Erwärme mein Herz von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 31: Blutopfer --------------------- so, ich sagte ja, diesmal dauerts nicht so lang... ^^ --------------------------------------------------- Kapitel 31: Blutopfer Die Ankunft auf dem alten Land war sehr viel unspektakulärer als Hitomi es erwartet hatte. Keine Trompeten, Fanfaren oder gar eine protzige Zeremonie… Die schwarze Perle setzte mit einer plumpen Bewegung direkt vor der Küste ins Wasser und pendelte sich dort erst eine Weile aus. Hitomi bekam das Schwanken in Dornfels’ Zimmer nur am Rande mit und versuchte durch die Fensterscheiben irgendwie zu erkennen, was draußen vor sich ging. Sie musste sich dies noch eine ganze Weile fragen, ehe sie von Brisaeye abgeholt wurde. Sie bekam einen weinroten, warmen Mantel und wurde nach draußen geführt. „Ich rate dir, dich ruhig zu verhalten…“, raunte das schwarze Mädchen ihr zu, als sie durch die unzähligen Treppen des Schiffes nach unten tappten. „Und halte dich von Baijne fern…“, fügte sie noch hinzu, als sie zum Ausgang kamen und ihnen nach schummrigem, grünem Licht wieder Tageslicht entgegen kam. „Das musst du mir nicht sagen…“, erwiderte Hitomi trocken. Sie gingen über einen schmalen Holzsteg an Land, welcher so aussah, als wäre er erst vor kurzem gebaut worden. Sofort schlug ihr eisiger Küstenwind entgegen und sie zog automatisch ihren weinroten Mantel enger um ihren Körper. Sie waren an einem Strand gelandet, nicht sandig und weiß, sondern grau und kiesig. Darüber hinaus konnte man nicht viel sehen… Die Pflanzenvegetation war typisch gaianisch, ein wenig von allem. Hinter den Büschen und Bäumen, von denen viele bereits ihre Blätter verloren hatten, ragte eine mächtige Klippenwand auf, die jeden weiteren Blick verbaute. Was wohl dahinter lag? Hitomi tauschte einen fragenden Blick mit Brisaeye aus, doch diese schwieg wieder einmal. Dann warteten sie. Um sie herum standen einige Soldaten, alle in Zaibach’s Weinrot gekleidet und mit grimmigem und undurchschaubarem Gesichtsaudruck. Manche von ihnen waren so jung, dass sie noch Pickel auf der Nase hatten. Taten sie all dies Freiwillig? Oder hatte Dornfels andere Methoden junge Männer an sich zu binden? Irgendwie wollte sie es gar nicht wissen… Nach einer ganzen Weile, passierte endlich etwas… Baijne kam aus dem Schiff, im Schlepptau all jene Gefangenen, die Hitomi noch am Morgen in den Zellen gesehen hatte. Sie waren umzingelt von weiteren Soldaten, doch wusste Hitomi aus erster Hand, dass sie mittlerweile viel zu geschwächt waren, um auch nur einen Fluchtversuch zu wagen. Der Trupp machte am Strand halt und Hitomi versuchte einen roten Haarschopf auszumachen. Merle stand bei der blonden Frau, die ihnen ihre Leidensgeschichte so tapfer mitgeteilt hatte und stützte diese. Sie schien von allen Gefangenen am wenigsten Kraft zu haben. Irgendwann sah Merle zu ihr herüber und musterte sie besorgt. Hitomi versuchte ihr mit einer kleinen Geste zu signalisieren, dass alles soweit in Ordnung war. Aber sie musste unbedingt mit ihr sprechen… Allerdings standen im Moment zu viele Soldaten herum um auch nur einen Fuß in Merle’s Richtung setzen. Vielleicht würde es später eine Gelegenheit geben… Just in diesem Moment wurden ein ganze Hand voll Pferde aus dem Schiffsbauch geführt – bestimmt 10 oder 15 – die alle aufgeregt wieherten und nach dem langen herumstehen an Bord freudig umher tänzelten. Ihre langen Ohren wackelten aufgeregt und die umstehenden Männer versuchten die Tiere still zu halten. Eines davon, ein stahlgraues, wurde zu Baijne geführt und dieser schwang sie sogleich mit aller Kraft in den Sattel. „Was passiert jetzt?