornfels sie überhaupt einweihte, als seine Aussage erst richtig zu ihr durchdrang. Sie starrte auf die Weltkarte auf dem Tisch, die Notizen am Rand und dann wieder auf den Mann, der von den Lichtsäulen auf schaurige Art und Weise beleuchtet wurde. Warum war sie nicht schon früher darauf gekommen? „Soll das heißen, ihr seid von –“ „Von der Erde, ja!“, vervollständigte Dornfels ihren Satz. „Das haben Sie gut erkannt, Hitomi... Die Gaianer haben den Planeten am Himmel für eine Illusion gehalten, aber wir beide wissen, dass diese silberne Kugel sehr real ist...“ Hitomi konnte nicht verhindern, dass ihr der Mund offen stehen blieb! Gleichzeitig aber hätte sie sich am liebsten geohrfeigt, weil sie es nicht schon längst erkannt hatte! Das war der Grund für Dornfels’ besondere Ausstrahlung, für seine Ideen und dafür, allen anderen immer einen Schritt voraus zu sein! „Warum habt ihr das nicht gesagt?!“, platzte sie dann ganz dumm heraus und Dornfels lächelte verständnisvoll darüber. „Meine Liebe, wo wäre denn da der Spaß, die Spannung geblieben. Ich möchte euch keinen Fall die Aufmerksamkeit nehmen, die euch, dem Mädchen vom Mond der Illusionen, zusteht! Nur meine engsten Vertrauten wissen von meiner wahren Herkunft... Warum also sollte ich es in den ganzen Planten hinausposaunen?“, meinte er mit einem spöttischen Unterton. Hitomi hatte ihn noch nie so selbstgefällig reden hören und das schlechte, dumpfe Gefühl in ihrem Bauch nahm an Ausmaß zu. Sie sah nochmals auf die Weltkarte und fragte spontan: „Woher stammt ihr?“ Dornfels kicherte leise und zwirbelte nachdenklich an den Enden seines Bartes. „Ja, warum sollte ich es euch auch nicht sagen?“, sagte er wie zu sich selbst und trat daraufhin wieder an den Tisch. „Mein wahrer Name lautet Phillippe Cherubini, ich stamme aus Italien...“ In Hitomi’s Kopf fügten sich einzelne Bilder zusammen wie ein Puzzle. Natürlich! Dornfels’ markantes, scharfzügiges Gesicht, die Residenz im mediterranen Stil und sein Gerede über Demokratie; Niemand konnte etwas davon wissen, außer er kam von der Erde! „Aber der Name Dornfels –“ „ –Eine kleine Hommage an meinen Vorgänger...“, fuhr er ihr abermals ins Wort. „Ich wollte mich damit ein wenig dem Mann angleichen, der solch grandiose Ideen in diese rückständige Welt brachte! Ich meine, das Schicksal zu beherrschen... Wäre dies nicht fantastisch?!“ Dornfels schwelgte sichtlich in seinen persönlichen Gedanken. „Ganz und gar nicht!“, erwiderte Hitomi kalt, wobei sei einen Anflug von Übelkeit unterdrücken musste. „Niemand kann das, und Dornkirk wäre es so oder so niemals gelungen!“ „Stimmt ja, Sie waren es damals, Sie und Van de Farnel, die den Kaiser aufgehalten haben... Wirklich schade...“ Er fuhr sich erneut über den Bart und musterte Hitomi kurz, ehe er gelassen fortfuhr. „Das ist jetzt alles nicht so wichtig... Ich habe viel über Gaia gelesen, ja, ich habe diesen Planeten regelrecht studiert! Dabei bin ich, wie so viel andere vor mir, auf beeindruckende und einzigartige Dinge gestoßen... Dinge, die ein durchschnittlicher Gaianer gar nicht erfassen kann...“, erzählte er träumerisch. Hitomi hatte das Gefühl, die Geschehnisse sich wiederholen zu sehen: Auch Kaiser Dornkirk war ursprünglich von der Erde gekommen und sein Wissen aus dem 20. Jahrhundert hatte ihn über dem dieser mittelalterlichen Welt stehen lassen. Und er hatte es gnadenlos ausgenutzt... Langsam schien sich zu kristallisieren, worauf Dornfels hinaus wollte, als er fortfuhr. „Dieser Planet birgt Geheimnisse, die eng mit unserer eigenen Geschichte verwoben sind... Legenden, Mythen und Sagen, von welchen man immer wieder hört... Darunter jene von Atlantis.“ Tief in ihrem Inneren hatte Hitomi gewusst, dass es darum ging... Aber was hatte das mit ihr zu tun? „Was ihr hier seht“, sagte er und deutete auf die beleuchtete Hauptattraktion des Raumes, „ist das Siegel von Atlantis! Dieses Symbol war so etwas wie das damalige Wappen des Volkes und hier ist eines der letzten, vollständigen Abbildungen davon...“ Er blickte auf seinen Schatz nieder wie ein Kind auf die Geschenke vorm Weihnachtsbaum. Es schien die Geschehnisse um sich herum gar nicht mehr wahr zu nehmen und erzählte einfach weiter. „Ich habe es in einer längst vergessenen Stadt entdeckt, habe es studiert und bin nun dabei, es für seine ursprüngliche Versehung einzusetzen. Leider ist das atlantische Reich untergegangen, bevor das wahre Siegel zum Einsatz kommen konnte...“, meinte er bedauernd. „Wenn meine Pläne so verlaufen, wie ich es mir vorstelle, wird das Vermächtnis von Atlantis vielleicht doch noch zum Einsatz kommen...“ Dornfels’ Gesichtszüge schienen allesamt regelrecht zu grübeln und er löste sich langsam aus seiner Trance. Gut, Hitomi wusste nicht im Geringsten, wovon er sprach.... Aber wollte sie es überhaupt erfahren? Das Feuer der Fackel knackte neben ihren Ohren und sie wäre am liebsten zurück durch die Tunnel gelaufen... Jedoch wartete sie darauf, dass Dornfels noch irgendetwas konkretes durchsickern ließ. Van wird das bestimmt interessieren... „Was habt Ihr vor?“, fragte Hitomi noch einmal und fixierte Dornfels mit unnachgiebigem Blick. „Wie gesagt, das kann ich Ihnen noch nicht sagen...“, meinte der Präsident verschwörerisch. „Ein Teil meines Planes ist es, die Demokratie in diese Länder einzuführen, wie ich es ja bereits angedeutet habe...“ Er sagte das ganz sachlich und so von sich überzeugt, dass Hitomi vor Abscheu die Mundwinkel verzog. „Das werdet Ihr nicht schaffen! Dieser Planet ist mit seinen Regeln ein paar hundert Jahre hinter dem System auf der Erde zurück, das lässt sich nicht von Heute auf Morgen umkrempeln...“, wies Hitomi ihn zurecht. Sie erntete nur ein mildes Lächeln des Italieners, was sie noch mehr ärgerte. „Dann muss es sich eben umkrempeln lassen. Wie sagt man so schön? Alle Wege führen nach Rom... Oder auch ans Ziel!“ Hitomi schluckte. Das, was sie schon ahnte, seit sie von dem versuchten Diebstahl der Escaflowne erfahren hatte, schien jetzt einzutreten. „Ihr wollte einen Krieg anfangen?“ Die Frage war durchaus berechtigt und wenn sie einen Blick auf das Siegel warf, schwante ihr grauenhaftes. „Von wollen ist nicht die Rede, manche Dinge aber sind einfach unvermeidlich...“, sagte Dornfels kalt. „Dieser Planet wurde schon viel zu lange von Königen und ihren frivolen Handlungen verunstaltet. Sie herrschen noch genauso wie vor 500 Jahren ohne jeglicher Entwicklungen. Es muss etwas neues an die Spitze der Länder, etwas frisches und klares, etwas das Zukunft hat! Und hier komme ich und die Demokratie ins Spiel...“ Dornfels war offensichtlich vollkommen von sich und seinem Plan überzeugt und egal irgendwer sagen würde, er würde es ignorieren. „Es tut mir leid euch das sagen zu müssen Präsident, aber das wird niemals funktionieren...“, erwiderte Hitomi ernst. Dabei bewegte sie sich Stück für Stück in Richtung der Tür. Sie war schon viel zu lange hier! Dornfels war immer noch wie ein Raubtier auf der Lauer und strahlte auch eben jene Aura aus. Seine Augen wanderten scharfsinnig durch den Raum und blieben bei Hitomi’s hängen. „Auch Sie werde ich noch überzeugen, genau wie alle anderen, all die engstirnigen und zurückgebliebenen Könige und Generäle... Ich werde diesen Planeten in die Zukunft führen!“ „Allerdings wird niemand mitziehen!“, fuhr Hitomi ihn an. „Oh doch, sie werden!“, sagte Dornfels und lächelte schief. „Sie werden sehen, sobald ich mit der Umstrukturierung beginne und das Siegel hier ins Spiel kommt“, sagte er und deutete auf das funkelnde Fundstück hinter sich, „wird Gaia nicht mehr dasselbe sein...“ Davon war Hitomi schon überzeugt... Sie war an die Tür gelangt und obwohl Dornfels sie immer noch wie ein Lux beäugte, machte er keine Anstalten sie am Gehen zu hindern. „Ich werde Van von eurem Plan erzählen! Er hat schon früh gemerkt, dass ihr ein falsches Spiel spielt. Er wird die anderen Könige überzeugen, sich nicht auf eure Intrigen einzulassen...“, fauchte Hitomi ihn an und zwar mit mehr Mut, als sich in ihrem Bauch befand. Sie sprang mit einem Satz zur Tür und riss sie auf. „Laufen Sie nur, laufen Sie nur! Wir werden uns sowieso schnell wiedersehen...“, sagte Dornfels geheimnistuerisch. Für Hitomi war das Stichwort: Sie hastete in die Dunkelheit hinein, schwang die Fackel links und rechts herum, um nicht gegen scharfe Felskanten zu laufen. Schon bald kam sie an die Abzweigung und nahm aus einer Eingebung heraus die scharfe Kurve nach links. Dieser Gang war genauso finster und stieg leicht an. Dummerweise gingen hier ständig kleine Gänge nach allen Seiten ab, doch Hitomi hielt sich an den breiteren, ausgetreteneren Hauptgang . Schon nach wenigen, schnellen Minuten endete der Gang mit einer unscheinbaren, kurzen Treppe, welche Hitomi eilig erklomm und die danach folgende Tür mit einem Ruck aufstieß. Wo auch immer sie jetzt war, sie war vorerst aus dem Tunnel-Labyrinth des Präsidenten entkommen... ------------------------------------------------------ Nachwort: Heute kurz und bündig hoffe ich! ^_____^ Manche von euch sind jetzt vielleicht extrem verwirrt oder haben einige Fragen mehr im Kopf. Keine sorge, ich verspreche, (fast) alle Fragen werden noch im laufe der Geschichte geklärt, wenn auch nicht in diesem Kapitel. ok. wir wissen jetzt zumindest über Dornfels' "wahre" identität bescheid, aber das nützt noch nicht recht viel. Sein sogannter toller Plan ist auch noch ein bissl undurchsichtig, für euch, wahrscheinlich, aber ich will schon bald klarheit verschaffen. ich wollte das so verworren haben, damit Hitomi auch nicht recht ne ahnung hat, weil sie das ja erst noch rausfinden muss, was Dornfels vorhat, ne? tja, warum ich dornfels zum Italiener gemacht habe... Ich hatte ihn einfach irgendwie so vor augen, seine Gesichtzüge usw. waren für mich einfach italienisch... Das hat keine besondere bedeutung oder so, er hätte jetzt auch ein.... Guanese sein können! aber das hat ja nicht so viel aussagekraft, wie Italien, finde ich... (wenn man mal ein bissl in die vergangenheit und geschichte dieses landes blickt...) *argh* ich rede schon wieder zuviel! ^_________^ naja. und wegen dem siegel. was es damit letzten endes auf sich hat, wird sich noch zeigen. ich sage nur so viel... im nächsten kapitel wird es einige rapide wendungen geben... *höhö* Ich bin schon so gut wie fertig damit, also wirds vielleicht nicht so lange dauern... (außer meine beta leserin lässt sich wieder n bissl mehr zeit...) kapitel 24 ist mir einfach nicht wirklich gut von der hand gegangen, als seit nachsichtig mit mir. also, bitte schreibt ein paar ehrliche kommis!!! ^_________^ cu, Chiyo-san Musik bei diesem Kapitel: .... nee, das sag ich lieber nicht, sonst haut mich noch jemand... Kapitel 25: Das Volk des flüsternden Windes ------------------------------------------- Gomeeeeeeeennnnn, dass es so lang gedauert hat! XD Ich hatte euch ja versprochen, schnell zu machen, aber kurz vor ende des kapitels hatte ich eine riese blockade und erst durch dadurch, dass ich einen sehr netten menschen kennen gelernt hab, hatte ich wieder lust und muse dazu... (komisch, wie das manchmal geht ne?) kurz zum letzten kapitel: scheinbar wart ihr nicht ZU sehr verwirrt, was einerseits gut ist, auf der anderen seite hätte ich da echt erwartet... *höhö* ja, entschuldigt die viele politik, ich mag das ja auch nich so, aber es ging nunmal nich anders... danke für die neuzugang Kommis von lovely_mama1986 und _morrigan_, und natürlich auch an alle anderen! ^_____^ freut mich wenn ihr euch freut! ach ja, @ _nabuku_: *räusper* was die Musik zum letzten kap betrifft, du wirst mich doch hauen, du hattest nämlich leider recht mir deinem tipp... *gg* so, sonst waren keine fragen oder ungereimtheiten mehr zum letzten kapitel, oder? dass sich keiner von euch über Brisaeyes Verhalten gewundert hat, wundert mich ja auch... *gg* aber egal, in diesem kapitel werdet ihr endlich erfahren warum... hoffe, ich kommt dabei mit! bis zum nachwort! ----------------------------------------------- Kapitel 25: Das Volk des flüsternden Windes Wo war sie nur? Van stand etwas ratlos im taghellen Zimmer, welches er mit Hitomi zusammen teilte. Das Bett war von irgendjemandem gemacht worden und auch sonst sah alles genauso ordentlich aus, wie zu dem Zeitpunkt, als sie es betreten hatten. Nur fehlte Hitomi, die er eindeutig hier erwartet hatte... Er war schon vor einen halben Stunde hier gewesen, ohne Hitomi vorzufinden. Kurzerhand war er dann durch die gesamte Residenz marschiert, um Hitomi an allen möglichen Orten zu suchen, jedoch ohne Erfolg... Und jetzt war er wieder in diesem extravagant eingerichteten Raum und die Möbel schienen ihn auf eine seltsame Art und Weise mitleidig anzusehen. Er ging aus reiner Ratlosigkeit einmal zum Fenster, sah dahinter aber nur einen kleinen Abschnitt Garten und dann eine braun-graue Bergwand, die ihm auch nichts über Hitomis Aufenthaltsort sagen konnte. Wo konnte sie denn noch sein? Und warum sagte sie ihm nicht wenigstens Bescheid oder hinterließ eine Nachricht? Er verzog fast beleidigt sein Gesicht und wollte gerade wieder aus dem Zimmer gehen, als Brisaeye zur Tür herein kam. Sie erstarrte in ihrer Bewegung und fasste sich vor Überraschung ans Herz. „Oh, euer Majestät! Ich hatte nicht damit gerechnet, euch hier vorzufinden...“, haspelte sie etwas verlegen und macht einige übereifrige Knickse. „Ich wollte nur neue Laken überziehen...“, sagte sie und hielt ihm den Wäschestapel auf ihrem Arm wie zum Beweis vor die Nase. Van musterte sie kurz und ihm fiel wieder ein, dass Hitomi ja einen sehr guten Draht zu dem Zimmermädchen hatte. „Hast du eine Ahnung, wo Hitomi steckt?“, fragte er geradeheraus und wirkte dabei fast ein wenig verloren, so als würde Brisaeye ihm gleich sagen, dass Hitomi vom Erdboden verschluckt wurde... Das Mädchen fasste sich wieder und auf ihrer Stirn zeichneten sich ein paar nachdenkliche Falten ab. „Ich habe sie noch vor kurzem gesehen und mit ihr geredet... Ich glaube sie sagte, sie wolle sich die Stadt und den Marktplatz ansehen...“, erwiderte Brisaeye. Van riss erschrocken die Augen auf. „Alleine?!“ Er wusste ja, dass Hitomi eine erwachsene Frau war und sehr gut auch alleine zurecht kam, allerdings befanden sie sich hier in Zaibach. Es gab immer noch vereinzelt Menschen, die an der Zeit vor dem Krieg hingen, die regelrechte Dornkirk-Fanatiker waren und wenn sie so jemandem begegnen würde, als Mädchen vom Mond der Illusionen... Ganz zu schweigen davon, dass ihm dieses Land von Grund auf nicht geheuer war! „Ähm... ja... Ich denke schon...“, entgegnete Brisaeye ein wenig verständnislos. „Wann war das?“ „Vor knappen 45 Minuten vielleicht...“, erklärte ihm Brisaeye, woraufhin Van mit großen Schritten zum Schrank ging und energisch seinen Reiseumhang hervorzog. „Dann werde ich sie schon noch finden...“ Sein Blick war finster und konzentriert und er machte sich rasch daran hinauszugehen. An der Tür allerdings besann er sich auf die Anwesenheit von Brisaeye. „Danke...“, sagte er und lächelte flüchtig. Dann verschwand er schleunigst und ließ Brisaeye im Zimmer zurück. Sie lächelte ebenfalls. Aber nicht freundlich oder verständnisvoll, sondern voller verachtender Genugtuung. „Wenn du deine Angebetete das nächste mal siehst, kleiner König, wirst du sterben...“, sagte sie und machte sich daran, das Bett neu zu überziehen. Hitomi indes versuchte sich zu orientieren. Sie stand wieder in völliger Dunkelheit, wobei die Wand vor ihr diesmal nicht wie Fels oder dergleichen aussah. Ja, als sie näher heran trat, schimmerte die Dunkelheit sogar ein wenig und als sie sie berührte, fühlte sie Stoff. Das war eine riesige Fläche Samt, dunkelblauer, edelster Samt! Und augenblicklich wusste sie wo sie war... Sie sah den Raum genau vor sich, den kreisrunden Tisch und die riesige Wandmalerei der gaianischen Karte. Und natürlich auch den riesigen, königsblauen Samtbehang hinter dem Rednerpult... Hitomis Herz schlug wieder höher, diesmal nicht vor Angst oder Aufregung, sondern vor Erleichterung! Sie wusste wo sie war, sie würde Van suchen und nie wieder einen Fuß in diese Residenz setzen! Sie tastete den Stoff ab, suchte nach einem Durchkommen... und ja, ähnlich wie bei einem klassischen Theater-Vorhang befand sich die Öffnung in der Mitte... Hitomi wollte schon hindurchschreiten, als ihr die Fackel in der Hand wieder bewusst wurde. Sie hob den schweren Vorhang weiter aus und trat hindurch. Es war, als würde man wieder aus dem Wasser auftauchen, wo man vorher die Luft angehalten hatte... Die Welt drang wieder zu ihr durch, wo sie doch im Inneren des Berges komplett abgeschnitten gewesen war. Sie sah Tageslicht durch die Fenster scheinen, roch nichts kaltes und feuchtes mehr, sondern kühle Zimmerluft, vermischt mit dem Geruch von Holz. Und sie hörte Stimmen, aggressive und aufgeregte Stimmen, die just in dem Moment verstummten, als Hitomi mit knisternder Fackel auf die Bühne stolperte. „Hitomi?! Wo kommst du denn her?“ Zwei entgeisterte Augenpaare starrten sie an und eines, das eher verwundert und überrascht war. Unter ihr, in der Mitte des Raumes, standen Dryden, und zu Hitomi’s großer Verwunderung auch Merle und Nouga. Der ihr bekannte runde Tisch war verschwunden, stattdessen standen nur noch vereinzelt Stühle herum. „Was macht IHR denn hier?!“ Hitomi war mindestens genauso erstaunt über die Anwesenheit der beiden Katzenmenschen, wie sie es über die ihre waren. Sie kam eilig vom Bühnenaufgang herunter und stieß zu dem kleinen Grüppchen hinzu. „Ich schätze, aus mehrerlei Gründen...“, sagte Dryden finster und Hitomi spürte ganz instinktiv, dass hier etwas nicht stimmte. Nicht allein das Auftauchen von Nouga und Merle... Es muss schon sehr wichtig sein, dass sie den Weiten Weg aus Farnelia hierher unternahmen... Vermutlich dauerte es auf ihre Art länger als mit Drydens Handelsflotte. Nein, irgendwas war im Gange, etwas wovon Hitomi noch nicht einmal ahnte und wenn sie in Nougas kristallene Augen sah, war ihr, als würde sie wieder zurück fallen in tiefes, erbarmungsloses Wasser... „Das ist aber erst mal nicht so wichtig...“, meinte Dryden und lenkte damit die Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Wo bist DU her gekommen? Van sucht dich nämlich schon überall! Und überhaupt... Wie siehst du denn aus?“ Hitomi überging diese Bemerkung, so fixiert war sie in diesem Moment auf Van. „Van... Wo ist er jetzt?“, fragte Hitomi hektisch und sah sich rasch um, als könne Van jeden Moment aus dem Boden sprießen. „Er ist vor ein paar Minuten in die Stadt, um dich dort zu suchen...“ Hitomi seufzte und strich sich eine staubige Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie kam sich mit einem mal unendlich schmutzig vor und wollte gar keinen Blick mehr an sich hinab werfen. „Da sucht er am falschen Ort...“, meinte Hitomi resignierend. Sie sehnte sich in Vans Arme, sie sehnte sich danach ihm alles zu erzählen, was sie gerade erfahren hatte und wenn es nach ihrer Nase ging, würde sie sofort in die Stadt hinein laufen. Allerdings ließ es ihr keine Ruhe, dass die beiden Oberhäupter des Katzendorfes hier waren... Sie musste erst den Grund dafür erfahren. „Aber ich kann ihm auch später noch alles erzählen... Viel mehr interessiert mich, was IHR hier macht. Seid ihr etwa auch eingeladen gewesen?“, fragte Hitomi und zwang sich dazu neutral zu wirken. Sie richtete das Wort auch ganz automatisch an Nouga, denn von Merle erwartete sie wie üblich nichts anderes als Abweisung und kalte Blicke. Als sie jetzt allerdings zu der Katzenfrau hinüber sah, eröffnete sich ihr ein ganz anderer Anblick: Merle war nicht wie üblich von ihrer kühlen und unnahbaren Aura umgeben... Nein, im Gegenteil. Sie wirkte verloren, nervös und unruhig. Ihre Blicke schweiften immer wieder verzweifelt durch den Raum, sahen fast hilflos zu Hitomi und ihr buschiger Schwanz bewegte sich rastlos wie eine unentschlossene Kompassnadel. So hatte Hitomi sie selten erlebt und dieses Beobachtung bestätigte ihr, dass hier irgendwas ganz und gar nicht richtig lief. „Nein, wir waren nicht eingeladen... Wir sind aus freien Stücken hierher gekommen, wobei ich mir fast sicher bin, dass Dornfels diesen Zeitpunkt absichtlich gewählt hat...“, sagte Nouga fest und verachtend. Auch ihn hatte sie nur selten so gesehen, denn auch er war so Un-Nougaig wie es nur ging: Er wirkte vollkommen beherrschend und so unübersehbar HIER, als wolle er mit Gewalt den gesamten Raum einnehmen. Seine sonst so unauffällige Maske und der gleichgültige Tonfall war weg. Er war verärgert und verzweifelt und hatte seine Hände zu Fäusten geballt. „Was meinst du damit?“ Für Hitomi sprach Nouga ein wenig in Rätseln und sie musste ehrlich zugeben, dass so heute schon eine großzügige Portion von solchen Spielchen bekommen hatte und allmählich genug davon hatte. Um was ging es hier eigentlich?! „Dornfels hat Nora entführt...“, sagte Nouga dann. Der Satz blieb auf unheimliche Weise über ihnen hängen und als Hitomi zu Dryden sah, wusste sie, dass das genau dies das Thema gewesen war, über welches die aufgeregten Stimmen vorhin diskutiert hatten. Drydens braune Augen schimmerten ernst durch seine runden Brillengläser hindurch, vielsagend und weise. „WAS?!“ Hitomi hatte das eigentlich nicht fragen wollen, dennoch tat sie es. Sie war einfach viel zu überrascht. „Dornfels hat eure Nora entführt? Eure Nora? Warum? Und… WIE?!“, sprudelte es aus ihr hervor und sie warf ungläubige Blicke zwischen Nouga und Merle hin und her. „Du hast ganz richtig gehört... Dieser miese Feigling hat unsere Tochter entführt! Als hätte er nicht schon genug kaputt gemacht...“, sprach Nouga weiter und sein Körper gab seinen Zorn in regelrechten Wellen ab. Das weiße Fell auf seinen Armen stellte sich steif auf, nur um dann wieder von unruhigen Schauern durchfahren zu werden. „Aber welchen Grund hat er, Nora zu entführen?“ Hitomi war völlig perplex. Obwohl sie gerade erst selbst miterlebt hatte, was Dornfels für extreme Dinge tun konnte, so glaubte sie nicht daran, dass er einfach kleine Katzenmädchen entführte... „Das ist eine viel zu lange Geschichte um sie dir jetzt zu erzählen...“, fuhr Nouga sie an und ging einige Meter von ihnen weg, kam wieder zurück und trat nervös auf der Stelle. „Jetzt beruhige dich erst mal Nouga! Ich hab es dir schon gesagt, du solltest keine voreiligen Schlüsse ziehen! Dieser Mann hat Macht! Er ist der Präsident dieses Landes und wenn du ihm vorwirfst, deine Tochter entführt zu haben, wird das in jedem Falle Folgen haben!“, schaltete sich Dryden wieder ein. Auch er war scheinbar nicht ganz so überzeugt von Nougas Verdächtigungen. „Ich werde mich NICHT beruhigen! Ich weiß, dass er es war!“, schrie Nouga so aufgebracht zurück, dass die Fackel flackerte. „Und was macht dich da so sicher?“ Drydens Tonfalls war sachlich, beruhigend. Er wollte nicht, dass die Situation so ausartete. „Weil Nora die einzige ist, die –“, setzte Nouga laut an. Merle unterbrach ihn jedoch, bevor er den Satz beenden konnte: „Nouga! Das ist unsere Sache!“ Für einen kurzen Moment war Merles Aura wieder wie Feuer und ihre dunkelblauen Augen sahen ihren Lebenspartner scharf an. Dann aber sank sie wieder ins sich zusammen und bedachte Nouga mit vielsagenden, ängstlichen Blicken. Hitomi konnte wahrscheinlich nicht sehr gut nachvollziehen, wie es einer Mutter ging, in einer solchen Situation. Merle so zu sehen, tat ihr aber allein schon weh genug. Sie blickte in die Runde, die sich jetzt vollkommen anschwieg. Nur Nouga war nach wie vor unruhig und ging auf und ab... „Er hat es getan Dryden, da bin ich mir sicher!“ Er warf ihm einen scharfen, kristallblauen Blick zu der keine Wiederrede duldete. „Wenn ich nur wüsste, wo dieser... Verbrecher steckt!“, rief Nouga aus und ließ ein katzenhaftes Fauchen hören. „Ich weiß es. Ich komme gerade von ihm...“, sagte Hitomi monoton. Jetzt kamen sie zu dem Teil des Gesprächs, den sie am liebsten vermieden hätte. Sie hätte gerne erst Van davon berichtet, aber die Situation lies das nicht zu. Hier ging alles sehr schnell und das Geschehen würde nicht mehr aufzuhalten sein. „Wie meinst du das?“, fragte Dryden und deutete misstrauisch auf den blauen Samtvorhang, hinter dem sie hervor gestolpert war. Hitomi`s Blick fiel auf einen der Stühle und sie zog ihn heran um sich zu setzen. Sämtliche Gliedmaßen taten ihr weh, viel zu weh... Sie hatte ihre Leichtathletik wohl doch zu sehr vernachlässigt. Erschöpft schnaufend ließ sie sich darauf nieder und begann zu erzählen: „Ich habe heute durch ein paar seltsame Zusammenhänge (Sie erwähnte Brisaeye zuerst lieber einmal nicht)eine geheime Tür im weißen Zimmer entdeckt. Dornfels hat den Text auf dem Marmorsockel verschlüsselt und wenn man daran dreht, öffnet sich eine Wand in den Felsen hinein. Dort geht eine Treppe hinab und dahinter befindet sich ein riesiges Tunnellabyrinth, das sich vermutlich durch den ganzen Berg zieht...“ „Davon habe ich sogar schon einmal gehört...“, unterbrach Dryden sie und rieb sich nachdenklich das Kinn. Seine Stirn lag in tiefen, furchigen Falten und man sah regelrecht, wie er im Gedanken ein Buch durchblätterte, irgendeines von seinen Tausenden. „Solche Tunnelsysteme sollen schon damals im atlantischen Reich existiert haben... Das es sie aber heute noch gibt?“ „Es gibt sie“, fuhr Hitomi fort. „Glaub mir. Ich habe dort einen Raum gefunden, eine Art wissenschaftliches Versuchslabor. Dornfels hat dort mit einem Artefakt aus dem alten Atlantis herum experimentiert, welches ich zuvor schon einmal in einer Vision gesehen hatte...“ Dryden wirkte erstaunt. „Du hattest wieder Visionen?“ „Nur eine bisher, aber ja...“, erwiderte Hitomi langsam. „Ich habe mich dort ein wenig umgesehen, als Dornfels aufgetaucht ist und habe dabei einiges erfahren, was mir sehr seltsam vorkommt...“ „Was?“ Das kam von Nouga. „Hat er etwas von Nora gesagt?!“, fragte Merle sie hoffnungsvoll, verstummte aber auf Hitomis mitleidiges Kopfschütteln sofort. Hitomi konzentrierte sich auf Nougas Frage, konzentrierte sich darauf den Wirrwarr an Informationen in ihrem Kopf sinnvoll wiederzugeben. „Er... er plant etwas großes, etwas was mit dem Mond der Illusionen zu tun hat. Dafür braucht er dieses Relikt und .....die Demokratie...“, sagte Hitomi. „Wieso das?“, fragte Dryden wiederum. „Ich weiß nicht genau warum, das ist mir selbst noch nicht so ganz klar...“, meinte Hitomi unsicher. „Aber ich weiß, dass diese Idee zumindest nicht aus der Luft gegriffen ist. Ich hätte es schon früher erkennen müssen...“ Hitomi schüttelte den Kopf und schämte sich fast ein wenig, dies zugeben zu müssen. „Was meinst du damit?“, fragte Merle sie. Hitomi sah sie entschuldigend an. „Er kommt von Mond der Illusionen. Dort gibt es diese Form der Regierung schon sehr lange und er will sie hier auf Gaia durchsetzen...“ Dryden öffnete schon den Mund, um sie zu unterbrechen, aber Hitomi erzählte weiter: „Allerdings glaube ich, dass das nur ein Vorwand ist, eine Art Täuschungsmanöver. Dieser Artefakt ist vorrangig. Ich habe nicht genau verstanden, was er bewirkt, allerdings wird Dornfels nicht zulassen, dass irgend jemand seine Pläne zunichte macht.“ Sie machte eine vielsagende Pause und starrte dann wie ins Nichts. Bilder von brennenden Häusern, schreienden Menschen und bis zum bitteren Ende kämpfende Männern schossen ihr durch den Kopf. „Wenn es nicht so laufen wird, wie er es haben will, wird Zaibach erneut einen Krieg anfangen, da bin ich mir sicher...“ Dieser Satz hing ebenfalls sehr lange in der Luft. Merles Augen waren weit aufgerissen und auch Nouga schien bei dieser Neuigkeit seinen Zorn fast ein wenig zu vergessen. Nur Dryden blieb gefasst. Er zog sich ebenfalls einen Stuhl heran, um Hitomi auf gleicher Höhe in die Augen sehen zu können. „Was ist das für ein Artefakt, von dem du sprachst, Hitomi?“, fragte er eindringlich. Hitomi war zuerst ein wenig verstört, aber Dryden gab ihr plötzlich das Gefühl, etwas wichtiges vergessen zu haben. Ein wichtiges Puzzleteil im bunten Haufen der vielen Fakten und Erkenntnisse. Dornfels hatte ihr vielleicht in einem Satz erklärt, wozu das Siegel gut war, allerdings konnte sie sich im Moment nicht vorstellen, was „eine dauerhafte Verbindung zur Erde“ bedeuten konnte. Dryden schien aber etwas zu ahnen. „Er nannte es, das Siegel von Atlantis...“, sagte sie. Dryden riss seine Augen auf und bekam sofort wieder diese trügerisch-nachdenklichen Falten auf der Stirn. „Das sagt mir etwas... Ich bin mir sicher, ich habe schon davon gelesen...“, meinte er aufgeregt und schien im Gedanken schon wieder durch eines seiner Bücher zu blättern. „Und? Was weißt du darüber?“, hackte Hitomi neugierig nach. „Im Moment gar nichts...“, sagte er und ließ resigniert die Schultern hängen. „Ich müsste auf mein Schiff. Ich bin mir sicher, dass ich ein Buch in den alten Archiven habe, wo etwas von dieser Legende steht...“ „Worauf warten wir dann noch? Gehen wir zu den Schiffen und sehen nach!“, forderte Hitomi ihn auf, als sie den ersten wütenden Blick von Merle an diesem Tag auffing. „Und was ist mit Nora? Mir ist im Moment so ziemlich egal ob Dornfels einen Krieg anfangen will oder nicht... Ich will wissen wo meine Tochter ist!“, fauchte sie Hitomi an, als hätte sie selbst das Katzenmädchen entführt. „Beruhige dich, Merle!“, schalt Nouga seine Partnerin. Merle fixierte Hitomi jetzt mit ihren dunklen Schlitzaugen, als wolle sie sie hypnotisieren. „Zeig mir den Eingang zu diesen Tunneln, Hitomi! Auch wenn es hier sonst Keinen interessiert, ich will wissen wo meine Tochter ist und sie da so schnell wie möglich rausholen!“ Hitomi hätte Merle am liebsten gesagt, dass sie nie wieder in diese Dunkelheit zurück wolle, als Dryden sie grob am Ärmel ihres Kleides packte und mit sich hoch zog. Sie schwankte ein wenig und wollte sich schon bei Dryden beschweren, als ihr Blick auf die Bühne fiel. Dort stand jemand, halb von den Vorhängen verdeckt und war offensichtlich der Grund, für Drydens plötzliches Aufstehen. Auch Merle und Nouga starrten die Gestalt an, als diese jetzt sprach: „Das kann ich leider nicht zulassen, Merle...“ Die Stimme war nicht sehr tief, aber auf eine unheimliche Art und Weise sehr bedrohlich und schneidend. Dann trat die Gestalt aus dem Schatten des blauen Samtes hervor, um sich zu offenbaren. Es war ein Katzenmensch! Gut, Hitomi hatte schon öfter Wesen dieser Rasse gesehen, doch war die Begegnung mit diesem fast wie ein Dèjà-vu für sie. Vor ihnen stand praktisch ein zweiter Nouga! Er hatte die selbe Körperform, das selbe Gesicht, die gleichen kristallenen Augen und sah überhaupt genau wie der Albino aus, bis auf einen erheblichen Unterschied: Das Fell des Unbekannten war pechschwarz, wie die Nacht... „Wo ist sie?“ Merles Stimme wallte im Raum auf und ihre Nervosität von Vorhin war nicht mal mehr im Ansatz vorhanden. So etwas nannte man wohl Mutter-Instinkt, denn Merle’s Blicke gegenüber dem Katzenmann waren so voller Hass, wie er nicht mal gegenüber Hitomi gewesen waren. „Das kann ich dir leider nicht sagen... Allerdings geht es ihr gut, falls dich das beruhigt. Wir brauchen das kleine Ding schließlich noch...“, erwiderte der Katzenmensch fast liebenswürdig. Hitomi blickte nun überhaupt nicht mehr durch... Sie hatte den Katzenmann noch nie gesehen, und diese verblüffende Ähnlichkeit mit Nouga konnte ja nicht mal ein Blinder übersehen. Wer war er? Und was hatte er mit Nouga und Merle zu tun? Zumindest eine der Fragen wurde ihr gleich beantwortet: „Ich hätte mir gleich denken können, dass du damit zu tun hast, Bruder...“, sagte Nouga kalt. Er war sichtlich genauso geladen wie Merle und wäre vermutlich am liebsten mit ausgefahrenen Krallen auf die Bühne gesprungen. Bruder... Das erklärte die Ähnlichkeit der beiden... In Hitomis Kopf versuchten sich unergründliche Zusammenhänge von selbst zusammenzufügen, allerdings kam sie auf keinen grünen Zweig. Sie kam sich vor, als wäre sie nur Zuschauer in einem schlimmen Albtraum, der gerade erst begonnen hatte... Vor ihren Augen spielte sich etwas ab, wovon sie nichts wusste und trotzdem gehörte sie so unvermeidlich dazu, dass sich in ihr alles aufwölbte vor unsichtbarer Angst. Eine Angst, die sich mit voller Wucht in sie hinein bohrte und sie gar nichts dagegen tun konnte. Nougas Bruder trat jetzt vollständig aus dem Halbdunkel hervor und Hitomi entdeckte etwas, was sie vorher nur für einen Streich von Licht und Schatten gehalten hatte... Der Katzenmensch hatte nur ein Auge! Dort, wo sich auf seiner linken Gesichtshälfte eines dieser tiefen, klar-blauen Augen hätte befinden sollen, zog sich eine lange, halb vom Fell verwachsene Narbe, die das gesamte, feine Gesicht entstellte. „Tatsächlich? War das so offensichtlich?“ Damit griff er Nougas letzte Aussage auf und sah seinen Bruder durchdringend an. „In Wirklichkeit hast du immer gewusst, dass es einmal soweit kommen würde, nicht wahr Nouga? Dein Pech, dass du deine geliebte Tochter nicht besser beschützt hast...“, sagte er und seine spitzen Eckzähne blitzten bedrohlich hervor. „DU...“ Nouga stieß seinem Bruder drohend eine Faust entgegen, aber Merle hielt ihn warnend am Arm fest. „Wenn du uns Nora jetzt zurückgibt, können wir das einfach vergessen... Wir kennen bedeutende Menschen, die dir Immunität gewähren können...“ Merle versuchte es jetzt auf die vernünftige Tour, aber Hitomi sah sofort in dem einen, übrigen Auge ihres Gegenübers, dass das nichts bringen würde. „Wie rührend... Noch mehr solcher selbstloser Vorschläge und Noras Augen werden nicht die einzigen sein, die ich mir hole...“, erwiderte er erneut mit übermäßiger Freundlichkeit. Merle verstummte sofort und Hitomi verstand nun noch weniger, als zuvor. Sie warf einen prüfenden Blick zu Dryden, der wie gebannt auf Nougas Bruder starrte und seine Lippen angestrengt aufeinander presste. Auch Nouga musste sich sichtlich zusammenreißen, um sich nicht wild auf sein Ebenbild zu stürzen. „Was willst du dann hier?“, presste er zwischen den Zähnen hervor, „Willst du uns unsere Tochter ein letztes mal sehen lassen?“ „Oh Nein... Euch hier anzutreffen war eigentlich nicht geplant... Ich bin auf der Suche nach IHR...“, sagte Nougas Bruder und deutete mit ausgefahrenen Krallen direkt auf Hitomi. Diese dachte gerade noch darüber nach, was der schwarze Katzenmensch mit Noras Augen vorhatte, als alles sehr schnell ging. Erst meinte sie zu träumen, doch plötzlich tauchten um ihr kleines Grüppchen herum Gestalten wie aus dem Nichts auf, als wären sie wie in einem schlechten Science-Fiction Film dort hin gebeamt worden. Sie zählte 8 oder 9 von ihnen; alle hatten sie schwarze Haut und trugen bunte, gestrickte oder aufwendig genähte Kleidung, welche viel Haut zeigte. Noch dazu waren sie mit auffällig vielem Schmuck behängt und trugen teilweise seltsame Körperbemalungen. Hitomi konnte sie nicht mal alle kurz mustern, denn sie wusste, dass sie im Mittelpunkt des Geschehens war. Es mussten Gefolgleute von Dornfels sein, die sie wieder zum Präsidenten zurück bringen sollten. "Was hat das zu bedeuten, Bruder?", fragte Nouga jetzt erneut drohend und blickte nervös von den schwarzen Gestalten zu seinem ebenso schwarzen Bruder. Dieser aber ignorierte die Frage völlig und fuhr stattdessen den nächstbesten Schwarzen auf höchst unfreundliche Weise an: "Wo ist Baejne?" Der Schwarze senkte kurz den Kopf und sagte dann: "Er wird sofort eintreffen, Meister Kagou..." Der Dialog wurde sofort wieder von Nouga beendet. "Sie nennen dich MEISTER? Dass ich nicht lache! Hat dich dieser Titel so grausam gemacht?", fragte er barsch seinen Bruder und verengte seine klaren, blau-weißen Augen zu Schlitzen. "Es ist ein angemessener Titel, Bruder, wie du schon bald erfahren wirst...", erwiderte der Katzenmensch namens Kagou selbstgefällig. Hitomi spürte jetzt, wie flach sie eigentlich atmete und dass sie sich nicht traute, ihren Körper auch nur einen Millimeter zu bewegen. Die Luft im Raum schien wie aufgeladen, nur die Fackel in ihrer Hand schien still vor sich hin zu knistern. Auf wen warteten sie noch? Was würde hier noch alles passieren? Und wie zum Teufel sollte sie jetzt noch von hier weg kommen? Sie versuchte mit heimlichen Blicken irgend etwas über die Absichten der soeben erschienen Personen zu erfahren, jedoch standen sie alle mit gesenkten Köpfen da, so dass sie ihnen nicht in die Augen sehen konnte. Was waren das für Wesen, was waren das für Menschen, die aussahen wie ein afrikanisches Busch-Volk und es schafften aus dem NICHTS aufzutauchen? "Baejne, komm endlich..." Kagou starrte jetzt wie beschwörend auf die Stelle neben ihm und tatsächlich, schon im nächsten Moment eröffnete sich vor Hitomis und den Augen aller noch einmal das Schauspiel, das sie zuvor nicht richtig mitbekommen hatte: An der Stelle wohn Kagou starrte, schien die Luft plötzlich zu flimmern, wie auf einer geteerten Straße bei starker Hitze... Dann zog sie sich zusammen und breitete sich wie kristallisiert wieder aus, und hinterließ einen weiteren, dunkelhäutigen Mann der mit seiner unheimlichen Aura den ganzen Raum zu vergiften schien. Er trug eine Art lange, gestreifte Tunika über einer einfachen Hose, seine Arme waren mit kreisförmigen Tatoos überzogen und sein ausgemergeltes, finsteres Gesicht wurde fast wild umwuchert von verfilzten, langen, schwarzen Haaren, die mit zahlreichen Bändern und Silberschmuck durchzogen waren. Das eigentlich unheimliche waren allerdings seine Augen... Es waren eigentlich gar keine Augen mehr, sondern pechschwarze Augäpfel, Pupillen- und Glanzlos, die tief in den schattigen Augenhöhlen lagen. Hitomi fiel sofort Briaeyes Blick ein, den sie noch glaubte gesehen zu haben, bevor sie von ihr in die dunkle Geheimtür geschubst worden war. Es waren genauso dunkle und bedrohliche Augen gewesen, die keinen Rest an Weiß übrig ließen. "Hier bin ich, Meister...", sagte der Mann nun, der offenbar Baejne hieß und senkte kurz den Kopf. Dann hob er ihn wieder und sah finster aber schief lächelnd auf das Grüppchen, welches aus Hitomi, Dryden, Merle und Nouga bestand. Alle anderen der Dunkelhäutigen taten es ihm gleich und Hitomi bemerkte, dass sie Alle ausnahmslos diese unheimlichen Augäpfel hatten, die man in ihrer Welt oftmals in einem grausigen Horrorfilm zu sehen bekam. Sie merkte, wie sie anfing zu zittern. Sie fühlte sich jetzt schon wie ausgeliefert, obwohl Dryden und Nouga sich wie eine Art Schutzschild um sie und Merle gestellt hatten. Warum konnte nicht einfach Van zur Tür herein platzen und sie mitnehmen? Sie wäre gerettet... Es platzte allerdings niemand herein, stattdessen kam der Mann names Baejne einige Schritte auf sie zu und starrte Hitomi mit lechzender Zunge von oben herab an. "Was hat Dornfels gesagt?", fragte Kagou jetzt, als wäre sonst gar niemand anwesend. Baejne lächelte und ließ drohend seinen Nacken knacken. "Er will sie alle..." "Nicht nur das Mädchen?", hackte Nougas Zwilling nach. "Nein, alle... Er meinte, er könne nicht genug Leute haben, die seinem Projekt das Gelingen ermöglichen...", erwiderte er, wobei er immer noch wie ein Irrer regelrecht lüsterne Blicke in Richtung Hitomi warf. "Ich habe schon davon gehört..." Das sagte Hitomi, mit mehr Mut, als sie momentan verspürte. "Tatsächlich? Wie schön für euch...", spottete Kagou mit seinem altbekannten Lächeln zurück. Er musterte Hitomi eingehend, nur um dann einen scharfen Seitenblick auf Baejne zu werfen. "Worauf wartet ihr noch?", fragte er leicht verärgert. "Auf unser letztes Stammesmitglied...", sagte Baejne und sein Kopfschmuck klimperte dabei. Für einen weiteren kurzen Moment herrschte vollkommene Stille und die schwarzen Menschen um sie herum schienen Millimeter für Millimeter näher in richtig Hitomi und der anderen zu rutschen. Sie waren ganz klassisch umzingelt... Hitomi tauschte einen bangen Blick mit Dryden aus, welcher allerdings noch verhältnismäßig gelassen wirkte. "Wer seid ihr? Wenn wir schon entführt werden sollen, möchte ich doch wenigstens wissen, mit wem ich es zu tun habe...", fragte er, mit seinem für ihn typischen ironischen Blick an Beajne. Dieser fixierte Dryden mit dem glanzlosen Blick aus unendlich tiefen Augenhöhlen. Seine schwarze Haut spannte sich wie Leder über seine Wangenknochen und der silberen Haarschmuck klimperte erneut, als der Mann urplötzlich anfing zu lachen. Es schüttelte ihn am ganzen Körper und seine schwarzen Augäpfel fixierten Dryden die ganze Zeit über auf skurile und gruselige Weise. "Das wisst ihr nicht? Ihr, Dryden von Astoria, der sonst auch über den ganzen Planeten Bescheid zu wissen glaubt?", meinte er und grinste Dryden wie ein Wahnsinnger mit schiefen und gelben Zähnen an. "Sagen wir, ich ahne es, nur brauche ich von euch noch eine Bestätigung dafür...", erwiderte Dryden gelassen. Hitomi beobachtete Kagou währenddessen. Der Katzenmann schien mit der Situation mehr als unzufrieden... Es wollte alles schnell über die Bühne bringen und die kleinen Spielchen seines Untergebenen brachten ihn dazu, nervös mit dem Schwanz zu zucken. Ansonsten war seine Miene ruhig und beherrscht, sein gesundes Auge abschätzend zusammengekniffen. Was würde jetzt noch passieren? Sie blickte wieder zu Baejne, der sich köstlich zu amüsieren schien, jemanden ein wenig an der Nase herum zu führen zu können. "Dann will ich es euch gerne sagen, edler Herr..." Der dunkle Mann machte einen ironischen Hofknicks und verbeugte sich dabei so tief, dass seine verfilzten Haare den Boden berührten. "Mein Name ist Baejne, ich bin der Anführer vom Volk des flüsternden Windes... Das hier sind die letzten Verbliebenen dieses Stammes, den auch EURE Vorfahren, eine Reihe von feigen Adeligen, versuchten auszurotten!", fuhr er Dryden an und machte eine ausschweifende Geste auf seine dunkelhäutigen Kumpanen. "Wie ich es mir dachte...", murmelte Dryden und sah Hitomi an. "Wir stecken in ernsthaften Schwierigkeiten...", raunte er ihr zu und Hitomi hätte ihm am liebsten entgegnet "Ach? Tatsächlich?", was sie sich allerdings verkniff. Kagou meldete sich wieder zu Wort. "Schluss mit den Fragespielchen... Schnappt sie endlich!!!", forderte er die Männer und Frauen auf, doch sie taten nichts. "Einen Moment noch...", meinte Baejne und schien über seine schwarzen Augäpfel mit den anderen zu kommunizieren. "Sie kommt..." Wer kam? Hitomi fühlte sich zusehend unbehaglicher und der Wunsch zur Flucht wurde immer stärker, doch als sie sah, wer sich da im nächsten Moment aus der Luft herauskristallisierte, musste sie stehen bleiben... Sie hatte es ja schon geahnt, aber... Wieso hatte sie sich nicht dieses eine Mal irren können? Direkt vor ihrer Nase, keinen halben Meter entfernt, war Brisaeye aufgetaucht. Sie sah aus wie immer, mit ihrer dunklen, Schokoladenen Haut und ihrer üblichen farnelschen Uniform. Das Lächeln, das das Zimmermädchen jedoch so auszeichnete, war verschwunden... Sie hatte ein ähnlich gemeines Grinsen im Gesicht wie Kagou oder ihre Stammesführer Baijne. "Überrascht mich zu sehen, Hitomi?", fragte sie leise, aber durchdringend. "Ein wenig...", musste Hitomi zugeben. Allerdings hatte sie seit geraumer Zeit gewusst, dass das schwarze Mädchen vom Volk des flüsternden Windes war, nur dass sie offenbar die selben Absichten hatte wie alle Umstehenden. Unbändige Wut tat sich in Hitomi's Innerem auf. All ihre Verzweiflung der vergangenen Stunden kam in ihr hoch und sie konnte auf einmal gut mit Nouga und Merle mitfühlen... "Das war von Anfang an geplant, oder? Von wegen, du bist eine arme Nachkommin dieses verfluchten Volkes, die Unschuldigkeit in Person... Du hast natürlich deine Hör-Gabe angewendet und in Farnelia herum spioniert!", fuhr sie das Mädchen an, das weiterhin nur unbekümmert lächelte."Was hast du Dornfels alles gesagt, hä? Natürlich auch das von Van und mir, nicht wahr?" Hitomi geriet zusehends in Rage und fuchtelte gefährlich unachtsam mit der Fackel herum. "Das kannst du auslegen, wie du willst, Hitomi... Aber du hast Recht, mein Herr und Gebieter ist niemand anderes als der Präsident von Zaibach, der mit seinen wunderbaren Ideen diesen Planeten komplett umkrempeln wird...", erwiderte Brisaeye gelassen und weiterhin lächelnd. Hitomi spürte, wie sich alles in ihr aufheizte, und sie hätte Brisaeye gerne sonst was entgegen geschrien, als Dryden sie erneut am Arm zurück hielt. "Wieso lasst ihr euch so von diesem Mann blenden? Glaubt ihr wirklich, dass er etwas vorhat, was euch von Nutzen sein könnte? Ich kenne das Volk des flüsternden Windes, ich habe viel über euch gelesen und bin ehrlich gesagt mehr als erstaunt, dass es euch immer noch gibt. Aber ihr geltet als eigennütziges und boshaftes Volk, unter der Fuchtel dieses Mannes werdet ihr nicht den gewünschten Ruhm erlangen...", sagte Dryden ganz diplomatisch, an alle Anwesenden gewandt. Baejne feixte nur. "Eure Bücher vermitteln euch wohl manchmal nicht die Wahrheit, Dryden von Astoria!", keifte er und seine Augen stierten wie ein Irrer auf ihn hinab. Man merkte ihm an, dass er es über alle Maßen genoss, dieses Spielchen noch ein wenig weiter zu spielen, halb-veständliche Aussagen zu machen und überhaupt nichts konkretes durchsickern zu lassen. Doch der Stammesführer hatte die Rechnung ohne seinen "Meister" gemacht. "Verdammt, Baejne! Tu endlich das, wofür ihr hier seid!", forderte er und mich einem scharfen Blick auf Dryden fügte er hinzu: "Und wenn dieser möchte-gern-Adelige noch einmal den Mund aufmacht..., TÖTE IHN!!!" Bei Baejne schien sich augenblicklich eine Art Schalter umzulegen und er blickte grummelnd auf seine Kameraden. "Also gut... Brisaeye, komm schon...", forderte er das Mädchen auf, welches die ganze Zeit über ihren Blick nicht von Hitomi abgewendet hatte. "Ja..." Briaeye lächelte verschwörerisch und wie durch Zauberhand breitete sich die tiefe Schwärze ihrer Pupillen über ihren gesamten Augapfel aus... Die Luft um sie herum schien erneut zu klirren und zu knistern und hinterließ wie nach abziehendem Nebel eine völlig andere Brisaeye. Ihre Frisur war noch die gleiche, allerdings trug sie nun nichts weiter als ein buntes Tuch - durchflochten mit Silberschmuck - um ihre schmalen Hüften und ein simpler lederstreifen bedeckte ihre Brüste. Ihre dunkle Haut, ebenfalls bemalen mit Kreisen und Symbolen kam jetzt noch besser zur Geltung und machte sie zu einer von den Anderen. Sogar Merle und Nouga wirkten total perplex von dieser Verwandlung, was nicht verwunderlich war. Es hing eine seltsame Spannung im Raum, die im nächsten Augenblick auch schon ausbrach. "LOS JETZT!", forderte der einäugige Kagou seine Untergebenen erneut auf und was dann passierte, ging viel zu schnell, um für normale Auge ersichtlich zu sein. Dort, wo eben noch all jene Gestalten vom Volk des flüsternden Windes gestanden hatten, flimmerte die Luft erneut, und vier von ihnen tauchten wie der Blitz jeweils hinter Nouga, Merle, Dryden und Hitomi auf, schlangen ihnen einen Arm um den Hals und zogen sie wüst aueinander. Dryden war ein wenig zu groß für seinen Widersacher und er konnte sich sofort von ihm losreißen. "Kommt schon!", rief er und setzte mit schnellen Schritten auf den Ausgang zu. Hitomi schlug dem großen, muskulösen Kerl, der sie umklammerte ohne Umschweife die Fackel ins Gesicht. Er fluchte wüst auf und grapschte noch mit seinen langen, schmutzigen Fingernägeln noch ihr, doch Hitomi war schon unterwegs zu Nouga, der ebenfalls schnell reagiert hatte. Nur Merle rang noch mit einer knochigen, langhaarigen Frau, die der Katzendame brutal am Schwanz und an den roten Haaren zog. Merle fauchte schließlich wild auf und warf ihre Widersacherin in einer einzigen, wuchtigen Bewegung über ihren eigenen Rücken nach Vorne. "Merle! KOMM!", rief Nouga ihr zu griff nach ihrer Hand. Sie waren kaum zwei Schritte weiter, da kam der Rest der unsichtbaren Angreifer und eine unsichtbare Hand aus flimmernder und vibrierender Luft heraus schloss sich brutal um Merles Hals, ebenso wie Hitomi für kurze Zeit jegliche Luftzufuhr ausblieb. Sie schnaufte wütend auf und als sich die Luft kristallisierte, befand sie sich in den Armen von Baejne höchstpersönlich. "Was ist los, schönes Mädchen? Du willst dich doch nicht etwa wehren, oder doch?" Er schnitt ihr die Wort wie mit Messern in die Ohren, so nah war er ihr, wobei er gleichzeitig ihr linkes Handgelenk umklammert hielt und ihren rechten Arm brutal nach hinten zog. Hitomi setzte all ihre Wut ein und wollte mit den Flammen ihrer Fackel an Baejnes Haare gelangen, doch er drückte mit unendlicher Gemütlichkeit ihr Knöchelgelenk an einer bestimmten Stelle zusammen, sodass die Fackel dumpf und zischend zu Boden ging. "Lassen sie mich los!", presste Hitomi zwischen ihren Zähnen hervor und versuchte dabei stetig sich loszureißen. Sie trat aus wie ein Pferd, wand und reckte sich, doch der Stammesführer schien wie aus Fels gemacht. Er presste sich an sie, wie eine Schmarotzerpflanze an einen Baum und lies sie keinen noch so kleinen Millimeter aus. Auch Merle war jetzt im Griff des großen, protzigen Muskelpacket, dem sie eben noch die Fackel ins Gesicht geschlagen hatte. "MERLE!" Dieser Ruf kam erneut von Nouga, der gerade einem Angreifer ins Gesicht schlug, aber er kam nicht zu seiner Partnerin durch. "Flieh, Nouga!!!", war Merles Antwort, die jetzt in den Unterarm ihres Gegners biss, dass dieser erneut fluchte. "Stell sie doch ruhig, Brisaeye!", forderte der Kerl und aus dem Nichts kam Brisaeye hervor, die nichts anderes Tat als ihre Fingerspitze auf Merles Stirn zu legen. Hitomi konnte nicht mehr erkennen, doch im nächsten Moment war Merle vollkommen erschlafft, so als wäre sie in Ohnmacht gefallen. Nouga hatte es auch gesehen und riss entsetzt die Augen auf. Es musste etwas geschehen! "Nouga, du musst mit Dryden fliehen! Ihr müsst Van von alldem erzählen, SCHNELL!!!", brüllte Hitomi über den fluchenden und kämpfenden Haufen hinweg. "Van kann alles -" Mehr brachte sie nicht hervor, denn die knochige Frau, die eben noch am Boden gelegen hatte, hielt ihr prompt den Mund zu. "Maul halten!", raunte sie ihr zu und blickte sie aus ihren glanzlosen Augen finster an. Nouga reagierte glücklicherweise aber auf diese Aufforderung und rannte in Richtung Tür, wo Dryden schon längt hindurch war. Wieder kamen zwei Gestalten aus dem ominösen Nichts heraus und stürzten sich auf Nouga. Diese bleckte seine scharfen Eckzähne und fuhr seinen Krallen aus. So hatte Hitomi ihn noch nie gesehen und hätte sich das auch niemals vorstellen können. Er bewegte sich wie ein Akrobat unter seinen Gegnern hindurch und zog seine scharfe Pranke über das Gesicht eines großes, schlacksigen Mannes, der wie ein Tier aufheulte und sich das blutende Gesicht hielt. "Verdammt, haltet ihn auf!", forderte Kagou erneut aus dem Hintergrund, aber Nouga ließ sich nicht aufhalten. Mit einer präzisen Bewegung schnitt er seinem zweiten Widersacher, der für einen kurzen Moment unaufmerksam gewesen war, über die Kehle. Der Dunkelhäutige brach zusammen und mit einem letzten Blick auf seine bewusstlose Merle entwischte er durch die schwere Tür und ließ das Volk des flüsternden Windes zurück. Der Mann mit dem nun entstellten Gesicht wollte Nouga schon nachlaufen, doch Kagou gebot ihm Einhalt. "HALT! Nichts darf über diese Raum hinaus gehen, ein Befehl von Dornfels!", erklärte er gebieterisch. "Er wollte sie alle haben, Meister!", zischte Baejne wütend zurück, der sich und seinen Leuten offensichtlich nicht gerne ins Handwerk pfuschen ließ. "Wir haben das Mädchen, das ist die Hauptsache!", giftete Kagou zurück. Hitomi spürte regelrecht, wie Baejne's Körper vor Widerwillen bebte, und es ekelte sie an. Ihm passte es gar nicht, wie Kagou hier zu handeln schien. "Jawohl, Meister...", sagte Baejne trotz allem widerwillig und deutete mit einer scharfen Kopfbewegung seiner Kumpanin an, Hitomi loszulassen. Sofort löste sich der Druck von ihren Lippen und sie wollte schon wüste Beschimpfungen auf alle anwesenden niedergehen lassen, als Brisaeye lächelnd auf sie zu kam. "Es tut auch gar nicht weh...", sagte sie leise. Ihr ehemaliges Zimmermädchen legte mit einer fast graziösen Bewegung ihren Zeigefinger auf Hitomis Stirn und das letzte was Hitomi sah, waren Brisaeyes schwarze Augäpfel, die sie mit unendlicher Genugtuung ansahen, ehe das Bild vor ihr zusammenbrach wie ein Fernseher bei einem Stromausfall... -------------------------------------------- Nachwort: und? was denkt ihr? *neugierigbin* seid ihr schon vom Stuhl gefallen? ^_____^ so, dann steht erst mal wieder auf... nee, so dramatisch isses ja nicht, ABER vielleicht in vieler hinsicht unerwartet, rasant und akionreich, (jaaaa, hier kommen die aktionfans zum zug...), hehe. Ich wollte die entführung von merle und hitomi eigentlich in sich selbst noch rasanter gestalten, hab das aber nicht wirklich hingekriegt. zum Volk des flüsternden windes kann ich nur soviel sagen: sie sind eines der ältesten völker in "meinem" Gaia und ja, natürlich zwilichtig und sie gehören ganz sicher nicht zu den Guten. (Dryden wird uns im nächsten kap allerdings genau aufklärung bringen...) Dass Brisaeye dazu gehört wissen wir ja schon länger,und manche von euch haben vielleicht schon geahnt, dass mit ihr was nicht stimmt, trotzdem hoffe ich, doch noch ein wenig den Überraschungs-Faktor gebracht zu haben. ähm und ja, früher gab es schon mal die Frage von eurer Seite, wie man das mit den "schwarzen Augeäpfeln" verstehen darf... ich habe versucht das so genau wie möglich zu beschreiben, aber wer sichs noch immer nicht vorstellen kann: z.B. Lauri, der Sänger von "the Rasmus" hat im Video zu "in the shadows" solche Augen, genau wie im gemeinsam Video zu "Bittersweet" gemeinsam mit VilleVallo von "Him", ganz zum schluss. Ja, und wie gesagt, in horrorfilmen oder diversen "Buffy"-Folgen stößt man auch oft mals auf diese augen... hoffe, ihr könnt es auch vorstellen! ^.^ ach ja, auf das Auftauchen von Baejne hab ich mich schon ewig gefreut... *muhaha* für mich ein ganz wichtiger chara, der uns noch viel ärger machen wird. für mich ist er die ultimative mischung aus Jack Sparrow, Sirius Black und Orochimaru (aus Naruto). also jetzt sowohl äußerlich als auch charkterlich... ich werdet schon noch sehen... *gg* ok. puh, soviel mal dazu. BITTE stellt mir fragen, ich will sie gerne beantworten, wenn es dafür an der zeit ist! egal was es ist, die mysterie um Kagou (merkt ihr was? Kagou - Nouga, hört sich doch ähnlich an... *hihi*) oder die entführung von der kleinen Nora, egal was... natürlich wird alle im laufe der zeit eh aufgeklärt, aber naja... und ansonsten freue ich mich wie immer über viel kommis! *zwinker* machts gut, bis zum nächsten kap! eure Chiyo-san ps: Musik bei DIESEM kapitel mal wieder coldplay und die Ärzte... Kapitel 26: Ausgeliefert ------------------------ Hallo Leutz! Sorry, dass es sooooo lange gedauert hat... ich hab das kapitel gestern nacht zu ende geschrieben, weil es ja echt nicht mehr so gehen konnte... ich war die letzten paar wochen total blockiert, was das schreiben angeht! Schuld daran war ein emotionales Gefühlschaos der stufe 7 (von 10). War also nicht der Schlimmst-Fall, aber zumindest nicht sehr brauchbar für meine kreativität. naja, jetzt geht es wieder einigermaßen. ok. zum letzten kapitel gab es ja hauptsächlich nur positive feedbacks. also brauch ich dazu gar nix mehr sagen. so, jetzt passt auf, kapitel 26. Ein "Laber-kapitel". Es wird wieder viel geredet, und erklärt, und ich hoffe, euch schwirrt danach nich der kopf vor lauter katzenaugen und schwarzer gestalten... also, lest erst mal! bis zum nachwort... ------------------------------------------------------ Kapitel 26: Ausgeliefert Das Aufwachen war der reinste Horror. Hitomi hatte irgendetwas seltsames, erschreckendes geträumt, was mit dunklen Gestalten und verzerrten Symbolen zu tun hatte. Sobald sie allerdings die Augen öffnete, durchfuhr ein furchtbarer Schmerz ihre Stirn und lies erst nach ein paar Minuten nach, sobald sie die Augen wieder geschlossen hatte. Der Schmerz blieb dumpf zurück, was allerdings noch längst nicht alles war... Ihr war regelrecht schwindlig und ihr Bauch lag in einer ungünstigen Position, was ihr ein seltsames Ziehen bereitete. Sie versuchte irgendetwas auszumachen und war sich nach weiteren Augenblicken immerhin sicher, dass sie weder in ihrem eigenen Bett noch in dem von Van lag. Ihr Blickfeld bestand aus nichts weiter als Fels, erneut undurchdringliches und glänzendes Gestein. Das versetze ihr einen solchen Schlag, dass sie sich abrupt aufrichtete und den Blick wirr umher schweifen lies. Sie war eindeutig ein einem Raum irgendwo in Dornfels Tunnellabyrinth, daran bestand kein Zweifel... Der Raum war nicht sehr groß, gerade so groß, dass das Bett, auf dem Hitomi lag, zweimal hinein passen könnte. Die Bezeichnung "Bett" hatte das Ding allerdings gar nicht verdient, es waren eher zusammen gezimmerte Latten, auf denen eine schmutzige und muffige Decke lag. Zu ihrer Rechten befand sich eine schwere Holztür ohne Türgriff, aber dafür mit eisernen, bedrohlichen Scharnieren. Sicherlich war sie von Außen auf vielerlei Art und Weise verriegelt worden... Und Hitomi war nicht allein. Ihr gegenüber, in der anderen Zimmerecke saß niemand anderes als die Katzendame Merle. Sie sah Hitomi vollkommen ausdruckslos an und im Schein einer einzigen Fackel wirkten ihre Augen unendlich traurig und verloren. Die tiefblauen Fenster ihrer Seele wirkten auf Hitomi fast wie ein Spiegel und Episoden aus dem Präsidenten-Saal kamen ihr wieder in den Sinn. Das Auftauchen von Kagou, das Volk des flüsternden Windes, ihre Entführung und Brisaeye... Brisaeye, die sie ausspioniert und verraten hatte... Oder um genau zu sein, hatte Hitomi ihr viele wichtige Informationen noch brühwarm auf dem Silbertablett serviert. Was hatte sie dem schwarzen Mädchen nicht alles erzählt? Im Prinzip alles... Bis zu dem Zeitpunkt, wo Brisaeye ihr von ihrer wahren Identität erzählt hatte. Ab da war Hitomi unterbewusst misstrauisch geworden, das wusste sie jetzt. Doch das war als Reaktion nicht genug: Sie hätte es jemandem erzählen sollen! Sie hätte Van davon erzählen sollen! Sie wollte alles mit diesem Mann teilen und dann konnte sie ihm nicht mal von Brisaeyes Zugehörigkeit zum Volk des flüsternden Windes erzählen? Es war ihr doch von Anfang an seltsam vorgekommen und Van hätte ihr bestimmt Aufklärung verschaffen können... Aber sie hatte es Brisaeye - ihrer vermeidlichen Freundin - versprochen... "Wie lange sitzt du da schon, Merle?", fragte Hitomi, als sie ihre Gedanken zur Seite geschoben hatte. Sie konnte gar nicht beschreiben, wie unwohl sie sich in dieser Situation fühlte... Allein zu sein mit dieser Frau, die sie doch so sehr verabscheute... "Lange...", war Merles knappe Antwort. Dann hielt sie Hitomis Blick nicht mehr stand und sah stattdessen zu Boden. Hitomi spürte die sichtliche Veränderung zwischen ihnen. Merle war nicht mehr auf Streit aus, denn was sollte ihr das nützen? Ihre Tochter war entführt worden und jetzt war sie hier eingesperrt, ausgerechnet mit IHR. Hitomi wusste nichts Vernünftiges zu erwidern. Sie setzte sich nun vollends auf und schwang die Beine über die Bettkante. Ein kurzer Blick auf ihr Äußeres ließ sie erschaudern: Ihr schönes, liebstes Kleid war am Saum abgetreten und schmutzig; der rechte Ärmel ihrer Bluse war vom Fackelruß geschwärzt und ihre Haare sahen aus, als hätte sie damit den Boden gekehrt. Sie hingen ihr unangenehme Weise ins Gesicht und sie warf sie daher rasch nach hinten. Dann blickte sie wieder zu Merle, die unverändert das am Boden ausgelegte Stroh musterte, als gäbe es nichts Interessanteres auf dieser Welt. Ihr kam ein schockierender Gedanke. "Hast du etwa am Boden geschlafen?", fragte sie etwas entgeistert. "Hm...", machte Merle nur und zog ihre Beine noch näher an den Körper. "Aber das ist doch nicht -", wollte Hitomi protestieren, wurde aber von Merle unterbrochen. "Das ist schon in Ordnung. Ich bin schon in dieser Position aufgewacht und außerdem bin ich zur Hälfte eine Katze. Es macht mir nichts aus, auf dem Boden zu schlafen..." "War irgendjemand hier, als ich noch geschlafen habe?", fragte Hitomi weiter. Auch wenn es nicht sonderlich angenehm war, mit Merle eingesperrt zu sein, so mussten sie sich doch über ihre Lage im Klaren werden und versuchen, irgendwie hier weg zu kommen. "Nein, niemand...", erwiderte Merle und schüttelte trübsinnig den Kopf. Hitomi versetzte dieser Anblick einen regelrechten Stich ins Herz. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn Tomu entführt werden würde... Ja, was Merle gerade durchmachte, noch dazu diese vollkommene Ungerechtigkeit der ganzen Situation, war eine unglaubliche Bürde. Hitomi tat das, was wohl jede normale Frau tun würde: Sie krabbelte zu Merle hinüber, legte ihr die Hände auf die Knie und zwang sie, sie an zu sehen. "Merle, wir befinden uns irgendwo in Dornfels Felsenlabyrinth und ich bin mir sicher, dass Nora hier auch irgendwo ist. Aber wir werden sie finden, wir werden gerettet werden! Van wird von diesem Komplott gegen Gaia erfahren und uns hier raus holen!" Das sagte sie mit mehr Überzeugung, als sie innerlich fühlte. "Van?" Merle spuckte seinen Namen aus wie den eines ekligen Insekts. "Was kann Van schon tun!" "Mehr als du denkst! Er hat Gaia schon einmal vor dem Schlimmsten bewahrt... Nouga und Dryden werden Van einweihen und gemeinsam etwas unternehmen, da bin ich mir sicher!", meinte Hitomi nachdrücklich und suchte in Merles Augen etwas positives, vielleicht eine Art Zuspruch. Aber das Feuer in ihren Augen war verloschen... Nicht einmal ihre übliche Abneigung Hitomi gegenüber konnte sie aufbringen. Da war noch der trübe Schimmer der Hoffnungslosigkeit. Hitomi war nahe dran, selbst zu resignieren, aber das lag ihr nicht. Sie musste kämpfen! "Merle, du darfst nicht aufgeben! Du musst daran glauben, dass alles gut werden wird!", forderte sie die Katzendame auf. "Wie stellst du dir das vor? Wir haben es schließlich mit dem Volk des flüsternden Windes zu tun!" "Was?", fragte Hitomi und musste sich sogleich eingestehen, dass sie nicht viel mehr über das seltsame Volk wusste, als zuvor. "Was hat es mit dem Volk auf sich, Merle? Weißt du etwas darüber?" Merle schüttelte leicht den Kopf. "Nicht viel... Aber das was ich weiß, werde ich dir erzählen..." Dryden und Nouga rannten wie vom Teufel verfolgt die Straßen entlang. "Wieso verfolgt uns niemand?", keuchte Nouga schon fast enttäuscht. "Vermutlich, weil Dornfels ursprünglich nur Hitomi haben wollte... Wir sind weniger wichtig. Wir sind ihm sogar eher von Nutzen!", rief Dryden zurück. "Wie meinst du das?" Dryden wurde langsamer und warf Nouga einen viel sagenden Blick zu. "Wie bringen die Neuigkeiten gleich ans Volk...", meinte er, mit einem überaus zynischem Unterton. Sie kamen bald an den riesigen Markplatz, welcher eine kreisrunde Form hatte und am Rand mit jungen Bäumen bepflanzt war. Überall herrschte reges treiben, Kunden kam und gingen, was vor allem an den vielen Ständen der Handelsflotte lag. Drydens Flotte kam nur in bestimmten Abständen nach Zaibach und viele reichere Bürger konnten hier ihre Vorräte an exotischen Dingen, wie Kaffee, seltenen Kräutersorten oder diverser Weinbrände auffüllen. Es gab praktisch alles, von Holzwaren, edlen Stoffen, Tongefäßen, Lebensmittel über Tiere und Pflanzen bis hin zu Schmuck, Schmiedanfertigungen und Rüstzeug. Allerdings war Dryden nicht hier um Stolz durch die Reihen seiner ausliegenden Waren zu schreiten... Nein, er suchte seinen Flottenchef. Zielstrebig ging er zum erstbesten Stand, wo ein blonder, junger Mann mit abstehenden Ohren gerade einer korpulenten, älteren Dame einen Traum aus violetter Seide zu verkaufen versuchte. "Marcus, hast du unseren Flottenchef gesehen?", sprach Dryden den Mann an und klopfte sich innerlich dafür auf die Schulter, dass er sich alle Namen seiner an gestammten Mitarbeiter merken konnte. Der Junge Mann verbeugte sich ganz wie es ihm beigebracht wurde höflich vor seiner Kundin und murmelte ein knappes: "Entschuldigen Sie mich, bitte..." Dann kam er auf Dryden zu und verbeugte sich noch tiefer und unterwürfig vor ihm. "Ehrenwerter Dryden von Astoria, wie kann ich euch helfen?" Dryden hätte am liebsten genervt die Augen verdreht, aber dafür war gar keine Zeit mehr. "Ganz einfach", meinte Dryden und tauschte einen bitteren Blick mit Nouga, "Du suchst mir meinen Flottenchef und sorgst dafür, dass alles hier so schnell wie möglich abgebaut wird, damit die Flotte noch heute Abend wieder abreisen kann..." Der Junge namens Marcus riss verblüfft die Augen auf. "Abreisen? Aber ich dachte..." "Die Pläne haben sich geändert, Junge...", meinte Dryden scharf und wandte sich ab, um weiterzugehen. "Sag allen Anderen bescheid! Das Hauptschiff wird sofort aufbrechen, die Flotte hat nach Astoria zurückzukehren!", schrie er noch zurück, was Marcus mehr als verwirrte. Jedoch nickte er stumm und entriss der aktuellen Kundin sogleich den Ballen Stoff. "Tut mir leid, Madam, aber sie haben es ja gehört..." Dryden fand seinen kleinen, rotnasigen Flottenchef schließlich in einer finsteren Schenke, versteckt in einer kleinen Seitengasse. "Ihr wollt WAS?!" Der kleine Mann riss entsetzt seinen Mund auf, wobei Dryden eine üble Fahne von etwas entgegen kam, was vielleicht einmal Whiskey gewesen war. "Muss ich mich wiederholen? Ich will sofort mit dem Hauptschiff nach Astoria zurück und Ihr kümmert euch hier um den Rest, damit die gesamte Flotte so schnell wie möglich nach kommt...", erklärte er ihm erneut und legte dabei seinen finstersten Blick auf. "Ist das euer Ernst? Die Geschäfte laufen so gut hier...", erwiderte der Flottenchef und nahm den letzten Schluck aus seinem Glas, mit glasigem, ungläubigem Blick. "Die Geschäfte sind mir im Moment völlig egal! Wir werden dadurch kaum Verlust machen....", meinte Dryden barsch. Langsam wurde er unruhig. Alles dauerte viel zu lange! Und wo war Van überhaupt? Er musste irgendwo hier in der Stadt sein, doch keiner will ihn gesehen haben... "Gut, gut... Euer Wort zählt, mein Herr...", sagte der kleine Mann dann resignierend und blickte kurz zu Boden. Dann schnellte sein Kopf abermals hoch und er starrte Dryden erneut entsetzt an. "Aber WARUM?" Diesmal verdrehte Dryden wirklich entnervt die Augen. "Die genaueren Gründe werdet Ihr in Astoria erfahren! Hauptsache wir kommen weg aus Zaibach...", gab er als Erklärung ab. Er wollte schon wieder barsch aus dieser stinkenden Spelunke hinausstürmen, als ihm noch etwas einfiel. "Ach ja, bitte geht so schnell wie möglich zur Residenz zurück und holt mir Kobe, sowie auch Cheat und Alanis aus Fraid! Sagt ihnen, dass sie unbedingt mit mir kommen müssen und dass es um die Zukunft von Gaia geht!", befahl er. Der kleine Mann nickte unterwürfig und raffte sich schließlich von seinem Stuhl auf. "Wir werden inzwischen Van de Fanel suchen...", meinte Dryden und deutete auf sich und Nouga. "Den müssen Sie nicht lange suchen...", meinte der Flottenchef gelangweilt und rümpfte seine rote Nase. Auf Drydens verständnislosen Blick hin, deutete er auf ein zweites, leeres Glas neben dem Seinen. "Ich habe ihn draußen auf dem Marktplatz angetroffen und ihn auf einen Schluck eingeladen..." "Und wo ist er jetzt?", fragte Nouga scharf. "Da wo Männer nun mal sind, nachdem wie was getrunken haben...", meinte er viel sagend und marschierte dann, um seine Anweisungen auszuführen, zur Tür hinaus. Sie mussten nicht mal einen ganzen Augenblick warten, da kam Van auch schon fluchend aus dem hinteren, finsteren Teil der Schenke. Scheinbar war er wegen seiner Größe gegen einen der niedrigen Deckenbalken gestoßen. Als er jedoch Dryden und Nouga erblickte, löste sich sein wütender Gesichtsausdruck quasi in Luft auf. "Was macht ihr hier?", fragte er überrascht. "Das könnten wir dich auch fragen...", erwiderte Dryden ein wenig skeptisch. Van blickte in zwei genervte Augenpaare, doch dann änderte sich der Ausdruck in tiefe, beängstigende Besorgnis. Er wusste nicht warum, aber sein Gefühl sagte ihm sofort, dass etwas nicht stimmte. "Was ist los? Habt ihr Hitomi gefunden?", fragte er in gespannter Erwartung, wobei er sich immer noch geistesabwesend den Kopf rieb. Nouga nickte nur. "Ja, haben wir...", entgegnete Dryden. Van hätte ihn am liebsten angeblufft, mit Worten wie "Ja und, wo ist sie dann?", aber irgendetwas hielt ihn zurück. Er blickte in Nougas Augen, seine kristallklaren Augen, die zum einen so undurchdringlich waren wie dichter Nebel und doch soviel Ausdruck hatten, dass man erschauderte. Irgendetwas stimmte hier nicht, und Nouga wollte ihm das auf seine stumme Art und Weise vermitteln. "Ihr ist etwas passiert, nicht wahr?" Er blickte zu Dryden, und dieser nicke nur, bedauernd, aber bestimmend. "Dornfels hat sie. Er hat uns seine schlimmsten Untergebenen geschickt, um Hitomi zu entführen...", sagte er. "Merle und meine Tochter hat er auch...", fügte Nouga noch mit stummem Zorn hinzu. In Van’s Kopf drehten sich Bilder von dunklen Gestalten, die wie Tiere über Hitomi her fielen, an ihrem schönen Haaren zogen und sie gewaltsam in einen Kerker verschleppten. Und dann sah er Dornfels, den Präsidenten von Zaibach, mit seinem biederen, selbstgefälligen Lächeln auf den Lippen... "DIESER BASTARD! ICH WERDE IHM SEINEN HOCHMÜTIGEN HALS UMDREHEN!", schrie Van mit solch abrupter Lautstärke, dass der Wirt hinter dem Tresen das Glas fallen lies, welches er gerade abtrocknete. Eine wahnsinnige Masse an Hass und Wut war in ihm aufgelodert und er wollte augenblicklich aus der Schenke hinausstürmen, mit der Hand an seinem Schwert. Allerdings stellten sich Dryden und Nouga ihm in den Weg und packten ihn hart an den Schultern. "Lasst mich los! Ich werde das eigenhändig erledigen!", schrie Van weiter und versuchte sich auf höchst ungalante Weise von seinen Freunden loszureißen. "VAN!", ermahnte Dryden ihn scharf. "Du kannst nicht in dieses Schloss zurück! Willst du nicht erst erfahren, wie es dazu gekommen ist?" "Das interessiert mich nicht!" Mit einem fast unmenschlichen Schrei riss er sich von den beiden los. "Ich wusste von Anfang an, dass Dornfels etwas im Schilde führt! Dafür wird er büßen!", brüllte er zornig. Drydens Geduldsfaden war allerdings ebenfalls nahe daran, zu reißen. "Es hängt viel mehr damit zusammen! Es geht nicht nur um Hitomi, sondern vor allem um Gaia! Aber das will ich nicht in einer schäbigen Schenke besprechen!", fuhr er Van an, der immerhin noch nicht aus der Tür gestürmt war. "Verdammt Dryden! Was würdest du tun, wenn sie Millerna entführt hätten, na?", gab Van zurück, wohl wissend, dass das sein wunder Punkt war. Widerwillig musste sich Dryden dies auch eingestehen: "Vermutlich das gleiche..." "Na dann..." Für Van war die Sache damit scheinbar erledigt und seine Hand war schon an der Türklinke, als Dryden noch ein letztes Argument einfiel. "Du wirst direkt in die Arme des Volkes des flüsternden Windes laufen!" Van hielt tatsächlich inne und wandte sich geschockt um. "Das Volk des flüsternden Windes?", hauchte er ungläubig. Nouga nickte, genau wie Dryden. "Ich weiß nicht sehr viel über jene Rasse, aber ich weiß, dass sie gefährlich sind Van!" Hinter ihnen begann der Wirt nervös mit den Gläsern zu klappern. Wahrscheinlich war seit Jahren nicht mehr soviel in seinem Laden los gewesen... "Hitomi wollte, dass wir dich suchen und du mit uns fliehst! Wir müssen gemeinsam gegen diesen Feind kämpfen, denn glaube mir, wir haben einen neuen Feind...", beschwor Dryden ihn eingehend. "Du meinst...", murmelte Van, die Augenbrauen in Furcht einflößende Tiefen gesenkt, "es wird Krieg geben?" "Ja, und du weißt was das bedeutet..." Der Wirt ließ daraufhin erneut eines seiner wenigen Gläser fallen, dass es nur so klirrte, doch zu jenem Zeitpunkt waren seine 3 edlen Gäste schon verschwunden. Der Marktplatz war in wildem Aufruhr, als Kobe, Cheat und seine Frau Alana hinter dem rotnasigen Flottenchef herbei geeilt kamen. Einige Diener waren mitgekommen und schleppten sich mit eilig zusammen gepacktem Gepäck ab. Die Stände wurden auf das Schnellste abgebaut und von überall her erschallten Rufe und Befehle, welche hastig und zornig gegeben wurden. "Was ist hier los, Dryden?!", fragte Cheat ein wenig verwirrt, als sie auf den Flotteninhaber persönlich stießen. "Da seid ihr ja endlich!" Dryden warf einen prüfenden Blick auf alle Anwesenden und nickte seinem Flottenchef dankbar zu, woraufhin dieser sich mitten ins Getümmel stürzte und neue Anweisungen gab. Cheat wartete immer noch auf eine Antwort, aber Dryden war nicht gewillt eine klare Aussage zu treffen. "Erklärungen gibt es an Bord! Wir müssen schnellstens aus Zaibach verschwinden, glaub mir das!" Sein Blick durch die runden Brillengläser hindurch war ernst und schneidend. Ein Dryden von Astoria machte keine Witze, nicht mit so einem Blick! Cheat musste wie alle anderen Unwissenden bereits ahnen, dass es etwas mit der derzeitigen politischen Situation im Land zu tun haben musste. Während der vergangenen Tage war die Spannung zwischen den einzelnen Parteien stetig angestiegen und der Hauptauslöser dafür war Präsident Dornfels gewesen, mit seinen überaus seltsamen neuen Ideen für Gaia, von denen aber niemand wirklich überzeugt gewesen war... Egal was los war, es war nichts besonders angenehmes! Van war sich dessen sogar sicher, weshalb er sich keinerlei Mühe gab, seine momentane negative Ausstrahlung zu überspielen. Er bemerkte Cheats immer noch verwirrte Blicke, besonders was die plötzliche Anwesenheit Nougas betraf und er zwang Dryden regelrecht, ihn aufzuklären. Wenn er aufmerksam gewesen war, müsste er bemerkt haben, dass eine wichtige Person fehlte... Die Person, die seit einiger Zeit stets an Vans Seite zu finden war... Er mochte gar nicht daran denken! Wo war Hitomi jetzt? Ging es ihr gut? Am liebsten hätte er das sofort herausgefunden, doch wenn er dachte, wie er es erneut gelernt hatte zu denken, nämlich wie ein König, dann wäre es mehr als töricht, die Residenz auf eigene Faust zu stürmen. Noch dazu waren Drydens Andeutungen alles andere als positiv... Wenn es tatsächlich Krieg gab, und Dryden spaßte nicht mit solchen Aussagen, dann mussten sie schneller sein! Sie mussten sich mobilisieren und gegen diese unendliche Frechheit Dornfels' sofort eine Abwehr errichten. Wenn es denn so weit kommen sollte... Bis dahin musste er sich beherrschen, das wusste er. Er spürte es in jeder Faser seines Körpers, die es eigentlich drängte, sein Schwert zu ziehen und Hitomi aus den Fängen dieses Verbrechers zu befreien. Aber bis es soweit war, versuchte er auf Hitomi zu vertrauen. Sie war stark, sie würde das schaffen! Jedoch... Was waren Dornfels' Motive? Warum hatte er Hitomi entführt? Und warum war Van nicht bei ihr gewesen...? "Geht es euch gut Majestät?" Kobe riss ihn für kurze Zeit aus seinen Grübeleien. Das Gesicht des alten Herrn war angespannt und ehrlich besorgt. "Ja, bestens...", log Van und versuchte ihm nicht ins Gesicht zu sehen. "Was ist hier los? Ich war ganz überrascht, als ich von Drydens Flottenchef aus meinem Zimmer geholt wurde... Ist etwas passiert?", wollte Kobe, auf möglichst unaufdringliche Weise wissen. Van musste ihn nun doch ansehen und er fand, dass Kobe das Recht hatte, schon etwas zu erfahren. Er wollte ihm gerade über Hitomis Abwesenheit informieren, als in ein lautes, ohrenbetäubendes Geräusch ablenkte. Es kam vom Himmel, und als er hinauf sah, erkannte der das Flottenhauptschiff und einige andere, die hinter den Bergen hervor gekommen waren. ihre Propeller gaben ein kontinuierliches, dumpfes Geräusch von sich, doch der eigentliche Lärm kam von dem kleinen Beiboot, das sich in ungeheurer Geschwindigkeit auf den Marktplatz nieder senkte. Man hörte einige Menschen kreischen, als Sand aufgewirbelte wurde, und die Blätter der Bäume rauschte wie bei einem heftigen Unwetter. Dann landete das Schiff auch schon, elegant und präzise. Es fuhr seine langen, stelzenartigen Beine aus, die dem Ganzen das Aussehen einer übergroßen Libelle verliehen. "Los, alle an Bord!", wies Dryden sie an, und ohne ein weiteres fragendes Wort machte sich das kleine Grüppchen mit wehenden Gewändern auf den Weg über die schmale Einstiegstreppe hinein in das Flugboot. Das Hauptschiff der Handelsflotte bewegte sich schnell vorwärts und sie ließen Zaibachs Hauptstadt schon sehr bald hinter sich. Van jedoch war das sehr zuwider. Er stand in der Kommandozentrale, und blickte trostlos aus einer der Luken auf die immer kleiner werdende Stadt nieder. Was tat er da gerade nur? Er ließ Hitomi einfach hier zurück, ohne auch nur den Versuch zu starten, sie da raus zu holen... In seinem Inneren war er aufgewühlt, wie selten zuvor im Leben... Sein Gefühl sagte ihm, dass Hitomi an erster Stelle stand, sein Verstand jedoch befahl ihm, das vernünftigere zu tun, nämlich schlimmere Ausmaße von Dornfels' Launen verhindern. Schweren Herzens wandte er seinen Blick ab und blickte in eine Runde aus bestürzten und fassungslosen Mienen. Dryden und Nouga hatten den anderen soeben erzählt, was in den letzten 3 Stunden alles passiert war, ebenso wie sie Mutmaßungen über Hitomi’s Aussagen trafen. Kobe wirkte relativ verstört, ebenso wie Cheat, der Dornfels' so etwas wahrscheinlich nicht zugetraut hätte. "Dryden, was das Volk des flüsternde Windes betrifft... Ich weiß nicht viel darüber...", meinte Cheat nach einer Weile und sah seine Frau beklommen an. "Ich auch nicht, aber ich möchte so schnell wie möglich alles darüber herausfinden...", sagte Dryden bitter. Er gab seinem Steuermann ein paar Anweisungen und rauschte dann auch schon wieder hinaus. "Folgt mir in die Bibliothek!", rief er ihnen zu. Van allerdings konnte seine Füße im Moment keinen Zentimeter weiter bewegen und beobachtete von daher, wie Kobe und Co. den Raum verliessen. Nur Nouga blieb. Er sah Van mit seinen tiefgründigen, kristallklaren Augen an, wie nur er es konnte. "Ich weiß, was im Moment in dir vorgeht, Van...", sagte er leise. Van lag schon eine schnippische Bemerkung auf der Zunge, aber er besann sich darauf, dass Nouga in einer vergleichbaren, wenn nicht sogar noch schlimmeren Situation war. Von daher antwortete er bedacht: "Was ist mein Schmerz im Vergleich zu deinem? Man hat deine Tochter entführt, und Merle dazu... Es muss viel schwerer für dich sein, jetzt hier auf diesem Schiff zu stehen und dich vom Ort des Geschehens entfernen zu müssen." "Ja...", sagte Nouga und sein Blick verhärtete sich, "Aber ich weiß, dass ich sie wieder sehen werde... Merle ist stark und meine Nora hat viel von der Stärke ihrer Mutter geerbt..." Van nickte nur trübselig. "Ja, das wird wohl so sein...", meinte er knapp. "Und Hitomi ist ebenso stark...", fügte Nouga hinzu und bedeutete ihm, mit in die Bibliothek zu kommen. Die Bibliothek war ein langer, hoher Raum, so hoch, dass man die oberen Buchreihen nicht mehr erkennen konnte. Sie bewies Dryden’s Esprit und auch die unglaubliche Bauweise des Flottenschiffs. "Ich weiß, dass ich schon einmal darüber gestolpert bin...", sagte Dryden gerade, als Nouga und Van hinein kamen. Der Flottenchef stand auf einer langen Leiter und fuhr mit den Fingern über dicke, alte und staubige Buchrücken. "HA!" Der triumphale Ausruf folgte sogleich und er zog ein schmaleres, dunkelblaues Exemplar hervor, wovon die Beschriftung schon abblätterte. Dryden ging damit schnellen Schrittes zu einem kleinen, beleuchteten Schreibtisch und setzte sich davor nieder. "Die Erben von Atlantis...", las er laut vor und wartete, bis sich alle um ihn gedrängt hatten. Van schluckte schwer. Er dachte an seine Vorfahren, seine Mutter - eine der letzten Übrigen des Drachenvolkes - und an den einzigen Beweis, dass auch er einer davon war: Die Flügel auf seinem Rücken, die nur dann hervorbrachen, wenn seine Emotionen übersprudelten und er jegliche Kontrolle verlor. Alle Anwesenden im Raum wussten davon, weshalb er sich schnell beruhigte und Dryden dabei zusah, wie er schnell und hastig durch das alte Buch blätterte. "Dieses Buch ist nicht besonders gut aufgebaut, eigentlich besteht es nur aus Text und ein paar wenigen Illustrationen...", meinte Dryden, wobei er mit flinken Augen den Text überflog. "Aber ich bin mir sicher, ich bin hier schon einmal darüber gestolpert..." Das Papier knisterte und Van's innere Spannung stieg ins Unermessliche. Was wusste er eigentlich über jenes Volk? Nicht viel mehr als alle anderen, das war klar. Aber er hatte Geschichten gehört, von seinem Vater noch, und von Vargas, seinem Schwertmeister. Und diese Geschichten waren niemals besonders positiv gewesen... Dieses Volk war so gut wie ausgestorben und mehr als Geheimnis umwoben. Aber es war gefährlich, auf eine unvorstellbare Art und Weise, ausgehend von der Herrschaft des Atlantischen Reiches. Dryden schnalzte jetzt mit der Zunge. "Da haben wir es: >>...was uns zu seltsamen und zugleich faszinierenden Wesen führt. Das Volk des flüsternden Windes ist eine einzigartige Rasse, die nicht von Natur aus auf diesem Planeten lebte. Zahlreiche andere Dokumente deuten darauf hin, dass das atlantische Volk, welches ja allgemein als sehr experimentierfreudig galt, eine Art Leibgarde kreieren wollte und damit eine völlig neue Rasse schuf. Das Volk zeichnet sich durch ein extrem feines Gehör, schwarze Hautfarbe und schwarze, glanzlose Augäpfel aus. Darüber hinaus verfügen sie über eine Art von Gestaltenwandlungs-Fähigkeit, um ihre wahre Identität zu verbergen und Feinde zu täuschen. Sie können sich sehr schnell bewegen, sind allgemein aggressiv und von starkem Körperbau. Weitere Fähigkeiten werden gemutmaßt, sind aber nicht offiziell bekannt...