Harry Potter - Die düstere Wahrheit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 14: Warum? ------------------ Hermine fragte Harry nicht. Sie wusste, dass er nur im Raum der Wünsche gesteckt haben konnte, während sein Quidditchteam das Spiel verloren hatte. Was er dort tat, dafür hatte sie keine Erklärung. Noch nicht. Verstohlen ließ sie ihren Blick zu ihm herüber schweifen. Sie hatten Verwandlung bei McGonagall und kämpften alle mit der Schwierigkeit einen neuen Zauber umzusetzen. Nun, wo Harry nicht mehr jede Stunde mit Ron rumalberte, nahm er das Fach sehr ernst. Fast sofort gelang ihm die gewünschte Verwandlung. Selbst Hermine war noch nicht viel weiter und starrte ihn misstrauisch an. Lag die Verbesserung seiner schulischen Leistungen wirklich nur daran, dass er nun besser aufpasste? Konnte das möglich sein? Würde das heißen, dass jeder so gut wie sie selbst werden könnte, wenn er nur immer schön zuhören und mitschreiben würde? Ihre Augen schweiften durch die Klasse und blieben an Neville hängen. Nein, dass konnte wirklich nicht der Fall sein. Talent ist ein Teil der Gene sowie der Erziehung. In Gedanken dankte sie ihren Eltern, dass sie sie in dieser Hinsicht so stark geprägt hatten. Und sie würde ihnen beweisen, dass sie alles richtig getan hatten. Denn Hermine Granger hatte sich in den Kopf gesetzt, die beste Schulabgängerin zu werden, die Hogwarts je gesehen hatte. Ron hatte Harry gefragt, was denn los gewesen sei. Wie er seine Mannschaft so in Stich hatte lassen können. Doch die Antworten waren spärlich und für Ron absolut nicht befriedigend gewesen. „He, Ron, ich hab gehört, dass Harry ins Zaubereiministerium berufen wurde und deswegen nicht mitspielen konnte. Angeblich wollte der Zaubereiminister ihn persönlich sprechen, du weißt ja, wegen du-weißt-schon-wem und so…Stimmt das?“ „Quatsch, ich hab gehört, es ging ihm nur schlecht und er hat die ganze Zeit auf der Toilette im Vertrauensschülerbad verbracht.“ „Luna hat mir erzählt, dass er von einer Horde wilder Flattermäuler angegriffen wurde.“ „Häh, was sollen das denn für Viecher sein?“ „…mmmh, vielleicht meinte sie auch Fledermäuse…“ „Ron, kann es nicht auch sein, dass-“ „Jetzt hört doch mal auf!“, schrie der Rotschopf. „Ich habe keine Ahnung, was Harry wo gemacht hat. Okay? Fragt ihn doch einfach selber, vielleicht erzählt er euch ja mehr als mir!“ Mit hochrotem Kopf und wutverzerrter Miene, packte Ron seine Zutaten zusammen und donnerte sie auf einen anderen Tisch. Ohne großartig Nachzudenken, schmiss er sie der Reihenfolge nach in seinen Kessel. Was sollte diese ganze Geheimnistuerei? Warum sagte ihm Harry nicht einfach, was los sei? So hatte es doch auch all die ganzen Jahre über geklappt! Warum nicht auch im letzten gemeinsamen Schuljahr, bevor jeder seinen eigenen Weg gehen musste? Wütend und enttäuscht zugleich musterte er seinen besten Freund, von dem er auf einmal nichts mehr wusste, außer dass er sich in jedem Fach haushoch verbessert hatte. Gerade in diesem Moment zog er eine kleine Flasche hervor, ließ einige Tropfen seines Gebräus hineinlaufen und verkorkte sie wieder. War das Harrys Ziel? Wollte er nach all den Jahren zum Musterschüler aufsteigen, um den bestmöglichen Schulabschluss hinzulegen? War ihm das auf einmal alles so wichtig? Würde er ihn, Ron, im Stich lassen und allein an ihn vorbei ziehen, auf dem Wege zum Auroren? Aber dafür hätte er doch nie Quidditch vernachlässigt. Oder seine Freunde… Am Nachmittag versammelten sich alle Schüler vor dem mächtigen Eichenportal, um sich von den Beauxbatons-Austauschschülern zu verabschieden. Harry stand etwas abseits und beobachtet das tränenreiche Spektakel verächtlich. Zuerst hatte er gar nicht kommen wollen, fühlte sich selber schwach und schwindelig. Er hatte Angst gehabt Pas gegenüber zutreten. Sie das letzte Mal zu sehen. Das letzte Mal ihr Lachen zu hören. Ihren honigblumigen Duft zu riechen. Ihre weiche Hand in der seinen. Aber dann wurde er plötzlich ermutigt, doch hinzugehen. Er wusste nicht, warum er sich auf einmal so stark fühlte. Aber es war ein gutes Gefühl und er genoss es in allen Zügen. Er versuchte sie mit seinen Augen ausfindig zu machen, aber das Gewusel war zu groß. Sie konnte überall sein. Er sah, wie sich Hermine von einem anderen Mädchen verabschiedete. Wie Ron leicht pink anlief, als eine Beauxbatons ihm einen flüchtigen Kuss auf die rechte Wange drückte. Dann entdeckte er Pas. Sie stand weiter oben auf einer Treppenstufe und – sie war nicht allein. Neben ihr stand Malfoy. Seine Hände umfassten ihre Taille. Er war ihr nah. Zu nah. Langsam beugte er sich hinab und küsste sie. Leidenschaftlich. Zunächst glaubte Harry, sich nicht mehr kontrollieren zu können. Er dachte, dass gleich alles aus ihm herausbrechen würde. Bis er leer war und nur noch ein Schatten seiner selbst. Eine Hülle ohne Innereien, ohne Lebensfunktion. Doch dann bemerkte er, dass kein Messer sein Herz zerschnitt, dass kein Pochen seine Schläfe zum Explodieren brachte. Er fühlte nichts. Keine Eifersucht, keine Wut und keine Traurigkeit. Nur Gewissheit, dass sich dies alles ändern würde, wenn er erst mal an der Macht war. Wenn er Frieden geben würde, so würde er selber auch welchen bekommen. Als Held, Weltverbesserer und Gnädiger würden ihm die Menschen zu Füßen liegen. Wenn er wollte, dann auch Pas. Ein kurzer Abschied von ihr genügte ihm, um, wohlbehalten und sich seiner Sache sicher, ins Schloss zurück zukehren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)