“, flüsterte Hitomi in Richtung Brisaeye, in der Hoffnung, dass diese sich auf eine Antwort herablassen würde. „Wir werden in das Alte Land vordringen…“, sagte sie nur und beobachtete abwesend die Szenerie. „Warum sind wir nicht erst hinter der Klippe gelandet…“, fragte Hitomi weiter. „Das geht nicht. Es liegt ein Zauber auf diesem Ort… Man kann seine Grenzen nicht so einfach überschreiten…“ „Ein Zauber?“ Hitomi konnte sich nur vage etwas darunter vorstellen. Was meinte Brisaeye damit? Sie erinnerte sich daran, wie Merle ihr erzählt hatte, dass das Volk des flüsternden Windes ihre dunkelste Stunde überstanden hatte, indem es auf diese Insel geflohen war. „Du wirst es schon noch sehen…“, erwiderte Brisaeye und sah ihr dann direkt in die Augen. „Ich weiß, du hasst mich, für das was ich getan habe… Bis vor kurzem dachte ich, dass alles was ich getan habe, richtig war, solange es nur für Dornfels war. Aber mittlerweile gibt es ein paar Dinge, die mich nicht mehr so denken lassen…“ Hitomi traute ihren Ohren kaum. Hatte sie richtig gehört? War Brisaeye gerade dabei, sich bei ihr zu entschuldigen? „Du musst mir nicht verzeihen. Das erwarte ich gar nicht… Ich will dir nur sagen: Gib Acht auf dich. Alles was von nun an geschehen mag, übersteigt auch meine Vorstellungskraft…“, sagte sie leise. Bedeutete das, dass Brisaeye selbst noch nicht an jenem Ort hinter den Klippen war? „Brisaeye… Ich hasse dich nicht…“, konnte Hitomi dann endlich erwidern. „Aber ich brauche ein paar Antworten! Wieso hat Baijne dich als schmutziges Blut bezeichnet?“ Sie musste dieses Thema jetzt anschneiden… Vielleicht gab es später keine Möglichkeit mehr dazu. Das schwarze Mädchen blickte nachdenklich zu Boden und schien über ihre Antwort gründlich nachzudenken. „Weil ich Menschenblut in mir habe…“, sagte sie trocken. „Wir sind nicht blutsverwandt… Mein Vater hatte nach dem Tod von Baijnes Mutter einen kurzen Ausflug in die Welt hinter dem Ozean gemacht, weit weg von dieser Insel. Dort vergewaltigte er die Frau, die später meine Mutter sein sollte…“, erzählte sie leise, aber mit eiskalter Stimme. „Niemand durfte von dieser Verbindung wissen, eigentlich durfte nicht einmal jemand meinen Vater gesehen haben, da das Volk als ausgelöscht galt. So nahm er meine Mutter mit auf die Insel, versteckte sie in einer Höhle, wo sie nach einer komplizierten und schmerzhaften Schwangerschaft bei meiner Geburt starb. Mein Vater war damals das Oberhaupt des Stammes, also traute sich niemand etwas gegen diese Schande des Blutverrats zu sagen. Mein Vater begründete seine Reise in die äußere Welt damit, dass das Volk nur noch aus einer Hand voll Mann bestand und es an der Zeit wurde, dass sie sich auch auf andere Art um ihren Fortbestand kümmerten. Doch nach mir, kam so etwas nie wieder vor…“ Sie hielt kurz inne und ließ ihren Blick die Küste entlang wandern, wo sich das Meer an hohen Klippen brach. „Ich wuchs an diesem Ort auf, mein Vater lehrte mich alles, was ein Stammesmitglied wissen musste – die Grausamkeit, das töten, die eigene Einsamkeit - , aber ich war nur ein Halbblut und das ließen mich auch alle spüren. Besonders Baijne. Er will mit einem Halbblut nichts zu tun haben, dafür ist ihm der Stolz auf seine Rasse viel zu wertvoll…“ Hitomi schnappte geräuschvoll nach Luft. Sie hatte nicht im Entferntesten geahnt, das Brisaeye’s Vergangenheit so grotesk verlaufen war. „Was ist mit deinem Vater jetzt?