<<", las Dryden vor. "Ja, das trifft genau auf die Wesen zu, denen wir im Residenzsaal begegnet sind...", meinte Nouga dazu. Dryden deutete jetzt auf eine Miniatur-Skizze, die einen schwarzen Menschen mit wildem Haar, dunklen Augen und zorniger Fratze zeigte. "Ja, das trifft voll und ganz zu...", wiederholte er und nickte wie zu sich selbst. "Allerdings sind mir die meisten Dinge, die hier stehen bereits selbst bekannt...", sagte Van jetzt. Genau so etwas hatte er bereits in seiner Kindheit gehört... "Ich dachte, das Volk sei ausgestorben?", fragte Kobe und runzelte dabei seine Stirn sorgenvoll. "Nicht nur du dachtest das", erwiderte Dryden, "Aber hier steht noch mehr: >>Durch seine extreme Widerstandfähigkeit und den fast bestialischen Instinkt konnte das Volk den Untergang des Atlantischen Reiches mit fast höherer Präsenz als das Drachenvolk selbst überleben. Gaia wurde neu belebt und jenes mysteriöse Volk fand seinen Platz direkt unter den Fittichen der Machthabenden, der Könige und Königshäuser. Sie wurden aufgrund ihres Gehörs als Spione eingesetzt. Das Volk genoss jedoch lange nicht dasselbe Ansehen, wie noch zu Atlantis' Zeiten und brach schnell aus dem allgemein-gültigen System aus. Sie wollten mehr Macht an sich reißen und erweckten mit einigen Mordfällen das Aufsehen auf sich. Man handelte sofort und stufte die schwarzen Menschen als gefährlich und Unglück bringend ein. Ebenso wie Teile des Drachenvolkes wurden sie verachtet, verfolgt und schließlich zum Großteil ausgerottet...<<", las Dryden weiter und machte eine Pause. Er blickte in die Runde und verweilte bei Van. "Hast du das gewusst?" "Teilweise...", antwortete Van und dachte an seine Mutter, die ihm früher oft von all den Ungerechtigkeiten erzählt hatte, die ihr eigenes Volk erleiden musste. "Das Volk ist also eine alleinige Kreation der Atlantiker, des Drachenvolkes?" Dryden nickte, mehr oder weniger beteiligt. "Sieht so aus..." "Steht da noch mehr?", wollte Cheat jetzt wissen und lugte über Dryden’s Schulter hinweg. "Ja, so einiges. Allerdings ist dieses Buch bestimmt schon 50 Jahre als, weshalb manche Angaben bestimmt nicht mehr aktuell sind..." Er seufzte und blickte zu Nouga. "Jetzt kommen wir zum interessanten Teil: >>Einige Quellen besagen, dass es immer noch Abstämmige des Volkes gibt, dass diese ihre Verwandlungskunst perfektioniert hätten und unter uns leben, wie normale Mitbürger. Dennoch wird das Volk niemals diese heran gezüchteten Aggressionen ablegen können, geschweige denn vergessen können, was man ihnen mit einer gewaltsamen Ausrottung angetan hatte. Das Volk muss irgendwo auf einem kleinen, gaianischen Fleckchen zusammenleben und zahlreiche Nachforschungen führen uns auf einen längst vergessenen Teil dieses Planten, nämlich das alte Land, inmitten des gaianischen Ozeans gelegen. Auf dieser Insel sollen die letzten Ruinen von Atlantis stehen und in Verbindung mit dem Volk des flüsternden Windes könnte das eine unglaubliche Entdeckung sein...<< Der Rest ist ziemlich uninteressant...", sagte Dryden und klappte das Buch eiskalt zu. Alle umstehenden schwiegen und Van fragte sich, warum er so geschockt reagiert hatte, als er in dieser finsteren Straßenkneipe erfahren hatte, dass das Volk des flüsternden Windes in Hitomis Entführung verwickelt war. Das alles hatte er schon so gut wie gewusst! Er wusste, dass das Volk gefährlich war, nur hätte er niemals für möglich gehalten, dass es wirklich noch ein Hand voll von ihnen gab. "Jetzt kommt der Teil, wo ich nur noch Mutmaßungen anstellen kann...", sagte Dryden und rieb sich müde die Augen unter seinen runden Brillengläsern. "Und was kannst du sagen?", forderte Van. "Vielleicht ist dir das noch nicht ganz klar Van, vielleicht ist es unter all der Aufregung untergegangen, aber dieses schwarze Zimmermädchen, das bei dir im Palast angestellt war, IST ein Mitglied des Volkes..." "Brisaeye?", fragte Kobe ungläubig und fasste sich an die Brust. "Ja, genau Brisaeye. Soweit ich das beurteilen kann ist sogar ein sehr wichtiger Teil des Volkes! Was mich aber mehr als das beunruhigt ist, dass sie Farnelia ausspioniert hat, Dornfels Fakten geliefert hat, die er sonst nie herausbekommen hat und wenn es stimmt, was in diesem Buch steht, und des Volkes Heimat das längst vergessene Alte Land ist... dann erklärt sich auch zumindest zu einem Teil die Wandmalerei in Dornfels` Residenzsaal." Kobe und Cheat nickten fast gleichzeitig. Van konnte es ihnen aber nicht gleich tun. "Mutmaßungen, lieber Dryden!", sagte er ein wenig verärgert. "Hör mir zu, Van..." Dryden sah ihn intensiv an, mit einem Blick der keinen Irrtum zuließ. "Dieses Volk ist geschaffen worden um Befehle auszuführen und zu töten. ZU TÖTEN, Van!" Kobe schnappte unverkennbar nach Luft. "Egal was man ihnen sagt, sie können gar nicht anders als zu gehorchen, weil es das Blut verlangt, das durch ihre Adern fließt!" Diese Aussage ließ auch Van wieder zurück in die Realität kehren. Ja, ihm wurde am Rande bewusst, um Wie viel es hier eigentlich ging! Und in welcher Gefahr sich Hitomi befand... Dryden aber folgerte ohne Unterbrechung weiter. "Allerdings waren sie nahe dran, fast selber alle getötet zu werden, von großen Tieren, Königen und nochmals Königen! Und was tun sie jetzt? Sie verbünden sich mit einem von diesen hohen Tieren, zwar nicht mit einem König, aber immerhin dem Präsidenten von Zaibach und wenn ihr mir ein bisschen vertraut, kann ich euch sagen, dass das mehr als besondere Umstände haben musste. Dornfels will irgendetwas, braucht dafür das Volk, das zugleich etwas gibt, nämlich seine Dienste, und sich zum anderen etwas von Dornfels erhofft... Ich sage euch, wenn die Lage so ausartet, dann geht es nicht mehr um ein oder zwei Entführungen! Es geht um viel mehr, spätestens, seit Dornfels diese Gespräche einberufen hat und das Volk des flüsternden Windes auf dem Parkett steht!", sagte er in aller Deutlichkeit. "Du meinst also wirklich, dass es Krieg geben wird?", hackte Cheat etwas unsicher nach. "Ja, da bin ich ganz sicher!", erwiderte Dryden. Van rieb sich nachdenklich über sein Kinn. Natürlich hatte Dryden recht mit allem was er sagte und nach allem was er wusste, war mit diesem Tod geglaubten Volk nicht zu spaßen. Er sah zu Dryden, der offenbar noch nicht fertig war. "Das ist meine Meinung! Allerdings will ich jetzt noch von Nouga erfahren, aus welchen Gründen seine Tochter entführt worden sein könnte und weshalb sein Bruder zu den festen Untergebenen Dornfels' gehört. Vielleicht vervollständigt sich dann mein Bild dieser verfahrenen Situation..." Alle Blicke wanderten auf einen Schlag zu Nouga. Dieser fühlte sich offensichtlich ein wenig unbehaglich, schien aber genau zu wissen, wovon die Rede war. "Tatsächlich kenne ich den Grund für Noras Entführung...", sagte er und begann ihnen allen etwas zu erzählen, was noch tiefer in die Geschichte dieses Planeten eintauchte... „Das ist die ganze Geschichte…“, sagte Merle schwermütig und beendete damit ihren Bericht über das Volk des flüsternden Windes. Obwohl Hitomi etwas in der Richtung erwartet hatte, konnte sie nur schwerlich einen vernünftigen Gedanken fassen. Ihr schwirrte einfach stetig das Gesicht von ihrer „Freundin“ im Kopf herum und dass Brisaeye eine Art Killermaschine sein soll, konnte sie sich auch nach all den Vorfällen oben in der Residenz nicht richtig vorstellen. „Dieses Volk ist also so etwas wie eine Elite-Einheit der alten Atlantiker?“, fragte Hitomi noch einmal, auch wenn sie keine Antwort mehr brauchte. „Ja… Verwunderlich ist allerdings, dass sie sich in die Dienste von Dornfels und Kagou gestellt haben. Wo doch die Herrscherhäuser es gewesen waren, die das Volk vor so langer Zeit verraten hatten…“, erklärte Merle weiter und zupfte dabei gedankenverloren an dem Stroh herum, welches überall in ihrer Zelle auslag. Hitomi nickte nur. Sie glaubte Merle ohne Bedenken jedes Wort… Es musste so sein, es KONNTE nur so sein! Und Dennoch, es gab noch einige Ungereimtheiten und Hitomi wollte die schier stillstehende Zeit in diesem Felsenkeller so gut wie möglich dafür nutzen, diese zu klären. „Kagou…“, sagte sie dann leise, fast flüsternd, „er ist Nouga’s Bruder… Wieso ist er so…“ „Böse?“, ergänzte Merle ihren Satz und hob fragend eine Augenbraue. „Auch das will ich dir erklären…“ Hitomi saß Merle jetzt gegenüber, lehnte sich mit dem Rücken leicht gegen das Bett und durchkämmte dabei ihre Haare unbewusst mit den Fingern. Auch wenn der Zeitpunkt dafür ungünstig war, aber in Hitomis Hinterkopf flüsterte ihre eine kleine, unscheinbare Stimme, dass dies vielleicht die Möglichkeit war – Ihre Zwangsgefangenschaft – sich wieder ein wenig mit der Katzenfrau zu versöhnen. War das überhaupt möglich? Sie musterte Merle genau, die jetzt ihr Fell auf der Stirn etwas kraus zog und überlegte. „Es ist eine lange, unschöne Geschichte…“, meinte sie dann und erzählte, wie sie es eben schon einmal getan hatte. „Kagou und Nouga sind Zwillinge, eineiige… Das ist umso schwerer zu erkennen, wenn man ihre unterschiedliche Fellfarbe sieht, aber auch das ist keineswegs bedeutungslos. Man könnte sagen, dass Kagou der gesündere von beiden ist, und schon seit jeher war. Nouga ist mit diesem Pigmentfehler auf die Welt gekommen und war auch immer schon schwächer als sein Bruder. Ihre Fellfarben symbolisieren verwunderlicher Weise ihre Charakterzüge, schwarz und weißt, dunkel- hell…“, erzählte Merle und spielte weiterhin mit den ausliegenden Strohhalmen herum. „Kagou war immer schon der stärkere, hat sich stets durchgesetzt und seinen Bruder auf Grund seines Äußeren wenig beachtet. Dabei haben sich zwangsläufig zusammenhalten müssen, denn genau wie ich waren sie zwei der wenigen Katzenmenschen, die den letzten Krieg überlebt haben. Nouga ist es als Albino noch schwerer ergangen, doch zumindest dem Anschein nach war sein Bruder für ihn da…“ Sie blickte Hitomi kurz an und sagte dann: „Du hast sicherlich bemerkt, dass Nouga keine roten Augen hat, wie es für einen Albino üblich ist, sondern diese spezielle, klar-blauen Farbe?“, fragte sie. „Ja“, nickte Hitomi sich eingestehend, „Und Kagou fehlt ein Auge…“ „Das war nicht immer so!“, widersprach Merle und ging nun wohl zum eigentlich interessanten Teil der Geschichte über. „Kagou hat sich nach dem Krieg für keinen Menschen interessiert, nur ein wenig für seinen Bruder. Er wollte ganz schnell höher hinauf, in wichtige Kreise und wollte sich Reichtum anhäufen, wie es noch nie ein Katzenmensch zuvor getan hatte. Er ließ sich auf ein Projekt ein, das dazu dienen sollte, die unbekannten, vergessenen Teile von Gaia zu erforschen…“, sagte sie leise. „Kagou? Er wurde so was wie ein bezahlter Abenteurer?“, fragte Hitomi verblüfft. „So ungefähr. Nouga wollte mit ihm gehen, doch Kagou ließ das nicht zu. Das war das erste Mal, dass seine Boshaftigkeit richtig zur Geltung kam. Es passierte so, dass Kagou viele Jahre verschwunden blieb. In dieser Zeit traf ich Nouga, ich erzählte ihm von meinen Träumen, Vorstellungen und na ja, den Rest kennst du ja…“, meinte sie bitter und sich Hitomis Augenkontakt wieder aus. „Und Kagou? Was ist mit ihm passiert?“ Merle schnaubte verächtlich. „Er stand eines Tages bei uns im Dorf, 5 Jahre nachdem er Nouga im Stich gelassen hatte. Ich werde nie den Ausdruck in Nougas Augen vergessen: Das war pures Entsetzen!“ Sie spuckte das letzte Wort auf eine grässliche Art und Weise aus, die Hitomi ganz deutlich zeigte, dass Kagou nicht gerade zu ihrer bevorzugen Verwandtschaft gehörte. „Entsetzen? Warum?“ Merle schüttelte traurig den Kopf: „Nouga hatt wohl in dem Moment Angst vor einem Rückfall, einem Rückfall in sein altes Leben… Seit er ohne seinen Bruder leben musste, war er gewachsen, an Stärke und Ausgeglichenheit. Er hatte endlich zu sich gefunden, einen Ort wo er hingehörte und das ohne die ständigen Anweisungen seines Bruders, der ihn immer für minderwertiger gehalten hatte.“ Hitomi nickte mitfühlend. „Und was passierte dann?“ „Kagou wollte Nouga wieder mitnehmen, er sagte, er habe ein Ort gefunden, wo sie so leben könnten, wie er es immer wollte, voller Reichtum und Anerkennung, wie es einem echten Katzenmenschen gebührte. Er erzählte uns kurz von seinen Abenteuern… Er hatte das alte Land gefunden, als erster Entdecker seit mehreren hundert Jahren. Dort war er auf ein Volk gestoßen und hatte sich mit ihm verbündet...“, erzählte Merle weiter. „Das Volk des flüsternden Windes?“, fragte Hitomi atemlos. „Genau.“ Merle nickte und fuhr fort: „Er war bei seinen Erkundungen auf der Insel auf diese Wesen gestoßen und hatte bei einem Kampf sein linkes Auge verloren… ein großer Verlust…“, sagte sie und sah Hitomi wieder an. „Nougas Augen sind nicht umsonst so seltsam klar, sie sind etwas besonderes…“, sagte sie. Hitomi wusste nicht, was sie damit meinte, musste aber nicht lange auf Aufklärung warten. Merle räusperte sich kurz und erzählte weiter: „Es gibt unter dem Katzenvolk eine bestimmte Familie, die die >>Seher<< genannt werden… Sie haben diese speziellen, kristallklaren Augen, mit welchen sie anderen Personen die Zukunft offenbaren können und noch viele andere, unerklärliche Dinge. Wie du dir vielleicht denken kannst, stammen Kagou und Nouga als letzte Nachkommen aus dieser Familie…“ Dies Überraschte Hitomi nun doch. „Seher? Zukunfts-Seher?“, fragte Hitomi genau nach, damit sie sich nicht verhört hatte. Für sie war so etwas nicht ungewöhnlich, schließlich besaß sie selbst einige Fähigkeiten, die man nur schwer erklären konnte… Doch hatte sie bei Nouga nie etwas Derartiges - eine spezielle Aura oder dergleichen - bemerkt. „Ja.“ „Wieso weiß das niemand? Ich meine, das ist doch eine nützliche Fähigkeit, in mancherlei Hinsicht, oder?“ Merle nickte wieder. „Schon, aber ich war noch nicht fertig… Kagou wusste von Geburt an, was seine Familie auszeichnete, er selbst setzte aber seine Gabe nur selten ein und was mit seinem Bruder war, interessierte ihn diesbezüglich am allerwenigsten, denn ER wollte alle Aufmerksamkeit, ER war der bessere Zwilling! Als er sein Auge verlor, verlor er natürlich auch seine Fähigkeiten. Und als er im Katzendorf auftauchte, wollte er zum ersten mal im Leben etwas von seinem Albino-Bruder, nämlich seine Seher-Fähigkeiten.“ „Aber wozu?“, fragte Hitomi erneut. Sie spürte instinktiv, dass sie nun bald zum Ende der Geschichte kamen. Merles Blick wurde wieder trüb, wie zu Beginn und das Stroh knackste unter ihren Füßen, als sie die Beine wieder enger an den Körper zog. „Er erzählte uns, dass er eine Vereinbarung mit dem Volk getroffen hatte… Er gab ihnen die Fähigkeit des Sehens; etwas was das Volk seit jeher anstrebte, zu sehen, was passieren wird um den Erhalt ihrer Rasse zu sichern; im Gegenzug würden sie ihre Dienste in Kagous Hände legen um gemeinsam mit seinem Wissen von der Außenwelt zu Ruhm und Reichtum zu kommen, sich einen Platz in einer Welt zu schaffen, wo Rassen wie die ihre immer nur unterdrückt worden waren…“ Hitomi verstand. „Und dazu brauchte er Nouga’s Augen…“, folgerte sie. „Ja, aber leider meinte es das Schicksal nicht gut mit ihm…“, sagte Merle und lächelte ein wenig schief. „Wie meinst du das?“ „Nouga besaß die Fähigkeit des Sehens schlichtweg nicht und hatte sie auch nie besessen… Bei seiner Geburt waren scheinbar mehr als nur seine Pigmente abhanden gekommen, ihm wurde nichts weiter als ein Schwindel in die Augenhöhlen gelegt! Weil Kagou sich aber nie sonderlich für die Gefühle und alles andere an seinem Bruder interessiert hatte, außer der Tatsache, dass sie verwandt waren, hatte er auch nie gemerkt, was los war“, meinte Merle dann. „Nouga war kein Seher, und das war der Todesstoß für Kagou… Er drehte völlig durch, ging auf seinen Bruder los, wollte ihn erwürgen!“ Bei der Erinnerung daran fasste sich Merle ans Herz und ihr Blick wirklich noch abwesender als zuvor. „Ich konnte ihn aber dem Himmel sei Dank mit meinen Leuten aus dem Dorf vertreiben, und bis gestern haben wir Kagou nie wieder gesehen…“, sagte sie, klar und fest. Hitomi ließ sich alles was sie eben gehört hatte noch einmal in rasendem Tempo durch den Kopf gehen. Es erklärte einiges, auch die Rolle des Volks des flüsternden Windes. Nur eines, das letzte Puzzleteil, fehlte noch. „Du hast gesagt, Nouga und Kagou seien die letzten Nachkommen dieser Seher-Familie… Das stimmt nicht so ganz, oder?“ „Gut erkannt…“, meinte Merle und lächelte matt und ohne jegliche Energie. „Nora ist der letzte Nachkomme dieser Familie…“ Jene Szene unter der alten Eiche im Katzendorf wiederholte sich vor Hitomis innerem Auge: Sie sah Merle, fröhlich uns ausgeglichen, wie sie mit einem rothaarigen Katzenmädchen spielte. Als sie das Mädchen umdrehte, sah sie in dieselben kristallenen Augen wie die ihres Vaters… Ihr wurde klar was das bedeutete, wurde sich mit voller Wucht dem gesamten Ausmaß dieser Geschichte klar: Nora war die letzte Seherin auf diesem Planten, die letzte Nachkommin einer alten Familie und war jetzt entführt worden, allein, weil sie diese seltenen Augen besaß. Und für was? Für irgendwelche finsteren Pläne, die Kagou, Dornfels und eine Hand voll schwarzer, unheimlicher Wesen ausheckten! „Oh Merle… Es tut mir so leid… Hätte ich nur früher erkannt, wer Dornfels in Wahrheit ist, dann –“, sagte Hitomi wehmütig und wollte all jene Schuldgefühle loswerden, die sie schon seit Stunden beschäftigten, doch Merle ließ sie nicht weiterreden. „Diesmal bist DU wirklich nicht schuld, Hitomi… Nouga und ich, wir haben all das selbst zu verschulden… Wir wussten schon seit Jahren von Kagous wahrem Charakter, wussten von seinem Wunschdenken und seinen Machenschaften mit dem Volk des flüsternden Windes. Wir haben es einfach verdrängt, dass Kagou nach der damaligen Niederlage in Sachen Nouga immer noch gefährlich war und andere Wege an sein Ziel finden konnte…“, sagte sie ganz ernst und winkte Hitomis Gedanken einfach ab. „Wir dachten, Nora sei in Sicherheit… Aber vor einer Woche war sie einfach aus ihrem Bett verschwunden und jetzt weiß ich, dass das Volk in mein Haus eingedrungen war. Ich hätte mich besser sorgen müssen! Hätte wachsamer sein sollen! Und jetzt ist Nora in den Fängen von Dornfels, der sicherlich eine großartige Vereinbarung mit Kagou und dem Volk hat, um an SEINE Ziele zu kommen…“ Merle’s Stimme war immer lauter und aufbrausender geworden. Sie atmete jetzt schwer und war nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. Ihre Mimik war starr und verzweifelt… „Weiß Nora von ihren Fähigkeiten?“, fragte Hitomi vorsichtig. „Ja… Aber wir haben sie immer ermahnt, bedacht damit umzugehen. Niemand außer uns wusste davon! Alles was vor dem Krieg gewesen war, all die Mythen und Sagen von Gaia, waren doch vollkommen aus den Köpfen der Menschen verbannt, die hatten genug damit zu tun, sich wieder ein Leben aufzubauen… Aber für Kagou war meine Tochter wohl noch von Nutzen!“ Sie fauchte laut, beim Gedanken an den schwarzen Katzenmann und grub ihre Krallen wütend in die Strohmasse. „Jetzt weißt du bescheid, Hitomi… Ich habe dir das alles erzählt, nicht weil ich plötzlich deine beste Freundin sein will (bei diesen Worten sackte etwas in Hitomi zusammen), sondern weil es wichtig ist. Ich weiß nicht, was noch passieren wird, aber du musstest die Wahrheit wissen, um die Situation auch zu verstehen…“, sagte sie und zwang sich, ihr Gesicht vor Hitomi zu warnen. „Ich weiß“, erwiderte Diese. „Dornfels hat etwas vor, was unmittelbar die Hilfe von Kagou und dem Volk verlangt, welches wiederum nur an den Augen deiner Tochter interessiert ist. Ruhm und Reichtum gegen Wissen und Unterwürfigkeit… Das ist der Deal“, stellte Hitomi fest und starrte ebenso wie Merle trüb auf das Stroh. Wenn sie allerdings beider hier Trübsal bliesen, waren sie umso ungefährlicher für Dornfels, das wusste Hitomi. Sie brauchten jetzt viel Geduld, Mut und Vertrauen in ihre Freunde! Sie dachte an Van, verzehrte sich nach seiner starken Umarmung und seiner warmen, starken Stimme… Er würde sie zurückholen! Bis dahin musste sie warten… „Was genau hier passieren soll, werden wir schon noch herausfinden…“, meinte sie bekräftigend und blickte Merle Mut machend in die dunkelblauen Augen. „Ach tatsächlich? Werdet ihr das?“ Hitomi fuhr erschrocken herum und starrte auf die Tür, die just in dem Moment mit einem lauten, knarrenden Geräusch aufgesperrt wurde. „Vergesst nicht meine guten Ohren, meine Damen…“, sagte der dahinter stehende Baejne gehässig. Seine gelben Zähne und die unheimlichen schwarzen Augen glänzten dabei auf skurrile Weise im Schein der Fackel… ------------------------------------------- Nachwort: Hach, Baejne... Ich mag ihn! *gg* Vielleicht werdens doch 2 kapitel mehr als die geplanten 30, weil ich noch so viel vor hab, ua. mit ihm! *höhö* aber naja. vergessen wir ihn erst mal bis zum nächsten kapitel. und? habt ihr alles einigermaßen gecheckt? ok. diese ganze erklärerei war ziemlich mühseelig, vorallem was das Volk des flüsternden Windes betrifft. Ich wollte sie ursprünglich schon zu den "ganz Bösen" machen, aber nicht so klischee-haft wie das oft in fantasy-Romanen gemacht wird, sondern ein bissl anders, eher "hintenrum". im moment sind sie wohl eher so "Halb-böse", weil ihre vorgeschichte eben ziemlich undurchsichtig ist (sogar für mich als autor... *hehe*), aber seid gespannt, das wird schon noch klarer (hoff ich) Kagou und Dornfels bezüglich wird man auch noch einiges erfahren, aber kagous geschichte ist schon in den groben zügen erzählt. mir war von anfang an klar, dass nouga einen zwillingsbruder hat, auch diese Seher-sache wollte ich so haben... sie sind wirklich sowas wie gut-böse, ying und yang, könnt ihr euch denken wie ihr wollt. nouga hat sich zum glück aber noch von seinem bruder losreißen können, wenn auch ungewollt. sonst wäre es weiß gott anders gekommen. aber ja, das hat uns merle ja schon alles erzählt. ich weiß, es bedarf an manchen stellen noch aufklärung, was zum beispiel das Siegel von Atlantis betrifft, oder die sache mit der Sprache (was ich ja eigentlich in kap. 24 aufklären wollte)... aber das kommt noch alles, versprochen! ich hoffe, ihr könnt nachvollziehen, warum Van Zaibach mit Dryden und Co. verlassen hat... das ist vielleicht schwer zu verstehen, wenn man vorher über "wahre Liebe" und so redet, ABER ich will ja noch einige andere personen und "Dinge" in die geschichte einbauen und das wäre wohl nicht möglich, wenn Van hals über kopf in seinen Tod rennt. man könnte zwar meinen, das volk ist nicht sehr fit, nachdem sie Dryden und nouga haben entkommen lassen, aber ich kann euch sagen, dieser kleine kampf im letzten kapitel... da haben sie nicht mehr als 30 prozent ihrer kraft aufgefahren. aber das seht ihr schon noch. jetzt mach ich mich schön langsam an das nächste kapitel, aber seid geduldig... ich versuche, es euch noch vor dem 23ten August zu präsentieren, denn dann bin ich 4 wochen in australien! Danke für eure kommis! schreibt mir wieder ein paar mehr kommis bitte... von einigen von euch hab ich schon lang nix mehr gehört. also, bis zum nächsten mal, (und wenn ihr irgendwelche Fragen zu der Storyline habt, BITTE STELLT SIE MIR!!!) gruß, Chiyo-san PS: am 27.07 läuft Fluch der Karibik II in den Kinos an! also, geht da rein! Ich sage nur: Captain Jack is Back! *muhaha* Kapitel 27: Bratensaft und anderer Irrsinn ------------------------------------------ sodala... nachdem mir ganze ZWEI leute verzweifelt geschrieben haben, wanns denn endlich weitergeht, hab ich mich extra beeilt... das kapitel ist dementsprechend kurz und naja... eigentlich nicht der rede wert. das war nur so ein zwischending... aber es geht im 28 rasanter und LÄNGER weiter, das könnt ihr mir glauben! nochmal sorry, dass es solange gedauert hat... australien-urlaub, studiums-beginn... das war schon ganz schön stressig... viel spass beim lesen! bis zum (kurzen) Nachwort. -------------------------------------------------------- Kapitel 27: Bratensaft und anderer Irrsinn Baejne trat in ihre Zelle hinein und schloss die Tür gebieterisch hinter sich, was Hitomi dazu bewegte, eilends aufzustehen. „Haben die Damen Hunger?“, fragte Baejne fast ein wenig gut gelaunt und blickte dabei in wenig motivierte Augenpaare. Merle funkelte ihn von unten her mit einem Blick an, der darauf hindeutete, dass sie sogleich am liebsten aufspringen würde um dem Häuptling des Volkes ihre Krallen in ins Gesicht zu jagen; Hitomi blickte angewidert auf diese tiefen, schwarzen Augen, die so leblos und glanzlos waren wie eh und je. „Sieht nicht danach aus…“, meinte er dann bedauernd, als er keine Antwort bekam und rollte die Augen theatralisch nach oben. „Dabei hat der gute Präsident doch extra ein Festmahl herunter geschickt…“ Er machte eine ausschweifende Handbewegung und urplötzlich fing die Luft um ihn herum wieder an zu flimmern, zog sich zu zusammen und machte Hitomi eine Analyse des Geschehens unmöglich. Das Spektakel endete sogleich und Baejne stand in seiner „zivilen“ Form vor ihnen: Seine Körperbemalungen waren verschwunden, seine Augen hatten wieder etwas Weißes in sich und all der Schmuck aus seinen Haaren und an seinem Körper waren verschwunden. Man hätte ihn für einen normalen, eher heruntergekommenen Bürger halten können, würde man ihn auf der Straße treffen… „Vielleicht habt ihr so etwas mehr Appetit…“, meinte er gelangweilt und drehte eine seiner verfilzten Haarsträhnen um den Finger. Weder von Hitomi, noch von Merle kam eine Form von Reaktion und Baejne beugte sich mit finsterem Blick zu ihnen herunter. „Ihr solltet froh sein, dass man an euch denkt und dass dem Präsidenten offenbar soviel an euch liegt…“, sagte er an Hitomi hinab und seine schwarze, ledrige Haut spannte sich stramm über seine Wangenknochen, als er seine Mundwinkel bedrohlich herabsenkte. „Dornfels liegt an keinem Menschen etwas, falls ihr das noch nicht bemerkt habt…“, erwiderte Hitomi kalt und mit soviel Abscheu in der Stimme, wie sie in Baejnes unheimlicher Gegenwart herausbrachte. Baejne grinste jetzt. „Dann muss er bei euch wohl eine Ausnahme machen…“, erwiderte der Schwarze wiederum und trat bei jedem Wort näher an Hitomi heran. Diese wich soweit zurück, bis sie den nackten Fels in ihrem Rück spürte und nicht mehr weiter kam. „Was wohl der Grund dafür ist?“, fragte Baejne dann skeptisch. „Euer schönes Gesicht, oder eure schönen, glatten Haare?“ Er hob seinen rechten Arm an und strich Hitomi langsam und fasziniert über ihr braunes Haar, welches im Moment allerdings alles andere als in einem glatten Zustand war. Sie roch seinen stinkenden, fauligen Atem, als er ihr immer näher kam und sah jeden der schlechten Zähne aufs deutlichste, da sie beide ungefähr gleich groß waren. „Fasst mich nicht an…“, presste sie dann zwischen den Zähnen hervor. Es war ich höchst zuwider diesen Mann auch nur zu berühren oder von sich zu stoßen. Stattdessen presste sie sich sosehr gegen die Felswand, dass sich jede Kante davon in ihre Haut eingrub. Baejne lächelte jetzt auf seine makabere Art, packte sie dann genau wegen dieser Aussage grob am Kinn und drehte ihren Kopf nach belieben noch näher zu sich hin. „IHR habt hier gar nichts zu melden, Mädchen! Ich fasse euch an, wo und wann ich es will…“, sagte er finster, wobei das Lächeln keineswegs von seinen Lippen verschwand. Diese waren den Ihren nun so nahe, dass Hitomi regelrecht übel wurde, von dem durchdringenden und säuerlichen Geruch, den der Mann abgab. „Seht ihr...?“ Damit grabschte er ihr grob an ihre rechte Brust und drückte mit lechzender Zunge zu. Schmerz durchfuhr Hitomis Brust, doch sie biss die Zähne zusammen und warf Merle, welche soeben wutentbrannt aufgestanden war, einen warnenden Seitenblick zu. „Wenn Van hiervon erfährt, ist eure Zeit abgelaufen…“, flüsterte Hitomi dem schwarzen Mann zu, was sein Lächeln nur noch breiter machte. Er löste sich von ihr, hielt nur noch ihr Kinn abschätzend fest. „Van de Farnel wird tot sein, ehe ihr ihm auch nur eine Silbe sagen könnt… Aber darüber werde ich euch kein Wort erzählen, denn ihr wollt ja alles selber herausfinden…“, spöttelte und schloss die Augen. Sogleich öffnete er sie wieder, nur lagen seine Augäpfel nun wieder in vollkommener Schwärze in den Höhlen. „Ihr habt großes Glück, scheinbar steht ihr besonders gut in des Präsidenten Gunst, im Gegensatz zu allen anderen Gefangenen… Also reizt mich nicht Mädchen, denn vor jedem Herrscher dieser Welt…“, drohte er ihr, „bin ich immer noch mein eigener Herr…“ Damit ließ er sie abrupt los und wandte sich schnell und eindrucksvoll um. „BRISAEYE!“, rief er dann und riss die Tür mit überflüssig viel Schwung auf. „Bring es herein!“ Sogleich erschien Hitomis ehemaliges Zimmermädchen, ebenfalls in ziviler Ausführung und trug ein wuchtiges, voll beladenes Tablett vor sich her. Darauf stapelte sich Brot, Schinken und Käse, Bratenreste, Früchte und gedünstetes Gemüse, neben einen Krug voll Wasser und einem voll Milch. „Mit den besten Grüßen des Präsidenten!“, rief Baejne belustigt auf, als Brisaeye das Tablett auf dem Bett abstellte und ohne Hitomi auch nur anzusehen wieder hinausging. „Guten Appetit…“, wünschte Baejne noch und verließ mit einem letzten, gierigen Blick auf Hitomi den Raum. Man hörte von draußen das Klicken eines Schlosses und das malmende Geräusch, wenn ein Riegel vorgeschoben wurde. Hitomi starrte von diesem Festmahl auf dem Tablett ungläubig zu Merle, die wiederum fragend zurück blickte. „Andere Gefangene?“ Diese Frage hing für eine Weile in der Luft und Hitomi, immer noch an die Wand gepresst dachte ebenfalls an ein kleines, rothaariges Mädchen, das wahrscheinlich in einer ähnlichen Zelle saß wie sie, wie vielleicht viele Andere auch… Van hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, am Fenster des Kontrollraums zu stehen und nachdenklich hinaus zu blicken. Er dachte stetig darüber nach, was er in den letzten Tagen alles erfahren hatte, vor allem was Nouga ihm und den anderen berichtet hatte. Es musste ihm nicht leicht gefallen sein, das alles zu beichten, hauptsächlich, dass er schon seit einigen Jahren von der Existenz des Volkes gewusst hatte. Aber er selbst war nicht besser davon gekommen, mit einem Bruder wie Kagou… Zumindest hatte sich nun für ihn, Dryden und alle anderen Beteiligten das wirre Puzzle um Dornfels herum um ein paar weitere Teilchen zusammengefügt. Ein Rätsel war jedoch immer noch, warum Dornfels Hitomi brauchte, sowie die Funktion von jenem atlantischen Siegel, das Hitomi in ihrer Vision und im geheimen Keller unter der zaibacher Residenz gesehen hatte. Van spürte, dass sich hauptsächlich alles darum drehte und er verdammte sich ein weiteres mal dafür, dass er jetzt gemütlich in Drydens Flugschiff herumspazierte, anstatt etwas konkretes für Hitomis Rettung zu tun. Wo war sie nur jetzt? Ging es ihr auch gut? „Verdammt Hitomi! Warum musste das passieren?!“, fluchte er leise und schlug dumpf mit der Faust gegen das Bullauge. Dann lehnte er sich mit der Stirn dagegen und schloss die Augen für einen Moment. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie es war Hitomi zu umarmen, ihre schönen Lippen zu küssen und rief sich das Gefühl in Erinnerung, das er immer hatte, wenn er neben ihr aufwachte oder ihr einfach nur in die Augen sah. War alles nur ein Traum gewesen, oder war es die Wirklichkeit? So viele Jahre hatte er seine Zeit damit verschwendet, Hitomi zu hassen… Sie hätten viel mehr Zeit gehabt, wäre er nur nicht so stur gewesen… „Verdammt…“, murmelte er noch einmal und öffnete die Augen wieder. Er würde Hitomi wieder sehen, er würde sie retten! Das war er ihr schuldig… Langsam löste er sich von der Fensterscheibe und seine Gedanken schweiften von Hitomi zu jenem vergessenen Ort im farnelschen Wald, wo er Escaflowne einst zurückgelassen hatte. Vielleicht würde er bald wieder dorthin zurückkehren müssen… Hitomi betrachtete das fast festliche Mahl skeptisch, wobei sich Merle schon an den Verzehr des Bratens machte. „Ihm muss wirklich etwas an dir liegen, wenn er die so etwas herunter schickt…“, meinte sie kauend. „Hm…“, erwiderte Hitomi nur und legte sich ihre Hände prüfend auf den Bauch. Obwohl sie schon lange nichts mehr gegessen hatte, verspürte sie beim Anblick von all dem Essen eher einen Anflug von Übelkeit als den großen Appetit. Was war nur los mit ihr? In ihrem Bauch rumorte es und sie wandte den Blick wehleidig ab. „Stimmt was nicht...?“, fragte Merle dann vorsichtig und beobachtete ihre Zellengenossin dabei, wie sie sich vorsichtig aufs Bett nieder ließ. „Nein, nein… Ich habe nur keinen Hunger…“, log Hitomi schnell und schloss die Augen. Wo der Bratenduft sie fast umbrachte, schwirrten ihr im Kopf Bilder von Miso-Suppe, Sushi, frittiertem Gemüse und vor allem Schokolade herum, dass es fast nicht schlimmer ging! Was war denn los? Sie hatte in aller ihrer Zeit auf Gaia noch NIE das japanische Essen vermisst! Wie gerne hätte sie jetzt einen schönen, bitteren japanischen Tee und ein paar zuckersüße Dangos dazu! Sie roch förmlich den Duft von frisch gekochtem Reis… Warum passierte das gerade? „Ist wirklich alles in Ordnung?“, fragte Merle erneut und schaute besorgt zu Hitomi hinab. „Jaja… alles super…“, presste Hitomi hervor und versuchte das gurgelnde Geräusch, das aus ihrem Magen drang, zu ignorieren… „Komm, probier mal was von diesem Braten… Dornfels ist zwar ein mieser Kerl, aber für guten Braten hat er durchaus einen gewissen Sinn…“ Hitomi verzog zwar das Gesicht, nahm aber dann doch das Stückchen Fleisch, welches Merle ihr hinhielt. Der Braten roch sehr intensiv und würzig und Hitomi verspeiste das Stück in einem Haps. „Oh, wirklich sehr lecker!“ Das musste sie dann doch eingestehen und mit einem unaufhaltsamen Heißhunger stürzte sie sich dann auf das Tablett und vertilgte mit Merle all die Köstlichkeiten des verhassten Präsidenten. Hitomi vernichtete fast den ganzen Braten, legte mit Obst nach und probierte von allem anderen ebenfalls. All das stand unter der skeptischen Beobachtung Merles. „Weißt du was ich glaube, Hitomi?“ „Was?“ Hitomi sah verwundert zu Merle auf und leckte sich dabei den klebrigen Saft eines Granatapfels von den Fingern. „Du bist schwanger.“ Als Van am nächsten Morgen wieder an sein Bullauge trat, befanden sie sich bereits über der Stadt Astoria. Er konnte ganz deutlich den weißen Strand sehen und all die Schiffe, die sich im Hafen tummelten und die Hitomi erst vor Tagen so begeistert hatten. „Bist du bereit, von Bord zu gehen?“, fragte Dryden neben ihm. „Immer…“, meinte Van finster. Schon wenige Minuten später fand er sich mit Nouga, Dryden, Cheat, Alana und Kobe in dem kleinen Bei-Schiff wieder, auf dem Weg in Richtung Erde. Sie landeten direkt im Hof des Schlosses und stiegen unter den dröhnenden Motoren aus. „Schick mit Allen. Ich muss dringend mit ihm reden…“, meinte Van an Kobe gewandt, doch dieser Befehl erübrigte sich. Allen kam mit ein paar Dienern des Königshauses angestürmt und musterte Van mit äußerst besorgtem und misstrauischem Blick. „Ich habe die Flotte schon von weitem kommen sehen! Was ist denn passiert? Wir haben erst in ein paar Tagen mit euch gerechnet!“, rief er über den Lärm der Propeller hinweg. Einige Strähnen hatten sich aus seinem Zopf gelöst und flogen ihm jetzt wild um den Kopf herum. „Das erzähle ich dir am besten Drinnen…“, erwiderte Van. Seine Aura war schon lange nicht mehr so schwarz gewesen wie in diesem Moment… Er ging zügig und in großen Schritten den Gang zu Millernas Krankenzimmer entlang, wobei Allen kaum mit ihm mithalten konnte. „Verdammt Van! Was ist denn los?“ , wollte der Ritter des Himmels erneut wissen. „Das wirst du gleich erfahren. Ich will nur nicht alles zweimal erzählen!“ Sie kamen an die weiße Doppeltür und traten harsch in das Zimmer ein. Millerna war gerade dabei, einige ihrer medizinischen Geräte abzuspülen, fuhr allerdings bei Vans Eintreten erschrocken zusammen. „Ihr seid tatsächlich schon da!“, sagte sie nur und blickte suchend auf einen Punkt hinter Van, wo im nächsten Augenblick auch schon Allen, Dryden, Nouga und Kobe auftauchten, dicht gefolgt von Cheat und Alana. Millerna ging instinktiv auf ihren Mann zu, nahm ihn in die Arme und küsste ihn kurz. „Was ist in Zaibach vorgefallen?“, fragte nun auch sie, während alle eintraten und Van wie ein Tier an Millernas Behandlungstisch hin und her ging. „Hört gut zu, wir erzählen das nicht mehr als einmal…“, meinte er und tauschte mit Dryden ein zustimmendes Nicken aus. „Die Zeit läuft uns schlichtweg davon…“ Dann erzählte Van so deutlich wie möglich, was in den letzten Tagen passiert war, von Dornfels, Hitomi’s und Merle’s Entführung und ihren Erkenntnissen über das Volk des flüsternden Windes. „Brisaeye ist eine von Ihnen?“, fragte Millerna schließlich ungläubig und strich sich geistesabwesend über ihre eigenen Arme. Es war unverkennbar, dass die Stimmung im Raum nicht gerade rosig war und jeder von ihnen dabei war, das Gehörte erneut zu verarbeiten. Auch wenn er alles am eigenen Leib mitbekommen hatte, sogar für Van hörte sich das alles immer noch vollkommen irrsinnig an. Wie hatte das alles geschehen können? Und vor allem… In dieser Geschwindigkeit! Er dachte an seinen letzten gemeinsamen Moment mit Hitomi und verfluchte sich zugleich dafür, dass seine eigene Hoffnung schon am seidenen Faden hing. Er schloss du Augen für einen Moment, öffnete sie wieder und blickte dann nacheinander in die vielen Augenpaare seiner Freunde und Vertrauten. „Ihr wisst, was das bedeutet: Es wird Krieg geben! Dieser Krieg ist unvermeidlich!“, rief Van aus und die Worte halten in den alten Gewölben des Zimmers wieder. Dryden nickte. „Ich stimme dir zu Van, dass eine Konfrontation mit Zaibach unvermeidlich ist… Aber das ist genau das, was Dornfels erwartet! Wir dürfen nicht die anderen Länder mit hineinziehen… Wir müssen herausfinden was er vorhat, einen Plan machen, Van! Erst dann, ERST DANN kannst du von Krieg sprechen…“ Van hatte um ehrlich zu sein nichts anderes erwartet. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. „Vergiss einen Plan! Dornfels kann erwarten was auch immer er will! Ich jedoch will Hitomi zurück haben, ehe er ihr etwas antut!“, schrie er wutentbrannt. Dryden, so gut er Vans Wut auch verstehen konnte, blieb allerdings bei seiner Meinung: „Das wäre sinnlos, so sinnlos wie der Krieg vor 20 Jahren…“, sagte er leise und bitter. Er spürte, wie Millernas Hand die Seine zur Bestärkung drückte, aber er sah auch, wie Van sich in diesem Moment von ihm abwandte. „Alles klar…“, sagte dieser knapp. Er hatte erneut diesen furchtbar-ernsten und abweisenden Ausdruck im Gesicht, der vor Hitomis Auftauchen Jahrelang Standard gewesen war. „Bleib du hier in deinem Schloss, arbeite meinetwegen einen perfekten Plan und tu das, was auch immer du für richtig hältst. ICH WERDE MIR INDESSEN HITOMI ZURÜCK HOLEN!“ Das sagte er so laut, dass Kobe unmittelbar zusammenzuckte. „Es ist mir egal, ob ich es allein tun muss oder nicht, aber ich werde nicht hier herumsitzen und der Sonne beim Auf- und Untergang zusehen!“, fügte er hinzu und strafte Dryden mit einem letzten, abweisenden Blick, ehe er das Zimmer mit harschen Schritten wieder verließ. Van hatte überhaupt keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Gut, er wusste, dass er nach Farnelia zurück musste, und zwar auf dem schnellsten Wege! Nur, wo bekam er auf die Schnelle ein Flugschiff her? Das war ohne Frage der schnellste Weg… Aber er könnte auch mit Kurò zurück reiten, das würde zwar länger dauern, aber auf sein Pferd war bezüglich Kondition und Ausdauer schon immer Verlass gewesen… Wo waren hier nur die Ställe? Er musste für einen Moment stehen bleiben, musste seine wirren Gedanken sammeln, die teilweise nur aus Panik bestanden und lehnte sich erschöpft gegen eine der hohen Säulen, die den Gang säumten. Er fühlte sich, als wäre er zu Fuß aus Zaibach gekommen, so schwer fiel ihm auf einmal das Atmen… Das sah ihm gar nicht ähnlich! Er war der König von Farnelia! Er hatte Dornkirk besiegt und bis jetzt immer eine Lösung bei schwerwiegenden Problemen gefunden… Wieso sollte es ihm diesmal nicht auch gelingen? Er musste zugeben, dass die Dimonsionen, in die Hitomi und er nun verwickelt waren wohl bei weitem alles bisherige überstiegen… aber… Er konnte nicht schon aufgeben, bevor er nicht wenigstens etwas versucht hatte! Er hätte verdammt noch mal in Zaibach bleiben sollen! Was konnte er hier in Astoria schon tun? Van atmete ein paar Mal tief ein und wieder aus. Irgendwann, als er glaubte, sich einigermaßen beruhigt zu haben, raffte er sich auf, ging weiter diesen schier endlosen Gang entlang. Offenbar würde ihm niemand helfen. Dryden hatte seine eigene Angehensweise der Dinge und bis hierher hatte er ihm noch folgen können. Nun war das auch vorbei… Er bahnte sich seinen Weg durch das Schloss, ließ sich schließlich von einem der herumlaufenden Diener den direkten Weg zu den Ställen zeigen und fand schnell wonach er suchte: Die Box von Korò. Sein schwarzer Hengst wieherte freudig auf, als er seinen Herrn erkannte und tänzelte aufgeregt auf der Stelle. Van jedoch hielt inne. In der Box neben der von Kurò stand natürlich – wie nicht anders zu erwarten – Hitomi`s Pferd, Minnmay. Die schöne Stute streckte ihm neugierig den Kopf entgegen und er tätschelte ihren Gold-glänzenden Hals. „Tut mir leid… Ich habe dir deine Besitzerin nicht mitgebracht…“, sagte er sehr leise und sog dankbar den warmen, markanten Geruch der Pferde ein. Wenigstens etwas, von dem er Ahnung hatte. Van überlegt, ob er wirklich auf eigenen Faust nach Farnelia zurück reiten sollte, aber im Moment war das die einzige Möglichkeit, die sein Stolz zuließ! Er würde gewiss nicht noch einmal vor Drydens Füße kriechen und ihn bitten, ihm zu helfen! „Ich schaffe das auch allein…“, murmelte er finster. „Das bezweifle ich stark, du alter Dickkopf…“ Van erkannte sofort, dass es Allen war, der da sprach. Scheinbar war er ihm spontan in den Stall gefolgt. „Halt DU mir jetzt nicht auch noch einen Vortrag!“, raunt Van genervt und drehte sich zu seinem alten Freund um. „Ich halte dir keine Vorträge... Ich werde dir helfen…“, erklärte Allen geradeheraus und sein Gesichtsausdruck drückte puren Ernst aus. „Inwiefern?“ „Ich habe meine alten Gefolgsleute benachrichtigt. Kobe ist gerade auf dem Weg zum Flugplatz um mit ihnen alles vorzubreiten. Zudem werden wir beide deine und Hitomi`s Sachen zusammenpacken, damit meine ich auch die Pferde… Nun ja, und dann geht es direkt nach Farnelia, nicht wahr?“, sagte Allen und lächelte Van dennoch verschmitzt an. Van konnte seine Verblüffung nicht verbergen. „Und das willst du wirklicht tun Allen? Ich meine, was ist mit… Kagami?“ Er hatte die unscheinbare Frau vom Mond der Illusionen bis jetzt nur einmal gesehen und hatte keinen Gedanken mehr daran verschwendet, wie es ihr und Allen jetzt wohl ging. „Keine Sorge… Kagami und… meine Tochter werden mitkommen… Wenn das kein Problem ist?“ „Ich HOFFE, es wird kein Problem…“, erwiderte Van missmutig. Allen klopfte ihm hingegen brüderlich auf die Schulter. „Hitomi bedeutet mir sehr viel Van, kaum weniger als dir. Dryden kann das tun, was er in seiner Position am besten tun kann: Verhandeln, recherchieren und Pläne ausarbeiten. Handeln werden aber WIR! Müssen wir…“ Van nickte nur und machte sich daran, die Pferde aufzuhalftern. Allen half ihm dabei und als sie schließlich gemeinsam aus dem Stall ritten, Allen auf Minnmay, musste Van es doch sagen, auch wenn es schon längst ausgesprochen war: „Ich danke dir, Allen…“ -------------------------------------------- Nachwort: Ja, einige von euch habens ja schon im vorfeld erraten: Hitomi ist schwanger! ^^ *hihi* das ist ein wichtiger punkt und naja, bin ja mal gespannt was van dazu sagt... *höhö* ich hab... echt keine zeit für mehr im moment, sitze eigentlich im unterricht und sollte an einer collage im fotoshop rumbasteln. also, fragen oder anmerkungen, nur her damit! (in euren kommis) bis bald, ich versuch mich zu beeilen! lg, Chiyo-san Kapitel 28: Die schwarze Perle ------------------------------ hallo liebe Lesenden! Oh mann... ich kann mich gar nicht oft genug bei euch für meine nachlässigkeit entschuldigen... ich hab mir diesmal wirklich viel, viel Zeit gelassen! Allerdings isses ja nicht so, dass ich jeden Tag was geschrieben hätte. Es ist einfach so, dass ich zuerst lange Zeit ne Schreibblockade hatte, aber komplett. ich war viel zu beschäftigt mit meinen Textildesin-Zeugs, ich bin zu nichts mehr gekommen, das müsst er mir glauben! Dann waren auch noch die Prüfungen im erstsemester, das war fast noch schlimmer. Stress pur! Aber JETZT endlich hab mich mal hingesetzt und dieses verflixte kapitel 28 fertig geschrieben! jaaaaaah! ^^ ich will euch gar nicht länger aufhalten... tut mir sehr leid, dass ihr sooooo lange warten musstet! Viel spass beim lesen! bis zum nachwort... ------------------------------------------ Kapitel 28: Die schwarze Perle Es war dunkel in der Zelle. Es war dort immer dunkel. Auch als Hitomi diesmal aufgeweckt wurde, fiel ihr die Orientierung zuerst schwer. Die einzige Lichtquelle war das letzte, schwache Glimmen der heruntergebrannten Fackel. „Was ist denn los?“, maulte Merle, noch ein wenig schlaftrunken von Hitomi`s Beingegend her. Seit einigen Tagen schlief die Katzendame gemeinsam mit Hitomi im Bett, da die Kälte des Berges von Stunde zu Stunde zu wachsen schien und es auch auf dem Boden nicht mehr auszuhalten war. Vielleicht war Merle auch etwas besorgt und rollte sich daher lieber hinter Hitomi`s Kniekehlen zu einem flauschigen Knäuel zusammen. Was im Moment allerdings los war, ging fast zu rasant, um von Hitomi noch im Halbschlaf registriert zu werden. Irgendjemand klopfte wie verrückt gegen ihre Zellentür und öffnete diese schon im nächsten Augenblick. Schon wieder hatte Hitomi ein Deja-vù. Baijne stand vor ihnen, die schwarzen Augäpfel glänzten im Schein seiner Fackel und das übliche, grässliche Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. „Guten Morgen die Damen! Ich hoffe, ihr seid bereit?!“ Baijne ging voran, durch dunkle unterirdische Gänge, die alle vollkommen gleich aussahen. Hitomi würde den Weg wohl nie wieder alleine zurück finden, außer vielleicht wenn sie einen roten Faden abrollen würde. Das einzige was sie spürte war, dass es bergab ging. Hinter ihnen gingen noch zwei weitere unheimliche Gestalten vom Volk des flüsternden Windes, die ihr und Merle ab und zu einen groben Schubs gaben, wenn sie in deren Augen zu langsam wurden. Merle fauchte jedes mal trotzig auf, ging aber mit finsterer Mine weiter. Hitomi selbst war nicht sehr wohl. Schon seit einigen Tagen nicht mehr. Und jetzt durch diese dunklen, kalten Gänge zu stolpern, trug nicht gerade zur Besserung ihres Wohlgefühls bei. Sie legte sich eine Hand auf den Bauch, so als könnte sie dem darin entstehenden Leben ein wenig mehr Wärme spenden. Sie war schwanger. Warum hatte erst Merle sie darauf bringen müssen? Ihr ungewöhnlicher Heißhunger, die seltsamen Schwindelanfälle und die leichten Stimmungsschwankungen… Alles sehr eindeutige Indizien! Hatte sie sich nicht erst vor kurzem mit Millerna darüber unterhalten? Und mit Van… Wenn alles gut ging, würde Van bald Vater werden und sie konnte ihm die freudige Nachricht noch nicht einmal mitteilen. Vielleicht würde er es nie erfahren? Sofort stiegen ihr die Tränen in die Augen, bei dem Gedanken daran… Schlimm genug, dass sie sich rund um die Uhr nach Van verzehrte, sie musst auch noch durch diesen eiskalten Berg laufen und damit ihr ungeborenes Baby gefährden. Was würde passieren in den nächsten Stunden? Wo bracht Baijne sie hin? Ihr kam seine Drohung wieder in den Sinn: „Van de Farnel wird tot sein, ehe ihr ihm auch nur eine Silbe sagen könnt…“ Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte sie nicht eine Sekunde auch nur entfernt an dieses Geschwätz geglaubt. Van war ein Krieger und ein guter König, es bräuchte schon ein bisschen mehr als eine fade Drohung, um ihn tot zu kriegen. Wahrscheinlich hatte Hitomi die ganze Situation aber reichlich unterschätzt… Baijne wurde jetzt langsamer, da sie zu einer Treppe kamen. Die Stufen waren ungleichmäßig und uneben. „Wo bringt man uns hin zum Teufel?!“, fluchte Merle, als sie von Baijnes Begleitern grob nach unten geschubst wurde und gegen Hitomi prallte. Sie legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf. Sich jetzt aufzuregen würde die Situation auch nicht besser machen. Baijne hatte sie Beide in der Hand, so oder so. „Halt den Mund. Wir sind sowieso gleich da…“, knurrte Baijne zurück. Hitomi bemerkte ebenfalls eine Veränderung: Im Gang wurde es immer heller und als die Treppe schließlich endete, konnte Hitomi nicht verhindern, ihren Mund vor Staunen zu öffnen. Ihr kleines Trüppchen befand sich jetzt in einem riesigen, gewölbeartigen Raum, wo sich die Wände in weit entfernter Dunkelheit nur erahnen ließen. Genauer betrachtet war „riesig“ gar kein Ausdruck… GIGANTISCH passte sehr viel besser! „Wo sind wir hier?“, fragte Hitomi atemlos. „Ich vermute, in inneren des Vulkans…“, erwiderte Merle und zeigte nach oben zu dem rundlichen Fleckchen Nachthimmel, welcher auf die Entfernung kaum zu erkennen war. „Mitten im Schacht, um genau zu sein. Der Vulkan ist schon lange nicht mehr aktiv…“, sagte Baijne beiläufig. Manchmal vergas Hitomi immer noch, dass diese Wesen alles hören konnten… Sie aber konnte im Moment ihren Blick kaum von der atemberaubenden Kulisse abwenden, während sie Stückchenweise von Baijnes Begleitern weitergeschubst wurde. Der Schacht war wirklich riesig! Die Dunkelheit lag wie dichter Nebel um sie herum und es roch noch nach Feuchtigkeit und kalter Asche. Hitomi rief sich das Stadtbild von Zaibach in Erinnerung, welches sie sich bei ihrer Ankunft gemacht hatte. Der Bergkamm begann direkt hinter der Residenz und lief dann zu einem ganzen Gebirge aus. Und dort ragte ziemlich bald jener verloschene Vulkanberg auf, den Van ihr sogar gezeigt hatte. Und darin befand sie sich jetzt? Kaum zu glauben… Erneut bekam sie einen Schubs von hinten und war dadurch endlich genötigt, auf ihren Weg zu achten. Auch hier musste sie erstaunliches feststellen: Der Schacht war komplett bedeckt mit einer spiegelglatten, schwarzen Wasseroberfläche, die im Dunkeln verschwand. Überall darauf kreuzten sich schmale Holzstege und Hitomi klapperte mit Merle, Baijne und den Anderen gerade über einen davon. Die Kälte war hier weniger intensiv als noch innerhalb der Felsen, dennoch schlang Hitomi schützend die Arme um sich selbst. Irgendetwas würde in diesem Schacht passieren, das spürte sie… Sie hatten die Felsenwand schon längst hinter sich gelassen und um sie herum lag nichts weiter als Dunkelheit und der Krater über ihnen, als der Steg plötzlich endete. Es sah so aus als würden die Holzplanken jetzt kreisförmig auslaufen. Nur wurde Hitomi von einem plötzlichen Lärm abgelenkt. Ein tiefes Summen von unglaublicher Lautstärke vibrierte durch den Schaft und Sekunden später stiegen große, sprudelnde Blasen in dem Becken vor ihnen auf. Nein, nicht nur in dem Becken! Überall, hinter ihnen, um sie herum stieg diese Luft auf und brachte das vorher so stille Wasser in wilde Bewegung. Das unheimliche Vibrieren hatte jetzt aufgehört, stattdessen war jetzt der ganze Vulkan-Schacht von einem tiefen Dröhnen erfüllt, ähnlich dem Laut eines Nebelhorns. „Was passiert hier?“, flüsterte Merle, die mittlerweile sehr nah an Hitomi herangerückt war. Hitomi zuckte ratlos mit den Schultern und versuchte stattdessen in der Dunkelheit irgendetwas zu erkennen. Umso mehr erschrak sie, als aus dem Nichts plötzlich Brisaeye auftauchte, gefolgt vom Rest des Volkes. Sie Alle starrten mit ihren schwarzen Augäpfeln in das riesige Becken vor ihnen… Wieder veränderte sich Hitomi’s Aussicht: Das Becken erhellte sich plötzlich, mehrere Stellen im ganzen Schacht leuchteten auf unheimliche Weise in unterschiedlichen Grün- und Gelbtönen auf. Niemand sagte mehr ein Wort… Wahrscheinlich würde man auch nichts verstehen, da das Dröhnen immer lauter wurde. Hitomi taten schon die Augen weh, von dem grellen Licht, weshalb sie zu Brisaeye zu ihrer Linken schaute. Das Mädchen stand starr und reglos da, wobei ihre weißen Tatoowierungen auf den Oberarmen wie schauderhafte Schemen aufleuchteten. Hitomi konnte es gar nicht verhindern: Hass tat sich in ihr auf eine übergroße Seifenblase. Wie hatte sie sich so ein einem Menschen täuschen können? Genau genommen war sie zwar gar kein Mensch, doch… Das hatte Hitomi leider erst viel zu spät herausgefunden… „Schade, dass unser Volk nicht auch noch Gedanken lesen kann…“, sagte Baijne mit seiner gehässigen, tiefen Stimme nahe an Hitomi’s Ohr. „Ich würde zu gerne wissen, was dir gerade durch den Kopf geht, so wie du die gute Brisaeye anfunkelst…“ Hitomi merkte, wie angespannt und hasserfüllt sie gerade aussehen musste, doch noch mehr ekelte es sie vor Baijnes plötzlicher Nähe und seiner abstoßenden Aura. „Glaub mir, du willst nicht wissen, was ich gerade denke…“, gab Hitomi grimmig zurück. Dabei verschränkte sie ihre Arme wieder schützend vor dem Bauch. Sie konnten ihr alles wegnehmen, aber ihr Kind würden Dornfels und seine Kumpanen nicht bekommen! Hoffentlich würde sie das auch nie vor Baijnes Ohren erwähnen… Weit weg, fast auf der anderen Seite von Gaia, befand sich Van bereits hoch über den Wolken. Er stand auf der Brücke von Allens Flugschiff und starrte in die Ferne. Nur am Rande nahm er das unendlich Wolkenmeer wahr, das sich gleißend weis vor ihm auftat. Seine Gedanken waren wie immer voll und ganz bei Hitomi. Er rief sich ihr Gesicht vors Auge, ihre wunderbaren grünen Augen und das glatte, seidige Haar. Der Gedanke, dass sie jetzt in Dornfels’ Fängen war… Er konnte das nicht mehr ertragen! Er hatte sich schon ungefähr ein Millionen Mal ausgemalt, wo sie sein könnte, wie es ihr gehen könnte und dabei querte Dornfels immer und immer wieder seine gedanklichen Wege. Van war nicht blind, er wusste, wie ein Mann einer Frau ansah, wenn er Interesse an ihr hatte… Viele Männer warfen Hitomi ihre Blicke nach, was ja auch kaum zu vermeiden war. Sie war eine wunderbare, bildschöne Frau. Aber Dornfels… Van war es nicht entgangen, dass SEINE Blicke besonders eindringlich waren. Er musste sich zwingen, sich nicht in diese Gedanken hineinzusteigern und klammerte sich daher an das große, hölzerne Lenkrad des Schiffs. „Van, reg dich nicht auf… Wir sind bald in Farnelia…“, sagte Allen eindringlich, der das Steuern des Schiffes höchstpersönlich übernommen hatte. „Ich weiß, du machst dir Sorgen um Hitomi… Du musst an sie glauben! Wir werden sie befreien und wir werden Dornfels nicht zum Zuge kommen lassen, mit was auch immer er vorhat!“ Van schnaubte nur verächtlich. „Warst du schon mal in einer Situation, wo alles gute Zureden vielleicht gut gemeint ist, für dich persönlich aber gar nichts bringt, weil die Verzweiflung einfach zu stark ist?“, fragte er herausfordernd. Allen verdrehte kurz die Augen. „Ja war ich…“, sagte er und warf Van einen Blick zu, der soviel hieß wie „Und das weißt du auch…“ Van presste seine Hände gegen die Stirn und fuhr sich anschließend durch sein Haar. Erneut kam er nicht umhin, einen verzweifelten Schrei loszulassen. „Verdammt! Da hast du es Allen! Mir geht es nur garantiert noch hundertfach schlechter!!!“, brummte er und schaute das Lenkrad in Allens Händen so böse an, als wäre es Schuld an dem ganzen Schlamassel. „Ich glaube da vorne kann ich schon die Stadt sehen!“, rief Allen als Ablenkungsmanöver. Tatsächlich: Als Van nach vorne blickte, hatte sich das dicke Wattemehr gelichtet und er sah das erste Glitzern des großen Sees. Die farnelschen Wälder hatten sich mittlerweile gelichtet, viele Blätter waren schon abgefallen, doch trotzdem leuchteten vereinzelt noch ein paar Sonnengelbe oder Feuerrote Laubbäume hervor. Die Wiesen waren nicht mehr ganz so grün wie bei ihrer Abreise, doch schien die Stadt unversehrt und warteten mit seinen soliden und einladenden Mauern auf die Rückkehr des Königs. Van spürte, wie sich seine innere Anspannung beim Anblick seiner Stadt etwas lockerte und so trat er langsam wieder an das große Panorama-Fenster der Brücke. „Ich bin ein Mann der Taten Allen…“, sagte er nun ruhig, fast leise. „Das ist mir bewusst…“, erwiderte sein Freund hinter ihm. „Deshalb ist nichts schlimmer für mich, hier herumzustehen und rein gar nichts tun zu können. Es macht mich verrückt, wenn ich daran denke, was Hitomi jetzt wohl gerade durchmachen muss!“ „Auch das ist mir bewusst…“, wiederholte Allen. „Wir müssen sie einfach zurückholen…“, sagte Van noch leiser und schloss müde seine Augen. Hitomi fühlte sich so wie das schäumende und brodelnde Wasser: aufgewühlt und unruhig. Aus der Tiefe des Vulkans stieg etwas Unbekanntes herauf und ihr war in Anbetracht dessen überhaupt nicht wohl. Trotzdem war nach schier endloser Zeit jetzt etwas zu erkennen… Das Licht im Wasser wurde wieder dunkler und der Umriss eines riesigen, unerkennbaren Objektes erschien. Was dann dort auftauchte, war wie aus einem schlechten Science-Fiction-Film: Ein riesiges, metallenes Flugschiff tauchte blubbernd und schnaufend auf, gefolgt von zahlreichen grünlich schimmernden Gymilefs im Umkreis. Das Schiff dampfte und berieselte alle Umstehende mit einem kalten Nieselregen. Hitomi konnte ihren Schock nicht verbergen: Schon der Anblick von Escaflowne vor einigen Wochen hatte sie nicht unberührt gelassen. Die Gymilefs waren ursprünglich keine reinen Kampfmaschinen gewesen, doch seit dem Krieg assoziierte man sie damit. Hitomi war der Meinung gewesen, dass alle mechanischen Krieger aus Zaibach vernichtet worden waren… Der Präsident verbarg aber scheinbar noch mehr Geheimnisse in seinem unterirdischen Berglabyrinth… Mit einem Ruck hörten die Gymilefs auf sich aufwärts zu bewegen, fast zeitgleich wie das riesige, bauchige Flugschiff. Auch das bedrückende Dröhnen stoppte und das Wasser beruhigte sich wieder. Dann ging alles furchtbar schnell. Merle und Hitomi wurden von Baijnes Helfern wieder unwirsch den Steg entlang gestoßen. Man hörte schnelle Schritte auf den Planken, VIELE schnelle Schritte! Vom Vulkaneingang her kam eine ganze Horde von Männern angelaufen, die Alle die typische weinrote Uniform Zaibachs trugen. Sie riefen sich unterschiedliche Kommandos zu und einige von ihnen trugen kantige, mattgrüne Drachenherzsteine mit sich. Was ging hier nur vor? Hitomi hatte nicht daran gezweifelt, dass Dornfels seine Drohung mit dem Krieg ernst meinte, nur… Mit Gymilefs? Sollte alles so enden wie vor 20 Jahren? Verbrannte Städte und zerstörte Leben? Wenigstens seinen Größenwahn hatte Zaibach hinter sich gelassen. Im Gegensatz zur fliegenden Festung zu Dornkirks Zeiten war das Flugschiff, - welches jetzt das gesamte, riesige Becken einnahm – nur ein kleiner Fisch. „Hitomi… Du hattest Recht! Dornfels beginnt einen Krieg!“ Merle klang erschüttert und warf ihr einen seltsam verängstigten Blick zu. Ihre Sorge um Nora und ihr Ärger über die Situation war für einen kurzen Moment nicht mehr vorhanden und ihr wurde ebenso wie Hitomi klar, welchem Schauspiel sie gerade beiwohnten. Der Beginn eines neuen, furchtbaren Krieges, oder allen anderen, seltsamen Plänen, die in Dornfels’ Kopf herumspuckten? Merle und Hitomi wurden weiter grob über die Stegbretter dirigiert, um das Flugschiff herum, welches scheinbar langsam warm lief und deshalb an verschiedenen Stellen zischende Dampfstrahlen ausstieß. Es roch genauso wie Wasser, das man zu lange hatte stehen lassen, faulig und modrig. Hitomi war es sehr zuwider an Bord gehen zu müssen, doch schienen sie unaufhaltsam auf den Eingang zuzusteuern. Das Schiff stieß einen weiteren, schnaufenden Dampfstrahl aus und damit ging mit einem quietschenden Geräusch die Heckklappe auf. Sie schraubte sich ratternd und pfeifend nach unten auf und landete hart auf den Planken des Steges. Es ging alles so schnell, Jeder schien im Aufruhr zu sein! Von irgendwoher tippelten 2 der uniformierten Zaibacher heran und brachten mehrere der Herzsteine an Bord. „Bedauerlich, dass das alles so lange dauert… Der Präsident möchte alles perfekt vorbereitet haben…“, meinte Baijne mit seinem typischen, sarkastischen Unterton. „Scheint so, ja…“, murmelte Hitomi etwas grimmig. Im Moment artete ihre Stimmung immer mehr in Griesgrämigkeit aus. Erst wurde sie von Van und ihren Freunden unfreiwillig entfernt und jetzt musste sie mit ansehen, wie Dornfels’ schräge Pläne immer mehr Form annahmen… Irgendwer hatte dem Flugschiff nun offenbar Saft gegeben. Mit einem wackligen und rostigen Dröhnen gingen die Lichter an und der vorher unheimlich dunkle Schlund hinter der Öffnung war jetzt mit schummrigem, grünem Licht erfüllt. Überall an der Außenwand glimmten kleine, runde Luken und machten die Dunkelheit des Vulkans etwas ertragbarer. Kurz darauf kam einer der umherlaufenden Zaibacher auf Baijne zu und stellte sich stramm vor ihn. „Präsident Dornfels wird in wenigen Minuten selbst eintreffen… Ich soll ausrichten, die Gefangenen werden wie nach Plan auf dem Schiff untergebracht!“ Fast militärisch korrekt verbeugte er sich mit einem kurzen Kopfnicken vor dem pechschwarzen Mann und ging strammen Schrittes wieder davon. „Gut… Ihr habt es gehört… Tut alles, wie wir es besprochen haben…“, meinte Baijne an Brisaeye und die Anderen Volksstämmigen gerichtet, woraufhin beinahe alle in diesem unerklärlichen Schimmern der Luft verpufften. Nur Baijne selbst und Brisaeye blieben wo sie waren. „Los geht’s, meine Damen…“, sagte er mit seinem typischen, undurchschaubaren Tonfall und hielt Hitomi mit einer ironischen Verbeugung die Hand wie zum Tanz hin. „Darf ich bitten?“, feixte er mit köstlich amüsierter Mine. Hitomi starrte nur angewidert auf ihn hinab und betrat kurzerhand selbst den metallenen Aufgang zum Schiff. Baijne hingegen grinste und rief: „Willkommen an Bord der schwarzen Perle! Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt…“ Van stand schon wieder an diesem Ort. Er war in den letzten Jahren viel zu selten hierher gekommen und wenn er jetzt so auf Folkens Grabstein blickte, wurde ihm ganz schlecht. Folken hatte damals auf der falschen Seite gestanden, auf der der Zaibacher… Und wegen Dornkirks banaler Ideen musste er schließlich sein Leben lassen. Van bat inständig eine unbekannte Kraft, dass sich etwas Vergleichbares nicht wiederholen würde! „Van?“ Er hörte Allen’s Stimme hinter sich, wie schon so oft in den letzten Tagen. Er war als einziger mit ihm gekommen, Alle anderen taten in der Stadt ihr Bestes, so viele Freiwillige Mitstreiter wie möglich zusammenzutrommeln. „Alles in Ordnung?“ Allen klang ein wenig besorgt. Auch er hatte im vergangen Krieg viel mitmachen müssen und dieser abgelegene Ort musste für ihn ähnliche Erinnerungen hervorrufen. „Eigentlich gar nicht…“, murmelte Van. „Was da gerade passiert… Mal abgesehen von Hitomi’s Entführung… Es ist noch nichts passiert, niemand wurde angegriffen, keine Stadt steht in Flammen, eigentlich gibt es überhaupt kein Zeichen für einen Krieg. Und doch… Ich rieche ihn förmlich.“ Er drehte sich zu Allen um. Dessen blondes Haar glitzerte in den herbstlichen Sonnenstrahlen, die sich durch die kahlen Bäume hindurch stahlen. „Da bist du nicht der einzige…“ ,sagte er bitter. Allens Blick schweifte nach links, wo der Gymilef Escaflowne friedlich zwischen einer alten Eiche und ein paar Nadelbäumen in sich zusammengesunken dasaß. An manchen Stellen hatte sich schon Rost angesetzt und schien Van und Allen davon abraten zu wollen, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. „Ich wünschte wirklich, das wäre nicht nötig…“, seufzte Van. Er ging etwas misslaunig zu Kurò hinüber, der seinem Herrn schnaubend entgegentrottete. Van tätschelte dem großen Schwarzen kurz den Hals und griff dann in die Satteltasche. Der Drachenherzstein, den er daraus hervorzog, schimmerte in einem sanften Violet-Ton in seiner Hand. Wann war das gewesen? Vor nicht einmal 2 Wochen? Als hätte er seinen Nutzen vorhergesehen, hatte sich damals dieses riesige, schuppige Monstrum über ihren Weg gelegt. Van hatte sich den herausgeschnittenen Herzstein gut aufgehoben, nur wünschte er wirklich, er würde ihn nicht brauchen. Aber es war an der Zeit zu handeln! Es war nicht mehr zu ändern! Dem Trübsinn konnte er sich später auch noch hingeben! „Allen!“, rief er aus und marschierte schnell zu der Escaflowne. „Ich hoffe du kannst deine alte Sheherasade noch fliegen! Für ein Training ist nämlich keine Zeit mehr!“ Damit sprang er auf die Moosbewachsenen Knie des Gymilefs und rammte ihm den Stein mitten in das Maschinen-Herz. Nach dem Betreten der schwarzen Perle wurden Hitomi und Merle in einen länglichen Raum gebracht, der nur aus Käfigen bestand. Wo man hinsah, kalte, graue Eisenstangen die eine Fläche von knapp 2x2 Metern einschlossen, worin sich nichts befand, außer ein paar alte, modrige Decken. Für Hitomi und Merle wurde von Baijne und Brisaeye die erste der Türen geöffnet und nachdem sie ohne Widerrede hineingegangen waren, schnappte das Schloss hinter ihnen zu. „Schon bald werdet ihr hier Zuwachs kriegen… also benehmt euch solange!“ Baijne grinste finster. Merle funkelte mindestens genauso finster zurück und ließ dann ein aggressives, katzenhaftes Fauchen verlauten, zum Ausdruck ihrer Verärgerung. „Nicht böse sein, kleines Kätzchen… Alles wird gut! So gut, dass ihr euer Glück kaum fassen werdet…“, prahlte der schwarze Mann weiter und der Schmuck in seinen Haaren klimperte dabei wie zur Zustimmung. Brisaeye sagte nichts. Sie hatte schon lange nichts mehr gesagt, stellte Hitomi gerade fest… Das Mädchen stand nur da und schwieg, wobei sie abwesend in ein unerklärliches Nichts blickte. „Komm Merle, lass dich nicht ärgern…“, meinte Hitomi dann nur und zog die Katzenfrau langsam zu sich heran, während Brisaeye und Baijne unter flimmernder Luft den Raum verließen. „Argh! Dieser MIESE, miese und abartige Kerl!“, fluchte Merle und rüttelte wütend an den Gitterstäben. „Wie kann man nur so garstig sein?!“ „Merle, beruhige dich…“, sagte Hitomi sanft. Ihre Wut, die noch vor Minuten ihr ganzes Denken eingenommen hatte, war jetzt wieder verflogen und sie empfand nur noch tiefes Mitgefühl für ihre einzige verbliebene Kameradin. Diese ließ erneut ein tiefes, wütendes Brüllen aus der Kehle rollen und rutschte dann an den harten Gitterstäben hinunter. Hitomi beugte sich zu ihr hinunter und griff nach ihren Händen. „Merle…“, wiederholte sie mit warmer, besänftigender Stimme. „Hör auf zu kämpfen…“, sagte sie, nachdem Merle ihr die Hände mit einem knurren entziehen wollte. „Ich soll aufhören zu kämpfen?! Ist dir klar was du da sagst? Dann kann ich diesen… diesen Menschen meine Nora auch gleich auf dem Silbertablett servieren!“, fauchte sie zurück. Hitomi seufzte. „Ich meine ja, nicht dass du gegen Dornfels aufhören sollst zu kämpfen… Hör auf, gegen MICH zu kämpfen… Ich weiß, dass du es mir auf ewig nachtragen willst, wie ich mich vor so langer Zeit verhalten habe, aber ist das jetzt nicht vollkommen unwichtig? Sie haben dir deine Tochter genommen und mich von denen weggerissen, die ich liebe. Wie sitzen jetzt im selben Boot Merle, im wahrsten Sinne des Wortes…“ Sie griff erneut nach Merles Händen und diesmal zog sie sie nicht weg. „Wäre es nicht an der Zeit, uns zu vertragen? Wir stehen JETZT vor viel größeren Problemen, als noch vor 20 Jahren…“, sagte Hitomi leise und drücke Merles warme Hände fest. Sie hatte zwar gedacht, dass sie in der Zelle, tief im Felsen zu einer Art „stillen Übereinkunft“ gekommen waren, aber Merle schleppte ihre Abneigung gegenüber Hitomi immer noch mit sich herum. Jetzt mussten sie es ausdiskutieren… Hitomi seufzte erneut. „Du weißt dass ich recht habe…“, sagte sie und zwang Merle, ihr in die Augen zu sehen. In Merles dunkelblauen Seelenfenster sah sie zuerst ein wenig Zweifel, Widerstreben. „Komm schon, überwinde deinen Dickkopf…“, forderte Hitomi sie schmunzelnd auf. Fast unmerklich hoben sich Merles Mundwinkel an. „Naja…“, seufzte sie, „Irgendwer muss ja auf eine schwangere Frau aufpassen…“ Hitomi war, als würde ihr eine ungeheure Last von den Schultern genommen. Erleichtert drückte sie Merle an sich. „Ich danke dir… Du wirst es nicht bereuen…“ -------------------------------------------------- Nachwort: So. Ich hoffe auch, dass ihr es nicht bereut habt, immer noch in dieser Story mitzulesen! ^^ gleich mal zu ein paar Dingen: No 1: Merle und Hitomi vielleicht kommt es euch so vor, als wär diese versöhnung jetzt ein bissl zu easy abgelaufen, aber mein gott... wenn man schon ein paar tage zusammen in einem verliess sitzt und sich zwangsweise miteinander beschäftigen muss, so muss sich da langsam mal was tun. und merles Ausraster auf der schwarzen Perle ist der entscheidende Punkt. Ich mein, die beiden werden jetzt sicherlich keine Freundschaftsarmbänder austauschen oder sowas (witzige Vorstellung...), aber sie können immerhin wieder wie zwei normale menschen miteinander umgehen. wie gleich zum nächsten PUnkt kommen. No 2: Die schwarze Perle Wenn ihr ein bisschen nachdenkt, werdet ihr sicherlich gleich sagen: "Ey, das hat die doch aus Fluch der Karibik geklaut" ich muss zugeben, das ist nicht ganz falsch... ^^ ich meine, ich habs nicht absichtlich geklaut. Ich wollte diesem blöde schiff eigentlich erst gar keinen namen denken... aber Baijne ist schuld. Dass Baijne ein wenig Ähnlichkeit mit jack sparrow haben soll, zumindest was frisur und Grinsen betrifft, habe ich ja schonmal erwähnt. und naja, als er Hitomi auffordert, an bord zu gehen, hat irgendwas gefehlt... Ein name musst her! und das ist mir sofort die "Black Pearl" in den Sinn gekommen. Was allerdings lustig ist: Das schiff sieht ja in meiner Vorstellung fast wirklich aus wie eine schwarze Perle: Bauchige form, schwarz, angsteinflössend. Also, die Black Pearl gehört natürlich Disney, Jerry Bruckheimer, wem auch immer, aber die "schwarze Perle" gehört jetzt mir und meiner geschichte! ^^ No 3: Das volk ich hab euch ja schon viele viele infos übers Volk gegegeben. Allerdings ist mir heute beim beta-lesen aufgefallen, dass vielleicht doch noch ein paar fragen aufgeworfen werden können, was das "hören" und das "verpuffen" betrifft. Also, das Volk kann natürlich nicht ALLES hören... ich habe das nicht festgelegt, wieviele kilometer im umkreis oder so... Was van in farnelia sagt, können sie von zaibach aus auf jeden Fall NICHT mehr hören! ich würde mal sagen, an dem ort, wo sie sich befinden. Wenn sie sich also in der zaibacher residenz befinden, können sie sicherlich alles hören, was dort vor sich geht, aber nicht was der nächste nachbar so in seinem haus sagt, das wäre ja unsinnig. Und das mit dem "verpuffen". Sie können sich natürlich auch nicht nach Belieben auf ganz Gaia hin und her "beamen". ich würde sagen, auch nur an dem Ort, wo sie sich befinden. Also innerhalb Zaiachs, also der Stadt, auch nur innerhalb der Stadt. Das ist mir nur so gekommen, nicht dass ihr euch da wundert... Dieses "beamen" ist natürlich eine nützliche Sache, aber ganz allmächtig ist das Volk ja auch nicht! ^^ ok. das wars denk ich an punkten, die mir dieses mal einfallen. mich würde eure meinunge jetzt interessieren und zwar wirklich. Es gibt schon noch ein paar kapitel... ich habe jetzt mal sooo 33 angepeilt. aber was ihr BIS JETZT so denkt, bitte her damit. wie fandet ihr dieses kapitel? ist euch die story noch nachvollziehbar? Das ist wirlich wichtig für mich! Beschwerden, kritik oder lob, bitt immer her damit! ^^ ach ja, noch was: Meine Aktuelle beta-leserin ist einfach viel zu beschäftigt für diesen job. ich glaub die letzten 4 kapitel habe ich ohne ihr durchlesen hochladen müssen... Das ist natürlich manchmal blöd, weil eine zweite meinung vor dem veröffentlich schon nicht schlecht ist... und manche rechtschreibfehler übersehe ich auch... ^^ ich meine, es sind ja nicht mehr so viele kapitel, aber wenn jemand von euch lust hätte, das zu machen, dann schickt mir doch bitte ne kurze Bewerbungs-Ens... *muhaha* Deutsch- und Escaflowne Kenntnisse erwünscht! ^^ also. machts mal gut. ich hoffe für mich und für euch, dass das nächste kapitel nicht gar so lang dauert. wobei, ich hab ja jetzt semesterferien, da könnte schon was gehen... ^^ ABER wenn nicht: habt geduld mit mir! ich werde diese story auf keinen fall abbrechen! schliesslich hab ich das ende schon im kopf! *gg* das muss noch niedergeschrieben werden! also, bis bald! Und denkt immer dran: Alles ist gut, solange ihr wild seid! (gomen, bin grad im wilde kerle-fieber... ^^) ade, Chiyo-san Kapitel 29: Zwei Gesichter -------------------------- Hallo Leute... oh es ist furchtbar... ich habe nicht mal ein schreibtief, aber einfach viel zu wenig zeit durch da studium... tut mir leid... echt, sehr... keine entschuldigung der welt rechtfertig euer langes warten, aber jetzt ist das neue kapitel endlich da. es ist schade, keiner von euch hat sich für den beta-job interessiert, aber gut, dann muss es eben so gehen... ach ja, wenn ihr JETZT mal in meinen Blog kuckt, in meinem Steckbrief, dann findet ihr jetzt endlich die karte von Gaia. (habe das mit dem Bilder hochladen endlich begriffen...) *gg* unübersehbar-groß! schaut sie euch mal an! ^^ also... bis zum nachwort, viel spass mit diesem kapitel... ------------------------------- Kapitel 29: Zwei Gesichter Merle und Hitomi vertrieben sich die Zeit, indem sie sich gegenseitig Geschichten erzählten. Von ihrem bisherigen Leben, von ihren Erfahrungen. Hitomi versuchte ihrer Zellengenossin zu erklären, was eine U-Bahn war, was sich allerdings als sehr schwierig herausstellte. Ab und an hielt sie inne, um den Geräuschen im Schiff zu lauschen. Sie vernahm des Öfteren Schritte über ihnen, oder es brummte ein tiefes Vibrieren durch den Schiffskörper. Dennoch redete Hitomi weiter. Da war momentan die einzige Ablenkung…. Sie ließ das Thema U-Bahn fallen und beschrieb Merle stattdessen den Stadtpark in Tokio. Im Gedanken wanderte sie den schmalen Sandweg nach, der sich durch die kunstvoll angelegte Gartenanlage schlängelte. Sie konnte die glitzernden Flossen der Karpfen im Wasser sehen, hörte förmlich das Spritzen, wenn die Fische im Teich herum sprangen. Sie ging weiter durch die Allee von Kirschbäumen und versuchte Merle deren Schönheit zu beschreiben, wenn die rosaroten Blüten im Frühling aus den Knospen heraus brachen. Dann ging sie weiter zu dem kleinen Cafè, wo sie sich oft nieder setzte, um einen Milchkaffee zu trinken. Augenblicklich erinnerte sie sich an den köstlichen Geruch des frisch gebrühten Kaffee’s und den Geschmack dieses einmaligen Schokoladenkuchen’s, der nirgendwo besser schmeckte. „Oh… Was gäbe ich jetzt für ein Stück von diesem Kuchen!“, jammerte Hitomi und musste feststellen, dass auch ihr Magen beim Gedanken daran laut zu knurren anfing. Sie hielt sich ihren Bauch und blickte gespielt wehleidig zu Merle hinüber. Diese saß immer noch mit dem Rücken an die Gitterstäbe gelehnt und starrte jetzt abwesend auf den Boden und lächelte dabei. Auch ihre Gedanken schienen zu wandern… „Als ich mit Nora Schwanger war, hatte ich ständig einen Heißhunger auf Fischpastete…“, schwärmte sie. Hitomi gab zur Erwiderung ein würgendes Geräusch von sich. Fischpastete passte so gar nicht in ihren Schokoladenkuchen-Traum… Merle schien immer noch in ihren Erinnerungen zu schwelgen, als plötzlich mehrere Dinge geschahen. Brisaeye und Baijne erschienen wieder per Luftflimmern im Raum, ein gewaltiges Dröhnen ging durch den Schiffskörper, so als würde eine Art Motor gestartet werden, und die Tür wurde aufgestoßen. Herein kam so gut wie der gesamte Rest des flüsternden Volkes. Zwischen ihnen ging eine ganze Reihe von Menschen, die in keinster Weise zusammen zu gehören. Sie alle hatten gefesselte Hände, aber das war auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Ansonsten waren sie alle ganz unterschiedlich, Bauern, Kinder und Bürger mit edleren und teureren Gewändern. Merle wich misstrauisch von den Gitterstäben zurück und gesellte sich zu Hitomi an die Wand. Alle Illusionen von Schokolade und Fischpastete waren wieder in den Tiefen ihrer Gedanken verschwunden, die jetzige Situation war einfach viel zu unerwartet gekommen. „Sind das die anderen Gefangenen?“, fragte Merle und ihrer Stimme überschlug sich dabei vor Aufregung. Hitomi wusste sofort warum: Auch sie hielt unbewusst schon Ausschau nach einem kleinen, rothaarigen Katzenmädchen. Doch nichts. Sie wurden enttäuscht, was Merle’s Sorge noch größer machte. Hitomi wollte sich gar nicht vorstellen, was in ihr vorgehen mochte. Ihre Tochter war zwar in der Gewalt von Dornfels, aber nicht unter den hereinschlurfenden Gefangenen. Da war eine blonde, dünne Frau, die nicht aufhören konnte zu weinen; hinter ihr ging ein Mann mittleren Alters, mit kurzem Stoppelhaar und einem misstrauischen, wölfischen Blick; neben ihm stolperte ein kleiner Junge mit pickligem Gesicht und eingefrorenem Gesichtsaudruck, jedoch keine Nora. Nirgendwo. Die Tür schloss sich wieder und das Volk verteilte die Frauen und Männer wahllos in die übrigen Zellen. Hitomi musste dabei zusehen. Alle sahen so gewöhnlich, so unschuldig aus… Was hatten sie an sich, dass Dornfels sie gefangen hielt? Wie konnte dieser Mann nur so grausam sein? „Das ist nicht gerecht…“, murmelte sie. Innerlich war sie so aufgewühlt, dass sie weder Baijnes protzige Anweisungen hörte, noch mitbekam, wie die schwarze Perle startete und sich in Begleitung von zahllosen Gymilefs aus dem Vulkanschacht bewegte. Sobald das Volk verschwunden war, kroch Merle zu den Gitterstäben, die an die nächste Zelle angrenzten. Dort hatten sie die blonde Frau und den kleinen, pickligen Jungen hineingesperrt, die jetzt beide in entgegen gesetzten Ecken zusammengekauert da saßen. „Hat jemand von euch ein kleines, rothaariges Katzenmädchen gesehen?“, fragte sie hastig und blickte hoffnungsvoll von einem zum andern. Doch es kam keinerlei Reaktion. Die blonde Frau weinte immer noch. Sie verbarg ihr Gesicht unter den Armen und gab dabei ein klägliches Wimmern von sich. Auch der Junge schien nicht wirklich anwesend zu sein. Er starrte unablässig auf seine Füße und bewegte die Lippen lautlos, als würde er sich selbst eine beruhigende Geschichte erzählen. „Hallo? Hört ihr mich?“, hackte Merle ungeduldig nach und klopfte geräuschvoll an die Gitterstäbe. „Merle, beruhige dich…“ Hitomi krabbelte zu ihr hinüber und setzte sich zu ihr. „Wer weiß was sie alles durchmachen mussten…“ Als Antwort bekam sie einen giftigen Blick. „Ich kann jetzt nicht mehr still sitzen Hitomi! Wenn irgendwer in diesem Raum etwas von Nora weiß, dann will ich das jetzt wissen!“, fauchte sie und stand mit diesen Wort auf. „HEY!!“, rief sie laut und verschaffte sich mit erneutem Rütteln an den Gitterstäben Aufmerksamkeit. Einige der Anwesenden blickten tatsächlich zu ihr auf, müde, ängstlich und panisch. „Hat irgendjemand von euch ein kleines Katzenmädchen gesehen? Sie hat auffällige rote Haare und durchsichtige Augen!“, rief Merle und blickte suchend von Gesicht zu Gesicht, auf eine Reaktion hoffend. „Bitte! Irgendjemand muss sie doch gesehen haben… Sie ist meine Tochter!“ Hitomi tat es im Herzen weh, Merle so sehen zu müssen… Die Verzweiflung der Katzenfrau wuchs von Minute zu Minute! „Merle, das Volk! Sie können dich hören!“, warnte Hitomi sie vorsichtig. „Das ist mir im Moment absolut egal!“, gab Merle aufbrausend zurück. „Wenn irgendjemand in diesem Raum meine Tochter gesehen hat, dann will ich das JETZT WISSEN!!!“ Die meisten hatten sich schon wieder abgewandt und wandten sich ihrem eigenen Leid zu. Es schien, als könnte keiner von ihnen mehr sprechen, so erniedrigt waren sie bereits von ihrer Gefangenschaft. Was hatten sie bisher erlebt? Bestimmt ging es einigen ähnlich wie Merle… Sie waren von ihrer Familie weggerissen worden und glaubten jetzt, sie niemals mehr wieder sehen zu können. „Merle…“, versuchte Hitomi sie noch einmal zu besänftigen. Doch dafür war Merle zu temperamentvoll. „Bitte!“, rief sie noch einmal. „Jemand muss doch etwas wissen!“ Wütend hämmerte sie gegen die Gitterstäbe und als wäre das sein Stichwort gewesen, tauchte Baijne direkt vor ihrer Nase auf. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht und er trat so nah an Merle heran, dass sich ihr Rückenfell aufstellte. Zwar waren immer noch die Gitterstäbe zwischen ihnen, aber Merle war nicht mehr in der Lage, auch nur eine Bewegung zu tun. Baijne genoss diese Tatsache sichtlich und leckte sich genüsslich über seine trockenen Lippen. „Du vergisst, dass ich alles höre, Katzenfrau… Wenn du noch einmal hier herum brüllst, wirst du dein Töchterchen garantiert nicht mehr wieder sehen…“, zischte er. „Im Gegensatz zu ihr, bist DU für Dornfels nämlich völlig wertlos…“ Damit trat er wider von den Gitterstäben zurück und verschwand mit einem letzten, drohenden Blick in flimmernder, verzerrter Luft. Merle hatte die ganze Zeit den Atem angehalten und atmete jetzt mit bestürztem Gesichtsaudruck aus. Langsam, ganz langsam, sackte sie in sich zusammen und presste ihre Hände auf ihre Stirn. „Verdammt! Irgendwer muss sie doch gesehen haben…“, jammerte sie und ließ sich jetzt ergebend von Hitomi in den Arm nehmen. „Merle…“, flüsterte diese ihr zu, „Ich bin mir sicher, dass du Nora wohlbehalten zurückbekommst… Sie ist wichtig für Dornfels… Er wird ihr nichts tun!“ „Vielleicht tut er ihr nichts, aber glaubst du nicht, dass mein Mädchen furchtbare Angst haben wird?