“ „Tot… Er ist vor ein paar Jahren ertrunken, bei einem weiteren Versuch die See zu überqueren…“ Hitomi war tief getroffen… Die Art, wie Brisaeye ihr all dies geschildert hatte, ließ sie noch mehr erschaudern. Brisaeye blickte sich um, um sicher zu gehen, dass auch niemand sie belauschte, dann sprach sie weiter: „Hör zu Hitomi… Ich habe viele Jahre an diesem Ort verbracht, die Küste Abwärts in unserem kleinen Dorf. Seit Dornfels uns für sich verbürgt hat, existiert es nicht mehr. Baijne ist jetzt das Oberhaupt des Stammes und er würde alles tun, um unserem Volk wieder Ruhm und Ehre zu schenken…“ (Seine Definition von Ehre, fügte Hitomi im Gedanken dazu.) „Wieder hier zu sein, hat mich zum nachdenken gebracht, und ich glaube, Baijnes Ausbruch heute Morgen in deinem Badezimmer war der Auslöser. Ich bin nur ein Halbblut, und vielleicht ist das der Grund, warum ich mir nicht mehr sicher bin, was ich hier überhaupt tue…“ Hitomi schüttelte den Kopf. „Du musst dich deswegen nicht schämen, Brisaeye! Es ist gut, wenn du das bemerkt hast! Dornfels hat eine seltsame Art zu denken und das was er mit all diesen Leuten tut und deren Familien angetan hat, rechtfertigt keine von seinen idealistischen Ideen die Welt zu verbessern!“, sagte sie eindringlich und nickte zu den Gefangen hinüber. Im Moment standen die bunt zusammen gewürfelten Leute in Reih und Glied und ließen sich von einem Weinrot gewandeten Soldaten widerstandslos die Hände zusammenbinden. „Siehst du? Was haben all diese Menschen getan, dass man sie auf diese Insel verschleppt hat?“ „Gar nichts… Sie haben gar nichts getan…“, erwiderte Brisaeye fast traurig. Hitomi trat näher an sie heran. „Wenn du irgendetwas darüber weißt, was heute passieren wird, dann sag es mir!“ Das Mädchen aber schüttelte den Kopf. „Ich habe dir schon zuviel erzählt…“ Ihr Blick wirkte jetzt gehetzt und sie schielte immer wieder mit wachem Auge zu ihrem Bruder hinüber. „Du bist nicht mehr auf Dornfels’ Seite, oder?“, hackte Hitomi nach. Jetzt war ihr Brisaeye’s Blick wieder sicher und das Mädchen schaute sie lange, nachdenklich an. „Ich weiß es nicht…“, murmelte sie verunsichert. „Ich habe nie hinterfragt, was bis hierher geschieht. Wir alle haben blind Baijne und Kagou vertraut. Dornfels ist nur Mittel zum Zweck…“ Auch dieser Satz brachte Hitomi aus dem Konzept. „Was meinst du damit wieder?“ „Dornfels ist der Präsident von Zaibach… Er genießt das Ansehen vieler Menschen… Wenn er unsere Dienste bekommt, bekommen wir unsere Gesellschaftliche Stellung zurück, etwas, das wir seit Jahrzehnten missen mussten…“ „Ist dir deine gesellschaftliche Stellung wichtiger, als diesen Wahnsinn hier aufzuhalten?!“, fragte Hitomi mit unterdrückter Lautstärke. „Wir können es nicht mehr aufhalten…“ Jetzt war Brisaeye wieder ernst. Ihre schwarzen Augen schienen sie zu durchdringen und langsam, wie in Zeitlupe, färbte sich das letzte Weiß in ihren Augen ebenfalls schwarz, ihre weinrote Uniform von Zaibach verschwand und ließ nichts weiter zurück als ein paar abgetragene Stofffetzen und weiße, verschlungene Linien auf ihrer schwarzen Haut. „Brisaeye!“ Hitomi griff nach den Schultern des Mädchens, wie um sie davon abzuhalten, zu ihrem anderen, bösartigen Abbild ihrer Selbst zu werden. In dem Moment, als ihre Fingerspitzen die schwarze Haut berührten, durchzuckte ein gleißend heller Blitz ihr Blickfeld und ließ sie zusammenfahren. Ihr Kopf fühlte sich seltsam schwer an, als würde er jeden Moment zerspringen. Erst als sie sich an die Stirn fasste, klärte sich das Bild. Hitomi stand in einer Art Kathedrale, umgeben von hunderten, mächtigen Steinsäulen, die sich unglaublich weit zur gewölbten Steindecke des Gebäudes streckten. Auf der linken Seite befanden sich hohe, milchige Fenster, die den gesamten Raum mit strahlender Sonne durchfluteten, sodass man kaum etwas anderes erkennen konnte. Hitomi ging staunend durch die Säulenreihen und wirbelte dabei kleine Staubwölkchen auf. Dabei schien sie kein Geräusch zu machen, als würde ein unsichtbarer Teppich auf den alten Steinplatten liegen. Weiterhin erkannte sie nichts weiter als Licht und Stein, Licht und Stein… Also ging sie weiter, bis sie nach einer Weile glaubte, eine Gestalt zwischen den Säulen zu erkennen. Dort stand jemand, das Gesicht im Schatten der Säule, aber mit einem leuchtenden Körper. Offenbar trug dieser Jemand so etwas wie eine Rüstung, die den Glanz der Sonne ums Dreifache zu reflektieren schien. Hitomi blieb stehen, betrachtete die Gestalt eingehend, wagte aber nicht, noch einen Schritt zu tun. Die Silouette dieser Lichtgestalt kam ihr seltsam vertraut vor… Doch wer war es? Ihr kam es so vor, als wüsste sie es bereits… Plötzlich drehte sich die Gestalt um und stand mit dem Rücken zu ihr. Hitomi konnte es genau erkennen, denn die Sonne beschien den Rücken jetzt vollständig… Dort waren zwei Löcher in der Rüstung, aus denen die Stummel von abgetrennten Flügeln standen. Sie waren noch blutig… „Van…“, hauchte Hitomi in die Staubdurchzogene Luft. Dann konnte sie ihn nicht mehr sehen. Die Vision verschwand wieder und Hitomi erwachte zusammengekauert auf den kalten Kieselsteinen. „Ist alles in Ordnung, Hitomi?“ Brisaeye war über sie gebeugt, wieder in ihrer menschlichen Gestalt und mit sorgenvollem Blick. „Ja… Ich- äh, muss wohl auf meinen Mantel getreten sein und bin gestolpert…“, stotterte sie, immer noch völlig durcheinander, von dem was sie gerade gesehen hatte. Brisaeye glaubte ihr kein Wort, das sah sie sofort. Dennoch half sie ihr auf und Hitomi zog ihren Mantel schützend vor ihren Bauch. Es war nicht sehr vorteilhaft, umringt von Zaibacher Soldaten zusammenzubrechen… Andererseits hatte sie schon so lange auf eine Vision gehofft, dass sie diesen Umstand wohl in Kauf nehmen musste. Sie versuchte sich möglichst würdevoll zu geben, als wäre gar nichts passiert, doch die Aufmerksamkeit aller war ihr nun sicher. Einige der Soldaten musterten sie mit skeptischem Blick und Baijne starrte von seinem Pferd so feindselig zu ihr herüber, als wollte er sie damit durchbohren. Auch Merle hatte ihre Ohren neugierig aufgestellt und trat nervös auf der Stelle. „Es geht mir gut!“, wiederholte Hitomi nachdrücklich. Die Bilder der Vision lagen ihr immer noch vor dem geistigen Auge. Zuerst hatte sie fast gedacht, Brisaeye hätte sie „mitgenommen“, als sie deren Arm berührte, doch Hitomi wusste wie sich eine Vision anfühlte. Diese war besonders heftig gewesen… Sie war sich sicher, dass Van es war, den sie gesehen hatte, sie spürte es instinktiv… Doch was konnten diese Bilder bedeuten? Gab es diese Kathedrale wirklich? Würde Van seine Flügel verlieren? Oder war dies nur ein Sinnbild für eine andere Art von Schmerz oder Gewalt? Die Angst, dass Van etwas zustieß, schloss sich wie eine eiserne Faust um ihr Herz. Das würde sie nicht überleben! Verärgert über die ganze Situation klopfte sie sich den Staub vom Mantel und stellte Fest, dass die Konzentration der meisten Anwesenden nun wieder anderweitig verteilt war. Baijne ritt die Schlange der Gefangenen auf und ab, als ob er sie immer wieder zählte. Einige der Pferde wurden beladen, mit Proviantsäcken und dann, endlich, kam auch die Hauptperson aus dem