“ Merle sah Hitomi so eindringlich an, dass diese nichts mehr zu erwidern wusste. Hitomi kannte Nora nicht. War sie ein schüchternes Mädchen, zurückhaltend wie ihr Vater oder temperamentvoll wie ihre Mutter? Spielte das überhaupt eine Rolle? Wenn sogar SIE Angst hatte, Angst vor dieser Reise, Angst vor Baijnes Grausamkeit und davor, Van vielleicht nie wieder sehen zu können, wie musste es da erst einem kleinen Mädchen gehen? Hitomi umarmte Merle noch fester, als eine zarte, zerbrechliche Stimme zu ihnen sprach: „Ich glaube, ihrer Tochter geht es gut…“ Als Van am Morgen aufwachte, waren seine Glieder so schwer, dass er am liebsten für immer und ewig liegen geblieben wäre. Er hatte von Hitomi geträumt. Er wusste zwar nicht mehr, um was es dabei genau ging, aber er erinnerte sich noch genau an ihr schönes, glänzendes Haar und die sanfte Berührung ihrer Lippen auf seiner Haut. Er sehnte sich so nach ihr, dass es ihn innerlich fast zerriss… Dennoch hatte er jetzt ein schlechtes Gewissen… Gestern hatte er den ganzen Tag damit verbracht mit Allen alle möglichen Flugrouten durchzugehen, sowie all die freiwilligen Helfer seiner Stadt zu mobilisieren und über die aktuelle Situation aufzuklären. Alle waren ziemlich aufgewühlt, seit sie erfahren mussten, dass höchstwahrscheinlich wieder ein Krieg bevor stand. Und noch mehr verwirrte sie, dass es offenbar keine vernünftige Erklärung dafür gab… Trotz alledem waren die Farnelier sehr fleißig bei der Sache. Eine ganze Horde von Kindern hatte sich darum gestritten, die Escaflowne von Moos und Rost zu befreien, ohne dass Van sie daran hätte hindern können. Währenddessen hatte er sich einen Überblick machen können, wie viele feiwillig mit auf die Reise zum Alten Land kamen, seinen Gymilef in guten Händen wissend. Der Abend war trotzdem viel zu schnell gekommen… Van wollte nicht schlafen gehen, er hätte am liebsten noch die ganze Nacht mitgeholfen für den bevor stehenden Aufbruch von Escaflowne und Allens Sheheraszade. Doch Kobe hatte ihn gezwungen, sich noch ein wenig Schlaf zu holen, bevor er in den nächsten Tagen nicht mehr dazu kommen würde. Mühsam hievte Van sich nun aus dem Bett und zog sich rasch an. Er steckte sich sein neu-geschliffenes Katana in den Gürtel und betrachte seine Erscheinung im Spiegel. Königlich und bereit für einen Kampf. Nur etwas fehlte noch… Schnell ging er hinüber zu der Kommode neben dem Bett. Dort lag in der obersten Schublade das Purpur farbene Amulett, welches ursprünglich Hitomi gehörte. Obwohl er es ihr wieder gegeben hatte, bei ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatte sie es in seinem Zimmer zurück gelassen. Er ließ die Kette schwingen und wie gewohnt pendelte sie sofort im Sekundentakt ein. „Ich hoffe, du kannst mich zu Hitomi führen…“, sagte er leise und hing sich den Splitter eines Drachenherzsteins anschließend um den Hals. Merle löste sich wie elektrisiert von Hitomi und starrte die blonde Frau in der anderen Zelle an, die bis jetzt nur geweint hatte. „Was haben sie gesagt?“, fragte Merle entgeistert. „Ich glaube, ihrer Tochter geht es gut…“, wiederholte die Frau und versuchte einen aufmunternden Blick aufzulegen, was ihr allerdings nicht sehr gut gelang. Ihre Wangen waren eingefallen, vermutlich, von viel zu wenig Ernährung; ihre Augen waren vom vielen weinen ganz rot und die blonden Haare waren fettig und irgendwie farblos. „Nora? Haben sie sie gesehen? Wie geht es ihr? Geht es ihr gut?“, fragte Merle hastig und rückte so nah an die Gitterstäbe, dass sich die Nasenspitzen der beiden Frauen fast berührten. „Ich denke schon, dass es ihr gut geht…“, sagte die Frau leise und blickte sich panisch um, so als rechnete sie jede Sekunde mit einem erneuten Auftauchen von Baijne. Sichtlich nervös erzählte sie Merle was sie wusste: „Als wir heute an Bord gebracht wurden, habe ich sie wieder gesehen… Sie ging an der Hand von einem erwachsenen Katzenmenschen, mit schwarzem Fell, wurde aber in ein anderes Stockwerk gebracht…“ „Kagou…“, flüsterte Merle. „Verdammt noch mal…“ Sie war mittlerweile fast ebenso nervös wie die Frau und blickte sich suchend nach Baijne um. Waren die Worte der blonden Frau in seinen Ohren nicht gefährlich genug oder übertönte das Motorengeräusch ihre Stimmen? Die Luft blieb jedenfalls still. „Und? Wie hat sie ausgesehen? Traurig, oder ängstlich?“, fragte Merle weiter und rechnete wohl schon mit dem schlimmsten. Die Frau kniff ihre Augen nachdenklich zusammen... „Weder noch…“, erwiderte sie, „ Sie wirkte entspannt, blickte sich überall neugierig um…“ Wieder sah sich die Frau nach einem Zeichen von Baijne um und erzählte erst bei vollkommener Sicherheit weiter: „Sie trug ein aufwändig genähtes Gewand, wie für eine Prinzessin, mit Gold- und Silberfäden bestickt… Ist sie eine Prinzessin?“ Merle schüttelte den Kopf und ließ müde von den Gitterstäben ab. Ihre Schultern sackten in sich zusammen und sie wirkte wie zuvor nur noch wie der Inbegriff von Hoffnungslosigkeit. „Nein, sie ist keine Prinzessin… Sie meine Tochter…“, seufzte Merle. „Einfach nur meine Tochter…“ Die blonde Zellennachbarin nickte verständnisvoll und sah sich erneut um. Doch noch immer war keine Spur von Baijne oder einem anderen Volkmitglied zu sehen. Das kam Hitomi wiederum fast unheimlich vor, aber warum sollte man die Situation nicht gleich ausnutzen? „Habe ich das richtig verstanden, dass sie Nora, also das Katzenmädchen, heute nicht zum ersten Mal gesehen haben?“ Die Frau schien kurz über ihre Worte nachzudenken und nickte dann eifrig. „Ja, das stimmt… Ich habe sie schon vorher gesehen… Sie ist 2 Tage nach mir in die Zelle gekommen…“ Jetzt spitzte auch Merle wieder die Ohren und lauschte der Geschichte, genau wie Hitomi. Sie hoffte, irgendetwas erfahren zu können… Vielleicht hatte die Frau ganz andere Erfahrungen während ihrer Gefangenschaft gemacht? Sicherlich war Dornfels nicht so gutmütig, jedem seiner Gefangenen eine Platte mit Bratenresten zu schicken. „Was ist passiert? Warum hat Dornfels sie und so viele andere Menschen entführt?“, wollte Hitomi wissen und deutete auf all die anderen Leute in den umliegenden Zellen. Die Frau schüttelte betreten den Kopf. „Wenn ich das nur wüsste… Es war ein ganz normaler Tag, als ich auf unserem kleinen Hof in der Nähe der Hauptstadt auf dem Feld gearbeitet habe… Ich habe nichts weiter getan als Kartoffeln zu ernten, als sie plötzlich vor mir standen…“, erzählte sie. Ihr Blick verfinsterte sie kurzzeitig, bevor die Angst und die Verzweiflung wieder zurück kamen. „Baijne und zwei seiner Leute… Sie starrten mich an, mit ihren finsteren Augen und ich war wie erstarrt. Ich hatte als Kind Geschichten gehört, von einem Volk, das nur Unglück brachte und durch und durch böse war. Aber als sie da zwischen meinen Kartoffelpflanzen standen… Das war kein Märchen mehr…“ Hitomi konnte das nur zu gut nachvollziehen. Auch ihre erste Begegnung mit dem Volk war keineswegs erfreulicher gewesen… „Sie sagten, Dornfels würde meine Dienste benötigen und ich solle mit ihnen kommen… Doch ich glaubte ihnen kein Wort! Ich hielt unseren Präsidenten immer für einen anständigen Mann, wieso sollte er sich mit solchen Schurken abgeben? Also lief ich zurück zum Hof, schrie meinem Mann und meinem Sohn entgegen, sofort im Haus zu verschwinden. Aber… schon im Hof standen die drei wieder vor mir und grinsten mich böse ab. Dann nahmen sie mich mit, ob ich nun wollte oder nicht. Mein Mann wollte mich zurückhalten, er warf sich ihnen entgegen und mein Sohn hatte sogar das Schwert aus unserer Kammer geholt, aber… es war alles zwecklos…“ Unerwartet stiegen der Frau wieder Tränen in die Augen und ihr Körper wurde von einer Art Anfall geschüttelt. Hitomi legte ihr sofort beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Was ist dann passiert?“, fragte sie vorsichtig. „Mein Mann… Tristan…“, hauchte sie… „Sie haben ihn umgebracht… Genau wie meinen Sohn…“ Sie sagte das sehr ruhig und gefasst, fast unpassend für diesen Anlass. Hitomi hingegen konnte nicht verhindern, sich erschrocken die Hand vor den Mund zu halten, genau wie Merle, nur dass diese vorher noch ein wütendes „Verfluchte Bastarde!“ losließ. „Die Kehle haben sie ihnen aufgeschlitzt und ich… musste mit ihnen gehen… Sie haben nicht auf mein Flehen gehört… Erbarmen, das kennen sie nicht…“, fuhr die blonde Frau fort und wischte sich die Tränen tapfer aus den Augen. „Aber warum? Warum haben sie das getan? Wieso wollten sie eine ganze normale Frau, wie sie es sind?“, fragte Merle und vergaß dabei fast ihre eigene, verzweifelte Situation. „Ich weiß nicht, warum… Als ich sie später danach fragte, erklärten sie mir, dass niemand vom Volk erfahren durfte, niemand aus der Bevölkerung. Und das Dornfels keine weiteren unnötigen Gefangenen duldete…“, sagte sie trocken. „Und was mich betrifft: Ich weiß wirklich nicht, weshalb sie mich entführt haben…“, erklärte sie mit trostloser Stimme. Hitomi war immer noch schockiert… Dass Baijne und sein Volk skrupellos und barbarisch waren, stand außer Frage… Aber Mörder? Sie hatte es fast nicht für möglich gehalten, aber offensichtlich hatte sie sich geirrt und die schwarzen Menschen waren um einiges herzloser als Anfangs gedacht. Ganz zu schweigen von Dornfels… Er steckte hinter alledem und ließ einfach zu, dass man unschuldige Bürger umbrachte? Unfassbar… „Wie ging es dann weiter…?“, fragte Merle vorsichtig. „Ich wurde hierher gebracht…“, erzählte die Frau weiter, „durch endlose Tunnel in diesem fürchterlichen Berg haben sie mich gebracht und in eine große, weitläufige Zelle gebracht, wo schon andere Gefangene saßen… Sie alle konnten sich nicht erklären, was Dornfels von ihnen wollte und manche hatte genau wie ich dabei zusehen müssen, wie man ihre Familie…“ Wieder stockte ihr der Atem und die Tränen rollten ungehindert aus ihren Augen hervor. „Und Nora?“, hackte Merle nach. „Sie kam wie gesagt zwei Tage später in unsere Zelle… Sie wurde von allen angestarrt… Kaum jemand hatte je in seinem Leben einen Katzenmenschen zu Gesicht bekommen. Aber das war auch schon alles. Damals war sie ängstlich, hatte sich in einer Ecke zusammengekauert und nicht gesprochen. Doch schon nach ein paar Stunden wurde sie wieder von den schwarzen Menschen abgeholt und weggebracht… Erst heute habe ich sie wieder gesehen…“ Hitomi empfand jetzt großes Mitleid. Sowohl für die blonde Zaibacherin als auch für Merle. Was war schon ihr eigenes Leid, gegen die Geschichte dieser Frauen? Wie so oft in den letzten Stunden legte sie ihre Hand auf ihren Bauch und betete inständig, dass ihrem ungeborenem Kind nichts geschehen würde… Sie blickte wieder zu der anderen Frau hinüber, die es einfach nicht schaffte, ihre Tränen unter Kontrolle zu halten. Unschlüssig und behutsam legte sie ihr erneut eine Hand auf die Schulter, in der Hoffnung, dass diese Geste irgendetwas helfen mochte, wenn auch nicht viel. Trotzdem, eine Frage blieb noch offen: „Was haben sie mit euch gemacht?“ Die Frau blickte kurz auf, verstand aber sofort was Hitomi meinte. „Nichts… Man gab uns zu essen, wenn auch nur wenig, ab und zu kamen neue Gefangene dazu, andere wurde wo anders untergebracht… Wenn wir viel redeten kam sofort ein Mitglied des Volkes… Zuerst haben sich noch ein paar mutige Männer versucht auf zu lehnen. Sie stürzten sich auf einen der Schwarzen und versuchten ihn auf den Boden zu ringen, ihm denselben Schmerz zuzufügen, wie sie es bei ihren Verwandten getan hatten. Doch die sind immer stärker, die Schwarzen…“, sagte sie finster. „Irgendwann reichte nur noch ein Blick aus diesen unheimlichen Augen und niemand aus der Gruppe wurde mehr aufmüpfig…“ „Was ist mit ihm?“, wollte Merle wissen und nickte zu dem pickelgesichtigen Jungen hinüber, der jetzt unablässig auf seinem Hintern hin und her wippte. „Er hat anfangs noch gesprochen… Doch jetzt nicht mehr… Ab und zu murmelt er etwas vor sich hin, aber sonst… ist er stumm…“ Ein weiteres Opfer Dornfels… Ein kleiner Junge, von vielleicht mal 12 Jahren, der nicht mehr sprach… Was hatte ihn dazu veranlasst? Hatte er auch dabei zusehen müssen, wie jemand aus seiner Familie kaltblütig ermordet wurde? Was war seine Geschichte? Hitomi kam nicht mehr dazu, danach zu fragen… Wie sooft in den letzten Tagen flimmerte die Luft auf dem Gang zwischen den Zellen, was die blonde Frau dazu brachte, sofort von den Gitterstäben abzurücken und sich mit weit aufgerissenen Augen an die Wand zu pressen. Wie zu erwarten, war es Baijne, der aus dem Nichts auftauchte und in seiner verwandelten Form auf sie alle hinabblickte. „Mir wäre es lieber, ihr würdet es alle diesem kleinen Angsthasen gleich tun…“, sagte er und deutete damit auf den pickligen Jungen, der sich jetzt panisch die Hände auf die Ohren presste. „Aber bitte, unterhaltet euch nur, solange ihr noch könnt…“, meinte er nachgiebig, „Doch ich muss euch leider eine eurer Kameradinnen wegnehmen…“ Merle ging sofort in Abwehrhaltung, fletschte ihre scharfen Eckzähne und stellte ihr Fell am ganzen Körper auf; die blonde Frau presste sich noch enger an die Wand, als könnte Baijne sie dann nicht mehr entdecken. „Fräulein Hitomi? Wenn ihr so freundlich wärt?“ Wie schon am Morgen verbeugte sich der schwarze Mann ironisch vor ihr und öffnete dann mit schnellen Bewegungen die Zelle. Hitomi wusste, dass es keinen Zweck hatte, zu widersprechen… Sie erhob sich, versuchte dabei möglichst gelassen zu wirken und stellte sich Baijne in den Weg. „Wo bringst du mich hin?“, fragte sie geradeheraus. „Oh, das ist eine Überraschung…“, spöttelte Baijne und seine Augen verengten sich in ihren tiefen Höhlen zu belustigten Schlitzen. Er packte Hitomi unsanft am Arm und zog sie aus der Zelle. Mit geübten Handgriffen schloss er sie sogleich und zog Hitomi zum Ausgang. „Hitomi! Pass auf dich auf!“, rief Merle ihr noch nach. Das würde sie… Auf sich beide. Baijne führte sie durch die dunklen Gänge des Schiffs nach oben. Obwohl Hitomi ihren Orientierungssinn sehr schätzte, in diesem Labyrinth aus Metall und schummrigem, grünen Licht, verlor sie schon nach ein paar Metern den Überblick. Sie begegneten ab und zu einem Zaibacher, in seiner weinroten Uniform. Alle starrten sie Hitomi feindselig an, doch sie versuchte das alles zu ignorieren. Sie achtete stattdessen auf ihre Schritte, setzte ihre Füße bedacht auf die klapprigen Stufen der vielen Treppen. Sie hatte keine Lust Baijne erneut zu fragen, wo es überhaupt hin ging. Es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Dornfels oder Kagou. Auf beide dieser Zeitgenossen war sie nicht besonders scharf… Nach ein paar Minuten schienen sie die komplette schwarze Perle durchstiegen zu haben und sie kamen in einen anderen Bereich. Das Brummen des Schiffsantriebs war hier kaum noch zu hören und das grüne Licht der Drachenherzsteine musste dem Tageslicht weichen. Am Ende des Ganges war ein riesiges Fenster und ließ einen gleißenden Strahl von Sonnenlicht ein. Hitomi ging wie automatisch auf das Licht zu… Sie hatte es schon Tagelang missen müssen! Jedoch war Baijne da anderer Meinung: „Momentchen… Hier geht es lang!“ Er hielt sie am Arm zurück und Hitomi riss sich sofort mit angewidertem Gesichtsausdruck zurück. Mörder! Sie wollte am liebsten nie wieder auch nur in Baijnes Nähe sein, nie wieder von seinen Mörderhänden angefasst werden und auch nie wieder in seine Mörderaugen sehen müssen… Baijne hob nur skeptisch eine Augenbraue und nickte dann zu der einzigen Tür hin, die sich hier oben befand. „Da geht’s rein…“ Seine schwarzen Augäpfel fixierten sie noch für eine Sekunde, ehe die Luft sich wieder in Wellen warf und er in seiner normalen Form vor ihr stand. Keine Tatoos, kein ausgefallener Haarschmuck, keine unheimlichen Augen… Der Mann hatte zwei Gesichter, und mit beiden konnte sich Hitomi schon lange nicht mehr anfreunden… Baijne klopfte der Höflichkeit halber kurz an, öffnete dann aber die Tür sofort. Hitomi ging schnell in das Zimmer, ehe Baijne wieder nach ihr griff. „Präsident… Ich bringe euch die gewünschte Gefangene…“, meinte der Schwarze und verbeugte sich mit einem spöttischen Knicks vor Dornfels. „Danke…“, erwiderte dieser trocken und gab Baijne mit einem Wink zu verstehen, dass er wieder gehen konnte. Sogleich verschwand Baijne auch in flimmernder Luft und ließ Hitomi alleine mit Dornfels zurück. Er betrachtete sie neugierig, als hätte er sie noch nie zuvor so deutlich gesehen und seine eigenartigen Augen wanderten ohne Hehl über ihren Körper, tasteten ihn von oben nach unten ab. Hitomi mochte diesen Blick nicht… Es war dieser Eidechsenblick, den sie nur zu gut kannten und dem sie von Anfang an misstraut hatte. Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust und streckte ihr Kinn angriffslustig nach vorne, als könne das seine Blicke abwehren. „Ihr seht fürchterlich aus…“, meinte er dann und wandte sich von ihr ab. Hitomi musste dazu gar nicht an sich hinab sehen… Sie konnte auch ohne Spiegel erraten, dass sie nach geschätzten fünf Tagen in Dreck und Stroh und ohne anständiges Bad sicherlich eine gute Vogelscheuche abgeben musste. Dornfels schlenderte gemächlich zu einem runden Tisch ein paar Meter neben ihm, wo sich eine ganze Reihe von Likören, Weinen und anderen Getränken in geschliffenen Glaskaraffen ansammelten. Während der Präsident gemächlich zwei Gläser mit einer bräunlichen Flüssigkeit füllte, hatte Hitomi etwas Zeit sich im Raum umzusehen. Wäre die schwarze Perle ein Hotel, wäre das hier ohne Zweifel die Präsidenten-Suite. Im wahrsten Sinne des Wortes… Das Zimmer war unheimlich groß und weitläufig. Noch dazu war es unheimlich hell, da die halbkreisförmige Schiffswand nur aus Glas bestand und somit einen unglaublichen Panoramablick auf den blauen Himmel über Gaia bot. Ansonsten war nicht viel in dem Raum… Ein Schreibtisch, wo sich diverse Papiere stapelten (Hitomi glaubte einige davon aus Dornfels’ geheimer Forschungsgruft wieder zu erkennen), ein weiterer runter Tisch mit Bestuhlung, sowie ein paar Bücherregale, die allerdings nur mäßig gefüllt waren. Zu ihrer Rechten befand sich sogleich der Badebereich – mit einer großen, einladenden Badewanne - den man offenbar mit einer Papierschiebewand abschirmen konnte. Und all das in einer Optik, wie für einen König gemacht: Goldstuck, schwere, dunkle Teppiche und aufwändig geschnitztes Holz. Dornfels kam jetzt zu ihr herüber und reichte ihr eines der Gläser. „Es tut mir leid, dass ihr die letzten Tage auf so unwürdige Weise verbringen musstet. Es war nicht in meiner Absicht, euch in eines dieser elenden Kellerlöcher zu sperren, aber der gute Kagou hat es nun mal nicht gern, wenn man jemandem eine Sonderbehandlung zukommen lässt… Die bekommt schließlich schon das Mädchen…“ Hitomi nippte an der Flüssigkeit. Es schmeckte fast so wie Pflaumenwein, süß und warm. „Welches Mädchen?“, fragte Hitomi und zwang sich dabei selber zum sprechen, obwohl sie wenig Lust hatte, Dornfels in irgendeiner Weise entgegen zu kommen. „Ihr wisst schon von wem ich spreche…“, antwortete er mit einem spitzen Lächeln und nahm ebenfalls einen Schluck aus seinem Glas. Nora, natürlich. Wenn Hitomi schon hier oben war, konnte sie vielleicht etwas über Noras befinden herausfinden. „Wo ist sie?“ „Oh, es geht ihr gut, falls ihr das meint… Ich achte gut auf die Hauptperson in diesem Stück…“, meinte er lässig und musterte Hitomi wieder mit diesem unangenehmen, durchdringenden Blick. „Kann ich sie sehen?“, wagte sich Hitomi ein Stück weiter. Dornfels lächelte. „Wenn ihr brav seid, ließe sich das vielleicht sogar arrangieren… Kagou lässt die Kleine nur ungern aus seinem verbliebenen Auge…“ Damit wandte er sich wieder ab, stellte ihre beiden Gläser zurück auf den Tisch. „Allerdings könnt ihr in diesem Aufzug niemandem mehr gegenübertreten…“, sagte er und kam wieder näher. „Ich schlage deshalb ein ausgiebiges Bad in meinen Gemächern vor, um eure Schönheit hinter all diesem Schmutz wieder hervor zu holen…“, säuselte er und kam jetzt so nah, dass Hitomi ihr Herz vor Aufregung schneller Schlug. Sie wollte nicht vor ihm zurückweichen… Sie wollte ihm zeigen, dass er sie niemals brechen würde, egal wie dreist er war! Jetzt berührte Dornfels mit zärtlichem Gesichtsausdruck ihre Wange, strich ihr eine der verknoteten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Hitomi aber blieb unbeweglich und versuchte ihr Gegenüber möglichst feindselig anzustarren. „Gut…“, sagte er dann mit seinem typischen Lächeln auf den Lippen und ließ von ihr ab. „Ihr werde euch jetzt für eine Weile alleine lassen… Wie werden schon bald unser Reiseziel erreichen und es gibt noch viel zu tun…“ Er ging in Richtung Tür und sagte noch: „Das Badewasser wird gleich jemand einlassen… Genießt es!“ Schon war er aus der Tür verschwunden und kurz darauf hörte Hitomi, wie jemand mit lautem knirschen absperrte. Sie war gefangen… Schon wieder… --------------------- Nachwort: sodala, das wars schon wieder... ich werde diesmal wirklich versuchen, mit etws zu beeilen mit dem nächsten kapitel... aber ich kann euch nix versprechen. ich muss noch so viel machen... fragen, lob und kritik bitte an mich... ich bruach euer feedback immer! bis zum nächsten mal, eure Chiyo-san Kapitel 30: Im goldenen Käfig ----------------------------- Hallo liebe Lesenden! Ich weiss, eine Entschuldigung ist mittlerweile nicht mehr ausreichend, um zu rechtfertigen, dass ich immer länger für ein kapitel zu brauchen scheine, als ich euch immer ankündige... ich war einfach ein bissl eingenommen in der prüfungszeit. aber in den letzten wochen hatte ich ein bisschen mehr zeit und schreibe gerade schon am 32ten kapitel. ich bin sehr froh, dass ihr immer noch dabei seid, und dieser Geschichte nicht überdrüssig werdet. Es geht langsam dem ende zu, aber nur langsam... ^^ Jetzt, viel spass beim lesen! bis zum nachwort ................................................................. Kapitel 30: Im goldenen Käfig Hitomi stand an der langen Fensterfront und blickte aus dem Fenster. Die Schwarze Perle flog mit einem notorischen Brummen viele hundert Meter über der gaianischen Erdoberfläche dahin, kreuzte ab und zu ein paar Wolkenfetzen, aber ansonsten war der Tag klar und sonnig. Jedes Zeitgefühl schien hier oben vergessen zu sein und doch machte sich Hitomi klar, dass trotz des klaren Himmels eigentlich der Winter über Gaia eingebrochen war. Sie presste ihre Stirn gegen die Scheibe und konnte über den gewölbten Bauch des Schiffes erkennen, dass sie sich wohl über dem Meer befanden, eine riesige, dunkelblaue Fläche, ständig aufgewühlt von den Wellen, die sich ungestüm zu sprudelnden, weißen Bergen aufschäumten. In diesem Punkt schien der Ozean, mit seinen Gezeiten, seinen Geheimnissen und Gefahren vollkommen mit dem auf der Erde überein zu stimmen… Hitomi schloss ihre Augen für einen Moment. Es machte schon lange keinen Unterschied mehr, ob offen oder geschlossen: Sie dachte sowieso ständig an Van. Nur war es in diesem Zustand leichter sich auf ihn zu konzentrieren. Sie stellte sich sein Gesicht vor, seine pechschwarzen, ungekämmten Haare die ab und an über seine geheimnisvollen braunen Augen fielen. Diese Vorstellung war ihr einziger Trost, ihre einzige Verbindung zu ihm. Sie ertappte sich in letzter Zeit öfter dabei, wie sie sich wünschte eine Vision zu haben… Vielleicht einen kleinen Hinweis darauf, wo Van gerade war und wie es ihm ging. Doch es gab keine. So sehr sie sich auch konzentrierte, ein Einblick in Vans aktuelle Situation war ihr nicht vergönnt… Ihre Fantasie arbeitete weiter, glitt über Vans gerade und schmale Nase hin zu seinen Lippen und – Hitomi wurde augenblicklich aus ihrem Tagtraum herausgerissen, als mit einem leisen sirren der Luft hinter ihr Brisaeye in Dornfels’ Zimmer erschien und sie jäh in die Realität zurückholte. Brisaeye sah müde aus, so als hätte sie nicht viel geschlafen in letzter Zeit. Ihre Augen waren leicht verquollen und eine tiefe Sorgenfalte hatte sich auf ihrer schwarzen, jungen Stirn breit gemacht, wobei sich Hitomi keinen Grund dafür vorstellen konnte. „Ich soll hier Badewasser einlassen…“, sagte Brisaeye teilnahmslos und schritt hinüber zu der großzügigen Badewanne und ließ mit einer einzigen Drehung am Hahn das Wasser einlaufen. Dornfels’ Handschrift… Wo man in Farnelia noch stundenlang Eimer für Eimer für ein anständiges Bad aufkochen musste, hatte Dornfels offenbar seine Kenntnisse von der Erde an ein paar geschickte Leute weitergegeben und es geschafft so was wie ein Wasserleitungssystem in dieses Schiff einzubauen. Bravo… Hitomi war nicht sonderlich euphorisch. Für sie war alles, was dieser Mann tat oder sagte nichts mehr als heiße Luft. Das versuchte sie sich zumindest einzureden… Auf das Bad freute sie sich allerdings sehr. Das schwarze Mädchen zog nun die Trennwand vor das Bad, abgeschirmt vom Rest des Raumes. Langsam schritt Hitomi hinüber und entkleidete sich vor einem Mannshohen Spiegel an der Wandseite des Raumes. Es war ihr egal, ob Brisaeye anwesend war oder nicht, sie wollte ihrem Ex-Zimmermädchen nicht den Anschein geben, dass sie in irgendeiner Weise verunsichert war. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie wirklich grauenhaft aussah… Ein Punkt in dem Dornfels wohl recht gehabt hatte. Hitomi hielt sich die Haare aus dem Gesicht und überprüfte, ob ihr Körper irgendwelche Blessuren erlitten hatte, von denen sie noch gar nichts wusste. Doch dem war nicht so. Ein paar Blaue Flecken und ein paar Kratzer an den Armen und ihren Fußknöcheln, wahrscheinlich noch von ihrer Wanderung durch den stockdunklen Felsengang. Ihr Blick streifte ihren eigenen Bauch und sie betastete ihn sogleich. Sie bildete sich ein, schon eine leichte Wölbung zu erkennen… Doch es war gefährlich, gefährlich für sie und ihr Kind, wenn irgendjemand ihre Schwangerschaft bemerken sollte... Schnell wandte sie sich um und stieg ohne ein weiteres Wort in die Badewanne, die jetzt fast aufgefüllt war mit angenehm warmem Wasser. Auf der Wasseroberfläche lag ein leichter Schaumfilm und es duftete herrlich nach etwas wie Rosenöl. „Der Präsident hat mich angewiesen euch alles zu bringen was Ihr euch wünscht…“ sagte Brisaeye, die nun das Wasser abdrehte und sich mit versteinerter Mine neben der Wanne postierte. Es fiel ihr offenbar sehr schwer Hitomi anzusehen, doch das war dieser abermals nicht wichtig. „Wenn das so ist…“, begann sie und lehnte sich gemütlich zurück, „hätte ich zuerst einmal ein kühles Getränk und etwas vernünftiges zu essen…“ Brisaeye verbarg geschickt, dass ihr Hitomis harscher Ton so gar nicht gefiel, und doch nickte sie kurz und säuselte: „Wie Ihr wünscht…“ Dann ließ sie wie so oft nichts weiter zurück als flimmernde Luft und verschwand aus dem Raum. Hitomis innerliche Genugtuung wuchs. Dornfels hatte Brisaeye offenbar zu ihrer persönlichen Verfügung befohlen, was fast so war wie in Farnelia, nur diesmal ohne ihre freundschaftliche Beziehung. Dies war ihr ganz recht! Brisaeye sollte ruhig spüren, dass sie für Hitomi nichts weiter als eine Verräterin war! Sie tauchte jetzt unter in das geräumige Marmorbecken und schrubbte sich anschließend ihren blessierten Körper von oben nach unten mit einem weichen Schwamm ab. Es war so angenehm, so ein simples Bad, dass es ihr fast unwirklich vorkam. Doch sie musste sich hüten… In diesem Moment kam Brisaeye zurück und stellte Hitomi ein Tablett mit einem Krug voller Wasser und einer Platte mit Brot, Käse, Obst und gepökeltem Fleisch an den Badewannenrand. „Danke…“, meinte Hitomi knapp und machte sich sogleich über die Platte her. Sie hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen und merkte erst jetzt von welch einem Heißhunger sie geplagt wurde. Es war ihr, als hätte sie nie etwas Besseres gegessen! Sie lehnte sich erneut zurück, streckte ihre Beine aus und genoss die Wärme und den Duft des Bades. Brisaeye stand immer noch neben ihr, verharrte in stiller Schweigsamkeit. „Was ist los, Brisaeye, warum bist du so still?“, fragte Hitomi, schnippischer als sie wollte. „Du bist doch sonst auch nicht auf den Mund gefallen…“ Brisaeye sagte gar nichts, doch Hitomi konnte nicht mehr aufhören, ein wenig boshaft zu sein. „Geht es dir hier besser als in Farnelia? Ich weiß ja nicht… Gut, dein Anstellung im Schloss war ja von Anfang an nichts weiter als Schwindel, aber jetzt tust du doch auch nichts anderes als den ganzen Tag hinter Dornfels und Baijne herzuräumen, oder etwa nicht?“ Sie ließ diesen Satz ein wenig im Raum schweben und konnte aus den Augenwinkeln beobachten, wie sich Brisaeyes Gesicht ein wenig verfinsterte. „Ich weiß nicht, ob das eine Erfüllung sein kann“, fuhr Hitomi fort, „da hatten wir beide in Vans Schloss mehr Spaß zusammen, wobei ich schon früh gemerkt habe, dass du irgendwas verbirgst. Aber gleich in diesem Ausmaß? Spionin für Dornfels?“ Hitomi angelte sich erneut etwas von der Platte und sah Brisaeye dabei direkt in die Augen. „Hast du überhaupt eine Ahnung, was dieser Mann gerade macht? Was er für seltsame Vorstellungen von Recht und Ordnung hat? Und dass er es zulässt, völlig unschuldige Menschen einfach zu töten?“ Sie wandte sich wieder ab und ließ sich den vorzüglichen Käse auf der Zunge zergehen. „Ach, ich vergaß… Euer Volk kann ja nichts anderes als zu töten…“ Jetzt rührte sich Brisaeye. „Sei endlich still!“, fuhr sie sie an. Hitomi fuhr zusammen. „Wenn du weiter sprichst, wird mein Bruder gleich hier auftauchen!“ Hitomi musterte das schwarze Mädchen verwundert. Sie wirkte aufgebracht und ein wenig verstört. „Dein Bruder? Wer – “ Sie hätte es ahnen müssen. In diesem Moment erschien Baijne an der Vorderseite der Badewanne und verwandelte sich vor ihren Augen in seine noch grässlichere Gestalt des Volkes. Die schwarzen Augen lagen wieder tief in ihren Höhlen und sein Grinsen wirklich noch gemeiner als jemals zuvor. Schnell zog Hitomi ihre Knie an ihren Körper und versuchte so viel wie möglich vor Baijnes stierenden Blicken zu verbergen. „Na na na, was hören meine Ohren denn da? So hab ich euch ja noch nie sprechen gehört, Mädchen!“ „Ich habe mich nur ein wenig mit Brisaeye unterhalten…“, sagte sie trotzig. „So so…“, erwiderte Baijne mit stark verengten Augen. Dann war er plötzlich mit wenigen schnellen Bewegungen hinter ihr, sein Gesicht neben dem ihren und seine rauen, aber starken Hände bedrohlich auf ihren Schultern. „Mir gefällt es nicht, wie ihr von meinem Volk sprecht, Mädchen…“ Hitomi konnte nicht vermeiden, dass sie augenblicklich anfing zu zittern. Wieso schaffte sie es in Baijnes Gegenwart nie, sich von ihm loszureißen, sich gegen seinen widerlichen Blick und seine Grobheit zu wehren? „Lass sie los!“, sagte Brisaeye jetzt. „DU mischt dich da nicht ein!“, bellte der Schwarze und grub seine Fingernägel nur noch tiefer in Hitomi’s Haut. „Baijne, Dornfels hat mir aufgetragen, mich um sie zu kümmern! Wenn er erfährt dass du hier warst…!“, versuchte es Brisaeye erneut, wagte aber nicht näher zu treten. „Dornfels muss nichts erfahren… Hast du verstanden?“, sagte er scharf und strafte Brisaeye mit finsteren, wütenden Blicken. Hitomi versuchte ihr Gesicht so weit wie möglich von Baijne abzuwenden, da kam ihr ein Gedanke: „Vielleicht sollte ich den Präsidenten darauf hinweisen, dass ihr euch nur zu gern an einigen seiner Gefangenen vergreift…“ „DAS wirst du nicht wagen!“, grollte Baijne und der Schmuck in seinem verfilzten Haar klimperte angriffslustig. Seine Hände wanderten jetzt ganz langsam an ihren Armen entlang und Hitomi betete, dass es gleich vorbei sein würde. Sie konnte sich weder rühren, noch ein weiteres Wort sagen, so geekelt war sie nun. „Baijne, hör auf damit!“, rief Brisaeye noch einmal. „Hör lieber auf deine Schwester…“, presste Hitomi jetzt zwischen ihren Lippen hervor. Jetzt ließ Baijne plötzlich von ihr ab und sie versuchte sofort so weit wie möglich von ihm wegzurutschen. „Du hast es ihr erzählt?!“, brüllte der Schwarze los. „Das war nicht meine Absicht!“, wehrte sich Brisaeye und trat ein paar Schritte zurück. „Und wenn schon, was ändert es, wenn sie es weiß?“ Baijne schien ganz und gar nicht dieser Meinung zu sein. „Ich habe dir gesagt, dass es niemand wissen muss, du dummes Ding!“, bellte er und schlug ihr mit einer schnellen, kräftigen Bewegung seines Armes mitten ins Gesicht. Brisaeye sackte ein wenig in die Knie, wandte ihren Blick gekränkt Richtung Boden. „Ich habe dich gewarnt Brisaeye! Das Volk hat dich trotz deines schmutzigen Blutes mit offenen Armen empfangen! Wenn du nicht besser auf deine Zunge achtest wird dir das noch einmal leid tun!“ Für Baijne schien das Thema damit beendet und er wandte sich mit hitzigem Gesicht wieder Hitomi zu. Ihr Blick flackerte kurz zu Brisaeye hinüber, die sich wieder aufgerappelt hatte und ihrem Bruder einen überaus hasserfüllten Blick in den Rücken bohrte. „Sooooo…“, hauchte er mit gespielt zärtlicher Stimme, „Wo waren wir stehen geblieben?“ Sein Blick wanderte trügerisch über Hitomis Körper, als Brisaeye sich erneut einschaltete. „Du sollst sie nicht anrühren, habe ich gesagt!“, schrie sie aufgebracht. Baijne jedoch ignorierte sie und bewegte sich Schritt um Schritt auf Hitomi zu. Dann passierte etwas, was Hitomi neu war: Brisaeye war offenbar nicht gewillt, dem Treiben ihres Bruders noch weiter zuzusehen, so packte sie ihn am Oberarm und verschwand gemeinsam mit ihm in sirrender, flackernder Luft. Hitomi wagte sich nicht zu bewegen. Was war da gerade passiert? Brisaeye und Baijne waren Geschwister… Was für eine Neuigkeit! Aber was hatte sich da eben zwischen den beiden abgespielt? Sie konnte sich absolut keinen Reim darauf machen… Was ging hier nur vor sich? Baijnes Absichten war zwar nicht schwer zu durchschauen, doch bis wohin war Dornfels’ Einfluss wichtig und wieso war Brisaeye von „schmutzigem Blut“? Hatte Brisaeye sie gerade zu beschützen versucht, oder irrte sie sich? Erst nach ein paar Minuten streckte Hitomi ihre Beine wieder zögerlich aus, zog sie aber im selben Moment wieder an ihren Körper. „Ich bin es nur…“, sagte Brisaeye, die soeben wieder erschienen war. „Baijne wird nicht wiederkommen, das hat er mir versichert…“ Sie fuhr sich geistesabwesend über ihre gerötete Wange. „Allerdings wird Dornfels bald wieder auftauchen, also wasch dir lieber die Haare…“, sagte sie und schritt hinüber zur Kommode, wo sie ein paar Fläschchen unter die Lupe nahm, die mit verschiedenen farbigen Flüssigkeiten gefüllt waren. Hitomi musterte sie von der Seite… Die Verachtung, die sie noch vor ein paar Minuten bei diesem Anblick verspürt hatte, hatte sich aufgelöst, wie Baijne in der flimmernden Luft. „Ich danke dir, Brisaeye…“, sagte sie schlicht. Das schwarze Mädchen hatte einen Flakon mit grünem Inhalt gewählt und reichte ihn an Hitomi weiter. Dabei trafen sich kurz ihre Blicke und Brisaeye sagte: „Ich habe es nicht für dich getan…“ Kobe saß nachdenklich an einem der Tische in der Bibliothek, um sich herum einen Stapel von Papieren und Landkarten ausgebreitet. Sein Blick war abwesend und schien in der Ferne hinter dem Fenster irgendetwas zu sehen, wobei seine buschigen, grauen Augenbrauen sorgenvoll zusammengezogen waren, wie so oft in den letzten Tagen. Eine umherschwirrende Fliege, die sich von Draußen her herein verirrt hatte, kreuzte sein Blickfeld und riss ihn aus seiner Trance. Er rieb sich mit seinen alten Händen über sein Gesicht, um die Müdigkeit zu verscheuchen und wandte sich wieder an die Karte, die vor ihm lag. Es war eine Karte von Gaia, alt und von sehr feiner Zeichnung… Jeder Fluss, jeder Berg und jeder Baum schien darauf genau zu sehen zu sein. Es war die einzige Karte, die sie gefunden hatten… Die einzige, auf der noch das Alte Land eingezeichnet war… Die Insel lag etwas abseits von Astoria und wirkte wie ein ganz normales Stück Land, das über die Jahre einfach in Vergessenheit geraten war. Wie konnte so etwas passieren? Welche engstirnigen Könige hatten veranlasst, die Ansicht der Planeten einfach zu verfälschen? Atlantis war zwar nach wie vor ein schwarzer Punkt in der Geschichte des Planeten, doch hätte man vielleicht soviel mehr über ihre Vorfahren herausfinden können, wenn man nur von dieser Insel gewusst hätte. Kobe rieb sich noch einmal über sein müdes Gesicht, reckte und streckte sich. Er hatte die ganze Nacht die Bibliothek durchstöbert, während draußen ganz Farnelia in geschäftiger Aufregung war. „Was werden wir wohl vorfinden?“, sagte Kobe laut, rollte die Karte dann zusammen, um sie seinem König zu bringen. Van war zur selben Zeit im ersten Morgenlicht gemeinsam mit Allen über eine andere Karte gebeugt, auf der viele Zahlen und Koordinaten gekritzelt waren. „Konntest du ein wenig schlafen?“, fragte Allen nachdrücklich. „Eigentlich nicht…“, antwortete Van ehrlich. „Mein Körper wollte zwar, aber mein Geist war so unruhig, wie das tosende Meer vor Astoria…“ „Verstehe…“ Allen nickte und war ganz froh, dass er wenigstens ein paar Stunden schlafen konnte. Er hatte Kagami an seiner Seite gehabt, hatte ihr gleichmäßiges Atmen vernommen, sowie in der Wiege neben dem Bett das leise Schnarchen seiner Tochter. Obwohl heute der Tag des Aufbruchs war, hatte er doch von seiner Familie die nötige Ruhe bekommen und dafür war er sehr dankbar, wenn er dagegen die Augenringe des Königs betrachtete, die sich allmählich in seinem Gesicht abzeichneten… Van seufzte, schrieb aber dann zufrieden die letzte Zahl auf das Papier. „So, das sollte für den Kaptain genügen… Ich denke, er kann diese Insel nicht verfehlen, so groß wie sie ist…“, meinte er fachmännisch. „Gut, ich werde sie ihm gleich bringen…“ Allen nickte und schritt mit den Papieren hinüber zu einem bärtigen Mann, der bereits mit einem Pferd wartete, die Flugkoordinaten zum Flugschiff vor die Stadttore zu bringen. In diesem Moment kam auch Kobe aus dem Schloss, mit einer Schriftrolle in der Hand, die er mit auf den Tisch legte. „Ich habe dir Karte. Alles ist bereit, mein König…“ „Danke, Kobe…“, erwiderte Van und drückte seinem langjährigen und treuen Berater freundschaftlich die Schulter. „Escaflowne ist gereinigt und für euch bereit, die Fußtruppen sammeln sich gerade und werden noch in der nächsten Stunde nach Astoria aufbrechen, um die dortigen Einheiten im Falle eines Angriffs zu unterstützen…“ Van grinste. Kobe wollte immer alles noch einmal durchgehen, aber das war eben seine Art. „Richtig. Im Falle eines Angriffs wird Astoria wohl als erstes betroffen sein. Fraid hat eine kaum einnehmbare Festung, die können für sich selbst sorgen…“, setze er Kobe’s Gedankengang fort. Kobe nickte und sprach weiter: „So ist es. Ihr selbst werdet mit Escaflowne voraus fliegen, begleitet von Allens Flugschiff, auf dem sich auch dessen Gymilef Sheherazade befindet, welcher allerdings nur im Notfall zum Einsatz kommen soll. Wir werden auf dem alten Land landen, Dornfels stellen und das Fräulein Hitomi, sowie weitere Gefangene befreien. Sollte es zum Kampf kommen, wird Escaflowne eingesetzt, sowie alle vorhandenen Männer…“ Weiter sprach Kobe nicht. Van wusste, dass dies eine viel zu optimistische Schilderung der Dinge war, aber es kam sowieso meistens anders als man dachte. „Was wird uns wohl auf dieser Insel erwarten?“, sprach er laut aus. „Ich weiß es nicht, mein König…“, erwiderte Kobe und reckte seine Schultern, sodass seine Wirbelsäule knackte. Van streckte sich ebenfalls und nahm am Rande wahr, wie Farnelia allmählich wieder zum Leben erwachte. Er hatte alle Freiwilligen am Tag zuvor noch persönlich ins Bett geschickt, damit heute alle bei Kräften waren. Er selbst fühlte sich seltsam hohl… Als wäre sein Körper gar nicht mehr vorhanden, als wäre all seine Macht irgendwo im Himmel zwischen Astoria und Farnelia verloren gegangen. Nur Hitomi’s Amulett lag schwer auf seiner Brust, wie ein eingemauerter Stein. War er bereit zu kämpfen? Ja, er war es… Er hoffte nur, dass es Hitomi gut ging, alles andere würde er schon schaffen… Aber wenn Dornfels ihr irgendetwas antat… Dann Gnade ihm Gott! Hitomi wusch sich wie befohlen die Haare und stieg nach einer Weile schweren Herzens aus der Wanne. Sie wickelte sich in das bereitliegende Leinentuch ein und betrachtete ihr Gesicht erneut im Spiegel… Sie sah schon sehr viel besser aus, allerdings wusste sie nicht, was sie fühlen sollte. Es kam ihr falsch vor, sich so wohl zu fühlen, und doch tat sie im Moment nichts anderes. Das warme Wasser, der angenehme Duft des Handtuchs und kein Dornfels oder Baijne weit und breit. Auch ihr Plan, Brisaeye ihren Verrat auf eine möglichst uncharmante Weise heim zu zahlen, hatte sich irgendwie in Luft aufgelöst. Was war nur los? Hitomi schob ihren Gedankenwirrwarr auf die einlullenden Gerüche, die das heiße Bad nach wie vor verströmte und wandte sich kopfschüttelnd an das Kleid, welches Brisaeye ihr zurecht gelegt hatte. Es war Weinrot, die Farbe Zaibachs und so hoch geschlossen, dass sie damit wohl im Partnerlook mit Phära mithalten konnte. Wo war Phära überhaupt? Hitomi hatte sie schon seit ihrer Ankunft in Zaibach nicht mehr gesehen und gestand sich ein, dass ihr die strenge, reservierte Frau wohl lieber wäre als Baijne oder Kagou. Man konnte wohl nicht alles haben… Sie zwängte sich in das Kleid hinein, knöpfte es bis zum Hals zu und flocht sich ihre noch feuchten Haare zu einem schnellen, aber sauberen Zopf zusammen. Da Brisaeye nicht mehr aufgetaucht war, schlenderte Hitomi leise, auf jedes Geräusch achtend, wieder nach vorne in das weitläufige Zimmer und als sie an der Tür vorbei schlich, drückte sie hoffnungsvoll die Klinke. Abgeschlossen, nach wie vor. Doch dann, nur eine Sekunde später, hörte sie das knirschende Geräusch, wenn jemand einen Schlüssel umdrehte und sie stolperte erschrocken zurück, als Dornfels die Tür öffnete. Er stand vor ihr, groß und arrogant, mit seinem üblichen, geheimnisvollen Lächeln. „Wie ich sehe, habt ihr meinen Rat befolgt?“, sagte er und musterte sie abschätzend von oben bis unten. „Ihr meint wohl euren Befehl… Von eurem Kindermädchen ausgeführt…“, erwiderte Hitomi spöttisch. „Ja, das auch…“ Gelassen trat er ein und schloss die Tür wieder hinter sich ab. Der Schlüssel wanderte mit einer schnellen Handbewegung in die linke Tasche seines Umhangs. In Hitomis Kopf spielte sich bereits ab, wie sie mit dem Schlüssel aus diesem elenden Gefängnis entwischte, um nach Nora zu suchen. Doch wie sollte sie das anstellen? „Also, Präsident… Oder soll ich euch bei eurem richtigen Namen nennen, Philippe?“ Hitomi war langsam auf den Geschmack gekommen, dass ihr eigener Zynismus wohl am besten half, mit der Situation umzugehen. „Was werden wir jetzt tun, nachdem ich ja wieder einigermaßen ansehnlich aussehe? Sollen wir vielleicht zusammen eine Tasse Tee trinken und über das schöne Wetter draußen reden? Oder lieber darüber, dass sie zulassen, wie unschuldige Menschen ermordet werden und ein kleines Katzenmädchen gefangen gehalten wird, weil es außergewöhnlich faszinierende Augen hat? Leider habe ich keine Tarotkarten bei der Hand, sonst würde ich ihnen prophezeien, dass sie irgendwann dafür bezahlen werden…“, fuhr sie ohne Unterbrechung fort und verschränkte dabei ihre Arme vor der Brust. „Habt ihr das nicht schon getan? Ihr solltet mir sagen, wann euer Herzblatt Van hier auftaucht, um mich in Stücke zu hacken… Dann könnte er vorher noch unserer Teerunde beiwohnen…“, erwiderte Dornfels geflissentlich. Hitomi wusste nichts schnippisches mehr zu erwidern und trat stattdessen sehr nahe an Dornfels heran. Wenn sie ihn nur ein wenig ablenken könnte, würde sie vielleicht an den Schlüssel herankommen… „Ich frage euch noch mal: Was wollt ihr von mir?“, fragte sie. „Das habe ich doch schon mehrmals betont…“, antwortete Dornfels und trat auch ihr so weit entgegen, dass ihre Nasenspitzen nur noch ein paar Zentimeter voneinander getrennt waren. „Ich will euch haben. Das ist alles.“ „Tatsächlich?“ Hitomi hob unbeeindruckt eine Augenbraue. Wenn es das war was dieses Scheusal haben wollte, sollte er es kriegen. „Ich wüsste nicht, was an einer durchschnittlichen Frau wie mir so besonders sein soll…“, hauchte sie in Dornfels’ Ohr und rückte noch so weit an ihn heran, das ihre Arme wie durch Zufall um seiner Hüfte lagen. „Oh, ich bin mir sicher, dass ihr euch eurer Besonderheit bewusst seid…“, erwiderte Dornfels und wenn Hitomi sich nicht irrte, hörte sie ein leichtes Schwanken, aus seiner sonst so starken Stimme heraus. Sie näherte sich mit ihren Lippen ganz langsam den seinen, presste sich mit ihrem Oberkörper noch näher an seinen und wanderte mit ihrer Rechten Hand in ihre gewünschte Richtung. Wie es allerdings weitergehen sollte, sobald sie den Schlüssel hatte, war ihr nicht so ganz klar. Sie konnte Dornfels ja schlecht niederschlagen… Es war ja nicht einmal ein geeigneter Gegenstand dafür in Sichtweite. Sie konzentrierte sich weiter auf ihr Vorhaben und bemerkte zufrieden, wie Dornfels’ Atem nur noch leicht stockend ging. Männer waren ja so durchschaubar… Hitomi ließ ihre Hand jetzt vorsichtig in der Tasche verschwinden, doch Dornfels fasste ihr Handgelenk und drückte ihr grob den Knöchel zusammen. „Ihr seid schlau, Hitomi, aber leider viel zu leicht zu durchschauen…“, flüsterte er gehässig. Wütend riss Hitomi ihre Hand aus seinen Fängen und zwang sich dazu nicht lauthals zu fluchen. „Glaubt ihr wirklich, ich nehme es euch ab, dass ihr plötzlich an mir interessiert seid?“, fuhr Dornfels in aller Ruhe fort, während Hitomi mit ärgerlichem Gesichtsausdruck ihren Knöchel rieb. „Ich werde niemals an euch interessiert sein!“ Dornfels hob nur unbeeindruckt eine Augenbraue und ging langsam auf Hitomi zu, die mit jedem Schritt weiter zurück wich. „Irgendwann werdet ihr es einsehen… Dass ihr viel besser an meine Seite passt, als an die, dieses launischen Königs. Aber ich kann warten… Ich bin ein geduldiger Mann…“ Mit einem unnatürlich großem Satz war er auf einmal bei ihr, sodass Hitomi erschrocken mit dem Rücken gegen den Pfosten des übergroßen Himmelbetts krachte. „Aber auch nur ein Mann…“, sagte er und presste Hitomi so eng an sich, dass sie sich nicht mehr rühren konnte. Verzweifelt versuchte sie sich aus seiner Umklammerung zu winden, machte die Situation damit aber nur noch hitziger… „Ihr seid eine unheimlich anziehende Frau… Vielleicht hättet ihr nicht versuchen sollen mich zu verführen.“ Hitomi bog und streckte sich. Verdammt, jetzt hatte sie den Salat! Wie hatte sie auch nur so weit gehen können? „Lasst mich!“, stieß sie aufgebracht hervor. Natürlich dachte Dornfels nicht daran. Sein Mund senkte sich hinab auf ihren Hals und seine Arme umklammerten sie nach wie vor wie in einem Schraubstock. Es war aussichtslos. Hitomi’s Körper war von dem langen Bad noch schwerfällig und nicht gewillt, sich weiter bis zur Besinnungslosigkeit gegen Dornfels’ Avancen zu sträuben. Allerdings war ihr Geist nicht gewillt sich hier und jetzt von Dornfels aufs Bett drücken zu lassen und… Sie wollte gar nicht daran denken… In ihrem Kopf schwirrten Bilder von Van, von Millerna, von Tomu und komischerweise von Brisaeye umher. „Wenn ihr mich braucht, dann ruft einfach nach mir, ich höre euch überall…“ Wenn sie sich richtig entsann, hatte Brisaeye das vor langer Zeit einmal zu ihr gesagt. Es konnte nicht mehr als schief gehen… „BRISAEYE!!“, brüllte Hitomi mit ihrer ganzen Lungenkapazität und stemmte sich mit einem neuen Versuch gegen Dornfels’ Umarmung. Dieser runzelte verwundert die Stirn. „Glaubst du, dass meine Untergebene dir irgendwie helfen wird?“ Er packte sie grob an den Hüften und küsste sie unsanft auf die Lippen. Hitomi aber schnappte zu und biss ihm ebenso unsanft in die Lippe. „Argh!“ Sofort ließ Dornfels von ihr ab und schütze seinen Unterleib mit einer Hand, wonach Hitomi zu treten versuchte und tastete mit der anderen nach seiner Lippe, aus der bereits Blut hervor sickerte. „Es gefällt mir, wenn ihr euch aufregt…“, keuchte er und trotz des Rückschlags, wich sein gewinnendes Grinsen nicht aus seinem Gesicht. „Brisaeye!“, rief Hitomi noch einmal und wich so weit von Dornfels weg, wie es nur ging. Jä vibrierte die Luft direkt neben ihr und Brisaeye tauchte mit einem völlig ausdruckslosem Gesicht auf. Sie sah Hitomi an, dann Dornfels, der sich mit einem undefinierbarem Keuchen das Blut aus dem Gesicht wischte. „Baijne ist beschäftigt, aber ich soll euch von Meister Kagou ausrichten, dass wir in ein paar Minuten am Zielort ankommen werden…“, sagte sie nur, an Dornfels gewandt. Dann verbeugte sie sich und verschwand wieder. Hitomi's Vorsatz, einfach nach Brisaeyes Arm zu greifen und mit ihr zu verschwinden, so wie sie es heute bei Baijne gesehen hatte, löste sich mit dieser Ankündigung in Luft auf. Sie war Dornfels Verlangen nach ihr wohl gerade noch so entgangen, denn er richtete sich wieder zu seiner ganzen Größe auf, blickte sie lange und durchdringend an, ehe er mit herrschaftlichem Gang zur Tür schritt. Er hielt noch einmal inne und sagte: „Irgendwann werdet ihr mir gehören, Hitomi… Und ihr werdet mich ebenso wollen, wie ich euch will… das versichere ich euch.“ Damit verließ er den Raum und sperrte Hitomi rasch ein. Diese berührte ihren Hals an der Stelle, wo Dornfels seine Spuren hinterlassen hatte. „Van… komm schnell…“, flüsterte sie und musste sich zwingen, nicht augenblicklich in Tränen auszubrechen… ................................................ Nachwort: ich verspreche euch, die langweweile ist vorbei. wo es in diesem kapitel vielleicht wieder etwas zäh voran geht, im nächsten steigt die spannung garantiert wieder. in diesem kapitel war es mir wichtig, nochmal dornfels' unromantische Absichten klar zu stellen und Brisaeye wieder aus der Versenkung zu holen. Auch wenn Brisaeye zum Volk gehört, ihr ist nicht die Rolle des bösen Racheengels gedacht. ihr werdet schon noch sehen... ^^ Auch was man hier über Brisaeye und Baijne erfährt, wird im nächsten kapitel vielleich noch klarer. ich hoffe, ihr könnt mir noch folgen! wenn nicht, kritik oder auch lob wie immer an mich! danke auch an Nabuku, die ab jetzt die restlichen kapitel beta-lesen wird, bevor ich sie hier reinstelle. also, bis bald. eure Chiyo-san Kapitel 31: Blutopfer --------------------- so, ich sagte ja, diesmal dauerts nicht so lang... ^^ --------------------------------------------------- Kapitel 31: Blutopfer Die Ankunft auf dem alten Land war sehr viel unspektakulärer als Hitomi es erwartet hatte. Keine Trompeten, Fanfaren oder gar eine protzige Zeremonie… Die schwarze Perle setzte mit einer plumpen Bewegung direkt vor der Küste ins Wasser und pendelte sich dort erst eine Weile aus. Hitomi bekam das Schwanken in Dornfels’ Zimmer nur am Rande mit und versuchte durch die Fensterscheiben irgendwie zu erkennen, was draußen vor sich ging. Sie musste sich dies noch eine ganze Weile fragen, ehe sie von Brisaeye abgeholt wurde. Sie bekam einen weinroten, warmen Mantel und wurde nach draußen geführt. „Ich rate dir, dich ruhig zu verhalten…“, raunte das schwarze Mädchen ihr zu, als sie durch die unzähligen Treppen des Schiffes nach unten tappten. „Und halte dich von Baijne fern…“, fügte sie noch hinzu, als sie zum Ausgang kamen und ihnen nach schummrigem, grünem Licht wieder Tageslicht entgegen kam. „Das musst du mir nicht sagen…“, erwiderte Hitomi trocken. Sie gingen über einen schmalen Holzsteg an Land, welcher so aussah, als wäre er erst vor kurzem gebaut worden. Sofort schlug ihr eisiger Küstenwind entgegen und sie zog automatisch ihren weinroten Mantel enger um ihren Körper. Sie waren an einem Strand gelandet, nicht sandig und weiß, sondern grau und kiesig. Darüber hinaus konnte man nicht viel sehen… Die Pflanzenvegetation war typisch gaianisch, ein wenig von allem. Hinter den Büschen und Bäumen, von denen viele bereits ihre Blätter verloren hatten, ragte eine mächtige Klippenwand auf, die jeden weiteren Blick verbaute. Was wohl dahinter lag? Hitomi tauschte einen fragenden Blick mit Brisaeye aus, doch diese schwieg wieder einmal. Dann warteten sie. Um sie herum standen einige Soldaten, alle in Zaibach’s Weinrot gekleidet und mit grimmigem und undurchschaubarem Gesichtsaudruck. Manche von ihnen waren so jung, dass sie noch Pickel auf der Nase hatten. Taten sie all dies Freiwillig? Oder hatte Dornfels andere Methoden junge Männer an sich zu binden? Irgendwie wollte sie es gar nicht wissen… Nach einer ganzen Weile, passierte endlich etwas… Baijne kam aus dem Schiff, im Schlepptau all jene Gefangenen, die Hitomi noch am Morgen in den Zellen gesehen hatte. Sie waren umzingelt von weiteren Soldaten, doch wusste Hitomi aus erster Hand, dass sie mittlerweile viel zu geschwächt waren, um auch nur einen Fluchtversuch zu wagen. Der Trupp machte am Strand halt und Hitomi versuchte einen roten Haarschopf auszumachen. Merle stand bei der blonden Frau, die ihnen ihre Leidensgeschichte so tapfer mitgeteilt hatte und stützte diese. Sie schien von allen Gefangenen am wenigsten Kraft zu haben. Irgendwann sah Merle zu ihr herüber und musterte sie besorgt. Hitomi versuchte ihr mit einer kleinen Geste zu signalisieren, dass alles soweit in Ordnung war. Aber sie musste unbedingt mit ihr sprechen… Allerdings standen im Moment zu viele Soldaten herum um auch nur einen Fuß in Merle’s Richtung setzen. Vielleicht würde es später eine Gelegenheit geben… Just in diesem Moment wurden ein ganze Hand voll Pferde aus dem Schiffsbauch geführt – bestimmt 10 oder 15 – die alle aufgeregt wieherten und nach dem langen herumstehen an Bord freudig umher tänzelten. Ihre langen Ohren wackelten aufgeregt und die umstehenden Männer versuchten die Tiere still zu halten. Eines davon, ein stahlgraues, wurde zu Baijne geführt und dieser schwang sie sogleich mit aller Kraft in den Sattel. „Was passiert jetzt?“, flüsterte Hitomi in Richtung Brisaeye, in der Hoffnung, dass diese sich auf eine Antwort herablassen würde. „Wir werden in das Alte Land vordringen…“, sagte sie nur und beobachtete abwesend die Szenerie. „Warum sind wir nicht erst hinter der Klippe gelandet…“, fragte Hitomi weiter. „Das geht nicht. Es liegt ein Zauber auf diesem Ort… Man kann seine Grenzen nicht so einfach überschreiten…“ „Ein Zauber?“ Hitomi konnte sich nur vage etwas darunter vorstellen. Was meinte Brisaeye damit? Sie erinnerte sich daran, wie Merle ihr erzählt hatte, dass das Volk des flüsternden Windes ihre dunkelste Stunde überstanden hatte, indem es auf diese Insel geflohen war. „Du wirst es schon noch sehen…“, erwiderte Brisaeye und sah ihr dann direkt in die Augen. „Ich weiß, du hasst mich, für das was ich getan habe… Bis vor kurzem dachte ich, dass alles was ich getan habe, richtig war, solange es nur für Dornfels war. Aber mittlerweile gibt es ein paar Dinge, die mich nicht mehr so denken lassen…“ Hitomi traute ihren Ohren kaum. Hatte sie richtig gehört? War Brisaeye gerade dabei, sich bei ihr zu entschuldigen? „Du musst mir nicht verzeihen. Das erwarte ich gar nicht… Ich will dir nur sagen: Gib Acht auf dich. Alles was von nun an geschehen mag, übersteigt auch meine Vorstellungskraft…“, sagte sie leise. Bedeutete das, dass Brisaeye selbst noch nicht an jenem Ort hinter den Klippen war? „Brisaeye… Ich hasse dich nicht…“, konnte Hitomi dann endlich erwidern. „Aber ich brauche ein paar Antworten! Wieso hat Baijne dich als schmutziges Blut bezeichnet?“ Sie musste dieses Thema jetzt anschneiden… Vielleicht gab es später keine Möglichkeit mehr dazu. Das schwarze Mädchen blickte nachdenklich zu Boden und schien über ihre Antwort gründlich nachzudenken. „Weil ich Menschenblut in mir habe…“, sagte sie trocken. „Wir sind nicht blutsverwandt… Mein Vater hatte nach dem Tod von Baijnes Mutter einen kurzen Ausflug in die Welt hinter dem Ozean gemacht, weit weg von dieser Insel. Dort vergewaltigte er die Frau, die später meine Mutter sein sollte…“, erzählte sie leise, aber mit eiskalter Stimme. „Niemand durfte von dieser Verbindung wissen, eigentlich durfte nicht einmal jemand meinen Vater gesehen haben, da das Volk als ausgelöscht galt. So nahm er meine Mutter mit auf die Insel, versteckte sie in einer Höhle, wo sie nach einer komplizierten und schmerzhaften Schwangerschaft bei meiner Geburt starb. Mein Vater war damals das Oberhaupt des Stammes, also traute sich niemand etwas gegen diese Schande des Blutverrats zu sagen. Mein Vater begründete seine Reise in die äußere Welt damit, dass das Volk nur noch aus einer Hand voll Mann bestand und es an der Zeit wurde, dass sie sich auch auf andere Art um ihren Fortbestand kümmerten. Doch nach mir, kam so etwas nie wieder vor…“ Sie hielt kurz inne und ließ ihren Blick die Küste entlang wandern, wo sich das Meer an hohen Klippen brach. „Ich wuchs an diesem Ort auf, mein Vater lehrte mich alles, was ein Stammesmitglied wissen musste – die Grausamkeit, das töten, die eigene Einsamkeit - , aber ich war nur ein Halbblut und das ließen mich auch alle spüren. Besonders Baijne. Er will mit einem Halbblut nichts zu tun haben, dafür ist ihm der Stolz auf seine Rasse viel zu wertvoll…“ Hitomi schnappte geräuschvoll nach Luft. Sie hatte nicht im Entferntesten geahnt, das Brisaeye’s Vergangenheit so grotesk verlaufen war. „Was ist mit deinem Vater jetzt?“ „Tot… Er ist vor ein paar Jahren ertrunken, bei einem weiteren Versuch die See zu überqueren…“ Hitomi war tief getroffen… Die Art, wie Brisaeye ihr all dies geschildert hatte, ließ sie noch mehr erschaudern. Brisaeye blickte sich um, um sicher zu gehen, dass auch niemand sie belauschte, dann sprach sie weiter: „Hör zu Hitomi… Ich habe viele Jahre an diesem Ort verbracht, die Küste Abwärts in unserem kleinen Dorf. Seit Dornfels uns für sich verbürgt hat, existiert es nicht mehr. Baijne ist jetzt das Oberhaupt des Stammes und er würde alles tun, um unserem Volk wieder Ruhm und Ehre zu schenken…“ (Seine Definition von Ehre, fügte Hitomi im Gedanken dazu.) „Wieder hier zu sein, hat mich zum nachdenken gebracht, und ich glaube, Baijnes Ausbruch heute Morgen in deinem Badezimmer war der Auslöser. Ich bin nur ein Halbblut, und vielleicht ist das der Grund, warum ich mir nicht mehr sicher bin, was ich hier überhaupt tue…“ Hitomi schüttelte den Kopf. „Du musst dich deswegen nicht schämen, Brisaeye! Es ist gut, wenn du das bemerkt hast! Dornfels hat eine seltsame Art zu denken und das was er mit all diesen Leuten tut und deren Familien angetan hat, rechtfertigt keine von seinen idealistischen Ideen die Welt zu verbessern!“, sagte sie eindringlich und nickte zu den Gefangen hinüber. Im Moment standen die bunt zusammen gewürfelten Leute in Reih und Glied und ließen sich von einem Weinrot gewandeten Soldaten widerstandslos die Hände zusammenbinden. „Siehst du? Was haben all diese Menschen getan, dass man sie auf diese Insel verschleppt hat?“ „Gar nichts… Sie haben gar nichts getan…“, erwiderte Brisaeye fast traurig. Hitomi trat näher an sie heran. „Wenn du irgendetwas darüber weißt, was heute passieren wird, dann sag es mir!“ Das Mädchen aber schüttelte den Kopf. „Ich habe dir schon zuviel erzählt…“ Ihr Blick wirkte jetzt gehetzt und sie schielte immer wieder mit wachem Auge zu ihrem Bruder hinüber. „Du bist nicht mehr auf Dornfels’ Seite, oder?“, hackte Hitomi nach. Jetzt war ihr Brisaeye’s Blick wieder sicher und das Mädchen schaute sie lange, nachdenklich an. „Ich weiß es nicht…“, murmelte sie verunsichert. „Ich habe nie hinterfragt, was bis hierher geschieht. Wir alle haben blind Baijne und Kagou vertraut. Dornfels ist nur Mittel zum Zweck…“ Auch dieser Satz brachte Hitomi aus dem Konzept. „Was meinst du damit wieder?“ „Dornfels ist der Präsident von Zaibach… Er genießt das Ansehen vieler Menschen… Wenn er unsere Dienste bekommt, bekommen wir unsere Gesellschaftliche Stellung zurück, etwas, das wir seit Jahrzehnten missen mussten…“ „Ist dir deine gesellschaftliche Stellung wichtiger, als diesen Wahnsinn hier aufzuhalten?!“, fragte Hitomi mit unterdrückter Lautstärke. „Wir können es nicht mehr aufhalten…“ Jetzt war Brisaeye wieder ernst. Ihre schwarzen Augen schienen sie zu durchdringen und langsam, wie in Zeitlupe, färbte sich das letzte Weiß in ihren Augen ebenfalls schwarz, ihre weinrote Uniform von Zaibach verschwand und ließ nichts weiter zurück als ein paar abgetragene Stofffetzen und weiße, verschlungene Linien auf ihrer schwarzen Haut. „Brisaeye!“ Hitomi griff nach den Schultern des Mädchens, wie um sie davon abzuhalten, zu ihrem anderen, bösartigen Abbild ihrer Selbst zu werden. In dem Moment, als ihre Fingerspitzen die schwarze Haut berührten, durchzuckte ein gleißend heller Blitz ihr Blickfeld und ließ sie zusammenfahren. Ihr Kopf fühlte sich seltsam schwer an, als würde er jeden Moment zerspringen. Erst als sie sich an die Stirn fasste, klärte sich das Bild. Hitomi stand in einer Art Kathedrale, umgeben von hunderten, mächtigen Steinsäulen, die sich unglaublich weit zur gewölbten Steindecke des Gebäudes streckten. Auf der linken Seite befanden sich hohe, milchige Fenster, die den gesamten Raum mit strahlender Sonne durchfluteten, sodass man kaum etwas anderes erkennen konnte. Hitomi ging staunend durch die Säulenreihen und wirbelte dabei kleine Staubwölkchen auf. Dabei schien sie kein Geräusch zu machen, als würde ein unsichtbarer Teppich auf den alten Steinplatten liegen. Weiterhin erkannte sie nichts weiter als Licht und Stein, Licht und Stein… Also ging sie weiter, bis sie nach einer Weile glaubte, eine Gestalt zwischen den Säulen zu erkennen. Dort stand jemand, das Gesicht im Schatten der Säule, aber mit einem leuchtenden Körper. Offenbar trug dieser Jemand so etwas wie eine Rüstung, die den Glanz der Sonne ums Dreifache zu reflektieren schien. Hitomi blieb stehen, betrachtete die Gestalt eingehend, wagte aber nicht, noch einen Schritt zu tun. Die Silouette dieser Lichtgestalt kam ihr seltsam vertraut vor… Doch wer war es? Ihr kam es so vor, als wüsste sie es bereits… Plötzlich drehte sich die Gestalt um und stand mit dem Rücken zu ihr. Hitomi konnte es genau erkennen, denn die Sonne beschien den Rücken jetzt vollständig… Dort waren zwei Löcher in der Rüstung, aus denen die Stummel von abgetrennten Flügeln standen. Sie waren noch blutig… „Van…“, hauchte Hitomi in die Staubdurchzogene Luft. Dann konnte sie ihn nicht mehr sehen. Die Vision verschwand wieder und Hitomi erwachte zusammengekauert auf den kalten Kieselsteinen. „Ist alles in Ordnung, Hitomi?“ Brisaeye war über sie gebeugt, wieder in ihrer menschlichen Gestalt und mit sorgenvollem Blick. „Ja… Ich- äh, muss wohl auf meinen Mantel getreten sein und bin gestolpert…“, stotterte sie, immer noch völlig durcheinander, von dem was sie gerade gesehen hatte. Brisaeye glaubte ihr kein Wort, das sah sie sofort. Dennoch half sie ihr auf und Hitomi zog ihren Mantel schützend vor ihren Bauch. Es war nicht sehr vorteilhaft, umringt von Zaibacher Soldaten zusammenzubrechen… Andererseits hatte sie schon so lange auf eine Vision gehofft, dass sie diesen Umstand wohl in Kauf nehmen musste. Sie versuchte sich möglichst würdevoll zu geben, als wäre gar nichts passiert, doch die Aufmerksamkeit aller war ihr nun sicher. Einige der Soldaten musterten sie mit skeptischem Blick und Baijne starrte von seinem Pferd so feindselig zu ihr herüber, als wollte er sie damit durchbohren. Auch Merle hatte ihre Ohren neugierig aufgestellt und trat nervös auf der Stelle. „Es geht mir gut!“, wiederholte Hitomi nachdrücklich. Die Bilder der Vision lagen ihr immer noch vor dem geistigen Auge. Zuerst hatte sie fast gedacht, Brisaeye hätte sie „mitgenommen“, als sie deren Arm berührte, doch Hitomi wusste wie sich eine Vision anfühlte. Diese war besonders heftig gewesen… Sie war sich sicher, dass Van es war, den sie gesehen hatte, sie spürte es instinktiv… Doch was konnten diese Bilder bedeuten? Gab es diese Kathedrale wirklich? Würde Van seine Flügel verlieren? Oder war dies nur ein Sinnbild für eine andere Art von Schmerz oder Gewalt? Die Angst, dass Van etwas zustieß, schloss sich wie eine eiserne Faust um ihr Herz. Das würde sie nicht überleben! Verärgert über die ganze Situation klopfte sie sich den Staub vom Mantel und stellte Fest, dass die Konzentration der meisten Anwesenden nun wieder anderweitig verteilt war. Baijne ritt die Schlange der Gefangenen auf und ab, als ob er sie immer wieder zählte. Einige der Pferde wurden beladen, mit Proviantsäcken und dann, endlich, kam auch die Hauptperson aus dem Schiff. Es war Dornfels, gefolgt von Kagou, der niemand anderen als die kleine Nora an der Hand führte. Der schwarze Katzenmensch wirkte wie ihr eigener Schatten und sein verbliebenes Auge wanderte durch die Reihen der Soldaten, als ob er auf einen Angriff gefasst wäre. Nora aber schien friedlich, blickte sich neugierig um und schnupperte an der salzigen Seeluft. Sie trug eine Art Kleid, darüber einen bodenlangen Mantel, aus edlem, blauem Samt, bestickt mit barocken Mustern. Hitomi warf einen nervösen Blick zu Merle, die ihre Tochter im selben Moment erspähte. „Nora!“, schrie sie schrill. „Nora! Was haben sie mit dir gemacht! Geht es dir gut?!“ Merle stolperte aufgeregt vorwärts, vergaß vollkommen wo sie sich befand und steuerte ungestüm auf ihre Tochter zu. Hitomi wollte sie warnen, doch zu spät: Baijne ritt auf die Katzendame zu und schob sie mit der Breitseite seines Grauen einfach über den Haufen. „Bleib wo du bist, Katze, oder ich schneide dir deinen Schwanz ab!“, bellte er und fixierte Merle mit seinen dunklen Augen. Hitomi hatte sich unbewusst vom Fleck bewegt, wurde aber von Brisaeye zurückgehalten. „Du kannst nichts tun…“, flüsterte sie ihr bedauernd zu und so mussten sie mit ansehen, wie Baijne Merle grob am Nackenfell packte und sie in die Reihe der Gefangenen zurückschleifte. Merle war aber keineswegs eingeschüchtert. Sie reckte und streckte sich, und versuchte einen Blick auf Nora zu erhaschen. „NORA! Hier bin ich!“, rief sie und fauchte dann etwas in unverständlicher Katzensprache. Aber Nora reagierte nicht… Überhaupt schien sie von ihrer Umwelt rein gar nichts mit zu bekommen. Ihre großen, glasklaren Augen schienen wie vernebelt und sie blickte einfach nur munter in den Himmel. Kagou flüsterte dem Mädchen mit finsterem Blick etwas zu, woraufhin sie einmal mit den Augen klimperte und strickt weiter in den Himmel starrte. Merle aber rief immer noch ihren Namen, versuchte verzweifelt mehr von ihrer Tochter zu sehen… Hitomi hätte sie am lieben in den Arm genommen, sie versucht zu beruhigen, doch dafür war sie zu weit weg. Jetzt wurden Dornfels und Kagou jeweils ein Pferd gebracht und sie saßen auf, Nora vor Kagou auf einem braunen Pferd und Dornfels auf einem Schimmel. Es schien sich endlich etwas zu bewegen, denn auch Hitomi und Brisaeye wurden Pferde gebracht. Beim Anblick des fuchsfarbenen Tieres musste Hitomi wehmütig an ihre eigene Stute Minnmay denken. Wo sie jetzt wohl war? „Bleib in meiner Nähe Hitomi… Bitte…“, sagte Brisaeye zu ihr, was sie nur mit einem Nicken erwiderte. Im Moment fühlte sie sich in Brisaeye’s Nähe auch wirklich am sichersten, obwohl sie nicht wusste, wie sehr sie ihr vertrauen sollte. Brisaeye musste für sich entscheiden, auf welche Seite sie gehören wollte, und so lange sie das nicht tat, musste sie ihr immer noch mit ein wenig Misstrauen begegnen… „Ihr reitet an meiner Seite, mein Mädchen vom Mond der Illusionen!“, rief Dornfels ihr entgegen und als er näher kam, musterten seine Eidechsenartigen Augen sie wieder einmal ganz genau. „Diese Farbe steht euch…“, säuselte er, grinste gewinnend und trieb sein Pferd dann an die Spitze des Trupps. Brisaeye und Hitomi folgten ihm, wenn auch missmutig und auch die Soldaten, sowie die restlichen Mitglieder des Volkes, die wie so üblich einfach aus dem Nichts aufgetaucht waren, formierten sich, um durch das Gestrüpp vorzudringen. Die Soldaten zu Pferd ritten dicht bei den Gefangenen, doch etwas fehlte noch. „Wo sind die Gymilefs?“, fragte Hitomi, möglichst leise an Brisaeye gewandt. „Im Meer. Wenn das Tor geöffnet wurde, können sie über einen unterirdischen Weg ins innere Reich gelangen. Das ist die einzige Möglichkeit…“ „Tor? Welches Tor?“, hackte Hitomi nach. „Das Tor zu Atlantis.“ Es war nicht Brisaeye, die antwortete, sondern Dornfels mit einem so siegessicheren Lächeln, wie Hitomi es noch nie an ihm gesehen hatte… Hitomi hatte es nicht geschafft, auch nur in die Nähe von Merle zu gelangen. Stattdessen ritt sie jetzt mit finsterem Gesicht neben Dornfels her und musste sich mit anhören, wie Merle irgendwo hinter ihr immer wieder leidvoll aufheulte… Es war das Wehklagen einer verzweifelten Katzenmutter… Sie ließen die schwarze Perle hinter sich und die Soldaten an der Spitze schlugen das Gestrüpp zur Seite, das sich über den kleinen Trampelpfad hergemacht hatte. Es ging ein Stückchen Bergauf und sie schon nach ein paar Metern kamen sie zur Klippe. Der riesige, graue Fels ragte vor ihnen auf, wie ein Keil, den ein Riese in den Boden getrieben hatte. Direkt vor ihnen befand sich ein Spalt, der sich durch den gesamten Stein zog und so schmal war, dass gerade mal ein Pferd hinein passte. „Los! Wir reiten hintereinander!“, rief Kagou und trieb sein Pferd an, um hinter den ersten Soldaten in den Spalt zu gelangen. Jetzt wirkte der ganze Trupp noch seltsamer… Sie alle ritten hintereinander, Hitomi immer mit Dornfels’ Rücken vor Augen, Brisaeye hinter ihr. Wenn sie den Blick nach oben wandte, sah sie entfernt einen Streifen von Wolken bedecktem Himmel. Wenn dies wirklich der Weg zum letzten Stück von Atlantis war, war er allein schon beeindruckend und atemberaubend. Wie würde es hinter dem „Tor“ aussehen? Und wie sollte sie Van wissen lassen, wo sie zu finden war? Hitomi tat erneut der Kopf weh, so viele Gedanken kreisten darin herum. Die Angst, die schon den ganzen Tag ihr Herz umkreiste, schwappte ihr wieder bis zum Hals, als ahnte sie, dass irgendetwas Schreckliches geschehen würde. Obwohl in der kalten Felswand kein Wind ging, fröstelte sie. Was würden sie wohl hinter der Klippe vorfinden? 10 lange Minuten später wusste sie es. Sie kamen in eine Art Auslauf des Spaltes, kreisrund, mit bestimmt 20 Meter Durchmesser. Der Fels hatte sich aufgetan und ließ wieder mehr Tageslicht zu ihnen herab dringen, wenn auch nach wie vor grau und Wolken behangen. Nebelschwaden bedeckten den Boden, aber ansonsten konnte Hitomi nichts Außergewöhnliches erkennen. Es kam ihr vor, als blickte sie aus dem unteren Teil eines Brunnens nach oben… „Reite zur Seite…“, flüsterte Brisaeye ihr zu und trieb ihr eigenes Pferd so nah an die Felswand wie möglich. „Was ist hier?“, flüsterte Hitomi leise zurück. „Du wirst es gleich sehen…“ Jetzt kam Dornfels persönlich wieder ins Spiel. Er glitt dynamisch von seinem Pferd herab und ging auf die blanke Felswand zu, die gegenüber des Eingangs lag. „Laut deiner Nachforschung müsste sich der Eingang hier befinden?“, fragte er an Kagou gewandt. Der schwarze Katzemann nickte von seinem Pferd herunter. Dornfels schien zufrieden. Sein Blick glitt suchend über den rauen Fels, dann tastete er ihn ab, als suche er nach etwas ganz bestimmtes. Er kratzte hier und da ein wenig herum, bis er einen triumphierenden Schrei ausstieß, der so gar nicht zu ihm passte. Hitomi stand nahe genug, um zu erkennen, dass er eine Art Kerbe frei gelegt hatte, kaum zu erkennen. Allerdings war über der Kerbe etwas in den Felsen geritzt, was sie nicht lesen konnte. „Atlantis!“, rief Dornfels laut. „Öffne mir deine Tore!“ Damit zog er einen Ring von seiner Rechten Hand, ein altes Stück, besetzt mit einem tiefblauen Saphir. Er drückte den Stein in die Kerbe und im selbigen Moment erklang ein so heller Ton, dass sich Hitomi instinktiv die Ohren zu hielt. Dornfels entfernte den Saphir wieder und auf wundersame Weise erschien ein riesiges Tor im Felsen. Ausgehend von der kleinen Kerbe zogen sich goldene Linien über den Stein, überkreuzten sich, schlängelten sich zu Knoten zusammen und liefen in große Bögen aus. Der helle Ton war verklungen, stattdessen hörte man von manchen Soldaten und Gefangenen, die sich mittlerweile auch innerhalb des Kessels befanden, Laute des Staunens. Die goldenen Linien flossen weiter, nach unten auf den Boden, schlängelten sich durch die Füße der Anwesenden, flossen ineinander, bildeten große goldene Flächen, bis sich in der Mitte des Kessels ein kreisrunder Abdruck bildete, von vielleicht drei Meter Durchmesser. Hitomi erkannte es sofort: Es waren dieselben Muster und Schnörkel, wie auf dem Siegel, das Dornfels in seiner unterirdischen Felsenkammer aufbewahrt hatte. Die goldene Flüssigkeit schien sich zu verfestigen, als ein weiterer, hoher Laut durch den Fels hallte, fremd und überirdisch. Jetzt konnte man auch an der Felswand ein Tor erkennen, hoch und schmal. Die Ränder waren durchzogen mit seltsam fremden Schriftzeichen und innerhalb der Torflügel befanden sich tiefe Kerben in dem Gold, die sich über weitere Linien mit dem Siegel auf dem Boden verbanden. „HA!“ Dornfels lachte zufrieden. „Der erste Teil unserer Mission wäre erfüllt!“, verkündete er, während er mit überglücklichem Gesicht auf das Tor starrte, das sich so viele Meter über ihm auftat. „Mission…“, spottete Hitomi, so leise, dass es höchstens die Mitglieder des Volkes hören konnten. Das taten sie auch, denn Baijne fixierte sie böse mit seinen dunklen Augen. „Sei still…“, zischte Brisaeye zu ihr hinüber. „Wir können nichts mehr tun, außer es geschieht noch ein Wunder…“ Hitomi wollte sie fragen, was sie damit schon wieder meinte, doch Dornfels nahm ihren Rest Aufmerksamkeit in Anspruch. „Endlich sind wir auf dem alten Land und das Tor nach Atlantis hat sich vor uns aufgetan! Meine Freunde, lasst uns tun, was wir tun müssen und glaubt mir, wir werden dieser Welt den vollkommenen Frieden schenken… Manchmal sind Opfer leider nötig, um seine Ziele zu erreichen.“ Die Soldaten nickten anerkennend und Hitomi musste wieder einmal feststellen, dass sie keine Ahnung hatte, wovon dieser Mann eigentlich sprach. Dass er eine abstruse Zukunftsvision vom gaianischen Frieden hatte, war ihr bewusst, aber was jetzt kam, hätte sie sich niemals Leben ausgemalt. „Um das Tor von Atlantis öffnen zu können, verlangt der Abdruck des Siegels das Blut von 25 Opfern… Menschlichen Opfern…“, sagte der Präsident. Dann setzte der Regen ein. ------------------------------------- Nachwort: Langsam gehts dem Ende zu. Das nächste Kapitel ist auch schon fertig, wobei ich das nicht so gern geschrieben haben... da passieren ein paar sehr skurrile Dinge. Was das letzte kapitel betrifft: Es sind nicht so viele kommis gekommen und die die gekommen sind, waren nicht sehr tiefgründig... das kann ich euch aber auch nicht verübeln, da das letzte kapitel verhältnismässig unspektakulär und langatmig war, in meinen augen. Aber bitte, wenn ihr den kommi schreibt, so würde mich doch wirklich interessieren, wie ihr das kapitel fandet... ich meine, was euch gefallen hat und was nicht, lob und kritik wie immer. trotzdem danke, dass ihr noch mitlest! ^^ nachdem ich ja so langsam bin... also, bis zum nächsten kap! eure, Chiyo-san Kapitel 32: Keine Gnade ----------------------- sooo leute... ein neues Kapitel! juhu! hat mal wieder länger gedauert, ABER es lag nicht an mir...^^ sondern an meiner Beta-Leserin, hat sich ein bissl zeit gelassen... *hihi* aber macht ja nix. viel spass jetzt mit diesem grausamen und erschütternden Kapitel... bis zum nachwort. ............................................. Kapitel 32: Keine Gnade Das Blut von 25 Menschen… Wie erstarrt blickte Hitomi zu den Gefangenen hinüber und zählte sie hastig durch. Zweimal verzählte sie sich, aber es stand sowieso außer Frage: Es waren genau 25. Inklusive Merle. „Baijne, beginne mit dem Ritual…“, verkündete der Präsident gelassen. Der schwarze Häuptling sprang von seinem Grauen und schritt zu den Gefangenen hinüber. Diese hatten mittlerweile auch begriffen, was hier gerade passierte und drängten sich panisch zusammen. Die blonde Frau konnte nicht mehr aufhören zu schluchzen, einige der Männer versuchten sich ungeschickt aus ihren Fesseln zu befreien und Merle stand inmitten von ihnen, die Katzenohren aufmerksam nach oben gestellt, den wachen Blick auf ihre Tochter gerichtet. Sie wehklagte nicht mehr, sondern versuchte Nora irgendwie zwingen zu wollen, sie endlich anzusehen. Doch Nora tat nichts der gleichen. Ihre glasigen Augen waren auf keinen bestimmten Punkt der Felswand gerichtet, als würde sie bereits sehen, was dahinter lag. Der Regen wurde nun stärker und machte die ganze Szenerie damit noch trister und hoffnungsloser. Eilends zog Hitomi ihre Kapuze über die Haare, wie viele andere auch und beobachtete, wie Baijne den Erstbesten aus der Traube, der sich zusammendrängenden Gefangenen, heraus zog. Er erwischte den pickligen Jungen, der nicht sprach. Seine Augen flogen wild umher, ansonsten verzog er keine Mine, als hätte er sein Schicksal bereits akzeptiert. Der Schwarze zog den Jungen unbarmherzig auf das goldene Siegel, drückte ihn in die Knie und zog dann ein langes, säbelartiges Messer aus seinem kniehohen Stiefel. Die Klinge schien irgendwie elastisch zu sein, und doch sah ja man auf die Entfernung, dass es extrem scharf sein musste. Hitomi wollte irgendetwas tun, irgendetwas sagen, vielleicht mit vollem Karacho auf Baijne zu reiten, aber ihr Körper war wie versteinert. Sie konnte nichts anderes, als auf die breite Klinge ins Baijnes rechter Hand zu starren, die sich jetzt schnell und geschmeidig auf den Jungen nieder senkte. Baijne schlug ihm mit einer einzigen, schnellen Bewegung den Kopf ab. Der schmale Körper des Jungen sackte zusammen und das Blut breitete sich schnell zu einer großen Lache aus. Für einen Moment schien die Welt nicht mehr zu atmen. Jeder der Anwesenden starrte auf das, was sie da sahen, voller Grauen und Ekel. Dann war der Moment vorbei. Baijne trat einen Schritt zurück, in seinen Augen die pure Genugtuung. Mehrere der Gefangenen schrieen entsetzt auf und die blonde Frau übergab sich zu den Füßen des nebenstehenden Soldaten. Merle stand das Fell zu Berge und selbst Brisaeye verzog leicht die Mundwinkel. Hitomi schloss für einen Moment die Augen und musste sich zwingen ihren Würgreiz zu unterdrücken. Als sie sie wieder öffnete, geschah etwas Seltsames. Der Körper und der abgeschlagene Kopf des Jungen schienen in das Siegel zu versinken… Ein unsichtbarer Sog verschluckte die sterblichen Überreste vollständig, bis nur noch das Blut übrig war, welches sich in den tiefen Rinnen und Ritzen des Siegels verteilte. „Es hat begonnen!“, verkündete Dornfels, der immer noch am selben Fleck stand wie zuvor und mittlerweile völlig durchnässt war. Auch Hitomi spürte wie die Nässe bereits über ihre Haut kroch und zum ersten Mal seit Monaten wünschte sie sich einen Regenschirm. Die Regentropfen fielen kontinuierlich auf sie herunter, hart und unnachgiebig. Allerdings schienen sie das Siegel nicht zu berühren, als würde ein Schild sie davon abhalten. „Mach weiter, Baijne!“, befahl Dornfels, der nun ein wenig unruhig zu werden schien. Baijne nickte, stampfte ein paar Schritte zurück und zog willkürlich das nächste Opfer aus den Reihen. Es war ein kleiner, knochiger Mann, mit kurzen, grauen Haaren und einem grimmigen Gesichtsaudruck. Sein von Falten zerfurchtes Gesicht sah so aus, als hätte er schon viel gesehen in seinem Leben, wahrscheinlich auch den letzten Krieg. Doch das hier, das übertraf alles. Hitomi sah, wie seine Unterlippe bebte und er beim Anblick von all dem Blut am Ganzen Körper anfing zu schlottern. Baijne zog ihn unnachgiebig in die Mitte des Siegels und das was sie gerade schon einmal erlebt hatten, wiederholte sich, so schnell, dass Hitomi es nicht einmal mehr schaffte die Augen zu schließen. Der Körper des Mannes lag zuckend am Boden, sein Kopf daneben. In Hitomi’s Körper zog sich alles angewidert zusammen. Wer würde den Mann wohl vermissen? Falls er noch lebende Verwandte hatte, würde irgendjemand von ihnen auch nur Annähernd eine Vorstellung davon haben, wie er zu Tode gekommen war? Falls sie das überleben würde, schwor sich Hitomi, es ihnen zu erzählen. Ganz Gaia sollte erfahren, was Dornfels und das Volk getan hatten. Sie würde sich die Gesichter der Gefangenen einprägen und ihre Namen herausfinden… Das war das Mindeste. Diese Gedanken schoben Hitomi’s Ekel für den Bruchteil einer Sekunde beiseite, aber nicht lange. Als das Siegel den Körper einsog, breitete sich der bleierne Geruch des übrigen Blutes vehement aus. Hitomi versuchte, möglichste flach zu atmen und wandte den Blick ab. Tränen stiegen ihr in die Augen, leise und verzweifelt. Verdammt, Brisaeye hatte Recht behalten! Jetzt konnte nur noch ein Wunder helfen. Doch natürlich geschah nichts. Der Regen fiel konstant weiter, und Baijne führte seine Schlachtung ohne Pause weiter. Jetzt zog er die blonde, wimmernde Frau aus dem todgeweihten Haufen von Gefangenen, die Hitomi bereits kennen gelernt hatte. Mit ihrer letzten Kraft versuchte diese sich an Merle zu klammern, die Baijne immer wieder böse anfauchte. „Wenn du dich einmischt, Katzenweib, schneid ich dir wirklich noch deinen Schwanz ab und lasse dich so lange ausbluten, bis all deine Wut aus deinem Körper gewichen ist…“ Das saß. Merle war still. Baijne kicherte boshaft. Er packte die blonde Frau grob am Arm und schubste sie auf das Siegel zu. Ihr Gang war erschöpft und schlapp und als sie das Blut in den Rinnen des Siegels sah, schien es so, als würde sie sich augenblicklich noch einmal übergeben. Ihre Augenlider flatterten, dann brach sie zusammen. „Verflucht!“, stieß Baijne aus und hatte scheinbar Mühe, die Frau mit einem Arm weiter zu bugsieren. „Brisaeye! Hilf mir!“, befahl er dann. Das schwarze Mädchen blickte erst unschlüssig zu Dornfels, dann zu Hitomi. Es schein zu bedeuten: „Ich dachte, ich soll sie nicht aus den Augen lassen?“ Dornfels aber nickte in seiner Ungeduld nur und scheuchte Brisaeye mit verärgerter Mine vom Pferd. Wenn das nicht ein Moment war… Hitomi sah, wie Brisaeye viel schneller als ein normaler Mensch zu ihrem Bruder hinüber huschte und die Frau wieder aufzurappeln versuchte. Eilig glitt Hitomi von ihrem Pferd hinunter und watschelte über den aufgeweichten Boden zu Dornfels hinüber. Ihr Mantel und ihre Röcke waren von der Nässe so schwer, dass sie Mühe hatte, einen Fuß vor den Anderen zu setzen. „Dornfels! Hört augenblicklich auf damit!“, schrie sie ihm entgegen. Der Präsident aber lächelte nur grimmig. „Tut mir leid mein Mädchen… Diesen Wunsch kann ich euch leider nicht erfüllen…“, erwiderte er aalglatt. Hitomi grollte. „Wenn ihr es nicht tut..., dann… Dann – “ Ihr Blick schweifte panisch umher, auf der Suche nach irgendetwas, was sie gegen ihn richten konnte, natürlich gab es wieder mal nichts. Ehe sie noch irgendetwas sagen konnte, stellten sich auch zwei besonders große Soldaten vor Dornfels, wie Bodyguards vor einen prominenten Schauspieler. Wenn sie doch nur irgendetwas tun könnte, dass dieses „Ritual“ unterbrochen würde! Sie hastete zurück zu den Pferden, beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Baijne gerade die immer noch bewusstlose blonde Frau auf das Siegel legte, als es ihr einfiel. Jetzt, wo sie wieder ein bisschen klarer denken konnte und nicht mehr wie versteinert war, war der Gedanke von vorhin gar nicht mehr so abwegig… Wie eine Furie ging sie auf die beiden Herrenlosen Pferde zu, die sowieso schon die Nüstern blähten, verwirrt vom Geruch des Blutes. „Ey-Jahhhh!!!“, schrie sie und hampelte vor den Pferden herum wie eine Irre. Ihr war sehr wohl bewusst, dass sie sich damit selber in Gefahr brachte, aber wenn die Pferde durchdrehten, konnte sie ein wenig Zeit hinaus schinden. Sofort warf der Fuchs aufgeregt seinen Kopf nach oben und der Braune tat es ihm gleich. Hitomi fuchtelte weiter mit ihren Händen vor den Augen der Pferde herum, nahm ihren Mantel zu Hilfe, schwenkte ihn herum und brüllte immer wieder unverständliche, wilde Laute. Es reichte. Die Pferde fingen erschrocken an zu wiehern und stiegen auf. Obwohl sich sofort die Soldaten näherten um sie zu beruhen, schlugen sie weiterhin aus und Hitomi hörte auch nicht auf mit ihrem Geschreie und Gezeter, bis sie von hinten an den Armen gepackt wurde. Brisaeye und ein anderer Mann aus dem Volk zogen sie zur Felswand, weg von den Pferden, aber es war schon geschehen. Die Pferde gingen durch, trampelten gegen die Felswand und rissen mit ihrem Aufruhr auch alle anderen Pferde mit sich. Zwei Soldaten wurden auf der Stelle abgeworfen, Dornfels musste sich hinter seine Bodyguards ducken, um nicht von seinem eigenen Pferd getroffen zu werden und inmitten von alledem stand Baijne gelassen über der blonden Frau. Er schien auf etwas zu warten. Dann als Hitomi zufällig in seine Richtung sah, grinste er höhnisch und tötete die Frau, wie die beiden anderen zuvor. „NEIIIIIIIN! Hört auf damit!“, kreischte sie verzweifelt. „Ihr Mörder! Ihr Schweine!“ Hitomi war schon so angeheizt von ihrem Gezeter, dass sie nicht mehr an sich halten konnte. Ihr fielen zahlreiche übler Schimpfwörter ein, die sie sich noch niemals getraut hatte auszusprechen, doch dummerweise hielt ihr der schwarze Volk-Mann jetzt unsanft den Mund zu, bevor sie den gaianischen Wortschatz um ein paar Flüche erweitern konnte. Sie sträubte sich, versuchte zu beißen, trat um sich, jedoch ohne eine reelle Chance. Der Griff der beiden Schwarzen war unerbittlich… Immerhin hatte ihre Pferde-Aktion funktioniert. Die aufgebrachten Tiere konnten sich mühelos freikämpfen, veranstalteten wilde Rodeoritts mit ihren Aufsitzenden, bis diese am Boden lagen und sie vielleicht noch ein wenig auf ihnen herum trampelten. Sogar Kagou musste mit Nora eilends von seinem Tier steigen, um das kleine Mädchen nicht zu gefährden. Schnell presste er sich mit Nora gegen die Felswand und hielt sie schützend in seinen Armen, während sein Pferd sich fast fröhlich zu seinen Artgenossen hinzu gesellte. Dann brachen sie allesamt aus und verschwanden angeführt von Baijnes Grauem, donnernd und mit viel Schlamm-Gespritze im schmalen Schluchten-Gang. „Lasst sie Laufen!“, bellte Dornfels den wenigen Soldaten hinterher, die noch nicht getreten worden waren und hinter den Pferden herhechelten. „Und bringt sie ja nicht zurück! Noch so ein Aufruhr und ich gebe dem Siegel 25 Opfer extra!“ Wütend wischte sich der sonst so würdevolle Präsident die Schlammspritzer aus dem Gesicht, was für ihn erniedrigender zu sein schien, als irgendetwas sonst. Allein für diesen Anblick hatte sich der Tumult gelohnt, dachte Hitomi und schmunzelte in sich hinein. Ein paar Herzschläge lang hatte sie glatt vergessen, wo sie sich befand, aber die Realität war einfach zu unmittelbar. Baijne machte seine Arbeit einfach weiter als wäre nichts gewesen. Alle restlichen Soldaten, die nicht mit Schmerzverzerrtem Gesicht am Boden lagen und sich die Knochen rieben, umstellten die Gefangenen jetzt wie eine eiserne Wand. Es war klar, dass niemand mehr aus diesem Kessel hinaus kommen würde, ohne sich nicht vorher mit dem gesamten Volk des flüsternden Windes anzulegen, die den Ausbruch der Pferde teilnahmslos beobachtet hatten. Hoffnungsvoll ruckelte Hitomi noch ab und zu an ihren menschlichen Fesseln… Ohne Erfolg. „Das habt ihr ja wirklich gut hingekriegt, mein Mädchen…“, säuselte Dornfels, als er sich wieder gefasst hatte, „Aber wir haben eigentlich keine Eile. An diesem Ort spielt Zeit keine Rolle… Also wenn ihr noch mehrere Ablenkungs-Manöver aus eurem hübschen Köpfchen zaubern wollt, nur zu…“ Er sah sie mit seinem altbekannten Lächeln an, kühl aber triumphierend. Als Antwort ließ Hitomi durch die schwarze Hand vor ihrem Mund ein lautes, wütendes Knurren verlauten, das dem von Merle sicherlich Konkurrenz machen würde. „Sei jetzt endlich still!“, zischte Brisaeye ihr ins Ohr. „Du kannst es nicht aufhalten….“ Insgeheim wusste Hitomi das auch. Aber die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt… Zwar konnte sie nicht auf ein Wunder hoffen, aber… vielleicht auf ein Gewitter? Wenn es schon regnen musste, warum konnte dann nicht ein Blitz mitten in den Kessel einschlagen und das Siegel einfach in zwei Teile spalten? Etwas Abwegigeres gab es wohl kaum noch und so musste sie resigniert mit ansehen, wie Baijne weitermachte. Er tötete. Drei, vier, fünf, sechs Gefangene und immer weiter, unaufhaltsam. Hitomi betrachtete jedes Mal das Gesicht des Opfers, versuchte es sich einzuprägen, presste dann aber panisch ihre Augen zusammen, ehe Baijne seine bluttriefende Klinge auch nur anhob. Jedes Mal befürchtete sie, Baijne würde Merle aus dem Grüppchen heraus ziehen. Seltsamerweise schien er sie aber absichtlich zu umgehen… Typisch für Baijne, schließlich hatte die Katzendame ihn ein ums andere Mal mehr als nur gereizt. Warum also nicht bis zum Schluss warten? Es ging endlos weiter. Wie am Fließband verrichtete Baijne seine blutige Arbeit und der Geruch dabei wurde schließlich so penetrant, dass man es nicht mehr aushielt. Viele der jungen Soldaten flüchteten mit vorgehaltener Hand in den Felsengang und auch Hitomi konnte nicht mehr an sich halten. Ihr Magen bäumte sich protestierend auf und entleerte sich vollständig auf den durchweichten, matschigen Boden. Der schwarze Mann, der bis dahin noch ihre Fessel war, entfernte sich angewidert von ihr und gesellte sich mit Lichtgeschwindigkeit zu seinen Kumpanen. Hitomi richtete sich zitternd wieder auf und lehnte sich gegen die Felswand. Brisaeye musterte sie mit besorgtem Blick. „Bald ist es vorbei…“, flüsterte sie ihr zu. Hitomi konnte nichts erwidern. Jegliche Kraft war aus ihrem Körper gewichen, und ihr Blick auf das Siegel war verschleiert, obwohl der Regen sich stark abgeschwächt hatte. Jetzt konnte Hitomi nicht mehr hinsehen. Es waren nur noch eine Handvoll Gefangene übrig, aber wenn sie auch nur noch einmal mit ansehen musste, wie Baijne einem von ihnen den Kopf abschlug, würde sie ohnmächtig werden und das war das wenigste was sie wollte. Sie musste irgendetwas tun… Merle durfte nicht sterben! Doch sie musste vorsichtig sein… Sie musste an ihr Kind denken, an Van… Wenn sie ihn nur noch einmal sehen konnte, sein Gesicht berühren könnte, wäre sie schon mehr als glücklich. Dann, nach einer unheimlichen Weile, war es so weit. Das Siegel hatte sich 24 Opfer geholt und eines fehlte noch. Dornfels lief ungeduldig umher und trieb Baijne noch mehr an. „ring es zu Ende…“, ordnete er düster an. Baijne stellte sich breitbeinig vor Merle, die jetzt stocksteif da stand, das Fell glänzend vor Nässe. „Hast du noch einen letzten Wunsch?“, fragte er sie höflich. Merle schwieg und blickte dann trostlos zu Nora hinüber, die immer noch von Kagou gehalten wurde, allerdings von all dem nichts mitzubekommen schien. Sie wirkte, als wäre sie hypnotisiert worden. „Ich möchte mich von meiner Tochter verabschieden.“ „Bitte… Nur zu…“, sagte Baijne grinsend und verbeugte sich spottend vor Merle. „Dein Wunsch sei mir Befehl.“ Hiomi rieb sich das Wasser aus den Augen, um besser sehen zu können. Tatsächlich schritt Merle zu Nora hinüber, ohne Baijne auch nur eines Blickes zu würdigen. Dieser stand reglos da, rieb die Klinge seines Schwertes flüchtig an seiner Hose ab, tat aber nichts, um Merle aufzuhalten. Was das möglich? Durfte Merle sich von Nora verabschieden, ohne dass jemand etwas dagegen sagte? Hitomi’s Gedanken wurden von hässlichen Bildern durchzuckt, wie Baijne ihr rücklings in den Rücken fiel… Doch nichts dergleichen geschah. Merle war bei Nora angelangt und legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter. „Nora… Nora ich bin’s…“, hauchte sie, rüttelte mit ihren gefesselten Händen sanft an der kleinen Schulter, wollte, dass die glasigen Augen sie noch einmal ansahen. Nora’s Blick war immer noch auf den Fels gerichtet, weit weg von der realen Welt. „Nora! Sieh mich doch nur einmal an! Ich bin deine Mutter!“, flüsterte Merle kaum hörbar, nun mit erneut aufkeimender Verzweiflung. Hitomi wäre am liebsten zu ihr hinüber gerannt. Spürte die Katzenfrau denn nicht, dass ihr Mädchen nicht bei ihnen war? Dass Kagou irgendetwas mit ihr gemacht hatte? Der Katzenmann mit dem nachtschwarzen Fell hatte Nora nicht losgelassen, sondern hielt sie nach wie vor verkrampft fest und starrte Merle feindselig an. Merle drehte jetzt das Gesicht von Nora zu sich, betrachtete es voller Leid und lächelte dann, für einen winzigen, verträumten Augenblick. „Genug jetzt!“, fauchte Kagou die Frau an, die quasi seine Schwägerin war, schlug ihre Hand weg und funkelte anklagend zu Dornfels hinüber. „Es wird Zeit, Präsident!“ Sofort war Baijne zur Stelle und stand, ohne dass ihn jemand gesehen hatte, direkt hinter Merle, packte sie am Arm und zerrte sie zum Siegel. Merle hatte aufgehört sich zu wehren. Ihr Blick lag immer noch auf Nora und sie nahm es einfach hin, dass sie hier und jetzt sterben sollte, für einen höheren Plan. „Nein! Merle!“ Jetzt hielt Hitomi es nicht mehr aus. „Das könnt ihr nicht machen!“, schrie sie. Sofort gebot Brisaeye ihr Einhalt, hielt sie vorsichtshalber fest, damit sie nicht erneut etwas Dummes anstellen konnte. Für einen kurzen Moment sah Merle zu ihr herüber, entschuldigend fast. „Nein…“, keuchte Hitomi erneut. „Nein, nein, nein, nein…“ Wieso musste das passieren? Sie fühlte sich so unendlich hilflos und verlassen… Sie kannte Merle schon so lange, hatte gesehen wie das kleine, quirlige Kätzchen erwachsen wurde, zu einer selbstbewussten, unbeirrbaren Frau. Und das sollte jetzt einfach vorbei sein, hier im Regen, auf einer vergessenen Insel? Baijne drückte Merle in die Knie. Er lachte böse. Er hob sein Schwert. Er setzte zum Hieb an. Merle presste die Augen zusammen, tat keinen Mucks, rührte sie nicht. Hitomi presste ebenfalls ihre Augen zusammen und wartete auf das tödliche Geräusch. Aber es geschah nichts. Hitomi öffnete ängstlich ihre Augen, erwartete das Schlimmste, doch Baijne stand immer noch da, mit erhobenem Schwert. Seltsamerweise war sein Gesicht vor Anstrengung verzerrt und seine Lippen waren hart aufeinander gepresst. „Was ist los Baijne?“, fragte der Präsident ungeduldig. „Ich kann… es nicht… bewegen!“, keuchte er und langte mit der zweiten Hand an den Schwertgriff, erfolglos. Das Schwert schien irgendwie in der Luft fest zu hängen und nach weiteren, ereignislosen Sekunden, glaubte Hitomi den Grund dafür zu erkennen. Zuerst schien es niemand zu bemerken, weil alle gebannt auf die Szenerie um Baijne und Merle starrten, doch dann, als Kagou ein wütendes Grollen von sich gab, wanderten alle Augen zu Nora. Das kleine Katzenmädchen hatte sich von ihrem Leibwächter gelöst, welcher irgendwie steif und verkrümmt auf dem schlammigen Boden kauerte, unfähig sich zu bewegen. Nora stand ganz ruhig da, die glasigen Augen geradeaus auf ihre Mutter gerichtet. „Nicht Sie“, sagte sie dann, mit einer erstaunlich klaren und erwachsenen Stimme. Hitomi musste feststellen, dass sie das Mädchen noch nie hatte sprechen hören… „Wie bitte?“, fragte Dornfels verständnislos. „Nicht Sie“, wiederholte Nora langsam und deutete zur Verdeutlichung ihrer beiden Worte auf Merle. Dornfels, der jetzt aufgehört hatte, wie ein Tiger auf und ab zu streifen, schien von dieser weiteren Verzögerung nicht sehr begeistert und strich sich nachdenklich über seinen Schnurrbart. „Sie darf nicht sterben…“, sagte Nora jetzt, weil anscheinend niemand auf ihrer Worte reagierte. Gebannt beobachtete Hitomi jetzt Dornfels. „Na gut“, sagte er zu ihrer Verblüffung. Nora’s Blick lag unvermindert auf ihrer Mutter und die Starre von Baijne und Kagou schien sich nicht aufzulösen. „DU!“, fuhr der Präsident dann den Soldaten an, der am nächsten bei ihm stand. „Schaff sie vom Siegel!“ Eilig nickte der Soldat, der nicht älter als 16 sein konnte und half Merle beim aufstehen. Hastig entfernte sich Merle vom Siegel und Hitomi winkte sie zu sich. „Oh Gott sei dank!“, seufzte sie und nahm ihre mitgenommene Freundin in die Arme. Merle schien nicht verletzt zu sein, bis auf ein paar Schrammen und blutige Kratzer. Ihr Stolz und ihre Würde, die hatten wahrscheinlich den meisten Schaden genommen. Hitomi zog Merle bis ganz an die Felswand und als sie sich gerade fragte, was Nora dazu bewegt hatte ihre Mutter vor dem Tod zu bewahren, löste sich der Bann auf. Kagou konnte sich wieder rühren und packte sich Nora, wobei er sofort in unverständlicher Lautstärke auf sie einmurmelte. Baijne ließ sein Schwert niedersausen und obwohl Dornfels noch zu überlegen schien, wo er jetzt ein 25tes Opfer herbekommen sollte, nahm der schwarze Anführer ihm diese Entscheidung ungefragt ab. Als er sich mit einem lautlosen, unsichtbaren Satz den jungen Soldaten holte und am Rande des Siegels niederstreckte, war jede weitere Option überflüssig. Ein weiterer Kopf rollte, Blut spritzte und das Siegel holte sich seinen letzten, unvermeidlichen Zoll. Der Körper versank in goldenen Symbolen und Schriftzeichen, während sich die Rinnen mit roter Flüssigkeit füllten. „Endlich!“, jaulte Dornfels auf. Gebannt starrte er auf das Siegel, fast mit ebenso glasigem Blick wie Nora. Er wartete auf das, was da kommen mochte. ------------------------------------- Nachwort: Ich kann mir denken, dass einige von euch dieses kapitel jetzt vielleicht nicht so toll finden... es sterben ziemlich viele leute, zwar "unbedeutende", aber trotzdem... mir isses echt nicht leicht gefallen das zu schreiben... und trotzdem war es nötig... Ich habe mir diese geschicht nunmal "ausgedacht", und es musst mal etwas passieren, das zeigt wie gnadenlos dornfels handelt und wie gnadenlos meine vorstellung des gaianischen atlantis ist. ich wollte zu anfang Merle wirklich sterben lassen, hab es aber dann doch nicht übers herz gebracht... naja. ich hoffe auf eure kommis, seid ruhig ehrlich... ich verkrafte (fast) alles! das nächste kapitel ist noch nicht gemacht und es kann auch noch ne weile dauern.... hab grad sehr viel zu tun wiedermal, im studium... also, ich hoffe ihr könnt euch noch gedulden... chears, eure Chiyo-san Kapitel 33: Atlantika --------------------- so. ich war doch erstaunt, dass so wenig feedback zum letzten kapitel kam... ich hätte mit mehr empörung gerechnet! ^^ aber gut, ihr seid eben hart im nehmen... tja, es geht hinein nach atlantika und ich wünsch euch erst mal viel spass beim lesen. bis zum nachwort. ---------------------------------------------------------- Kapitel 33: Atlantika Es gab wieder dieses Geräusch, fern und dumpf… Und doch so klar und hell, dass man sich am liebsten die Ohren zuhalten wollte… Der Abdruck des Siegels von Atlantis leuchtete kurz auf, in seltsam-gelber Farbe und dann floss das Blut. Es bahnte sich seinen Weg aus den Einkerbungen, bewegte sich schnell und zielstrebig in die vier Rinnen, die das Siegel mit dem riesenhaften Tor verbanden und wanderte dort geisterhaft über die atlantischen Symbole und Verziehrungen. Es floss geradewegs aufwärts, entgegen jeder Regel der Schwerkraft, weil irgendeine Ur-Gewalt es so wollte. Hitomi hielt die immer noch zitternde Merle fest. Obwohl sie Minuten zuvor das Grausamste gesehen hatte, was ein Mensch überhaupt sehen konnte, nämlich das sinnlose Abschlachten von 25 anderen Menschen, konnte sie jetzt ihren Blick nicht vom Weg des Blutes abwenden, ebenso wenig wie alle Anderen. Es war auf seltsame Weise fesselnd und faszinierend, zu sehen, wie diese dicke, rote Flüssigkeit über die verschlungenen Symbole kroch, bis die ganze Tür davon bedeckt war. Merle stand das schmutzige Fell schauderhaft zu Berge und Hitomi spürte deutlich wie eine Gänsehaut unter ihrem durchnässten Mantel über Arme und Beine kroch. So viele Opfer, um diesem grausam-schönen Schauspiel beiwohnen zu können? Surreal oder so selten real wie irgendein anderes Ereignis jemals zuvor? Sie wusste die Antwort nicht… Es gab einen weiteren, überirdischen Ton, der schier aus dem Nichts kam und diesmal so tief summte, dass das Gestein um sie herum zu wackeln schien. Alles Blut war nun aus dem Siegel abgeflossen und befand sich in den Kerben des Tores, welches jetzt ebenso gelb leuchtete wie das Siegel zuvor. Dann öffnete es sich, völlig geräuschlos, so als würde es täglich geöffnet werden und nicht alle paar Jahrtausende. Als das schwere Tor den ersten kleinen Spalt frei gab, brach Hitomi erneut zusammen… Es war überwältigend! Eine unglaubliche Kraft strömte auf sie ein, traf sie mit voller Wucht, warf sie zurück, schien sie von Merle weg zu reißen, obwohl sie sie immer noch im Arm hielt. Sie sah hunderte von Farben, alle strömten auf sie ein, wollten in ihren Geist eindringen, sich ihr hingeben, in all ihrer Pracht. Die Farben wandelten sich zu Bildern, so vielen Bildern, dass ihr schwindelig wurde! Sie sah Van… ohne Flügel, in jener staubigen Kathedrale… Van, mit einem breiten Lächeln im Gesicht…. Van, mit traurigem Blick und einem Drachenherzstein in der Hand… Die Bilder wandelten sich, wurden klarer und dann wieder so unscharf, als hätte jemand Wasser darüber gekippt. Sie sah wieder Van, wie er des Nachts auf dem Balkon seines Zimmers stand und zu ihr hinunter blickte… Van, auf Kurò sitzend, mit stolzem Blick… Sie sah Merle, trotzig und aufmüpfig, so wie sie als Mädchen war, Allen durchkreuzte dieses Bild, mit wehendem Haar; sie erkannte ganz schwach Tomu, wie er glücklich strahlte, auf seinem weißen Pony… Und wieder war da Van, als er ihre Hand auf sein Herz legte und sie bat, nicht zu gehen. Die Bilder durchströmten sie, jedes für sich war vollkommen. Dann war es vorbei, so plötzlich wie es begonnen hatte. Das Tor zu Atlantis stand jetzt weit offen. Man sah nichts, außer warmes, gelbes Licht und Hitomi atmete schwer, die freie Hand krampfhaft auf ihre Brust gedrückt. „Endlich…“, sagte Dornfels, mit einem so seligen Gesichtsaudruck, wie bei einem kleinen Jungen, wenn er seine Weihnachtsgeschenke auspacken durfte. Hitomi blickte sich verwirrt um. Hatte sonst niemand erlebt, was sie gerade erlebt hatte? Merle stand ein wenig aufrechter, ihr Gesicht verfinstert, die Lippen krampfhaft zusammen gepresst. „Merle? Hast du es auch gerade gespürt? Diese… Energie?“, fragte sie leise. „Welche Energie?“ Merle sah nicht mal zu ihr hinüber, ihr Blick war wie aller Anderen auch auf das Licht vor ihr gerichtet. „Schon gut…“, erwiderte Hitomi knapp. Immer noch sprudelten diese vielen Farben vor ihrem inneren Auge. Es war definitiv keine Vision gewesen, was sie gesehen hatte. Es waren Bilder, die sie schon einmal gesehen hatte, Bilder die sich für immer und ewig in ihre Erinnerung eingebrannt hatten. War das eine erste Demonstration der Macht Atlantis’ gewesen? Nur für sie empfänglich? Wenn dem so war, was musste sie dann hinter diesem Licht erwarten? Der kalte Meereswind peitschte Van ins Gesicht, als er an einem der Gurte zog und Escaflowne scharf herum riss. Der Drachen hüpfte kurz ein wenig, ehe er auf der höheren Luftströmung dahin glitt. Van hörte nichts, außer dem rauschen des Windes und doch klopfte sein Herz schneller, als er endlich die Umrisse der Insel ausmachen konnte. Nicht mehr lange und er war zumindest wieder auf selbem Land wie Hitomi… Escaflowne flog noch schneller, angespornt von Vans emotionalem Aufruhr. „HITOMI! ICH KOMME!!!“ „Präsident… Worauf warten wir noch?“, fragte Baijne gelassen. Er war der einzige, der das warme Licht nicht mit glasigen Augen anstarrte. Seine schwarzen Augen ruhten abwechselnd auf Dornfels und dann wieder auf seinem Schwert, das er gerade mit einem Stück seines abgetragenen Hemdärmels säuberte. Dornfels stand da, angestrahlt von Licht, die Augen geschlossen. „Ich will diesen Moment ganz auskosten, mein lieber Baijne…“, seufzte er. Er atmete tief ein, öffnete dann die Augen und fixierte Baijne mit seinem Eidechsenblick und sagte dann: „Deine Ungeduld wird dich eines Tages noch ins Grab bringen…“ Darauf wusste Baijne nichts zu erwidern, außer geräuschvoll auf sein Schwert zu spucken, noch einmal drüber zu polieren und es dann wieder sicher in seinem Stiefel zu verstauen. „Nun denn! Auf nach Atlantis!“, rief Dornfels aus und ging als Erster in das Licht. Baijne nickte dem schwarzen Mann zu, der Hitomi zuvor brutal seine Hand auf den Mund gepresst hatte. „Du weißt was zu tun ist, Binnjae…“ Der Mann namens Binnjae nickte ebenfalls und löste sich dann in flimmernder Luft auf. „Und jetzt, rein mit euch…“, ordnete Baijne an. Es gab nun keine spezielle Reihenfolge mehr. Alle Soldaten, Volkmitglieder, Kagou, Nora, Hitomi und Merle tapsten durch das Licht, wie magisch angezogen. Hitomi rechnete fast wieder mit einer erneuten Kollision mit der Macht Atlantikas, doch das durchschreiten des Tores war mehr oder minder unspektakulär, als würde man am Lagerfeuer stehen. Ein warmer Schauer glitt über ihren Körper, durchdrang ihre patschnasse Kleidung und Hitomi wusste, dass sie wieder trocken war, auf wundersame Weise. Und dann stand sie jäh in einer anderen Welt. Sie war hier schon einmal gewesen… Vor vielen Jahren in einer ihrer Visionen. Sie erinnerte sich, dass es keine angenehme Vision war… Sie hatte den Fall des atlantischen Volkes gesehen und Van, wie in schwarzem Nichts verschwand. Dieses Ort war ein Abbild jener Vision. Sie standen auf einem großen Platz. Unter ihren Füßen befanden sich riesige Steinplatten, verziert mit bunten Mosaiken, die ähnliche Symbole ergaben, wie schon auf dem Tor. Hitomi blickte hinter sich, und sah, dass das Tor nun nicht mehr aus Licht war. Auf dem riesigen Platz befand sich nichts weiter als ein steinerner Bogen, durch den man hindurch sehen konnte. Dahinter und darum herum breitete sich Atlantika aus. Sie befanden sich mitten in einer alten Stadt, die eine solch seltsame Architektur hatte, dass es nicht mehr real wirkte. Doch sie war real. So real, wie die Luft die sie atmeten und der Himmel, der sich über ihnen auftat. Er war nicht blau oder bewölkt, man sah auch nicht zwei blasse Monde am Horizont. Da waren die Farben, die Hitomi zuvor gesehen hatte… helles grün, warmes Orange, mysteriöses Violett, klares Blau… Sie alle ergaben ein Mischung, begegneten so vielen anderen Farbtönen und waren ständig in Bewegung. Sie bewegten sich! Hitomi sah wie sich ein Rot mit einem gelb zu einem Strudel vereinte, nur um dann wieder auseinander zu bersten und sich in gleichmäßigen Wellen zu einem Rosa und einem tiefen Marineblau zu gesellen. Dieser wunderschöne Anblick erstreckte sich unendlich weit über die Stadt hinweg, ohne dass ein Ende zu erkennen wäre. Die Stadt selbst war sicherlich so schön wie noch zu ihrer Glanzzeit und doch konnte nichts darüber hinweg täuschen, dass sie vollkommen ausgestorben war. Weder der wunderbare Horizont, noch die überraschend frische Luft, eine Komposition aus Erde und Wasser. Die Gebäude wirkten fahl, auf dem Boden lagen Staub und Ablagerungen von den vergangenen Jahrhunderten. Abgefallene Blätter waren über das Mosaik gestreut, sowie Sand und vertrocknete Blüten. Was war das nur für eine Welt? Es wehte kein Lüftchen, es gab keine Anzeichen, dass es aus diesem wunderbaren Himmel jemals regnete und doch standen die Bäume von einst noch hier, mit so breiten Stämmen, wie Hitomi sie noch niemals zuvor gesehen hatte. Ihre Äste erstreckten sich so unglaublich symmetrisch in die Luft, als hätte sie kürzlich erst jemand zugeschnitten und die Blätter hatten einen frischen, zeitlosen Grünton. Sie standen überall, um den Platz herum, zwischen den Häusern, die wie in einem antiken Theater Stufe um Stufe anstiegen und der Platz auf dem sie standen, befand sich genau in der Mitte. Hitomi konnte ihre Augen kaum von ihrer Umgebung abwenden, doch Dornfels lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Willkommen in Atlantika mein Freunde!“, verkündete er. Endlich wandte er sich wieder seinen Anhängern zu, mit glückseligem Gesichtsausdruck. „Ihr wisst was zu tun ist… Wir müssen das Negativ des Siegels finden… Und das Tor für die Gymilefs. Macht euch auf! Um unsere Gäste hier werde ich mich gemeinsam mit Kagou kümmern…“, sagte er und meinte damit wohl Nora, Merle und Hitomi selbst. Baijne wirkte sofort alarmiert. „Seid ihr sicher?“ Seine schwarzen Augen ruhten auf Hitomi und sie wusste, dass er ihr nicht traute, was sie als kleinen Triumph empfand. „Sollte nicht Brisaeye wenigstens hier bleiben?“, schlug er ärgerlich vor. „Wenn dich das beruhigt…“, seufzte Dornfels. Brisaeye rückte sofort wieder ein Stückchen näher an Hitomi und Merle heran, wobei ihre Augen immer noch völlig fasziniert auf den atlantischen Himmel gerichtet waren. „Alle anderen tun was ich gesagt habe!“ Baijne wandte sich widerwillig ab. Es passte ihm nicht, mit all dem „gewöhnlichen“ Fußvolk in einen Topf geworfen zu werden. Er löste sich in flimmernder Luft aus und tauchte schon am Ende des Platzes wieder auf, verschwand dann in einer Seitenstraße. Alle anderen folgten ihm eilig und verstreuten sich in der alten, verkommenen Stadt. Als Van der Insel nah genug war, um einzelne Dinge erkennen zu können, schärfte sich seine Aufmerksamkeit um 180 Grad: Er bemerkte die hohen, gewaltigen Klippen, an denen sich der Ozean brach, sah den schmalen streifen Strand und das kugelrunde zaibacher Flugschiff an dessen Ufer. Ansonsten war nichts Auffälliges zu sehen… Das Schiff lag völlig harmlos im Wasser der der Wind pfiff fast noch stärker als auf dem offenen Meer. Der Geruch von frischem Regen lag in der Luft als Van schließlich über die erste Klippe hinweg flog. Langsam ging er mit dem Drachen in den Sinkflug, steuerte das Plateau auf den Klippen an, um dann mit unschönen, knarrenden Geräuschen auf der regennassen Grasfläche zu landen. „Bist wohl doch noch ein bisschen eingerostet…“, murmelte Van, zog stramm an den Gurten und brachte Escaflowne schließlich zum stehen. Er verwandelte sich augenblicklich in seine Gymilef-Gestalt, sobald Van von seinem Kontrollpunkt hinunter gesprungen war und sackte dann aus allen Achsen pfeifend in seine sitzende Position zusammen. Wachsam blickte Van sich um und ging vorsichtig an den Rand der Klippe. Es regnete zwar nicht mehr, doch wollte er wirklich nicht riskieren, übereilt auf dem Gras auszurutschen, um sich anschließend das Genick zu brechen… Er spähte über das steinige Geröll auf den kleinen Fleck Strand hinab und beäugte das seltsame Flugschiff, von der Form einer riesigen schwarzen Kugel. Niemand war zu sehen. Er ging weiter, entlang des Abgrunds und kam an einen ca. 1 ½ Meter breiten Spalt, der sich ein ganzes Stück ins Land hinein zog. Am Grund des Spaltes konnte er einen Weg erkennen. Instinktiv ging er weiter, entlang des Spaltes, wobei er auch immer wieder gen Himmel blickte, denn Allen und sein Flugschiff konnten auch nicht mehr weit entfernt sein. Der Spalt endete in einer kreisrunden Ausbuchtung und als Van nach unten blickte, sah er etwas Goldenes schimmern. Es war allerdings zu weit weg, um es genau erkennen zu können… Das helle, gelbe Licht, das allerdings aus dem ganzen Brunnenartigen Kessel zu strahlen schien, war kaum zu ignorieren. Van wusste, dass er Hitomi immer näher kam… Dieses Licht war nicht von dieser Welt… Was auch immer Dornfels wollte, lag hinter diesem Plateau und es musste etwas anderes sein, als die vielen bewaldeten Hügel, die Van sehen konnte… Atlantika lag hinter diesem Licht… da war er sich sicher. Hitomi sah zu, wie die zaibacher Soldaten in den schmalen Gassen Atlantikas verschwanden. Kagou blickte finster drein und achtete darauf mindestens drei Meter von Merle entfernt zu stehen. „Es war nicht sehr klug von euch, Baijne wegzuschicken….“, knurrte der schwarze Katzenmensch Dornfels entgegen. Es war klar, was er damit meinte: Obwohl Merle nach wie vor geschockt war - vom Blutritual, von Atlantika - war sie doch immer noch Nora`s Mutter… Kagou erwartete wohl, dass sie jeden Moment auf ihn zuspringen würde, um ihm auch noch das andere Auge auszukratzen. „Keine Sorge, meiner Lieber…“, sagte Dornfels wie immer sehr schmeichelhaft. „Brisaeye wird sich schon um unsere Wildkatze kümmern…“ Sein Blick war abfällig als er Merle`s traf. „Ich werde mich währenddessen ein wenig mit unserem Ehrengast unterhalten…“ Damit lächelte er Hitomi an und bedeutete ihr mit einem Handwink, ihm zu folgen. Hitomi wusste nicht, ob sie dies gut finden sollte oder nicht. Möglicherweise bekam sie aber ein paar Antworten auf all die Fragen, die sich seit dem Eintritt in diese vergessene Welt in ihrem Kopf breit gemacht hatten. Entschuldigend ließ sie Merle bei Brisaeye, welche schon wieder seit längerem nichts gesagt hatte. Ihre schwarzen Augen ruhten gelassen auf Merle, die sich nun erschöpft auf den Boden sinken ließ, ihre Augen aber nach wie vor auf Nora gerichtet hatte. Kagou ließ sich mit seinem kleinen Schützling in gediegenem Abstand nieder, wobei er immer wieder in seltsamen Fauchlauten auf das Mädchen einging. Brisaeye stand etwas unschlüssig herum und dann sah Hitomi nur noch Dornfels’ mittlerweile sehr vertrautes Gesicht, seinen unheimlichen Eidechsenblick, ansonsten aber eine mehr als gelassene Ausstrahlung. Natürlich, es war ja alles wie am Schnürchen gelaufen, was sollte jetzt noch schief gehen? „Gehen wir ein paar Schritte? Es dauert sicherlich noch ein wenig, bis jemand findet was ich suche…“ Er bot Hitomi seinen Arm an, doch sie ging stur an ihm vorbei, weg vom Mittelpunkt des Platzes. „Wie ihr meint…“, säuselte Dornfels und ließ seinen Arm resigniert wieder sinken. Rasch hatte er sie eingeholt und schritt nun gemächlich neben ihr einher, das Mosaikmuster auf dem Boden musternd. „Wie geht es euch?“, fragte er schließlich. Hitomi warf ihm einen finsteren Seitenblick zu. „Wie es mir geht? Ha! Ich habe soeben die Hinrichtung von 25 Menschen mit ansehen müssen und sie fragen wie es mir geht?“ Dornfels schnaubte empört auf. „Hinrichtung! Das klingt so brutal…“, sagte er kopfschüttelnd. „Es WAR brutal!“, fuhr Hitomi ihn an. Die Wut, die sie auf diesen Mann hatte, rauschte in ihr auf wie eine gefährliche Brandung. Wie konnte er nur so tun, als wäre nichts gewesen? Als wäre das eine alltägliche Sache? Allerdings wusste sie auch, dass es keinen Zweck hatte, sich aufzuregen. Es war schon geschehen. Sie musste sich beruhigen und sich konzentrieren… Ihre Augen und Ohren mussten alles ganz genau wahrnehmen. Vielleicht bot sich doch noch irgendwann eine Möglichkeit zur Flucht… Langsam atmete sie ein und aus, ballte ihre Hände zu Fäusten, entspannte sie wieder und sah Dornfels dann durchdringend an, als sie langsam neben ihm herging. „Nun, über was wollt ihr mit mir reden?“ Dornfels’ Bodenlanger Mantel raschelte über das vertrocknete Laub auf dem Boden. Er lächelte geheimnisvoll. „Ich will euch erklären, was ich als nächstes zu tun gedenke.“ „Tatsächlich? Ihr wollt mir alles erklären? Mich in eure finsteren Pläne einweihen?“, fragte Hitomi mit hochgezogener Augenbraue und obwohl sie wusste, dass Sarkasmus jetzt wohl nicht mehr angebracht war, wusste sie sich doch nicht anders zu helfen. „Natürlich. Es ist an der Zeit… Ihr werdet schließlich die Frau an meiner Seite sein, wenn Atlantika wieder aufersteht…“, antwortete er gemächlich. Hitomi musste sich zusammenreißen. Am liebsten hätte sie dem Präsidenten ins Gesicht geschlagen, wohl wissend, dass ihn das im Gegenteil nur noch mehr anspornte, sie für sich zu gewinnen. Doch das würde niemals passieren. Sie schnaubte abfällig durch die Nase. „Ihr lernt wohl auch nichts mehr dazu… Ich habe nicht vor irgendwann auch nur in der Nähe eurer Seite zu sein!“ Dornfels ließ diese Abwehrhaltung aber nach wie vor völlig kalt. „Gut, lassen wir dieses Thema vorerst noch fallen… Ich will über wichtigeres Reden… Bisher ist alles so gelaufen, wie ich es mir gedacht habe. Und ich bin mir sicher, dass alle weiteren Schritte ebenfalls nach Plan verlaufen werden… Meine Leute werden finden was ich suche-“ „Und was genau sucht ihr?“, hackte Hitomi nach. Dornfels grinste schelmisch, sodass sich sein schmaler Schnurrbart kräuselte. „Natürlich, ich will mit offenen Karten spielen… Ich suche nach einem zweiten Abdruck des Siegels, ähnlich wie in jenem Felsenkessel, aus dem wir gerade gekommen sind… Er muss hier irgendwo sein… Wir werden das echte Siegel dort installieren, es aktivieren und dann wird sich uns das Tor zur Erde öffnen, dauerhaft und ohne wieder zu verlöschen, außer jemand entfernt die aktivierende Kraft…“ „Und DAS ist sicherlich nicht in eurem Plan vorgesehen…“, meinte Hitomi erneut sehr sarkastisch. „Richtig.“ Dornfels grinste. „Es müsste schon nicht mit rechten Dingen zu gehen, wenn zu diesem Zeitpunkt noch etwas schief gehen sollte…“ „So so…“, murmelte Hitomi und warf wieder einen Blick auf den reich verzierten Boden. Zu ihren Füßen war ein Engel abgebildet, beziehungsweise ein Atlantiker. Seine weißen Flügel waren meterweit ausgebreitet und er blickte mit ernstem Gesicht in die Ferne. Sofort zog sich alles in Hitomi zusammen und sie musste jeden Gedanken an Van krampfhaft verdrängen um nicht vor Dornfels’ Augen in verzweifelte Tränen auszubrechen. Sie wusste nicht wo er war, sie wusste nicht, was jene schauderhafte Vision bedeutete und wusste nicht mal, ob sie ihn jemals wieder sehen würde… Ein furchtbarer Zustand. Sie räusperte sich laut und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder an Dornfels. „Und welche… Kraft kann das Siegel aktivieren…?“ Dornfels schmunzelte wieder: „Ich hatte gehofft, dass ihr mich das fragt…“ „Ach ja?“ „Ja. Jene Kraft gibt es nur einmal auf diesem Planeten… Und ich habe wirklich lange gebraucht um herauszufinden, um welche es sich dabei handelt. All diese Legenden und Aufzeichnungen die ich studiert habe, drücken sich nur vage darüber aus, aber irgendwann… Ungefähr 5 Jahre nach meinem Amtsantritt war ich in Farnelia zu Besuch… Und da wusste ich es.“ „Ach ja?“, wiederholte Hitomi und spulte in ihrem Gedächtnis, ob irgendetwas 5 Jahre nach dem Amtantritt von Dornfels vorgefallen war… Doch ihr fiel nichts ein. „Es war fast amüsant, wenn ich überlege, wie viel ich schon über Farnelia und über seine Geschichte gelesen hatte! Ha! Ich hätte schon sehr viel früher darauf kommen können, aber ich hatte wohl mit etwas viel größerem, weit bedeutenderem gerechnet…!“ Jetzt lachte er und gestikulierte wild in der Luft herum, über seine eigene Dummheit erstaunt. „Ihr habt bereits nach eurem Amtsantritt all dies hier geplant?“ Hitomi machte eine ausschweifende Handbewegung und schloss damit alles ein was sie in den letzten Tagen erlebt hatte. „Natürlich! Ich war so wissbegierig wie noch nie! Ich wollte alles wissen, über diesen fremden und doch so faszinierende Geschichte dieses Planeten und bin dabei in Bereiche vorgedrungen, von denen nicht einmal Dornkirk etwas geahnt hatte….“ Seine Augen waren vor Begeisterung weit aufgerissen, bei den Erinnerungen an all seine Entdeckungen. „Großartig…“, meinte Hitomi abfällig, „Was ist also in Farnelia passiert?“ „Ihr seid immer noch nicht darauf gekommen? Hat er es euch nie erzählt?“ Hitomi war klar, wen er mit er meinte und sie kramte weiter in ihrem Gedächtnis… Was war damals passiert? „Van redet nicht gern über politische Dinge…“, versuchte sie sich zu verteidigen. „Nun, das was ich meine war auch ganz und gar nicht politisch…“, gluckste Dornfels. Dann, plötzlich – und sie schämte sich fast dafür – fiel es ihr wieder ein: „Escaflowne!“, rief sie laut aus. Allein der Klang des Namens erweckte in ihr eine unglaubliche Erinnerungsflut… Krieg, Zerstörung und eine erhabene Kraft. „Ihr habt damals versucht Escaflowne zu stehlen, aber es ist euch nicht gelungen! Ihr habt erkannt, dass Escaflowne jene Kraft ist, die das Siegel aktiviert!“, kombinierte Hitomi aufgeregt. „Hätte mich auch gewundert, wenn er euch das verschwiegen hätte…“, war das einzige was Dornfels dazu sagte. „Es stimmt… Ich habe in meiner Euphorie tatsächlich versucht den Drachen zu stehlen, was natürlich dumm und töricht von mir war.“ Hitomi konnte nichts darauf erwidern. Sie erinnerte sich an den Nachmittag, als Van sie nach Hause schicken wollte, wo doch ihr Zuhause schon längst nicht mehr auf der Erde war… Sie standen an Folkens Grab, Escaflowne zu ihrer Rechten, mit Moos und Rost verunstaltet. Die Zeichnung der vergangenen 20 Jahre… Dornfels blieb jetzt stehen und betrachtete eine Statue, wahrscheinlich aus purem Gold gegossen. Mittlerweile waren sie am Rande des Platzes angelangt und die Statue zeigte wieder ein lebensgroßes Mitglied des Drachenvolkes, diesmal eine Frau. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Hände ruhten auf einem langen, breitschneidigen Schwert, um welches sich auch ihre Flügel schlossen. „Schön, nicht wahr?“, murmelte Dornfels. „Ich bin gespannt, was uns dieses weise Volk noch zurück gelassen hat.“ Hitomi musst sich eingestehen, dass er Recht hatte: Der Anblick der Statue war wirklich schön… Und doch verschwamm das goldene Wesen langsam vor ihren Augen, als sie aus Ausmaß dessen begriff, was sie gerade erfahren hatte. „Wenn ihr Escaflowne braucht, um das Siegel zu aktivieren…“ „Das ist nicht ganz richtig“, unterbrach Dornfels sie, „Ich brauche nur den Drachenherzstein… Da sich aber zu jenem Zeitpunkt vor so vielen Jahren in Farnelia kein Drachenherzstein mehr im Inneren des Gymilefs befand, konnte ich ihn auch nicht stehlen… Der Stein muss zuerst im Inneren von Escaflowne gewesen sein, um auch wirklich mächtig genug für das Siegel zu sein…“ „Aber ihr hättet doch einfach einen Drachenherzstein hineinlegen können…“, strickte Hitomi seinen Gedankengang weiter. „Nein, das ist ausgeschlossen. Selbst wenn ich das versucht hätte… Der Drachen gehört mir nicht… Der Stein hätte niemals die nötige Kraft für das Siegel bekommen… Escaflowne erkennt seinen rechtmäßigen Besitzer, zumindest das konnte ich aus einigen Aufzeichnungen der Espangol entnehmen…“ Hitomi wurde ganz wirr im Kopf. „Aber… Escaflowne befindet sich Farnelia! Nach wie vor! Wie wollt ihr dann…“ Dornfels wandte sich ihr nun zu und seine grünen Augen schienen sie durchdringen zu wollen… Ein Lächeln strich über seine Lippen, wie so oft. Er wollte sie auffordern, selber weiter zu denken. Doch das musste Hitomi gar nicht mehr tun… Van ging grübelnd zurück zum Rand der Klippe und blicke erneut auf das seltsame Flugschiff der Zaibacher hinab. Sollte er womöglich von hier aus zu Fuß weitergehen? Nur mit seinem alten Katana bewaffnet? Bei dem Gedanken wurde ihm ganz mulmig zumute. Wenn es stimmte, was Dryden herausgefunden hatte und Dornfels tatsächlich das Volk des flüsternden Windes um sich geschart hatte, kam er damit sicherlich nicht sehr weit… Er überlegte hin und her, ging an der Klippe auf und ab, bis schließlich doch etwas anderes seine Aufmerksamkeit erregte: Aus dem toten Winkel der Klippen, den er von seiner Position aus nicht sehen konnte, kamen plötzlich ein ganzer Haufen Pferde angetrabt, die aufgeregt wieherten und dann im Gleichschritt ins Flugschiff hinein klapperten. Angetrieben wurden sie von einer Gestalt, die Van nicht erkennen konnte. Vorsichtshalber legte er sich flach auf den Bauch, um ungesehen über die Klippe lugen zu können. Doch dann, plötzlich war die Gestalt verschwunden! Van suchte jeden Winkel mit den Augen ab, doch sie war nicht mehr zu sehen. „Sucht ihr vielleicht mich?“ Van blieb fast das Herz stehen und noch im gleichen Moment verfluchte er sich selbst für sein törichtes Verhalten. Er ahnte, wen er gleich hinter sich stehen sehen würde… Bedacht langsam rollte er sich herum und tatsächlich: Zwischen ihm und Escaflowne stand ein hagerer, großer Mann mit kohlschwarzer Haut, ebenso schwarzen Augen, exotischer Kleidung und weißen Körperbemalungen auf den Armen und Wangen. Sein Gesicht war eingefallen und sein Haar auf minimale Länge geschoren. Einer vom Volk. „Wie habt ihr mich von dort unten gesehen?“, fragte Van düster und richtete sich langsam, immer bereit sein Katana zu ziehen, auf. „Nicht gesehen…“, spottete der Mann. „Ich habe euch atmen gehört…“ Van hatte in seinem ganzen Leben noch nie so unheimliche Augen gesehen, wie die, die ihn gerade so kalt musterten… Sie schienen nicht von dieser Welt zu sein. „Wer seid ihr?“, fragte er dann, mutiger, als er sich gerade am Abgrund der Klippe fühlte. „Mein Name ist Binnjae. Und wer ihr seid, weiß ich…“ Van erwiderte nichts, sondern wartete gespannt, was sein Gegenüber sagte. „Ich habe schon auf euch gewartet.“ Hitomi hätte nicht gedacht, dass es eigentlich so einfach war… so simpel und kalt durchdacht… Er hatte genau gewusst, wie sie handeln würde, wie Van handeln würde… Alles bis ins Detail berechnet und kalkuliert. „Ihr habt mich entführt, weil ihr wusstet, dass Van mich zurückholen würde… Ihr habt mit euren Reformen alle Könige glauben lassen, dass ihr einen Krieg anzetteln würdet und Van somit Escaflowne wieder zum Leben erwecken muss. Und jetzt ist er auf dem Weg hierher…“, sagte sie entsetzt. Dornfels strich sich langsam über den Schnurrbart. „Das ist nicht so ganz richtig… Es stimmt, ich habe euch entführen lassen, weil ich mir sicher war, dass Van euch zurückholen würde. All das Gerede davon, dass ihr dummerweise zur falschen Zeit am falschen Ort wart, wird somit hinfällig. Entschuldigt diese kleine Lüge…“ Er sah sie entschuldigend an, doch Hitomi strafte ihn mit eisigen, distanzierten Blicken. „Aber es war keine Lüge, dass ich dich haben will Hitomi…“ Er trat näher an sie heran, zu nahe, für Hitomi’s Geschmack. „Ich habe euch nicht erlaubt, mich zu duzen….“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Dornfels sah sie so durchdringend an, dass sie dem nicht entfliehen konnte. Sein Eidechsenblick hielt sie gefangen, ließ sie bewegungsunfähig auf diesem alten, vergessenen Platz zurück. Sie konnte nichts tun, als er seine Hand hob und ihr vorsichtig über die Wange strich. „Du wirst Van vergessen und erkennen, dass ich es bin, der für dich bestimmt ist… Du wirst die schönste und angesehenste Frau in ganz Gaia sein, an meiner Seite…“ Hitomi wusste, dass es schwer war, sich diesem Mann entgegen zu setzen und es kostete sie starke Konzentration, sich auf die Erwähnung von Van’s Namen einzulassen. Er lebte, er war auf dem Weg zu ihr, er würde sie retten und alles würde gut werden. So würde es sein! „Hört auf damit!“, keuchte sie dann endlich heraus und schlug energisch Dornfels’ Hand weg. „Lieber sterbe ich, als dass ich die Eurige bin!“ Diese Aussage war vielleicht dumm und viel zu theatralisch… Aber sie konnte es nicht zulassen, dass Dornfels triumphierte, über ihre eigenen Gefühle, über die Zweifel, ob Van wirklich kommen würde und über die Tatsache, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Dornfels’ Blick verfinsterte sich ein wenig, dann wandte er sich wieder ab. Er ging weiter und fuhr mit seinen Erklärungen fort, als hätte es keinen Zwischenfall gegeben. „Der König von Farnelia wird bald mit Escaflowne auf dieser Insel eintreffen, dessen bin ich mir sicher. Wir werden das Siegel aktivieren und das Tor zur Erde öffnet sich…“ „Und dann?“, fragte Hitomi spöttisch. „Wie sieht euer Plan aus, Atlantika wieder auferstehen zu lassen? Falls ihr das in eueren Studien übersehen habt: Es gibt nur noch einen Nachkommen des Drachenvolkes!“ „Das stimmt nicht mehr ganz, oder?“ Dornfels’ Blick wanderte an Hitomi hinab und blieb an ihrer Mitte hängen. Das konnte doch nicht wahr sein! Woher wusste er das? Hatte Baijne doch etwas gehört? Sie hatte nie wieder ein gesprochenes Wort darüber verloren, seit Merle vor ein paar Tagen im Kerker festgestellt hatte, dass sie schwanger war… Sie musste es abstreiten… Nie und nimmer würde sie Dornfels diese Information zuspielen! „Was meint ihr damit?“, fragte sie herausfordernd und versuchte seinem Blick stand zu halten, was ihr mehr schlecht als recht gelang. Keine Regung war in seinem Gesicht zu vernehmen. Er starrte sie nur stumm an, viel zu lange, ehe er sagte: „Ich rede von dem Kind, das in eurem Bauch heranwächst.“ „Ich weiß nicht wer euch das erzählt hat…“, begann Hitomi hoffnungsvoll, wurde aber sogleich wieder unterbrochen. „Ihr braucht gar nicht erst versuchen es abzustreiten. Nicht die Ohren Baijnes waren es, die mir diese Information geliefert haben, sondern die Augen des Katzenmädchens.“ Hitomi’s Herz schlug ihr jetzt bis zu Hals. Sie wusste nichts über die Fähigkeiten von Nora, doch hatte sie gesehen, was sie erst vor einer halben Stunde allein durch die Kraft ihrer Gedanken getan hatte. Wieso entglitt ihr auf einmal alles? „Sie hat es gesehen… Ihr müsst es wirklich nicht abstreiten…“, sagte Dornfels langsam. „Was hat sie gesehen?!“, brüllte Hitomi ihm dann entgegen. „Ein kleines, menschliches Etwas in vollkommener Dunkelheit oder ein kleines, wunderschönes Kind, das ich gemeinsam mit Van großziehen werde?! Wenn dem so ist, wenn das meine Zukunft ist, dann könnte ihr sie nicht verhindern! Ihr könnt es mir nicht nehmen, niemals!“ Sie war aufgebracht, in Rage und vollkommen verzweifelt. Alles, was sie beschützen wollte, lag jetzt offen und entblößt vor diesem Präsidenten, der alles zu wissen schien, alles wissen wollte und alles haben wollte. Sie hätte auch nackt vor ihm stehen können, es käme auf das gleiche hinaus. Dieser Mann hatte ihr nun die letzte Hoffnung genommen. Sie zwang sich erneut, nicht in Tränen auszubrechen. Stattdessen kauerte sie sich zusammen, presste ihren Kopf zwischen die Knie und versuchte sich zu beruhigen. Nicht aufregen, nicht aufregen, nicht aufregen…. Bestimmt würde alles gut werden… Bestimmt. ---------------------------------------- Nachwort: das kapitel ging mir überraschend gut von den händen... und es gab mal wieder dieses phänomen, dass sich story und charaktere ohne meinen direkten willen irgendwie selbst weiterspinnen. ich hatte z.B. ursprünglich vor, die Bombe mit der Schwangerschaft erst viel später platzen zu lassen... aber auf die art ist es doch gleich noch interessanter, vorallem weil dornfels es die ganze zeit gewusst hat. ich hoffe, euch gefällt dieses kapitel genauso gut wie mir... es kann nur voran gehen und 34 ist schon in arbeit... also, ich wünsch euch jetzt erst mal frohe weihnachten und nen guten rutsch ins neue jahr, weil vorher wird das definitiv nix mehr mit dem nächsten kap. bos demnächst! ich würde mich sehr über ein paar ordentliche kommis freuen! cheers, Chiyo-san Kapitel 34: Die Kreuzkathedrale ------------------------------- hallo hallo! ich sage euch, dieses kapitel war wirklich eine schreiberische Berg und Talfahrt! Ich hatte die erste version schon kurz nach Weihnachten fertig, weil ich einen abend lang wirklich wirklich nicht mehr aufhören konnte zu schreiben. doch kann hab ich aus einer laune heraus ein paar escaflowne-folgen angeschaut, und dabei ist mir klar geworden, dass das was ich geschrieben hab, völlig unlogisch ist, trotz künstlerischer Freiheit... ich habs umgeschrieben, und die nächste version war dann 2 wochen später fertig, allerdings hat mich die nicht sehr mitgerissen: ergo, nochmals umschreiben! ^^ jetzt hab ichs dann doch noch fertig geschrieben, trotz prüfungszeit! an dieser stelle danke für euere kommis und nochmals willkommen an die neuen mitleser! und nun, viel spannung und vergnügen in Atlantika... ---------------------------------------- Kapitel 34: Die Kreuzkathedrale „Was wollt ihr von mir?“, fragte Van Binnjae herausfordernd. Diese schwarzen Augen schienen ihn in ihre dunklen Tiefen ziehen zu wollen. „Das ist ganz einfach“, erwiderte dieser. „Ihr gebt mir Escaflowne’s Drachenherzstein.“ „Und warum sollte ich das tun?“, fragte Van weiter, seine Sinne bis aufs Äußerste gespannt. „Weil ihr nur so das Mädchen vom Mond der Illusionen noch einmal sehen könnt.“ Van konnte nicht verhindern, dass sein Herz schneller schlug, er schneller atmen musste und sich flüchtig über die Brust fuhr, wo unter seinem Hemd Hitomi´s Amulett hing. Er wusste, dass es dumm sein würde, sich gegen Binnjae zu wehren. In seinem Kopf kreiste nur der Gedanke, dass er Hitomi wieder sehen würde. Aber sollte er sich einfach so geschlagen geben? Sich einfach so abführen lassen? Die Hand an seinem Katana verkrampfte sich und er legte blitzartig die rechte Hand auf den Knauf, bereit das Schwert zu ziehen, als der schwarze Mann plötzlich direkt vor ihm stand. „Das würde ich lieber sein lassen, euer Majestät“, spottete er. Sie waren nur noch eine Hand breit voneinander entfernt und Van musste sich eindeutig eingestehen, dass er sich vor diesem Wesen fürchtete. So schnell konnte kein normaler Mensch springen oder laufen. Es war schlichtweg unmöglich! Grimmig stieß er sein Schwert vollständig in die Scheide zurück und trat einen Schritt zurück. „Ihr wisst, dass ich das nicht tun kann…“, sagte er matt. „Ist sie euch so wenig wert?“, warf Binnjae zurück. „Das ist es nicht…“, knurrte Van. „Es geht um soviel mehr als um Hitomi um mich… Wenn ich euch den Drachenherzstein gebe würde, was würde dann passieren?“ „Ihr würdet mit mir nach Atlantika kommen und wir würden den Stein zu Dornfels bringen…“, erwiderte Binnjae ganz geschäftsmäßig. „Und wer sagt mir, dass ihr mich nicht gleich umbringt, nachdem ich den Stein aus Escaflowne entnommen habe?“, fragte Van weiter. „Glaubt mir, es würde mir Nichts mehr Freude bereiten…“, meinte Binnjae schelmisch, „Jedoch lautet mein Auftrag, euch lebend zum Präsidenten zu bringen… Er entscheidet über euer Schicksal…“ Van überlegte. Er konnte sich nicht einfach Dornfels’ Willen beugen… Sein Stolz ließ dies nicht zu! Anderseits war mit Binnjae nicht zu spaßen… Er war schnell, überirdisch schnell… Das konnte er nicht übertreffen. „Niemand kann das Schicksal bestimmen… Sollten die Zaibacher diese Lektion nicht schon längst gelernt haben?“, fragte Van herausfordernd. Seine rechte Hand ruhte immer noch auf dem Schwertknauf, bereit zu ziehen… „Habe ich euch nicht gesagt, ihr solltet gar nicht erst daran denken?“ Binnjae’s Gesicht verfinsterte sich, doch Van zog sein Katana, unfähig noch länger dumm herum zu stehen. Binnjae verschwand und alles was Van sah war verzerrte Luft und ein unheimlicher Windhauch. Er spürte die Anwesenheit des schwarzen Kriegers, weshalb er sich instinktiv um seine eigene Achse drehte und gerade noch sah, wie eine Faust auf ihn zu schoss. Er blockte den Schlag grob mit der flachen Schwertseite ab, nur um dann mit einem diagonalen Schnitt seinen Gegner anzugreifen, doch Binnjae war bereits wieder verschwunden. Van wollte sich erneut umdrehen, aber Binnjae war schneller: Er boxte ihm auf das gröbste in die Nieren, sodass er vor Schmerzen aufheulte und ächzend zu Boden ging. Er krümmte sich zusammen, auf einen weiteren Schlag wartend, aber nichts geschah. „Wenn ihr unbedingt leiden wollt, König von Farnelia, bitte schön...“, spottete der Schwarze. Van versuchte sich aufzurappeln, wobei er die Zähne vor Schmerz zusammen biss. „Ich werde es euch nicht so einfach machen…“, keuchte er und versuchte Binnjae mit einem Schnitt über seine Achillessehne zu überraschen. Aber wieder war der Schwarze schneller und kickte Van mit einem Tritt in die Seite erneut zu Boden. Der Schmerz kam wieder und Van konnte nichts anderes tun als sich zur Seite zu werfen. Er betastete seine Rippen und stellte sogleich fest, dass alles noch da war wo es sein sollte. Der Wind ging mittlerweile wieder stärker und ließ den hölzernen Schmuck an Binnjae’s Gewand klimpern, als dieser sich über ihn beugte und ihn böse anfunkelte. „Gebt auf… Ihr könnt mich nicht mit diesem lächerlichen Schwert besiegen…“, sagte er und nahm ihm das Schwert aus seiner laschen Umklammerung. „Wenn euch eure Geliebte so wenig bedeutet, können wir gern noch ein wenig weiter machen… Ihr könntet euch aber auch dem Willen des Präsidenten beugen und tun, was man von euch will... Das verlängert euer unbedeutendes Leben zwar nur um ein paar Augenblicke, aber das ist doch besser als gar nichts?“ Van funkelte mit der Selben Intensität zurück. Er war in eine Falle getappt, eine Falle, die Dornfels sehr schlau konstruiert hatte… Dieser Fuchs hatte gewusst, wie Van handeln würde, dass er Hitomi folgen würde und dass er ihr Leben um keinen Preis riskieren würde, nicht einmal um seines Stolzes Willen. „Gebt mir einen Moment Zeit…“, sagte er dann langsam, rappelte sich schwer atmend auf und schleppte sich mit stechender Seite hinüber zu Escaflowne. Hitomi kauerte immer noch schwer atmend auf dem Boden, als sie Dornfels’ Schritte näher kommen hörte. „Kommt ja nicht näher!“, fuhr sie ihn an und richtete sich halb wieder auf. Wenn sie sich jetzt selbst sehen könnte, würde sich vermutlich zu Tode erschrecken… Die Abscheu und der Hass… Beide lagen jetzt in ihren Augen, sprachen aus jedem ihrer Gesichtszüge. „Schon gut… Ich wollte euch nicht aufregen…“, versuchte Dornfels sie zu beruhigen. „Spart euch das!“, giftete Hitomi zurück. Sie musste sich abwenden. Sie ertrug es nicht länger, diesen Mann ansehen zu müssen, geschweige denn in seiner Nähe zu sein. „Was fällt euch ein mich so zu behandeln? Ihr denkt, ihr könntet mich besitzen… Aber das wird niemals passieren! Ich und mein Kind, wir gehören zu Van de Fanel! Alles Andere wäre eine Illusion…“, knurrte Hitomi. Sie wusste, dass es kaum etwas brachte, auf Dornfels einzureden, ihn anzuschreien oder ihn von etwas anderem überzeugen zu wollen, als seinem Wunschdenken. Was auch immer Nora gesehen haben mochte: Sie wollte es nicht glauben. Ohne ein weiteres Wort wandte Hitomi sich ab und marschierte zurück zur Mitte des Platzes, wo Merle und Brisaeye sie bereits von weitem sorgenvoll musterten. „Ich war mit meiner Geschichte noch nicht fertig!“, rief Dornfels ihr nach. „Das ist mir egal!“, keifte Hitomi zurück, ihn einfach ignorierend. Sie stampfte weiter, bis sie direkt vor Brisaeye stand. „Ich schätze, du hast alles mit angehört?“, fragte sie herausfordernd. Brisaeye nickte etwas betreten. „Das ließ sich wohl kaum vermeiden…“ Hitomi konnte nichts mehr darauf erwidern, sie presste einfach nur ihre Lippen zusammen. Ihr Blick schwenkte hinüber zu Kagou und Nora. Auch Katzenmenschen hatten gute Ohren, das wusste sie, jedoch schien Kagou nach wie vor nichts anderes zu interessieren, als auf Nora möglichst intensiv einzureden. Merle war jetzt aufgestanden und musterte Hitomi ein wenig verständnislos. „Was ist los? Ich habe gesehen, wie du dich plötzlich zusammengekauert hast… Hat er dir etwas angetan?“ Ihre letzten Worte waren immer bitterer geworden, wobei sie mit bösen Schlitzaugen zu Dornfels spähte, der sich ihnen ebenfalls langsam wieder näherte. „Er weiß es…“, presste Hitomi krampfhaft hervor. „Er weis es von Nora…“ Merle schien erst nicht zu verstehen, doch dann dämmerte es ihr. „Wie… Was…?“, keuchte sie hervor. „Das würde ich auch gerne wissen…“, meinte Hitomi sofort. Dann winkte sie Merle noch näher zu sich heran und sagte: „Hör zu, ich muss es irgendwie schaffen, Nora von ihrem ewigen Bewacher wegzuholen… Ich muss wissen was sie gesehen hat!“ Brisaeye unterbrach sie sofort. „Moment mal, wie willst du – “ „Mit deiner Hilfe rechne ich erst gar nicht…“, fuhr Hitomi ihr wiederum ins Wort. „Du weißt selber nicht wo du stehen willst…“ Darauf sagte Brisaeye nichts mehr. Stattdessen legte sie ihren Kopf schief und verengte ihre schwarzen Augeäpfel zu schlitzen. „Ich höre etwas… Jemand kommt…“ Hitomi sah sich sofort um. Dornfels schlenderte gemächlich näher, doch hinter ihm, am Ende des Platzes erschienen gleich drei Soldaten, die jetzt eilig herüber rannten. Dann surrte auf einmal um sie herum die Luft und das Volk des flüsternden Windes erschien aus dem Nichts. Baijne grinste lüstern zu Hitomi hinüber, ging dann aber schnurstracks zu seinem Herrn und Gebieter. „Ich glaube, wir haben den Ort gefunden, Präsident…“, berichtete er. Hinter Dornfels kamen jetzt die drei jungen Soldaten zum stehen, alle vollkommen außer Puste. Sie stoppten schnaubend und japsend im Kreis des Volkes, welches darüber schadenfroh lachte. Baijne lachte am lautesten. „Wisst ihr, die Bürschchen hier wollten unbedingt wetten, wer schneller wieder hier sein würde, wenn wir ihnen einen gewissen Vorsprung gäben… Ich würde sagen, ihr habt verloren!“ Es gab erneut lautes Gelächter von allen Seiten, bis Dornfels dem Einhalt gebot. „Schluss jetzt! Was steht ihr noch hier herum? Bringt mich sofort dort hin!“, forderte er barsch. „Natürlich… Wie ihr wünscht…“, meinte Baijne, immer noch lachend, wobei er über den Platz schritt, mit der Gewissheit, dass Alle ihm neugierig folgten. Van drehte sich noch einmal um und sah, wie Binnjae sich gerade sein Katana hinten in den Gürtel steckte. Jetzt war er nur noch mit einem 15 Zentimeter langen Dolch bewaffnet, der in seinem Stiefel steckte. Irgendetwas in ihm ruhte immer noch nicht, wollte immer noch kämpfen, sich bis zum Äußersten wehren… Aber das funktionierte nicht. Er war wegen Hitomi hier. Sobald er wusste, dass er ihr gut ging, konnte er immer noch kämpfen. Außerdem würde Allen bald hier sein… Sein Blick wanderte kurz in Richtung Himmel, wo sich schon wieder eine tiefschwarze Wolkensuppe zusammenbraute, die nichts Gutes verhieß. Auch der Wind wurde wieder stärker und es fing bereits wieder zu regnen an. Kein Wunder also, das in den letzten Jahrhunderten kaum jemand auf die Insel gelangt war… Die Legenden von Schiffsbrüchigen mussten wohl stimmen… Seinen Gedanken nachhängend, trat Van schließlich vor seinen Gymilef und kletterte schwermütig an dessen Knie nach oben. Als er direkt vor Escaflowne’s Energiequelle stand wurde ihm noch schwerer ums Herz, aber es blieb ihm wohl nichts anderes übrig… Langsam ließ er seine Hand in den Glaskörper gleiten, der sich nur für den Besitzer des Gymilefs verflüssigte… Er umfasste den warmen, purpurnen Stein und zog ihn mit einem schmatzenden Geräusch heraus. Escaflowne schien sofort all ihren Glanz zu verlieren… Dann stieg er wieder hinunter, wo Binnjae schon auf ihn wartete. „Und was jetzt?“, wollte er mit düsterem Gesicht wissen. „Jetzt könnte euch vielleicht ein wenig schwindlig werden…“, meinte der Schwarze, packte ihn grob am Arm und alles um Van herum löste sich in Flimmern auf… Hitomi hackte sich wieder bei Merle unter und sie folgten Dornfels und Baijne vom Platz herunter. Sie waren umzingelt vom Volk, sodass es unmöglich war, sich über die aktuelle Lage zu unterhalten. Hoffnungsvoll warf Hitomi immer wieder Blicke zu Kagou. Dieser trug Nora nach wie vor auf seinem Arm – das kleine Katzenmädchen hatte sich treuherzig an seine Schulter geschmiegt. Noch bestand keine Möglichkeit etwas zu unternehmen… Aber sie musste Nora noch möglicht vor Dornfels’ großer Show dazu bringen, mit ihr zu reden… Es war nur noch dieser eine Gedanke in Hitomi’s Kopf: Gewissheit zu haben, dass Dornfels im Unrecht war. Das es für eine glückliche Zukunft mit Van gab… Das war alles was sie wollte! Der atemberaubende Himmel oder die Schönheit Atlantika’s … Sie wurden Zweitrangig, sie hatte jetzt kein Auge mehr dafür. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und als sie in eine breitere, von hohen Häusern umschlossene Straße eintauchten, überkam sie dieses altbekannte Gefühl, wenn eine Vision sie zu verschlucken drohte. Eine unsichtbare Kraft schien an ihren Armen und Beinen zu ziehen, wollte sie nach unten ziehen und zwingen, in einen kurzen Bruchteil der Zukunft hineinzufallen… Bilder tauchten vor ihr auf, sie sah wieder diese Lichtdurchflutete Kathedrale, das Bild verzerrte sich und schwenkte viel zu schnell in die Mitte des Gebäudes, wo das Licht noch heller zu sein schien. Dort stand ein Engel, mit ausgebreiteten weißen Flügeln und sie wusste sofort, dass es Van war… Dann war da plötzlich ein Schatten hinter ihm, ein Schatten, der sich über ihm aufbäumte und seine Flügel vom Licht entzog… Sie wollte nach ihm rufen, ihn warnen! Aber zu spät… Die Vision endete sogleich wieder und sie musste sich schwer zusammenreißen, nicht in Ohnmacht zu fallen. Sie war wohl ein wenig eingeknickt, denn Merle zog sie stramm wieder in die Vertikale. Die Katzendame wusste was los war… Sie hatte oft genug miterlebt, wie Hitomi’s Augen glasig wurden, als eine Vision sie überfiel. „Geht es?“, fragte sie kurz angebunden. „Jaaa…“, sagte Hitomi leise und versuchte sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Sie hoffte Inständig dass diese Visionen nicht wirklich zutrafen… Oftmals waren die Bilder die sie sah ja nur eine Metapher für das, was wirklich passieren würde… Niemals zuvor hatte sie sich so sehr gewünscht, dass sie sich diesmal irrte… Van durfte nichts passieren! Er durfte seine Flügel nicht verlieren… Es fühlte sich sehr seltsam an, als Binnjae ihn mit sich nahm… So als würden sich tausend Seile eng um seinen Körper schnüren. Er konnte kaum atmen und sehen schon gar nicht… Alles war irgendwie grau und verschwommen, so als würde die Welt rasend schnell an ihm vorbei ziehen. Das Ganze dauerte vielleicht 3 Sekunden, dann löste sich der Druck von seinem Körper abrupt und auch das Rauschen hörte auf. Er stand wieder auf festem Boden, sah wie sich die Welt um ihn herum wieder aufbaute und das Bild klar wurde. Binnjae stand neben ihm, angestrahlt von diesem unglaublichen Licht, welches direkt aus der Felsenwand zu kommen schien. Van wusste wo er war, als er kurz nach oben blickte… Er befand sich am Grund des Felsenkessels, der er noch Minuten zuvor von oben bestaunt hatte. „Los, weiter geht’s…“, brummte Binnjae ein wenig ungeduldig. Van gehorchte und folgte dem Schwarzen in das gleißende Licht. Jetzt siegte eindeutig die Neugierde über seine Zweifel und den verletzten Stolz… Er ballte seine Finger fester um den kalten Drachenherzstein, sein einziger Anker in einem Meer aus Licht. Es war warm, so wunderbar warm, dass es ihn von innen aufzuwärmen schien. Er spürte wie seine Kleider trockneten und seine vom Regen verklebten Haare sich wieder wild auf seinem Kopf aufstellten. Dann war es vorbei. Sie hatten das Lichttor durchschritten und standen in Atlantis. Van hatte ein wenig Zeit sich umzusehen: Er konnte nicht anders, als trotzdem zu staunen. Das Licht war nicht mehr zu sehen, stattdessen stand hinter im ein alter, hoher Steinbogen… Sie befanden sich mitten auf einem riesigen Platz und seine Augen konnten sich nicht entschließen wo sie zuerst hinblicken sollten: Auf die aufwändigen Bodenmosaike, auf die seltsame Architektur der Häuser oder auf den bunten, wirbelnden Himmel. Auch Binnjae schien für ein einen kurzen Moment baff zu sein… Dann aber schloss er die Augen und schien zu lauschen. „Wo ist Hitomi?“, fragte Van jetzt herausfordernd. „Ich weiß es nicht… Ich kann mich nur an Orte begeben, die ich vor meinem geistigen Auge sehen kann, Orte an denen ich schon mal gewesen bin. Dornfels kann überall in dieser Stadt sein…“, erwiderte Binnjae barsch. „Und wie hat dein Präsident gedacht, dass man ihn findet?“, konterte Van ebenso unfreundlich. „Habt ihr bereits wieder vergessen, dass ich ein ausgezeichnetes Gehör habe?“ Binnjae grinste kurz. „Hmpf…“, machte Van. „Und könnt ihr sie hören?“ „Nachdem ich euer störendes Gequatsche ausgeblendet habe, schon…“ Binnjae öffnete seine Augen wieder und ging schnurstracks über den Platz. „Sie sind nicht weit weg. Folgt mir…“ Van folgte dem Schwarzen etwas widerwillig, wobei sein Herz laut gegen seine Brust klopfte, vor unbändiger Vorfreude. Er würde Hitomi sehen… Alles andere kam erst danach. Die Straße stieg irgendwann sehr stark an und ihr Trupp wurde automatisch langsamer. Hitomi war immer noch ein wenig geläutert von ihrer jüngsten Vision und schien noch schwerer als Alle anderen zu atmen. Doch ansonsten passierte nicht viel. Das alte Kopfsteinpflaster wurde immer wieder von kleinen Mosaiken durchbrochen und wenn Hitomi nicht auf den Boden blickte, spähte sie immer wieder zu Kagou hinüber. Mit Nora zu sprechen schien völlig aussichtslos… Dazu müsste ihr Bodyguard erst verschwinden… „Wie lange dauert es noch, Baijne?!“ Dornfels schien wirklich langsam die Geduld zu verlieren. Sein sonst so gelassener Gesichtsausdruck war angespannt und finster. „Wir sind gleich da… Macht euch auf etwas gefasst, Präsident…“, erwiderte Baijne geheimnisvoll. Auch Hitomi musste sich eingestehen, dass sie allmählich auch sehr neugierig wurde, auf diesen ominösen Ort. Was würde sie wohl erwarten? Die Antwort folgte kaum zwei Minuten später. Hitom erkannte schon von weitem das Ende der Straße. Sie traten aus der Schlucht der hohen Häuser heraus und standen wieder am Rand eines Platzes, nur dass sich aus der Mitte des Platzes ein riesiges, imposantes Gebäude befand. „Das ist sie! Die Kreuzkathedrale!“, reif Dornfels aus und fand wieder zu seiner guten Laune zurück. „Gute Arbeit, Baijne!“ „Kein Ursache…“, murmelte der Schwarze und verbeugte sich spöttisch. Hitomi dagegen kam aus dem Staunen nicht heraus. Die Kathedrale war so riesig, dass man dem Kopf bis in den Nacken legen musste, um überhaupt ein Ende zu erkennen… Die Architektur war ähnlich wie der Rest der Stadt: Weich, filigran und einladend. Hitomi erkannte bestimmt 20 Meter hohe Fenster, die sich über die gesamte Fassade zogen. Was zusätzlich an diesem Ort auffiel, waren die goldenen Säulen, die sich fast ebenso wuchtig in Abständen von vielleicht 25 Metern um die gesamte Kathedrale postierten, zumindest soweit Hitomi dies erkennen konnte. Sie war so gefesselt von diesem überirdischen Anblick, dass sie nur am Rande bemerkte, wie Dornfels neben sie trat. „Wisst ihr, warum die Kreuzkathedrale ihren Namen trägt?“, fragte er sie. „Ihr werdet es mir sicher gleich sagen…“, erwiderte sie kühl. „Diese Kathedrale ist der Mittelpunkt von Atlantika… Es ist wirklich ein Wunder, dass gerade die Hauptstadt den Fall des atlantischen Reichs vollständig überstanden hat… Und dass unsere Augen dieses einzigartige Gebäude sehen dürfen, ist wahrlich unglaublich… Würde man nämlich von Oben herab auf die Kathedrale blicken, würde man sofort sehen, dass sie Kreuzförmig ist, mit vier Hauptschiffen und einem riesigen Mittelpunkt, dem Herz der Stadt…“ „Interessant…“, warf Hitomi mit gespielt-gelangweilter Stimme ein, obwohl sie eigentlich wirklich spannend fand, was sie erfuhr. „Das ist es…“, fuhr Dornfels fort. „Ich habe viel über diesen Ort gelesen und es hat mich wahrlich viel Zeit und Geld gekostet, die letzten Aufzeichnungen darüber zu finden. Das verblüffende an dieser Stadt ist nämlich, dass sie spiegelförmig aufgebaut ist… Die Kathedrale steht erhaben auf einem Berg in der Mitte und jedes der vier Schiffe zeigt in einen Stadtteil, wobei jeder Stadtteil vollkommen identisch mit dem gegenüberliegenden ist…“ „Bedeutet das, dass Spiegel verkehrt zu dem Platz, auf dem wir vorhin waren, der aller gleiche Platz liegt?“, wollte Hitomi wissen. „So ist es. Zumindest von der Architektur… Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jedes Mosaik und jede Statue zweimal gibt… Aber vom Grundprinzip her schon.“ „Wenn sich die Plätze gleichen wie ein Ei dem Anderen… Dann… Muss es auch mehrer Eingänge geben…“, folgerte Hitomi weiter. „Absolut richtig!“, rief Dornfels aus. „Wir wissen von mindestens einem weiteren Eingang, der sich unterirdisch befindet und den unsere Gymilefs benutzt haben. Ob es noch zwei Weitere Eingänge gibt, steht noch offen, doch es wäre die logische Folgerung aus dem was wir bereits wissen. Aber wir haben noch viele Jahre Zeit, dies herauszufinden… Jetzt werden wir erstmal das tun, weswegen wir hergekommen sind…“ Damit schritt Dornfels mit großen Schritten auf das von ihnen am nächsten liegende Gebäudeschiff zu. Hitomi blickte kurz zu Nora, aber es gab immer noch keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen… Resigniert ging sie hinter Dornfels her, Merle nach wie vor an ihrer Seite. Sie traten zwischen den Säulen hindurch, was noch beeindruckender war, als die ganze Stadt zuvor. Hitomi hatte ja schon viele Dinge auf Gaia gesehen, Dinge, die man auf ihrem Planeten höchstens in einem Film sah… Doch hier was alles real. Realer Stein, reale Formen und ein reales, bombastisches Tor, das sich jetzt vor ihnen auftat. Ähnlich wie schon das Zugangstor nach Atlantika, war der Fels unscheinbar, ein paar Symbole waren am Rande eingemeißelt und das einzige, was auf eine Art Öffnung hindeutete, war die kleine Kerbe, die sich wieder auf Augenhöhe vor Dornfels befand. Zielstrebig drückte er den Ring an seiner rechten Hand hinein. Hitomi wusste jetzt, dass der darin eingefasste Stein kein Saphir war, sondern ein besonders schöner Drachenherzstein - die geheimnisvolle Kraft, die in Gaia hinter Allem zu stecken schien… Dornfels trat zurück und die steinernen Torflügel klappten mit einem unschönen Geräusch von kratzendem Fels nach innen auf und gaben ihnen den Blick auf einen langen, finsteren Säulengang frei. Ohne Zweifel war dies der Ort, den Hitomi in ihren Visionen gesehen hatte: 2 reihen wuchtiger Säulen, hohe Fenster und der Geruch von altem Gemäuer. Nur das Licht fehlte. Stattdessen war die Kathedrale finster, wirkte bedrückend und nicht sehr einladend. Das bisschen Licht, das von draußen hereindringen sollte, wurde von den Säulen abgeblockt, welche wiederum tiefe Schatten auf den Mittelgang warfen. Dornfels ging ohne ein weiteres Wort hinein und Baijne musste Hitomi erst grob an schubsen, ehe sich ihre Füße fortbewegten. Sie stolperte vorwärts und warf dann einen bösen Blick in Richtung des schwarzen Mannes, der gleich auf Platz 2 ihrer Liste der meistgehassten Personen dieses Planeten stand. Doch was sie dann sah, verblüffte sie selbst. Baijnes Gesicht war Angstverzerrt, sein Blick war auf keinen bestimmten Ort gerichtet, seine schwarzen Augen starrten einfach nur ins leere. Dazu hielt er sich irgendwie krampfhaft seine Hände an die Ohren, schlug dagegen und schaffte es nicht mehr, seinen vor Entsetzen aufgerissenen Mund zu schließen. „Baijne, hörst du die Gymilefs? Sind sie bereits in Atlantika?“, fragte Dornfels laut, wobei er jetzt allein durch den Gang schritt. Alle anderen waren stehen geblieben, denn Baijne war nicht der einzige der sich seltsam verhielt. Das gesamte Volk des flüsternden Windes verharrte ebenfalls in ihrer Position, wirkte verängstigt und eingeschüchtert und sie alle pressten ihre Hände gegen die Ohren. „Baijne!“, schrie Dornfels ungeduldig, drehte sich endlich um und bemerkte nun auch, das etwas nicht stimmte. „Was ist los?“, fragte er verwundert. „Ich… Ich kann nichts hören… Ich meine, kaum etwas… Alles ist dumpf und unheimlich leise…“, stammelte Baijne hervor, etwas, was Hitomi niemals von ihm erwartete hatte. Dieser Grausame, schneidige Mann wirkte plötzlich unheimlich klein und harmlos. „Ich auch nicht…!“, murmelte Brisaeye und schaute Hitomi ratlos in die Augen. „Wie ist das möglich?“, wollte Hitomi jetzt wissen und betrachtete Dornfels mit finsterer Miene. „Habt ihr eine Antwort darauf Präsident? Ihr wisst doch sonst immer alles…“ Auch der sonst so beherrschte Zaibacher wirkte nun ein wenig verwunderte, hatte die Augenbrauen grübelnd zusammengezogen und betrachtete die Szenerie. „Was ist mit euch? Soldaten, Kagou, Hitomi? Stellt ihr eine Veränderung fest?“ Es gab einvernehmliches Kopfschütteln von allen Seiten und weiterhin ratlose Gesichtsausdrücke. „Wie schlimm ist es Baijne? Kannst du mich hören, wenn ich normal spreche? Kannst du nichts aus deiner Umgebung wahrnehmen?“, wollte er weiter wissen. „Ich… es ist alles dumpf… Ich vernehme nur einen Hauch von dem was ihr sagt…“, erwiderte Baijne, der jetzt versuchte, wieder etwas Haltung anzunehmen, was ihm aber nur schwerlich gelang. Ohne zweifel war das Oberhaupt des Volkes schockiert… Ihr gutes Gehör zeichnete sie aus… Darauf baute alles auf, ihre Sinne, die Wahrnehmung ihrer Umgebung, die Überlegenheit im Kampf… Ein kleiner Teil von Hitomi stellte sich dies furchtbar vor, so als könnte sie nichts mehr sehen… Doch ein anderer Teil von ihr, dachte daran, welche Vorteile dieser Umstand haben könnte… Baijne und seine Kumpanen waren nach wie vor stark… doch ohne ihr Gehör… Ihr Blick flackerte erneut zu Nora und Kagou hinüber… Vielleicht würde es doch noch eine Gelegenheit geben… Van kam sich seltsam vor, hinter Binnjae her zu gehen und sich gleichzeitig an diesem Ort wiederzufinden. Seine Mutter hatte ihm das alte Atlantis oft beschrieben… Obwohl sie selbst nicht mehr zu jener Generation gehörte, so hatte sie doch Bilder im Kopf, Bilder von wunderbaren Landschaften, glanzvollen Städten und diesem farbenfrohen Himmel. Es waren Bilder, die jedem Mitglied des Drachenvolkes von Geburt an mitgegeben waren, ein Vermächtnis aus längst vergessenen Zeiten. Nur Van hatte diese Bilder niemals selbst gesehen, schließlich war er zur Hälfte ein Mensch… Jetzt hier zu sein und mit den Füßen über die Mosaike seiner Vorfahren zu laufen, war aufregend und bedrückend zugleich. Er wusste, was die Atlantiker getan hatten, welche hochtreibenden Ideen sie hatten und auch, welche Kreise diese Ideen immer noch zogen. Dornkirk, Dornfels, sogar Dryden war einmal wie besessen gewesen, alles über Atlantis zu erfahren. Doch man konnte dieses Reich nicht wieder auferstehen lassen, man durfte es einfach nicht! Es war zu viel geschehen, zu viel Blut vergossen worden, als das irgendetwas rechtfertigte, Atlantika wieder in die jetzige Zeitrechnung mit einzubeziehen. Van erinnerte sich, dass er nach Dornkirk`s Fall nichts weiter wollte, als Frieden. Dies hatten sie 20 Jahre geschafft, wobei er die Hälfte dieser Zeit mit sich selbst einen Krieg geführt hatte. Jetzt, da er endlich zu sich und Hitomi gefunden hatte… Es durfte einfach nicht wieder von vorne losgehen! Das musste er verhindern… Sie ließen den Platz hinter sich und tauchten in das schattige, schluchtenartige Labyrinth von Atlanikas Häuserreihen ein, wieder ein Stückchen näher zu Hitomi. „Ihr wollt doch hoffentlich keine Dummheiten mehr machen?“, fragte Binnjae jetzt von vorne. „ Oh nein… Ich habe längst begriffen, dass ich niemals gegen euch ankäme…“, säuselte Van mit finsterer Mine. Er zwang sich, den Dolch in seinem Stiefel zu ignorieren. Momentan war er noch auf Binnjae angewiesen. Schließlich führte er ihn schnurstracks zu Hitomi… „Äußerst interessant…“, stellte Dornfels sichtlich beeindruckt fest und ließ seinen Blick gen Gewölbedecke wandern, die im Zwielicht der Kathedrale kaum zu erkennen war. „Scheinbar übt dieser Ort eine besondere Kraft auf besondere Kräfte aus… wirklich interessant…“, wiederholte er und strich sich fachmännisch über den Schnurrbart. „Es gibt ja noch so viel zu entdecken! All die Geheimnisse des Drachenvolkes! Wir werden diejenigen sein, die sie lüften!“ Hitomi betrachtete den Präsidenten mit stark angezogener Augenbraue, da dieser offenbar nicht bemerkte, wie wenig interessant Baijne diese Sache fand. Sein Gesicht war jetzt wutverzerrt, die schwarzen Augäpfel wirkten düsterer denn je und der Holzschmuck in seinen verfilzten Haaren klackerte bedrohlich, als er mit einer unerklärlich schnellen Bewegung direkt vor Dornfels stand und sich sichtlich zwingen musste, nicht seinen Hand gegen ihn zu erheben. „WAS!“, keuchte er, „WAS gedenkt ihr jetzt zu tun?!“, bluffte er Dornfels an. Dornfels war für einen kleinen Moment überrascht, hielt Baijnes feuriger Aura jedoch stand. „Ich habe dir schon einmal gesagt, Baijne, dass du unbedingt lernen solltest, dein Temperament zu zügeln…“, sagte er gelassen. „Du bleibst mit deinen Leuten einfach draußen… Irgendwer muss ja die Gymilefs empfangen, nicht wahr? Ich komme hier schon zu recht…“ Baijne ließ ein tiefes Grollen aus seiner Kehle vernehmen, drehte sich rasch um und stampfte ohne ein weiters Wort nach draußen. „Ihr habt es gehört! Das Volk wird die Gymilefs empfangen und wir anderen werden weiter in die Kathedrale vordringen!“, verkündete Dornfels und ging einfach weiter. Kagou, der sich nun offenbar nicht mehr sicher genug fühlte, marschierte sogleich hinter ihm her. „Merle! Das ist die Gelegenheit…“, flüsterte Hitomi ihrer wieder gewonnenen Freundin zu. „Wir müssen irgendwie an Nora rankommen!“ Merle schien zu verstehen und legte schon mal ihre Ohren an. Allerdings stand Brisaeye immer noch neben ihnen, kopfschüttelnd und mit warnendem Blick. „Tut bitte nichts unüberlegtes...“, sagte sie leise, verschwand dann aber mit ihren Artgenossen nach Draußen. Jetzt wurden sie sofort von Soldaten umringt und Merle ergriff die Initiative. „Los! Komm schon!“, fauchte sie, packte Hitomi am Arm, wollte sie mit sich ziehen… Doch diese bewegte sich nicht. Hitomi`s Füße waren wie festgewachsen und ihr Herz schien augenblicklich Richtung Magengegend weg zu sinken. Hinter den Soldaten, hinter den schwarzen Gestalten, dort wo sich Atlantikas Häuserschluchten auftaten, erspähte sie zwei Gestalten und obwohl diese noch nicht nahe genug waren, um etwas Genaues sagen zu können, wusste sie es sofort: Eine von ihnen war Van. Endlich, als er schon zum wiederholten Male mit dem Gedanken spielte, ob es wohl besser wäre, mit dem Dolch über Binnjae herzufallen oder doch nur dumm und töricht, schienen sich die Schatten zwischen den hohen Häusern zu lichten. Van erkannte eindeutig wieder mehr Horizont! Das Labyrinth Atlantikas – und wohl auch Binnjae’s gute Ohren – hatte sie an einen weiteren riesigen Platz geschwemmt, auf dem sich ein so mächtiges Gebäude auftat, dass einem schon beim hinschauen schwindlig wurde! Van kam nicht umhin, beeindruckt zu staunen. Im nächsten Moment aber passierte so viel auf einmal, dass der Anblick des Gebäudes zur Nichtigkeit verrückte… Vor ihnen tauchten auf einmal mehrere Gestalten aus, die alle aus dem Eingang des Kathedraleartigem Ungetüms kamen. Er selbst und Binnjae wurden sofort wahrgenommen: Es war das komplette Volk des flüsterndes Windes… Diese schwarzen, bemalten und seltsam gekleideten Leute konnten nur sie sein…Van blieb aus einem Impuls heraus stehen und machte sich ein kurzes Bild der Szenerie. Das wesentliche fehlte allerdings: Hitomi. Wo war sie? Und wo war Dornfels? „Binnjae!“, knurrte eine wütende Stimme und im nächsten Moment flackerte die Gestalt eines weiteren schwarzen Mannes vor Van auf. Nun war zwar Binnjae schon ein zwielichtiger Charakter, der Kerl der jetzt aber Van mit schwarzem Blick beäugte, war wohl die Zwielichtigkeit in Person. Van spürte sofort, dass etwas Beunruhigendes von ihm ausging, eine Form von Gefahr, gepaart mit jeder menge Macht. „Hat alles geklappt?!“, wolle er von Binnjae wissen. „Ja, wie am Schnürchen, Häuptling…“, erwiderte Binnjae mit einem selbstsicheren Grinsen. „Gut…“ Der so genannte Häuptling kam jetzt auf Van zu, das karge Gesicht mit neugierigem und misstrauischem Blick verhangen, wobei der viele Holzschmuck in seinen filzigen Haaren wie zur dramatischen Untermalung klimperte. „Ihr seid also der König von Farnelia…“, stellte er fest und musterte ihn von oben bis unten, wobei sein Blick am Drachenherzstein hängen blieb. „So ist es…“, knurrte Van, sein Gegenüber nicht aus den Augen lassend. „Dann werdet ihr sicherlich –“ Der Schwarze brach mitten im Satz ab und fuhr herum. „SIE SIND DA!“, schrie er und sofort löste sich die versammelte Gruppe in Luft auf. „Ich würde sagen, ihr seid gerade recht gekommen…“, sagte er dann wieder an Van gewandt. Van wusste nicht, wer gekommen war, oder was das alles zu bedeuten hatte… In einem war er sich allerdings sicher: Der genugtuende und fiese Gesichtsausdruck, der sich jetzt auf dem Gesicht seines Gegenübers breit machte, konnte nichts gutes heißen… „Los!“, befahl der Häuptling, nickte Binnjae zu, und mit Van in ihrer Mitte schritten sie hinüber zum Eingang der Kathedrale. Van wagte nicht, ein Gespräch anzufangen, zu fragen, an welchem Ort sie sich befanden, was das für ein Gebäude war… Er wusste, dass er hier nur Mittel zum Zweck war… Nur solange er den Drachenherzstein in den Händen hielt, war er in diesem Drama noch einer der Hauptakteure… Van konnte nicht viel erkennen, als sie dem Eingang näher kamen. Er war finster und schattig. Sie gingen ein paar Stufen hinauf und dann endlich erkannte er etwas. Etwas handfestes, etwas, was diesen unheilvollen Ort zu einem Palast machte: Hitomi Sie stand kaum drei Meter vor ihm, an den Armen festgehalten von zwei Zaibacher Soldaten, nicht fähig, einen Schritt zu machen. Doch sie sah nur ihn und er nur sie. Und der Rest der Welt verschwand wieder einmal um Van herum… ----------------------- Nachwort: Noch dazu ist dieses kap ganz schön lang geworden! haha!^^ wir alle haben lange auf Van und Hitomi's wiedersehen gewartet und jetzt ist es dann doch endlich so weit... zwar NOCH eher unspektakulär, aber ich möchte das in kapitel 35 noch im Detail beschreiben... mann, 35 kapitel! als ich 2004 angefangen hab zu schreiben hätt ich nicht gedacht, dass das mal so viel wird... okay. ich bin wie immer gespannt auf eure meinungen und ich versuche, mich möglichst bald wieder hinter die tastatur zu klemmen. dienstag ist letzte prüfung, danach müsste das eigentlich gehen... ach ja, bevor ichs vergesse: ich habe spontan einen kleinen one-shot geschrieben, wo es diesmal Hitomi ihr Wort an Van richtet, quasi das gegenstück zu Vans Liebesgeständnis in "the reason". Wäre schön wenn irgendjemand rein schaut! Heisst "Apologize". also, bis bald, eure Chiyo-san Kapitel 35: Silberne Krieger ---------------------------- hallo hallo! ich weiss ich weiss, es hat wieder mal länger gedauert, also hoffe ich für euch, ihr hattet ein paar snickers daheim... ^^ Nachdem mir das letzte kapitel nicht so gefallen hat, hoffe ich dass es diesmal wieder besser ist und euch gefällt. es wird zusehends schwieriger, die geschehnisse niederzuschreiben... in meinem kopf ist nur das ende ganz klar, aber alles andere ist momentan noch eher schwammig, aber ich bemühe mich, einen weg zu finden, der alle charaktere mit einzieht und auch noch verständlich ist... wenn es also fragen von eurer seite gibt, würde ich das auf jeden fall verstehen... ^^ ach ja, ich warne euch, dieses kapitel ist nicht beta-gelesen und obwohl ich selber nochmal drüber gelesen habe, verzeiht mir eventuelle rechtschreib oder gar logik-fehler... ich bin zur zeit etwas abgelenkt von Edward Cullen... also, bis zum nachwort! --------------------------------------- Kapitel 35: Silberne Krieger Es war Van! Daran gab es absolut keinen Zweifel! Hitomi spürte, wie eine berauschende Freude sie durchspülte, ihr Magen fühlte sich an, als wollte er einen Überschlag machen und auch ihre Beine schafften es endlich, sich zu bewegen. Sie konnte sich nicht mehr zusammen reißen: „Van!