Schiff. Es war Dornfels, gefolgt von Kagou, der niemand anderen als die kleine Nora an der Hand führte. Der schwarze Katzenmensch wirkte wie ihr eigener Schatten und sein verbliebenes Auge wanderte durch die Reihen der Soldaten, als ob er auf einen Angriff gefasst wäre. Nora aber schien friedlich, blickte sich neugierig um und schnupperte an der salzigen Seeluft. Sie trug eine Art Kleid, darüber einen bodenlangen Mantel, aus edlem, blauem Samt, bestickt mit barocken Mustern. Hitomi warf einen nervösen Blick zu Merle, die ihre Tochter im selben Moment erspähte. „Nora!“, schrie sie schrill. „Nora! Was haben sie mit dir gemacht! Geht es dir gut?!“ Merle stolperte aufgeregt vorwärts, vergaß vollkommen wo sie sich befand und steuerte ungestüm auf ihre Tochter zu. Hitomi wollte sie warnen, doch zu spät: Baijne ritt auf die Katzendame zu und schob sie mit der Breitseite seines Grauen einfach über den Haufen. „Bleib wo du bist, Katze, oder ich schneide dir deinen Schwanz ab!“, bellte er und fixierte Merle mit seinen dunklen Augen. Hitomi hatte sich unbewusst vom Fleck bewegt, wurde aber von Brisaeye zurückgehalten. „Du kannst nichts tun…“, flüsterte sie ihr bedauernd zu und so mussten sie mit ansehen, wie Baijne Merle grob am Nackenfell packte und sie in die Reihe der Gefangenen zurückschleifte. Merle war aber keineswegs eingeschüchtert. Sie reckte und streckte sich, und versuchte einen Blick auf Nora zu erhaschen. „NORA! Hier bin ich!“, rief sie und fauchte dann etwas in unverständlicher Katzensprache. Aber Nora reagierte nicht… Überhaupt schien sie von ihrer Umwelt rein gar nichts mit zu bekommen. Ihre großen, glasklaren Augen schienen wie vernebelt und sie blickte einfach nur munter in den Himmel. Kagou flüsterte dem Mädchen mit finsterem Blick etwas zu, woraufhin sie einmal mit den Augen klimperte und strickt weiter in den Himmel starrte. Merle aber rief immer noch ihren Namen, versuchte verzweifelt mehr von ihrer Tochter zu sehen… Hitomi hätte sie am lieben in den Arm genommen, sie versucht zu beruhigen, doch dafür war sie zu weit weg. Jetzt wurden Dornfels und Kagou jeweils ein Pferd gebracht und sie saßen auf, Nora vor Kagou auf einem braunen Pferd und Dornfels auf einem Schimmel. Es schien sich endlich etwas zu bewegen, denn auch Hitomi und Brisaeye wurden Pferde gebracht. Beim Anblick des fuchsfarbenen Tieres musste Hitomi wehmütig an ihre eigene Stute Minnmay denken. Wo sie jetzt wohl war? „Bleib in meiner Nähe Hitomi… Bitte…“, sagte Brisaeye zu ihr, was sie nur mit einem Nicken erwiderte. Im Moment fühlte sie sich in Brisaeye’s Nähe auch wirklich am sichersten, obwohl sie nicht wusste, wie sehr sie ihr vertrauen sollte. Brisaeye musste für sich entscheiden, auf welche Seite sie gehören wollte, und so lange sie das nicht tat, musste sie ihr immer noch mit ein wenig Misstrauen begegnen… „Ihr reitet an meiner Seite, mein Mädchen vom Mond der Illusionen!“, rief Dornfels ihr entgegen und als er näher kam, musterten seine Eidechsenartigen Augen sie wieder einmal ganz genau. „Diese Farbe steht euch…“, säuselte er, grinste gewinnend und trieb sein Pferd dann an die Spitze des Trupps. Brisaeye und Hitomi folgten ihm, wenn auch missmutig und auch die Soldaten, sowie die restlichen Mitglieder des Volkes, die wie so üblich einfach aus dem Nichts aufgetaucht waren, formierten sich, um durch das Gestrüpp vorzudringen. Die Soldaten zu Pferd ritten dicht bei den Gefangenen, doch etwas fehlte noch. „Wo sind die Gymilefs?