“, kreischte sie übermütig. Es war nicht mehr wichtig, wo sie war, oder dass Dornfels nur ein paar Meter hinter ihr stand… Sie lief auf den Eingang der Kathedrale zu, wie in einem Traum, einem schattigen, aber wunderbaren Traum… Natürlich war sie damit in einzige Träumerin. Im nächsten Moment wurde sie ruckartig gebremst, von zwei der jüngeren Zaibacher Soldaten, die sich wie Schraubstöcke an ihre Arme klammerten und ihre Illusionen, Van übermütig in die Arme zu fallen, zunichte machten… „Van!“, hauchte sie noch einmal und spürte, dass zumindest ihr Bauchgefühl noch vorhanden war. Die unglaubliche Freude über sein Auftauchen rumorte noch immer in ihren Gliedern. Sollten sie sie ruhig festhalten! Sie würde Van früher oder später umarmen. Stattdessen verfolgte sie das Geschehen vor der Kathedrale. Sie wusste, dass Van sie noch nicht entdeckt hatte. Der Schlundartige Eingang, worin sie sich noch immer befand, war schattig und düster – von außen wohl kaum auszumachen. Zu ihrem Entsetzen musste sie feststellen, dass Baijne sich gerade vor Van und seinem Begleiter aufbaute und irgendetwas mit ihnen besprach. Auch der Rest des Volkes hatte seine Aufmerksamkeit auf dieses kleine Dreier-Grüppchen gerichtet und wurde scheinbar erst durch eine Anweisung von Baijne von ihren Beobachtungen abgebracht. Sie stoben wie ein Schwarm Bienen auseinander, lösten sich in flimmernder Luft auf und verschwanden im Nichts. Hitomi interessierte weniger, weshalb sie das taten, sondern vielmehr die Tatsache, dass Van jetzt mit seinen schwarzen Begleitern auf sie zukam, immer näher. Näher zu ihr. Irgendwann stand er vor den Stufen der Kathedrale und entdeckte sie endlich. Sie versuchte sich vergebens aus den groben Umklammerungen der Soldaten zu winden, aber als Van dann endlich vollständig vor ihr stand, gab sie auch das auf. Sie war erleichtert. So unendlich erleichtert, sein schönes, attraktives Gesicht zu sehen, wo sich mal wieder ein struppiger 3 Tage-Bart breit gemacht hatte, was in ihren Augen aber weniger ein Makel war, als vielmehr eine charmante Unterstreichung seiner Züge. Sein Blick war erst überrascht, wurde dann aber weich, als er sah dass es wirklich sie war… „Hitomi!“, rief er und ein erleichtertes Lachen breitete sich zwischen seinen Bartstoppeln aus. „Geht es dir gut?!“, fragte er, mit einem leichten Zögern in der Stimme, so als würde er sich auf das Schlimmste gefasst machen. Er war für einen Moment stehen geblieben, wobei Baijne und der andere Schwarze ihn sofort zwischen sich festklammerten. „Ja! Es geht mir gut!“, erwiderte sie und spürte, wie ihr unbewusst ein paar Tränen der Freude über die Wangen rannen. Es war einfach zu schön, ihn endlich wieder zu sehen, auch wenn sie beide festgehalten wurden. „Und dir?“, fragte sie und versuchte ihre feuchte Nase daran zu hindern, auch noch ihre Flüssigkeiten zu entleeren. „Alles in Ordnung…“, erwiderte er mit viel Zuversicht in der Stimme und einem so liebevollen Blick, dass Hitomi fast noch mehr nach heulen zumute war… Jetzt erst schaffte sie es, ihren Blick von seinem Gesicht zu nehmen und seine zerzausten Haare, die von getrocknetem Schlamm bedeckten Stiefel und vor allem die kantige, purpurne Kugel in seiner rechten Hand zu registrieren. Ohne Zweifel war es ein Drachenherzstein und da ihre jüngste Unterhaltung mit Dornfels noch nicht allzu lange her war, wusste sie auch sofort, welcher es war: Der von Escaflowne. Von diesem kleinen Stein hingen offenbar alle Pläne des Präsidenten ab, und waren sie noch so hochtrabend. „Wie schön, dass ihr hier seid, König de Fanel…“ Dornfels war wieder an den Eingang gekommen und stand mit selbstzufriedener Mine auf der Höhe von Hitomi. Sofort verzerrte sich Vans Gesicht zu einer wütenden Maske, mit zwei brodelnden Vulkanen hinter seinen Erdbraunen Augen. „Ich habe euch bereits erwartet…“, fuhr Dornfels gelassen fort, „das heißt, wir haben euch bereits erwartet…“ Damit flackerte sein Blick zu Hitomi hinüber, so als würde er mit ihr ein Geheimnis teilen, von dem sonst niemand wusste. In gewisser Weise traf das auch zu, nur dass Hitomi diese Tatsache angestrengt zu boykottieren versuchte, indem sie dem Präsidenten möglichst genauso hasserfüllte Blicke zuwarf wie Van. „Wie schön für euch…“, antwortete Van. „Ich konnte es auch kaum erwarten, euch wieder zu sehen…“ Spott flackerte über sein Gesicht. „Gut, jetzt habt ihr mich ja gesehen…“, erwiderte Dornfels fast ebenso spöttisch, nur dass sein Gesichtsausdruck nach wie vor überaus gelassen war. Das Gesicht eines Gewinners… Hitomi beobachtete gespannt, was passierte, wagte es aber nicht, selbst das Wort zu ergreifen. Sie war so froh, dass es Van gut ging! Ihr Herz klopfte ihr immer noch heftig bis zum Hals, so wie vor Monaten, als sie im Thronsaal des Farnelschen Palastes stand und auf das Eintreffen von Van wartete. Und dann war da noch ein kleines bisschen Angst, Angst vor dem was kommen würde… Ihr schossen Unmittelbar die wenigen Bilder durch den Kopf, die sie in ihren letzten Visionen gesehen hatte: Van, mit ausgebreiteten Flügeln, einen dunklen Schatten über ihm… „Ich würde vorschlagen, ihr übergebt mir den Drachenherzstein und wir bringen die ganze Sache hinter uns…“, redete Dornfels geflissentlich weiter. „Und was passiert, wenn ich ihn euch gebe? Wer soll mich töten? Eure mickrigen Soldaten, oder einer dieser schwarzen Bestien?“ Oh, Van wagte sich mit diesen Worten weit vor. Wie zu erwarten, war Baijnes Reaktion auf diese Beleidigung seiner Art alles andere als freundlich: Er schlug Van mit einer unglaublich schnellen Bewegung ins Gesicht, Van stöhnte kurz auf, ließ sich aber nicht beeindrucken. „Was ist los? Könnt ihr die Wahrheit nicht verkraften?“ Baijne schlug ihn erneut, diesmal so fest, dass seine Lippe aufplatzte und ein dunkles, blutiges Rinnsal durch seine Bartstoppeln sickerte. „Genug, Baijne!“, sagte Dornfels fest. „Er hat kein Recht…“, knirschte Baijne unverständlich zwischen den Zähnen hervor, aber Dornfels gebot ihm Einhalt. „Schluss jetzt! Ihr könnt mir den Stein freiwillig geben, vielleicht lasse ich mich dann auch dazu erweichen, dass ihr euer Mädchen vom Mond der Illusionen noch einmal in den Arm nehmen könnt…“ „…bevor ihr mit tötet…“, vervollständigte Van den Satz für ihn. Dornfels grinste ein wenig. „Oder aber ich muss den guten Baijne neben euch zwingen, ihn euch abzunehmen… Baijne ist sehr geschickt in solchen Dingen…“ „…bevor ihr mich danach tötet…“, fügte Van erneut hinzu. Allerdings ließ sein Gesicht nicht darauf schließen, dass er diesen Gedanken erschreckend fand. Doch Hitomi kannte ihn inzwischen besser: Van wusste wohl, dass er gerade mit dem Feuer spielte, in dem er ein Pokerface auflegte und Dornfels damit so wenig wie möglich in seinen Gedanken lesen zu lassen, wie dieser es ebenfalls immer handhabte. Sie wusste, dass er sich gerade unheimlich zusammenreißen musste, dass die Wut in ihm bereits brodelte, wie Magma in einem Vulkan… Und zugleich schnürte die Angst ihr die Kehle zu. Wenn ihre Vision doch nicht wahr wurde? Wenn Baijne vor ihren Augen Van die Kehle durch schnitt, so wie sie er es schon vor einer Stunde mit 25 anderen getan hatte? Das würde sie nicht verkraften… Ihr Herz würde stehen bleiben… „Euer Name ist also Baijne? Binnjae, Baijne und die Verräterin Brisaeye… Ihr kennt wohl nicht viele Buchstaben in euren Reihen…“, spottete Van erneut, wobei er sich mit seinem rechten Handrücken das Blut von den Lippen wischte, sein linker Arm wurde immer noch von Binnjae festgehalten, der wohl zu viele Hemmungen hatte, um vor Dornfels’ Augen auf seinen Gefangenen einzuprügeln, obwohl seine Mine etwas anderes verriet. Baijne hielt das allerdings keineswegs ab: „Jetzt reicht es!“, keifte er und boxte Van so hart in den Bauch, dass dieser zusammensackte und den Drachenherzstein dabei stöhnend an sich presste, um ihn nicht zu verlieren. „Van!“, rief Hitomi und versuchte sich erneut von ihren beiden Soldaten loszureißen. „Lasst mich zu ihm, Dornfels!“, forderte sie und stieg einem der Soldaten so kräftig auf den Fuß, dass dieser sie tatsächlich los ließ. Van durfte nichts passieren! Sie erwartete ein Kind von ihm! Sie spürte diese Tatsache in ihrem Körper, tief in ihrer Seele… Ohne ihn konnte sie nicht sein! „Ruhe!“ Dornfels stieß Hitomi unsanft mit dem Arm zurück und blickte finster auf die Szenerie vor sich. „Baijne, was ist mit den Gymilefs…“, wollte er dann wissen. Baijne, dessen Schultern immer noch bebten von innerlicher Wut, war über den plötzlichen Thema Wechsel ebenso erstaunt, wie Hitomi. „Sie… sind da…“, antwortete er lahm. „Gut. Sorg dafür, dass das Siegel in die Mitte der Kathedrale gebracht wird. Solange hat unser zynischer König noch ein wenig Zeit dein Volk zu verhöhnen…“ Dornfels drehte sich abrupt auf dem Absatz um und ging entschlossen in das Innere der Kathedrale, ohne sich noch einmal umzusehen. „Wie ihr wünscht…“, presste Baijne zwischen den Zähnen hervor. Seine Augen wirkten dabei schwärzer als jemals zuvor. Hitomi fragte sich nicht zum ersten Mal, warum Baijne sich das gefallen ließ… Obwohl ihr Brisaeye erklärt hatte, dass er nur nach Ruhm und Reichtum sann, ermöglicht durch Dornfels, so sah er im Moment eher so aus, als wollte er dem Präsidenten seinen Dolch in den Rücken rammen. Der zynische König hingegen schien zufrieden und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. „Ich schicke Brisaeye rein… Lass ihn nicht aus den Augen!“, brummte Baijne an Binnjae gewandt. „Ach ja, erschrecke nicht, wenn du hier drinnen nichts mehr hören kannst… Dieser Ort ist nicht für uns geschaffen…“, fügte er hinzu und trabte dann wütend nach draußen. Binnjae nickte etwas einfältig, übernahm aber dann das Ruder. „Los, folgt eurem Präsidenten…“, knurrte er und schubste Van vorwärts. „Alles wird gut…“, flüsterte Van Hitomi zu, als er an ihr vorbei gelotst wurde. Er war nur einen halben Meter von ihr entfernt… So nah… Aber ihre Soldaten hielten sie immer noch unnachgiebig fest zwischen sich, wenn der eine auch immer noch seinen Fuß schüttelte. Auch Merle war erneut umzingelt und Kagou war mit Nora schon längst auf Dornfels’ Höhe. Es musste etwas passieren! Irgendjemand musste die Situation kräftig aufrütteln, war das nicht immer so, in all den spannenden Büchern und Filmen? Hilfe, die plötzlich von irgendwo her kam… Doch dies war kein Film, auch kein Buch… Es war die Wirklichkeit… Es war kein Traum, dass Van direkt vor Hitomi her ging und sie sich noch verzweifelter fühlte, als den ganzen Tag zuvor… Allen stand am vorderen Fenster der Crusardor und blickte mit einem Fernrohr auf das alte Land. Es musste die verfluchte Insel sein… Heftiger Regen, der die Sicht so schlecht machte, dass er sich Zeitweilen nicht sicher war, ob der Kurs noch stimmte; stürmischer Wind, der das Meer unter ihm aufwogen ließ und hartnäckig an den Segeln des Flugschiffs zerrten; eindeutige Indizien, wenn all die Legenden stimmen mochten. Aber alle Legenden hatten meistens einen wahren Ursprung, und das dunkle, klippenartige Gebilde, das er jetzt sah, konnte nur die Insel sein… „Kommandant! Die Crusardor lässt sich kaum noch gerade halten!“, rief ihm jetzt sein Steuermann zu, der seine Arbeit so geflissentlich machte, dass ihm schon der Schweiß über die Schläfen rann. „Ich sehe das Land! In fünf Minuten sind wir da, also halte durch!“, erwiderte Allen und klappte das Fernrohr zusammen. „Halte den Kurs! Ich begebe mich in die Sheherazade!“ Eilig verließ er den Steuerraum und schritt mit klappernden Stiefeln zum hinteren Ende des Schiffs, wo Sheherazade an Deck festgeschnürt war. Er begegnete ein paar seiner Männer, die ihm alle ernst zunickten und mit strammen Schultern ihren Aufgaben nachgaben. Sie alle bereiteten sich auf einen eventuellen Kampf vor, polierten noch einmal ihre Schwerter und überprüften ihre Bögen. Oder aber sie hingen ihren Gedanken nach, dachten an ihre Familie, die zuhause in Astoria auf sie wartete. Auch Allen tat das. Früher war das nicht so gewesen. Alles was seine Gedanken eingenommen hatte, war der Kampf. Der Kampf und der Feind. Er erinnerte sich, dass er oft nochmals seine Schwerttechniken durchgegangen war und sich überlegte, wie er am besten auf welche Situation reagieren sollte. Doch jetzt, nachdem so viel passiert war, nach 20 Jahren Frieden, dachte er an etwas anderes. Er stieg die Treppe zum Deck hinauf, wobei das Schiff plötzlich so stark schwankte, dass er gegen die Wand geschleudert wurde. Über ihm brannte eine fahl-gelbe Lampe, angetrieben von Drachenherzsteinen und er hielt kurz inne, den Rücken an die Wand gelehnt. Seine Gedanken waren nicht mehr vom Kampf beherrscht, davon siegreich zu sein, sondern nur von lieben Menschen… Menschen, die ihn schon sehnsüchtig vermissten, so wie er sie vermisste. Kagami… Alana… Er musste bei dem Gedanken an sie schmunzeln… Sie war so klein, so zierlich! Es war ein großartiges Gefühl, sie in den Armen zu halten und seine Hände erinnerten sich auch jetzt noch daran… „Warum kann ich nicht mitkommen?“, hatte Kagami ihn vor seiner Abreise gefragt. „Weil es diesmal an einen Ort geht, an dem ich noch nie gewesen bin… Ich kann nicht riskieren, dass dir etwas geschieht... Bleib in Astoria… Ich bitte dich…“, hatte er ihr schweren Herzens geantwortet. Sie hatte genickt, ihn lange geküsst und dann gesagt: „Komm zurück zu mir Allen… Ich kann nicht noch einmal lange ohne dich sein…“ „Ich weiß. Ohne mich kommst du nicht an die oberen Regale…“, hatte er scherzhaft erwidert und Kagami damit ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Bei der Erinnerung daran musste er selbst breit grinsen… Schließlich schwankte die Crusardor erneut und riss ihn aus seinen Träumereien. Denk nicht daran, befahl er sich und stieg die Treppen weiter hinauf, öffnete die Tür, und sofort schlug ihm bitterkalter Wind entgegen, begleitet von dichtem Regen, der seine Uniform schon nach drei Sekunden durchnässt zu haben schien. Eilig schloss er die Tür und rutschte über das nasse Deck zur Sheherazade hinüber, löste nur die oberen Seile, damit eine weitere Schiffschwankung ihn nicht gleich über Bord warf und sprang dann eilends in das Cockpit. Was auch immer er auf dieser Insel vorfinden mochte, er hoffte, dass Hitomi und Van dazu gehörten… Van konnte nicht fassen, dass das alles passierte! Endlich hatte er Hitomi gefunden, wurde aber von Binnjae so unbarmherzig festgehalten, dass sich einfach los zu reißen nicht in Aussicht stand… Er wollte sie an sich drücken, sie küssen und sich davon überzeugen, dass ihr auch wirklich nichts fehlte. Sie sah so mitgenommen aus! Ihre Haut wirkte so fahl und die Haare hingen ihr in dicken Strähnen aus dem einstigen Zopf. Was hatte sie alles erleben müssen, was hatte sie sehen müssen? Er wollte sie unbedingt fragen! Und Hitomi wollte es ihm unbedingt sagen, das spürte er. Doch er wagte es nicht, vor Dornfels, noch vor Binnjae oder diesem schwarzen Katzenmenschen, der ihm so bekannt vorkam. Er hatte diesen erst nach einer Weile wahrgenommen, sein Nachtschwarzes Fell und das fehlende Auge. Und das Mädchen auf seinem Arm war Nora, mit Merle’s feuerrotem Haar und Nougas klaren Augen. Was ging hier nur vor sich? Merle, ja Merle war auch anwesend, genauso gefangen wie Hitomi und er selbst. Auch ihr Gesichtsausdruck war finster und voller Hass. Früher hatte sie ihn so angesehen, ihn und Hitomi. Jetzt betrachtete sie ebenso wie er selbst, den Präsidenten mit diesem Blick… Was war nur geschehen? So viele Fragen, aber keine Gelegenheit sie zu stellen. Jetzt einen Kampf zu provozieren wäre wohl zu riskant… Er nützte Hitomi reichlich wenig, wenn er tot war… Obwohl er es mit Baijne schon fast geschafft hatte… Nur Binnjae war offenbar von eiserner Disziplin: Der Schwarze hatte ihn selbst dann nicht losgelassen, als er dessen Volk zum wiederholten Mal beleidigt hatte. Er spielte immer wieder mit dem Gedanken, klangheimlich seinen Dolch zu ziehen… Seine Wut auf Dornfels war mittlerweile so gewaltig, dass er sich schwerlich noch beherrschen konnte. Er umklammerte den Drachenherzstein noch fester und starrte zornig auf den Rücken des Mannes, der ihn von Anfang an zum Narren gehalten hatte… Nicht mehr lange, dann musste er sich dringend etwas einfallen lassen. Hitomi hörte die Gymilefs, bevor sie sie überhaupt zu Gesicht bekam. Ihre Gedanken kreisten nach wie vor ausschließlich um Van und darum, wie sie hier wieder raus kommen sollten. Sie wollte am liebsten Schreien, ihn warnen vor ihren Visionen, vor der darin auftauchenden dunklen Gestalt… Aber es gelang ihr nicht. Irgendeine Macht schien ihre Lippen zu versiegeln, machte sie unfähig auch nur irgendeinen Laut von sich zu geben. Und jetzt waren da auch noch diese stetigen, immer stärker werdenden kleinen Erschütterungen, die eindeutig von den riesigen, für Gaia typischen Kampfmaschinen herrührten. Sie kamen, scheinbar von allen Seiten, dass sogar die riesige Kathedrale es zu spüren schien. Wie viele waren es? 20? 30? Oder doch viel mehr, als Hitomi im Vulkanschacht hinter der Zaibacher Residenz hatte wahrnehmen können? Sie war tief versunken in diesen Grübeleien, registrierte nur, wie sie Säule um Säule passierte und mit jedem Schritt die dicke, graue Staubschicht auf wirbelte, als plötzlich Brisaeye neben ihr auftauchte. „Ich übernehme sie…“, knurrte sie die beiden jungen Soldaten an, die sofort vor ihrem schwarzen, unheimlichen Blick zurückwichen. Sie ließen Hitomi los, die sich daraufhin die Arme rieb. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Brisaeye und neigte sich nahe zu ihr heran. Stimmte ja, sie konnte hier drin kaum etwas hören… „Nichts ist in Ordnung…“, flüsterte Hitomi grimmig, „Die Gymilefs sind im Anmarsch und Dornfels will Van tot sehen… Und ich habe es nicht geschafft an Nora heran zu kommen…“ Brisaeye nickte nur und blickte nach vorne. Ohne es zu merken, waren sie in der Mitte der Kathedrale angekommen. Hitomi konnte von hier aus die anderen drei Eingänge sehen, die sich offenbar alle geöffnete hatten, als Dornfels den ersten aktivierte hatte. Sie waren nur ein heller Lichtfleck am Ende der düsteren Säulengänge… Die Mitte der Kathedrale war allerdings ebenfalls erhellt… Über ihnen erkannte Hitomi eine beeindruckende, gläserne Kuppel, in welcher sich der bunte Himmel brach. In der Mitte fehlte das Glas. Dort war schlichtweg ein Loch und erinnerte Hitomi deshalb an das Panteon in Rom. Vor ein paar Jahren hatte sie die ewige Stadt einmal besucht, was ihr jetzt wie etliche Lichtjahre vorkam. Viel wichtiger als die Kuppel war aber, was sich darunter befand. Die Mitte Atlanikas. Hitomi hätte es sich denken können: Es war erneut ein Abdruck des Siegels, absolut identisch mit jenem, der ihren ehemaligen Zellennachbarn zum Verhängnis geworden war. Die Linien und Einkerbungen waren aufs Feinste in den marmornen Boden eingearbeitet und warteten scheinbar nur darauf, endlich entstaubt zu werden, was Dornfels auch sogleich tat, in dem er mit seinem langen Umhang darüber fegte. „Na endlich…“, seufzte er und legte die seltsamen Linien vollständig frei, wobei er ungeduldig zu allen Seiten blickte. „Ihr könnt euch glücklich schätzen, König Van, dass ihr diesem historischen Augenblick beiwohnen könnt! Ich werde mit Hilfe von diesem kleinen, unscheinbaren Drachenherzstein eine völlig neue Ära der gaianischen Geschichte einleiten… Zwar werdet ihr diese nicht mehr miterleben, aber dafür eure geliebte Hitomi…“, säuselte Dornfels, so als würde er ein Selbstgespräch führen. „Wovon zum Teufel sprecht ihr?“, brummte Van zurück. „Davon, dass ich diese Ära natürlich nicht alleine eröffnen werde… Jeder große Mann hat eine schöne Frau an seiner Seite… Und ich habe mir meine bereits ausgewählt…“ Hitomi wäre ihm am liebsten an den Hals gesprungen. „Glaub ihm kein Wort Van! Dornfels hat schon vor langer Zeit jeden Sinn für Realität verloren!“, rief sie aus und versuchte Van mit ihrem Blick zu besänftigen. Dieser aber sah nicht einmal zu ihr herüber. Seine Augen waren nach wie vor nur auf Dornfels gerichtet, so als wollte er ihn allein mit seinen Gedanken niederringen. „Ihr habt es gehört, Präsident! Weder Hitomi noch irgendeine andere Frau mit Verstand würde euch haben wollen…“ Seine dunklen Augen flackerten kurzzeitig zu Brisaeye hinüber. „Vielleicht solltet ihr euch in dieser Angelegenheit lieber an eure schwarzen Freunde richten… Ich bin sicher, dass eine von diesen Verräterinnen etwas Liebenswertes an euch finden könnte…“ „Van!“, keuchte Hitomi empört. Sie warf einen Seitenblick zu Brisaeye, die allerdings völlig gelassen wirkte. Klar, Van musste das so sehen… Sie hatte es ja auch noch getan, bis vor ein paar Stunden… Er wusste nicht, was sie wusste. Er kannte Brisaeye’s Geschichte nicht und wusste sich im Moment nur mit Worten zu wehren. „Es wird schön sein, euch sterben zu sehen…“, erwiderte Dornfels, dessen Gesichtsaudruck nun leicht verklemmt war. Scheinbar konnte doch nicht jedes schlechte Wort unbeeindruckt an ihm abperlen… Hitomi sah, dass Van noch weitere Beleidigungen auf der Zunge lagen, doch auch er schien jetzt endlich die Veränderung in der Kathedrale zu spüren. Die gleichmäßigen Erschütterungen hatten kurzzeitig ausgesetzt, begannen aber erneut, als sich die Eingänge auf allen 4 Seiten verfinsterten und die Gymilefs herein traten. Hitomi fragte sich, ob diese Gebäude vielleicht genau aus diesem Grund so großzügig gebaut worden war, um auch den Gymilfes Zugang zu gewähren… Sie sah sie näher kommen, schattige, riesenhafte Gestalten, deren Gewicht mit jedem Schritt metallisch auf den Marmorboden auftraf. Und dann waren sie da, wie viele konnte sie nicht sagen… Aber die ersten vier, die jetzt zu jeder Seite um den Siegelabdruck herum standen hätten ihr persönlich auch schon gereicht. Es waren seltsame Gymilefs. Nicht so edel und altertümlich wie Escaflowne oder die Sheherazade gebaut waren und auch nicht so protzig wie die ehemaligen zaibacher Gymilefs… Es war klar, dass Dornfels bei ihrem Design eindeutig die Finger im Spiel gehabt hatte: Sie waren von silber-matallischem Glanz, wie einer dieser neumodischen Sportwägen und ihre Glieder schienen alle seltsam rund und geschwungen, so als hätte jemand sie aus Ton geformt und anschließend mit Aluminium übergossen. Sie waren allesamt schlank, mit unnatürlich langen Armen und Beinen. Die Köpfe waren ebenfalls rund, verjüngten sich nach Hinten, wobei der einzige Hinweis auf ein Cockpit zwei grünliche, gläserne Augenschlitze waren, hinter denen wohl die Piloten sitzen mussten. Jeder von ihnen trug einen grünlich schimmernden Drachenherzstein auf der rechten Brustseite. Sie waren eindeutig nicht so wie alle bisherigen Gymilefs und dass sie sich mit dieser geschmeidigen Gestalt auch unter Wasser bewegen konnten, verwunderte Hitomi deshalb nicht im Geringsten. „Kommandant Alexis…“, sagte Dornfels mit weit hallender Stimme. „Seht ihr diesen Abdruck?“ Er deutete auf die Linien zu seinen Füßen. „Ich möchte, dass ihr das Siegel genau darauf platziert…“ „Sehrwohl, mein Präsident…“, hallte die metallisch verstärkte Stimme des angesprochenen Piloten zurück und der Gymilef, der Hitomi gegenüber stand, setzte sich sogleich in Bewegung. Jetzt erst bemerkte sie, dass dieser ein wenig anders aussah als die anderen: Statt silbern, glänzte sein Körper fast schwarz und ließ ihn dadurch nur umso gefährlicher aussehen. Auch waren zwei dicke, gekreuzte Seile um seine Brust gewickelt, die ganz klar etwas auf seinem Rücken festschnallten. Der schwarze Gymilef ließ jetzt auf unheimliche Weise eine dicke Flüssigkeit aus seinem rechten Arm tropfen, die sich nach wenigen Sekunden zu einer scharfen, breitschneidigen Klinge festigte. Die Flüssigmetallwaffen hatte Dornfels also als Markenzeichen der Zaibacher beibehalten… Dann griff der Gymilef mit dem Linken Arm nach hinten und schnitt sogleich mit der Klinge die Seile durch. Die Klinge verschwand wieder und zum Vorschein kam das Siegel… Der Gymilef trug das seltsame, aber sicherlich wertvolle Gebilde bedächtig auf beiden Händen und setzte es unter knirschendem Zischen seiner Kniegelenke auf der angewiesenen Stelle ab. Es war das Siegel von Atlantis, eben jenes, das Hitomi in Dornfels geheimem Felsenlabor entdeckt hatte. Die goldenen Linie darauf glitzerten jetzt im Licht, das durch die Kuppel fiel und verwandelte das Siegel mit all den darauf eingelassenen Steinen, die von der selben Farbe waren wie der atlantische Horizont, zu einer einzigen glitzernden, funkelnden Masse. Sie ließen nur eine Faustgroße Mulde in ihrer Mitte frei, wo ganz eindeutig ein letzter, glänzender Stein hingehörte. Baijne und seine schwarzen Stammesmitglieder kamen jetzt zwischen den Säulenartigen Beinen der Gymilefs hervor und starrten auf den Mittelpunkt des Geschehens. „Und deswegen der ganze Aufwand…“, grummelte Merle zu Hitomi’s Rechten finster. Hitomi stimmte ihr im Gedanken zu, aber sonst schien niemand ihre Worte gehört zu haben. Dornfels stand vor ihnen, einen so verklärten Blick, als hätte er nie etwas Schöneres erlebt. Vermutlich war dem auch so… Alles hatte doch wunderbar funktioniert… „Wenn ihr mit jetzt bitte euren Drachenherzstein geben würdet, König Farnel?“, bat Dornfels inständig. Van erwiderte seinen Blick völlig unbeeindruckt und sagte nichts. „So schweigsam plötzlich?“, fragte Dornfels und musterte ihn scharf. Er fuhr sich über seinen Schnurrbart, wie er es so oft tat und sagte dann: „Da fällt mir ein, ich habe eine noch bessere Idee… IHR solltet den Stein in die dafür vorgesehene Halterung legen… Schließlich gehört er euch…“ Sein Blick flackerte kaum merklich zu Baijne hinüber, der sein knochiges Gesicht unmittelbar zu einem wissenden, bösen Lächeln verzog. In Hitomi`s Kopf läuteten alle Alarmglocken und sie konnte nicht mehr an sich halten. Sie musste ihn warnen! „Van! Tu es nicht!“, schrie sie und machte unbewusst ein paar Schritte auf ihn zu. „Es wird etwas Schreckliches geschehen, wenn du auf dieses Siegel trittst!“ Sie war schon wieder so nah bei Van, dass sie ihn hätte anfassen können, doch sofort griffen zwei schwarze Hände nach ihr und zerrten sie grob und unnachgiebig zurück. Sie wehrte Brisaeye mit erhobenen Händen ab und deutete ergebend an, vernünftig zu sein. Die Schwarze ließ von ihr ab und stellte sich einen knappen halben Meter neben sie. Auch wenn Brisaeye vielleicht schon längst nicht mehr hinter dem stand was ihr Bruder und Dornfels taten, so spielte sie ihre Rolle doch noch sehr überzeugend… Hitomi versuchte sich zu sammeln und ihre Gedanken auf Van zu projizieren, wie sie es früher schon oft getan hatte. Van betrachtete sie einen Moment und obwohl er in ihren Augen zu erkennen schien, dass sie eine Vision gehabt hatte, ging er auf das Siegel zu. „Ihr könnt mich nicht zwingen…“, erklärte er knapp. Dornfels musterte ihn amüsiert. „Nein, das nicht… Aber ich kann euch den Stein abnehmen, das Siegel selbst aktivieren und euch hier und jetzt umbringen lassen…“ „Ihr wiederholt euch…“, erwiderte Van süffisant. „Ihr wollt mich so oder so tot sehen… Welche Wahl habe ich also?“ Dornfels grinste gerissen, so als hätte er schon gewonnen. Doch schon im nächsten Moment wurde ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht gewischt… ---------------------------------- Nachwort: Oh mann. ich habs ja schon vorhin angedeutet, es wird allmählich echt schwierig, teilweise hab ich selber meine probleme noch durchzublicken... ganz ehrlich. das ist aber hauptsächlich vor dem schreiben so... ich überlege immer, wie ich das am besten hinbiege, dass noch alles nachvollziehbar ist, aber allmählich ist es fast unmöglich... ich habe das gefühl, neben all den wesentlichen dingen, der haupt-handlung, dass die anderen dinge, die empfindungen der charas, die umgebung usw. zu kurz kommen... ist das so? es sind grade soviele personen an einem ort versammelt und alle wollen zu wort kommen, besonders meine starrsinnigen charas, wie baijne, van und dornfels...^^ ich bin ja immer noch stolz auf mich, dass ich das Bankett damals nach der 20-jahr-Feier so gut hinbekommen habe... aber jetzt zweifle ich etwas an mir. Wenn ich umsonst zweifeln sollte, lasst es mich wissen, das würde mir helfen... >______< also, ich hoffe, dieses kapitel hat euch gefallen und ihr begleitet mich noch bis zum schluss... es dauert schon noch ein bissl bis dahin, aber ich versuche mich zu bemühen und bei jeder gelegenheit zu schreiben, versprochen! bis zum nächsten kap, machts gut, eure Chiyo-san ps: wie gesagt, fragen, bitte stellen! nur keine scheu! Kapitel 36: Der letzte Engel ---------------------------- Danke für all eure motivierenden Worte! ^^ obwohl ichs zur zeit kaum schaffen werde, bemühe ich mich, immer weiter und weiter zu schreiben... bis zum bitteren ende... muahaha! O_o nein, spass beiseite... ich steh nicht auf bittere enden, soviel ist schonmal klar. jetzt gibts aber erstmal kapitel 36, genau wie das letzte nicht beta-gelesen, also verzeiht mir eventuelle rechtschreibfehler... bis(s) zum nachwort! (wuahhh! total twilight-verstrahlt...) -------------------------------------- Kapitel 36: Der letzte Engel Die Crusardor setzte mit einem knarrenden, unschönen Geräusch auf dem kiesigen Sandstrand der Insel auf, direkt vor das kugelrunde Flugschiff der Zaibacher, das an einem Steg anlag. Allen spürte die Erschütterung und hielt sich instinktiv mit den Händen seines Gymilfes an der Schiffsreling fest. Als sie schließlich zum Stillstand kamen stieg Allen aus den unteren Seilen und sprang mit einer geschmeidigen Bewegung von Deck. Die Füße der Sheherazade krachten auf den kiesigen Untergrund und schon im nächsten Moment zog Allen das lange Schwert aus dem Rücken der Maschine. Er war auf alles gefasst, dass Soldaten hinter den vereinzelten Bäumen und Sträuchern hervorkamen oder in Massen aus dem Schiff strömten, nur mit dieser seltsamen Stille hatte er nicht gerechnet. Abgesehen vom Rauschen des Windes und dem stetigen Geräusch des Regens, der gegen sein Cockpit trieb, war nichts zu vernehmen. Allen reckte seinen Blick nach oben, erspähte den Rand der hohen Klippen und den Spalt, der sich ein stück Hang aufwärts direkt vor ihm auftat. Sie hatten Escaflowne beim Anflug auf die Insel sofort erkannt, sie war nicht mehr als ein weißer Fleck im grauen Treiben des Sturmes. Ihre Herrenlosigkeit, konnte sich Allen nur damit erklären, dass Van bereits in das Innere der Insel vorgedrungen war, an einen Ort, wo er keinen Gymilef mitnehmen konnte… Reflexartig wandte Allen nun seinen Blick wieder zu dem unheimlichen Spalt im Fels, der vielleicht gerade so breit war, dass ein Pferd hindurch reiten konnte… Dann wandte er den schweren Maschinenkörper um und betrachtete das schwarze Flugschiff, das scheinbar völlig verlassen war. Er musste etwas tun, das wusste er. Er war immer noch der oberste Kommandant von Astoria, nun, da sie scheinbar wieder begann, die Zeit der Kämpfe und Kriege. Er musste eine Entscheidung treffen. Er lehnte sich erneut gegen eine besonders starke Windböe, die um die Klippen fegte und betrachtete wieder den unheimlichen Felsspalt. Sein Instinkt sagte ihm, dass das der Weg war, der Weg zu Van und Hitomi… Ohne weiter zu zögern ließ er seinen Gymilef einknicken und stieg unter pfeifenden und zischenden Protesten der Getriebe aus dem Cockpit. Wieder erfasste ihn eine starke Böe, klatschte ihm eine Fuhre Regenwasser ins Gesicht und wirbelte seine Haare in nassen Strähnen um sein Gesicht, was ihm den Abstieg an der glitschigen Sheherazade kaum erleichterte. Er beeilte sich, zu seinen Leuten zu kommen und fand sie bereits an der geöffneten Bodenklappe vor. Keiner von ihnen machte ein besonders motiviertes Gesicht, woran wohl das unberechenbare Wetter schuld war, doch sie waren ihm loyal ergeben und würden ihm folgen, wohin auch immer er sie führte. „Männer!“, rief er ihnen entgegen. Seine Augen wanderten durch die Reihen der Anwesenden und blieben an Kobe hängen. Van’s erster Berater sah ziemlich erschöpft aus: seine Augen waren klein geworden, mit grauen Schatten unterlegt, die eindeutig von viel zu wenig Schlaf zeugten. Er ging auf ihn zu und legte ihm aufmunternd die Hände auf die Schultern. „Es wird schon werden Kobe…“, sagte er. Kobe nickte kurz. „Wie kann ich euch behilflich sein, Allen? Ich bin kein Krieger, aber… Irgendetwas Nützliches muss es doch für mich zu tun geben…?“, fragte er hoffnungsvoll und versuchte angestrengt, sein Augen wacher aussehen zu lassen als sie in Wirklichkeit waren. „Es ist das Beste, wenn du auf dem Schiff bleibst… Ich weiß nicht, was hier geschehen wird… Aber falls es Verletzte gibt, brauchen wir jemanden, der sich um sie kümmert…“ „Gut.“ Kobe nickte erneut, sichtlich zufrieden, überhaupt irgendetwas zu der Situation beitragen zu können. Allen wandte sich wieder ab und seiner Mannschaft zu. „Ich will, dass vier von euch dieses Schiff auskundschaften!“, schrie er gegen den tosenden Wind und deutete auf das zaibacher Schiff. „Wenn ihr nichts dort vorfindet, dann kehrt zurück zur Crusardor und haltet die Stellung!“ Per Handzeichen wählte er vier zuverlässige Gesichter aus, darunter den Steuermann, woraufhin sie sich sofort auf den Weg machten, obwohl ihnen ihre Mäntel um die Ohren geblasen wurden. „Der Rest von euch kommt mit mir!“ Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um, mit der Sicherheit, dass die restlichen 20 Mann ihm folgten. Sie lehnten sich gegen den Wind, hielten sich die Hände vor die Augen, um den Regen abzuhalten und folgten einem selten benutzten, aber mittlerweile schlammigen Pfad zu den Klippen. Allen erkannte zahlreiche Fußspuren und auch jede Menge Hufspuren, die sich über die Grenzen des Pfades hin verliefen. Was war hier nur geschehen? Wohin würde sie dieser Pfad führen? Allen ahnte es, erinnerte sich an die vielen Dinge, die Dryden ihm über Atlantis und das Volk des flüsternden Windes erzählt hatte. Dennoch konnte er kaum einen klaren Gedanken fassen, nicht einmal als sie endlich in der schützenden Felsspalte ankamen, wo nur noch das unheimliche Geräusch des Windes zu hören war. Hitomi war überrascht, als sie feststellte, dass sie der Grund für Dornfels’ plötzlichem, starren Blick war, doch erst nach einigen Atemzügen merkte sie auch warum: Merle war plötzlich ganz nahe an sie heran gerückt, Hitomi hatte es nicht einmal wahr genommen, sosehr war sie auf Van fixiert gewesen. „Was tut ihr da?“, fragte Dornfels, mit einem Blick, der fast entgeistert hätte wirken können, wenn er sich nicht zusätzlich so sehr bemühen würde, seine typisch gelassene Aura zu bewahren. „Das einzige, was jede andere Mutter auch tun würde…“, zischte Merle zurück. Hitomi sah nichts von ihr, spürte nur ihr struppiges rotes Haar an ihrem Ohr und den unnachgiebigen, flauschigen Griff um ihre Kehle. „Bevor ihr tut, was auch immer ihr vorhabt zu tun, will ich meine Tochter zurückhaben!“, zischte Merle und nickte in die Richtung, wo wohl Kagou stehen musste. Hitomi konnte dies nur erahnen, da sie nicht wagte, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. „Gebt mir Nora und ich lasse eure teure Hitomi am Leben…“ Zur Unterstreichung ihrer Worte drückte Merle ihre scharfen, langen Krallen noch ein wenig tiefer in ihre Haut. Hitomi atmete automatisch flacher und schneller. Was war nur los? Hatte Merle den Verstand verloren? Brisaeye dachte offenbar das gleiche: Sie rührte sich nicht und starrte die Szenerie ungläubig an. Merle hat ihren jetzigen Schwachpunkt eiskalt ausgenutzt, das fehlende Gehör… „Ihr wisst, dass ihr nicht weit kommen würdet…“, erwiderte Dornfels langsam, obwohl sein Blick immer noch misstrauisch war. „Meine Leute würden euch in kürzester Zeit fassen und – “ Er machte eine fahrige Geste mit seinen Händen, die weitere Worte überflüssig werden ließen. „Merle!“, grollte jetzt auch Van, der noch länger als Dornfels gebraucht hatte, um zu erkennen, was gerade vor sich ging. Seine dunklen Augen glühten voller Hass und es fiel ihm sichtlich schwer nicht augenblicklich auf Merle loszustürzen. „Das wäre es mir wert…“, erklärte Merle knapp und zog Hitomi noch näher an sich. Diese war immer noch viel zu geschockt, um sich auch nur irgendwie zu wehren. Wenn Merle das ernst meinte? Wenn ihr Mutterinstinkt stärker war als die Freundschaft, die sie Stunden zuvor erst geschlossen hatten? Es wäre nicht verwunderlich, schließlich hatte die Hälfte ihres Lebens damit verbracht, Hitomi und Van zu hassen, wieso sollte sich dies auch plötzlich in Luft auflösen. Van schien ebenso geschockt. Er wusste auch hier nicht, was los war, kannte Merle`s Geschichte nicht… Hitomi hätte ihm so gern erzählt, was ihr passiert war, in den unterirdischen Zellen der Zaibacher Residenz und später, auf dem Weg zu dieser vermaledeiten Insel… Dass sie ein Kind von ihm erwartete! Aber jetzt, wenn sie auch nur übertrieben schlucken würde, könnten Merle’s Krallen verhindern, dass sie es ihm jemals sagen konnte. Stattdessen musste sie mit ansehen, wie Van Merle voller Abscheu anstarrte, wie Dornfels nicht recht wusste, was zu tun war, wie die Gymilefs tatenlos herumstanden und wie Baijne langsam näher kam. „Soll ich mich um sie kümmern?“ Er leckte sich freudig über die Unterlippe und wartete auf ein Wort seines Präsidenten. Merle reagierte sofort: „Ein Schritt und sie ist tot! Ich meine es ernst! Es kostet mich nur eine kleine Bewegung und selbst wenn euer zotteliger Lakai noch in derselben Sekunde vor mir steht, würde sie schon nicht mehr atmen.“ Dornfels überlegte offenbar fieberhaft, warf Hitomi immer wieder zweifelnde Blicke zu, winkte Baijne aber dann mit einer Handbewegung zurück. Dieser bleckte wütend seine Zähne und ließ seinen Haarschmuck klimpern. Der „zottelige Lakai“ hatte ihm dem Anschein nach nicht sehr geschmeichelt. Dornfels sah so aus, als würde nachgeben, als sich jetzt auch Kagou einschaltete. Er trat an den Rand des Siegels, Nora von den Blicken ihre Mutter entzogen. „Das könnt ihr nicht tun! All die Arbeit wäre umsonst gewesen! Ihr habt doch bereits gesehen, was die Mutter für eine Wirkung auf das Mädchen hat!“, raunte er Dornfels leise zu, was durch die gewaltigen Ausmaße der Kathedrale allerdings stark verstärkt wurde. Kagous gezischte Worte hallten durch die Säulenklüfte, als würde die Kathedrale selbst zu ihnen sprechen. Hitomi hoffte nach wie vor, dass Merle nur bluffte, dass das alles ein großer Irrtum war und sie sich nicht in ihr geirrt hatte… Und dennoch, der unnachgiebige Griff um ihre Kehle schien etwas anderes zu versprechen… „Wozu braucht ihr Nora überhaupt noch? Ist es ihre Gabe? Hat sie euch nicht bereits gezeigt, was ihr wissen wolltet?“, erwiderte Merle auf die Worte ihres Schwagers, die Nervosität in ihrer Stimme war dabei kaum zu überhören. Dornfels, der das ablenkende Gespräch sichtlich willkommen hieß, schmunzelte ein wenig: „Tatsächlich hat Nora eine außergewöhnliche Gabe und sie hat mit ein paar Dinge in der Zukunft gezeigt, die für mich von Bedeutung waren, alles ist bisher so gekommen wie ich es mir selbst erträumt hatte…“ „Warum lasst ihr sie dann nicht gehen?! Sie ist noch so klein! Sie sollte die Welt erst mit Kinderaugen sehen, bevor sie diesem… Fluch nicht mehr entgehen kann…“ Merle spuckte die letzten Worte förmlich aus, so wütend war sie. Dornfels tauschte einen Blick mit Kagou aus, zweifelnd und fragend, straffte denn ein wenig seine Schultern und erwiderte dann: „Nora hat gesehen, dass ich hier scheitere…“ Sein Eidechsenblick wanderte von Merle zu Hitomi, schien sie erneut durchbohren zu wollen und darüber hinwegzutäuschen, dass er panisch war, dass das Scheitern seine größte Angst war. Hitomi erkannte es daran, wie er mit seinen Händen immer wieder über den Stoff seiner Robe strich, sie hinter dem Rücken verschränkte, wieder nach vorne holte und wie in Trance an den Goldenen Knöpfen seines Kragens drehte. Trotz aller Gelassenheit war er doch nervös und zutiefst erschüttert, dass er momentan dem Willen einer Katzenfrau ausgeliefert war. Er deutete auf das Siegel und hielt mit seinem Blick an den funkelnden Steinen fest. „Nora hat gesehen, dass ich es bis hierher schaffe, aber dann ist alles unscharf… Das ist Licht, das sind Schatten, aber nichts, was mir gefällt. Sie sieht mich weder auf der Erde, noch auf Gaia…“ „Und wozu braucht ihr sie dann noch?“, fragte Merle argwöhnisch. Dornfels strich sich bedeutsam über seinen Schnurrbart. „Ihr habt gesehen, was sie tun kann… Allein mit ihrem Willen kann Nora die Dinge verändern…“ Baijne lachte bitter. „Sei froh darum, Katzenweib! Sonst würdest du schon gar nicht mehr hier stehen…“ Er lächelte schief und befremdlich, die schwarzen, leblosen Augen in ihre Richtung gerichtet. Hitomi musste sich zwingen, gleichmäßig zu atmen… Sie durfte jetzt nicht durchdrehen! Sie versuchte sich auf die Situation zu einstellen, auf Van, darauf, dass sie noch irgendwie gerettet würde… Sie konzentrierte sich wieder auf Dornfels, der schon seit einer Weile etwas sagte: „… und deshalb kann ich Nora nicht zu euch lassen. Sie ist meine Versicherung, sie wird die Dinge wieder korrigieren, wenn sie nicht so verlaufen wie geplant…“ Hitomi starrte zu Kagou, der schon wieder dabei war, irgendetwas in unverständlicher Sprache auf Nora einzureden. Was hatte das nur alles zu bedeuten? Sah Nora die Zukunft so, wie sie wirklich kommen würde? Würde die Zukunft so eintreffen, oder hing alles damit zusammen, wie sich alle daran Beteiligten entschieden? So war es doch… Auch Dornkirk scheiterte einst an der Individualität der Menschen, daran, wie sie ihre Entscheidungen trafen. Und selbst wenn Nora die Zukunft sogar aktiv beeinflussen konnte, so war sie sich doch sicher, dass Kagou der Schlüssel zu alledem war. Nora’s blick war so glasig, so abwesend, so als hätte man sie hypnotisiert. Das musste Merle doch sehen, das mussten doch Alle sehen! Es war Van, der ihre Gedanken wieder durchbrach. Obwohl er die ganze Zeit mit wütendem Blick und größter Selbstbeherrschung die Situation beobachtet hatte, grinste er jetzt. „Ihr werdet also scheitern, Präsident?“, meinte er mit zurück gewonnener Zuversicht in der Stimme. „Nicht, wenn ich es zu verhindern weiß…“, antwortete Dornfels steif. Van grinste noch breiter, warf Hitomi einen zuversichtlichen Blick zu und dann, ohne Vorwarnung, schien sich Van’s Rücken aufzubäumen, sich zu vergrößern, bis schließlich seine Flügel daraus hervorbrachen. Binnjae war so überrascht, dass er von ihm abließ und wie alle Anwesenden nichts weiter tun konnte, als die gleißend-weiße Federpracht anzustarren. „Dann ist ja alles gut…“, sagte er, trat nach vorne und legte Escaflowne’s Drachenherzstein in die dafür vorgesehene Mulde. Allen sah sich mit Staunen um. So etwas hatte er noch nicht gesehen! Dieser farbenfrohe, wirbelnde Himmel, der zum greifen nahe schien und dann all diese alten, vergessenen Gebäude… Es war, als hätte er eine andere Welt betreten… Ja, das hatte er in gewisser Weise auch! „Unglaublich…“, sagte Seygon, sein ersten Offizier neben ihm und starrte beinahe entzückt in den Himmel. „Das ist es…“ Allens Augen konnten sich kaum entschließen, wo sie zuerst hinsehen sollten… Wie war das nur möglich? Sie waren durch dieses Licht getreten, dieses unglaubliche Licht, dass sie von oben bis unten durchströmt hatte und die Nässe des Unwetters wie ein Schwamm aufgesogen hatte. Allen fühlte sich frisch und frei, so als hätte er gerade gebadet, an einem sonnigen, warmen Tag. Jetzt stand er hier, in einem Überbleibsel des alten Atlantis und war schier überwältigt, von der Schönheit der Stadt… Die Mosaike auf dem Boden, die geschwungenen Linien der Gebäude, die fein ausgearbeiteten Fassaden, die goldenen Statuen und die alten, eben gewachsenen Bäume. Sie stellten jeden Königshof auf ganz Gaia in den Schatten… Vermutlich hätte er noch ewig so weiter philosophiert, hätte ihn Seygon nicht wieder in die Realität zurückgeholt. „Kommandant?“, fragte er zweifelnd und deutete auf etwas, was offenbar auf dem höchsten Punk der Stadt lag. Dort stieg hinter den atlantischen Gebäuden eine gleißende Lichtsäule auf, stieg immer weiter, bis sie schließlich von grünen und gelben Farbstrudeln verschluckt wurde. Er kannte dieses Schauspiel… Er hatte es schon mehrmals gesehen. „Los!“, befahl er dann, „Wir müssen zur Quelle des Lichts und zwar so schnell wie möglich!“ In Hitomi zog sich alles zusammen… Bilder ihrer Visionen blitzten ihr durch den Sinn und ließ ihren gesamten Körper erstarren. Nein Van, tu das nicht! Breite deine Flügel nicht aus… Und doch, sie kam nicht umhin zu staunen, so wie jedes Mal, wenn sie Van’s Engelsflügel sah… Sie waren so hell und strahlten eine solche Kraft aus, dass sie sich automatisch wohler in ihrer Haut fühlte. Wie ein weiches Dach breiteten sie sich bis zu den Säulen hin aus und berührten den alten Stein mit einer sanften Liebkosung, so schön… so schön… Über 13 Jahre hatte sie diesen Anblick nicht mehr erlebt… Und dann jetzt, unter solchen Umständen! Sie wollte ihm so gerne zurufen, ihn erneut warnen, doch Merle’s Klauen lagen ihr immer noch lebensbedrohlich an ihrer Halsschlagader. Im nächsten Moment war jede weitere Überlegung sowieso zu spät: Van legte völlig überraschend den Drachenherzstein in die Mitte des Siegels und trat dann mit einem siegessicheren Grinsen zurück. Der Stein begann Purpur zu leuchten und schien seine Kraft auf einen Schlag auf all die anderen Steinsplitter auszubreiten. Dornfels und Kagou stolperten zurück und schon einen Wimpernschlag später schoss ein grelles Licht aus dem Siegel hervor und streckte sich in einer langen Säule durch die Kuppel der Kathedrale bis zum Himmel hinauf. Obwohl Hitomi dieses Licht kannte, obwohl es eigentlich dasselbe Licht war, wie schon im Tor zu Atlantis, einladend und warm, so stellten sich ihr sofort die feinen Härchen an ihren Armen auf. Die Lichtsäule hatte sie einst nach Gaia gebracht, mit Van und dann auch wieder zurück, weg von Van… Sie kannte es und obwohl es ihr früher niemals unwillkommen war, so wünschte sie sich jetzt, dass es wieder verschwand… Eine stetige Lichtsäule, ein Weg, der Gaia unmittelbar und dauerhaft mit der Erde verband. Dornfels hatte in diesem Punkt also nicht gelogen… Plötzlich wurde es immer heller. Das Licht schien nun auch von draußen zu kommen, erhellte die hohen Fenster und warf so klare Streifen herein, dass man jedes einzelne Staubkorn sehen konnte, das in der Luft herumwirbelte. Es war genauso, wie Hitomi es gesehen hatte: Licht, Staub und Schatten. Sie spannte sich noch mehr an und Merle mit ihr. „JA!“, triumphierte Dornfels jetzt. „ES IST VOLLBRACHT!“ Was für ein Wahnsinn, dachte sich Hitomi und nahm Dornfels’ überlegenes Gebären missbilligend in Augenschein. Wie ein Gott stand er da, von Licht umspült, mit erhobenen Händen, so als hätte er soeben eine neue Welt erschaffen. In seinen Augen war das wahrscheinlich auch so… „Könnt ihr euch da sicher sein?“, fragte Van verächtlich und schlug mit seinen Flügeln aus. „Das hat euch jetzt nicht mehr zu interessieren!“, warf Dornfels mit einem überaus breiten Grinsen zurück. „Holt ihn euch!“, befahl er dann übertrieben laut, woraufhin Baijne und seine Leute sofort regierten. Sie stürzten auf Van zu, mit hassverzerrten Gesichtern und lechzenden Blicken. Doch Van, der Engel, stand nur da, schaute Hitomi tief in die Augen und sagte: „Ich werde dich holen, Hitomi…“ Sein Blick, so voller Wärme und Liebe, schmerzte Hitomi noch mehr. Sie musste nach Luft schnappen und ihre Tränen eisern zurück halten. Dann schwang ihr persönlicher Engel sich in die Höhe, genau so, dass Baijne’s und Binnjae’s Hände ins Leere griffen. Er machte 2, 3 Flügelschläge, umkreiste die Lichtsäule und wollte offenbar über die Köpfe der zaibacher Kampfmaschinen aus der Kathedrale fliehen, als sich ein Schatten hinter ihm auf tat. Die Gymilefs hatten sich von ihrem starren Staunen wieder erholt und der schwarze von ihnen, der Kommandant, griff jetzt mit seinen schwarzen Händen nach Van’s weißen Flügeln. Für einen Moment sah es aus Hitomi’s Blickwinkel so aus, als hätte er gerade noch die Kurve gekriegt – doch sie irrte sich. Die Rechte des Gymilefs verflüssigte sich und fing Van mit einer unscheinbaren Schlinge um seine Beine aus seiner Drehung in 20 Metern Höhe. „NEIIINNNN!“, rief Hitomi nun völlig unkontrolliert. Merle lockerte ihren Griff um die Kehle etwas, ließ sie aber nicht los. „VAAAANNNN!“, schrie sie wieder und wieder, obwohl es auch nichts half. Sie musste mit ansehen, wie Van hilflos von riesigen schwarzen Fäusten umklammert wurde und sich nicht mit allen Flüchen in seinem Wortschatz daraus befreien konnte… „Ihr habt wieder einmal viel zu leichtsinnig gehandelt, mein lieber König!“ Dornfels klang belustigt und blickte erheitert auf das Schauspiel, das sich ihm bot. Auch Baijne lachte jetzt wie ein Irrer, so hohl und kehlig, dass sich Hitomi erneut jedes Härchen auf ihrer Haut aufstellte. „Alexis!“, rief Dornfels zu seinem Kommandant hinauf, „Stutzt unserem Engelchen doch ein wenig die Flügel…“ Sein Grinsen war so schadenfroh wie noch nie. „Und dann kümmern wir uns um unsere Wildkatze….“ Sein Blick wanderte zu Merle und ihr, voller Neugierde und Vorfreude. Die schwarze Bewegung, die Hitomi aus dem Augenwinkel zu ihrer Linken wahrnahm, interessierte ihn nicht einmal mehr, sofort wandte er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Vorstellung, die über ihm stattfand. „Hitomi… Der König wird gerettet werden…“ Hitomi, die so sehr mit den Tränen und dem Würgreiz kämpfte konnte die Stimme, die so nah an ihrem Ohr sprach, gerade noch mit soviel Verstand als Brisaeye’s erkennen. Van wurde irgendwo über ihr gefoltert, so sehr, dass er vor Schmerzen schrie. Rissen sie ihm gerade die Flügel aus? Oder begannen sie erst einmal mit ein paar Federn? Sie konnte einfach nicht mehr… Sie wollte am liebsten selber dort oben sein oder sofort von Merle’s Hand sterben. Sie wollte nie wieder in Dornfels’ Gesicht sehen. Sie wollte einfach nur bei Van sein… Und doch, die Worte von Brisaeye ließen sie aufmerken. „Was?“, flüsterte sie leise. „Ich habe eure Freunde gesehen… Sie werden jeden Moment hier aufkreuzen… Darunter Allen von Astoria…“ Obwohl ein Schrei Van’s ihr erneut durch Mark und Bein fuhr, fühlte sie eine Spur Erleichterung. Allen! Er würde kommen! Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, wie er gegen all die Gymilefs und das Volk ankommen sollte, doch er würde kommen! Vielleicht würde das allein reichen, um die Situation wieder zum Guten zu wenden! „Sobald sie hier sind, musst du dich zu Nora durchkämpfen! Das ist Van`s einzige Chance…“ Jetzt war es Merle’s Stimme, die ihr leise ins Ohr zischte. Hitomi wandte ihren Blick nach oben. Einzelne weiße Federn schwebten durch das gleißende, staubige Licht. Van lebte noch und obwohl der Kommandant erst ein paar der langen, äußeren Federn ausgezupft hatte, irgendwann würde nicht mehr genug da sein… Hitomi sandte all ihre Kraft zu Van hinauf und betete zugleich, dass Allen sich nicht allzu viel Zeit ließ. Es musste etwas geschehen, dringend… ----------------------------- Nachwort: ja, es muss echt dringend was geschehen! ich hab schon echt schiss vor dem nächsten kapitel! es wird langsam eng für alle beteiligten und ich hoffe, ich schaffe es, alles mit seiner Richtigkeit nieder zu schreiben... Also Allen, beeil dich! lang halten van und hitomi das nicht mehr aus... natürlich darf sich Allen nicht allein als Held aufspielen... hihi. ich hab da noch so einige Ideen. Aber wie gesagt, momentan gehn mir zuviele dinge durch den kopf, ich kann mich nicht aufs schreiben konzentrieren... aber es kann nur wieder besser werden... haltet durch! bis bald, Chiyo-san Musik bei diesem Kapitel: Incubus (I love them!) Kapitel 37: Endloses Licht -------------------------- sodala. endlich gehts wieder weiter. Gestern war ich zwar gefühlsmässig ein Wrack, aber irgendwie hab ich diese negative Energie in meinen Fanfic gesteckt und die zweite Hälfte des Kapitels hat sich fast selbst geschrieben... Es ist echt erstaunlich, was die charaktere alles tun, wenn man nur einfach die leinen los lässt. in meinem Kopf war diese kapitel ein einziges durcheinander, ich konnte mir bis gestern nicht vorstellen, wie ich alles so schreiben sollte, damit die Gedanktenfetzen in meinem Kopf zusammen passen. aber es ging wohl doch. ich hoffe, ihr kommt alle mit! (Achtung: wieder einmal nicht beta-gelesen... verzeiht mir die rechtschreibfehler...) jetzt erst mal: lesen! ----------------------------------------------------------- Kapitel 37: Endloses Licht Auszug aus Kobe’s Tagebuch: Es ist jetzt knapp 12 Stunden her, seit wir Farnelia verlassen haben. Die Crusardor ist nicht umsonst eines der schnellsten Flugschiffe des Planeten. Sie schafft Strecken in der Hälfte der Zeit, die ein normales und größeres Flugschiff brauche würde. Ich bin beeindruckt von Allen Shezars vielseitigem Wissen über diese Welt und seine konsequente Verfolgung des Zieles. Vor knapp zwei Stunden hat König Van das Flugschiff bereits verlassen, jetzt befindet sich der Rest der Rettungstruppe auf dem Alten Land. Es ist stürmisch hier, der Wind pfeift kalt um die Klippen und die Wellen rauschen so sehr an den Strand, dass man es noch durch die Wände der Crusardor hört. Allen und seine Leute sind im Klippenspalt verschwunden, ein paar seiner Männer erkunden das Schiff der Zaibacher, das aussieht wie eine große schwarze Perle. Ich selbst bleibe an Bord, warte auf weitere Anweisungen. Kobe klappte das Buch für einen Moment zu und starrte hinaus in den tosenden Sturm, der soviel Regen mitbrachte, dass er in endlosen Strömen an den Scheiben des Bullauges herab lief, welches der einzige Lichtfleck in Kobe’s Koje war. Er überlegte, was es noch wert war aufzuschreiben. Er wollte nichts vergessen, wollte, dass die Nachwelt vielleicht von dieser Reise lesen konnte. Wenn er später den König und Allen Shezar um einen zusätzlichen ausführlichen Bericht der Geschehnisse bat, würde er vielleicht doch noch ein Buch schreiben, so wie er es immer hatte tun wollen. Ein Abenteuer, eine wahre Geschichte aus dem Leben… Im Moment wollte er aber nichts lieber, als ein paar ordentliche Stunden Schlaf. Er rieb sich langsam über sein Gesicht, versuchte die müden Gedanken zu vertreiben und sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren… Gähnend klappte er sein kleines, handgebundenes Notizbuch wieder auf und beschrieb eine neue Seite des schweren Pergaments mit den Worten: Passt auf euch auf, König Van. Er war wieder so im Gedanken versunken, dass er den Lichtstrahl nicht sah, der den Sturm auf der Insel erhellte… Allen rannte so sehr, dass ihm seine Lungenflügel schon nach drei Minuten so brannten, als wäre er schon 3 Stunden gelaufen… Seine Kondition war offenbar nicht mehr die Beste und das ärgerte ihn gewaltig. Trotzdem führte er seinen Trupp an, passierte zahlreiche Gassen- und Straßenmündungen und warf dabei immer wieder einen gehetzten Blick in den Himmel. Waren sie noch richtig? War das gleißende Licht immer noch genau vor ihnen? Er konzentrierte sich so sehr auf diese eine Tatsache, dass er alles andere um ihn herum automatisch ignorierte: die Häuser, die goldenen Statuen, die immer wieder an ihm vorbeihuschten und zu blassen Schemen verwischten. Alles verschwand, da war nur noch das Licht… Nach schier endlosen, keuchenden Minuten bog Allen um eine weitere Hausecke und wurde so sehr geblendet, dass er seinen Arm schützend vor seine Augen halten musste. Er blieb ruckartig stehen und spürte sogleich wie einer seiner Männer, wahrscheinlich Seygon, gegen ihn stieß und ebenfalls keuchend vor dem Licht zusammenkrümmte. „Was ist das nur?“, raunte er schwer atmend. Allen sparte sich eine Antwort. „LOS, WEITER!“, schrie er stattdessen. Sie alle blinzelten gegen das grelle Licht und rannten weiter, bis sie an einen großen Platz kamen. Das Schauspiel, das sich ihnen bot, war kaum zu glauben: die hohen Mauern der Stadt endeten abrupt und brachten sie an einen Platz mit einem so riesenhaften Gebäude in der Mitte, wie es noch keiner von ihnen gesehen hatte. Doch das war nicht mal das Beeindruckendste… Der Lichtstrahl schien direkt aus der Mitte des Kathedralen-ähnlichen Kolosses zu kommen, teilte sich dann, ging auf die unzähligen Säulen über, die im Unmittelbaren Umkreis des Gebäudes standen und wurde von dort zu einem noch stärkeren und mächtigeren Strahl zurück-gebündelt, um dann mit gewaltiger Kraft mitten in den pulsierenden, wirbelnden Himmel zu schneiden. Das Lichtspiel war hell, warm und von einem tiefen, summenden Ton begleitet, der Allen eine Gänsehaut über die Arme jagte. Was war das hier? War das dasselbe Licht, welches einst Hitomi vom Mond der Illusionen holte, oder ein anderes, noch mächtigeres? „Kommandant, wie verfahren wir jetzt?“, fragte Seygon ganz sachlich und sah sich prüfend nach möglichen Gegnern um. „Wir werden – “, setzte Allen an, musste sich aber selbst unterbrechen, weil er von etwas anderem abgelenkt wurde. Direkt vor ihm fing die Luft auf unheimliche Weise an zu flimmern, verzerrte sich kurz, nur um dann die klare und unverkennbar reale Gestalt eines Menschen hervorzubringen. Es war Brisaeye, die Verräterin vom Volk des flüsternden Windes, die ihn forschend ansah. Allens Gänsehaut breitete sich weiter über seinen Rücken aus, denn er fand, dass die groben Skizzen in Drydens Büchern nicht annähernd an die echte Erscheinung der schwarzen Kreaturen heran kamen. Brisaeyes schwarze Haut war an Hüfte und Brust nur bedeckt von ein paar Leinenfetzen sowie kreisförmigen Symbolen auf ihren Armen. Der viele Schmuck an Ohren, Hals, Hand-und Fußknöcheln hätte sie fast freundlicher erscheinen lassen, wären da nicht diese dunklen und vollkommen inhaltslosen Augen gewesen… Unwillkürlich griff Allen nach seinem Schwertknauf, nur einen Wimpernschlag bevor der Rest seiner Mannschaft auf die gleiche Idee kam. „Stop!“, rief Brisaeye und hob ergebend ihre Hände. „Ich will euch nichts tun, Allen Shezar!“ Allens Hand verharrte misstrauisch an seinem Schwertknauf. Er sah erneut in die Augen des Mädchens und zog dann mit einer geschmeidigen Bewegung die Klinge aus seiner Scheide. „So leichtgläubig bin ich nicht…!“, erwiderte er hart. Er hob sein Katana auf Augenhöhe, bereit, zuzuschlagen, als Brisaeye, die eben noch 5 Meter von ihm entfernt stand, sich plötzlich unmittelbar vor ihm befand, mit seiner Kling am Hals. „Wenn ihr mich töten wollt, nur zu, versucht es…“, sagte sie völlig ruhig und ohne jegliche Bewegung. „Aber vielleicht braucht ihr eine weitere Verbündete, im Kampf gegen Dornfels und mein Volk…“ Allen wandte die Schwertklinge zögerlich ein paar Handbreit von ihrem Hals weg. „Verbündete sagt Ihr?“ „Ja“, erwiderte sie tonlos. Dann, im nächsten Moment, ließ sie ihre gelassene Maske fallen und schnaufte ungeduldig aus. „Hört mir jetzt ganz genau zu… In dieser Kathedrale befinden sich ungefähr 20 Gymilefs des Präsidenten, einer von ihnen ist gerade dabei Van de Fanel auf möglichst grausame Weise in Jenseits zu befördern.“ Allen ließ sein Schwert jetzt vollends sinken. „Was noch?“, fragte er und schauderte, bei der Vorstellung, was Van gerade erlebte. Das schwarze Mädchen verzog ihr Gesicht. „Eine Handvoll Soldaten, allesamt jung und unerfahren, sind dort und nicht zu vergessen, 14 Mitglieder meines Volkes. Dornfels hat vor, durch dieses Licht auf den Mond der Illusionen zurück zu kehren und zwar nur in Begleitung von Hitomi. Das einzige was ihn davon gerade abhält, ist Merle, mit einem risikoreichen Bluff…“ Sie setzte kurz ab. „Ich habe bereits gesehen, dass ihr kommt… Ihr müsst es irgendwie schaffen, dass ein Tumult losbricht, sodass Hitomi die Chance hat, an Merle’s Tochter heran zu kommen. Nur sie kann die Dinge jetzt noch ändern!“ In Allen’s Kopf raste jetzt alles wahnsinnig schnell dahin. Hitomi… Van… Merle… Nora… Er konnte seine Gedanken kaum ordnen, als Brisaeye auch schon wieder sprach. „Ihr müsst mir jetzt vertrauen! Uns läuft die Zeit davon!“ Genau dieses Vertrauen war Allen im Moment höchst zuwider… Brisaeye hatte schon einmal alle getäuscht, warum sollte sie es nicht wieder tun? Allen überlegte fieberhaft, drehte und wendete seine zahlreichen Gedanken wie Kieselsteine, als ihm die Entscheidung unerwartet schnell abgenommen wurde: Ein markerschütternder Schrei durchschnitt das monotone Summen des Lichts, hallte durch die Weite der Kathedrale und trug den Schmerz von Van de Fanel zu ihnen heraus. Allen tauschte einen flüchtigen Blick mit Brisaeye aus und nickte dann. „Was sollen wir tun?“ „Kümmert euch um die Soldaten! Ignoriert die Gymilefs, sie sind zu groß um sich innerhalb des Gebäudes zu bewegen… Und vor allem: Lasst keinen meines Volkes auch nur auf 5 Schritte an euch heran!“ Brisaeye trat einen Schritt zurück und löste sich in dem Moment auf, als Allen schon los gestürmt war. Hitomi’s Gedanken wirbelten wie wild im Kopf herum, nur noch überschattet von der Angst um Van, die sie nach wie vor lähmte. Die weißen Federn rieselten immer noch herab, schwebten in das Licht und verschwanden dann plötzlich… Irgendwo auf der Erde würden sie wieder auftauchen… „Mach es jetzt, Brisaeye…“, flüsterte Merle dann, kaum zu verstehen. Und doch nahm Hitomi aus den Augenwinkeln wahr, wie Brisaeye sich auflöste und verschwand. „Was ist hier los?“, fragte Hitomi so sacht, dass sich ihre Lippen kaum bewegten und gerade so laut, dass Merle sie hören konnte. „Brisaeye hat sich entschieden, kurz nachdem wir hier ankamen… Anstatt nach den Gymilefs zu sehen, ist sie an den Eingang zurückgekehrt, nur um dort zu sehen, wie Allen gerade mit seinen Männern durch das Licht gestolpert kam. Sie teilte mir dies mit und wir hatten gerade mal ein paar Augenblicke Zeit uns abzusprechen und zwar in dem Moment, als Van den Drachenherzstein auf dem Siegel anbrachte.“ Sie hielt inne, weil einer der Soldaten, der vorerst genug von der Folterszene über seinem Kopf hatte, zu ihnen herüber blickte. Sein nachdenklicher Blick lag ein oder zwei Sekunden auf Merle, nur um dann wieder nach oben zu wandern. „Allen wird gleich hier sein… Und dann hoffe ich, dass das Schicksal es gut mit uns meint…“ Merle wollte offenbar noch weiter sprechen, zuckte aber dann heftig zusammen, als ein heftiger und Lauter Schmerzensschrei durch die Gemäuer zuckte. Hitomi vergaß den Griff um ihre Kehle, ließ ihren Kopf nach oben schnellen und musste sehen, wie sich Van in der einen Faust des Gymilefs krümmte und immer wieder stöhnende Geräusche von sich gab. Sein linker Flügel hing ihm schlaff über die Schulter… „Sie hat ihn gebrochen! Alexis hat den Flügel gebrochen!“, schrie Baijne und stimmte sogleich in ein gackerndes Lachen ein. Hitomi dagegen musste ihren Brechreiz unterdrücken und sich darauf konzentrieren, aufrecht stehen zu bleiben, denn ihre Knie waren bei Van’s Schrei butterweich geworden und drohten einzuknicken. „Brich den anderen auch noch! Dann sehen sie wenigstens gleich aus!“, forderte Baijne weiter, immer noch lachend. Dornfels sagte gar nichts, starrte einfach nur zu Van hinauf, mit seinem üblichen, siegessicheren Grinsen im Gesicht. Ungesehen von alledem, materialisierte sich Brisaeye wieder zu Hitomi’s Linken und schluckte hart, als sie Vans schlaffen und gebrochenen Flügel sah. Merle lockerte den Griff um ihre Kehle etwas und sie konnte nicht anders, als endlich das heraus zu schreien, was ihr schon seit Minuten durch den Kopf raste. „VAN! Vergiss deine Flügel! Lass DICH nicht brechen!“ Denn ich werde dich retten…, fügte sie im Gedanken hinzu. Sie wusste nicht, ob Van sie gehört hatte… und doch… Die weißen, leuchtenden Federn fielen jetzt schneller zu ihnen herab, wurden immer zahlreicher… Und tatsächlich! Sie sah, wie sich die Flügel an Van’s Rücken auflösten, sich ergeben zurückzogen. Jetzt wurde Dornfels’ Gesichtsausdruck wieder ernst. „Alexis!“, rief er. „Zerquetsch ihn…“ Allen’s Lungen brannten wie die Hölle, als er in den Lichtdurchbrochenen Säulengang der Kathedrale eindrang und schon von weitem sehen konnte, was auf ihn zukam. Aber er ignorierte den Schmerz, sah nur das Ziel vor Augen und ließ seinen Körper und seinen Geist das tun, worin er schon immer gut gewesen war: kämpfen. Alles vergessen, die Konzentration auf das Schwert in der Hand legen, die Sinne schärfen und sich durch nichts ablenken lassen… Er schlängelte sich geschickt durch die Beine der Gymilefs, sah das Licht und erspähte endlich ein bekanntes Gesicht: Hitomi. Ohne nachzudenken brüllte er los, mit der Absicht, jeden zu fällen, der sich ihm in den Weg stellen würde… Bei Dornfels’ letzten Worten fühlte sich Hitomi’s Brust an, als würde sich innerlich ein Knoten bilden. Ihr Herz schlug schneller, ihr Atem setzte aus und sie konnte nur zu Van hinauf starren. Er lag erschöpft in der metallenen Faust des Gymilefs und auch wenn seine Flügel sich wieder zurückgezogen hatten, so sah es aus, als wäre sein Wille bereits gebrochen. Sein dunkler, erdfarbener Blick verband sich für einen schrecklichen, langen Moment mit dem ihren. Sie verstand ihn genau… Er wollte ihr sagen, dass sie leben sollte, dass sie nicht aufgeben sollte, dass er sie liebte… Hitomi schüttelte energisch den Kopf, konzentrierte sich wieder aufs atmen und sandte Van mit ihren Blicken zurück, dass er das vergessen konnte. Nicht ohne ihn! Im nächsten Moment riss Brisaeye ihren Kopf herum und stürzte unvermittelt los, auf ihren eigenen Bruder zu. Irgendwo hinter Hitomi schallte ein tiefer, grollender und angriffslustiger Schrei durch das Gemäuer und brachte Merle dazu, ihre Kehle loszulassen. Alles geschah viel zu schnell! Hitomi drehte sich um, erspähte aus den Augenwinkeln wie Allen durch die Beine der Gymilefs stürzte, mit erhobenem Schwert, dessen Klinge im endlosen Licht aus der Mitte der Kathedrale leuchtete. Hinter ihm vernahm sie weitere Schemen, Schritte und Schreie. Dann bekam sie einen Stoß, wohl von Merle. Unfähig, sich auf irgendetwas zu konzentrieren, stolperte sie in Richtung von Kagou und Nora. Langsam realisierten auch alle Anderen, dass etwas nicht stimmte. Die Gymilefs versuchten sich zu bewegen, stießen aber nur mit dumpfen Erschütterungen an die mächtigen Steinsäulen. „Hitomi! Tu was ich dir gesagt habe!“, brüllte Merle sie an. Was hatte sie ihr denn gesagt? Was sollte sie denn tun? Verwirrt sah sie, wie Allen, der Ritter des Himmels zwischen den Beinen eines Gymilefs hervor trat und den ersten Zaibacher Soldaten scheinbar ohne Skrupel nieder stach. Der junge Mann hatte es nicht einmal geschafft, rechzeitig nach seinem Schwert zu greifen, als er auch schon mit erstauntem Gesichtsausdruck zu Boden ging. Mehrere Männer kamen Allen nach und stürzten sich auf die verdutzten Zaibacher. Hitomi konnte nicht weiter hinsehen, sie musste nicht weiter hinsehen. Sie erhaschte einen Blick auf Dornfels, dessen Gesicht steif und ausdruckslos geworden war. Baijne war von seiner Seite verschwunden und nicht mehr zu sehen. Wo war Brisaeye? Wo war der Rest des Volkes? „HITOMI!!!“ Merle schrie ihr noch einmal zu, sie stolperte wieder vorwärts und stand plötzlich vor dem schwarzen Katzenmenschen, der sich mit Nora zurück an die Wand gedrängt hatte. Er stand jetzt unter einem der langen Fenster, wodurch auch von draußen noch dieses gleißende, fremde Licht in die Kathedrale herein drang. Es gab seinem Fell den Anschein, zu leuchten… „Komm nicht näher!“, schrie er Merle an. „Das hättest du wohl gerne! Gib mir meine Tochter!“, fauchte Merle zurück und ließ damit nicht an ihren Absichten zweifeln. „Niemals!“ Merle starrte ihn an, ließ ein tiefes Knurren aus ihrer Kehle rollen und fuhr ihre langen, scharfen Krallen mit einem bedrohlichen Klicken aus den Fingern. „Lass sie gehen, Kagou…“, knurrte sie noch einmal und ging dabei wie automatisch in eine geduckte Angriffspose, jederzeit zum Sprung bereit. Ihre Augen waren keine blauen Tiefen mehr, unergründlich und fern, sondern die eines Raubtiers. Zu Hitomi’s Überraschung war es jetzt Nora, die sich regte. Sie schien aus ihrer ewigen Trance zu erwachen und sah sich bestürzt um. Scheinbar passierte das, wenn Kagou nicht ständig auf sie einredete… Ihre seltsamen, durchscheinenden Augen betrachteten die Szenerie um sie herum, sahen das endlose Licht und den Kampf, der sich irgendwo hinter ihnen abspielte. Kagou bemerkte dies jetzt ebenfalls, setzte erschrocken damit an, Nora wieder in dieser anderen Sprache zu umgarnen und in eben jenem Moment war er unaufmerksam: Merle stieß sich vom Boden ab und sprang mit einem gewaltigem Satz und einem energischen Fauchen auf ihn zu. Kagou hatte gerade noch Zeit, Nora hinter seine Beine zu schieben, als Merle ihm auch schon aus ein Stück schwarzes Fell vom linken Ohr abwärts wegkratzte. Der Katzenmann schrie mit Schmerzen auf, ging aber sogleich in den Gegenangriff über. Er fuhr ebenfalls seine Krallen aus, sprang auf Merle zu und die beiden verknoteten sich zu einem knurrenden und fauchenden Bündel. Hitomi aber sah nur noch Nora. Das kleine Mädchen hatte sich bis zum Äußersten an die Wand gedrängt und starrte entsetzt auf das sich rollende Katzenbündel. Jetzt musste etwas passieren… Und es lag in ihrer Hand… Sie war keine Kämpferin, das war ihr klar… Sie konnte weder mit einem Schwert noch mit einer anderen Waffe sinnvoll umgehen. Aber mit Menschen konnte sie umgehen… Vorsichtig trat sie ein wenig näher, bis sie nur noch einen knappen halben Meter von Nora entfernt stand. Sie kniete sich nieder und zwang das Mädchen, ihr in die Augen zu sehen. „Nora… Nora, sie mich an…“, bat sie. „Erinnerst du dich an mich? Mein Name ist Hitomi… Ich war vor ein paar Wochen mit König Van de Fanel bei euch im Katzendorf… Und ich bin eine gute Freundin deiner Mutter…“ Das hoffte sie zumindest… Nora schien nicht recht zu wissen, wo sie hinsehen sollte, was sie von alledem halten sollte, doch sie flüchtete sich glücklicherweise in Hitomi’s Blick. „Ihr seid gegen den Türstock gerannt…“, flüsterte sie und nickte zaghaft. „Das stimmt…“, erwiderte Hitomi und konnte nicht verhindern, bei der Erinnerung an diesen dummen Umstand zu lächeln. „Aber es geht mir wieder gut…“ Sie rückte ein Stück näher und fasste Nora sanft an den Schultern. „Erinnerst du dich daran, was diese Leute mit dir gemacht haben? Dass du von deinem Zuhause weggebracht wurdest...?“ Wieder nickte Nora zaghaft. „Onkel Kagou sagte, dass er mich auf eine Reise mitnimmt…“ „Ich wurde ebenfalls von meinem Zuhause weggebracht. Hierher, genau wie du… Dein Onkel Kagou hat dir nicht ganz die Wahrheit erzählt… Er wollte nicht mit dir auf eine Reise gehen, er wollte nur deine Augen haben…“ Nora versteifte ihre kleinen Schultern vor Schreck. „Du weißt, dass du eine besondere Gabe hast, oder?“, fragte Hitomi vorsichtig. „Ja“, meinte Nora, „aber Mama sagt immer, dass es nicht gut ist, sie zu benutzen…“ „Das stimmt… Aber heute brauchen wir sie!“ Hitomi rückte noch ein Stück näher. Sie war zuversichtlich, dass sie das Vertrauen des Mädchens schon soweit gewonnen hatte, um sich ihr ganz zu nähern. „Siehst du das Licht dort oben?“ Sie wandte sich ein wenig um und zeigte auf die Lichtsäule. Dabei bekam sie auch wieder einen Blick auf die Kampfszene, die sie für ein paar Minuten fast komplett ausgeblendet hatte… Kagou wälzte sich immer noch mir Merle über den Boden, Allen stieg gerade über eine sich ergebenden und am Boden kauernden Soldaten und wandte sich einem neuen Gegner zu… Einem vom Volk! Plötzlich waren alle wieder aufgetaucht, materialisierten sich direkt vor Allens Mannschaft und lösten sich wieder auf, sobald diese angriffen. Auch Allens Schwert durchschnitt nur einen Hauch von flimmernder Luft, als er auf Binnjae einhieb. Am Verwunderlichsten war allerdings, dass sich die Gymilefs offenbar zurückzogen… Hitomi spürte nur die Erschütterungen ihrer Schritte, als sie sich aus der Kathedrale hinaus bewegten, sah sie aber schon nicht mehr… Sicher, sie hatten hier absolut keinen Einfluss auf den Kampf, aufgrund der eingeschränkten Bewegungsfreiheit. Nur der schwarze Gymilef, besetzt mit Kommandant Alexis, war noch hier… Und Van war immer noch in ihrer eisernen Faust. Was tat Dornfels? Er stand inmitten des Getümmels, offensichtlich wieder etwas zuversichtlicher als bei Allens überraschendem Angriff. Und er suchte etwas… Und fand es sogleich, als er Hitomi erspähte. Obwohl sie endlich zu Nora durchgedrungen war, schien ihn dies nicht zu beunruhigen, denn er lächelte sein übliches, gewinnendes Lächeln. „Alexis! TU ES JETZT!“, schrie er dann. Hitomi hörte es weniger, als dass sie instinktiv… fühlte was er sagte… Ohne weiter darüber nachzudenken, wandte sie sich wieder Nora zu. Sie musste sich jetzt konzentrieren… Vielleicht konnte sie es verhindern. Es blieb nicht viel Zeit… Van konnte jede Minute zerquetscht werden und sobald das Volk die Lust am spielen verlor, würden auch Allen und seine Männer in Gefahr schweben. „Nora… Du musst mir helfen! Mir, deiner Mutter und überhaupt allen! Du bist die einzige die das kann…“ Nora schreckte kurz zusammen. „Mama! Wieso kommt Mama nicht her!“ Hitomi beugte sich näher zu ihr. „Du musst keine Angst haben… Deine Mama hat mich beauftragt für sie zu sprechen… Denn sie tut gerade alles, um dich zu befreien…“ Hitomi deutete noch einmal auf die Lichtsäule. Irgendwo dahinter erschallte jetzt erneut ein lauter, schmerzverzerrter Schrei. Van’s Schrei… „Nora!“, beschwor Hitomi sie noch einmal eindringlich. „Du musst Van helfen! Bitte hilf ihm!“, flehte sie. Nora’s Augen schienen noch größer zu werden, als sie ohnehin schon waren. Sie sah Hitomi eindringlich an, lud sie ein, in ihre Augen einzutauchen… Es war ein seltsamer Moment. Hitomi konnte ihren Blick nicht abwenden, sie spürte nicht einmal mehr wirklich die Berührung, mit der Nora ihre kleine, flauschige Hand an ihre Wange legte. Sie sah nur noch die kristallenen Augen… Hitomi stand in einem Garten. Aber nicht in irgendeinem Garten… Sie kannte ihn. Sie kannte die marmorne Bank, unter der sich das Laub vergangener Jahreszeiten türmte. Sie kannte die wuchernden Büsche und Bäume und die Kelchartigen weißen Blüten, die sich dazwischen immer wieder ihren Weg an die Oberfläche suchten. Die Vision war so echt und originalgetreu, wie schon lange keine mehr. Sie ging ein paar Schritte und hörte neben dem stetigen gurren und zwitschern der Vögel plötzlich etwas anderes: Kinderlachen. Neugierige trat sie aus der Laube und schritt den Kiesweg entlang, wie sie es schon öfter getan hatte. Die alten, atlantischen Steinfiguren schienen noch bemooster zu sein als sonst und doch machte der Garten einen fröhlicheren Eindruck als üblich. Sie hörte wieder Kinderlachen und als sie sich ein wenig nach links wandte, war dort ein kleiner Junge mit schwarzem, wuscheligem Haar, vielleicht 5 oder 6 Jahre alt, der sich hinter einer der Statuen versteckte. Er kicherte in einer Tour und lachte zwischendurch immer wieder laut auf. Der Grund dafür waren die Rufe eines Mannes. Dieser kam jetzt den Kiesweg entlang, schaute sich scheinbar neugierig nach links und rechts um, ging immer wieder langsam und trödelnd um die Steinsäulen herum und rief den Namen des Jungen. Sie hatten beide dasselbe schwarze, wuschelige Haar… Hitomi’s Knie wurden weich wie Butter und ihr Herz schlug schneller. So deutlich hatte sie eine Vision noch nie wahrgenommen! Aber vielleicht war es gar nicht ihre Vision. Dort wo eben noch ein der Steinsäulen gestanden hatte, stand jetzt Nora, in demselben prächtigen Gewand, das Dornfels ihr anfertigen hatte lassen. Sie lächelte ein wenig. „Das ist es doch, was du sehen wolltest, nicht wahr?“ Dann löste sich die Szenerie abrupt auf… Hitomi musste zweimal blinzeln, um zu realisieren, dass sie sich wieder in der wirklichen Welt befand. Das war keine Vision gewesen… Nora hatte sie mitgenommen, auf eine kurze Reise in die Zukunft… So etwas hatte sie noch nie gefühlt, bei keiner ihrer Visionen… Sie hatte alles gerochen und gehört, hatte alles gefühlt als wäre sie wirklich dort gewesen, im Schlossgarten von Farnelia. Wie hatte Nora das nur gewusst? Noch vor einer halben Stunde hatte sie nichts mehr gewollt, als ihre und Van’s Zukunft zu sehen… Und jetzt, wo sie nichts mehr wollte, als Van zu retten, hatte Nora sie ohne nachzufragen einfach mitgenommen… Van! Sein Name zuckte wie ein Blitz durch ihren Kopf und sie wandte erschrocken den Kopf hinauf zu ihm. Ihre schlimmste Befürchtung war, dass bereits jeder Funke Leben von ihm gewichen war, doch es war ganz anders… Nora tat offenbar etwas… Sie setzte ihre Fähigkeit ein, die Zukunft zu ändern. Denn alles stand still. Es war, als hätte jemand die Pause-Taste gedrückt. Sie sah Dornfels, der nur einen knappen Meter von ihr entfernt stand, seinen Mund zu einem erstaunten Oh! geformt. Allen stand mit dem Rücken zu Binnjae, das Schwert erhoben, nichts ahnend, dass dieser mittlerweile ebenfalls eine Klinge in der Hand hielt. Merle stand erhaben über Kagou, der hilflos die Arme über seinen Kopf hielt. Sie hatte ihm auch noch das andere Auge ausgekratzt. Baijne war wieder aufgetaucht, das Gesicht wutverzerrt und die Fäuste gegen seine Schwester gerichtet, gegen Brisaeye, die sich nach wie vor mutig gegen ihn stellte, obwohl ihr linker Arm schlaff und scheinbar gebrochen an ihrer Seite hing. Und Van. Van war eingeklemmt in den riesigen Fingern der Kampfmaschine, das Gesicht Schmerzverzerrt. „Nora! Kannst du etwas tun?“ Sie flüsterte nur, so tief beeindruckt war sie von den Fähigkeiten dieses kleinen, rothaarigen Mädchens. Nora erwiderte nichts. Sie schien abwesend, genau wie Stunden zuvor, als sie ihre Mutter vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Ihre kristallenen Augen wanderten langsam zu Allen. Hitomi wandte ihren Blick ebenfalls wieder dorthin und sah, wie sich wie durch Zauberhand das Schwert aus Binnjaes Hand wand und zu Boden fiel. Erst dann wandte sich Nora’s Blick hinauf zu Van. Auch dort änderte sie allein durch ihren Willen das Geschehen: Die Finger des Gymilefs krümmten sich auf, bogen sich auf groteske Weise um 180° nach hinten, sodass sie völlig unbrauchbar wurden. Van lag jetzt frei… „Danke…“, hauchte Hitomi und erhaschte gerade noch einen Blick auf das langsame, kaum sichtbare Blinzeln von Nora, als die Zeit endlich wieder zu laufen begann. Ihr war egal, dass damit auch wieder der Lärm des Kampfes einsetzte, dass Allen mit einer geschickten Drehung von Körper und Klinge den völlig verdutzten und Schwertlosen Binnjae in den Bauch stach, ihr war auch egal, dass Merle’s Krallen unbarmherzig auf Kagou’s Kehle niederstießen und dass Brisaeye mit einem lauten Knall zu Boden geschleudert wurde. Erst recht war ihr egal, dass Dornfels sie im selben Augenblick von Nora weg riss und sie unbarmherzig in Richtung der Lichtsäule zog. Van war außer Gefahr… Das war das Wichtigste. Hitomi fühlte nichts mehr, spürte nur einen ziehenden Schmerz am Arm, der wohl von Dornfels’ unbarmherzigem Griff stammen musste. Sie wollte nicht weg von hier, sie wollte Nora nicht alleine lassen… Aber was konnte sie schon tun… Ohne Erfolg stemmte sie ihre Beine in den Boden und sträubte sich gegen Dornfels’ Griff. Der Präsident aber ließ sich nicht erweichen. Ein wildes Grinsen lag in seinem Gesicht, als er sie vor die Lichtsäule schleifte. „Es ist zwar nicht alles nach Plan verlaufen… Aber dennoch… Ich lasse mich nicht aufhalten! Ich werde diese Welt neu erschaffen und in das 21te Jahrhundert führen, unmittelbar mit der Erde verbunden!“, säuselte er vor sich hin. „Und du kommst mit mir…“ Sein eidechsenartiger Blick schien sie für einen Moment zu durchdringen, dann trat er ohne Vorwarnung in die Lichtsäule und zog Hitomi hinter sich her. Was sollte das? War es ihm egal was mit seinen Männern geschah? Ließ er einfach alles so zurück? Selbst für diese Gedanken war es zu spät. Hitomi spürte, wie ihr Körper unendlich leicht wurde, sich von der Wärme des Lichts durchströmen ließ und schließlich von der Kuppe des Siegels abhob. Sie strebte an Dornfels’ Seite aufwärts und sah nichts anderes, als das Licht. Dieses verfluchte, endlose Licht. Was war mit den Anderen? Was war mit Van? War er wirklich gerettet? Sie würde es nicht erfahren. Es gab kein Zurück mehr für sie. Sie war in der Lichtsäule gefangen. Unwiderruflich. --------------------------------------------------------- Nachwort: puah. endlich geschafft! ^^ das nächste kapitel, nein eigentlich die nächsten beiden, werden zwar auch nochmal ein herausforderung für mich sein, aber das schlimmste ist überstanden... mann mann. was man alles beachten muss, mit all diesen charas... ich hoffe, euch leuchtet die szenerie ein. ich weiss nicht, ob es richtig raus kommt, dass dort in der kathedrale wirklich ein Kampf um leben und Tod stattfindet... Bis jetzt sieht es für all meine liebsten ja noch gut aus... aber wer weiß? es kann ja noch alles mögliche passieren... ABER: keine angst. Ich bin ja nicht JK Rowling... ich steh nicht sonderlich drauf, alle tollen charas sterben zu lassen... Sind eh schon genügend gestorben in dieser Geschichte... Ich warte gespannt auf eure meinungen. Bis zum nächsten Kapitel. Chiyo-san ps: Danke an Sarah Mclachlan. Ihre musik hat mich diesmal aus dem Schreib-tief gezogen... Kapitel 38: Zurück ------------------ danke für eure schönen kommis! gut zu wissen, dass ich noch schreiben kann... manchmal glaub ich das selber nicht mehr... hier kommt auch schon das nächste kapitel, wenn auch sehr kurz geraten diesmal. (nicht beta-gelesen... mal wieder.) viel spaß beim lesen! ------------------------------------------- Kapitel 38: Zurück Zögerlich wagte Van es, doch noch einmal seine Augen zu öffnen, weil der plötzliche Druck um seinen ganzen Körper aufgehört hatte. War er bereits tot? Spürte er einfach nichts mehr, weil er bereits nicht mehr existierte, fühlte er sich so an, der Tod? Doch was er sah, war sicherlich nicht das Jenseits. Außer jenes Jenseits sah genauso aus wie der Ort, an dem man zuletzt gewesen war… Er sah kaum mehr als die Lichtsäule, die sich durch die Mitte der Kathedrale erstreckte. Da er auf dem Bauch lag, konnte er ein wenig mehr erkennen, als es sonst von seiner erhöhten Position möglich gewesen war, doch hinter dem Licht verschwamm jede Gestalt nur zu einem flüchtigen Schemen. Vorhin hatte er geglaubt, Hitomi gesehen zu haben, doch er konnte sich nicht sicher sein. Dennoch hatte er versucht, all seine Kraft und seine Gedanken zu ihr hinunter zu schicken. Wenn er schon sonst nichts tun konnte…. Auch jetzt konnte er Hitomi nur erahnen. Wenn er also nicht tot war, musste irgendetwas passiert sein. Er versuchte sich zu bewegen, stellte aber zu seinem Entsetzen fest, dass er wie gelähmt war. Er spürte seinen Körper, er spürte jeden Zentimeter davon. Trotzdem wollte er ihm nicht gehorchen. Augenblicklich schnürte ihm eine Welle der Panik die Kehle zu. Vielleicht war er wirklich zerquetscht worden, soweit, dass er zwar noch lebte, aber seine Glieder nicht mehr spürte… Nervös und völlig durcheinander, blickte er wieder nach unten. Irgendetwas stimmte nicht… Die Schemen bewegten sich nicht mehr, geschweige denn, dass sie Geräusche verursachten, wie noch vor 5 Sekunden. Dort unten tobte schließlich ein Kampf… Und der konnte nicht lautlos vonstatten gehen… Probeweise schloss er seine Augen noch einmal, öffnete sie wieder und dann, mit einem Ruck war wieder alles da: Der Kampf, die Geräusche und seine eigene Bewegungsfreiheit. So als hätte jemand den Fluss der Zeit unterbrochen und mit einem Schlag wieder angetrieben. Im Bruchteil einer Sekunde strömte alles auf ihn ein. Ohne weiter nachzudenken, drehte er sich um und versuchte sich wieder aufzurappeln. Es war noch etwas geschehen… Die riesigen Finger des Gymilefs, die ihn eben noch unbarmherzig gequetscht hatten standen nun in völlig unbrauchbare Winkel nach unten ab. Er starrte die beiden grünen Schlitze am Kopf der Maschine an, hinter denen sich wohl Kommandant Alexis befinden musste. Offenbar war dieser so schockiert vom Anblick der eigenen Hände, dass er eine weitere Sekunde brauchte, um zu realisieren, was passiert war. Erst dann kam wieder Bewegung in die Maschine… Van spürte die Vibration unter seinen Füssen und musste mit Schrecken sehen, dass die gebrochenen Finger begannen sich ganz langsam wieder zu einer zähflüssigen Masse zu verformen. Doch diesmal dauerte es wesentlich länger, so als müsste sich Alexis besonders anstrengen. Van musste von hier verschwinden, und zwar sofort. Er hatte keine Ahnung, welcher Macht er es zu verdanken hatte, dass der Zaibacher Gymilef dabei unterbrochen wurde ihn zu Pastete zu verwandeln, aber falls er es herausfinden sollte, würde er sich erkenntlich zeigen… Er presste seine Lippen zusammen, konzentrierte sich mit aller Kraft auf seinen Körper, bis seine lädierten Flügel aus dem Rücken hervor brachen… Er ließ es sich nicht nehmen, sich vor dem unbekannten Kommandanten neckisch zu verbeugen, der den Gymilef gerade komplett in Bewegung gesetzt hatte und versuchte, mit der linken Hand nach ihm zu schnappen, während die Rechte sich wieder materialisierte. Doch Van war schneller gewesen… Zweimal ließ er sich nicht fangen… Er ließ sich elegant nach hinten fallen und breitete seine Schwingen aber nur halb aus. Mit einer schnellen Kurve tauchte er unter den rotierenden Armen des Gymilefs hindurch und umrundete die Lichtsäule. Endlich nahmen die Schemen wieder Gestalt an: Er sah Merle und Nora, Allen, das Volk und ein paar vereinzelte Soldaten. Doch wo war… Er ließ seinen linken Flügel kurz einsacken, um die Lichtsäule noch einmal zu umkreisen, schwang sich wieder ein wenig höher hinauf und sah sie endlich. Sie stand am Fuß der Säule, fest im Griff von Dornfels und ohne dass er es verhindern konnte, zog der Präsident sie in das helle, warme Licht hinein. Hitomi resignierte. Es hatte keinen Sinn mehr, sich gegen Dornfels’ Griff zu wehren. Wenn sie mit etwas Erfahrung hatte, dann mit dieser Lichtsäule... Es gab kein Zurück… Vorerst nicht. In ihrem Kopf spann sie bereits mehr oder weniger gute Pläne, wie sie zurück auf der Erde Dornfels überrumpeln konnte und einfach durch das Licht zurückgehen würde. Wenn auch nur ein Funken Hoffnung bestand, dass Van sich retten konnte, musste sie es versuchen! Sie blickte ein letztes Mal nach unten, nahm nur noch in verzerrten Umrissen die Oberfläche des Siegels wahr. Alles andere war bereits im Licht verschwunden… Dann musste sie die Augen zusammenpressen, um nicht in Tränen auszubrechen. Wie konnte sie jetzt gehen? Wie konnte sie gehen, ohne Van gesagt zu haben, wie sehr sie ihn liebte? Dass er Vater wurde? Dass es nicht ging ohne ihn… Es fühlte sich bereits an, als wäre alles vorbei. Van überlegte nicht lange. Er schlug kräftiger mit den Flügeln, um wieder etwas an Höhe zu gewinnen. Seine gekrümmten Federn streiften die Kathedralenwand, als er den weitmöglichsten Bogen um die Lichtsäule herum zog. Dann stieß er in das Licht hinein. Er wusste, dass er Hitomi finden würde, dass er sie immer finden würde… Das Licht hatte ihn einst zu ihr geführt. Aber er würde sie sich diesmal nicht wieder nehmen lassen. Plötzlich spürte sie eine Erschütterung. Panisch öffnete Hitomi ihre Augen und nahm gerade noch die Veränderung der Lichtsäule war, so als hätte sie für einen kurzen Moment geflackert. Und dann, völlig unerwartet, prallte etwas gegen ihren Rücken und zwei starke Arme umschlossen ihre Taille. Automatisch wurde ihre Hand von Dornfels’ losgerissen und Van stieß mit ihr wieder aus dem Licht hinaus, ohne den Präsidenten auch nur noch einmal anzuschauen. Er tauchte ein in das Licht und sah sie sofort. Ihr schwebender Körper war direkte vor ihm und er konnte nicht anders, als innerlich zu jubeln. Dornfels war für ihn gar nicht mehr existent… Er war nur froh, seine Hitomi endlich wieder in die Arme schließen zu können. Hitomi vergaß Augenblicklich ihre trüben Gedanken und legte ihre Arme fest um Van’s. Er hatte sie gerettet! Er hatte sie zurückgeholt! Es kam ihr vor wie in einem Traum, so wie sie jetzt mit ihm zu Boden segelte. Sie hörte Van’s Flügel heftiger Schlagen, als er versuchte, die Landung so weich wie möglich zu machen. Sie stolperten ein oder zweit Meter dahin und Hitomi wäre sicherlich noch weiter gestolpert, hätte Van sie nicht festgehalten. Als sie endlich zum stehen kamen, drehte sich Hitomi sofort in Van’s Umarmung um, schlang ihre Arme um seinen Hals und presste sich erleichtert an ihn. „Van! Gott sei Dank…“ Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Beides gleichzeitig schien auch zu gehen… Die Tränen ließen sich nun nicht mehr halten und rannen ihr ungehindert die Wangen hinab. Gleichzeitig atmete sie erleichtert auf, lachte und küsste Van überglücklich. „Oh Hitomi… Endlich…“, seufzte er nur, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie ungestüm. Es tat so gut, ihn endlich wieder bei sich zu haben. Obwohl nur ein paar Tage vergangen waren, ihr kamen sie vor, wie ein paar Jahre… Van küsste sie noch einmal, dann drückte er sie sacht von sich… „Für eine Sekunde dachte ich, alles wäre vorbei…“, meinte er leise. Hitomi lächelte leicht und musste sich zwingen, nicht in seinen schönen, dunklen Augen verloren zu gehen. „Es ist auch noch nicht ganz vorbei…“, seufzte sie. „Wir müssen noch etwas tun…“ Sobald sie von Dornfels losgerissen ward, war ihr wieder etwas eingefallen, was dieser erst Stunden zuvor zu ihr gesagt hatte: Wir werden das echte Siegel dort installieren, es aktivieren und dann wird sich uns das Tor zur Erde öffnen, dauerhaft und ohne wieder zu verlöschen, außer jemand entfernt die aktivierende Kraft… „Was denn?“, fragte Van. „Jemand muss den Drachenherzstein wieder entfernen…“ Van nickte nur. „Dann komm…“ Seine Flügel strichen über ihr Haar und ihren Rücken, als er sie neben sich her zog. Seltsamerweise hatte der Kampf aufgehört. Merle saß neben dem Leichnam von Kagou, ihre kleine Tochter fest im Arm und die gleichen erleichterten Tränen in den Augen, wie Hitomi. Allen’s Männer hatten ein paar Soldaten eingekreist und starrten jetzt mit erhobenen Schwertern zu ihnen herüber. Allen selbst verharrte im Kampf mit einer Frau aus dem Volk und selbst Baijne hatte seinen Feldzug gegen seine eigene Schwester eingestellt. Alle Anwesenden starrten ehrfürchtig auf den Engel, der wieder unter ihnen wandelte, genauso wie schon eine halbe Stunde zuvor. Es war jedes mal wieder tief bewegend, den Anblick dieses fremden und doch irgendwie vertrauten Wesens zu sehen… Dem letzten seiner Art. Der Engel, ihr Engel, zog sie jetzt zum Licht, das immer noch summte und strahlte, völlig unbeeindruckt von dem, was um es herum geschehen war. „Es wird Zeit, Dornfels in seine Schranken zu weisen…“ Hitomi wusste nicht, was er damit meinte. Wie wollte er Dornfels jetzt noch schaden? Der Präsident war auf dem Weg zur Erde… Sobald er das obere Ende der Kathedrale passierte hatte, würde alles ganz schnell gehen… Das wusste sie aus eigener Erfahrung… Am Anfang stieg man noch langsam auf und dann nach 40 oder 50 Metern ging alles ganz schnell. Ehe man sich dann versah, stand man schon mit beiden Beinen wieder auf festem Boden. Van würden diese Informationen wohl auch nicht sonderlich interessieren, denn er ging Zielstrebig an die Lichtsäule, kniete sich davor nieder und schaute Hitomi mit diesen dunklen, mittlerweile so vertrauten Augen an. „Was hast du vor?“, fragte sie endlich. „Ich werde den Drachenherzstein entfernen… Wie du gesagt hast. Und Dornfels… Wird einfach verschwinden…“ „Verschwinden? Was meinst du damit? Und woher willst du das wissen?“ Van legte seinen Kopf kurz schräg, so als suchte er nach einer scharfsinnigen Antwort, doch er seufzte nur. „Ich weiß es einfach…“ „Woher?“, hackte Hitomi nach, die sich im Moment nichts Schlimmeres vorstellen konnte, als dass Dornfels wieder zurückkam. Das war immer noch logischer, als dass er einfach „verschwand“… Van lächelte matt. „Vertraust du mir?“ „Ja“, erwiderte sie. „Dann wird alles gut werden…“ Mit diesen Worten langte er in das Licht hinein, bis sein Arm vollständig eingetaucht war, bis es plötzlich verlosch. Die Lichtsäule war vollständig verschwunden. Fassungslos starrte sie auf Van, der den schimmernden, purpurnen Drachenherzstein in seiner Hand hielt und sich wieder vom Siegel aufrichtete, welches auf einmal irgendwie glanzlos und unscheinbar aussah. „Das war’s“, sagte Van. „Dornfels ist weg. Für immer.“ ------------------------------------------------ Nachwort: Also, nur ums eins klarzustellen, wenn in diesem und im letzten kapitel irgendwelche fragen eurer-seite auftauchen, ich verspreche, dass diese noch beantwortet werden. ansonsten gibts zu diesem kapitel nicht viel zu sagen... Van und Hitomi haben sich endlich wieder und ich habe versucht, alles so realistisch wie möglich zu schreiben, hitomis freude und sorge zugleich, der kurze augenblick der zweisamkeit... aber es ist noch nicht überstanden... das nächste und damit vorletzte kapitel dieser Geschichte folgt bald! ^^ lg, Chiyo-san Kapitel 39: Sturm (part I) -------------------------- so, lang lang hats gedauert! ^^ tut mir echt leid... aber da waren prüfungen... dann kirwa... dann urlaub... keinen kopf zum schreiben, leider... aber jetzt mach ich mich wieder ran. will auch die restlichen kapitel bald fertig haben... Viel spass erstmal mit diesem hier. ich hoffe ihr verliert nicht den durchblick, bei dem was alles passiert... ^^ ---------------------------------------- Kapitel 39: Sturm (part I) Kobe stand am Fenster des Kontrollraums, nachdem er von einem aufgeregten Steuermann aus dem Schlaf gerissen worden war und begutachtete mit Staunen den gleißenden Lichtstrahl, dessen Ursprung irgendwo hinter diesen Klippen liegen musste, dort wo er ihn nicht sehen konnte. Er hatte nur von Erzählungen von diesem Phänomen gehört… Dass er das Weltenlicht einmal mit eigenen Augen sehen würde, hätte er nie gedacht… Das Licht war die Verbindung zum Mond der Illusionen, genauso so war auch Hitomi gereist… „Faszinierend…“, murmelte er. „Ich fände es faszinierender zu wissen, was dort draußen vor sich geht…“, sagte der Steuermann düster und presste seine Stirn gegen die kalte Scheibe, an der nach wie vor der Regen entlang strömte. Sie starrten noch eine Weile schweigend auf das Licht, als es plötzlich erlosch. „Was – “, fragte der Steuermann ins Leere und war sogleich wieder hellwach. „Was passiert da nur?“ Kobe konnte ihm keine Antwort geben. Seine Aufgabe war es zu warten… Zu warten und zu helfen, wann immer er gebraucht wurde… Hitomi hatte keine Zeit mehr, Van all die Fragen zu stellen, die ihr im Kopf herumspuckten. Mit dem Verlöschen des Lichtes war auch die vorherige Düsternis in die Kathedrale zurückgekehrt und tauchte die Szenerie wieder in unheimliches Zwielicht. Inmitten dieses Zwielichtes bewegte sich etwas und sobald sich Hitomi’s Augen wieder an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, erkannte sie auch was es war: Baijne und seine Stammesmitglieder hatten sich zu den Füßen des schwarzen Gymilefs zusammen geschart und starrten jetzt geschlossen zu ihr und Van herüber, der wieder schützend vor sie getreten war. Hinter ihnen hörte sie ebenfalls Schritte, wohl Allen und seine Männer, die näher traten. Hitomi musste resigniert feststellen, dass sie nicht einmal Zeit gefunden hatte, sich richtig nach Allen, Nora oder Merle umzusehen, schon standen sie wieder vor einer neuen Gefahr. Dornfels war vielleicht …verschwunden, aber es gab immer noch seine Gymilefs… und das Volk des flüsternden Windes. Hitomi rechnete mit dem Schlimmsten. Wie würde Baijne nun handeln? Würde er angreifen, sich für den Tod von Binnjae rächen? Sie wusste, wie stolz der Häuptling war… Dornfels war nicht mehr, es gab jetzt keinen Grund mehr, warum er für dessen Sache einstehen sollte… Vorerst jedenfalls fixierte er Van nur grimmig und sagte: „ Es ist noch nicht vorbei, Van de Farnel…“ „Das glaube ich auch…“, erwiderte Van ebenso grimmig. „Hör auf zu kämpfen! Es ist vorbei!“, mischte sich Brisaeye mit beschwörendem Blick auf ihren Bruder ein. Sie taumelte leicht und zwang sich scheinbar mit Leibeskräften, ihren gebrochenen Arm zu ignorieren. Nur ihr schmerzverzerrtes Gesicht verriet sie. Baijne aber ignorierte sie einfach. „Oh nein, es fängt gerade erst an…“ Seine schwarzen Augen wurden zu gehässigen Schlitzen, als sich sein übliches finsteres Lächeln in seinem Gesicht ausbreitete. „Dornfels hat für jeden Fall vorgesorgt…. Wenn ihm irgendetwas zustoßen sollte, übernimmt Kagou die Führung. Nachdem der aber auch nicht mehr ist…“, säuselte er und warf einen bedauerlichen Blick auf den schwarzen Katzenmenschen, der im Schatten der Säulen nur noch als Fellberg in einer Lache von dunklem Blut auszumachen war. Hitomi schmerzte der Anblick fast ein wenig und sie wandte sich mit geschlossenen Augen ab. „Und so bin ICH es, der das Sagen hat!“, feixte Baijne. „Hör auf damit! Unser Volk hat schon genug Schaden angerichtet!“, beschwor Brisaeye ihn. „Schweig! Du hast unser Volk verraten! Du bist keine mehr von uns, elendes Halbblut!“ Wie schon beim ersten Mal zuckte das schwarze Mädchen bei diesem Wort unbewusst zusammen. „Es wäre besser, Ihr würdet auf das Mädchen hören.“, meinte auch Van, was ihm aber nur ein weiteres Grinsen von seinem Gegenüber einbrachte. „Ich werde euch vernichten… So wie Ihr Könige früher mein Volk vernichtet habt… Farnelia und Astoria sind erst der Anfang. Wenn ich mit diesen Gymilfes (er deutete auf den einzigen Verbliebenen hinter sich) von dieser Insel wegkomme, sind auch alle anderen Reiche dran!“ Seine Augen weiteten sich fast freudestrahlend. Man konnte förmlich spüren, wie ihn der Wahnsinn überkam… „Das ist aber nicht unbedingt nach Dornfels’ Plan…“, murmelte Hitomi gerade so laut, dass das Volk es noch hören konnte, selbst in der verwunschenen Kathedrale. „Dornfels’ Plan!“, spottete Baijne. „Seine Pläne waren mir schon immer völlig egal… Seine Idee von einer neuen Welt war für mich absolut unverständlich…“ Er verlagerte sein Gewicht und zog mit seiner linken Hand sein schmales Schwert aus dem Schaft seines Stiefels. Der Schmuck in seinen Haaren klimperte bedrohlich. Seine Leute hinter ihm fingen ebenfalls an in Kampfhaltung zu gehen: geduckt, den Feind im Visier. „Ich will Rache… Sonst nichts…“ Hitomi spürte die unheimliche Energie, die von Baijne ausging… Angstschweiß kroch ihr über den Rücken, obwohl Van vor ihr stand und sie beschützen würde, egal was kam. Van spürte diese Kraft scheinbar auch nur allzu deutlich. Der Kampf war noch nicht vorüber… die Gefahr war nach wie vor vorhanden, vielleicht sogar stärker als zuvor. „Zieht euch zurück!“, schrie Van, fast zur gleichen Zeit, als Baijne „Greift an“ brüllte. Ein heftiges Durcheinander brach aus. Das Volk löste sich auf, Brisaeye machte nur eine Sekunde später einen großen Schritt auf Merle und Nora zu, berührte sie, verschwand mit ihnen in flimmernder Luft, nur um keine 8 Meter weiter wieder vor Allen und seinen Männern aufzutauchen. „Haltet euch an mir fest!“, schrie sie unter Schmerzen. Hitomi starrte sah nur noch flüchtig und wacklig wie sich die große Personengruppe ins Nichts auflöste, denn Van hatte sie schon längst gepackt und war mit ihr und dem Drachenherzstein wieder abgehoben. Seine Flügel schlugen heftig um seinen Körper und sie stiegen langsam höher. Als sie auf der Höhe der schmalen Augenschlitze des Gymilfes waren, materialisierte sich Binjae auf dessen Haupt. „So kommt ihr mir nicht davon!“, brüllte er und sprang mit erhobener Klinge auf sie zu. Van war aber diesmal gerissener. Er verwarf sein Vorhaben, durch das schmale Loch in der Kuppel zu fliegen, sondern klappte seine Flügel ruckartig ein und ließ sich fallen. Hitomi’ s leerer Magen machte einen unangenehmen Hüpfer und wurde erneut herum gerissen, als Van seine Flügel wieder spannte und einen der Säulengänge entlang segelte. Binjae’s wütende Schreie waren noch kurz zu vernehmen, dann war es still. „Die werden wir bestimmt gleich wieder sehen…“, sagte Van laut. Er zog Hitomi noch enger an sich und als sie endlich ins freie stießen, flog er einen Bogen, gewann wieder an Höhe und folgte der Straße, die sie gekommen waren, zurück zum steinernen Torbogen auf dem Mosaik-Platz. Van’s Muskeln waren bis aufs äußerste gespannt. Das Schlagen seiner Flügel musste ihn unheimlich viel Kraft Kosten, noch dazu mit ihrem Gewicht in den Armen… „Geht es dir gut?“, fragte Hitomi gegen das laute Geräusch der Flügelschläge. „Du bist bei mir… Natürlich geht es mir gut…“, sagte Van und obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, so konnte sie sich sein warmes Lächeln doch gut vorstellen. Sie legten die Strecke um vielfaches schneller zurück, als sie zu Fuß gebraucht hatten. Aus der Luft war das alte Atlantis gar nicht mehr so beeindruckend wie von unten. Die Dächer der Häuser wirkten glanzlos und fahl. Auch der pulsierende, farbenfrohe Himmel schien hier oben zum Greifen nahe zu sein, nicht so fern und unerreichbar als noch zuvor. Hitomi war mehr als froh, als sie endlich den Platz vor sich sah, in dessen Mitte das unscheinbare Steintor stand. Van ging in einen sanften Sinkflug und segelte mit wild schlagenden Flügeln direkt durch das Tor. Von einer Sekunde auf die Andere befanden sie sich mitten im altbekannten, warmen Licht, wurden davon durchdrungen und anschließend auf der anderen Seite ausgespuckt. Van stemmte sich breitbeinig in den schlammigen Boden, der mittlerweile den ganzen Felsenkessel bedeckte. Ihr persönlicher Engel schlug noch einmal mit seinen Flügeln, dann kamen sie zum Stillstand. Hitomi wollte Van wieder etwas Armfreiheit geben, doch der dachte nicht daran. Er zog sie an seine Seite und formte seine Flügel automatisch zu einen kleinen Dach über ihren Köpfen. Es regnete immer noch in Strömen, das war das erste Merkmal dafür, dass sie sich wieder in der wirklichen Welt befanden. Hier war der Himmel nicht farbig, sondern nach wie vor dunkelgrau und Wolkenverhangen. Hier gab es keine Mosaike auf dem Boden, sondern nur ein matt schimmerndes Siegel, das allmählich im Schlamm zu versinken drohte. Und hier gab es nicht diese seltsame, uralte Stille wie sie über Atlantis lag… Hier prasselte der Regen. Und man hörte Stimmen, zumindest bildete Hitomi sich das ein. „Hörst du das?“, fragte sie Van und sie lauschte in den Regen hinein, der innerhalb des Felsenkessels seltsam nachhallte. „Los! Wir müssen uns beeilen!“, erwiderte Van nur und zog sie an der Hand mit sich. Was sie beide gehört hatten, waren Schreie und laute Rufe, wie von einem Befehl. Hitomi rannte hinter Van her durch den schmalen Spalt im Fels und merkte nun erst, wie erschöpft und ausgehungert sie war. Allmählich neigten sich ihre Kräfte dem Ende zu… Kobe starrte weiterhin aus dem Fenster, nicht sicher auf was er eigentlich wartete, während der Steuermann wieder einmal einen Kontroll-Rundgang machte. Er hatte auf dem Schiff der Zaibacher nichts Brauchbares gefunden, außer „einen Haufen Papier“, wie er es bezeichnete. Kobe würde es sicht nicht nehmen lassen, einen Blick auf diesen Haufen zu werden, sobald diese Sache vorbei war. Er dachte halb über Dornfels, halb über die Befindlichkeit seines Königs und Hitomi nach, als schon wieder mehrere Dinge gleichzeitig passierten: Irgendwo über im, vermutlich vom Deck, erschallte ein lauter, erschütternder Schrei; direkt unter seinem Fenster tauchte aus dem Nichts eine ganze Gruppe Menschen auf und ein Blitz erleuchtete den Himmel für den Bruchteil einer Sekunde. Kobe konnte sehen, wie die Gruppe, darunter definitiv kein König aber dafür Allen Shezar, unter dem Schiff verschwand. Kurz darauf hörte er dumpfes Fußgetrappel, welches sofort den gesamten Schiffskörper erfüllte. Besorgt schritt er zur Tür, öffnete sie, nur um im nächsten Augenblick Allen gefolgt von Merle, ihrer Tochter und dem ehemaligem Zimmermädchen Brisaeye hereinstolpern zu lassen. „Was tut SIE hier?!“, rief Kobe empört und zeigte ohne Scham mit ausgestrecktem Finger auf das schwarze Mädchen. „Sie hat uns gerade das Leben gerettet, Kobe…“, erwiderte Allen finster und half Brisaeye auf den nächsten Stuhl. Sie ließ sich ohne umschweife darauf plumpsen und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Ihr Gesicht wirkte fahl und blass, trotz ihrer dunklen Haut. Dennoch konnte Kobe seinen Blick kaum von ihr abwenden, da es das erste Mal war, dass er sie in ihrer „anderen Gestalt“ sah: Der bunte Holzschmuck, die Körpermalereien… Der absolute Gegensatz zur Farnelschen Zimmermädchen-Kluft, die er noch an ihr in Erinnerung hatte. Allen erhob sich wieder und rieb sich geistesabwesend über die Stirn. Er wirkte abgekämpft, mit seinen zerzausten, nassen Haaren, schien jedoch nicht verletzt zu sein. Im Gegensatz zu Brisaeye, deren rechter Arm auf seltsame Weise an ihrer Seite herab hing. „Kobe… Kannst du etwas für mich tun?“, fragte Allen dann. „Natürlich… Alles was Ihr wollt…“, antwortete Kobe gewissenhaft. „Kümmere dich um das Mädchen… Ihre Verletzung muss versorgt werden… Und sie sollte sich hinlegen…“ Kobe blickte auf sie hinab. Er wusste nicht, was er denken sollte… Allen schien ihn sofort zu durchschauen: „Sie ist keine Verräterin mehr… Sie war es vielleicht einmal… Aber sie hat im Gegenzug ihr eigenes Volk verraten und gegen ihren Bruder gekämpft… Ohne ihren Mut wären wir alle schon tot… Das gleicht jede ihrer früheren Fehler aus.“ Kobe nickte nur. „Ich bringe sie in meine Kabine…“ „Ich werde auch helfen, wo ich kann….“, klinkte sich nun auch Merle ein, die bisher relativ still gewesen war und ihre Tochter fest an sich gedrückt hielt. Kobe nickte wieder und wollte Brisaeye schon aufhelfen, als ihm noch etwas einfiel: „Wo ist König Van? Geht es ihm gut?“ Allen schaute finster drein. „Vorhin ging es ihm noch gut… Ich hoffe, das hat sich nicht geändert…“ „Und Fräulein Hitomi? Was ist mit ihr?“, wollte er weiter wissen. Als Antwort legte sich sacht eine weiche Hand auf seine Schulter. „Ich werde euch alles erzählen…“, meinte Merle leise, „Aber lasst uns erst das Mädchen hier wegbringen…“ Allen nickte wieder und wollte sich gerade selbst wieder umwenden, als hinter ihm der Steuermann in den Raum platzte. „Kommandant! Wir sind umzingelt!“, schrie er. „Umzingelt? Von wem?“, fragte Allen argwöhnisch, wobei ein Schimmer in seinen Augen bereits zu ahnen schien, um wen es sich handelte. „Gymilefs! Überall! 20 oder mehr! Sie sind ganz plötzlich und leise aus dem Meer aufgetaucht! Ich habe sie eben vom Deck aus erspäht!“ Dann war er es wohl gewesen, der so geschrieen hatte. „Dann geht es jetzt los… Hol dir eine Waffe… Wir treffen uns draußen…“, ordnete Allen an und verschwand nach einem letzten Blick in Richtung Kobe aus der Tür. Nach ein paar Metern stolperten Hitomi und Van aus dem Schatten des Felsens wieder in den ströhmenden Regen hinaus und blieben wie versteinert stehen. Die Szenerie, die sich ihnen bot, konnte auch nichts anderes fordern: Die Crusardor, Allens Flugschiff, war umzingelt von 15 oder 20 Zaibacher Gymilefs, die ein paar Meter über dem Meeresspiegel schwebten und vom Sturm umpeitscht wurden. Die Rufe, die sie zuvor gehört hatten stammten von Allen, der seinen Männern durch das höllische Regengeräusch Befehle zurief. Sie alle hatten offenbar sofort nach Ankunft nach ihren Waffen gegriffen und versuchten jetzt, eine Verteidigung aufzubauen. Aber wo war Brisaeye? Hitomi konnte sie nirgendwo erkennen, genauso wenig wie Merle und Nora… „Hitomi!“ Van holte sie aus ihren Gedanken, indem er sich zu ihr umdrehte, sie an den Schultern packte und sie zwang, ihm in die Augen zu schauen. Sie tat nichts lieber als das… Vans dunkle, warme Augen waren ihr einziger Halt in diesem Sturm… „Hitomi! Ich will dass du dich in Sicherheit bringst! Geh in die Crusardor und warte diesen Kampf ab! Ich habe mir zwar geschworen, dich nie wieder aus den Augen zu lassen, aber ich MUSS Allen beistehen! Ich kann nicht zulassen, dass dieser Baijne in seinem Wahnsinn alle meine Freunde vernichtet…“, sagte er, lauter als es normalerweise nötig war. „Van! Lass mich mit dir gehen! Ich kann dir helfen, so wie früher!“, flehte Hitomi im Gegenzug. Wenn ihm etwas passierte… Sie würde nicht leben können wenn er tot war… Wenn es einen Kampf gegen würde – und das war so gut wie sicher – wollte sie an seiner Seite sein! „Hitomi…“, sagte er noch einmal und seine Stimme brach bebend ab. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah sie intensiv an. „Das kann ich nicht zulassen… Dir darf nichts passieren… Du musst leben!“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er das sagte und seine Augen waren von Schmerz und Reue überschattet. Wenn Hitomi es nicht besser wüsste, klang es fast so, als wüsste Van bereits, dass er Vater werden würde… Eine Nachricht, die sie ihm immer noch nicht mitteilen hatte können, in all der Aufregung. Auch wenn seine Worte reiner Zufall waren: Er hatte Recht… Sie konnte ihr Leben nicht aufs Spiel setzen, jetzt wo sie sein Kind in sich trug. Vielleicht war jetzt der letzte Moment, ihm alles zu sagen, Lebewohl zu sagen… Auch wenn sie zugleich betete, dass es nicht soweit kommen würde. „Van…“, setzte sie an, als hinter ihnen ein krachendes Geräusch erschallte, wie von einem Donnerschlag. Schlagartig drehten sie sich beide um und sahen gerade noch, wie der schwarze Gymilef, der noch Minuten zuvor Van fast mit seinen Händen zerquetscht hätte, aus dem dunkelgrauen Wasser schoss und sich an die Spitze seiner Gefährten platzierte. „Sieh, dort!“, haucht Hitomi und zeigte auf Bewegung, die sie im nächsten Moment auf dem Dach der schwarzen Perle ausmachte. Es waren Baijne und seine Leute, die sich dort postierten und erhaben über die Szenerie blickten. Bedeutete das, dass sie gar nicht selber kämpfen würden? Dass sie den Gymilefs dabei zusehen würden, wie sie gegen Allen, Van und die Anderen antraten? „Van! Geh! Hilf Allen! Aber pass auf dich auf… Wenn ich dich nicht im Ganzen wieder zurückbekomme, werde ich sehr böse sein…“ Sie versuchte zu lächeln und ihre Worte ein wenig ironisch klingen zu lassen, was ihr allerdings eher schlecht als recht gelang. Van sah sie noch einmal an, mit einem so intensiven Blick seiner Augen, dass ihr fast schwindelig wurde, ehe er wieder ihr Gesicht umklammerte und sie hart und leidenschaftlich küsste. Sie konnte nicht mehr atmen, nicht mehr denken… Da war nur noch Van, obwohl Regen und Wind immer noch um sie herum peitschten. Wie konnte sie ihn schon wieder gehen lassen? Sie wollte nur bei ihm sein, genauso von ihm geküsst und geliebt werden… Sie war der Kämpfe eindeutig überdrüssig. „Ich liebe dich!“, sagte sie leise, als sie sich von ihm löste. „Ich liebe dich noch mehr…“, erwiderte er, spannte seine Flügel und schwang sich mit einem Satz in die Höhe. Er wurde ein Stück weggeweht, gewann dann schnell wieder die Kontrolle und verschwand hinter dem Klippenvorsprung. Verschwand aus Hitomi’s Blickfeld. Van konnte nicht glauben, was er da gerade tat… Er verließ Hitomi schon wieder, um in den Kampf zu ziehen... Er hatte sich sosehr für sie erhofft, ihn nie wieder kämpfen sehen zu müssen, doch als er jetzt Escaflowne durch den Regen hindurch erspähte, wusste er, dass er keine andere Wahl hatte. Er war der König von Farnelia… Er war der letzte Erbe des Drachenvolkes… Und er war der einzige, rechtmäßige Besitzer des Drachen… Es musste kämpfen, es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Er wusste es in seinem Innersten Denken und spürte es in seinem ganzen Körper: Das Adrenalin durchströmte ihn, sein Blut pulsierte und seine Hände konnten es kaum erwarten sich um die Steuerknüppel der Escaflowne zu schließen. Er konzentrierte sich darauf, seine Flügel wieder verschwinden zu lassen und aktivierte Escaflowne mit dem Drachenherzstein, den er nach wie vor in seiner Rechten hielt. Zu sehen wie dieser dann im schönsten Purpur aufleuchtete, war für Van wie ein Willkommensgruß. Escaflowne hatte seinen Herrn wieder. Sie würden diesen Krieg gemeinsam verhindern… irgendwie…. Hitomi rannte mit gerafften Röcken den Hang hinab und zwang sich panisch weder an Van zu denken, noch sich in irgendeiner Form den Gymilefs beeindrucken zu lassen. Sie hatte ihre Augen gesenkt, um sie vor dem Regen zu schützen und sah deshalb nicht, dass sie direkt in Allen hinein rannte. Erst als er sie an den Schultern packte, fuhr sie erschrocken zusammen. „Hitomi! Geht es dir gut?“, fragte er atemlos und blinzelte ein paar Regentropfen aus seinen Augen. „Ja!“, antwortete sie. „Wo ist Van?“ Sie musste gar nichts darauf antworten. Allen wusste auch so, beim Blick in ihre Augen, was los war. Er nickte nur. Sein Blick schweifte dabei kurz über die Klippenwand hinter ihr. Dann fixierte er sie mit seinen tief-blauen Augen uns sah sie eindringlich an. „Geh an Bord… Misch dich nicht ein… Ich weiß, dass du das gerne tust, Hitomi… Aber hier kannst du nicht helfen….“ Hitomi wusste, was er ihr damit sagen wollte, allerdings überrollte sie gerade in diesem Moment eine Welle der Panik. „Zwei Gymilefs gegen 20?! Wie zum Teufel wollt ihr das schaffen, Allen?!“, schrie sie ihn an, wobei sie mit einer fahrigen Geste in Richtung Sheherazade deutete, die zusammengesackt in einer Schlammpfütze saß. Allen presste seine Lippen aufeinander, rang um eine sinnvolle Antwort, die es ganz sicher nicht gab. „Hab ein bisschen Vertrauen…“, sagte er matt, ließ sie dann los und schob sie in Richtung Crusardor davon. „Geh, Hitomi! Schau nicht zurück…!“ Aber Hitomi schaute zurück. Sie sah Allen, ihren guten Freund Allen, von so edler Gestalt, von so edler Herkunft, in seinen Gymilef steigen und wünschte sich, sie hätte auch ihm noch gesagt, was er ihr bedeutete… Van trat mit Escaflowne an den Rand der Klippe, als sich im selben Moment Allen zu ihm gesellte. Sie mussten noch lauter schreien als gewöhnlich, um sich durch den Lärm des Sturms hindurch zu verständigen. „Lass uns das schnell hinter uns bringen…!“, rief Van und zog an dem Hebel, der seinen Gymilef-Händen sein Schwert offenbarte. Es gab das typische, zischende Geräusch, als das Schwert aus dem Rücken kam und er griff sogleich danach. Allen war bereits bewaffnet und blickte erwartungsvoll auf die Gegner unter ihnen. Es war seltsam… Obwohl Van wusste, dass er sterben konnte, war er mit einer vollkommenen Ruhe erfüllt… Vor Stunden hätte er niemals so weit gedacht, dass es wirklich noch zu einem Kampf kommen würde... Aber da hatte er auch noch nichts von Dornfels’ kleiner Armee gewusst. Er starrte erwartungsvoll auf die feindlichen Linien, wo sich auch endlich etwas tat: Kommandant Alexis im schwarzen Riesen befahl mit einem Wink zwei seiner Kumpanen, anzugreifen. Die silbernen, geschmeidigen Körper schnitten durch den Regen auf Van und Allen zu. Der Angriff kam direkt und frontal: Der eine Gymilef kam mit angewinkeltem Ellenbogen direkt auf Van zugesteuert, die Hand bereits zu einer scharfen, blitzenden Klinge geformt. Van wich aus und versuchte den Gegner mit seinem Schwert den Arm ab zu hieben, jedoch bekam er nicht mehr genug Schwung, sodass sein Schwert nur mit einem dumpfen Geräusch wieder von der silbernen Oberfläche absprang, anstatt hindurch zu schneiden. Er musste sich konzentrieren, auf die Dinge, die ihm einst Hitomi beigebracht hatte… Er spürte ihr Amulett schwer auf seiner Brust liegen und stellte sich das Pendel in seinem Kopf vor. Von wo aus würde der Gegner angreifen? Von der Seite? Von hinten? Er schloss kurzzeitig die Augen und das Pendel schlug sogleich aus. Von hinten! Escaflowne duckte sich, machte dabei eine elegante Drehung um die eigene Achse und Van hackte mit voller Wucht auf die Fersen der Maschine ein, dort wo bei einem Menschen die Achilles-Sehne wäre. Ein unschönes Geräusch erklang und sein Schwert durchschnitt die Beine mit einem Hieb. Mit einem knarrenden Geräusch fiel der Körper nach hinten um und Van war sofort da, um auch noch den Rest zu erledigen: Der Drachenherzstein musste vernichtet werden, erst dann war der Gymilef besiegt… Er hob den Schwertknauf über seinen Kopf, die Spitze über der glimmenden, grünen Brust des Gegners und stieß zu. Als das Schwert die schützende Kapsel um den Stein durchbrach, fing auch der Pilot endlich an zu schreien, aber es war schon zu spät: Der Drachenherzstein war bereits in zwei Hälften zerteilt und leuchtete nicht mehr. Van zog das Schwert mit einem Ruck wieder heraus und lockerte seine Glieder. Der Schweiß stand ihm bereits auf der Stirn und seine Arme fühlten sich schwer und träge an. „Verdammter Regen…“, murmelte er zu sich selbst. Die Zaibacher Gymilefs waren für jedes Element gemacht, sogar für das elende Wasser, was Escaflowne’s alten Gliedern bereits zu schaffen machte. Wenn das so weiter ging, würde der Drache an Ort und Stelle verrosten… Er hatte kaum Zeit, auszuschnaufen, als auch schon wieder zwei Gymilefs nachrückten. Allen wurde immer noch von dem ersten auf Trab gehalten… Es sah schon jetzt nicht gut aus… Sie beide waren gute Kämpfer, hatten sicherlich mehr Erfahrung als alle Zaibacher zusammen… Allerdings besaßen sie eindeutig die besseren Gymilefs. Ohne Hilfe, würden sie es nicht schaffen. Ganz klar. Hitomi stand am Fenster des Steuerraums in der Crusardor und blickte bang zu den Klippen hinüber. Sie hatte sich bereits vergewissert, dass es Merle, Nora und Brisaeye gut ging. Dass Kobe hier war und sich um sie kümmerte, beruhigte sie etwas. Obwohl sie sich wohl besser ebenfalls mit etwas anderem hätte ablenken sollen, konnte sie doch nicht anders, als zu den Klippen hinüber zu starren und zu versuchen, so viel wie möglich vom Kampf mitzubekommen. Gerade flogen wieder zwei Zaibacher hinauf… Sie wusste, dass Van noch lebte… Aber wie lange noch? Wieso dachte sie überhaupt daran? Hatte sie nicht erst vor einer knappe Stunde eine Zukunftsvision mit Nora’s Augen gesehen… Eine schöne Vision… Eine, in der Van lebte, Van und sein Sohn… Geistesabwesend fuhr sie sich über den Bauch, der sich schon viel härter anfühlte, auch wenn es vielleicht nur Einbildung war. Keine Einbildung war allerdings das Knurren ihres Magens, welches so laut war, dass man es wohl bis nach draußen hören musste. Auch wenn jetzt wohl der unpassendste Zeitpunkt für eine Mahlzeit war: Sie durfte nicht nur an sich denken. Schweren Herzens wandte sie sich vom Fenster ab und machte sie auf den Weg zu Kobe’s Zimmer. Dort lag Brisaeye mit fahlem Gesicht im Bett, ihren Arm notdürftig geschient, an ihrer Seite gerade Kobe, der ihr mit einem feuchten Tuch den Schweiß von der Stirn wischte. „Sie hat Fieber… Und auf diesem Schiff gibt es nichts, was ihr helfen könnte…“, grummelte Kobe, sichtlich entzürnt über so wenig Verantwortungsbewusstsein von Seiten Allens. „Nicht auf diesem Schiff… Aber vielleicht auf einem Anderen…“, sagte Merle, die ihre Tochter immer noch im Arm hielt. Kobe seufzte. „Ich habe es schon einmal gesagt: Ihr werdet dort nicht hinüber gehen! Es ist viel zu gefährlich!“, fuhr Kobe sie ein wenig harsch an. Für Merle schien das nichts Neues zu sein. Diese Diskussion schien schon während ihrer Abwesenheit angefangen zu haben… „Kobe hat Recht, Merle…“, musste Hitomi mit einem resignierten Blick auf Brisaeye zugeben. „Wir haben kein Recht, dort hinaus zu gehen, nicht wo Allen und Van gerade ihr Leben für uns riskieren…“ Merle bleckte kurz ihre Zähne, schluckte eine Bemerkung aber hinunter. Erneut erfüllte ein Knurren von Hitomi’s Magen den ganzen Raum. „Auch wenn das grade nicht sehr angebracht ist, aber wo kriege ich etwas zu essen her?“, fragte sie verlegen. „Ich besorge euch etwas…“, sagte Kobe sofort, wischte seine feuchten Hände an seinem Umhang ab und richtete sich auf. „Nein! Kobe! Wirklich nicht… Ich kann doch – “, begann sie. Kobe unterbrach sie mit ernstem Blick: „Sie bleiben hier… Ich habe Allen Shezar versprochen, zu helfen wo ich nur kann… Ihr seid am Ende eurer Kräfte, ich nicht… Also setzt euch hin und seid still!“ Hitomi ließ sich ohne Widerrede und vollkommen verblüfft zu Brisaeyes Fußende nieder, als Kobe auch schon aus dem Zimmer hinaus fegte. „Wow… So hab ich ihn ja noch nie erlebt…“, sagte sie ehrfurchtsvoll. Merle grinste bitter. In ihren dunkelblauen Katzenaugen funkelte der Schalk. „Tja, er nimmt seine Aufgabe eben sehr ernst…“ Hitomi wollte fast mit einem Lächeln erwidern, als Brisaeye plötzlich leidvoll aufstöhnte. Hitomi war sofort alarmiert. „Brisaeye? Hast du Schmerzen?“, fragte sie und kroch an ihr Kopfende, um ihr die Stirn zu fühlen. „Sie kocht, nicht wahr?“, fragte Merle hinter ihr. „Und wie…“, erwiderte Hitomi und machte sich daran, das Tuch zu wechseln. Merle ließ ein verärgertes Fauchen vernehmen. „Ich würde mich am liebsten raus schleichen… Ganz ehrlich… Ich bin mir sicher, dass in diesem Bunker drüber auch eine kleine Hausapotheke an Bord ist...“ Hitomi schüttelte den Kopf. „Tu’s nicht…“ Merle war jetzt neben ihr, Nora auf ihrem Schoß und funkelte Hitomi fast wütend an. „Ich bin es leid hier herum zu sitzen! Du glaubst doch wohl nicht allen Ernstes, dass Allen und Van gegen diese Kampfmaschinen ankommen! Ich will helfen! Und zwar zuallererst diesem Mädchen hier, die mit uns gekämpft hat…“, sagte sie leise. „Du hast schon genug getan, Merle…“, erwiderte Hitomi besänftigend und ein Bild des toten Kagou schoss ihr durch den Kopf. „Und du willst hier warten und essen, während Van da draußen stirbt? Danach sind wir an der Reihe, oder glaubst du etwa, dieser abscheuliche Baijne wird das hier nicht lieber eigenhändig beenden wollen?“ Hitomi knurrte jetzt ebenfalls, zwar nicht so bedrohlich wie ihre Katzenfreundin, aber dennoch ziemlich beeindruckend. Sie legte Brisaeye erneut das feuchte Tuch auf die Stirn und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Merle… Denkst du ernsthaft, dass ich diese Situation hier gerade genieße?! Van ist da draußen! Er kämpft! Er könnte sterben! Und ich sitze hier, mit seinem Kind in mir! Ich muss auch daran denken! Ich wäre nicht hier drinnen, wenn dieses wunderbare, ungeborene Kind nicht wäre!“ Von der Tür erklang ein lautes, ohrenbetäubendes Klirren, das alle drei zusammenzucken ließ. Es war Kobe, zu seinen Füßen die zerbrochenen Reste eines voll beladenen Tablettes. Seine grauen, weisen Augen waren vor Schreck geweitet und auf Hitomi gerichtet. Er hatte den letzten Teil ihres Gespräches wohl mitgekriegt… „Ich… ich… hole sofort ein neues…“, stammelte und drehte sich mit wehendem Umhang wieder um. Merle musste nun wirklich lachen. „Da hast du dem alten Mann aber einen ganz schönen Schreck eingejagt!“ Hitomi konnte nicht anders, als in ihre Lachen mit einzustimmen, auch wenn es schon noch Sekunden wieder verebbte. „Ja… Der arme Kobe… Jetzt muss er sich auch noch Sorgen um einen ungeborenen Prinzen machen…“, säuselte sie. Brisaeye stöhnte wieder und griff auf einmal mit ihrer gesunden Hand nach Hitomi’s Handgelenk. Hitomi fuhr erschrocken zusammen, als Brisaeye’s Gesicht im nächsten Moment direkt vor dem ihren war und ihre weit geöffneten, schwarzen Augäpfel sie unheilvoll anstarrten. „Sie kommen…“, sagte sie leise. „Wer kommt?!“ Es war Merle, die das fragte und sich näher an Brisaeye heran lehnte. „Mein… Bruder…“ Kaum hatte sie die Worte mühevoll ausgesprochen, flatterten ihre Augen und sie fiel erschöpft wieder in ihr Kissen zurück. „Natürlich… Sie hört ihre Stimme in ihrem Kopf…“, schlussfolgerte Hitomi und starrte entsetzt zu Merle hinüber. „Ich hab’s doch geahnt…“, sagte diese und stand auf. Sie ließ Nora zu Boden gleiten und nickte Hitomi viel sagend zu. „Wenn dein Hunger noch etwas warten kann, dann komm mit mir… Ich will nicht mit ansehen, wie Allen’s Männer von diesem Volk abgeschlachtet werden…“ „Aber wie willst du das verhindern?“, hackte Hitomi nach und stand ebenfalls auf. Merle blickte grimmig zu ihrer Tochter hinunter, die Hitomi seit ihrer Vision nicht mehr hatte sprechen hören. Nora war jedoch wieder voll da. Ihre kristallenen Augen waren nicht mehr glasig, sondern tauschten sich gerade wissend mit denen ihrer Mutter aus. „Ich glaube, wir brauchen noch einmal die Hilfe von Nora…“, sagte Merle matt. In diesem Moment tauchte auch Kobe wieder in der Tür auf, mit einem Tablett voller Köstlichkeiten. Auch wenn es nur Suppe, kaltes Fleisch und Brot waren, Hitomi hätte alles mit größtem Genuss verzehrt… Doch stattdessen ging sie jetzt hinter Merle hinaus, mit einem letzten sorgenvollen Blick auf Brisaeye. Sie hoffte wirklich, das Mädchen würde überleben, damit sie sich bei ihr bedanken konnte… „Was – “, setzte Kobe verwirrt an. Merle sah ihn im Vorbeigehen finster an und sagte: „Ich hoffe, du kannst die Suppe noch ein wenig warm stellen…“ Hitomi rannte hinter Merle her, nicht ohne Kobe noch einen entschuldigenden Blick zu zuwerfen. Die Rampe, die aus dem Schiff hinaus führte, war nicht weit und sie hetzten mit dem dumpfen Klang ihrer Schritte darauf hinunter. „Das sieht nicht gut aus…“, hörten sie Seygon, Allens ersten Offizier zwischen zusammengebissenen Zähnen sagen, als sie neben ihm zum stehen kamen. Sie wussten natürlich schon was er meinte: Baijne und sein Anhang. Es war ein komisches Bild… Saygon und die Männer, geschützt vom Wetter unter dem Bauch der Crusardor, das Volk ein paar Meter vor ihnen, mitten im Sturm. Der Regen peitschte durch ihr Haar, ließ ihre spärliche Kleidung flattern. Saygon registrierte viel zu spät, wer neben ihm stand, wurde dennoch wütend. „Was macht ihr hier draußen?! Der Kommandant hat mir extra aufgetragen, euch zu beschützen, und zwar nicht hier draußen!“ „Das hättest du dir früher überlegen sollen…“, kommentierte Merle. „Mädchen!“, erklang es von einer altbekannten Stimme, welcher sich Hitomi nur widerwillig zuwandte. „Ihr steht schon wieder auf der falschen Seite, finde ich…“ Baijne grinste sie an, mit seiner gruseligen Art, genau in dem Moment, als ein Blitz erneut den Himmel durchzuckte. Das passende Wetter, um das Volk noch gefährlicher wirken zu lassen… „Ich finde, ich stehe hier genau richtig!“, erwiderte Hitomi laut. „Das werden wir ja noch sehen…“ Baijne machte mit seiner Hand eine kleine Bewegung, dann griffen sie an. Sie kamen von allen Seiten, aus dem Nirgendwo, so wie man es von ihnen erwartete und hieben mit ihren filigranen Schwertern und Dolchen auf Allen’s Männer ein. Der Kampf flammte auf und Merle zog Hitomi und Nora wieder ein Stück zurück auf die Rampe. Die Katzenfrau kauerte sich neben ihre Tochter und sah sie eindringlich an. „Du musst noch einmal helfen, Nora… Auch wenn ich dir immer sage, deine Kräfte nicht zu benutzen… Heute brauen wir sie!“ Nora nickte andächtig, die kristallene Augen wissend und lebendig. „Beschütze uns… Beschütze Van und Allen, seine Männer… Ich bitte dich!“, sagte jetzt auch Hitomi, deren Gedanken von Van vollkommen eingenommen waren. Nora nickte und lächelte. Van spürte plötzlich eine Art Erschütterung. Sein Schwert surrte durch die Luft und blieb im Boden stecken. Er hatte seinen Gegner verfehlt… Er rechnete schon mit dem tödlichen Stich von hinten, doch es kam nichts. Schnell zog er seine Waffe wieder aus dem Morast und drehte sich zögerlich um, schwer atmend und nun am ganzen Körper schwitzend. Aber der Gymilef… griff nicht an… Er versuchte es, aber es sah eher aus, als würde er eine Tanzchoreografie einstudieren wollen, als wirklich gefährlich zu werden… Es sah aus, als würde ihn etwas blockieren… Natürlich! Er hatte diese Erschütterung schon einmal erlebt! Irgendetwas griff gerade wieder in den Fluss der Zeit ein, wenn er auch immer noch nicht herausgefunden hatte was... Diese ihm unbekannte, aber scheinbar hilfreiche Macht war stark, so stark, dass dieser riesenhafte Gymilef ihm nichts anhaben konnte. Auch als er sich in Richtung Allen wandte, sah er das Gleiche: Die beiden Gymilefs, die sich über Sheherazade hergemacht hatten, konnte ihr nichts mehr anhaben… Jedoch war Allen bereits verletzt… Er hatte vor ein paar Minuten seinen schmerzverzerrten Aufschrei vernommen, hoffte aber inständig, dass es nichts Lebensbedrohliches war…. So sicher wie Allen seinen stählernen Gefährten aber noch führte, konnte es nichts drastisches sein. Wichtiger war jetzt, zu handeln. Sie waren den Gymilefs im direkten Kampf zu zweit eindeutig unterlegen… „Allen!“, brüllte Van aus Leibeskräften. „Lass uns ein bisschen Fangen spielen!“ Hitomi war erneut aufs Tiefste beeindruckt von Nora’s Fähigkeiten. Baijne und seine Leute konnten nichts tun. Sie griffen immer wieder an, lösten sich auf, tauchten ein paar Meter versetzt wieder auf, aber es half nichts: Um das Schiff herum war eine art unsichtbare Mauer, nicht zu durchbrechen. „Wie lange kann sie es aushalten?“, fragte Hitomi und sah besorgt auf Nora hinab, deren Augen ins Leere blickten, ihre Hand fest in der ihrer Mutter. „Nicht sehr lange… Sie greift an mehreren Stellen in das Geschehen ein… In ein sehr impulsives Geschehen… Es kostet sie viel Kraft….“ „Wie lange?“, wollte jetzt auch Saygon wissen, dessen Männer vor Staunen immer noch mit offenen Mündern herum standen. „10 Minuten… Maximal…“ Hitomi nickte. „Ich werde an Deck gehen… Vielleicht habe ich dort einen besseren Blick auf Van…“ Sie hob ihre Röcke an und beeilte sich, ihren Plan umzusetzen. Als sie die Tür zum Deck öffnete, peitschte ihr erneut der Regen entgegen. Heute würde sie wohl nicht mehr richtig trocken werden… Sie versuchte ihre Augen abzuschirmen und irgendetwas über den Klippen zu erkennen… Aber der Sturm schien nur noch schlimmer geworden zu sein: Die grauen Wolken hingen tiefer über der Insel, es blitze und donnerte ohne Unterbrechung und der dichte Regen verschlechterte die Sicht. Hitomi arbeitete sich Schritt für Schritt zur Reling vor, als sie auf einmal doch etwas sah… Zwei Schatten, die sich bewegten…. Wie zwei Schemen flogen sie durch die Luft, zogen einen weiten Bogen, weg von Hitomi, tiefer ins Land hinein. Vielleicht hatte Van die Zeit genutzt, um dem Drachen ein wenig Auslauf zu geben? Sie anderen zaibacher Gymilefs schienen ebenfalls in Bewegung zu geraten… Jedenfalls befanden sie sich nicht mehr an ihrem vorherigen Posten. Hitomi griff eilig nach der Reling und wurde unerwartet in eine Vision geschleudert. Das Altbekannte Gefühl von einen riesigen Gewicht an den Füßen zog sie nach unten in schwarzes Nichts, nur um sie dann mitten in der Luft wieder auszuspucken. Himmel. Wolken. Regen. Der Ort ihrer Vision unterschied sich kaum von der Realität. Doch was gab es hier außerdem zu sehen? Über ihr hingen graue Regenwolken, unter ihr tobte der Ozean. Aber links von ihr schienen sich die Wolken zu verdichten… Sie waren schwärzer… Es blitze und donnerte dort… Da waren auch Klippen zu sehen… Der Sturm! Der Sturm über der Insel! Hitomi sah ihn aus einer anderen Perspektive! War das schon alles? Der Inhalt dieser Vision? Noch als sie das fragte, zog mit einem ohrenbetäubenden Lärm ein Flugschiff direkt an ihrer Nase vorbei. Sie blickte nach rechts und da waren noch mehr! 10, 20, 50… Sie konnte sie nicht alle zählen… Flugschiffe, viele Flugschiffe! Direkt im Anflug auf die Insel… Hitomi rannte zurück, so schnell sie konnte. Die Treppe hinab, durch den Gang, die Rampe hinab. Keuchend kam sie vor Merle und Nora zu stehen. „Nora!“, rief sie. „Du musste noch etwas länger durchhalten! Bitte!“ „Was ist los?“, fragte Saygon argwöhnisch. „Wir bekommen jeden Moment Verstärkung…“ -------------------------------------------------- Nachwort: wie bei vielen anderen kapiteln zuvor: Entschuldigt eventuelle Reichtschreibfehler oder sonst was, es wurde nicht beta-gelesen. ausser von mir selbst und als autor überliest man selbst gern mal ein paar sachen... so, das kapitel war ursprünglich noch viel länger geplant, aber es is grad ne gute stelle zum aufhören... wird jetzt quasi einfach in zwei geteilt... ^^ es war mal wieder interssant zu sehen, wie eigenständig die charaktere handeln und sprechen... ich musste gar nicht viel tun, sie haben einfach alleine die geschichte weitergesponnen... gruselig... ^^ ach ja: mir ist gerade heute ein Fehler aufgefallen. Die Ankunft von Dryden und Co. habe ich ja eigentlich schon in kapitel 37 erwähnt, wer sich erinnert. das war eigentlich falsch... ein versehen! ^^ ich hab diesen kurzen Teil, aus kobe's Perspektive, auch grade raus gelöscht, also falls dies jemandem aufgefallen sein sollte, jetzt ist alles richtig. erstes auftauchen in diesem kapitel, bzw. in hitomis vision. auftauchen im nächsten dann. also. ich bemühe mich, schnell weiter zu schreiben... (aber erst nachdem ich Zettai Kareshi durchhab... ^^) über kommis und andere schöne dinge würde ich mich natürlich wieder sehr freuen... (kritik natürlich auch sehr willkommen... ich bin eigentlich nicht so zufrieden mit meiner schreiberei in letzter zeit...) mata ne, Chiyo Kapitel 40: Sturm (part II) --------------------------- so, ich habe mich wirklich beeilt, schnell die fortsetzung servieren zu können! danke für eure Kommentare... ^^ freut mich, dass viele von euch immer noch gerne live dabei sind... gabs zum letzten kapitel irgendwelche fragen? ich glaube nicht... jetzt lest erst mal!! ^^ ACHTUNG: Kapitel wieder nicht beta-gelesen, nur von mir selber. verzeiht mir eventuelle fehler... --------------------------------------------------------------- Kapitel 40: Sturm (part II) „Alexis!“, schrie Baijne aus Leibeskräften. „Formiert euch neu! Wir kriegen Besuch!“ Hitomi konnte sich nicht vorstellen, dass Alexis diesen Befehl durch Wind und Wetter auch nur ansatzweise hören würde. Außerdem war der schwarze Gymilef nicht einmal in Sichtweite… „Ich glaube, er kriegt ein wenig Panik…“, sagte Saygon gedämpft, der seine Männer um sich versammelt hatte, um sie über Hitomi’s jüngste Vision aufzuklären. Baijne wirkte tatsächlich ein wenig… unruhig… Selbstverständlich hatte er jedes Wort von Hitomi’s Bericht hören können, selbst über das Pfeifen und Ächzen des Sturmes hinweg. Jetzt wurde er offensichtlich ein wenig nervös… Ein Zustand, der eher selten bei ihm auftrat. Er ging vor der Crusardor auf und ab, wie ein Panther im Käfig, seine sehnigen, tätowierten Arme aufs äußerste angespannt. Seine Leute verschwanden immer mal wieder, tauchten wieder auf, um ihm etwas zuzuflüstern oder nur die Lage zu checken. „Könnte man meinen…“, sagte auch Merle und ließ ihre Eckzähne bei einem genüsslichen Lächeln aufblitzen, auch wenn sie ansonsten nicht viel zu lachen hatte. Nora ging es von Minute zu Minute schlechter. Obwohl sie nicht aufhörte, ihren Schutzwall aufrecht zu erhalten, sah man ihr die Anstrengung jetzt deutlich an: Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, ihre Wimpern fingen an zu zucken und die Hand in der von Merle war zu einer kleinen Faust zusammen gepresst. „Wie lange wird sie es noch halten?“, fragte Seygon erneut, der allmählich ebenso nervös wurde wie Baijne. „Muss ich das beantworten?“, knurrte Merle und funkelte ihn böse an. „Seid lieber ein wenig dankbarer, dass mein Kind euch eure Haut gerettet hat…“ Saygon hob abwehrend die Hände. „Meine Güte! Beruhigt euch…“ Er ging mit gerunzelter Stirn ein paar Schritte von Merle weg, sicherheitshalber… „Merle…“, sagte Hitomi besänftigend. „Es ist unglaublich, was Nora da gerade tut… Nimm es den Anderen nicht übel, dass nicht anders reagieren können, als mit… stiller Ehrfurcht…“, versuchte sie zu retten. Merle hob eine ihrer buschigen Augenbrauen an und wollte offenbar erneut etwas scharfzüngiges erwidern, als das Signal erklang, auf das sie alle gewartet haben: Das Horn. Saygon hatte ein, zwei Männer auf dem Deck postiert, die bei einer Veränderung am Himmel sofort mit dem Signalhorn Alarm schlagen sollten. Auch Baijne hielt jetzt inne, starrte noch einmal grimmig zu Hitomi hinüber und löste sich daraufhin in verzerrter Luft auf. Hinter Hitomi erklang wieder das Geräusch von sich schnell nähernden Schritten. „Saygon! Es ist wahr!“, keuchte ein sommersprossiger Astorianer und kam auf der Rampe zum stehen. „Sie hat die Wahrheit gesprochen!“, sagte er erneut und deutete mit dem ausgestreckten Finger auf Hitomi. „30, oder mehrere Schiffe brechen gerade durch die Wolkendecke! Und sie haben Gymilefs bei sich!“ „Wer ist es?“, wollte Saygon wissen, jetzt wieder voll konzentriert. Der Angesprochene japste, fast glücklich: „Dryden’s Handelsflotte… Die Garde von Astoria… Ich habe Fraids Flagge gesehen… Und da müssen noch mehr sein!“ „Das heißt, der ehrenwerte Dryden hat sich doch entschlossen, zu handeln!“ Hitomi fuhr herum. Der freudige Ausruf kam von Kobe, der jetzt in der Lukenöffnung stand, an seiner Seite Brisaeye, die sich bei ihm untergehackt hatte und mehr schlecht als recht aufrecht stand. „Kobe!“, rief Hitomi aufgebracht. „Wieso hast du Brisaeye hier raus gebracht?! Sie muss liegen bleiben!“ Sie hastete schnell an Brisaeye’s Seite und fühlte ihr die Stirn. „Sie kocht ja immer noch!“ „Es geht mir schon besser…“, widersprach Brisaeye und drückte ihre Hand bedächtig beiseite. Kobe zuckte mit den Schultern. „Sie hat mich angefleht, sie nach draußen zu bringen…“, sagte er und lächelte unschuldig. Brisaeye nickte bestätigend. „Sie hat den alten Herrn um den Finger gewickelt…“, kommentierte Merle und grinste ein wenig. Hitomi ignorierte sie geflissentlich. „Aber Brisaeye… Was willst du hier draußen? In deinem Zustand bist du keine Hilfe…“ Jetzt schüttelte sie den Kopf und schloss kurz ihre Augen. Das Sprechen schien sie sehr anzustrengen… „Ihr werdet meine Hilfe noch brauchen…“, presste sie zwischen den Zähnen hervor und durchdrang alle umstehenden mit ihren unheimlichen, schwarzen Augäpfeln. Hitomi hielt dennoch nicht viel davon. Sie konnte nicht leugnen, dass sich all ihre Abneigung gegen Brisaeye in der Kathedrale verpufft hatte. Sie wollte nicht, dass ihr etwas geschah… „Brisaeye… Sei doch vernünftig…“, wiederholte Hitomi und klang dabei eher wie Kobe. „Hitomi… Ich werde nicht im Weg stehen… Aber… Mein Gehör kann euch vielleicht behilflich sein…“ „Da hat sie Recht…“, meinte auch Saygon jetzt anerkennend und lächelte Brisaeye aus seinem kantigen, braun gebrannten Gesicht an. Hitomi spürte, wie sich die Atmosphäre in den letzten Minuten verändert hatte: Alle waren… zuversichtlich. Sie glaubten an eine Rettung, jetzt, wo halb Gaia zu Hilfe kam. Und Hitomi konnte dies nur zu gut verstehen… Es war für einen Moment still. Man hörte nur das stetige Tosen des Sturmes, der immer wieder eine Salve Regentropfen unter den Bauch der Crusardor fegte und sie alle mit kleinen Sprenkeln benetzte. Aber die seltsame Ruhe währte nur ein paar Sekunden. „Saygon!“, fauchte Merle plötzlich zu ihren Füßen. „Ich würde mein Schwert wieder ziehen…“ „Wa – “, setzte der Offizier verwirrt an, spürte aber zugleich die seltsame Erschütterung der Zeit, sodass jedes weitere Wort überflüssig war. Nora war am Limit. Ihre Augen flackerten, klappten dann ganz zu und sie sank erschöpft in die Arme ihrer Mutter hinein. Die Schutzbarriere, die sie so hart aufrechterhalten hatte, sackte mit ihr zusammen, diesmal so heftig, dass es wie ein Erdbeben der niedrigsten Stufe durch ihrer aller Körper fuhr. „Achtung!“, schrie jetzt Brisaeye. „Sie kommen von den Seiten!“ Tatsächlich, wie gerufen, standen zwei Mitglieder des Volkes draußen im Regen und griffen mit gezückten Waffen und Schlachtgebrüll an. Hitomi’s einziger Impuls war es, zurückzuweichen. „ZURÜCKI!“, befahl auch Saygon, was Merle ohne Widerstreben befolgte. Sie packte ihre Tochter und rannte zurück an Bord, vorbei an einer erschöpften Brisaeye und einem entsetzten Kobe, der wohl noch nie im Leben so nahe an einem echten Kampf gestanden hatte. Hitomi schaffte es nicht mehr auf die Rampe. Eine schwarze, muskulöse Frau war nahe dran, ihr den Kopf abzuschlagen, als Saygon sich vor sie warf und den Angriff mit seinem Säbel abwehrte. Hitomi stolperte weiter zurück, landete auf dem feuchten Boden und trat beim Versuch sich wieder aufzurappeln erneut auf ihr viel zu langes Kleid. „Verflucht! Wenn ich das hier überlebe, werde ich nur noch Hosen tragen…“, klagte sie, drehte sich um und versuchte auf allen vieren vorwärts zu kommen, was wesentlich besser klappte. Sie schaffte es bis zum anderen Ende des Schiffbauches, ohne sich auch nur umzudrehen. Sie wagte es nicht. Sie hörte nur Schreie und das Aufeinandertreffen von Klingen… Wenn es Saygon war, der gerade fiel… Oder wenn sie zu Kobe gelangt waren… Sie konnte diese Gedanken nicht einmal fortsetzen… Als der Regen ihr wieder ins Gesicht peitschte, hievte sie sich aus dem Morast und lehnte sich gegen den Wind in den Sturm hinaus. Was sie dann sah, ließ sie ehrfürchtig erstarren, weil es noch beeindruckender war als in ihrer Vision: 40 oder 50 Schiffe schwebten über den Klippen, riesige Gefährte in den verschiedensten Farben und Formen, nicht einmal der Sturm konnte diesen fliegenden Festungen etwas anhaben. Und der Kampf war bereits in vollem Gange. Sie sah Gymilefs oben auf den Klippen, gegen die Zaibacher Silberkrieger kämpfend. Sie sah die kleineren Beischiffe, die durch den Regen zu Boden trudelten und ihre Besatzung ausspuckten. Keine 3 Meter neben ihr griffen gerade drei Kämpfer mit himmelblauen Uniformen, scheinbar Astorianer, einen großen, hageren schwarzen Mann an. Und sie sah auch ein paar weinrote Uniformen, wie Schemen durch den Kampf huschen… Die Zaibacher Soldaten, die Allen vor seiner Flucht mit Brisaeye eingekreist hatte, hatten wohl ihren Weg zurück in die wirkliche Welt gefunden. Dass sie nach den Ereignissen in der Kathedrale des Kampfes nicht überdrüssig waren? Und wo war überhaupt Van? Sie konnte Escaflowne nirgendwo ausmachen… Aber sie wusste, dass sie es spüren würde, wenn ihm etwas geschah… Ihre Seelen waren miteinander verbunden. Der Kampf wütete weiter, verteilte sich über die gesamte Strandfläche, viel zu nah in Hitomi’s Richtung… Vorsichtshalber zog sie sich wieder zurück unter die Crusardor, darauf bedacht, nicht wieder zu stolpern, als sich eine Hand von hinten um ihren Mund schloss. „Wie schön, dass wir uns noch einmal wieder sehen, Mädchen…“, säuselte eine tiefe, kratzige Stimme in ihr Ohr. „Ich habe euch schon vermisst…“ Van kniff seine Augen so weit es ging zusammen. Regen und Wind peitschten ihm entgegen, als er den Drachen an den Klippen entlang steuerte. Der Ozean brach unter ihm gegen die rauen Felsen der Küste, über ihm blitze und donnerte es… Ihm schmerzten schon nach Minuten die Arme, so schwer war es, gegen den Sturm anzukommen. Er zog und zerrte an den Leinen, jedoch ohne viel Erfolg: Windböen trieben ihn immer wieder von seinem Kurs ab, drückten den Drachen nach oben und ließen ihn schon im nächsten Moment wieder fallen… Wo Allen mit Sheherazade steckte, wollte er gar nicht so genau wissen… Er musste sich konzentrieren! Musste Zeit gewinnen! Solange dieser unsichtbare Schutzwall um ihn herum noch bestand, musste er versuchen, die Zaibacher in die Irre zu führen. Auch wenn er kaum an einen Erfolg glaubte… Wenn er sie zumindest ein wenig herumscheuchen konnte, würde sich ein Kampf vielleicht verzögern… Vielleicht hörte der Sturm bis dahin auf, dann würden er und Escaflowne auch gleich viel besser funktionieren…. Seine Gedanken wirbelten wie wild in seinem Kopf herum, versuchten sich irgendwie von selbst zu ordnen… Aber auch in seinem Inneren herrschte Sturm… Er wurde erneut von einer Windböe erfasst. Durch Escaflowne’s Fluggestalt fuhr eine sanfte Vibration, dann gaben die Flügel dem Luftdruck nach und der Drache wurde nach oben geschleudert, hoch hinauf in Richtung der grauen, beängstigenden Wolken. Van zog minimal an den Gurten, um Escaflowne gerade zu halten, als er etwas sah, was eigentlich gar nicht sein konnte… Ein Flugschiff! Dryden’s Flugschiff! Er hatte es schon so oft gesehen… Er würde es auf jedem Planeten wieder erkennen… Der schlanke Bug, das breite Heck, der hohe Aufbau… Träumte er? Aber nein! Das Schiff kam näher! Oder spielte ihm der Regen einen Streich? Er wandte den Drachen so, dass er mit dem Rücken gegen den Regen stand und tatsächlich: Es war keine Einbildung. Dryden’s Handelsflotte brach gerade durch die dichte Wolkenwand, jetzt hörte er auch das dumpfe, dröhnende Geräusch der Motoren und der Propeller. Es war unglaublich… Dryden war doch gekommen! Und nicht nur er! Ganz Gaia hatte sich zusammen getan… Er sah andere Schiffe, bestückt mit den Flaggen aus Fraid, Astoria… Sie alle kämpften sich durch den Sturm an den Ort des Geschehens. Van kam nicht umhin, ehrfürchtig inne zu halten. Er flog ein paar hundert Fuß über der Insel, achtete jedoch nicht mehr darauf, wo ihn der Wind hintrieb. Allen und er waren nicht mehr allein! Es war Hilfe gekommen! Das machte die Situation weniger ausweglos… Hitomi wollte schreien, wollte um sich schlagen… Beides wäre sinnlos gewesen. Baijne war nicht irgendein Mann: Er war ein zäher, übermenschlicher Kerl, der sicherlich nicht zum ersten Mal eine Frau zwang, nach seiner Pfeife zu tanzen. Sie hätte es wissen müssen… Sie hatte doch gesehen, wie er sie immer angesehen hatte… Hatte seine rauen, schwarzen Hände auf ihrem Körper gespürt, grapschend... fordernd… Sie hätte verdammt noch mal IN die Crusardor stolpern sollen, nicht unter ihr herum! Stattdessen hatte Baijne sie doch noch erwischt. Er hatte sie mit sich genommen. Ein komisches Gefühl… So als würde man von einer Sekunde auf die andere 50 Meter in die Luft geschleudert… Ihr Magen hatte sich überrascht zusammen gezogen sich aber in der nächsten Sekunde wieder entspannt, als sie wieder festen Boden unter ihren Füßen spürte. Baijne stand direkt vor ihr, die gelben, unschönen Zähne gebleckt. „Endlich sind wir mal ein bisschen für uns…“, säuselte er und stieß unsanft gegen Hitomi’s Schultern, sodass sie hinten über viel. Sie landete weich, viel zu weich… Ihr war auch sofort klar warum: Sie befanden sich in Dornfels’ Präsidentensuite im obersten Stockwerk der schwarzen Perle und Baijne hatte sie soeben auf das groszügig ausgestattete Himmelbett geworfen. Hitomi’s Atem stockte, sie erstarrte wie von selbst. Würde dieser Albtraum denn nie enden? Sie war sich so sicher gewesen, Baijne nie wieder gegenübertreten zu müssen, nicht ohne Van an ihrer Seite… Aber so wie der schwarze Häuptling sie jetzt anstarrte, war jede weitere Überlegung wertlos: Baijne hatte nur darauf gewartet… Auf den richtigen Moment… Er stand vor ihr und verwandelte sich vor ihren Augen zurück in seine menschliche Gestalt, die ihn jedoch keineswegs liebenswerter machte… Nur seine Augen wirkten nicht mehr so tot wie zuvor. „Wieso sollten wir nicht ein wenig Spaß haben? Lassen wir die anderen kämpfen…“ Er grinste über sein gesamtes, ausgemergeltes Gesicht hinweg. Hitomi rappelte sich ein wenig auf und versuchte sich ein paar Zentimeter zurück zu ziehen. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren… Bis jetzt hatte Baijne es nicht geschafft ihr etwas anzutun… In seiner menschlichen Form hatte auch er Schwachstellen, das musste sie sich vor Augen halten. Zeit schinden, das war der Anfang… Vielleicht kam ihr doch noch irgendwer zu Hilfe. „Ihr lasst euer Volk also allein da draußen sterben? Wolltet ihr eure Rasse nicht bewahren?“, fragte Hitomi ihn völlig emotionslos. Baijne schüttelte leicht den Kopf. „Sie können auf sich selbst aufpassen… Und da gibt es ja auch noch unsere Gymilefs… All deine süßen, kleinen Freunde aus Astoria, Fraid und sonst wo her werden kein leichtes Spiel haben…“, erwiderte er und trat näher. Sein Gesicht lag jetzt im Schatten der Vorhänge. Überhaupt war der Raum beklemmend finster… Zwar drang ein wenig Tageslicht durch die lange Fensterfront herein, da der Tag aber momentan aus Wolken und Regen bestand, war das nicht viel wert… Vielleicht war das umso besser… Sie wollte dieses grässliche, gaffende Gesicht nicht sehen… Sie wusste, dass er sie anstarrte. Sie spürte es mit jeder Zelle ihres Körpers. Er starrte sie an, verlangend, drängend… Er malte sich aus, wie es sein würde, in seinen Gedanken zog er sie schon aus, wie wahrscheinlich schon unzählige Male zuvor. Nur war diesmal keine Merle, die ihr half, keine Brisaeye… Nicht mal ein Van… Hitomi schluckte schwer. Von allen Dingen, die ihr hätten passieren können, war dies wohl das grässlichste… Sie wünschte keinem Menschen, keiner Frau auf diesem und ihrem Planeten so etwas erleben zu müssen… Baijne kam noch näher, Hitomi wich reflexartig zurück. Er packte daraufhin ihren Fußknöchel. „Schön still halten, Mädchen… Du willst mir doch nicht den Spaß verderben?“, fragte er und lachte ein leises, abscheuliches Lachen. Hitomi war wie versteinert, als Baijne jetzt auf das Bett kroch, so weit, bis er über ihr kauerte, sein Gesicht über dem ihren. Seine fettigen, verfilzten Haare hingen in ihr Gesicht, streiften ihren Mund, ihre Augen. Sie stanken bestialisch… Angewidert kniff Hitomi ihre Augen zusammen und drehte ihren Kopf zur Seite. Sie musste noch etwas warten, sich zusammen reißen… Sie würde ihn in Sicherheit wiegen und sich dann wehren… Sie würde es ihm so schwer wie möglich machen. „Hmmm…“, machte Baijne und so mit seiner Nase geräuschvoll die Luft ein. „Ihr riecht genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte… Süß und üppig…“ Sie spürte, wie sein Gesicht ihren Hals hinab wanderte, langsam, jede Sekunde auskostend… Doch genau dieses Verhalten passte so gar nicht zu Baijne. Sie hätte es wissen müssen. Im nächsten Augenblick durchzuckte ein lautet Ratsch! den Raum, schwerer Stoff riss auf unschöne Weise entzwei. Baijne hatte ihren langen, völlig durchnässten Zaibacher Mantel einfach an der Knopfleiste entzwei gerissen und zog jetzt den Rest mit einem Ruck unter ihr weg, sodass sie zu Seite rollte. Hitomi nutzte diesen minimalen Moment, versuchte über das Bett zu hasten, aber Baijne packte sie abermals am Fußknöchel und zog sie unbarmherzig zurück. Dabei wurde ihr Kleid ganz automatisch nach oben geschoben, etwas, was nicht wirklich vor Vorteil war in ihrer Situation. Kalte Luft gelangte an ihre Waden und Oberschenkel, die bis jetzt unter dem feuchten Kleid gedampft hatten. Ihr Atem ging schnell und stoßweise, sie konnte nicht anders. Sie hatte Angst. Höllische Angst. „So ist das schon viel besser…“, erklärte Baijne und stürzte sich dann auf sie. Plötzlich war er überall! Sein rechtes Knie drückte ihre Beine auseinander, seine Hände fuhren in ihren Ausschnitt, zerrten erbarmungslos an ihrem Überkleid, schoben den Stoff mit hastigen Griffen nach unten, bis sie ihre Brüste umfassten. Das war genug. Hitomi konnte nicht mehr länger warten… Sie musste etwas tun! Ärgerlich schrie sie auf: „Fasst mich nicht an!“ Sie schlug ihm ihre Fäuste entgegen, versuchte jede Stelle von ihm zu erreichen, die nur erreichbar waren. Aber ihr Peiniger war stark: Er drückte sie weiterhin nieder, lachte nur, so als hätte er schon auf den Widerstand gewartet. Hitomi aber war jetzt nicht mehr bei Sinnen. Purer Hass durchflutete sie. Sie schrie aus Leibeskräften, bewegten ihre Beine und stieß ihr Knie in Baijnes Leistengegend. Dann versuchte sie sich unter dem aufstöhnenden Schwarzen wegzudrehen. Sie rammte ihren Ellenbogen in das, was sie sein Gesicht vermutete, stieß mit ihren Füßen nach so gut es ging, aber Baijne gab immer noch nicht nach. „Haben wir hier eine kleine Wildkatze? Das gefällt mir…“, lechzte er und presste ihre Arme trotz schmerzverzerrtem Gesicht wieder in die Kissen hinein. Hitomi wand sich und drehte sich, ohne Chance. Baijne war stärker. Sie atmete schwer, ihre Brust hob und senkte sich, Panik und Wut fuhren in zittrigen Wellen durch ihren Körper. Baijne grinste wieder, sein widerliches, altbekanntes Grinsen und neigte sich wieder näher zu ihr hinab. „Ich werde es euch so besorgen, dass selbst euer kleiner König vor Neid erblassen würde…“, flüsterte er in ihr Ohr, seine stinkenden Haare in ihrem Gesicht gebettet. Hitomi schauderte, zitterte, es wütete immer noch in ihr. Sie durfte sich nicht brechen lassen! Sie musste sich wehren! Baijne nahm wieder etwas Abstand zu ihr, so als wollte er sie noch mal ausführlich betrachten, bevor er sich wieder ans Werk machte. Und Hitomi tat in dem Moment etwas, was sie noch nie zuvor gemacht hatte: Sie spuckte ihrem Gegenüber ins Gesicht, mit tiefster, innigster Abneigung. Baijnes Antwort war ein Schlag in ihr Gesicht. Sie spürte es kam, sah jedoch wie er aufbrauste, sich aufsetze und sein Gesicht notdürftig mit seinem zerlumpten Hemd versuchte abzuwischen. Hitomi dachte nicht lange nach, jetzt sprach allein ihr Überlebensinstinkt aus ihr: Sie rammte im erneut ihr Knie zwischen die Beine, diesmal wesentlich effektiver, griff nach der Holzstange hinter ihr, zog sich daran nach hinten, trat Baijne erneut mit ihren Füßen und glitt poltern vom Bett, krachte unsanft auf den Boden. Sofort rappelte sie sich auf, zog ihr Kleid wieder zu recht und kroch auf allen vieren weiter. Hinter sich hörte sie Flüche und andere wütende Laute, poltern und Stöhnen. Baijne war noch lange nicht am Ende… Er kam ihr nach und trat sie regelrecht nieder. Er schlug ihr zweimal mit voller Wucht ins Gesicht und trat sie dann gegen die Fensterfront hinter ihr. Hitomi krachte dagegen, stöhnte nun selbst vor Schmerzen auf und krümmte sich auf dem Boden zusammen. Sie schmeckte Blut in ihrem Mund, eisern und dunkel. Schützend zog sie ihre Knie vor ihren Bauch. Wenn sie ihr Kind verlieren würde… „Wie ihr wollt… Dann eben auf dem Boden!“, feixte Baijne jetzt. Hitomi lugte unter ihrem Arm hindurch und sah den Mann wieder auf sich zukommen. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht, seine Hände machten sich schon an seinen Hosen zu schaffen… Würde sie sich diesmal wehren können, oder war es das jetzt? Hitomi versuchte sich noch näher an die Wand zu pressen, als Baijne auch schon bei ihr war. „Ihr werdet dafür bezahlen, das schwöre ich euch…“, flüsterte Hitomi mit zusammengepressten Zähnen. Sie wartete nur auf die raue Berührung, auf die groben Hände, auf das Brechen ihrer Selbst. Doch da kam nichts. Gar nichts. Ungläubig wartete Hitomi ein paar Atemzüge, ehe sie ihre Deckung aufgab und ihren Arm von ihrem Gesicht nahm. Baijne war verschwunden. Spurlos. Als Van Escaflowne wieder in seine Gymilef-Form umwandelte, tobte der Kampf bereits. Der unsichtbare Schutzwall hatte sich schon vor einer weile aufgelöst, er hatte die Erschütterung nur ganz schwach gespürt… Die Flugschiffe aus Gaia’s großen Reichen verharrten im Sturm, kleinere Beischiffe samt Besatzung waren ausgesandt worden, sowie einige wenige Gymilefs, die der Krieg vor 20 Jahren übrig gelassen hatte. Niemand hatte es für nötig gehalten, neue zu bauen. Niemand außer Dornfels… Van stand jetzt wieder oben auf den Klippen, gegenüber des silbrig-schwarzen Gymilef, besetzt mit dem ihm unbekannten Kommandanten Alexis. Es kostete ihn schon allein viel Mühe, das lange, schwere Schwert in Escaflowne’s Händen zu halten, wie sollte er so den Kampf überstehen? Dennoch riss er sich zusammen, visierte Alexis und griff dann mit einem wütenden Schrei an. Er hob sein Schwert über den Kopf, so rasch, dass Escaflowne’s Regennasse Gelenke sich quietschend beschwerten. Alexis stand vor ihm, mit einer seltsam geschwungenen, eindrucksvollen Klinge und wartete den Angriff scheinbar unbeeindruckt ab. Van drückte Escaflowne’s Arme nach unten, doch Alexis wehrte den Angriff mühelos ab. Lässig hielt der Gymilef Van’s Schwerthieb stand. Van, der noch überlegte, wie er weiter vorgehen sollte, sah erst viel zu spät, warum: In dem Moment als ihre Klingen aufeinander trafen, hatte sich der linke Arm des Gymilefs verflüssigt, zu einem sehr langen, spitzen und scharfen Stachel. Und den stieß er nun Kugelblitzartig in Escaflowne’s Hüftgelenk… Van spürte den Schmerz nur ganz schwach. Er hatte schon einmal den Fehler gemacht und war zu sehr mit dem Gymilf verschmolzen… So sehr, dass er fast daran gestorben wäre, hätten die Espanol den Drachen nicht rechtzeitig repariert… Er kannte mittlerweile die Grenzen des Möglichen. Trotzdem. Alexis’ Angriff war präzise ausgeführt. Escaflowne knickte unbeholfen zur Seite weg, das Gelenk, welches das rechte Bein am Körper hielt, war fast durchtrennt… Van biss die Zähne zusammen, versuchte den Schmerz zu unterdrücken, der auch durch seine Gelenke flammte. Es war fast nicht auszuhalten. Er versuchte jetzt eine leichte Drehung mit seinem linken Bein, nahm seine ganze Kraft zusammen, um mit dem Schwert noch einmal zuzuschlagen und es funktionierte! Er richtete zwar keinen großen Schaden an, aber der Gymilef taumelte zumindest durch den feuchten Boden beeinträchtigt ein paar Meter zurück, als Escaflowne’s Schwert ihn seitlich an der Schulter traf. Van nutzte diesen Moment sofort, obwohl Escaflowne’s Schmerzen immer noch durch ihn hindurch pulsierte, um gleich nach zu hieben. Doch Alexis war verschwunden… Van nahm nur am Rande seines Blickfeldes eine schnelle Bewegung war, als auch schon den nächsten Angriff zu spüren bekam, diesmal an seiner Mitte. Er fluchte, ignorierte den erneuten Schmerz und konzentrierte sich auf seine Deckung. Von wo würde der nächste Angriff kommen? In seinem Kopf schwang Hitomi’s Pendel hin und hier, hin und her… Er wartete darauf, dass es ausschlug… Er wartete und wartete, als er plötzlich hinter ihm das Geräusch von aufeinander treffenden Klingen hörte. Rasch vollführte er eine galante Drehung von Escaflowne und sah Shezerazade, die Gerade einen Angriff von Alexis abwehrte. „Allen!“, schrie Van aufgebracht. „Wieso kämpfst du noch?! Du bist verletzt!“ Tatsächlich war er das: Sheherazade’s Schulter hing halb aus seinen Angeln… Ein unschöner, grausamer Anblick… „Ich kann dich doch nicht alleine lassen! So lasch wie du seit neuesten kämpfst!“, brüllte Allen zurück und lachte bitter, ein Geräusch, dass der Wind sofort mit sich nahm. Van fackelte nicht lange. Wenn Allen in seinem Zustand noch da war um ihm zu helfen, durfte er nicht aufgeben! Für Allen, für Gaia und vor allem für Hitomi musste er weiter kämpfen! Das Pendel schwang endlich aus und Van de Fanel tat das, was ihm seine Vater, sein Bruder und sein Mentor Vargas einst beigebracht hatten: Kämpfen und verteidigen, für die, die man liebt. Hitomi war gar nicht bewusst, dass sie aufgestanden war und nun versuchte, sich einen Weg durch die finsteren Gänge und Treppen durch die schwarze Perle hinab zu bahnen. Sie spürte weder ihr pochendes Gesicht, noch die anderen Körperstellen, an denen Baijne’s Schläge und Tritte sie getroffen hatten… Sie dachte nur daran, so schnell wie möglich wieder ins Freie zu gelangen, weg von diesem unheilvollen Zimmer, hinunter von diesem grauenvollen Schiff. Ihre Hand strich kurz über ihren Bauch, der immer noch flach und unscheinbar war. Sie betete, dass dem Anflug von neuem Leben in ihr nichts passiert war... Obwohl Baijne sie nicht direkt in den Bauch getreten hatte, machte sie sich Sorgen. Sie stolperte weiter die Treppen hinunter, musste sich immer wieder am Geländer abstützen um nicht umzuknicken, da sie immer noch wie Espenlaub zitterte. Sie musste Van finden, unbedingt! Sie musste ihn sehen, sich vergewissern, dass es ihm gut ging… Sie wollte in seinen Armen liegen, wollte vergessen, was Baijne ihr versucht hatte anzutun… Aber da drängte sich noch ein anderer Gedanke in ihr Bewusstsein: Warum war Baijne verschwunden? Was hatte er gehört, dass das sein gewalttätiges Vorhaben abgebrochen hatte? Bilder von Van, Merle, Kobe und Nora mischten sich unter diese Gedanken… Bilder von Blut und Verzweiflung. Es durfte nicht sein! Es durfte nichts passiert sein! Sie zwang ihre Beine, sich weiter zu bewegen, nicht anzuhalten, bis sie endlich den erlösenden Ausgang fand. Es stürmte und regnete immer noch unablässig… Erleichtert stolperte sie über den Holzsteg an den Strand zurück, wo der Kampf noch wie vor nicht abgebrochen war. Schreie und andere Kampfgeräusche drangen zu ihr durch, Geräusche, die sie so gerne nie wieder im Leben gehört hätte… Sie hob die Röcke ihres nassen, halb zerrissenen Kleides an, zwang ihre Beine, noch schneller zu laufen, bis sie endlich an die offene Rampe der Crusardor gelangte. Dort war es überraschend still, wie ein tauber Fleck inmitten des Sturms… Sie sah Kobe, der mit entsetztem Gesicht hinter Saygon und dem verbliebenen Rest seiner Mannschaft stand. Der Rest lag draußen im Regen verstreut, leblos, trostlos… Sie trat näher heran und erkannte jetzt auch zwei schwarze Leichen unter ihnen… Die beiden vom Volk, die den Angriff gestartet hatten… Aber das war nicht der wirkliche Grund für ihr Entsetzen. Das, was sie erneut schaudern lies, ihr panischen Angstschweiß aus den Poren trieb, war Baijne, der mitten in der Linie von Toten stand, sein Schwert in der Hand, das Gesicht grimmig und seltsam mit sich selbst zufrieden. Vor seinen Füßen lag seine Schwester, reglos, das Gesicht halb versunken in Schlamm und Blut… Alexis war besiegt. Van stand über dem schwarzen Gymilef, den er und Allen so mühevoll bekämpft hatten. Er konnte beobachten, wie das grüne Licht des Drachenherzsteines langsam erlosch, als Van sein Schwert wieder aus der Brust seines Gegners heraus zog. Ein Anblick, der ihn fast ein wenig schmerzte… Doch dann besann er sich auf das Wesentliche. Er richtige sich auf und wartete, dass sich das Cockpit von Alexis öffnen würde. Tatsächlich tat es das, allerdings ohne jedes Zischen und Pfeifen, wie es bei Escaflowne oder Sheherazade üblich war: Der seltsame, lang gezogene Teil des Gymilef-Kopfes verflüssigte sich, zog sich in minimalen Wellen zurück und gab den Piloten frei. Und zu Van’s größter Verblüffung war es eine Frau, die daraus hervor stolperte… Es hatte ein seltsames Dejavù… Schon vor 20 Jahren hatte er eine Frau besiegen müssen, Dilandau… Er war kurz davor gewesen ihr den Todesstoß zu verpassen, als Allen ihn daran gehindert hatte… Er hatte seine Schwester Serena wieder erkannt, eine schemenhafte Vermutung, die von Dilandau’s schauderlicher, finsterer Mine fast völlig verdrängt worden war. Das Werk Dornkirk’s… Jetzt wankte dort vor ihm wieder ein weiblicher Kommandant aus dem stählernen Riesen… Sie brach sofort zusammen, sackte in das nasse Gras und rührte sich nicht mehr. Van - obwohl der Kampf unter den Klippen immer noch tobte - überlegte nicht lange… Er verließ ebenfalls sein Cockpit, kletterte trotz Schmerzen an Escaflowne hinab und hinkte hinüber zu dem menschlichen Bündel, das er eben besiegt hatte. Allen hatte offenbar dieselbe Idee. Auch er verließ seinen Gymilef, der zum Schluss kaum noch zu gebrauchen gewesen war: der demolierte Arm war nicht mehr zu bewegen gewesen und diverse andere Blessuren hatten ihn schließlich in die Knie gezwungen, dass es an Van gewesen war, den entscheidenden Schlag zu unternehmen. „Die Zaibacher scheinen eine komische Vorliebe für weibliche Krieger zu haben…“, sagte er, als er nahe genug bei Van war. Er sah furchtbar aus… Sein rechter Arm hing ihm unförmig an der Seite, an seiner Stirn klaffte eine üble Platzwunde und er hinkte ebenso wie Van. Der Regen wusch ihm zwar das Blut aus dem Gesicht, machte seinen Anblick aber kaum besser. Van wollte gar nicht wissen, wie er selbst aussah… Er ignorierte den Protest seines eigenen Körpers, sah nur die Frau vor ihm, die schon nicht mehr atmete. „Haben wir richtig gehandelt?“, fragte er seinen Freund leise. „Wie haben nur uns und unsere Prinzipien verteidigt, Van… Ein Kampf war nicht zu umgehen…“ „Sie hat uns ganz schön auf Trab gehalten, nicht wahr?“ „Das ist wahr…“, erwiderte Allen, „Sie hat für zwei gekämpft…“ Van nickte zustimmend. „Sie hat besser gekämpft, als manche Männer es könnten…“ Er ging in die Hocke und drehte den gefallenen Kommandanten auf den Rücken. Sie war eine schöne Frau… Ihr Gesicht war edel geschnitten, ihre Lippen waren voll und breit und ihr schwarzes Haar lag wie feine Seide bis zu ihren Hüften hinab. „Verschwendung…“, murmelte Van. Er fühlte überflüssigerweise an ihre Brust, aber ihr Herz schlug nicht mehr… Vorsichtig strich er über ihre offenen, starrenden grünen Augen und schloss sie. „Sollen wir sie hier einfach liegen lassen?“, fragte er dann. „Vorerst bleibt uns nichts anderer übrig…“, antwortete Allen und sah ihn lange mit seinen Ozeanblauen Augen an. Van wusste, was er ihm damit sagen wollte: Dort unter den Klippen gab es immer noch etwas für sie zu tun… Er bedeutete Allen, mit ihm zu kommen. Escaflowne wurde wieder kurzzeitig zu dem Drachen, der sie hinunter tragen würde und er erklomm mit Allen seinen Rücken. Die schöne Alexis, die fast Van’s Mörderin geworden wäre, ließen sie im immer noch viel zu aggressiven Regen zurück… Hitomi konnte nicht fassen was sie sah. Sie kauerte hinter Saygon’s breitem Rücken, ungläubig, entsetzt. Baijne hatte seine eigene Schwester einfach erschlagen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Alle möglichen Empfindungen stiegen in ihr auf: Schmerz, Trauer, Angst, Wut und vor allem tiefes Entsetzen, welches so stark war, dass sie sich am liebsten übergeben hätte. Auch Kobe - nur noch ein kleiner, völlig fassungsloser Schatten neben ihr - zitterte am ganzen Leib, vor Wut, vor Verzweiflung. Sie beide hatten Brisaeye verstoßen und sie beide hatten sie sofort wieder ins Herz geschlossen, nach ihrem großartigen Dienst für die gute Seite dieses sinnlosen Kampfes. „Du Monster! Du elendes, herzloses Monster!