“, fragte Hitomi, möglichst leise an Brisaeye gewandt. „Im Meer. Wenn das Tor geöffnet wurde, können sie über einen unterirdischen Weg ins innere Reich gelangen. Das ist die einzige Möglichkeit…“ „Tor? Welches Tor?“, hackte Hitomi nach. „Das Tor zu Atlantis.“ Es war nicht Brisaeye, die antwortete, sondern Dornfels mit einem so siegessicheren Lächeln, wie Hitomi es noch nie an ihm gesehen hatte… Hitomi hatte es nicht geschafft, auch nur in die Nähe von Merle zu gelangen. Stattdessen ritt sie jetzt mit finsterem Gesicht neben Dornfels her und musste sich mit anhören, wie Merle irgendwo hinter ihr immer wieder leidvoll aufheulte… Es war das Wehklagen einer verzweifelten Katzenmutter… Sie ließen die schwarze Perle hinter sich und die Soldaten an der Spitze schlugen das Gestrüpp zur Seite, das sich über den kleinen Trampelpfad hergemacht hatte. Es ging ein Stückchen Bergauf und sie schon nach ein paar Metern kamen sie zur Klippe. Der riesige, graue Fels ragte vor ihnen auf, wie ein Keil, den ein Riese in den Boden getrieben hatte. Direkt vor ihnen befand sich ein Spalt, der sich durch den gesamten Stein zog und so schmal war, dass gerade mal ein Pferd hinein passte. „Los! Wir reiten hintereinander!“, rief Kagou und trieb sein Pferd an, um hinter den ersten Soldaten in den Spalt zu gelangen. Jetzt wirkte der ganze Trupp noch seltsamer… Sie alle ritten hintereinander, Hitomi immer mit Dornfels’ Rücken vor Augen, Brisaeye hinter ihr. Wenn sie den Blick nach oben wandte, sah sie entfernt einen Streifen von Wolken bedecktem Himmel. Wenn dies wirklich der Weg zum letzten Stück von Atlantis war, war er allein schon beeindruckend und atemberaubend. Wie würde es hinter dem „Tor“ aussehen? Und wie sollte sie Van wissen lassen, wo sie zu finden war? Hitomi tat erneut der Kopf weh, so viele Gedanken kreisten darin herum. Die Angst, die schon den ganzen Tag ihr Herz umkreiste, schwappte ihr wieder bis zum Hals, als ahnte sie, dass irgendetwas Schreckliches geschehen würde. Obwohl in der kalten Felswand kein Wind ging, fröstelte sie. Was würden sie wohl hinter der Klippe vorfinden? 10 lange Minuten später wusste sie es. Sie kamen in eine Art Auslauf des Spaltes, kreisrund, mit bestimmt 20 Meter Durchmesser. Der Fels hatte sich aufgetan und ließ wieder mehr Tageslicht zu ihnen herab dringen, wenn auch nach wie vor grau und Wolken behangen. Nebelschwaden bedeckten den Boden, aber ansonsten konnte Hitomi nichts Außergewöhnliches erkennen. Es kam ihr vor, als blickte sie aus dem unteren Teil eines Brunnens nach oben… „Reite zur Seite…“, flüsterte Brisaeye ihr zu und trieb ihr eigenes Pferd so nah an die Felswand wie möglich. „Was ist hier?“, flüsterte Hitomi leise zurück. „Du wirst es gleich sehen…“ Jetzt kam Dornfels persönlich wieder ins Spiel. Er glitt dynamisch von seinem Pferd herab und ging auf die blanke Felswand zu, die gegenüber des Eingangs lag. „Laut deiner Nachforschung müsste sich der Eingang hier befinden?“, fragte er an Kagou gewandt. Der schwarze Katzemann nickte von seinem Pferd herunter. Dornfels schien zufrieden. Sein Blick glitt suchend über den rauen Fels, dann tastete er ihn ab, als suche er nach etwas ganz bestimmtes. Er kratzte hier und da ein wenig herum, bis er einen triumphierenden Schrei ausstieß, der so gar nicht zu ihm passte. Hitomi stand nahe genug, um zu erkennen, dass er eine Art Kerbe frei gelegt hatte, kaum zu erkennen. Allerdings war über der Kerbe etwas in den Felsen geritzt, was sie nicht lesen konnte. „Atlantis!“, rief Dornfels laut. „Öffne mir deine Tore!“ Damit zog er einen Ring von seiner Rechten Hand, ein altes Stück, besetzt mit einem tiefblauen Saphir. Er drückte den Stein in die Kerbe und im selbigen Moment erklang ein so heller Ton, dass sich Hitomi instinktiv die Ohren zu hielt. Dornfels entfernte den Saphir wieder und auf wundersame Weise erschien ein riesiges Tor im Felsen. Ausgehend von der kleinen Kerbe zogen sich goldene Linien über den Stein, überkreuzten sich, schlängelten sich zu Knoten zusammen und liefen in große Bögen aus. Der helle Ton war verklungen, stattdessen hörte man von manchen Soldaten und Gefangenen, die sich mittlerweile auch innerhalb des Kessels befanden, Laute des Staunens. Die goldenen Linien flossen weiter, nach unten auf den Boden, schlängelten sich durch die Füße der Anwesenden, flossen ineinander, bildeten große goldene Flächen, bis sich in der Mitte des Kessels ein kreisrunder Abdruck bildete, von vielleicht drei Meter Durchmesser. Hitomi erkannte es sofort: Es waren dieselben Muster und Schnörkel, wie auf dem Siegel, das Dornfels in seiner unterirdischen Felsenkammer aufbewahrt hatte. Die goldene Flüssigkeit schien sich zu verfestigen, als ein weiterer, hoher Laut durch den Fels hallte, fremd und überirdisch. Jetzt konnte man auch an der Felswand ein Tor erkennen, hoch und schmal. Die Ränder waren durchzogen mit seltsam fremden Schriftzeichen und innerhalb der Torflügel befanden sich tiefe Kerben in dem Gold, die sich über weitere Linien mit dem Siegel auf dem Boden verbanden. „HA!“ Dornfels lachte zufrieden. „Der erste Teil unserer Mission wäre erfüllt!“, verkündete er, während er mit überglücklichem Gesicht auf das Tor starrte, das sich so viele Meter über ihm auftat. „Mission…“, spottete Hitomi, so leise, dass es höchstens die Mitglieder des Volkes hören konnten. Das taten sie auch, denn Baijne fixierte sie böse mit seinen dunklen Augen. „Sei still…“, zischte Brisaeye zu ihr hinüber. „Wir können nichts mehr tun, außer es geschieht noch ein Wunder…“ Hitomi wollte sie fragen, was sie damit schon wieder meinte, doch Dornfels nahm ihren Rest Aufmerksamkeit in Anspruch. „Endlich sind wir auf dem alten Land und das Tor nach Atlantis hat sich vor uns aufgetan! Meine Freunde, lasst uns tun, was wir tun müssen und glaubt mir, wir werden dieser Welt den vollkommenen Frieden schenken… Manchmal sind Opfer leider nötig, um seine Ziele zu erreichen.“ Die Soldaten nickten anerkennend und Hitomi musste wieder einmal feststellen, dass sie keine Ahnung hatte, wovon dieser Mann eigentlich sprach. Dass er eine abstruse Zukunftsvision vom gaianischen Frieden hatte, war ihr bewusst, aber was jetzt kam, hätte sie sich niemals Leben ausgemalt. „Um das Tor von Atlantis öffnen zu können, verlangt der Abdruck des Siegels das Blut von 25 Opfern… Menschlichen Opfern…“, sagte der Präsident. Dann setzte der Regen ein. ------------------------------------- Nachwort: Langsam gehts dem Ende zu. Das nächste Kapitel ist auch schon fertig, wobei ich das nicht so gern geschrieben haben... da passieren ein paar sehr skurrile Dinge. Was das letzte kapitel betrifft: Es sind nicht so viele kommis gekommen und die die gekommen sind, waren nicht sehr tiefgründig... das kann ich euch aber auch nicht verübeln, da das letzte kapitel verhältnismässig unspektakulär und langatmig war, in meinen augen. Aber bitte, wenn ihr den kommi schreibt, so würde mich doch wirklich interessieren, wie ihr das kapitel fandet... ich meine, was euch gefallen hat und was nicht, lob und kritik wie immer. trotzdem danke, dass ihr noch mitlest! ^^ nachdem ich ja so langsam bin... also, bis zum nächsten kap! eure, Chiyo-san Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)