“, schrie Hitomi jetzt, das einzige Ventil, die ungeheure Wut in ihr loszuwerden. Baijne, der sie gedemütigt, verhöhnt und fast vergewaltigt hätte… Sie wollte IHN dort liegen sehen, nicht Brisaeye! „Beruhigt euch!“, zischte Saygon ihr zu. „Das macht die Situation auch nicht besser…“ Seine Stimme schwanke, zerbrach. Hitomi hörte sofort heraus, was das bedeutete: Saygon hatte Angst, fast ebensoviel wie sie. Angst vor diesem unberechenbaren Wilden. Baijne stand nur da, wischte sich das Bluttriefende Schwert notdürftig am Wams eines der Toten ab, sein Gesicht eine Fratze aus Mordlust und Irrsinn. Denselben Ausdruck hatte es auch gehabt, als er 25 Menschen mit der Erlaubnis von Dornfels erschlagen durfte… „Kobe… Geht zurück auf das Schiff… Schließt die Luke hinter euch… Und nehmt gefälligst Hitomi mit!“, befahl Saygon so leise wie möglich. Von Baijne war ein plötzliches Lachen zu hören. „Aber, aber…“, sagte er, tadelnd. Dann löste er sich auf und stand nur einen Wimpernschlag später direkt vor Saygon, die Schwertklinge an dessen Hals. Kobe taumelte erschrocken zurück, Hitomi rührte sich instinktiv nicht von der Stelle. Baijne lehnte sein Gesicht nahe an Saygon’s dessen gesunde Bräune sich mittlerweile verflüchtigt hatte. Die Haare des Schwarzen Häuptlings trieften vom Regen, tropften auf Hitomi hinab. „Wie dumm, dass Ihr direkt vor meinem Mädchen steht…“, säuselte er in Saygon’s Ohr. „Ich muss euch wohl zur Seite schaffen…“ „NEIN!“, schrie Hitomi entsetzt. „Lass ihn leben!“ Instinktiv hob sie ihre Hände, aufgebend, nahezu gebrochen… Allen in ihr sträubte sich, dies zu tun. Sie wollte in Sicherheit sein, nicht wieder direkt in Baijne’s Arme rennen. Aber sie konnte auch nicht zusehen, wie Saygon oder Kobe einfach vor ihren Augen sterben mussten. Die beiden Soldaten, die der Kampf noch von Saygon’s Mannschaft übrig gelassen hatte, wagten sich ebenfalls nicht zu rühren, bangten um das Leben ihres ersten Offiziers. „Lass ihn leben…“, sagte sie noch einmal, mit überraschend fester, überzeugender Stimme. „Nimm mich mit dir, tu was immer du willst, aber verschone meine Freunde…“ Saygon schüttelte kaum merklich den Kopf. Es war ihm zuwider, so unfähig zu sein… nichts tun zu können… „Tut… das nicht...“, beschwor er Hitomi stockend, „Er wird mich trotzdem umbringen!“ Baijne nickte grinsend. „Das könnte durchaus passieren….“ Seine schwarzen, leblosen Augen wurden zu Schlitzen, als die Mordlust wieder über seine Züge flackerte. Hitomi handelte weiter instinktiv: Sie machten einen Schritt nach vorne, legte eine Hand besänftigend auf Baijne’s Arm, obwohl sie vor Panik zitterte und versuchte eine wohlwollende Mine aufzulegen. Alles in ihr vibrierte, wollte sich gegen diese Berührung sträuben, verzweifelte Tränen stiegen ihr in die Augen. „Tut es nicht… bitte…“, flehte sie noch einmal. „Wenn ihr es wünscht, Schätzchen…“, säuselte Baijne, ein wenig bedauernd, nahm aber seine Schwert folgsam von Saygon’s Hals. Er stieß den Offizier zurück, griff mit einer schnellen Bewegung nach Hitomi’s Arm und zog sie ein paar Meter mit sich, in den Regen hinaus. „Was habt ihr vor?“, schluchzte sie. Wenn er wieder mit ihr in das Präsidenten-Zimmer verschwand… Sie wollte lieber sterben, als diese Szenerie noch einmal erleben zu müssen! „Ich will euren kleinen König empfangen!“, entgegnete Baijne und lachte schadenfroh in den Regen hinein… Natürlich. Baijne hatte ihn kommen hören, bevor sie ihn sehen konnte… Aber jetzt, als sie in den Sturm hinein starrte, konnte sie ihn sehen, obwohl ihr Regen und Wind in die Augen schnitten: Van fegte auf dem Drachen herbei, kam schnell näher, flog einen kurzen Bogen über die Crusardor und landete dann etwas unsanft direkt am Strand. Die Gischt spritzte auf, als der hintere Teil von Escaflowne durch die hereinrollenden Wellen pflügte. Hitomi konnte beobachten, wie zwei Gestalten abstiegen und zu ihnen herüber humpelten. Sie erkannte Allen nicht gleich, weil sein sonst so sonniges, blondes Haar Blut durchtränkt war… Auch Van sah kaum besser aus, doch zumindest war er am Leben! Noch mehr Tränen liefen Hitomi über die Wangen, vermischten sich mit dem Regen… Er war am Leben! Sie wurde zwar immer noch von Baijne festgehalten, aber Van stand keine 5 Meter vor ihr, lebendig... Wenigstens konnte sie ihn noch einmal sehen, seine schöne Gestalt, seine tiefen, braunen Augen… Als Van erkannte, in welcher Situation sich Hitomi befand, fing der Vulkan in ihm wieder an zu brodeln. „Lasst sie los!“, fuhr er Baijne an. „Oder was?“, fragte Baijne herausfordernd. „Wollt ihr mich mit euren Fäusten niederringen, König Fanel?“ Er spuckte den Titel mit besonders intensiver Abscheu aus, wobei er nicht im Unrecht war. Van war unbewaffnet. Sein Katana musste immer noch im Gürtel des mittlerweile toten Binnjae stecken. Bis auf den Dolch in seinem Stiefel, hatte er nichts zu bieten… „Nimm mein Schwert, Van…“ Allen, der neben ihm stand, mehr schlecht als recht, reichte ihm sein Katana, in der blauen, edlen Scheide des astorianischen Königshauses. „Ich kann nicht mehr kämpfen… Aber du musst wohl noch mal ran…“ Er drückte Van das Schwert in die Hände, nickte ihm noch einmal zu und hinkte dann in Richtung Crusardor davon. Van steckte sich das Schwert in den Gürtel, zog die Klinge aber gleich darauf aus der Scheide. Er hob die Schwertspitze auf Augenhöhe und fixierte Baijne mit einem nicht zu ignorierenden Blick. „Kämpft mit mir, wie ein Mann!“, forderte er den Schwarzen energisch auf. „Lasst uns herausfinden, wer von uns besser ist!“ Baijne grinste wieder. „Nichts lieber als das…“ Zu Van’s Erleichterung schien die Kampfeslust sein Gegenüber tatsächlich zu überrollen… So sehr, dass der Hitomi achtlos von sich schleuderte. Diese starrte ihn einen Moment lang entsetzt an, ließ ihren Blick dann weiter zu Van wandern. Verzweiflung stand in ihren grünen Augen. Ein Anblick, der ihm dennoch Hoffnung gab… Er durfte nicht verlieren! Er wollte ein Leben lang mit Hitomi zusammen sein, nichts anderes… Wenn er sie beschützen wollte, musste Baijne sterben. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. ------------------------------------- Nachwort: Wow, dieses kapitel ist schon wieder so lang geworden! eigentlich wollte ich den kampf von van und baijne in diesem kapitel als haupt-act schreiben, aber baijne macht mal wieder was er will... Diese fast-vergewaltigungsszene... war überhaupt nicht geplant! Ich schwörs euch! Auf einmal stand der Kerl da, hat Hitomi mitgenommen und ja, den rest kennt ihr ja... selbständige charaktere... gruselig... Aber ich würde es nie soweit kommen lassen! Letztendlich habe ich dann doch noch meine Macht als Autor zurückerlangt und Baijne unterbrochen... so ne szene will ich echt nicht schreiben... wuahhh.... auf jeden fall erscheint er mir richtig, an dieser stelle vorerst aufzuhören. ich hätte den kampf auch noch in dieses kapitel schreiben können, aber dieser cut tut glaube ich erst mal gut... auch für meine nerven!! ^^ auf jeden fall ist hier wieder mal viel passiert... was den kampf mit alexis anbelangt: vielleicht kam der vielen von euch etwas zu kurz, zu leicht für van vor. aber das war er auf gar keinen fall. Wie schon geschrieben, Van bemerkt kaum, wie schlimm er eigentlich aussieht... Details gibt es später. Der Kampf war dennoch kein zuckerschlecken, ich hoffe, ich habe es einigermassen geschafft, das klar zu machen. hm, irgendwas wollte ich euch noch erklären, aber es fällt mir grade nicht ein... ^^ falls ihr selber auf unklarheiten stoßt: einfach nachhacken. Evolet wollte wissen, mit vielen Kapiteln noch zu rechnen ist... tja... irgendwie werden es jedes mal wieder mehr... ^^ aber ich schätze mal... mit 2 oder 3.... je nachdem, wie der kampf zwischen van und Baijne ausgehen wird... ^^ Was ich auf jeden fall weiß: wenn diese geschichte fertig ist, komplett in animexx steht und ihr alle glücklich seid, werde ich sie nochmal komplett überarbeiten. ich habe auch vor, sie binden zu lassen, nichts aufwändiges, aber so, dass ich sie in gedruckter form zuhause stehen habe, weil mir diese story über die letzten jahre doch sehr ans herz gewachsen ist, trotz laaaaaanger schreibpausen... ich habe auch vor, noch ein bissl zu zeichnen... illustrationen dazu zu entwerfen. falls also jemand interesse haben sollte, an einer gedruckten form, bescheid sagen. ist nur ein angebot. ^^ wie es letztendlich genau wird, auch preislich, kann ich noch nicht sagen... also, jetzt erst mal, bis zum nächsten kap... ich schreibe, wann immer ich kann! lg, Chiyo-san Musik zu diesem kap: Muse... die richtige Tragik für die handlung diese kapitels! Kapitel 41: Bube, Dame, König ----------------------------- es geht schon wieder weiter! ^^ danke für alle eure kommis zu den letzten beiden kapiteln, freut mich, dass ihr immer noch mitlest und es auch noch gut findet! aber jetzt enden die stürmischen Kapitel... viel spass beim lesen! (habs dreimal durchgelesen... dennoch keine gewähr für rechtschreibfehler...) ------------------------------------------ Kapitel 41: Bube, Dame, König Hitomi kauerte auf dem Boden, konnte sich einfach nicht bewegen… Sie musste mit ansehen, wie Van zu Boden ging, konnte nicht anders als direkt hin zu starren. Allen hatte zwar notdürftig seinen gesunden Arm um ihre Schultern geschlungen, da er offenbar befürchtete, sie würde zu Van hinüber stürzen. Doch im Moment war sie nur zutiefst geschockt. Ihr Atem war flach, hin und wieder keuchte und hustete sie, weil der Regen ihr auf unangenehme Weise in die Nase lief. Außerdem war sie mittlerweile wieder bis auf die Knochen durchnässt, der Zaibacher Mantel hatte sie zuvor noch ein wenig vor dem Wasser geschützt, doch die zerrissenen Fetzen oben in Dornfels’ ehemaligem Zimmer nützen ihr nun nichts mehr. Eine leise, aber beharrende Stimme in ihrem Inneren versuchte sich während alledem Gehör zu verschaffen… Das Kind! Denk an das Kind! Steh auf, sonst erkältest du dich! Aber sie konnte nicht… Die Erschütterung hielt sie auf dem Boden. Der Kampf zwischen Baijne und Van war wie ein Tanz… Ein ewiges Hin und her, Hieb um Hieb, wobei Van’s Bewegungen sichtlich schwerfälliger wirkten als die des flinken, trickreichen Schwarzen. Es war wie ein Spiel, eine Partie zwischen König und Bube. Nur, dass der König weniger königlich wirkte und das gehässige Grinsen des Buben einfach nicht aus dessen Gesicht zu wischen war. Und sie, Hitomi, war die Dame… „Er wird gewinnen, Hitomi…“, sagte Allen gepresst in ihr Ohr. Sie nahm es kaum war. Van war unterlegen. Sie sah es deutlich. Und sie sah ihn fallen. Van tat was er konnte, aber es reichte nicht. Schon nach Baijnes erstem Angriff zitterten ihm die Beine, so kräftig war der Schlag, der auf sein Schwert traf und mit einem sirrenden, Nervenzerreissenden Geräusch an der Klinge entlang schrammte, ehe Van mit einer schnellen Drehung seiner Arme größeren Schaden ablenkte. Seine Arme waren noch in Ordnung, jedoch machte ihm seine Hüfte zu schaffen… Die Verletzung Escaflowne’s hatte sich zwar nicht vollkommen auf ihn übertragen, aber er spürte ganz deutlich, dass etwas nicht stimmte. Der Schmerz war hart und pochend, durchzuckte allmählich sein gesamtes rechtes Bein, strahlte bis zu seiner Brust hinauf. Er biss tapfer auf die Zähne und konzentrierte sich auf das Hier und jetzt, auf sein gefährliches Gegenüber… Er startete einen Angriff, spürte wie wieder Adrenalin durch seine Adern schoss, ihm einen kleinen Schub an Energie zurückgab. Aber er konnte fast nichts ausrichten. Baijne war einfach zu schnell! Er löste sich in Luft auf, tauchte hinter ihm wieder auf, machte eine schnelle Bewegung und traf auf Van’s Klinge, so stark, dass sein rechtes Bein protestierend einknickte. So ging es stetig weiter. Der Häuptling schien nur mit ihm zu spielen! Schien ihn solange mit kräftigen Schwerthieben attackieren zu wollen, bis er keine Luft mehr hatte… Und obwohl Baijne’s Angriffe so stark waren, führte er sie nur mit halber Kraft aus, das spürte Van deutlich. Sie waren nämlich keineswegs tödlich… Er konnte sie alle locker abwehren, wenn er sich nur konzentrierte, auf das Pendel in seinem Inneren hörte und reagierte. Aber was war, wenn Baijne endlich volle Kraft fahren würde? Hitomi schluchzte nun endlich auf. Tränen brachen aus ihren Augen, wurden sofort vom Wind fort gefegt… „VAN!“, schrie sie jetzt und ein Schauder lief durch ihren Körper. Sie bewegte sich unbewusst, der Schockmoment war vorbei. Van lag auf dem Boden, mit zerbrochener Klinge. Baijne hatte nicht sehr lange gebraucht. Er hatte ihn so lange mit seinem Gummiartigen Schwert bearbeitet, auf Van’s Katana eingehoben, bis es zerbrochen war. Das obere Ende war in hohem Boden davon geflogen, direkt in die heranrollenden Wellen hinein, Van hielt nur noch den nutzlosen Griff in der Hand. „Hitomi!“, versuchte Allen sie zu beruhigen, aber auch er konnte seine Verzweiflung nicht verbergen, seine Stimme war brüchig, viel zu zaghaft für den Ritter des Himmels. „Allen! Tu doch etwas!“, flehte sie ihn an und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, der jetzt noch strammer geworden war. Doch sie wusste, dass diese Bitte unerfüllt bleiben würde… Allen konnte nicht mehr kämpfen. So gern er es vielleicht wollte, er konnte nicht mehr. Und alle anderen hatten keine Chance gegen Baijne… Sie würden sich retten müssen, würden versuchen müssen an Bord zu gelangen und hoffen, dass es vielleicht Dryden und die restlichen Truppen schaffen würden, dieses schwarze Monster zu beseitigen… Hitomi würde nicht zu Van können, sich nicht von ihm verabschieden können. Energisch schüttelte sie ihren Kopf, schluchzte aus ganzem Herzen. Unaufhaltsam suchte sich ihr seelischer Schmerz einen Weg an die Oberfläche… Sie wollte auch sterben! Sie konnte ohne Van nicht leben! Aber das Kind!, rief die Stimme in ihrem Inneren. Sie durfte nicht… Sie durfte nicht mit Van gehen… „Hitomi! Du musst an ihn glauben!“, beschwor Allen ihn erneut. „Wenn DU nicht an ihn glaubst, wer dann?!“ Hitomi wollte ihn am liebsten anschreien, ihre Fäuste auf seine Brust trommeln. Sieh doch hin Allen! Siehst du nicht, dass es zu spät ist?! Alles schrie in ihr! Sie verlor fast ihre letzte Beherrschung, zwang sich aber, noch mal zu Van zu blicken, seine schöne Gestalt noch einmal zu sehen. Ein letztes Mal… Baijne hörte auf mit den Spielchen, als Van’s angeschlagenes Bein unkontrolliert zur Seite knickte. Er wollte einen frontalen Schlag von Baijne abwehren, verlor aber das Gleichgewicht und somit wurde seine Blockade nutzlos. Er konnte gerade noch ausweichen und blickte kurz in Baijne’s Gesicht: Schwarz, gehässig, und tödlich. Sein Gegenüber spürte ganz klar, dass etwas mit ihm nicht stimmte, so wie er da stand, so wie er keuchte und so wie ihm der Schweiß aus den Poren trat, trotz der feuchten Witterung. Er nutzte Van’s verlorene Deckung sofort. Seine schwarzen, leblosen Augen blitzten auf, als er eine blitzschnelle Drehung vollführte um allen Schwung, alle Kraft aus seinem Körper zu holen. Es war schon zu spät um irgendetwas zu tun. Baijne’s elastische, außergewöhnliche Klinge surrte ihm entgegen, traf auf das untere drittel von Allen’s Katana und brach es entzwei. Aber das Schwert machte keinen Halt vor ihm, es surrte weiter, er hörte nur das Geräusch und spürte dann den Schmerz. Seine linke Kopfhälfte fühlte sich an, als würde sie nicht mehr vorhanden sein, kurzzeitig. Doch sie war es, das hoffte er jedenfalls mit einem kurzen, winzigen Gedanken, als sein Blickfeld flimmerte und er zu Boden ging. Seine Beine trugen ihn nicht länger, seine ganze rechte Körperhälfte war ein einziger Schmerzender Klumpen. War es das? War das das Ende? Fühlte man nichts mehr, außer dem Schmerz? Er wollte so gerne an Hitomi denken… An ihr wunderbares Lächeln… An ihre Haare… So wie sie mit 16 ausgesehen hatte und so wie sie jetzt war, die Frau an seiner Seite. Am Rande seines Bewusstseins nahm er noch andere Dinge war, ferne Schreie, Rufe, ein Schluchzen, den Regen, den Wind… Aber er konnte nichts mehr tun, er war wie gelähmt. Das Pendel in seinem Kopf war nutzlos geworden, so wie der Schwertknauf in seiner Hand. Es war das Ende. „VAAAAANNNN!!!“, schrie Hitomi aus Leibeskräften. „GIB NICHT AUF! STIRB NICHT!“ Sie schrie ihm alles entgegen, was ihr in den Sinn kam, Aufmunterung, Anfeuerung, sogar ein wenig Ärger. „ICH HABE DICH GEWARNT! DU HAST MIR VERSPROCHEN ZU MIR ZURÜCK ZU KOMMEN!!“ Allen hielt sie immer noch fest, aber er hatte fast vergessen zu atmen. Er starrte genauso wie sie fassungslos auf die beiden Gestalten vor ihnen, vom Sturm umtobt. Baijne, mit seinem Schwert über Van, verächtlich auf ihn hinab blickend. Und Van unter ihm, ein gefallener Krieger im körnigen Sand des Strandes, die Gischt nur noch ein paar Fingerbreit von seinen Haarspitzen entfernt. Hitomi wusste, dass er verletzt war, wie schlimm konnte sie allerdings nicht erkennen. Aber sie spürte, dass immer noch ein Funken Leben in ihm steckte, ein Funken, den sie wieder entfachen wollte. „VAN! LASS MICH NICHT HIER ZURÜCK! KOMM ZURÜCK ZU MIR!“ Van hörte die Stimme erste leise, doch dann immer klarer. Sein Kopf brummte, seine Sicht war schlecht, aber der Schmerz schien langsam in den Hintergrund zu rücken. Er wusste, dass es nicht gut um ihn stand. Baijne hatte ihn ernsthaft verletzt… Aber er lebte noch. Er lebte noch und konnte hören wie Hitomi zu ihm sprach, wie sie es schon immer getan hatte. Sie schrie, sie flehte, sie schimpfte! Aber sie sprach mit ihm. Er durfte nicht gehen. Das hatte er ihr versprochen. Und das war die Wahrheit. Er zwang seine Augen, sich weiter zu öffnen, dem Wind zu trotzen und ihm bei der Orientierung zu helfen, was nicht sehr schwer war. Baijne stand über ihm, die verfilzten Haare wirbelten um seinen Kopf herum. Der Schwarze blickte auf ihn hinab, siegessicher und irre. „Noch einen letzten Wunsch, König Fanel?“ Van versuchte zu sprechen. Er hatte nur noch eine einzige Chance zu gewinnen, doch dazu musste er Baijne ablenken, durfte nicht sein Misstrauen erwecken. „Ja…“, sagte er, doch seine Stimme war brüchig, kaum zu hören. „Ich kann euch so schlecht verstehen… Sprecht doch ein wenig lauter…“, befahl Baijne und kicherte dabei. Bedächtig richtete er seine Schwertspitze auf Van’s Herz. „Jeder ehrenwerte Mann hat einen letzten Wunsch verdient…“, feixte der Häuptling altklug. Van ließ ihn nicht aus den Augen, starrte unentwegt in die schwarzen, toten Augen seines Feindes und ließ dabei gleichzeitig den wertlosen Schwertknauf aus seiner linken Hand gleiten, wobei er seine Rechte scheinbar achtlos an seine rechte Körperseite legte. „Ich… Ich will…“, begann Van leise, nicht Herr seiner Stimme. Er musste husten und verschluckte sich fast, da ihm der verfluchte Regen in seinen Mund fegte. Seinen Kopf wollte er allerdings nicht zur Seite drehen, um den Blickkontakt mit Baijne nicht zu verlieren. „Wisst ihr…“, begann dieser im Gegenzug. „Um ehrlich zu sein, halte ich euch gar nicht für einen ehrenwerten Mann…“ Er grinste, sein finsterstes, übelstes Grinsen. „Ich habe eigentlich gar nichts gegen euch persönlich…“, fuhr er dann fort, „Aber ihr seid auch nur ein König, nicht besser als irgendein anderer davor… Korrupte, Skrupellose Adelige, die nicht zögern, ein ganzes Volk abzuschlachten…“ Es ging also immer noch um die Vergangenheit… Van konnte nichts dazu sagen, seine Stimme versagte ihm. Er starrte Baijne weiterhin an, die Finger seiner rechten Hand legten sich derweil flach an seine Hosen, tasteten sich Millimeter für Millimeter vorwärts, in Richtung Stiefelschacht. „Es wird Zeit…“, sagte Baijne und auf einmal wurde sein Blick fast ein wenig weich, verständnisvoll. Van wusste, dass es so weit war. Es musste schnell gehen. Baijne’s Augen wurden zu Schlitzen, Hitomi schrie, die Wellen rollten mit Tosen und Grollen hinter ihm an und Van wurde noch einmal mit Adrenalin durchflutet. Er zog seinen Dolch in einer schnellen, geschmeidigen Bewegung aus der in den Stiefel integrierten Lederscheide, genau in dem Moment als Baijne seine Waffe darauf ausrichtete, zu zustechen. Baijne beugte sich über ihn und Van stieß ihm seinen schmalen Dolch mit voller Wucht in den Bauch. Blut spritzte, der schwarze Häuptling stöhnte auf und dann fühlte Van nur noch Wasser um ihn herum, als die Flut ihn und seinen Feind umspülte… ------------------------------------------ Nachwort: Ein etwas kürzeres Stück, aber mehr war nicht drin... Ich hoffe, alles ist verständlich, nachvollziehbar... Hierzu möchte ich etwas zu Baijnes Schwert sagen. es fällt mir schwer, das so zu beschreiben, wie es in meiner Vorstellung ist, ich denke, es ist ganz verständlich, aber wer von euch sich dennoch fragt, was genau damit gemeint ist: Es ist ein bissl so wie dieses tolle Schwert aus "Tiger and Dragon", das alle haben wollen, der name ist mir entfallen... Ein schwert, aber bei richtiger anwendung und geschwindigkeit elastisch und biegsam wie eine peitsche... die zaibacher haben es ja mit solchen materialien, also kein wunder... ^^ so, ich lasse dieses kapitel jetzt erst mal so stehen, ihr könnte für euch selbst philosophieren, ob Baijne wirklich tot ist oder nicht... *gg* aber jetzt wirds erst mal langsam zeit, Hitomi aus dem Regen zu holen. bis bald! ich würde mich wie immer sehr über ein paar meinungen freuen! eure, Chiyo Kapitel 42: Der Geruch von Regen -------------------------------- sodala. ich schreibe weiter fleissig. da in in 2 wochen nach berlin abhaue und schon so lange eine neue geschichte im kopf habe, möchte ich "Erwärme mein Herz" wirklich langsam zu ende bringen... ich hoffe, meine schreiberische leistung geht dabei nicht drauf. ich gebe mein bestes! ^^ ähm, zum letzten kapitel: es gab da scheinbar nochmal eine kleine unklarheit, zwecks der letzten szene, ich glaube, das kam von viciousgirl: Da ich selber Schwertkampf mache, weiss ich, wenn man wirklich etwas anrichten will, braucht man da ein bissl kraft und anlauf... In dem moment, als Baijne quasi sein Schwert zurückgezogen hat, über seine Schulter, hat Van seinen Dolch gezogen und halb aufgerichtet angegriffen. es tut mir leid, wenn das nicht so ganz deutlich war. ich werde das vielleicht nochmal überarbeiten... jetzt erst mal: viel spass bei diesem kapitel! -------------------------------------------------------------- Kapitel 42: Der Geruch von Regen Hitomi saß in der großen Eingangshalle von Dryden’s Hauptschiff und starrte auf die farbenfrohen Fische, die sich in dem riesigen Aquarium ihr gegenüber tummelten. Das Becken war riesig, in die Wand eingelassen und grenzte auf der anderen Seite an Dryden’s und Millerna’s Schlafgemach, soweit sie wusste. In der Mitte aber waren verschnörkelte Steine aufgeschichtet, mit Gräsern und exotischen Korallen bewachsen, sodass man nichts von der anderen Seite sehen konnte. Hitomi’s Augen folgten der eleganten Bewegung eines türkis-gelben Fisches, den fast unsichtbaren Schwingungen seiner hauchdünnen Flossen… Er wirkte zufrieden, mit der Welt im Reinen… Seine einzigen Sorgen waren es wohl, zu fressen und zu schwimmen. Hitomi beneidete ihn darum… Sie wusste, dass die intensive Betrachtung der Fische nur ein Fixpunkt für ihre Augen war. Ein Ausflucht, um nicht an Van denken zu müssen… Sie hatte Angst davor sich vorzustellen, wie es ihm gerade ging, was er gerade für Schmerzen durchlitt… Und es war auch noch alles so schnell gegangen, dass sie sich kaum erinnern konnte… Die vergangene halbe Stunde kam ihr vor, wie ein verwackelter, rauschender Schwarz-Weiß-Film. Erst der Kampf mit Baijne… Hitomi hatte mit ansehen müssen, wie Van nieder ging, wie Baijne ihn angriff und dann war da diese riesige Welle, die über beide hinweg schwappte, sodass niemand mehr etwas erkennen konnte… „VAAAN!“, hatte Hitomi erneut geschrieen, sich in Allen’s Armen gewunden, sich aber nicht befreien können. Sie hatte mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit auf den Punkt am Strand gestarrt, keine 10 Meter von ihr entfernt, wo sich jetzt der Ozean wieder zurückzog und einen durchnässten Haufen aus zwei Menschen zurück ließ. Und beide hatten sich nicht mehr gerührt… Van hatte reglos da gelegen, Baijne halb auf ihm. Erst dann hatte Hitomi das Blut wahrgenommen, das den Sand benetzt hatte und von den Wellen mitgerissen wurde. Die Gischt hatte sich rot gefärbt, ein unheimlicher Anblick. Ab da konnte sich Hitomi an nicht mehr viel erinnern. In dem Moment schien sich ihr Blickfeld zu verdunkeln, grau und stumpf zu werden. Sie fühlte nichts mehr, nur ihr Herz, welches ganz langsam in hunderte von Teilen zerriss. Allen hatte sie los gelassen, war zu Van hinüber gestürzt, irgendwer hatte auch sie gepackt, zurückgezogen und erst auf Dryden’s Schiff konnte sie sich wieder orientieren. Plötzlich waren da überall Hände gewesen, sanfte, wohlwollende Hände, die sie vorwärts schoben, ihr die nassen Kleider auszogen, sie trocken rieben, ihre Wunden säuberten und sie schließlich in ein frische Gewänder steckten. Jetzt saß sie da, in der Eingangshalle, die neben einigen anderen Zimmern zum Lazarett umfunktioniert worden war. Überall saßen oder lagen verletzte und angeschlagene Soldaten herum, wurden umsorgt von freundlichen Mädchen in astorianischen Uniformen. Hitomi hatte keine größeren Verletzungen, außer ein paar Schrammen und blaue Flecken. Sie wollte sich dennoch noch mal untersuchen lassen, aber erst von Millerna persönlich. Diese aber war gerade in ihrem Operationszimmer, wo sie sich um Van kümmerte. Deshalb kam sich Hitomi auch gerade so furchtbar nutzlos vor. Sie saß da, kannte niemanden um sich herum und konnte nur auf die Fische im Aquarium starren um nicht vollkommen durchzudrehen. Sie wollte bei Van sein! An seiner Seite! Seine Hand halten! Sie wollte ihn gesund wissen und ihr schmerzendes Herz wieder rehabilitieren. Sie hatte es ja wirklich versucht! War hinter Van hergestürzt, als sie seinen reglosen, aber noch lebendigen Körper auf das Schiff geschafft hatten, das mittlerweile oben auf den Klippen gelandet war… Aber Millerna hatte sie nur streng angesehen und ihr verboten den Raum zu betreten, ehe sie sich Van angesehen hatte. Jetzt war er schon eine halbe Stunde da drin und es gab immer noch keine Nachricht von ihm… Der einzige Trost an dieser ganzen Sache war, dass Baijne tot war. Mausetot. Van hatte ihm seinen Dolch tief in den Bauch gerammt, ihn geschickt gedreht, sodass der Schwarze noch vor Ort verblutet war. Hitomi spürte nicht mal den Ansatz von Trauer, als sie daran dachte. Es geschah ihm ganz recht! Für all das was er ihr und so vielen Anderen davor angetan hatte… Sie wusste, dass diese Art zu denken nicht schön war. Aber im Moment konnte sie nicht anders empfinden… Nicht, wo Van so verletzt war. Unruhig strich sie immer wieder über den Stoff ihres einfachen, sandfarbenen Leinenkleides und zog das gestrickte Tuch um ihre Schultern noch enger um sich. Obwohl sie wieder trocken war, konnte sie die Nässe, die sie den ganzen Tag über durchweicht hatte, noch spüren. Gänsehaut lief über ihren Rücken, ließ sie schaudern und sie entschied sich, aufzustehen und ein wenig herum zu gehen. Sie bahnte sich einen Weg durch die Soldaten hindurch, von denen einige von Schmerzen geplagt stöhnten, Andere aber schon wieder lachten, vielleicht, weil sie gesiegt hatten und alles vorbei war… Im Moment war Hitomi weder nach dem Einen noch dem Anderen… Sie ging ein wenig umher, versuchte sie wieder aufzuwärmen und fragte sich zum ersten Mal, wo eigentlich Allen, Seygon und der Rest ihrer Freunde waren. Sie wusste, dass Allen in Van’s Rettungstruppe dabei gewesen war, aber kurz darauf war er wieder verschwunden… Sie überlegte schon, wen sie fragen konnte, als die Antwort auch schon zur Tür herein gestolpert kam. Allen, mit einer ungesunden Gesichtsfarbe, gefolgt von einem schwitzenden Kobe und Seygon, der niemand anderes als Brisaeye in den Armen trug. „Was ist passiert?!“, fragte sie und starrte wie vom Donner gerührt auf das schwarze Mädchen in Seygon’s Armen. „Sie lebt! Ich wollte sie wegtragen, zu den anderen Opfern, aber sie hat noch geatmet!“, erklärte ihr Seygon aufgeregt und hastete schnell an ihr vorbei. Allen hielt ihm bereits die Tür zu Millerna’s Zimmer auf, ließ Seygon ein und zog dann die Tür auch hinter sich selbst zu. Hitomi blieb zurück, wobei ihre Mine mehr als erschüttert wirken musste. Brisaeye lebte! Sie hatte an das Mädchen in all der Aufregung keinen Gedanken mehr verschwenden können und war nun umso erstaunter. „Kobe! Sie lebt!“, sagte sie zu des Königs ersten Berater, der neben sie getreten war. „So ist es…“, erwiderte er und man spürte deutlich die Erleichterung in seiner Haltung. Dennoch wirkten die Falten in seinem alten Gesicht tiefer als je zuvor. „Ich muss zugeben, ich war mehr als erschüttert, als dieser Häuptling… Ich meine, sie ist seine eigene Schwester…“, redete Kobe weiter und schüttelte erschüttert den Kopf. Hitomi schüttelte ihren ebenfalls. „Das war sie nicht… Zumindest nicht ganz… Sie ist halb menschlich… Deshalb war Baijne’s Hass auf sie auch so groß…“ Kobe starrte sie erstaunt an. „Halb menschlich?“ Hitomi nickte zustimmend. „Hm…“, machte Kobe und schmunzelte fast ein wenig, „Vielleicht hat sie deswegen noch auf die richtige Seite dieses Krieges zurück gefunden…“ „Es ist vorbei, oder?“, fragte Hitomi ein wenig zaghaft, fürchtete fast die Antwort. „Das ist es… Die Zaibacher sind besiegt, bis auf den letzten Mann… Keiner von ihnen hat sich ergeben, ein Umstand, der mich fast stutzig macht“, erklärte Kobe langsam. „Ich frage mich, ob ihnen überhaupt bewusst war, was sie da taten, für wen sie eigentlich kämpften…“ „Sicher nicht“, erwiderte Hitomi traurig. Aber jetzt war es vorbei. Das hoffte sie zumindest. Für sie war es erst geschafft, wenn Van wieder auf dem Damm war. „Wie geht es dem König?“, fragte Kobe dann. „Habt ihr ihn schon gesehen?“ Hitomi schüttelte heftig ihren Kopf und spürte zu ihrem Widerwillen, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Sie lies ihre Haare wie einen Vorhang ins Gesicht fallen, wandte sich von Kobe ab und ging langsam zu ihrem Platz zurück, eine lange Bank an der vorderen Fensterfront der Halle. Draußen regnete es zwar noch, aber der Wind war nicht mehr so stark wie zuvor. Man konnte sehen, wie der Sturm langsam weiter zog. „Millerna lässt mich nicht zu ihm…“, sagte sie, als Kobe sich neben sie setzte. „Hm… Lasst und beten, dass wir ihn heil zurückbekommen…“, sagte Kobe und legte ihr tröstend eine Hand auf den Arm. „Wie geht es euch?“, wollte er dann wissen. Hitomi lächelte matt. „Den Umständen entsprechend… Ich bin nicht wirklich verletzt, wenn ihr das meint…“ Das hoffte sie zumindest… Der Gedanke, dass ihrem Kind etwas passiert war, lag immer noch schwer auf ihrer Seele. Kobe nickte nur und tätschelte ihren Arm. Es war ihm offenbar unangenehm, sie weiter zu löchern, nachdem er durch Zufall von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte. „Geht es euch gut?“, fragte Hitomi wiederum und nahm den Mann ins Visier. Auch Kobe lächelte matt, seine Augen wurden kurzzeitig zu den freundlichen Halbmonden, die sie so an ihm mochte. „Ich glaube, ich habe eher einen seelischen Schock davon getragen, als Äußerlichen… Allerdings könnte ich auch neue Kleidung gebrachen…“ Das war wahr. Zwar war er kaum so durchnässt worden wie Hitomi, doch war sein langer, blauer Umhang bis zu den Schultern mit Dreck bespritzt und ein breiter Streifen von Sand und Blut hatte sich an seinen Saum gehaftet, ein Anblick, von dem Hitomi übel wurde. Sie wandte ihren Blick ab und deutete auf eines der herumlaufenden Mädchen. „Geht zu ihnen, sie helfen euch…“ Kobe nickte, besah sie mit einem letzten, stärkenden Blick und erhob sich dann. Hitomi sah ihm nach, wie er mit einem blonden Mädchen im Nebenzimmer verschwand, das direkt neben der Tür lag, hinter welcher Van operiert wurde. Das Herz wurde ihr wieder schwer, die Tränen kamen ihr hoch, aber sie blinzelte sie energisch weg. Es half nichts, wenn sie weinte… Im Gegenteil, sie musste beten, hoffen, Van all ihre positive Energie schicken. Das hatte sie doch früher schon getan… Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und konzentrierte sich auf Van. Sie spürte ihn, irgendwo in der Dunkelheit, spürte seine schwache, aber vorhandene Aura. Sie konzentrierte sich auf diese Ahnung von ihm und sandte all ihre Kraft dort hin. Mit jeder Faser ihres Körpers dachte sie an sein Wohlergehen, an seine Genesung. Du musst leben Van! Du darfst noch nicht gehen! Es gibt doch noch so vieles, was wir beide tun müssen… Wir haben uns endlich gefunden, wir haben eine Zukunft, ein Leben! All dies flehte sie in die Dunkelheit. Sie hätte vermutlich auch noch die nächsten Stunden damit zugebracht, wenn sie nicht jemand aus ihren Gedanken geholt hätte. Erschrocken schlug sie die Augen auf, als sie eine große Hand auf ihrer Schulter spürte. Es war Saygon, der sich zu ihr hinunter beugte und sie sorgenvoll musterte. „Ihr solltet etwas essen, wirklich…“, sagte er bestimmend und bekam einen zustimmenden Laut von Kobe, der mittlerweile wieder da war, mit frischer Kleidung. Hitomi staunte nicht schlecht. Kobe war nicht wie üblich in sein blaues, farnelsches Gewand gekleidet, sondern in Hose und Hemd, ein Anblick, der mehr als ungewohnt war. Sie hatte immer gedacht, dass der alte Herr ein wenig rundlicher war, doch in der Hose sah man seine dünnen, sehnigen Beine, erst am Bund spannte sie ein wenig straffer um den Bauch. „Kobe! Ihr seht gut aus!“, sagte sie ihm auch sogleich. „Ach was…“, winkte dieser ab und setzte sich mit einem Anflug von roten Wangen wieder neben sie. „Da hat sie recht….“, stimmte Seygon zu und nahm zu Hitomi’s anderer Seite platz. „Das ändert aber nichts daran, dass wir lieber den Speisesaal aufsuchen sollten…“ „Eben. Ihr hattet doch schon vor einer Stunde Hunger, Mädchen!“, meinte Kobe tadelnd. Bei dem Wort „Mädchen“ wurde ihr ganz anders. Bilder von Baijne und Dornfels zuckten für einen Moment durch ihre Gedanken, ließen sie schaudern und die Übelkeit erneut in ihr aufsteigen. Sie hatte Hunger, das war keine Frage… Sie spürte das tiefe Loch in ihrem Magen und unterdrückte ein Grummeln. Dennoch konnte sie jetzt nicht einfach essen gehen… „Wenn ihr mir sagt, dass es Van gut geht, überlege ich es mir vielleicht…“, meinte sie an Seygon gewandt. Sie fixierte ihn neugierig, hing schon an seinen Lippen und wartete gespannt auf eine Antwort. „Ich muss euch leider enttäuschen… Ich habe den König nicht gesehen… Er lag hinter einer Trennwand. Ich habe nur Brisaeye hingelegt und Kommandant Allen gezwungen, sich ebenfalls wieder zusammenflicken zu lassen…“, erwiderte er bedauernd. Die Enttäuschung, die Hitomi verspürte, war unsinnig, aber dennoch groß. Wieso bekam sie keinen Zwischenbericht von Millerna? Die Ärztin musste doch wissen, wie es ihr im Moment ging… „Tut mir leid…“, fügte er noch hinzu und ließ sich langsam gegen die Wand sinken. „Ist schon gut…“, presste Hitomi hervor, obwohl das mehr als gelogen war. Gar nichts war gut. Und wenn sie sich Seygon so ansah, empfand er das genau so. Eine tiefe Sorgenfalte hatte sich auf seiner Stirn eingefurcht, seine sonst so gesunde, braune Haut wirkte fahl und fleckig und sein dunkelblondes, von der Sonne gegerbtes Haar lag ihm klatschnass am Schädel. „Sie wird es schaffen…“, sagte sie mit größter Zuversicht zu ihm und winkte dann eines der Mädchen heran, um sich auch den tapferen Offizier einmal anzusehen. Seygon’s Kratzer und Schnitte an Armen und im Gesicht wurden gleich behandelt und sein schmutziges, mit Brisaeye’s Blut getränktes Hemd wurde ihm gegen ein Neues ausgetauscht. Hitomi musste sich beim Anblick des Blutes wiederum abwenden, da eine Welle von Übelkeit sie erneut zu überrollen drohte… Sie stand auf, ging ein paar Schritte, blieb dann vor der Aquariumsscheibe stehen und spähte abwechselnd auf Fische und Tür, wo in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder ein verletzter Soldat herein stolperte oder gar getragen wurde. Jedoch wurden es immer weniger. Hitomi kam es vor, als wären schon wieder 3 Stunden vergangen, seitdem Seygon Brisaeye an Bord gebracht hatte, aber in Wahrheit waren es erst ein paar Minuten. Sie starrte gerade Gedankenverloren auf einen länglichen, schwarzen Fisch der sie ein bisschen von dem unangenehmen, schmerzlichen Ziehen in ihrer Brust ablenkte, als hinter ihr ein lautes „Kanzaki-san!“, erklang. Hitomi wandte sich erstaunt um und sah Tomu auf sie zu laufen, gefolgt von Kagami mit dem Baby Alana auf dem Arm, sowie Miguel, Cheat und dessen Frau Alanis. „Tomu!“ Sie hatte ganz vergessen, wie schön es war, den kleinen, japanischen Junge zu sehen. Er lief auf sie zu und blieb stolpernd vor ihr stehen. Seine dunklen Augen waren auf sie gerichtet, wanderten im nächsten Moment aber beschämt zu Boden. Er hatte es also immer noch nicht ganz gelernt, dass sie nicht mehr seine Lehrerin war. „Du sollst mich doch bei meinem Vornamen nennen…“, tadelte sie ihn und drückte ihn dann erleichtert und glücklich an ihn. Erst schien der Junge ein wenig überrumpelt, schmiegte sich aber dann an sie und konnte nicht mehr an sich halten. „Ich hatte solche Angst!“, murmelte er in den Stoff an ihrer Schulter. „Wieso bist du denn hier? Du hast doch nicht etwa den Kampf gesehen?“, fragte Hitomi fast ein wenig entsetzt. „Sie ließen sich nicht abhalten…“, antwortete Kagami stattdessen und kam ein Stück näher. Sie wirkte zerbrechlich wie eh und je, strahlte die altbekannte Ruhe aus, wie schon früher in ihrer Sekretärinnen-Zeit, dennoch lag ein Schatten auf ihrem Gesicht der nicht schwer zu deuten war: Sorge. „Ja…“, schaltete Tomu sich nun wieder ein. „Allen hat Herrn Dryden eigentlich angeordnet, mich und Miguel in Astoria zu lassen – “ „Aber wir haben meine Mutter einfach so lange genervt, bis sie uns mitgenommen haben…“, unterbrach Miguel ihn und grinste schelmisch. Der älteste Sohn Millernas wirkte gutgelaunt und spitzbübisch wie immer, aber auch ihm war die innere Unruhe deutlich anzumerken, so nervös wie er an seinem Hemdkragen herum spielte. „Na, dann muss ich aber mal ein Wörtchen mit Dryden reden…“, scherzte Hitomi ein wenig und ließ Tomu wieder los. „Es ist schön dich zu sehen Tomu…“ Sie versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, aber ihre Gesichtszüge gehorchten ihr nur bedingt. Es kam ihr vor, als hätte sie Tomu und die anderen schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen, nicht erst seit einer Woche… Die letzte Woche war aber auch so ereignisreich gewesen wie ein ganzes Jahr… Cheat, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, trat jetzt näher heran und legte eine Hand beruhigend auf Kagami’s Schulter. Er war scheinbar unverletzt, dennoch hatte der Kampf Spuren auf seiner Gewand hinterlassen: Dreck und Nässe. „Hitomi… Wie geht es Allen?“ Die Frage war wohl die, die Kagami schon die ganze Zeit auf der Zunge gelegen hatte, so wie sie schluckte. „Wir haben gerade erst von einer Helferin Millerna’s erfahren was passiert ist… Wir sind sofort her gekommen! Wo ist er? Ist er verletzt?“, wollte Kagami wissen und zwang sich offenbar, die Verzweiflung nicht aus ihr hervor brechen zu lassen. Hitomi konnte ihre Gefühle fast körperlich spüren. Sie waren kaum heftiger als ihre eigenen… Deshalb antwortete sie mit besonderem Bedacht: „Als ich ihn zuletzt gesehen habe, sah er zwar nicht gut aus, aber er ist nicht so schlimm verletzt, dass Millerna ihn nicht wieder zusammenflicken könnte…“ „Da hat sie recht…“, erklang es jetzt von der anderen Seite des Raumes. Just in dem Moment kam Allen aus der Tür geschritten und war mit schnellen Schritten bei ihnen. Er ließ Kagami keine Zeit, aufzuschreien oder sonst irgendetwas zu tun, sondern schloss sie sofort in seinen gesunden Arm und küsste sie lange und hingebungsvoll. Hitomi konnte nicht anders, als weg zu schauen. Es versetzte ihr einen kleinen, aber dennoch scharfen Stich, dass Allen und Kagami schon wieder vereint waren, sie aber immer noch um ihren Geliebten bangen musste… „Allen! Ich hatte solche Angst!“ Kagami fing nun doch noch an zu weinen, was die kleine Alana dazu brachte, erschrocken zu quengeln. Hitomi wagte wieder einen Blick und stellte mit erstaunen fest, dass auch Cheat, dessen Frau Alanis ihm einen tröstenden Arm um seine Taille gelegt hatte, ein paar Tränen aus den Augen rollten. Er starrte Allen mit glasigen Augen an, erleichtert und schmerzerfüllt zugleich. Es war das erste Mal, seit Hitomi wieder auf diesem Planeten war, dass sie Cheat so offen und emotional sah. Wenn man Augen im Kopf hatte, sah man auf den ersten Blick, dass er und Allen verwandt waren, dennoch sprach niemand offen darüber. Aber, so wurde Hitomi in diesem Moment bewusst, wusste Cheat mittlerweile auch bescheid… Er wusste, dass Allen sein leiblicher Vater war! Aber weil er der Fürst von Fraid war, weil er eine Position zu bewahren hatte, musste er die Wahrheit verschleiern. Und diese Wahrheit war, dass er fast ebenso viel gelitten hatte, wie Kagami… „Schhhhttt, ist ja schon gut…“, murmelte Allen in Kagami’s Haar und küsste seine Tochter auf die Stirn. Jetzt kamen auch Kobe und Seygon hinzu, wobei der erste Offizier ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen hatte. „Ihr seht wesentlich besser aus, Kommandant!“, meinte er. Allen nickte: „Ich fühle mich auch wesentlich besser…“ Kagami fasste vorsichtig an seinen linken Arm, der in einer Bandage lag und begutachtete den Verband, der um seinen Kopf gewickelt war. „Was ist passiert?“, wollte Cheat wissen, der sich wieder etwas gefasst hatte. „Gymilef…“, sagte Allen nur und blickte finster drein. „Und es geht dir wirklich gut?“, hackte Kagami noch einmal nach und lehnte sich sachte an seine gesunde Seite. „Aber ja, Liebes… Meine Schulter war ausgekugelt… Millerna hat sie wieder eingerenkt… Die Platzwunde an meinem Kopf ist auch versorgt, von den vielen Kratzern und blauen Flecken muss ich gar nicht reden…“, erklärte er und lächelte zu seiner Kagami hinunter. Dann deutete er mit einer schiefen Grimasse auf seine Füße hinunter, die barfuss waren. „Irgendwie habe ich es auch geschafft, mir meinen rechten Knöchel zu verstauchen…“ Besagte Stelle war mehrfach angeschwollen und gerötet. „Ich werde für eine Weile wohl ihn keinen Schuh mehr rein kommen…“, scherzte er. „Allen…“, setzte Hitomi ab, zögerte, versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie wollte ihren Freund nicht so überfallen… Aber bei der Betrachtung seiner Verbände, kamen wieder ihre eigenen Sorgen an die Oberfläche. „Hast du Van gesehen?“, platzte sie dann heraus und sah tief in Allen’s blaue Augen. Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck: Die Erleichterung verschwand, wurde überboten von Missmut und Sorge. Er presste seine Lippen leicht aufeinander und atmete tief durch. „Er wird es schon schaffen…“, sagte er dann langsam. Das war nicht was sie hören wollte. Hitomi konnte nicht anders… Sie riss sich von Tomu’s Seite weg, drängte Kagami ungeduldig zur Seite und packte Allen am Kragen seines frischen, weißen Hemdes. „Sag es mir! Sag mir was du weißt!“, forderte sie ihn ungehalten auf, nicht mehr Herrin ihres Verstandes. Da war nur noch die Sorge, die Verzweiflung… Es ging um ihren Van, um ihren geliebten Van! Allen erwiderte ihren Blick mit tiefer Intensität. Auch er machte sich Sorgen um Van… „Er wird es schaffen… Da bin ich mir sicher… Millerna hat ihn betäubt, hat sein Bein geschient und die kleineren Verletzungen behandelt…“, sagte er. „Und weiter? Was ist mit seiner großen Verletzung? Die, die ihm dieser fürchterliche Baijne zugefügt hat?!“ Allen legte bedächtig seine gesunde Hand auf ihre. „Millerna arbeitet daran… Sie ist die beste Ärztin auf diesem Planeten und sie hat die helfenden Hände von Heilern aus Fraid und den anderen Ländern. Van wird schon wieder… Um das Mädchen steht es wesentlich schlechter…“ Sofort war Seygon bei ihnen. „WAS?!“, fragte er entsetzt. „Sie hat viel Blut verloren…“, klärte Allen ihn auf. „Ihr Leben hängt an einem seidenen Faden. Aber Millerna tut was sie kann.“ Seygon nickte bedrückt. Er konnte nur warten und hoffen, genau wie Hitomi. Allen sah jetzt wieder in Hitomi’s Augen. „Millerna hat mir aufgetragen, euch alle in den Speisesaal zu bringen… Wir brauchen eine Stärkung…“ Hitomi war der Gedanken an Essen immer noch zuwider, kam ihr unsinnig und wertlos vor, aber wahrscheinlich hatte Allen recht. Sie brauchte wieder Kraft, Kraft um den Tag zu überstehen… Dennoch konnte sie nicht anders, als an Allen’s Schultern endlich in Tränen auszubrechen und bitterlich zu schluchzen… Ein paar Minuten später nahm Tomu sie an der Hand und zog sie mit sich. Gemeinsam gingen sie in den Speisesaal und Tomu erzählte Hitomi, was er alles erlebt hatte, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte… Seine Abenteuer mit Miguel, seine Leben in Astoria’s Palast und seine Reise zu dieser Insel. Er schien unbeschwerter als früher, so als hätte er endlich seinen Platz im Leben gefunden. Aber als er vom Kampf sprach, wirkte er um einiges reifer als noch vor einer Woche. Er hatte gesehen, wie sich Gymilefs bekämpfen, wie sich Menschen bekämpfen… Eine Erfahrung, die ihn für immer prägen würde. Hitomi war sich fast sicher, dass ihm diese ganze Sache näher ging, als er es zeigte, aber er riss sich für sie zusammen. Er war für sie wieder der Schüler, den sie so gern hatte… Als sie in den Speisesaal kamen, schlug Hitomi sofort ein Duft entgegen, der ihren Magen erwartungsvoll Knurren ließ. „Er lässt sich eben nicht lumpen, unser Dryden…“, sagte Allen anerkennend. Das stimmte: Die lange Tafel war überladen mit den herrlichsten Speisen, die man sich nur vorstellen konnte. Wildschweinbraten, Gegrilltes Geflügel, dampfende Gemüsesuppe, überquellende Obstplatten und frisch gebackenes Brot waren nur ein paar Dinge davon. Der Tisch war gut besetzt von ein paar Soldaten und zu Hitomi’s großer Freude waren auch Merle, Nora und Nouga anwesend. „Hitomi! Geht es dir gut?!“, rief Merle ihr zu und winkte sie zu sich. Hitomi ließ sich das nicht zweimal sagen… Sie ging hinter Tomu her, nahm auf dem nächsten Stuhl zu Merle platz und griff nach dem erstbesten Stück Fleisch, das ihr in die Finger kam. Erst nach einem ausgiebigen Bissen des köstlich-zarten Hühnchens beantwortete sie Merle’s Frage: „Jetzt wieder besser…“ Ihre Tränen waren wieder ein wenig getrocknet, nach dem Ausbruch an Allen’s Schulter, wofür sie sich fast ein wenig schämte. Sie wollte unbedingt noch das Gespräch mit Kagami und Cheat suchen, das würde sie wenigstens eine Weile von ihrer Sorge um Van und Brisaeye ablenken. Sie hatte sich so gefreut, dass ihr ehemaliges Zimmermädchen überhaupt lebte, hatte aber gar nicht darüber nachgedacht, wie schlecht es wohl in Wahrheit um sie stehen musste. Jetzt aber war sie erst einmal damit beschäftigt, zu essen. Auch die Anderen langten kräftig zu. Allen verputzte in Rekordzeit ein halbes Hähnchen, obwohl er in seinen Bewegungen eingeschränkt war. Hitomi erzählte Merle in groben Zügen, was in der Zwischenzeit geschehen war und griff immer wieder nach den Speisen, um ihren Heißhunger zu bezwingen. Merle war immerhin feinfühlig genug, nicht weiter nach Van oder Brisaeye zu bohren, wofür Hitomi sehr dankbar war. „Wie geht es dir, Nora?“, fragte sie irgendwann an das kleine Mädchen gewandt. Nora, die noch nie viel gesprochen hatte, sah sie mit ihren klaren, geheimnisvollen Augen an und lächelte. „Gut.“ „Sie ist schüchtern…“, rettete Merle und lächelte ihre Tochter liebevoll an, wobei ihre spitzen Eckzähne aufblitzten. „Das kann sie aber nicht von dir haben…“, erwiderte Hitomi und zwinkerte Merle zu. Die Katzendame wirkte erleichtert, wie sie alle… Erleichtert, dass dieser Kampf ausgestanden war. Aber sie trug mittlerweile auch wieder dieses Strahlen in den Augen, dasselbe, mit dem sich Allen und Kagami auch gerade anschauten. Es war alles gut, zumindest in ihren Familien. Merle hatte Nora wieder und auch Nouga schien unbeschadet zu sein. Der sonst so stille Katzenmann unterhielt sich angeregt mit Cheat über den Tisch hinweg. Hitomi sprach dann ein Thema an, das ihr schon seit einer Weile auf der Seele lag. „Merle…“, begann sie und pflückte ein paar Trauben vom Obstteller. „Ich wollte dir danken… Dafür dass du deinen Groll gegen mich für eine Weile beiseite gelegt hast und mir zur Seite gestanden hast…“ Merle sah sie jetzt interessiert an, ihre Pupillenschlitze waren breiter als sonst. „Ich würde es verstehen, wenn du wieder in deine alte Laune zurückfallen würdest… Schließlich war diese Sache mit Dornfels, dieser Kampf und unsere Gefangenschaft eine Ausnahmesituation.“ Die Katzenfrau hob skeptisch eine Augenbraue. „Glaubst du das wirklich?“ Hitomi erwiderte ihren Blick. „Was meinst du?“ „Dass ich dich wieder hassen könnte, womit ich so viele Jahre meine Zeit verschwendet habe? Eigentlich sollte ich mich bei DIR entschuldigen, dafür dass ich so ein Ekel war und vor allem dafür, dass ich ohne Vorwarnung meine Krallen an deine Kehle gehalten habe…“, sagte sie. Hitomi schüttelte den Kopf. „Wenn du das nicht getan hättest, hätte ich euren Plan vielleicht unbewusst verraten…“ Sie lächelte, bei der Erinnerung an den Schrecken, den sie in der Kathedrale bekommen hatte. „Wer ist eigentlich auf diese Idee gekommen?“ „Brisaeye…“, erwiderte Merle ohne zu zögern. „Sie hatte sich schon für uns entschieden, als wir durch das Licht geschritten sind…“ Hitomi spürte den Respekt, der in Merle’s Stimme mitschwang. Brisaeye hatte sie alle überrascht. Sie selbst inbegriffen… „Sind wir damit quitt?“, fragte Hitomi dann kleinlaut. „Sind wir.“ Merle nickte bestätigend und lächelte ihr zu. Dann griff sie nach zwei Gläsern und schenkte in eines tiefroten Wein, in das andere klares Wasser ein. Sie reichte Hitomi das Wasserglas und betrachtete sie mit viel sagendem Blick. „Auf eine neue Ära…“, sagte sie und ließ ihr Glas gegen Hitomi’s klirren. Immer wieder kamen versorgte Soldaten zur Tür herein, setzten sich an den Tisch, aßen, gingen wieder. Manche blieben auch sitzen, unterhielten sich leise mit ihrem Nachbarn. Keiner wagte, die Stimmung allzu ausgelassen werde zu lassen. Dazu gab es auf diesem Schiff noch keinen Anlass. Tomu und Miguel hatten sich Nora geschnappt, um sie ein wenig aufzuheitern und spielten mit ihr ein kleines Rollenspiel. Nouga hatte seine Merle in den Arm genommen und sprach leise mit ihr. Cheat unterhielt sich mit seiner Frau und Kobe. Seygon, der neben Hitomi am unruhigsten wirkte, war mit Allen im Gespräch. Und Hitomi hatte sich zu Kagami gesetzt, die ihre kleine Tochter in den Schlaf zu wiegen versuchte. „Sie will nicht schlafen, hm?“, fragte Hitomi und blickte auf den kleinen schwarzen Haarschopf hinab. Alana’s Augen blickten ihr neugierig entgegen, ansonsten war sie ganz still. „Nein… Sie lässt sich lieber von Allen ins Bett bringen...“, erwiderte Kagami und strich ihren langen, schwarzen Zopf wieder über ihre Schultern, als er nach vorne zu fallen drohte. Aus einem Impuls heraus fragte Hitomi dann: „Darf ich sie mal halten?“ Kagami lächelte warm. „Natürlich…“ Sie reichte ihr das kleine Bündel und Hitomi nahm sie zaghaft entgegen. Es fühlte sich ungewohnt an, so ein kleines Wesen zu halten, obwohl sie von einem tiefen, warmen Gefühl der Zuneigung ergriffen war. „Sie ist wunderschön…“, sagte sie und strich Alana über die weiche, weiße Wange. „Das ist sie…“ Kagami lehnte sich etwas hinüber und berührte dabei Hitomi’s Schulter. Sofort zuckte sie wieder zurück, wandte sich beschämt ab. „Ich glaube, mit mir stimmt irgendetwas nicht…“, sagte Hitomi dann ein wenig ärgerlich. „Was?“ Kagami musterte sie sorgenvoll, aber Hitomi spielte nur weiter mit Alana’s winziger Hand. „Ich bin auch Japanerin, aber ich habe keine Berührungsängste, so wie du oder Tomu…“ Damit hatte Kagami wohl nicht gerechnet, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. „Ich… - “, setzte sie an, aber Hitomi unterbrach sie sogleich. „Ich bin nicht mehr deine Chefin Kagami, bitte mach’ dir das klar… Ich bin hier eine ganz normale Frau, ich stehe nicht höher als du… Du bist die Mutter von Allens Tochter, und da er einer meiner ältesten Freunde ist, will ich mich gerne mit dir arrangieren, ohne dass es zu solchen Missverständnissen kommt.“ Ihre Stimme klang härter als geplant, war aber vielleicht eine Notwendigkeit. „Es tut mir leid…“, sagte Kagami kleinlaut. „Ich weiß das alles und trotzdem fällt es mir so schwer…“ Sie suchte Hitomi’s Blick mit ihren dunklen Augen, die sie in diesem Moment an Van’s erinnerten. Hitomi schüttelte besänftigend den Kopf: „Entschuldige dich nicht… Aber denk’ in Zukunft einfach nicht mehr so viel darüber nach, in Ordnung?“ Kagami nickte und lehnte sich jetzt wie zur Bestätigung wieder an ihre Schulter, um einen besseren Blick auf Alana zu haben. „Sie wird bestimmt mal eine Herzensbrecherin, genau wie ihr Vater…“, sagte Hitomi und lächelte. „Hey, das hab ich gehört!“ Allen lehnte sich zu ihnen herüber und blickte finster drein. „Hör nicht auf Tante Hitomi, Alana… Sie weiß nicht was sie sagt…“ Alana gab als Antwort nur einen gurgelnden Laut von sich. Kagami lachte leise und Cheat grinste zu ihnen herüber. „Sagt mal, wo ist eigentlich Dryden?“, wollte Allen dann wissen und blickte fragend in die Runde. Cheat nickte mit dem Kinn in Richtung Ausgang. „Er kümmert sich um die Aufräumarbeiten…“ „Und er ist im Anmarsch…“ Es war Merle die sprach. Sie lehnte immer noch entspannt an Nouga, aber ihre Katzenohren lugten spitz und aufmerksam aus ihrem roten Haarschopf hervor. Tatsächlich, wie sie es sagte, hörte man auch die raschen und lauten Schritte, die Dryden’s Ankunft ankündigten. Ein paar Momente später kam der Flotteninhaber durch die offene Tür spaziert, gefolgt von zwei Hitomi unbekannten Begleitern. Er kam von draußen, das sah man sofort: Seine Haare waren feucht, auch waren die Spuren von Regentropfen auf seinem graublauen Mantel zu sehen. Der Sturm schien tatsächlich nachgelassen zu haben… Andernfalls wäre er selbst nach nur einer Minute im Regen komplett nass gewesen… „Es ist unglaublich!“, verkündete Dryden, ein begeistertes Glänzen in den Augen. „Ein Wunder!“, jauchzte er. „Wer hätte gedacht, dass so viel vom alten Atlantis erhalten ist! Und dann auch noch in diesem Zustand! Ich sage euch, wer das nicht mit eigenen Augen gesehen hat…“ Er gestikulierte wild herum, aufgeregt wie ein kleines Kind. Alle Augen waren skeptisch oder verwundert auf ihn gerichtet, nur Hitomi schauderte. Sie wusste, dass Dryden leicht für historische Geheimnisse zu begeistern war, aber sein Anblick war im Moment fast identisch mit dem von Dornfels… So als wäre der Präsident niemals verschwunden, stand Dryden jetzt vor ihnen und schwärmte von den Gebäuden und dem farbigen Himmel in Atlantika. Offenbar hatte er neben den Aufräumarbeiten auch noch eine kleine Exkursion durch das Licht gestartet… Hitomi konnte nicht dabei zusehen. Sie schob Alana vorsichtig wieder in die Arme ihrer Mutter und stand dann energisch auf. Aber Merle war schneller gewesen. „Dryden!“, fauchte sie ihn mit angelegten Ohren an. „Sprich nicht von Dingen, von denen du keine Ahnung hast!“ Der Angesprochene war augenblicklich still und starrte fragend zu ihnen herüber. „Merle hat recht… Du solltest dir erst einmal anhören, was auf dieser Insel passiert ist, bevor du weitere Pläne schmiedest…“, stimmte Hitomi ihr zu und begann dann, mit Merle’s und gelegentlich auch Allen’s Unterstützung von den letzten Tagen zu erzählen. Angefangen mit ihrer Gefangenschaft in Dornfels’ unterirdischen Höhlen, die Reise in der schwarzen Perle, ihre Ankunft auf der Insel mit dem fürchterlichen Blutritual, über den Einzug in die vergessene Stadt bis hin zu den Ereignissen in der Kreuzkathedrale. Auch schilderte Hitomi ihre Version des Kampfes, wie Nora ihnen geholfen hatte und wie sich Baijne fast an ihr vergangen hatte. Nur ihre Schwangerschaft erwähnte sie mit keinem Wort… Das war ein Thema, das sie erst mit Millerna klären musste. „25 Menschen mussten sterben um das Tor zur Stadt wieder zu öffnen. Allein deshalb sollten wir es wieder schließen. Aus Respekt gegenüber den Toten“, schloss Hitomi und ließ Dryden für keine Sekunde aus den Augen. Dryden wusste offenbar nicht, was er sagen sollte. Man konnte deutlichen den Kampf sehen, der sich in seinem Inneren abspielte: Auf der einen Seite die Neugierde… Er wollte Atlantika erforschen. Und dann der Skrupel, der ihn zurückschrecken ließ. „Wenn du nicht genauso bist wie Dornfels, sorgst du dafür, dass dieses Tor nie wieder geöffnet wird…“ Hitomi wusste, dass diese Aussage riskant war, aber auch mindestens genauso wahr. „Sie hat Recht, Dryden… Es lohnt sich nicht… Wir sollten diesen Ort versiegeln und dann verschwinden“, meinte auch Allen. Dryden nickte verständnisvoll, schien aber auch ein wenig enttäuscht, so als hätte man ihm sein Spielzeug weggenommen… Allen erhob sich langsam und machte Dryden dann einen Vorschlag: „Es ist so… Wir haben in der Kathedrale ein paar Opfer zurückgelassen… Wir sollten sie zu den anderen Toten schaffen. Außerdem liegt Van’s Schwert noch irgendwo dort herum…“ „Und das Siegel!“, warf Hitomi ein. „Das Siegel muss unbedingt zerstört werden!“ Allen nickte. „Wenn du dich mit ein paar Männern dorthin auf den Weg machst, siehst du sicherlich auch einiges von der Stadt… Bewahre dir die Eindrücke, schreibe sie meinetwegen auf, aber vergiss diesen Ort…“ „Aber…“, begann Dryden resigniert. „Es gäbe so viel zu erforschen! So viel…“ „Dryden!“ Jetzt schlug auch Nouga energisch auf den Tisch. „Lass dich nicht verleiten! Lass es gut sein!“, beschwor er ihn. „Es sollte jemand mit dir kommen, als Zeuge…“, schlug Allen weiter vor. „Das mache ich!“, meldete sich Cheat sofort und trat vor, mit einem flüchtigen Blick auf Allen. „Und ich auch…“, sagte Hitomi und schob ihren Stuhl zurück. „Ich glaube es erst, wenn ich es mit eigenen Augen sehe.“ Hitomi ließ sich von einem der Mädchen einen Mantel geben und folgte Dryden, Cheat und den Helfern nach draußen. Der Geruch von Regen lag noch in der Luft, ein wunderbarer, frischer Duft… Aber der Sturm war weiter gezogen, ließ seine Opfer hinter sich. Das Gras unter Hitomi’s Ledernen Schuhen war zwar klatschnass, aber ansonsten tat sich nichts mehr. Kein Regen mehr, kein wütender Wind, nur noch eine leichte Brise vom Meer her. Es war fast nicht zu glauben, dass die Sonne noch existierte, aber sie lugte nun durch die übrig gebliebenen, verstreuten Wolkenfetzen und zauberte einen zarten Regenbogen von der schwarzen Perle zum einem Felsen im Ozean. Hitomi trat an den Rand der Klippen und atmete den salzigen Geruch des Meeres in vollen Zügen ein. Die Sonne wärmte ihr Gesicht, ein Gefühl, das sie sehr vermisst hatte. Nicht einmal das atlantische Licht kam dem gleich… Hitomi blickte auf die Szenerie die sich ihr bot hinab. Sie sah viele Leute herumlaufen, sah Escaflowne, halb von der Flut ergriffen und die lange Linie der Opfer, die am oberen Strandbereich angelegt worden war. „Bist du soweit?“, fragte Cheat dann hinter ihr. Sie nickte und folgte dem blonden Fürsten in das kleine Beischiff, welches sie nach unten bringen sollte. 3 Minuten später landeten sie schon am äußeren Rand des Strandes und begannen damit, alles für die kurze Expedition fertig zu machen. „Was meinst du, Hitomi, werden wir etwas Besonderes brauchen?“, fragte Dryden sie, rieb sich nachdenklich über seinen drei-Tage-Bart. „Äxte“, antwortet Hitomi ohne zu zögern. „Ich wüsste nicht, wie man das Siegel sonst zerstören könnte…“ Dryden nickte kritisch, ordnete aber alles Weitere an. Als die Truppe schließlich fertig war, betrachtete Hitomi Dryden noch einmal mit einem warnenden Blick. „Geh durch das Licht und dann immer den Hügel hinauf, sobald du auf der anderen Seite bist. Du kannst die Kathedrale gar nicht verfehlen… Wenn du nichts dagegen hast, werde ich hier draußen auf dich warten. Ich will diesen Ort nicht noch einmal betreten…“ Das war die Wahrheit. Sie hatte genug von diesem Ort. Auf Lebenszeit. „Gut, ich warte mit dir“, sagte Cheat sofort und trat an ihre Seite. „Cheat… Das musst du nicht… Wenn du diesen Ort sehen willst – “, wehrte Hitomi sofort ab. „Will ich nicht“, antwortete er. „Deine Erzählungen reichen mir völlig…“ Hitomi ahnte, dass dies nicht die ganze Wahrheit war. Sicherlich war Cheat auch ein wenig neugierig. Aber er wollte sie wohl nicht alleine lassen und das rührte sie. „Gut“, sagte Dryden und straffte seine Schultern. „Wir sehen uns später…“ Damit schritt er los, seinen Männern voran. Hitomi aber wandte sich vorerst noch einmal dem Ozean zu. „Danke, Cheat…“ „Keine Ursache… Ich finde, du hast von uns allen am meisten durchgemacht. Du solltest nicht alleine sein.“ Hitomi nickte. „Du bist wirklich der Sohn von Allen Shezar.“ Cheat starrte sie an, die Augen geweitet, der Mund offen. Damit hatte er nicht gerechnet… ------------------------------------ Nachwort: immer noch kein van, ich weiss schon. aber er kommt schon wieder... ^^ jetzt war es erst mal wichtig, ein paar dinge abzuklären und... ja leider zu warten. ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr seid auch noch bei den letzten beiden kapitel dabei! ^^ jahhh, ihr lest richtig: es gibt noch genau zwei kapitel. ach ja, ich wollte mich auch mal hier bedanken, für euer widerholtes lob über meinen schreibstil... das ehrt mich wirklich! Ich hoffe nur, ihr meint das auch ernst... ^^ ganz ehrlich, lasst ruhig eure kritik aus, wenns euch nicht taugt, ihr müsst mir nicht aus höflichkeit oder so komplimente machen... für mich ist das wichtig! Wenn ich mal meinen roman schreibe, muss ich ja wissen, was ich kann und was nicht... *gg* Aber wenn eure lob von herzen kommt: vielen dank dafür. ich versuche die worte immer... fliessen zu lasse. deswegen dauert das auch manchmal so lange... wenn nichts fliesst, kriegt die geschichte irgendwie so nen hänger. also. ich freue mich auf reaktionen, bis dahin, danke und servus, Chiyo Kapitel 43: Abendrot -------------------- weiter gehts! vorletztes kapitel, leute! ^^ das letzte ist schon fertiggestellt, sollte als auch bald kommen, wenn ich nochmal drüber gelesen habe. verzeiht evtl. fehler. ihr wisst ja, keine beta-leserin mehr... --------------------------------------------- Kapitel 43: Abendrot Hitomi hatte ihn eigentlich nicht so überrumpeln wollen, jedoch war jetzt die perfekte Gelegenheit, das Thema anzusprechen. Cheat sagte lange Zeit nichts. Er starrte sie nur an, rang um Worte, fuhr sich nervös durch seinen blonden, lockigen Haarschopf. Irgendwann sprach er dann aber doch. „Sieht man das so leicht?“, fragte er, zweifelnd, mit einem Unterton, der zeigte, dass er auf eine negative Antwort hoffte. Hitomit wandte sich ihm und zu und nickte bedächtig. „Ja. Jeder sieht es.“ Sie ließ die Worte ein wenig wirken und fuhr dann fort: „Ich weiß es allerdings schon, seit ich das erste mal auf Gaia war, als du noch ein Kind warst. Erinnerst du dich an Allen’s Verletzung, die Dilandau ihm zugefügt hat?“ Cheat erinnerte sich. Natürlich erinnerte er sich. Es war seine erste Begegnung mit dem Ritter des Himmels gewesen. „Eure identischen Augen… Sie sind mir gleich aufgefallen… Und dann bin ich nach und nach hinter die ganze Geschichte gekommen.“ Hitomi sah ihm tief in eben jene, charismatischen Augen und lächelte ihn ein wenig aufmunternd an. „Auch wenn der Fürst von Fraid im letzten Krieg gefallen ist… Du hast noch immer einen Vater, ist das nichts wert?“ Cheat presste seine Lippen aufeinander, sein Gesichtsaudruck war gequält. „Das mag sein. Aber ich habe nichts von ihm. Allen und ich… Wir haben zuviel Verantwortung zu tragen… Unser Stand lässt es nicht zu, dass wir Vater und Sohn sind.“ „Hast du jemals mit ihm darüber gesprochen?“ Jetzt sah Cheat ihr in die Augen, starr fast. Der Schmerz schien ihn zu überrollen. „Niemals. Sooft wir uns in den letzten Jahren gesehen haben, wir haben niemals darüber gesprochen. Das ist einfach nicht möglich! Wir können und nicht einmal richtig ansehen, mit diesem Wissen…“, presste er zwischen den Zähnen hervor. „Aber Cheat…“ Hitomi machte einen Schritt auf ihn zu und berührte seine Schulter. „Das alles ist doch so lange her! Niemand würde dich oder Allen heute noch für den Fehler deiner Mutter verantwortlich machen! Was in meinen Augen aber eigentlich gar kein Fehler war… Du bist so ein wunderbarer Mensch, gerade WEIL du Marlene’s und Allen’s Sohn bist…“ Sie rüttelte ihn ein wenig, fixierte ihn mit ihrem Blick, lange und unnachgiebig. „Ich finde, dieser Kampf hat uns wieder einmal gezeigt, was wichtig ist: Die Menschen die wir lieben. Es ist wichtig zu wissen, wohin man gehört. Und du bist Allen’s Sohn! Jeder weiß es! Nur ihr beide wollt es euch nicht eingestehen!“ Cheat lächelte matt. „Ich habe dich schon immer für deine Kraft bewundert, Hitomi…“ „Meine Kraft?“, fragte Hitomi überrascht. „Ja. Du sagst was du denkst. Vermutlich weil du nicht aus dieser Welt bist, kannst du Dinge so anders sehen, so wie sie sind. Ohne Komplikationen, ohne Ausflüchte…“, antwortete Cheat voller Bewunderung. Eine Bewunderung, der sich Hitomi gar nicht gewachsen fühlte. „Ach was…“, winkte sie ab. „Ich sage viel zu selten was ich denke. Auch ich habe in der Vergangenheit viele Fehler gemacht… Fehler, die ich so gerne wieder gut machen würde.“ Jetzt war Cheat es, der sie wieder fixierte. Und er schaffte es so viel leichter als sie… Man konnte diesen unglaublichen Augen einfach nicht entkommen. „Van wird es schaffen, da bin ich mir sicher…“ Da war es wieder. Dieses Gefühl… Ein schwarzes Loch aus Verzweiflung, Unwillen und Sorge. Sie hatte es doch tatsächlich geschafft, für ein paar Minuten nicht an Van zu denken, sich nicht in dieses Loch fallen zu lassen. Doch jetzt traf sie allein die Erwähnung seines Namens wie ein Schlag. Was tat sie da? Wieso stand sie hier unten am Strand und plauderte mit Cheat? Wieso war sie nicht bei Van? Sie klammerte sich an Cheat’s Schulter fest, da sie andernfalls einfach umkippen würde, und zwang sich dazu, zu atmen. Tief. Ein und Aus. Ein und Aus. „Ich würde es nicht überleben, käme es anders…“, wisperte sie. Cheat nickte verständnisvoll. „Er wird es schaffen, genau wie Allen“, sagte er und zwang seine Mundwinkel erneut zu einem flüchtigen Lächeln. Hitomi spürte, wie das Gefühl langsam wieder etwas abebbte, das schwarze Loch sich wieder zurückzog. Sie durfte sich nicht so gehen lassen… Eine kleine Weile noch musste sie stark sein, solange, bis Millerna sie endlich zu Van lassen würde. Bis dahin musste sie sich auf Cheat konzentrieren, das sagen, was sie ihm sagen wollte. „Du hast dir Sorgen gemacht um Allen, hab ich recht? Ich habe es gesehen…“ Wieder nickte Cheat knapp. „Es war furchtbar. Da hat man 20 Jahre Frieden, plötzlich passiert so etwas und… Da kommt man ins Grübeln…“, sagte er stockend. „Ich wünschte wirklich, es wäre anders zwischen uns… Wenn ich daran denke, dass Allen hätte sterben können und ich hätte ihm noch nie gesagt… Wie viel Respekt ich vor ihm habe…“ „Ich glaube, das weiß er auch so“, erwiderte Hitomi. Sie seufzte und legte ihren Arm jetzt ganz um Cheats Schulter. Er war einen ganzen Kopf größer als sie, von daher musste sie ein Stück nach oben greifen. Das Meer lag in seiner ganzen Schönheit vor ihnen und obwohl die Wellen immer noch wild und schnell heran rollten, so war der Wind doch angenehm, fegte die trüben Gedanken hinfort, die Hitomi ansonsten wieder zu übermannen drohten. Der Sturm hatte sie wirklich und wahrhaftig aufgelöst, es war kaum zu glauben. Dafür konnten sie jetzt bis an den Horizont blicken, dort wo der Ozean zu enden schien. „Cheat…“, begann Hitomi erneut. „Ich weiß von Allen, dass er eine ähnliche Haltung zu dir hat. Stand und Sitte hindern ihn daran, zu dir zu stehen. Aber ich finde, es ist an der Zeit, das zu ändern. Gaia hat erneut zusammengehalten, um einen weiteren, großen Krieg abzuwenden. Für mich ist das ein Neuanfang. Vielleicht sollte es das auch für dich und deinen Vater sein.“ Sie betonte das Wort „Vater“ mit besonderem Nachdruck und wartete auf Cheats Antwort. Dieser hatte mittlerweile freundschaftlich seinen Arm um ihre Taille gelegt, sein Blick folgte aber der Brandung, die vor seinen Stiefelspitzen halt machte und sich wieder langsam in den Sand zurückzog. „Vielleicht hast du Recht Hitomi… Es wird Zeit ein paar Dinge zu klären.“ „Das finde ich auch. Vor allem, wo du doch jetzt so eine süße Halbschwester hast!“ Cheat riss entgeistert die Augen auf, sein Gesicht verriet vollkommene Verblüffung. „Stimmt! Das habe ich noch gar nicht richtig realisiert!“ Er starrte erst Hitomi an, dann wieder seine Füße und fing auf einmal an zu lachen. Laut und voller Energie. „Es ist unglaublich! Ich habe eine Schwester! Und Allen Shezar ist mein Vater…“, jauchzte er in den Wind hinein. Er löste sich von Hitomi und ging dann suchend am Ufer entlang. „Was suchst du?“, fragte Hitomi sogleich und folgte ihm langsam. Cheat grinste. „Den schönsten Stein dieser Insel. Ich möchte ihn Alana schenken…“ Er bückte sich und hob mehrere in Frage kommende Kandidaten auf, warf ein paar in hohem Bogen in die Gischt und wog andere kritisch in seinen Händen ab. „Als ich noch ein Kind war, hat mir meine Mutter oft einen schönen Stein aus Astoria mitgebracht… Auch wenn es nur ein Stein war, für mich war es der größte Schatz.“ „Das glaube ich…“ Hitomi lächelte und hob selbst auch einen der Kiesel auf. Er war strahlend weiß, etwa Daumengroß und hatte ein kleines Loch in der Mitte. Sie rieb ihn mit dem Ärmel ihres Mantels trocken und hielt ihn gegen das Licht. „Oh! Ein Meerauge!“, sagte Cheat, als er wieder näher kam und Hitomi’s Stein erblickte. „Meerauge?“ Hitomi beäugte ihren Stein kritisch, so als würde ihr plötzlich ein mysteriöser Augenaufschlag entgegen klimpern. Cheat klärte sie sogleich auf: „Es gibt da so eine Geschichte, die mir ebenfalls meine Mutter erzählt hat… Angeblich sind Steine mit einem Loch in der Mitte Tränen des Meeres selbst. Nur zu Stein geworden. Wenn man einen findet, bringt er demjenigen Glück und Schutz…“ Hitomi blickte fasziniert auf ihren kleinen Fund hinab. „Davon kann ich wirklich etwas brauchen“, murmelte sie nachdenklich. Ein Bild von Van flackerte durch ihre Gedanken und sie schob sich den Stein tief in ihre Manteltasche. Sie liefen noch eine Weile am Strand herum, beobachteten die fleißigen Helfer aus ganz Gaia, die versuchten, den Ort des Grauens so gut wie möglich aufzuräumen. Es herrschte ein ständiges Ein und Aus am Steg der schwarzen Perle. Offenbar wurden die brauchbaren Sachen wie Lebensmittel und Kleidung hinaus geschafft. Hitomi wusste auch, dass Dryden das Schiff untersuchen ließ und Dornfels’ Unterlagen angefordert hatte. Sie würde ihm das nicht nehmen… Sollte er ruhig in Dornfels’ Aufzeichnungen forschen und alles für die Nachwelt festhalten. Vielleicht würde jemand eine Lehre daraus ziehen. Ein paar andere Soldaten hievten gerade Allen’s stark lädierten Gymilef Sheherazade zurück an Deck der Crusardor, was nur mit Hilfe von vielen Seilen und vereinten Kräften möglich war. Escaflowne war mittlerweile tief in den Sand gesunken. Hitomi wusste nicht, was mit dem Gymilef passieren würde und wollte auch gar keinen Gedanken daran verschwenden… Es stand nicht in ihrer Macht etwas zu tun. Nur Van allein konnte den Drachen steuern, aber das war im Moment absolut nicht denkbar. Sie wandte ihren Blick traurig von dem Gymilf ab, der schon zweimal in ihrem Leben viel zu tief in einen Krieg verwickelt war. Am oberen Ende des Strandes sah sie ein paar Männer, die sich an die Zaibacher Pferde heranwagten, die verstört und geängstigt an die Felsenwand gedrängt waren. Wenigstens sie waren heil davon gekommen. Zwar bestimmt mit einem riesigen Schock, aber dennoch lebendig… „Vielleicht sollten wir uns langsam auf den Weg machen?“, schlug Cheat vor und nickte in Richtung des Felsenspaltes. Hitomi hatte schon lange jegliches Zeitgefühl verloren, aber sie ahnte, dass der junge Fürst richtig lag. Sie bahnten sich einen Weg durch die arbeitenden Helfer und ignorierten geflissentlich die lange Linie von Toten, die am oberen Rand des Strandes, dort wo der Sand feiner und weicher war, aufgebart waren. Hitomi wollte Baijne nicht sehen. Nie wieder. Sie schloss die Augen, schluckte und ging schnellen Schrittes an den Opfern vorbei, bis sie wieder festen Boden unter ihren Füßen spürte. Dann ging sie voran, den schlammigen, aufgeweichten Pfad hinauf und trat schließlich in den schmalen Spalt ein, der schon beim ersten Mal nichts Gutes verheißen hatte. Cheat fragte sie noch ein paar Dinge, die sie ihm knapp beantwortete. Die Episode der Opferung lag ihr ebenso schwer auf der Seele, wie Van’s gerupfte Flügel oder Baijne’s Hand an ihrem Oberschenkel… Sie schauderte wieder und versuchte die Erinnerungen schnell abzuschütteln. Aber sie konnte Cheat auch gut verstehen… Wenn man selbst nicht alles miterlebt hatte, erschien es ziemlich unwirklich. „Dornfels wollte also eine Art… Eigenen Planeten aus Gaia machen?“, fragte er, als sie in den breiten Felsenkessel kamen, der ein einziges Schlammloch war. Hitomi würde oben auf dem Schiff wohl wieder ein frisches Kleid brauchen… „So klingt es wohl am einfachsten…“, erwiderte sie. „Er wollte seine eigene Welt erschaffen, nach den Regeln die er vom Mond der Illusionen kannte. Er wollte euch Fürsten und Könige ausrotten und was noch viel wichtiger ist: Er wollte Gaia für jeden zugänglich machen, solange er nur genug Geld dafür bekam. Denn das steckt meiner Meinung nach mal wieder hinter allem. Die Gier nach Reichtum…“ Hitomi wusste es nicht besser zu erklären. Vielleicht würde es sogar Dryden in ein paar Jahren besser können, nachdem er alle von Dornfels’ Notizen durchgeackert hatte… Aber fest stand: Dornfels hätte Gaia seiner Seele beraubt und hätte trotz all seiner Zukunftsweisenden Reformen das Leben von Tausenden zerstört. Sie hob den Saum ihres Kleides an so gut es ging, drohte aber alle zwei Schritte umzuknicken. Der Schlamm war knöcheltief und ihre geschnürten Schuhe gingen nur ganz knapp über den Knöchel. „So ein Dreck!“, fluchte sie, was Cheat ein glucksendes Lachen entlockte. „Was machen wir jetzt?“, fragte er dann, als sie am Siegel angelangt waren und ihre Augen gegen das gleißend helle, aber wohltuend warme Licht abschirmten, welches nach wie vor aus der unsichtbaren Pforte im Fels strahlte. „Warten… Lange kann Dryden ja nicht mehr brauchen…“ Cheat nickte und verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs Andere, weil er ansonsten wieder zu versinken drohte. Sie hätten sich prinzipiell auch auf das Siegel stellen können, aber Hitomi war nicht wohl dabei. Auf diesem gold-gerankten Podest waren viel zu viele Menschen ermordet worden und dann auf unheimliche Weise verschwunden. Das Siegel hatte ihre sterblichen Überreste einfach verschlungen und nur das Blut zurück gelassen… Hitomi’s Gedanken drifteten wieder ins Dunkel ab. Sie spürte richtig, wie sich der vergangene, grausame Tag wieder in ihr ganzes Denken drängen wollte… „Cheat!“, sagte sie dann laut. „Erzähl mir irgendetwas!“ Cheat musterte sie kurz, abschätzend - und schien zu verstehen. Er erzählte ihr etwas, nur um sie von ihren düsteren Gedanken abzulenken. Er erinnerte sich an die vergangenen Jahre, die Hitomi verpasst hatte, erzählte ihr davon, wie er seinen Frau kennen gelernt hatte und von den Verhältnissen in Fraid. Van erwähnte er mit keinem Wort. Hitomi lauschte andächtig, nickte ab und zu oder gab einen zustimmenden Laut von sich. Auch wenn Cheat es wirklich schaffte sie abzulenken, es wurde Zeit, dass Dryden wieder auftauchte. Sie fing an zu frieren, was in dem tiefen Felsenloch kein Wunder war. „Dryden, verdammt…“, murmelte sie in ihren Mantelkragen und steckte ihre Hände noch tiefer in die Taschen. Es kam ihr vor als warteten sie schon Stunden… Wenn sie ihren Blick nach oben wandte, konnte sie auch sehen, dass der Tag sich langsam verabschiedete… Der Himmel wurde dunkler, die Sonne zog sich langsam zurück und hinterließ ein paar Streifen von violett und orange. Wäre das atlantische Licht nicht gewesen, im Felsenkessel wäre es sicherlich schon stockdunkel. Hitomi überlegte, dass sie wohl lieber auf dem Schiff bleiben und Dryden ein bisschen mehr hätte vertrauen sollen, als sich endlich etwas tat: Das Licht flackerte und spuckte im nächsten Moment ein paar keuchende Männer aus. Ihr Anführer Dryden machte das Schlusslicht. Hitomi trat zurück, um die schwer beladenen Männer vorbei zu lassen. Jeweils zwei von ihnen trugen die Leichen von Binnjae, Kagou und drei Zaibacher Soldaten an Schultern und Füßen. Andere hatten sich Bruchstücke eines glitzernden, funkelnden Gesteins auf den Rücken gehievt. Dryden hatte tatsächlich Wort gehalten und das Siegel zerstört… Er trat auf Hitomi zu und überreichte ihr mit einem matten Lächeln Van’s Katana. „Du solltest es seinem Besitzer zurück geben…“, sagte er und drückte es ihr in die Arme. Hitomi nickte und presste das Schwert an ihre Brust. Dryden wandte sich wieder ab und winkte zwei große, breitschultrige Hünen zu sich, die mit mächtigen Äxten bewaffnet waren. „Ich brauche eure Dienste noch einmal… Alle anderen gehen voraus zum Strand… Bringt die Bruchstücke an Bord und die Toten zu den anderen“, ordnete er an. Die Männer stapften nickend durch den tiefen Schlamm davon und verschwanden im Felsenspalt. Ihr Befehlshaber wandte sich wieder Hitomi zu und blickte versonnen auf einen fernen Punkt hinter ihr. „Ich kann nicht leugnen, Hitomi, dass mich dieser Ort tief beeindruckt…“, wisperte er, erst dann sah er sie richtig an. „Aber ich verstehe was du fühlst und ich respektiere deinen Wunsch, den Eingang zu verschließen.“ Er sagte es traurig, mit einem Funken Widerwillen, wie sie es von ihm gewohnt war. Aber Hitomi hatte nicht vor, seinem flehenden Blick nach zu geben. „Dryden. Im Prinzip ist dieser Ort jetzt keine Gefahr mehr… Das Siegel ist zerstört, du könntest den Eingang offen lassen und für den Rest deines Lebens durch diese Stadt wandeln um sie zu erforschen…“, sagte sie geschäftsmäßig. „Aber das ist es nicht wert. Es hatte schon seinen Sinn, dass das atlantische Volk untergegangen ist, so süchtig wie sie nach der Macht über einfach alles waren… Das Schicksal, die Zeit… Das konnte nicht gut gehen! Atlantika ist der letzte Rest von ihrer Herrschaft und sollte wieder verschlossen werden. Für die Menschen die sterben mussten und um die Vergangenheit abzuhacken.“ Sie fixierte Dryden’s grün-braune Augen düster und versuchte ihn mit jeder Faser ihres Körpers zu beschwören. „Bitte Dryden… Beende es.“ Dryden’s Gesichtsausdruck wandelte sich innerhalb von Sekunden von gequält zu verärgert und dann zu resignierendem Verständnis. „Du hast wie immer Recht, Hitomi… Meine Abenteuerer-Seele wollte mich mal wieder verblenden…“, sagte er leise. Er nickte wie zu sich selbst und deutete seinen beiden Axtschwingern mit einem Handwink näher zu treten. „Macht es wie zuvor.“ Er trat zurück, zog Hitomi und Cheat mit sich und sie beobachteten die beiden Hünen dabei, wie sie fast zärtlich ihre Äxte hoben. Die Klingen sausten mit einem tiefen Summen hinunter, und sobald sie auf die goldenen Linien im Siegel trafen, verlosch das atlantische Licht mit einem Schlag. Hoffentlich für den Rest von Hitomi’s Leben… Sie ließen den Felsenkessel hinter sich. Der Siegel Abdruck war in 4 Teile gespalten und absolut nicht mehr zu gebrauchen. Die goldenen Muster im Fels würden wohl über die Jahre verblassen und die Siegelteile würden, so hoffte Hitomi, nach dem nächsten Sturm im Schlamm versinken… Als sie wieder aus dem Felsen hinaus traten, dämmerte es bereits und die Sonne war dabei, sich gänzlich in den Ozean zu stürzen. Allerdings mit dem herrlichsten und schönsten Abendrot, das Hitomi jemals gesehen hatte! Der Himmel war in fast jeder Farbe schattiert… Dunkelblau, violett, grünlich, gelb, orange und rot. Der atlantische Himmel schien dagegen eine aufdringliche, rumorende Alternative zu sein. „Ich finde, dass wir es in der wirklichen Welt nicht besser haben könnten…“, sagte Hitomi andächtig und blickte in die Ferne hinaus. „Hmhm…“, stimmte Cheat ihr zu und verharrte ebenfalls für einen kurzen Moment, um dem wunderschönen Naturschauspiel bei zu wohnen. Dryden schaute ebenfalls in ihre Richtung, wurde aber dann von einem seiner Helfer angesprochen. „Herr Dryden… Wir wären soweit…“ Dryden nickte und winkte Cheat und Hitomi mit sich. „Es gibt noch etwas zu tun, bevor dieser Tag vorbei ist…“ Hitomi zuckte bei seinen Worten fast ein wenig zusammen. Natürlich… Die Bestattung. Die letzte Aufgabe für Heute. Sie kamen an die lange Linie von Toten, die nebeneinander lagen, die Augen geschlossen, die Hände auf der Brust verschränkt. Jetzt wusste Hitomi auch, wofür die Helfer all die Kleider und Stoffe aus der schwarzen Perle geschafft hatten… Der große Teil der Opfer war damit bedeckt, ein letzter Dienst für ihre tapferen Seelen. Dieses Privileg war aber nicht allen vergönnt: Am äußeren Rand der Linie lag das gesamte Volk des flüsterndes Windes, alle bis auf Brisaeye. Von ihnen hatte keiner eine Stoffbedeckung abbekommen. Hitomi wollte nicht hinsehen, aber sie hatte Baijne schon längst erspäht. Er lag in der Mitte seines Volkes und wirkte nicht einmal im Tod friedlich. Sein Gesicht war seltsam verklemmt und das Blut, das fast seine gesamte Kleidung durchtränkt hatte, verlieh ihm die passende Grausamkeit. Er war auch jetzt nicht schön anzusehen und Hitomi wandte ihren Blick voller Ekel ab. Es war unvermeidlich, dass ihr wieder Bilder von seinen Berührungen, seinem lüsternen Gesicht durch die Gedanken zuckten. Mit geschlossenen Augen presste sie Van’s Schwert stärker an ihre Brust und wartete darauf, dass der Moment vorüber ging. Das Übelkeitsgefühl ebbte langsam wieder ab und sie wagte es, die Augen wieder zu öffnen. Mittlerweile hatten sich einige Fackelträger versammelt und postierten sich vor den Gefallenen. „Fangt an“, ordnete Dryden an. Die Fackelträger traten vor und kippten wohl so etwas wie hochprozentigen Alkohol über die Tücher und Körper, um sie dann anschließend anzuzünden. Sofort griffen die Flammen über, breiteten sich über die gesamte Fläche auf und schossen lodernd in den Abendhimmel. Dryden begann dann zu sprechen, sein Blick war wieder auf keinen bestimmten Punkt gerichtet, lag in der Ferne: „Feuer. Es nimmt alles mit sich und lässt nichts zurück. Wir in Gaia glauben, dass es eine reinigende Wirkung hat und die Seele der Menschen sofort ins Jenseits trägt…“ Hitomi spürte, wie sich Gänsehaut auf ihren Armen ausbreitete. Dryden’s Worte waren wahr und doch so beklemmend. „Das glauben wir in meinem Land auch…“, stimmte Hitomi zu und blickte in die Flammen, die jetzt die gesamte Opferlinie ergriffen hatten, sogar Baijne. Sie wusste nicht, was mit seiner Seele passieren würde, so schwarz wie sie gewesen war. Aber es war wohl das Beste, wenn auch sie schnellstmöglich weiter getragen wurde… Eine solche Seele sollte nicht unter den Lebenden verweilen. „Mögen sie in Frieden ruhen!“, verkündete Dryden dann für alle Anwesenden. Hitomi aber blickte über das Feuer hinweg und beobachtete die blutrote Sonne dabei, wie sie jetzt vollständig im Ozean versank. Der wohl schlimmste Tag in ihrem Leben war vorüber. Das Feuer nahm den letzten Rest davon mit sich. ------------------------------- Nachwort: Entschuldigt, dass auch in diesem Kapitel noch nichts zu Van's Zustand gesagt wird. aber ich fand es wichtig, dieses Gespräch mit Cheat zu führen und die Opfer ordentlich zu bestatten. ich hoffe es hat euch gefallen und man konnte alles nachvollziehen. mir fiel es ein wenig schwer, Hitomi's Gefühle richtig darzustellen. ich bin selber leicht verwirrt, wegen all dem, was passiert ist... und dann diese ungewissheit... ^^ aber lest selbst, im nächsten und letzten Kapitel von dieser Geschichte: "Für immer" bis dahin, schöne grüße Chiyo-san Musik zu diesem Kap: the editors Kapitel 44: Für immer --------------------- danke für eure schönen worte! es ist soweit. letztes kapitel! ^^ ------------------------------------------------ Kapitel 44: Für immer Als Hitomi zurück auf das Hauptschiff kam, war es bereits dunkel geworden und die Eingangshalle lud sie mit warmer Beleuchtung ein. Auch das Aquarium schimmerte jetzt in den schönsten Türkistönen. Irgendwo zwischen den vielen Steinen waren offenbar auch ein paar Drachenherzsteine versteckt… All das interessiert Hitomi jedoch reichlich wenig. Ihr Blick flackerte sofort zu der Tür, hinter der sich Van befinden musste. Sie unterdrückte den Impuls, sofort hinüber zu stürmen, sondern sah sich erst einmal nach den Anderen um. Seygon und Kobe waren die Einzigen die noch da waren. Sie saßen wie zuvor auf der langen Holzbank unter der Fensterreihe. „Was ist passiert? Ist Millerna schon raus gekommen?“, fragte Hitomi als sie näher trat. Kobe schien für einen Moment zu überlegen, wie er antworten sollte, schüttelte dann aber nur resigniert den Kopf. Hitomi’s kleiner Hoffnungsschimmer löste sich sofort in Luft auf. Die Schultern wurden ihr schwer und sie ließ sich neben Seygon auf die Bank fallen, Van’s Schwert immer noch in den Händen. „Und wo sind die Anderen?“, wollte sie weiter wissen. Seygon fuhr sich durch sein Wettergegerbtes Haar und antwortete: „Merle und ihre Familie haben sich zurückgezogen, ebenso wie Allen mit seiner.“ Hitomi nickte verständnisvoll. Es war ihnen nicht zu verübeln, endlich wieder ein wenig Zeit untereinander verbringen zu wollen. Cheat war auch gar nicht mehr mit auf Dryden’s Schiff gekommen, sondern hatte sich gleich auf Fraid’s Hauptschiff bringen lassen. Wo Dryden schon wieder herum lief, wollte Hitomi gar nicht wissen. Vermutlich brütete er schon über Dornfels’ Akten… Hitomi erzählte auch kurz, was sie in der Zwischenzeit erlebt hatte. Kobe und Seygon gaben nur zustimmende Laute von sich. Ebenso wie Hitomi spürten sich langsam die körperliche Erschöpfung des Tages, die sich wie eine bleierne Faust um sie schloss. Sogar das Sprechen strengte an… Hitomi hätte auch an Ort und Stelle einschlafen können, aber ihre Sorge um Van hielt sie unnachgiebig wach. Als ihr Blick gedankenverloren umher schweifte, fiel ihr wieder ihr Kleid auf, welches bis zu den Knien mit Schlamm bespritzt war. „Ich glaube, ich muss mich schon wieder umziehen…“, murmelte sie und blickte sich nach einem der Mädchen um, die aber gerade alle ausgeflogen waren. Überhaupt hatte sich die Halle in ihrer Abwesenheit stark geleert. Nur noch wenige Soldaten saßen herum. Hitomi versuchte ihren müden und geschundenen Körper aufzuraffen, als endlich das passierte, worauf sie schon seit Stunden wartete: Die Tür zu Millerna’s Allerheiligstem öffnete sich und heraus kamen zwei ältere Männer, drei astorianische Mädchen - offenbar Millerna’s Helfer - und schließlich Gaia’s beste Ärztin persönlich. Vergessen war ihr Kleid, Hitomi sprang auf und stürmte ihrer Freundin entgegen. „Millerna! Was ist mit Van! Geht es ihm gut?!“, sprudelte sie hervor. Millerna hatte offenbar damit gerechnet. Sie nickte ihren Helfern zu, die in Richtung Speisesaal davon ging und lächelte dann sanft auf Hitomi hinab. „Es geht ihm soweit ganz passabel. Ich habe ihn so gut es ging zusammengeflickt…“ Sie wirkte erschöpft, fast so, als hätte sie den ganzen Tag ein Schwert geschwungen, anstatt das Skalpell. Ihre blonde Haarpracht war streng nach hinten gebunden und man konnte deutlich sehen, dass sie geschwitzt hatte. Aber ihr Kittel war frisch, wahrscheinlich gewechselt, bevor sie zu Hitomi heraus gekommen war. „Er schläft jetzt.“ „Kann ich ihn sehen? Bitte?“, fragte Hitomi. Sie wollte nicht respektlos wirken, denn sie hatte großen Respekt vor Millerna’s Können, sie wollte ihre Freundin nicht so überfahren. Aber sie konnte einfach nicht noch länger warten. Millerna lächelte wieder, ihr typisches, freundliches Lächeln und nickte. „Natürlich. Aber gib ihm etwas Zeit sich zu erholen…“ „Was ist mit dem Mädchen?“, wollte Kobe wissen. Er und Seygon waren mittlerweile auch zu ihnen getreten und schauten Millerna erwartungsvoll an. Auch für sie hatte sie ein kleines Lächeln übrig. „Sie ist über den Berg. Sie braucht viel Ruhe, aber ihr könnt gerne mit hinein kommen…“ Hitomi wartete nicht mehr auf sie. Sie ging schnellen Schrittes durch die Tür, kam erst durch einen kleinen Vorraum, in dem sich alle möglichen Schränke ansammelten, dann durch eine weitere Tür in das Krankenzimmer, das an den Operationsraum grenzte. Drei Betten standen im Raum, zwei davon belegt mit Van und Brisaeye, die mit dem Kopf zu einem breiten Fenster lagen. Kleine Lampen an ihren Nachttischen beleuchteten ihre Gesichter. Hitomi ging zu Van hinüber, legte das lange Katana zu seinen Füßen ab und ergriff endlich seine Hand. Sie war warm. „Oh Van…“, seufzte sie und küsste die schön, braune Haut seines Handrückens. Sie war so unendlich erleichtert… Er schlief vielleicht, aber er lebte! Sein Gesicht wirkte entspannt und schmerzfrei. Sein Kopf war fast vollkommen in einen Verband gewickelt und ein paar rote Kratzer zogen sich über seine linke Wange, aber abgesehen davon wirkte er einfach nur wie ein Schlafender. Hitomi zog sich einen Stuhl heran und presste Van’s Hand gegen ihre Wange. „Danke, Millerna…“, murmelte sie gedankenverloren. Dass Millerna sie gehört hatte, registrierte sie kaum. „Keine Ursache“, war aber die Antwort die sie von der Ärztin bekam. Millerna stand auf der anderen Seite von Van’s Bett, neben Kobe und Seygon, der allerdings eher Augen für Brisaeye hatte. „Wie steht es genau um ihn?“ Kobe’s Gesicht wirkte noch älter, als er das fragte. Millerna wurde sofort ganz fachmännisch: „Sein rechter Oberschenkel ist gebrochen und zwar zweimal. Ich habe das Bein geschient und kann nur hoffen, dass alles wieder richtig zusammen wächst.“ Sie seufzte und sah Hitomi entschuldigend in die Augen. „Sein Schmerz war so stark, dass er schon nach 10 Minuten in Ohnmacht gefallen ist. Das war mir eigentlich gerade recht, so konnte ich mich um seine Wunde am Kopf kümmern, die weitaus schlimmer war… Vorsichtshalber habe ich ihm aber noch ein wenig Rum eingeflösst, falls er doch etwas spüren sollte…“ „Ich habe gesehen, wie er von Baijne getroffen wurde… Aber nicht wo…“, unterbrach Hitomi sie. Millerna nickte wieder. „Das glaube ich. Er hat viel Blut verloren… Baijne’s Schwert hat ihn aber offenbar nur gestreift, an der linken Kopfseite entlang.“ Sie schluckte schwer, ehe sie fort fuhr. „Ich konnte die Kopfhaut wieder vollständig annähen. Er hat also nichts von seiner Haarpracht einbüßen müssen…“, sagte sie langsam. Hitomi schauderte bei der Vorstellung, dass Van’s Kopfhaut von seinem Kopf getrennt gewesen war. „Aber ansonsten hat er keinen Schaden davon getragen? Ich meine, einen bleibenden?“, hackte sie nach. Millerna neigte ihren Kopf leicht schräg, schien zu überlegen. „Sein Gehirn hat keinen Schaden davon getragen, wenn du das meinst. Ich konnte alles verschließen wie zuvor. Ganz werden wir das aber erst wissen, wenn er wach ist… Ich werde seinen Seh- und Sprachvermögen überprüfen müssen.“ Hitomi seufzte erleichtert auf. „Dann bin ich ja froh…“ Sie dachte nicht einen Sekunde daran, dass Van irgendein Problem haben würde, sobald er wach war, aber Millerna schien noch immer nicht mit ihrer Diagnose fertig zu sein. „Allerdings… Sein linkes Ohr…“, sagte sie und schluckte erneut, „Es hat den Angriff nicht ganz so gut überstanden…“ Hitomi starrte sie überrascht an. Sein Ohr fehlte? „Er wird keine Probleme mit dem hören haben, es ist eher ein äußerlicher Schaden. Die Ohrmuschel fehlt fast vollständig… Sicherlich kein schöner Anblick, aber ich konnte wirklich nichts mehr tun, Hitomi…“, sagte sie entschuldigend. Komischerweise machte Hitomi diese Neuigkeit weniger aus als erwartet. Was war schon ein Ohr? Eine halbe Ohrmuschel? Es würde kein Makel sein. Für sie würde Van immer der attraktivste Mann der Welt sein, auf diesem und ihrem Planeten… Es war so schön in zu sehen. Das schwarze Loch in ihrem Innern, welches sie noch vor Minuten zu verschlingen gedroht hatte, war nicht mehr da. Stattdessen flatterten wieder Schmetterlinge in ihrem Bauch herum, fast so, als würde sie Van zum ersten Mal sehen. Egal, was mit ihm passiert war, oder was noch passieren konnte… Er war am Leben. Nur das zählte. Hitomi verbrachte die Nacht in dem freien Bett neben Van’s. Sie brauchte lange um einzuschlafen, so viele Gefühle fluteten durch sie hindurch… Irgendwann aber war die körperliche Erschöpfung größer als jeder Gedanke und sie glitt in einen steinernen, traumlosen Schlaf hinüber. Am nächsten Tag wachte sie auf, weil es über ihr ordentlich rumpelte. Schritte waren zu hören und sie bildete sich ein, dass sich das Schiff sacht bewegte. Sie orientierte sich schnell wieder und ihr erster Blick fiel auf Van, der immer noch schlief, genau wie am Tag zuvor. „Guten Morgen…“, wurde sie von einer weichen Stimme geweckt, die eindeutig zu Millerna gehörte. Die Ärztin sah an diesem Morgen wieder um einiges erholter aus. Ihr Haar war gewaschen und umrankte ihr schönes Gesicht in großen, goldenen Wellen. Sie hatte ein Kanne mit einem dampfenden, intensiv duftenden Tee in der Hand und schenkte gerade Seygon nach, der ihr seine Tasse lässig hinhielt. Auch Kobe war schon wieder anwesend. Er saß am Fußende von Van’s Bett und trug wieder seinen langen, marineblauen Umhang. „Wie spät ist es?“, fragte Hitomi und rappelte sich auf, nur um wieder an Van’s Seite Platz zu nehmen und seine warme Hand in ihre zu schließen. „Fast Mittag“, antwortete Millerna und reichte Hitomi eine Tasse mit dem dampfenden Getränk, die diese widerstandslos annahm. „So spät? Ich muss wie ein Stein geschlafen haben…“ Stein war ein gutes Stichwort. Ihr Mantel war ihr offenbar von irgendjemandem ausgezogen und über die Stuhllehne gelegt worden. Sie kramte in den Taschen herum, bis sie das weiße Meerauge heraus fischte. Sorgsam legte sie ihn in Van’s Handfläche und schloss seine Finger darum. „Du kannst ihn nötiger brauchen als ich…“, murmelte sie und küsste erneut seinen Handrücken. Sie nippte an ihrem Tee, der herrlich nach irgendetwas fruchtigem duftete und wandte sie sich wieder den Anderen zu. „Was sind das für Geräusche?“ Sie deutete auf die Decke über sich, wo es immer noch polterte. Seygon blickte skeptisch aus dem Fenster, das zu Hitomi’s Überraschung mal wieder nur graue Wolken präsentierte. Nach dem Sonnenuntergang vom Vortag war dieser Anblick wie ein Schlag in die Magengegend. „Dryden bereitet den Aufbruch vor. Die Nord- und Südländer sind schon in der Nacht wieder abgeflogen, Fraid heute Morgen und jetzt wird es auch für uns Zeit, wieder zurück zu fliegen. Es scheint erneut ein Sturm aufzuziehen, keiner möchte da hinein geraten“, klärte der erste Offizier sie auf. „Und das ist auch mein Stichwort.“ Er stand auf und reichte Millerna seine Tasse. „Danke für das Frühstück, werte Millerna. Ich sollte mich eigentlich schon längst auf der Crusardor befinden.“ Er nickte Hitomi und Kobe zu und warf einen langen Blick in Richtung Brisaeye. „Passt gut auf sie auf…“, flüsterte und verließ dann mit langen Schritten das Zimmer. „Ich glaube, Brisaeye hat einen Verehrer…“, sagte Millerna und kicherte leise. Hitomi nickte zustimmend und erhob sich langsam. Sie wollte nicht von Van’s Seite weichen, aber es war an der Zeit, dass sie sich auch Brisaeye einmal ansah. „Was ist mit ihr? Hat sie einen Schaden davon getragen?“, fragte sie und trat an das Bett des Mädchens. Ihre schwarze Haut wirkte seltsam fahl, allerdings weitaus menschlicher, als die ganzen restlichen Tage zuvor. Hitomi hatte sich schon fast an die weißen Hautbemalungen und die furchtbaren, schwarzen Augäpfel gewöhnt… „Leider ja…“, antwortete Millerna und verzog traurig ihre Mundwinkel. „Ihr rechter Arm wird wohl nicht mehr zu gebrauchen sein. Wäre es ein einfacher Bruch gewesen, hätte ich ihr helfen können. Aber… der Knochen des Oberarms ist an der Bruchstelle komplett zersplittert. Selbst wenn da wieder etwas zusammen wächst, sie wird bei jeder Bewegung Schmerzen haben.“ Hitomi sah, dass der Arm dennoch provisorisch geschient worden war. Es war eine weitere Schandtat von Baijne… Er hatte nicht nur Van ein Ohr genommen, sondern auch seiner Schwester den Arm. Es ärgerte sie fast, dass sie dadurch für immer an den grausamen Mann erinnert werden würde… „Ich habe wirklich gedacht, sie schafft es nicht. Sie hatte Fieber, war unterkühlt und hat unglaublich viel Blut verloren. Ihr Angreifer hat ihr üble, innere Verletzungen zugefügt… Jeder normale Mensch wäre daran gestorben…“, fuhr Millerna fort. „Aber sie ist kein normaler Mensch…“, erklärte Hitomi und lächelte ein wenig. Sie war froh, dass Brisaeye es geschafft hatte. Sie hatte es verdient zu leben, trotz ihres Verrats. Millerna nickte bestätigend. „Ich konnte die Wunde nähen und eine Entzündung verhindern. Allerdings habe ich ihr soviel Alkohol und Wundkräuter verabreicht, dass sie wohl noch einen Tag durchschlafen wird… Jetzt kommt es auf sie an. Wenn sie eine Kämpferin ist, wird sie es schaffen. Wenn nicht, könnte es auch anders ausgehen…“ Hitomi nickte bedrückt. Sie betrachtete Brisaeye kleines, hübsches Gesicht und kam plötzlich auf einen Gedanken, der ihr in der Aufregung der letzten Stunden gar nicht gekommen war. „Kobe!“, hauchte sie aufgeregt und wandte sich dem ersten Berater zu. „Was ist in der Zeit passiert, als Baijne mich… entführt hatte?“ Es war ihr unangenehm, dieses Thema anzuschneiden, aber es ging nicht anders. Kobe schien zu verstehen, denn ein wissendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Brisaeye hat euch gerettet…“ „Was?“, fragte Hitomi verblüfft. „Sie hat wie angekündigt geholfen, gegen ihr eigenes Volk anzutreten. Sie hat durch ihr Gehör gewusst, von woher die Angriffe kommen würden. Doch auf einmal hat sich ihr Gesichtsaudruck verändert und sie hat sich direkt vor mir in Luft aufgelöst. Keine Sekunde später tauchte sie mit diesem… Ungeheuer…!“, spuckte er aus, und jeder wusste sofort wer gemeint war, „Sie tauchten gemeinsam wieder auf, mitten im Regen und haben gegeneinander gekämpft. Und wie das geendet hat, wissen wir ja bereits…“ Kobe schaute traurig zu Boden. Hitomi’s Blick aber wanderte zu Brisaeye. Sie hatte sie tatsächlich gerettet. Bevor Baijne ihr irgendetwas noch schlimmeres hatte antun können… Brisaeye hatte den Verrat an ihr wirklich wieder gut gemacht… Sie schaute auf die schwarze Gestalt hinab, die in der momentanen Lage so furchtbar hilflos und verloren aussah, dass niemand eine Kriegerin in ihr vermutet hätte. „Danke…“, sagte Hitomi leise. „Tausend Dank.“ Später am Nachmittag befanden sie sich bereits wieder in der Luft. Hitomi konnte vom Fenster aus auf die Insel zurückblicken, ein dunkler Fleck im Meer, worüber sich schon wieder eine Wolkensuppe zusammenbraute. Kobe hatte sich inzwischen zurückgezogen, um in seinem Tagebuch zu schreiben, wie er sagte. Hitomi saß nach wie vor an Van’ s Seite und beobachtete abwechselnd sein Gesicht, den Himmel und den Taubenblauen Vorhang, der um Brisaeye’s Bett gezogen worden war, um sie vor möglichen, umherschwirrenden Keimen zu schützen. Millerna war nie lange abwesend, sie ging nur hinaus, um nach Dryden und ihren kleinen Mädchen zu sehen. Hitomi lauschte den Geräuschen des Schiffes, dem stetigen Brummen der Propeller und Van’s gleichmäßigem Atem, als Millerna wieder einmal herein kam. „Keine Veränderung?“, fragte sie, mit einem schnellen Blick auf Van. „Keine…“, erwiderte Hitomi resigniert. „Das muss nicht unbedingt schlecht sein… Schlaf ist immer noch die beste Medizin…“, versuchte Millerna sie zu beruhigen und stellte ein Tablett an Van’ s Nachttisch ab. Darauf stand erneut eine Tasse mit dampfendem Tee und ein kleiner, herrlicher Napfkuchen mit intensivem Zimt-Geruch. Normalerweise hätte sich Hitomi heißhungrig auf das Gebäck gestürzt, aber komischerweise wurde ihr beim Anblick eher übel. Sie wandte ihr Gesicht voller Gram ab und versuchte, den Würgereflex zu unterdrücken. „Was ist los? Ist dir nicht gut?“, fragte Millerna sofort und fasste sie an den Schultern. „Nein… Es geht schon… Das sind nur die Hormone…“ Hitomi hatte nicht so damit herausplatzen wollen, aber es war klar, dass Millerna sehr gut kombinieren konnte. Sie drehte Hitomi zu sich um und blickte sie mit weit aufgerissenen Augen an. „Bist du schwanger?!“ Hitomi nickte, ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht. „Ich denke schon… Zumindest regiere ich seit ein paar Tage überempfindlich auf Gerüche und Nahrung…“ Millerna’s verblüffte Mine wandelte sich sofort in ein warmes Strahlen. „Das ist ja großartig! Ich gratuliere!“ Sie umarmte Hitomi kurz und wirkte dabei selbst so mütterlich, dass Hitomi sie darum beneidete. Würde sie selbst auch so sein? Sie fasste Millerna’s Arm und sah sie intensiv an. „Kannst du irgendwie… überprüfen, ob es dem Baby gut geht?“ Sie wusste nicht, wie viel Millerna bereits von den Anderen gehört hatte, deshalb erzählte sie ihrer Freundin noch mal in groben Zügen, von den vergangen Tagen, von der Kälte, dem Regen und von Baijne… Wie er sie getreten und zu Boden gestoßen hatte. Millerna nickte, ihre Mine wirkte alarmiert. „Natürlich. Ich werde dich untersuchen…“ Sie wies Hitomi zu dem freien Bett und bat sie, ihr Oberkleid auszuziehen, was Hitomi nur zu gerne tat. Der Schlamm vom Vortag hatte den Stoff unterhalb ihrer Knie mittlerweile steif wie Holz werden lassen… Millerna zog den Vorhang zwischen ihrem und Van’s Bett zu, falls irgendjemand herein platzen sollte und begann dann mit ihrer Untersuchung. Sie tastete vorsichtig Hitomi’s Bauch ab, berührte verschiedene Stellen ihres Körpers und sagte dabei kein Wort. „Was ist?“, fragte Hitomi bang. „Ich habe es doch nicht verloren…?“ Millerna lächelte nachsichtig. „Das hättest du gemerkt… Wenn du keine Blutung hattest, sieht für mich hier alles normal aus…“, schloss sie und zog Hitomi ihr Unterkleid wieder über die Knie. Erleichtert ließ Hitomi ihre unbewusst angespannten Schultern zurück in die Kissen sinken und seufzte. „Es ist also alles gut…“ „Man sieht noch nicht sehr viel, aber dein Unterbauch ist schon hart und leicht gewölbt. Das sieht für mich ganz natürlich aus…“, sagte Millerna, ganz die Ärztin, ehe sie Hitomi wieder ansah und ihr wohlwollend eine Hand auf den Arm legte. „Eine Frau spürt es, wenn sich ihr Körper verändert. Nicht nur die Übelkeit oder die veränderte Wahrnehmung… Ich bin mir sicher, du weißt es selbst, Hitomi…“ Hitomi dachte ein paar Sekunden über Millerna’s Worte nach und horchte in sich: Ja, sie war sich sicher, dass sie schwanger war… Sie spürte die Veränderung, spürte das kleine Wesen in ihr. Millerna grinste. „Für mich bist du völlig gesund und eindeutig schwanger…“ Hitomi wollte ihr antworten, aber der plötzliche Lärm von Jenseits des Vorhangs ließ sie zusammenfahren und verstummen. Millerna riss den blauen Stoff sofort zurück und gib Hitomi’s Blickfeld frei. Van war aufgewacht. Offenbar hatte er den letzten Teil des Gesprächs mitbekommen, war aus seiner liegenden Position hochgefahren und hatte mit dieser Bewegung das Katana zu seinen Füßen vom Bett gefegt, welches daraufhin ein paar Meter über den marmornen Boden geschlittert war. Jetzt lag er auf seinen rechten Ellenbogen gestützt da und starrte Hitomi mit offenem Mund an. „Schwanger?“, fragte er mit kratziger, kaum hörbarer Stimme. Der Moment schien ewig zu dauern… Van starrte, sein Blick ein Wirrwarr aus Verblüffung, Verwirrung und einer Liebe, die Hitomi’s Wangen rot werden ließen. Ihr Herz schlug augenblicklich höher, aber sie hatte absolut keine Ahnung was sie sagen sollte. Sei war wie versteinert, festgenagelt von Van’s plötzlichem Erwachen, dass sie völlig vergaß, auf ihn zuzustürzen. Sie konnte nur Van’s Blick erwidern, solange bis er plötzlich aufstöhnte und mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Kissen zurück sank. Millerna war sofort an seiner Seite. „Oh Van, du Idiot! Du sollst dich doch auch nicht bewegen!“, schimpfte sie ihn und beäugte ihn kritisch. Van stöhnte wieder auf und hustete trocken. „Bitte… Ein Glas Wasser…“, keuchte er dann hervor, worauf er nicht lange warten musste. Millerna eilte zum Waschbecken hinüber, brachte Van die Flüssigkeit und erst als er das Glas in schnellen Zügen geleert hatte, wirkte er wieder entspannter. „Danke… Mein Hals war so trocken….“ Hitomi schaffte es derweil endlich, ihrem Gehirn mitzuteilen, die Glieder zu bewegen und an Van’s Bett zu treten. „Geht es dir gut? Tut dir etwas weh?“, fragte sie aufgeregt, wagte aber nicht, ihn zu berühren. Sein Gesicht war immer noch eine seltsame Mine aus Verstörung und Schmerz, allerdings waren seine dunklen Augen nur auf sie gerichtet. „Ich denke schon… Mein Kopf zieht etwas… Und ich fühle mich, als hätte ich einen Kater…“, sagte er dann langsam. „Lass mich mal sehen…“ Millerna beugte sich von der anderen Bettseite über ihn und tastete Vorsichtig seinen Verband ab, woraufhin er ein wehleidiges Zischen von sich gab. „Du spürst deine Wunde, das ist ganz normal… Die Wirkung des Rum’s kann schließlich nicht ewig halten…“ „Rum? Du hast mich mit Rum abgefüllt?“, fragte Van bestürzt. „Ja, wieso?“ Millerna musterte in skeptisch, gespannt auf eine Antwort. „Dieses Teufelszeug rühre ich schon seit Jahren nicht mehr an!“, erwiderte Van und gab einen grummelnden Laut von sich. Hitomi grinste nur. Das war wieder mal typisch Van. Nur er konnte in so einer Situation noch sarkastisch sein… Millerna verdrehte die Augen und begann dann, Van grob zu untersuchen, was Hitomi mit steigender Nervosität beobachtete. Die Ärztin überprüfte provisorisch sein Hörvermögen, befahl ihm, ein paar Sätze zu sprechen und beleuchtete mit einer Kerze seinen Augen. Anschließend überprüfte sie Funktion seines Körpers, verlangte von ihm die Zehen und Finger zu bewegen. Van ließ alles geduldig über sich ergehen, bis Millerna zufrieden war. „Wir müssen das zwar auf jeden Fall noch mal wiederholen, aber im Moment sieht alles so aus, wie es sein sollte…“, sagte sie und lächelte zufrieden. Hitomi sah Van an, unendlich erleichtert und er erwiderte ihren Blick mit einer Intensität, die sie schaudern ließ. Millerna entging dies nicht. Sie klatschte in die Hände und sah Van ermahnend an. „Ich warne dich Van… Ich werde euch jetzt für eine Weile alleine lassen… Wehe du jammerst wegen irgendetwas, wenn ich zurückkomme! Bleib liegen und beweg dich so wenig die möglich… Deine Wunden müssen heilen!“ Van nickte abwesend, sein Blick lag nach wie vor in Hitomi’s Augen. Erst als Millerna die Tür hinter sich geschlossen hatte, breitete sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus. „Es ist schön, dich zu sehen…“, sagte er leise, die Stimme immer noch rau. „Es ist schön, dich wach zu sehen…“, erwiderte Hitomi und nahm seine Hand in ihre. Das Meerauge lag immer noch in seiner Faust und während sie den Stein auf den Nachttisch legte, begann sie Van zu erzählen, was während seines Schlafes passiert war. Sie wusste nicht warum, es erschien ihr einfach richtig, ihm ein Update zu geben. Sie klärte ihn über den Verbleib der Anderen auf, über Dryden’s Handlungen und vor allem über seine Verletzungen. Van lauschte ihr stumm und als sie geendet hatte, war seine einzige Frage: „Escaflowne?“ Hitomi sah ihn an und schüttelte traurig den Kopf. Es war Antwort genug. Van schien zu verstehen und schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, war sein Blick so voller Wärme, dass es sie erneut schauderte. „Stimmt es?“, fragte er und sein Blick wanderte schüchtern zu ihrer Mitte. Hitomi erröte wieder leicht, aber sie lächelte. „Es stimmt. Ich bin schwanger.“ Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihren flachen, aber harten Bauch. „Du wirst Vater werden, Van…“ Ihre Augen suchten seine, die sich nicht entscheiden konnten, wo sie hinschauen sollten. Es spiegelten sich erneut so viele Gefühle darin, wie sie es von ihm gar nicht gewohnt war. Aber sie spürte sie, seine Freude. Sie musste mindestens genauso stark sein, wie ihre Eigene… Die eiserne Faust von Sorge und Angst war von ihr abgefallen. Jetzt war da ein warmes Feuer, das in ihr brodelte, mit solcher Energie, dass sie am liebsten aufjauchzen wollte. Van schien es nicht anders zu gehen. Er zog an ihrer Hand und raunte zwischen seinen Zähnen ein raues „Komm her“ hervor. Hitomi ließ sich bereitwillig näher ziehen, auch wenn ihr Millerna’s Warnung noch im Hinterkopf stand. Van richtete sich halb auf, zog sie eng an sich und küsste sie dann. Seine Lippen waren warm und schmeckten immer noch leicht nach Rum. Hitomi traute sich kaum, zu leidenschaftlich zu werden, als Van sie jedoch noch enger an sich zog und mit seinen Fingern ihre Wirbelsäule entlang fuhr, war ihre Vorsicht gebrochen: Sie gab sich dem Kuss ganz hin, erwiderte ihn leidenschaftlich und hungrig. Zu lange hatte sie seine Berührung, seinen Geruch und seine Wärme entbehren müssen. Sie liebte das Gefühl seiner Bartstoppeln auf der Haut und sie liebte es, wie er sie anfasste. Es wurde ein langer, inniger Kuss, ein Kuss der Widervereinigung. Hitomi vergaß alles um sich herum, Van umgab sie ganz, von Kopf bis Fuß. Sie presste sich an ihn, küsste seine Wange, seinen Hals, jeden Zentimeter Haut den sie erreichen konnte, als Van plötzlich wieder aufstöhnte, allerdings nicht vor Verlangen. „Oh, Entschuldige!“, rief Hitomi sofort. „Ist alles in Ordnung?“ „Jahhh, ist schon gut…“, murmelte Van, grinste aber. Er küsste sie noch einmal und ließ sich dann seufzend zurück sinken. „Ich bin wohl wirklich noch nicht so ganz fit…“ „Davon kannst du ausgehen…“, erwiderte Hitomi und hob zynisch eine Augenbraue an. Sie war wohl versehentlich an seinen Kopfverband gekommen. Oder aber auch an sein geschientes Bein, so knapp wie sie auf der Bettkante saß. „Entschuldige Van…“, sagte sie noch einmal und beugte sich nach vorne, um ihn auf die Nase zu küssen. Er lächelte nur matt und verzog dann sein Gesicht. „Ich habe mich auch nicht gerade zurückgehalten… Kein Wunder wenn mein Kopf protestiert…“ Hitomi setzte sich wieder auf den Stuhl, hielt aber seine Hand fest umschlossen. Sie schwiegen eine Weile und Hitomi betrachtete einfach nur sein Gesicht. Es hätte ein Minute oder auch eine Stunde vorüber gehen können, es machte für sie keinen Unterschied. Nach einer Weile brach sie das Schweigen. „Van? Woran denkst du?“ Er hatte sie nicht einen Moment aus den Augen gelassen, jetzt aber lächelte er. „Ich überlege, wen wir alles zu unserer Hochzeit einladen müssen…“ „Was?!“ Hitomi starrte ihn an, die Schmetterlinge in ihrem Bauch schienen zu mutieren. „Naja…“, begann Van ganz ernst. „Ich bin der König von Farnelia… Ich muss dich erst heiraten, bevor wir der Welt einen Thronerben präsentieren können…“ Er sagte das so geschäftsmäßig, dass Hitomi trotzdem lachen musste. „Du MUSST mich also heiraten…?“, hackte sie nach. Van lächelte. „Ich WILL dich heiraten…“ Er zog Hitomi näher zu sich, sodass ihre Gesichter nur noch drei Handbreit voneinander entfernt waren. „Willst du mich auch heiraten?“ Er sah sie intensiv an, mit seinen Augen, die wie aus Vulkangestein gemacht waren. Und die Schmetterlinge explodierten. Pures Glück durchströmte Hitomi, jede Faser ihrer Körper jubilierte. „Ja!“, sagte sie laut. „Ich will!“ Ein strahlendes Lächeln nahm von ihrem Gesicht Besitz und sie konnte nicht anders, als Van zu küssen, zur Besiegelung ihrer Antwort. „Ich liebe dich. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr…“, murmelte sie dann in seinen Hals hinein. Van wartete einen Moment ehe er ihr Kinn anhob, um sie wieder ansehen zu können. „Ich fühle es, Hitomi… Ich fühle deine Liebe, sie war die ganze Zeit bei mir. Du hast mich gerettet, nicht nur einmal…“ „So wie du mich gerettet hast…“, erwiderte Hitomi leise. Van lächelte. „Aber du… Du hast mein Herz gerettet. Und jetzt bin ich ein hilfloser, verliebter Tölpel…“, sagte er schelmisch. Er strich ihr nachdenklich durch ihr glattes Haar und sagte schließlich: „Ich liebe dich. Ohne Zweifel und von ganzem Herzen. Und ich brauche dich unbedingt für immer an meiner Seite, sonst bin ich nur ein halber Mann…“ Hitomi lächelte. „Und als halber Mann nützt du schließlich niemandem etwas…“ Sie küsste sacht seine Finger und wurde wieder ernst. „Ich habe nicht vor, weg zu gehen. Ich bleibe an deiner Seite. Für immer…“ Van lächelte, ein glückliches Grinsen, wie man es selten bei ihm sah. Er schloss selig die Augen und murmelte: „Jetzt könnte ich wieder einen Rum vertragen…“ Hitomi lächelte in seine Hand hinein. Sie hatte keine Angst mehr… Sie war schwanger, Van würde vollständig genesen und sie konnten endlich zusammen sein. In Frieden. Ihre Gedanken hingen bereits in der Zukunft, einer Zukunft auf Gaia und an Van’s Seite, als seine Frau. Das war ihr Leben, ihre Bestimmung. Sie blickte für einen Moment aus dem Fenster, das diesmal einen stahlblauen Himmel zeigte, einen Himmel voller Zuversicht und Hoffnung. „Für immer“, murmelte Hitomi noch einmal und lächelte. --------------------------------------------------- Nachwort: So, ich hoffe die Rechtschreibfehler halten sich in Grenzen! ich habe zweimal drüber gelesen, aber man kann ja immer was über sehen... Das wars! die Geschichte ist erzählt! ^^ was in diesem kapitel vielleicht etwas zweifelhaft ist: die untersuchung Hitomi's durch Millerna. Ich habe keine ahnung, ob man sowas früher gemacht hat... ich glaube wirklich, die frauen haben das einfach gewusst... gespürt. es gab ja nicht die möglichkeit eines schwangerschaftstests oder eines ultraschalls... hitomi ist dennoch definitiv schwanger, ende aus. Nora hat ja da auch was vorher gesehen... ^^ ansonsten... van's ohr... naja. ein kleiner, aber verkraftbarer schaden. Ich konnte ihm einfach nichts schlimmeres auf den leib schreiben! auf diese verletzung bin ich in einer Grey's Anatomy folge gekommen... in der ersten der neuen staffel geht es ja um so nen Bären-angriff... wobei die freundin des Tumor-patienten lange gar nicht merkt, dass die hälfte ihrer kopfhaut nicht mehr da ist, wo sie hingehört... das war ganz schön eklig, und für mich absolut ausreichend für van... abgesehen davon kann man hoffentlich alles nachvollziehen... falls dennoch fragen auftauchen, nur her damit... ehrliche kommentare sind mir wie immer willkommen... ^^ alles liebe, eure Chiyo Epilog: 8 Jahre später ---------------------- ahhhhhhahahahahaaaaa!!!! ^^ Habt ihr wirklich geglaubt, ich verabschiede mich so leicht von euch? ^_____________^ ich war im nachwort des letzten kapitels doch soooo wortkarg, das passt doch gar nicht zu mir... nachdem ich 4 jahre an dieser fanfic rumgeschrieben habe, muss der abschied doch ein bissl dramatischer sein! ausserdem, wenn es einen prolog gibt, gibt es ja meistens auch einen epilog... ist keiner von euch auf diese idee gekommen? ^^ naja, ist ja jetzt auch egal. ich wollte euch bloß ein bissl ärgern. natürlich gibt es einen epilog, den hab ich auch schon ne ganze weile im kopf... jetzt wurde er nieder geschrieben, ist wiedermal viel länger geworden als geplant und überhaupt haben sich wieder dinge entwickelt, die ebenfalls nicht so gedacht waren... aber dazu mehr im nachwort. schön, dass das letzte kap so gut bei euch angekommen ist... ich war ein bissl skeptisch. aber gut. jetzt erstmal: viel freude am WIRKLICH letzten kapitel dieser Geschichte... ^^ ------------------------------------------------------------------------ Epilog: 8 Jahre später Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit…? Hitomi stellte sich diese Frage oft, genau wie an diesem Morgen. Sie wachte auf, in ihrem riesigen, unendlich weichen Bett und streckte wohlig ihre Glieder. Die morgendliche Sonne blinzelte durch die offene Balkontür herein und kitzelte ihre Nase. Seufzend wandte sie sich von der Sonnenseite ab du grabschte unter der Decke nach dem warmen Körper, der für gewöhnlich jede Nacht neben ihr lag, griff aber ins Leere. „Van?“, fragte sie schlaftrunken und öffnete ihre Augen jetzt vollständig. Die rechte Seite des Bettes war leer, man sah nur das zerwühlte Laken. Van war nicht da. Sie seufzte resigniert und vergrub ihren Kopf wieder in den Kissen. Es war ungewöhnlich, dass der König von Fanelia vor ihr wach war. Meistens schlief er länger als sie. Hitomi wollte sich gerade wieder tiefer in ihre Matratze graben - die wohlige Wärme des Bettes war einfach zu schön - als ein Türknarren zu hören war. Sie wagte einen Blick über ihre Bettdecke und erspähte ihren Ehemann, der gerade herein kam. „Wo bist du gewesen?“, fragte sie skeptisch. Es war schließlich ihr freier Tag. Keine Audienzen, keine königlichen Verpflichtungen… Der einzige Tag im Monat, den sie komplett nach ihren Vorstellungen verbringen konnten. Und das bedeutete in erster Linie: So lang wie möglich schlafen. Van trug nichts weiter als eine notdürftig zugeschnürte Leinenhose, als er jetzt zu ihr herüber schlenderte. Sein Oberkörper war unbedeckt und wurde gerade auf höchst prickelnde Weise von der Sonne abgetastet. „Habe ich dich aufgeweckt?“, fragte er, mit einem breiten, warmen Lächeln im Gesicht. „Nein. Das hat schon die Sonne getan…“ Sie erwiderte sein Lächeln und schlug einladend ihre Bettdecke zurück. Van musterte sie mit amüsiertem Blick, schnürte dann aber behände seine Hose auf und kam geschickt zu ihr ins Bett gekrochen. „Ihr seid wieder einmal unersättlich, meine Königin…“, raunte er ihr ins Ohr, als er sich auf sie legte und eine lange Spur von Küssen ihren Hals hinab hauchte. Hitomi kicherte Leise und presste sich innig an ihn. Die altbekannte Hitze der Leidenschaft überkam sie, so heftig, dass sie sich manchmal fragte, ob das normal war. Van hatte immer noch die gleiche Wirkung auf sie, wie in ihrer ersten Nacht. Ihr Verlangen nacheinander war in all den Jahren ungebrochen, wurde sogar manchmal noch schlimmer als zuvor. Sie konnte nicht genug von ihm bekommen, von dem opulenten, erdigen Duft seiner Haut, von seinen Küssen und Berührungen… So wie er nicht von ihr. Hitomi zog seinen Kopf zu sich hinab, um ihn mehrmals zu küssen und gab sich ganz ihren Instinkten hin. Sie liebten sich schnell und stürmisch in der Morgensonne, bis Van erschöpft und keuchend von ihr glitt. Hitomi kuschelte sich an ihn und versuchte wieder zu Atmen zu kommen. „Wo bist du gewesen?“, fragte sie noch einmal, zwischen zwei Atemzügen und drehte ihren Kopf so, dass sie Van ansehen konnte. Dieser brachte sie beide in eine bequemere Position und senkte seinen dunklen, magischen Blick in ihren. „Yuki kam vorhin herein. Sie war hellwach und wollte mir unbedingt von ihrem Traum der letzten Nacht erzählen… Allerdings hast du noch so selig geschlafen, ich wollte dich nicht aufwecken… Also habe ich sie hinunter zu Kobe gescheucht, dem hat sie dich Geschichte dann auch gleich noch mal erzählt…“, erklärte er ihr und lächelte bei der Erinnerung daran. Hitomi konnte sich die Szenerie nur allzu lebhaft vorstellen… Yuki war ihre jüngste Tochter, gerade 4 Jahre alte geworden und von all ihren Kindern die lebhafteste. Sie hatte sehr früh angefangen zu sprechen und mit ihren vier Jahren klang sie mittlerweile manchmal fast wie eine Erwachsene. Dementsprechend viel hatte sie auch immer zu erzählen… Hitomi konnte sie noch an ihre Geburt erinnern, als wäre es gestern gewesen. Sie war im Frühling zu Welt gekommen, allerdings an einem Tag, als es überraschend und unerwartet noch einmal einen kleinen Wintereinbruch gab. Innerhalb von drei Stunden hatte es fast 2 Meter auf Farnelia nieder geschneit und inmitten des Schneesturms hatte Yuki das Licht der Welt erblickt. Deshalb hatte Hitomi es mehr als passend empfunden, ihr den japanischen Namen für Schnee zu geben… „Um was ging es denn in dem Traum?“, fragte Hitomi neugierig. „Um Pferde natürlich…“, erwiderte Van und rollte die Augen gen Zimmerdecke. Hitomi lächelte in die weiche, warme Haut an seiner Schulter und meinte neckisch: „Also von mir hat sie das nicht…“ Yuki war trotz ihrer vier Jahre schon eine gewaltige Pferdenärrin und verbrachte jede freie Minute mit Tomu und ihren Geschwistern im königlichen Stall. „Apropos Pferde…“, sagte Van dann. „Wäre heute nicht ein guter Tag um auszureiten?“ Hitomi warf einen flüchtigen Blick über ihre Schulter. Die Sonne strahlte immer noch, ließ die noch mit Tau benetzten Bäume des fanelschen Waldes silbern glitzern. „Das stimmt…“, nickte sie und wandte sich dann wieder an Van. Sein Blick lag immer noch auf ihr, warm und liebevoll. „Was ist?“ Van lächelte. „Habe ich dir heute schon gesagt, dass du die schönste Frau auf diesem Planeten bist und dass ich dich sosehr liebe… dich, unsere Familie und unser Leben, dass ich manchmal befürchte, umzufallen und an vollkommener Erfüllung zu sterben…“ „Nein, das hast du mir heute noch nicht gesagt…“, erwiderte Hitomi und schmunzelte. Sie richtete sich ein wenig auf, ließ ihr mittlerweile hüftlanges Haar über ihre Schultern fallen und beäugte Van von oben herab. „Aber bitte, bevor du an übermäßiger Liebe zugrunde gehst, küss mich noch einmal…“ Sie beugte sich zu ihm herab und legte ihre Lippen lange und genüsslich auf seine. Nach ein paar Augenblicken gab sie ihn wieder frei und beäugte ihn gespielt misstrauisch. „Und? Irgendwelche Schmerzen?“ Van spielte sofort mit und horchte mit konzentrierter Mine in sich. „Nein… Keine Schmerzen…“ Dann lachte er, ein kurzes, schallendes Lachen und küsste Hitomi erneut. „Ich… lebe… noch…“, giggelte er zwischen mehreren Küssen. Hitomi erwiderte diese nur zu gern, lehnte sich aber nach einer Weile wieder etwas zurück. Sie hatte das Gefühl, dass sie ihm auch etwas sagen sollte. Sie hatten nicht oft soviel Zeit für sich, die Momente der Zweisamkeit waren umso kostbarer, wenn sie gegenseitig ihre Empfindungen aussprachen. Sie betrachtete sein schön geschnittenes Gesicht, mit dem drei-Tage-Bart, der sie in all den Jahren nicht ein einziges Mal gestört hatte. Van war immer noch so gut aussehend wie früher, auch wenn sich ein paar Falten um seine Augen und die Mundwinkel vertieft hatten. Selbst die einzelnen grauen Haare waren kein Makel, im Gegenteil, sie gaben ihm eine besondere, aristokratische Würde… Sie strich ihm seine schwarzen Haarpracht zurück, die er mittlerweile ebenfalls etwas länger trug und legte sein linkes Ohr frei. Oder das, was noch davon übrig war. Jedes Mal, wenn sie den kläglichen Rest der Ohrmuschel sah, wurde sie an Baijne erinnert. Bilder schossen ihr durch den Kopf und sie kam nicht umhin, zu schaudern. In den letzten Jahren war es zwar erheblich besser geworden, aber sicherlich niemals überwunden. Sie betrachtete die gut verheilte Verletzung nachdenklich. Nicht einmal dies war ein Makel an ihm… „Weißt du Van…“, sagte sie und strich seine Haare wieder nach vorne, „Ich bin schon einmal gestorben. In dem Moment als Baijne dir diese Narbe zugefügt hat… Ich dachte wirklich, es ist vorbei. Nicht nur mit dir, sondern auch mit mir. Mein Herz hat sich einfach aufgelöst. Ich kann also nicht empfehlen, an zuviel Liebe zugrunde zu gehen…“ Sie lächelte kurz, sah ihn aber nicht an. Ihr Blick hing an seinem Hals fest, ihre Finger spielten abwesend mit seinen Haarspitzen. „Hitomi… Es tut mir so leid, dass du das damals mit ansehen musstest… Aber ich habe überlebt! Und ich leben auch jetzt noch… Ich werde auch noch lange leben, an deiner Seite…“, sagte Van und griff nach ihrer Hand. Er küsste sie sanft und zwang sie, ihn anzusehen. „Denk nicht mehr daran…“ Genau diesen Satz hatte sie schon sehr oft von ihm gehört. Aber ganz vergessen konnte sie eben doch nicht. Sie erwiderte seinen aufmunternden Blick und schüttelte dann verlegen den Kopf. „Ich wollte sowieso etwas ganz anderes sagen…“ Van musterte sie mit leicht gerunzelten Augenbrauen, wartete gespannt. Hitomi blickte wieder in seine Augen, wissend, dass sie sich sofort in ihnen verlieren würde. „Vor Jahren hatte ich einmal einen seltsamen Traum. Wir saßen zusammen in einem kleinen Lokal, irgendwo in Tokio. Du kamst gerade von der Arbeit, wir haben uns nur kurz gesehen… Wenn ich mir überlege, dich in einer anderen Welt, in meiner Welt zu treffen…“ Van’s Augenbrauenrunzeln hatte jetzt auch auf seine Stirn übergegriffen, als er sie schnell unterbrach: „Vermisst du etwa den Mond der Illusionen?“ „Nein!“, erwiderte Hitomi hastig. Es war die Wahrheit. Egal was in der Vergangenheit auf Gaia passiert war… Seit Van an ihrer Seite war, hatte sie keinen Gedanken mehr an ihre Welt verschwendet. Nicht einmal ihre Dusche ging ihr noch ab… Natürlich hatte sie Van schon viel erzählt, von all den Dingen, die seine Vorstellungskraft überstiegen, aber sie hatten niemals das Bedürfnis, nach dem Drachenherzstein-Amulett zu greifen und einen schnellen Abstecher auf die Erde zu machen… „Damit meine ich…“, fuhr sie fort und lächelte jetzt zuversichtlich. „Ich glaube, dass ich nie auf meinen Planeten gehört habe… Ich war für dich bestimmt. Und dafür, dieses Leben hier zu leben. Als deine Frau, als die Königin von Farnelia und als Mutter unserer Kinder. Erst das macht mich zu einem vollständigen Menschen. Nichts könnte da in meiner Welt mithalten…“ Sie verstummte kurz. Sicherlich gab es auch in ihrer Welt Menschen wie sie, die ihren Platz im Leben gefunden hatten, ein vollkommenes Leben führten. Aber sie hatte das Licht hierher gebracht. Zu Van. „Das stimmt. Wir gehören zusammen… Hätte ich das schon mit 16 realisiert, wären wir uns schon ein halbes Leben zusammen…“, murmelte Van. „Lass uns nicht über die alten Zeit reden…“, unterbrach Hitomi ihn sogleich. Das war wirklich kein schönes Thema, nicht einmal in ihrem achten Ehejahr. „Eben. Lass uns lieber den Tag genießen…“ Van zog sie wieder zu sich und drückte sie an seinen Körper. „Ich liebe dich“, flüsterte er. Hitomi schmunzelte. Diese drei Worte waren immer noch die besten, tiefsten und bedeutsamsten, um all das auszurücken, was man für den Anderen fühlte. „Ich dich auch.“ Eine gefühlte Stunde später war Hitomi vollständig angezogen. Sie hatte sich eine leichte Lederhose ausgewählt, eine von vielen anderen Modellen, die die Hälfte ihres Schrankes einnahmen. Patrizia, die königliche Schneiderin, war zwar mittlerweile in den Ruhestand gegangen und verbrachte ihren Lebensabend mit Kobe in einem kleinen, bescheidenen Bürgerhaus vor den Palasttoren, aber ihr Wissen über Hosenschnitte hatte sie Gütigerweise an ihre Nachfolgerin weiter gegeben. Hitomi war nicht mehr die einzige, die Hosen trug. Vor allem seit sie die Königin war, eiferten viele Frauen innerhalb und außerhalb Fanelia’s ihrem Vorbild nach und ließen sich einen Ableger davon machen. Irgendwann hatte die Nachfrage sogar so stark zugenommen, dass Dryden eine ganze Kollektion in seine Handelsgeschäfte mit aufgenommen hat… Sie lächelte bei dem Gedanken daran, vor allem weil Dryden selbst nicht der größte Fan dieses neuen Kleidungsstils war. „Erst ein Kleid kleidet eine Frau angemessen…“, pflegte er immer zu sagen, was ihm aber nur müde Blicke von Hitomi und seiner Frau Millerna einbrachte, die selber auf kein Pferd mehr stieg, ohne eine Hose zu tragen. Hitomi betrachtete sich noch einmal im Spiegel, schwang ihren langen, aufwändig geflochtenen Zopf zurück und ging dann durch eine Nebentür in das königliche Arbeitszimmer. Da Van nicht sehr für Papierkram und Bücher zu begeistern war, hatte sie ihm den größten Teil dieser Arbeit abgenommen, sodass dieses Zimmer eigentlich mehr von ihr und Kobe gezeichnet war. Aber Kobe war nicht mehr der Jüngste… Er konnte nur noch einen ganz kleinen Teil der anfallenden Arbeit übernehmen, den Rest musste er an die jüngeren königlichen Berater abtreten. Auch Hitomi tat ihr Bestes: Sie kämpfte sich durch Bücher und Chroniken, beantwortete Bürgerbriefe und brütete mit den Beratern oft Stundenlang über neuen Schriften und Vereinbarungen. All das waren eher Standardmäßige Dinge. In den letzten Jahren hatte es kaum Probleme gegeben, weder in Fanelia, noch in einem der anderen Reiche. Astoria wurde gütig und weise regiert von Eries und ihrem Mann Ethaniel, nachdem der alte König Aston vor 3 Jahren friedlich im Schlaf gestorben war. Fraid stand unter der Obhut des strahlenden und von allen Seiten geliebten Fürsten Cheat, Sohn von Allen Shezar, Vater einer großartigen Tochter namens Marlen. Hitomi’s eingehendes Gespräch mit Cheat hatte tatsächlich Früchte getragen: Wenig später, nachdem die Wellen der Ereignisse auf dem alten Land wieder einigermaßen geglättet waren, hatte Cheat den mutigen Schritt gewagt und das offene Gespräch mit Allen gesucht. Die Nachricht hatte sich in ganz Gaia wie ein Lauffeuer verbreitet… Aber richtig geglaubt hatte Hitomi es erst, als die beiden blonden Männer mit strahlenden Minen zu ihrer und Van’s Hochzeit kamen und so vertraut miteinander umgingen, wie nur Vater und Sohn es konnten. Allen und Cheat hatten sich ausgesprochen, hatten die Vergangenheit akzeptiert und es endlich geschafft zueinander zu stehen. Und für jeden war es ein Segen… Allen durfte sich Großvater von Marlen nennen und Cheat konnte Kagami als seine Stiefmutter betrachten, sowie seine beiden Halbgeschwister, Alana und ihren 2 Jahre jüngeren Bruder Lui. Auch Lui würde später einmal wie aus Allen’s Gesicht geschnitten sein, mit seinem goldbraunen Haar und den etwas dunkleren, aber nicht minder blauen Shezar-Augen… Hitomi musste bei dem Gedanken an diese kleine Familienbande jedes Mal schmunzeln, fast so wie wenn sie an ihre eigenen Kinder dachte. Sie trat an den wuchtigen, völlig überladenen Schreibtisch und nahm die obersten beiden Bücher von dem Stapel der Werke, die sie in den nächsten Wochen noch vor sich hatte. Das eine war ein dünnes, Handgebundenes Bündel, voll geschrieben mit einer schwungvollen, eleganten Handschrift: Es war Kobe’s Tagebuch. Allerdings beginnend an dem Tag, als sie vor über 8 Jahren nach Zaibach gekommen waren, um den seltsamen Verhandlungen des damaligen Präsidenten Dornfels beizuwohnen. Das Buch schilderte Kobe’s Eindrücke, von der Insel, von dem Kampf… Es war sehr persönlich und Hitomi war ihm sehr dankbar, dass sie darin lesen durfte. Sie selbst hatte ihre Eindrücke niemals aufgeschrieben. Sie hatte viele Dinge für Dryden noch einmal ausgegraben, damit er sie in seine 800 Seiten Starke Chronik namens „Der letzte Kampf um Atlantika“ schreiben konnte, allerdings niemals für sich selbst. Dryden’s Buch reichte völlig aus. Es war reich illustriert und in dem typisch euphorischen und leicht überheblichen Stil des Flottenchef’s geschrieben… Vorsichtig legte Hitomi das Kobe’s Buch wieder zurück auf den Stapel und hielt in einer geistigen Notiz fest, es seinem Besitzer bei der nächst besten Gelegenheit zurück zu geben. Der eigentliche Grund, warum sie in an ihrem freien Tag in da Arbeitszimmer gekommen war, war aber das Andere, weitaus schwerere Buch auf ihrem Arm. Es war die Bibel, die sie vor Ewigkeiten in der Bibliothek entdeckt hatte. Seit einer weiteren Ewigkeit lag das in grünes Leinen gebunden Buch nun schon auf ihrem Schreibtisch herum und wartete darauf, zurück auf seinen Platz gebracht zu werden, nachdem Hitomi hin und wieder darin gestöbert hatte. Bei einer dieser Durchstöberungen hatte sie auch erfahren wer die Bibel einst nach Gaia gebracht haben musste. Sie schlug auch jetzt das Buch noch einmal von hinten auf. Dort stand auf der letzten Seite in verblasster, grauer Schrift: Philippe Cherubini. Der Mann, der sich später Dornfels nannte… Auch als Hitomi jetzt den Namen sah, nach so langer Zeit, zuckten ihr wieder Bilder durch den Kopf, von all den Dornfels-Momenten, die sich besonders stark in ihr Gehirn eingebrannt hatten… Manchmal glaubte sie noch immer nicht, dass der Präsident nicht mehr existierte. Dass die Zeit ihn einfach verschlungen hatte und zwischen Gaia und der Erde im Nichts gefangen hielt. Es gab wirklich Tage, wo sie fast erwartete, dass er quicklebendig vor den Toren Farnelia’s stand und sein Land, seine Besitztümer und sein eingebildetes Recht auf Hitomi einforderte. Zaibach lag mittlerweile nämlich in der Hand von Phära. Die ehemalige erste Beraterin des Präsidenten war lange gefangen gehalten und verhört worden, wie so viele andere Zaibacher. Eine reine Vorsichtsmaßnahme der anderen Länder. Aber Phära hatte immer wieder versichert, dass sie nichts von Dornfels’ Plänen gewusst hatte. Und nachdem sie sogar von der kleinen Nora und den weisen Männern aus Fraid überprüft worden war, von Mönchen die tief in die Seele eines Menschen blicken konnten, wurde ihr schließlich geglaubt. Seither hatte Phära die Macht über Zaibach. Sie wurde zur Fürstin ernannt, da sie nicht von königlichem Blut war und regierte seit über sieben Jahren über das einstige zerrissene und kriegerische Zaibach. Hitomi klappte die Bibel wieder zu. Sie selbst war noch immer misstrauisch gegenüber Phära, obwohl es in den letzten Jahren keinerlei Auseinandersetzungen auf Gaia gab, weder mit Zaibach, noch mit einem anderen Land. Phära machte ihre Sache gut, das konnte man nicht leugnen. Sie hatte wieder Stabilität und Frieden nach Zaibach gebracht. Und dennoch… Kein anderes Land wurde so wachsam beäugt wie das zerklüftete Felsenland Zaibach. Die Vergangenheit sprach eben doch für sich. Heute war allerdings ein guter Tag, um damit wieder ein Stückchen abzuschließen. Der Frühling kam über Farnelia, ließ alles erblühen und schenkte der Welt einen Neuanfang… Es war an der Zeit, Philippe Cherubini’s Buch wieder in den Tiefen der Palastbibliothek verschwinden zu lassen. Nachdem Hitomi die schwere Bibliothekstür hinter sich geschlossen hatte, machte sie sich auf die Suche nach Van. Er war schon nach draußen zu den Kindern gegangen, als sie sich vorhin in ihrem Schlafgemach getrennt hatten. Hitomi stieg die Treppen zur großen Halle hinunter, ein Weg den sie auch schon im Schlaf hätte gehen können. Der Palast war jetzt ihr Zuhause. Sie kannte jeden Winkel des Gebäudes, sogar einen geheimen Ausgang, der tief in die Berge hinter Farnelia hinein ging. Ihre Reiterstiefel federten über den marmornen Boden und sie fragte sich, ob sie wohl noch schnell ein Frühstück einwerfen sollte, da sich ihr Magen allmählich wieder Gehör verschaffte. Sie wollte schon einen Hacken Richtung Speisesaal schlagen, als ihr aus dem Küchengang eine Magd entgegen kam. „Meine Königin, ich habe mir erlaubt den Tisch im Palasthof zu decken…“, sagte das zierliche Mädchen und machte einen höflichen Knicks. „Oh Wunderbar! Eine großartige Idee, danke Magret…“ Hitomi schenkte dem verlegenen Mädchen ein wohlwollendes Lächeln und machte sie auf den Weg nach draußen. Sie war eine gute Königin, das wusste sie. Sie kannte Jeden der regelmäßig im Palast ein und aus ging beim Namen. Dennoch ertappte sie sich manchmal dabei, wie sie reflexartig Verbeugungen und höfliche Gesten zu erwidern gedachte, eine alte japanische Gewohnheit… Als Königin musste sie jedoch über alledem stehen, eine Tatsache, an der sie lange zu kauen gehabt hatte. Abgesehen davon war ihr der Wechsel von Hitomi Kanzaki, der Angestellten und Leichtathletiklehrerin zu Hitomi de Fanel, der König von Fanelia erstaunlich leicht gefallen. Jeder hatte sie unterstützt, Van, Kobe, all ihre Freunde… Das neue Leben hatte sich schnell eingespielt und sie meisterte es mit fast übermenschlicher Disziplin und Leichtigkeit. Sie durchquerte den Thronsaal, sprang die Stufen der Einhangshalle hinunter und stürzte dann etwas unköniglich durch das Portal, vor dem zwei Wachen standen. Die beiden Helmträger musterten sie kurz und räusperten sich dann verlegen. „Kein Wort zu Kobe, in Ordnung?“, sagte sie und zwinkerte ihnen zu. Die Palastangestellten waren es zwar durchaus gewohnt, dass es im Königshaus auch mal etwas wilder zuging, aber Kobe war im Bezug darauf immer noch ein wenig empfindlich… Hitomi nahm wieder etwas Haltung an und ging mit langen Schritten zu dem runden, herrlichen gedeckten Frühstückstisch hinüber, der unter dem uralten, gekrümmten Lindenbaum im inneren Hof stand. Es war ein schöner, gemütlicher Platz, offenbarte seinen Besuchern einen wunderbaren Blick über den äußeren Hof mit dem königlichen Gestüt, den Schlossgarten und die gesamte Stadt, bis hinauf zum Bergkamm am anderen Ende des weitläufigen fanelschen Reiches. „MAMAAAAA!!“, erschallte es vom Tisch in gleich zwei hellen Mädchenstimmen. Sie gehörten zu ihren Töchtern, die jetzt beide auf sie zu stürmten. Yuki war die erste und warf sie in ihre offenen Arme, nur um sich dann an ihrem Hals festzuklammern. „Guten Morgen meine Süßen… Geht es euch gut?“, fragte Hitomi die beiden Mädchen und drückte auch ihre zweitgeborene kurz an sich. Varie nickte inbrünstig. Die sechsjährige erschien ihr manchmal zu schön um wahr zu sein. Sie hatte eindeutig Van’s Vorzüge geerbt: Sein dickes schwarzes Haar, seine dunklen Augen. Van behauptete immer, sie sah genauso aus wie seine Mutter… Passenderweise trug sie auch ihren Namen. Hitomi beobachtete mit erstaunen, wie sich ihre Kinder von Tag zu Tag veränderten. Varie war ein ruhiges Mädchen, bezauberte jeden Menschen in ihrer Umgebung allein durch ihren Anblick und schien immer genau zu wissen, was um sie herum geschah. Ganz anders war da Yuki. Sie war Hitomi wie aus dem Gesicht geschnitten, hatte das gleiche, haselnussbraune Haar und dieselben grünen Augen. Sie war aufgeweckt und immer fröhlich und hatte denselben Dickschädel wie ihr Vater. Hitomi richtete sich auf und küsste ihre Jüngste auf die warme Wange. „Habt ihr schon gefrühstückt…?“, fragte sie und näherte sich dem Tisch, wo Van und ihr Erstgeborener ihr entgegen grinsten. Der achtjährige Vargas war das Ebenbild seines Vaters, eine Tatsache die Hitomi jedes Mal wieder verblüffte. „Wir haben grade angefangen…“, sagte Van, der gerade eine Scheibe Brot ausgiebig mit Butter bestrich. Hitomi setzte sich auf den freien Stuhl, Yuki auf ihrem Schoß. Auch Varie setzte sich wieder, mit solcher Anmut, wie es für einen sechsjährige ganz untypisch war. Schon nach einer Weile breitete sich die allgemeine Lautstärke am Tisch aus. Die Kinder zankten um die beste Scheibe Brot, plapperten über dieses und jenes, lachten und kreischten. Yuki erzählte Hitomi von ihrem Traum, worin es um ein kleines, weißes Fohlen gegangen war und sie lauschte ihrer Tochter andächtig. Hitomi hatte manchmal den Verdacht, dass Yuki nicht nur ihr Aussehen, sondern auch ein paar ihrer Fähigkeiten geerbt hatte. Obwohl Hitomi nur noch ganz selten von Visionen heimgesucht wurde, so hatte ihre Feinfühligkeit in Träumen und im Bezug auf ihre Liebsten nicht nachgelassen. Auch Yuki schien in ihren Träumen Dinge zu sehen, schien sich dort frei bewegen zu können, wie es auch Hitomi manchmal möglich war. Vielleicht würde sich dies noch genauer herauskristallisieren, wenn sie älter war… Was allerdings alle drei geerbt hatten, waren Van’ s Flügel. Es gab nur ganz selten Situationen, wo die Kinder so voller unkontrollierter Emotionen waren, dass das Kennzeichen des Drachenvolkes aus ihrem Rücken hervorbrach. Varie war es erst einmal passiert, Yuki zweimal. Vargas war in der Hinsicht kaum zu kontrollieren. Er hatte nicht nur die Flügel seines Vaters, sondern auch den größten Teil seines Charakters geerbt. Sein Temperament, seine Leidenschaft und seinen Übereifer… So geschah es, dass der zukünftige Thronerbe schon recht früh herausgefunden hatte, wie er seine Flügel zu handhaben hatte. Und Hitomi konnte ihn sooft ermahnen wie sie wollte, Vargas hob trotzdem manchmal ab… „Er muss diese Erfahrung eben machen…“, sagte Van dann immer gelassen, weshalb sie schon oft zu streiten angefangen hatten. Aber Vargas war ein Vater-Kind. Die beiden standen sich sehr nahe und Van gab seinem Sohn immer viel zu leicht nach… Im Moment konnte Hitomi aber auch nur nachsichtig lächeln. An einem Tag wie diesen, wo ihre ganze Bande beisammen war, ließ sie sich nur zu gern erweichen. „Wo ist Kobe?“, fragte sie irgendwann in die Runde und nahm einen tiefen Schluck von ihrem Tee. Vargas grinste schelmisch, genau wie sein Vater es immer tat. „Der hat vor Yuki’s albernen Geschichten die Flucht ergriffen…“, antwortete er. Seine kleine Schwester war niemand der leicht klein bei gab. „Das ist gar nicht wahr!“, fuhr Yuki ihn an und drohte ihm mit ihrer kleinen Faust. „Vargas…“, schaltete sich jetzt auch Van ein. Er betrachtete seinen Sohn mit gespielt ernstem Blick. „Erzähl nicht solchen Unsinn…“ Vargas grinste nur wieder, hatte aber zumindest genug Anstand, seinen Blick zu senken. „Kobe kommt bestimmt gleich wieder. Er wollte nur Brisaeye bescheid geben, dass sie heute doch gebraucht wird…“, stellte Van richtig. „Wieso gebraucht?“, fragte Hitomi verwundert und ließ sich eine dicke Schicht Honig auf ihr Brot tropfen. „Unsere Varie zieht es vor, die Zeit mit ihrer Amme zu verbringen, als uns beim Ausritt zu begleiten…“ Van musterte seine Tochter leicht enttäuscht. Obwohl Varie ebenso wenig von Pferden abgeneigt war wie ihre Geschwister, so war sie doch nicht sehr für lange Ausritte zu begeistern. Sie striegelte und kämmte ihr kleines, graues Pony lieber den ganzen Tag… „Streng’ Brisaeye aber nicht zu sehr an, ja?“, ermahnte Hitomi ihre Tochter, die nur milde lächelte. Brisaeye hatte von allen am längsten gebraucht, sich von ihren Verletzungen zu erholen… Wie Millerna bereits prophezeit hatte, war ihr zersplitterter Arm niemals wieder richtig zusammen gewachsen und hing seither unbrauchbar und steif an ihrer Seite. Allerdings war das Mädchen deshalb keineswegs gebrochen. Sie hatte es bald wieder gewagt, ein wenig Mut zu fassen, schon allein, weil Seygon an ihrer Seite war. Er wusste was sie wahr, wusste was sie getan hatte und liebte sie trotzdem über die Maßen… Kurz nach Hitomi’s Krönung waren die beiden nach Farnelia gezogen, wohnten im Haus neben Kobe und waren unfassbar glücklich. Seygon war zum obersten Stallmeister erklärt worden und kümmerte sich mit ganzer Hingabe um das königliche Gestüt. Brisaeye war zu Hitomi’s Amme geworden, nachdem diese sie inständig darum gebeten hatte. Brisaeye hatte mit ihrer Antwort lange gewartet, bis kurz nach Vargas’ Geburt, genauso wie sie Seygon lange hatte zappeln lassen. Erst nach 3 Jahren des Zusammenlebens hatte sie ihn geheiratet. Und Hitomi hatte fast ebenso lange gebracht um ihre mittlerweile engste Vertraute zu verstehen… Brisaeye war immer noch schockiert, wegen dem was geschehen war, vor allem wegen ihrem Verrat. Sie hatte nicht glauben können, dass Seygon sie wirklich lieben konnte, sie, eine vom Volk… Die Halbschwester des Monster’s Baijne… Genauso wenig hatte sie glauben wollen, dass Hitomi ihr verzieh und ihr einen Neuanfang gewährte, in Farnelia, als Kindermädchen ihrer Sprösslinge. Obwohl Brisaeye wegen ihres Armes gehandicapt war, so meisterte sie diese Aufgabe doch hervorragend, seit 8 Jahren. Ebenso lange, wie sie sich nicht mehr verwandelte hatte… Hitomi hatte niemals gewagt sie danach zu fragen, egal wie gut sie sich verstanden. Erst Seygon hatte ihr einmal davon erzählt. Brisaeye wollte mit der Vergangenheit abschließen. Sie wollte endlich leben und glücklich sein. Und dazu konnte sie ihre Gestalt als Kriegerin nicht gebrauchen… Sie hatte es wirklich geschafft. Sie war glücklich geworden. Sie hatte ihre Ehe mit Seygon endlich angenommen, hatte seine Liebe angenommen und war jetzt im 4ten Monat schwanger… Ein Umstand, den sie – so wusste Hitomi es aus vielen Gesprächen mit der Schwarzen – lange zu verhindern versucht hatte. Erst hatte Hitomi geglaubt, dass bei ihrer Verletzung auch ihrer Fähigkeit Mutter zu werden verloren gegangen war. Aber Brisaeye hatte ihr gestanden, dass sie es absichtlich verhindert hatte, mit einem dafür bestimmten Kraut… Sie wollte nicht schwanger werden, wollte nicht riskieren, eine Kreatur wie ihren verstorbenen Halbbruder in die Welt zu setzten… Und obwohl Hitomi mit so etwas nicht gerechnet hatte, sie konnte ihre Freundin doch ein wenig verstehen. Im nächsten Atemzug hatte sie sie aber ermutigt, sich nicht darauf festzulegen. Sie sollte keine Angst davor haben, Kinder zu bekommen und schwanger werden! Für Seygon, für ihr eigenes Seelenheil… Jedes Mal wenn Hitomi ihre eigene Kinderschar betrachtete, wusste sie, dass es das wert war. Es war das schönste im Leben, Kinder großzuziehen, an der Seite des Mannes den man liebte. Egal, wie viele Schlaflose Nächte sie ihr beschert hatten oder wie oft sie mit ihnen schimpfen musste… Für solche erfüllte Momente wie genau diesen, unter der alten Linde, lohnte sich das Leben erst richtig… Sie beendeten ihr Frühstück bald und schickten die Kinder voraus in den Stall, da sie schon nicht mehr still sitzen konnten. Hitomi und Van folgten, schlenderten Arm in Arm über den inneren Hof und genossen die Sonne. Der Frühling war nach wie vor Hitomi’s liebste Zeit im Jahr, weil alles aufblühte und neu begann. Der vernachlässigte Schlossgarten war unter ihrer Aufsicht zu einem kleinen Paradies umgewandelt worden und jedes Mal, wenn sie den alten Kiesweg entlang schritt, war sie erfüllt von seiner Schönheit. Jetzt machten sie sich aber erst einmal auf in den Stall, um ihre Pferde ausnahmsweise einmal selbst zu satteln. Normalerweise taten das die Stallburschen, obwohl Hitomi und Van es lieber selber tun würden… Hitomi ritt immer noch Minnmay, Van’s treuer Freund Kurò war mittlerweile aber von einem jüngeren, ebenso schwarzen Rappen ersetzt worden, nachdem sich der 12-jährige Hengst im letzten Jahr den hintern Knöchel verstaucht hatte. Jetzt durfte er seine alten Tage im Gestüt verbringen und wurde entweder von Tomu oder den Kindern ausgeführt. „Was hat er heute vor?“, fragte Van und nickte zur Stalltür hinüber, wo Tomu gerade auftauchte. Er führte seinen edlen Apfelschimmel am Zügel, über sein ehemaliges weißes Pony war er längst hinaus gewachsen. „Ich habe ihm gestern einen Brief für Allen gegeben, ich glaube er will ihn selbst nach Astoria bringen…“, erklärte ihm Hitomi und begrüßte ihren ehemaligen Schüler lächelnd. Tomu war erwachsen geworden. Er war jetzt 20 Jahre alt, trug sein Haar kurz und stolz und hatte sich am königlichen Hof zu einem wirklich angesehen jungen Mann etabliert. Er war für Vargas, Varie und Yuki wie ein großer Bruder und kümmerte sich rührend um sie, wann immer er konnte. Jeder wusste, dass er vom Mond der Illusionen gekommen war, genau wie Hitomi, war aber ohne Umschweife in ihre Familie aufgenommen worden… Er lebte mit ihnen im Palast, in Hitomi’s altem Zimmer und kümmerte sich fast fanatisch als Seygon’s Gehilfe um die Pferde. Hitomi sah ihn oft tagelang nicht, weil er entweder eines der Zuchtpferde zuritt oder wochenlang auf Dryden’s Handelsflotte aushalf, hauptsächlich um ein wenig Zeit mit seinem besten Freund Miguel verbringen zu können… „Das kann doch auch wirklich ein Bote erledigen…“, tadelte Van seine Frau und tätschelte den Hals von Tomu’s edlem Gefährten, als er näher kam. „Guten Morgen…“, begrüßte Tomu sie strahlend und fuhr Yuki, die schon wieder an seinem Bein hing, lachend durch’s Haar. „Wann kommst du wieder, Tomu?“, fragte das Mädchen und zog eine traurige Schnute. „Bald, meine Süße…“, sagte Tomu, hob sie auf, schwang sie übermütig herum und ließ sie wie ein Flugzeug in Hitomi’s Arme gleiten. Dann schwang er sich in den Sattel und zwinkerte Hitomi zu. „Ich werde den Brief zuverlässig an Allen überbringen…“ Dann zog er an den Zügeln, wendete sein Pferd und donnerte mit lautem Hufschlagen durch das Tor und in die Stadt hinunter. „Warum ist er nur so scharf darauf, ständig nach Astoria zu reiten?“, fragte Van sich laut. Hitomi grinste wieder und sah ihre kleine Tochter Stirn runzelnd an. „Sollen wir’s ihm verraten?“ Yuki’s grüne Augen weiteten sich sofort und sie nickte eifrig. „Tomu hat sich verliebt!“, verkündete die Kleine dann, mit einem für ihr Alter viel zu unterschwelligem Tonfall… „Was? In Wen!“, fragte Van verblüfft. „Ich glaube, in Prinzessin Shona…“ Die 18 jährige Shona war eine von Königin Eries’ Töchtern, die Zwillingsschwester von Marina. Die Zwillinge waren die einzigen Kinder des Königspaares geblieben. Eries’ spätere und problematische Schwangerschaft hatte ein dramatisches Ende genommen: Sie hatte ihr Kind bei einer viel zu frühen Geburt verloren, gerade eine Woche nach den Ereignissen auf der Insel. „Und das ohne meine Erlaubnis?!“, schimpfte Van und grummelte mit finsterem Gesichtsausdruck vor sich hin. Hitomi wusste, dass er das nicht so meinte. Sie gab ihm einen leichten hieb auf die Schulter und lächelte. „Tja, manche Dinge entgleiten sogar dem König von Farnelia…“, feixte sie. Es stimmte, Tomu hatte sie vor einen Weile wegen Shona um Rat gefragt. Er nutzte jede Gelegenheit um die Prinzessin zu sehen, war aber viel zu schüchtern, um ihr seine Gefühle zu gestehen, obwohl er ansonsten ein so selbstsicherer Mann geworden war… „Lass uns die Pferde satteln…“, sagte Hitomi dann versöhnlich zu Van und sie machten sich auf den Weg in den Stall. Nach getaner Arbeit kamen sie mit den Pferden wieder heraus, Vargas hatte sein mittelgroßes, fuchsfarbenes Tier ebenfalls aufgezäumt. Yuki hatte sich kurzerhand ebenfalls entschlossen, zuhause zu bleiben. Sie wollte sich lieber von Seygon auf ihrem Pony spazieren führen lassen, hatte sie verkündet. Als hätte man ihn gerufen, kam der Stallmeister auch gerade durch das Tor, Brisaeye bei ihm untergehakt und Kobe im Schlepptau. „Guten Morgen, meine Königin, mein König, Prinz Vargas und Prinzessinnen…“, begrüßte er sie höflich und machte eine leichte Verbeugung. Brisaeye lächelte nur gütig und ließ sich von den beiden Mädchen umarmen, die sie jetzt fast so stürmisch begrüßten wie Hitomi zuvor. „Guten Morgen… Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt, damit wir ausreiten können. Ich lasse die Mädchen in deiner Obhut, Seygon…“, sagte Van und warf dem groß gewachsenen ehemaligen Offizier einen mahnenden Blick zu, der aber auch wieder nur gespielt war. Van und Seygon waren gute Freunde, gingen gemeinsam auf die Jagd und lehrten auch mal ganz gern das ein oder andere Glas Wein im königlichen Weinkeller. „Selbstverständlich, mein König…“, erwiderte Seygon und unterdrückte einen prustenden Laut. „Und lass ihnen nicht alles durchgehen…“, fügte Vargas altklug hinzu, mit seinem gewöhnlichen, schelmischen Grinsen im Gesicht, den Blick auf Brisaeye. Obwohl er seine ehemalige Amme noch sehr schätzte, so war er auch aus ihrem Diensten heraus gewachsen. Er war der einzige der drei, der schon Unterricht bekam und damit ein wenig bevorzugt behandelt wurde. Das wusste er auch und kostete dies manchmal in vollen Zügen aus. Kopfschüttelnd betrachtete Hitomi ihren Sohn. „Vargas Folken de Fanel… Du musst endlich lernen deine Zunge zu zügeln…“, tadelte sie ihn. Vargas’ Lächeln wurde tatsächlich für einen Moment aus seinem Gesicht gewischt. Er wusste, dass seine Mutter nicht zu spaßen gedachte, wenn sie ihn mit seinem vollen Namen ansprach… „Entschuldigung…“, murmelte er kleinlaut und verbarg sein Gesicht in der buschigen Mähne seines Pferdes. Hitomi’s Anflug von Ärger war schon wieder verraucht. Sie konnte ihrem Sohne nicht lange böse sein… Dazu liebte sie ihn viel zu sehr. Diese übersprudelnde Liebe hegte sie für alle drei, aber Vargas kam langsam in ein Alter, wo er nicht mehr so viel dafür übrig hatte. Vielleicht wäre das auf der Erde anders gewesen, aber hier mussten die Kinder schneller erwachsen werden, als Hitomi es gewohnt war. Noch dazu würde Vargas einmal der König von Fanelia sein… Er musste sogar noch schneller erwachsen werden als andere Kinder in seinem Alter. „Du kannst deine Schwestern getrost mir überlassen…“, sagte Brisaeye und nahm Yuki auf ihren gesunden, linken Arm. Man konnte schon deutlich ihren Babybauch sehen, obwohl sie ein weites und flatterndes Kleid trug. Sie schlenderte zu Vargas hinüber und kniff ihm freundschaftlich in die Nase. „Hör auf deine Mutter, Vargas…“, neckte sie ihn und wandte sich dann an Hitomi. „Sei unbesorgt. Ich habe die letzten 8 Jahre auf die Bande aufgepasst, ich werde es auch heute schaffen…“, sagte sie und tauschte einen liebevollen Blick mit Seygon. „Und ich bin ja auch noch da…“, schaltete sich Kobe ein. Hitomi wusste natürlich, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Sie nickte Van zu und die beiden saßen auf ihre Pferde auf, Vargas folgte ihrem Beispiel. Hitomi warf ihren Töchtern einen Kussmund zu und trieb Minnmay dann durch das Palasttor. „Bis später!“, riefen sie im Chor und winkten Kobe, Brisaeye, Seygon und den beiden Mädchen zum Abschied zu. „Wo reiten wir eigentlich hin?“, fragte Vargas, der zwischen ihnen ritt. Van schien zu überlegen, grinste dann. „Wir haben Tante Merle schon lange keinen Besuch mehr abgestattet…“ Vargas fiel aus allen Wolken. „WAS?! Nein! Bitte nicht!“ Er sah seinen Vater flehend an und als dies keine Früchte trug, wechselte sein Blick zu Hitomi. „Mama! Wir können doch auch wo anders hin reiten…“ Hitomi musste sich zusammenreißen, um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Van ging es nicht anders, er zitterte bereits und presste seine Lippen starr zusammen. Der Grund für Vargas’ Abneigung eines Besuches war keineswegs Merle selbst, auch nicht ihr Partner Nouga oder ihre Tochter Nora… Es war Merle’s jüngste Tochter, 5 Jahre alt und charakterlich, sowie äußerlich absolut identisch mit der Merle, die Hitomi bei ihrer ersten Landung auf Gaia kennen gelernt hatte: Übermütig, aufdringlich, frech und absolut verschossen in den jungen, farnelschen Prinzen. Hitomi hatte jedes mal wieder ein Dejavù, wenn sie die beiden zusammen sah, was seit Vargas’ neu gewonnenem Stolz nicht mehr allzu oft vor kam… Es war genau wie damals mit Van und Merle. Nur dass Vargas nicht genau wie sein Vater jede Minute seiner Kindheit mit dem Katzenmädchen zusammen hing. Hitomi sah auf ihren Sohn hinab und rang um sinnvolle Worte. Van sprang für sie ein, wenn auch nicht sehr erfolgreich: „Sei ein Mann! Du wirst einmal der König von Fanelia sein, mein Sohn! Und einen König sollte nichts erschrecken…“ Seine Stimme war gebieterisch, königlich und Vargas senkte wie gewohnt den Kopf, wenn er diesen Tonfall seines Vaters vernahm. Er hatte furchtbaren Respekt davor, worüber Hitomi nur wieder schmunzeln konnte. Vargas grummelte bockig vor sich hin, als sie durch das Stadttor ritten und trieb seinen Fuchs in den Galopp, sobald sie die Wiese erreichten. Hitomi sah ihm gedankenverloren nach. Sie würden ihn bald wieder einholen. Und da Vargas ein talentierter Reiter war, musste sie sich keine Sorgen um ihn machen… Van lenkte seinen Rappen an ihre Seite und folgte der sich entfernenden Silhouette seines Sohnes mit skeptischem Blick „Er ist eben ein echter Fanel…“, murmelte er mit nicht wenig Stolz. „Jaaaah, daran zweifelt niemand…“, erwiderte Hitomi sarkastisch und berührte Van’s Oberschenkel mit ihrem. Er hielt ihr seine Hand entgegen und Hitomi ergriff sie willig. Sie sahen gemeinsam ihrem Sohn nach, ließen ihre Blick über den Wald, den von Fern glitzernden See und das weite Tal wandern. „Wir haben es wirklich nicht übel getroffen, oder?“, fragte Van leise. Hitomi nickte. „Überhaupt nicht.“ Es stimmte. Sie hatten das schönste Leben, das man sich nur vorstellen konnte. Sie waren zusammen, eine große Familien, umgeben von Freunden und guten Vertrauten. Es war kein Krieg und kein Kampf in Sicht… Alles war gut. Ende ----------------------------------------------- Nachwort: willkommen zu meinem letzten nachwort! wenn ich mein gelaber noch ertragen könnt, lest es euch durch! ^^ tja. natürlich wollte ich euch nicht vorenthalten, wie es im groben mit van und hitomi weiter geht. ich wusste schon von anfang an, dass es ein gutes ende nehmen wird, dass die beiden kinder haben werden und ein gutes königspaar abgeben. und zwar komplett in gaia... forget den mond der illusionen! ^^ tja, kinder... vielleicht erinnert ihr euch, Nora hatte ja in einem der vergangenen kapitel für hitomi "gesehen", und zwar van und einen kleinen, schwarzhaarigen Junge. insofern war für mich Vargas von Anfang an geplant. Yuki auch. aber Varie... die ist ganz plötzlich dazu gekommen... ^^ hab ich wirklich nicht eingeplant... aber jetzt sinds 3, auch nicht schlecht... ach ja, dass Vargas nach Vargas benannt ist, dem ehemaligen Schwertmeister von Van, ist hoffentlich klar... ^^ Brisaeye... Brisaeye lebt. und irgendwie mag ich Seygon. Bevor der arme Kerl also leer ausgeht... habe ich die beiden zusammen geschrieben... ^^ Dass briseye lebt, war ursprünglich auch nicht geplant, aber ich konnte sie dann eigentlich doch noch brauchen, für seygon. Dann wollte ich es ursprünglich eigentlich so gestalten, dass Brisaeye keine Kinder mehr kriegen kann, eben wegen ihrer inneren Verletzungen von Baijne. aber... auch das hab ich nicht übers herz gebracht! und tomu. Tomu hat ja leider in dieser geschichte eine nicht soooo wichtige rolle gespielt, ausser dass er der grund war, dass hitomi wieder zurück gekehrt ist. aber natürlich hab ich ihn auch im epilog nicht vergessen. was den ersten satz des epilogs betrifft: ich nehme an, die ihr alle den escaflowne anime gesehen habt und da beginnt ja bekanntlicherweise jede folge mit besagtem satz. "Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit?" Ich wollte damit nochmal so ne kleine Hommage an die Serie bringen, die wirklich wirklich, auch nach all den jahren, meine lieblingsserie geblieben ist. zu dieser sparte kann ich ansonsten eigentlich nur noch die EVA-reihe zählen sowie die guten alten klassiker, wie lady oscar, georgie, mila und Co. tja, und der letzte satz... vielleicht hat es auch da bei einigen von euch geklingelt... ^^ so ähnlich, oder eigentlich genauso, hört auch der letzte Harry Potter Band auf... allerdings ist mir das erst aufgefallen, als die worte schon da standen. ich will damit also nicht die grossartige j.k.Rowling kopieren, sondern sie damit höchstens lobpreisen! ^^ tja, somit grob zu meinen hintergedanken. ich habe in diesen epilog auf jeden fall versucht alle offenen fragen zu beantworten und habe auch viele viele rückblicke auf die letzten kapitel eingebaut. dazu gehören viele Namen, viele hinweise (zb. die bibel. wer erinnert sich von euch noch daran, ha? ^^) usw. bevor ihr mit all den namen durcheinander kommt, habe ich für euch noch eine kleine namensliste von allen in der geschichte genannten personen erstellt. ( ich hoffe ich habe niemanden vergessen...) Van de Fanel----------------------------König von Fanelia Hitomi Kanzaki--------------------------Das Mädchen vom Mond der Illusionen Tomu Imaeda-----------------------------Hitomi’s Schüler Allen Shezar von Astoria----------------Der Ritter des Himmels, erster Kommandant der königlichen Garde Kagami Koda-----------------------------Hitomi’s Sekretärin Alana-----------------------------------Tochter von Kagami und Allen Dryden von Astoria----------------------Oberbefehlshaber größten Handelsflotte in Gaia, stellvertretender König Millerna von Astoria--------------------jüngste Königstochter, verheiratet mit Dryden, Ärztin Miguel von Astoria----------------------ältester Sohn von Dryden und Millerna Joanne von Astoria----------------------Tochter von Dryden und Millerna Yenna von Astoria-----------------------Tochter von Dryden und Millerna Aston von Astoria-----------------------König von Astoria Eries von Astoria-----------------------zweite Königstochter, Thronfolgerin Ethaniel von Astoria--------------------Mann von Eries, Thronfolger Marlen von Astoria----------------------älteste Königstochter, verstorben Cheat von Fraid-------------------------Herzog von Fraid Sohn von Marlen und Allen Alanis von Fraid------------------------Herzogin von Fraid Kobe------------------------------------erster Berater des Königs von Fanelia Dornfels--------------------------------Präsident von Zaibach Phillippe Cherubini---------------------alias Dornfels Phära-----------------------------------erste Beraterin des Präsidenten, spätere Fürstin Brisaeye--------------------------------vom Volk des flüsternden Windes, Halbschwester von Baijne, Zimmermädchen und später Amme in Fanelia Baijne----------------------------------Oberhaupt vom Volk des flüsterndes Windes, Handlanger Dornfels', Halbbruder von Brisaeye Binnjae---------------------------------vom Volk des flüsternden Windes Kagou-----------------------------------Katzenmensch, Abenteurer, Handlanger Dornfels' Merle-----------------------------------Katzenmensch, Oberhaupt des Katzendorfes Nouga-----------------------------------Katzenmensch, Gefährte von Merle Nora------------------------------------Katzenmensch, Tochter von Merle und Nouga ,letzte Seherin Patrizia--------------------------------Schneiderin am Königshof von Farnelia Seygon----------------------------------erster Offizier der königlichen Garde von Astoria Alexis----------------------------------erste Kommandantin der Zaibacher Armee Blyus-----------------------------------König des Südlandes Rubens----------------------------------König des Nordlandes Dilandau--------------------------------ehemalige erste Kommandantin von Zaibach Serena----------------------------------Schwester von Allen Shezar, aka Dilandau Dornkirk--------------------------------ehemaliger Kaiser von Zaibach Marlen----------------------------------Tochter von Cheat und Alanis Shona-----------------------------------Tochter von Eries und Ethaniel Marina----------------------------------Tochter von Eries und Ethaniel Lui-------------------------------------Sohn von Allen und Kagami Vargas Folken---------------------------Sohn von Van und Hitomi Varie-----------------------------------Tochter von Van und Hitomi Yuki------------------------------------Tochter von Van und Hitomi Also. Jetzt isses wirklich vorbei... *snif* Diese Geschichte lag mir sehr am Herzen. Ich weiß noch, wie es angefangen hab... da saß ich in meinem stinklangweiligen praktikum ( oh leck, das war 2004! wahnsinn!), hatte nichts zu tun, und plötzlich hatte ich diese vision von Van auf einem aufsteigenden Pferd, mit wüstem Blick und schlechter laune... dann war da Kobe... und so hat sich das irgendwie ganz plötzlich entwickelt. Vielleicht erinnert ihr euch, ich habe mal irgendwann gesagt, es werde ca. 33 kapitel... Und jetzt sind es... 45! der wahnsinn... es hat sich doch noch sehr viel getan. vorallem diese ganze insel geschichte hat sich ja extreeeeeem lang hingezogen, damit hab ich selbst echt nicht gerechnet. nun gut. ich kann nicht mehr viel sagen, außer: DANKE für über 300 kommentare und dafür dass ihr mich die ganze Zeit begleitet habt... oder streckenweise... ^^ nein wirklich, danke. wärt ihr nicht gewesen und hättet mich ab und an wieder angeheizt, ich hätte bestimmt so manche schreibblockade zum tod dieser Geschichte werden lassen. aber ich hab mich dank euch immer wieder aufgerafft und weiter geschrieben. danke für euer lob, eure kritik und überhaupt alles! wirklich... ich will jetzt nicht protzig oder überheblich klingen. aber ich sage nur die wahrheit. ohne leser ist ein autor ja nix. selbst wenns "nur" ne fanfiction ist. ich kann euch sagen, dass es von "erwärme mein Herz" definitiv keine fortsetzung geben wird. ich denke, der epilog spricht für sich. aber vielleicht hab ich bald wieder nen geistesblitz und vielleicht schreibe ich sogar nochmal irgendwann ne escaflowne fanfic. wenn sie die einzige bleibt, ist das aber auch nicht schlimm. ich habe wirklich viel herzblut in diese geschichte gesteckt. und das merkt man denke ich auch. das geht nicht mit jeder geschichte. jetzt will ich mich erst mal an eine geschichte machen, die mir schon seit monaten im kopf rum spukt. hat aber nichts mit anime oder manga zu tun... also. danke nochmal. ihr wart die besten leser der weeeeeeelt! ^^ haltet die ohren steif, leist fleissig weiter und vielleicht begegnen wir uns ja auf animexx in irgendeiner form wieder... Viele liebe Grüße, eure Chiyo Ps: Musik zu diesem Kapitel, Stolz und Vorurteil OST Ps 2: Van ist sehr sexy in notdürftig geschnürten Leinenhosen... muhaha... ^^ Ps 3: ich stehe auch nach dem epilog noch auf kommis... ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)