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Die letzten Elben

Eldar na veduir
von

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Nurumereth

Die Tür öffnete sich leise und Amdir trat ein, gefolgt von Ethuil.

Inzwischen war die Sonne tief zwischen die Baumwipfel gesunken und hinterließ den Himmel und die Wolken in einem feurigen Meer; Tirmo hatte bereits das weiße Elbengewand angelegt.

"Komm mit uns" sagte Ethuil und Tirmo folgte den Elben. Zum ersten Mal seit- so schien es ihm- Ewigkeiten setzte er wieder einen Fuß hinaus aus dem kleinen Zimmer.

Auf dem Berg war ein leichter Wind zu spüren und noch war das Klima angenehm, doch jeden Tag schritt der Herbst weiter fort; selbst so weit südlich kamen die Winter Jahr für Jahr früher und wurden zunehmend kälter.

Tirmo folgte den zwei Elben hinunter auf die Lichtung, wo sich noch andere eingefunden hatten, alle in die gleichen Gewänder gekleidet. Sie verließen die Elbenstadt in einem langen Zug nach Norden hin, wo ein befestigter Pfad in den Wald hinein und leicht bergauf führte.
 

Schweigend gingen sie eine Weile zwischen kahler werdenden Büschen und Bäumen dahin und kamen schließlich an eine schmale Treppe aus hellem, verwittertem und von Rissen durchzogenen Stein.

Oben angekommen sah Tirmo, dass er sich erst jetzt am höchsten Punkt des Berges befand: Weiter unten blitzte hier und dort das Weiß von Caras-di-Dairan zwischen den Ästen hindurch und hinter ihm ragte, dunkel und bedrohlich, das Schattengebirge auf.

Sie befanden sich auf einem kreisrunden, baumlosen Platz. Der Boden war mit weißen Steinplatten gepflastert, zwischen denen Moos und graue Flechten wuchsen.

Tavarons Leichnam war auf einem Altar, auf der anderen Seite des Platzes, aufgebahrt; auf der Brust des Elben lag, unter seinen verschränkten Händen, ein weißer, reich verzierter Langbogen und um den Altar herum waren trockene Äste und Zweige aufgeschichtet.

Amdir trat an Tirmo heran und bedeutete ihm, mitzukommen. Er führte ihn zu Legolin, der schweigend neben einem anderen Elben stand und Tirmo ernst zunickte, als er ihn sah.

"Schön, dass du gekommen bist. Wir haben uns - für deine Verhältnisse - lange nicht gesehen."

Als Tirmo gerade zu einer Antwort ansetzen wollte, sagte der andere Elb etwas zu Legolin und verschwand.

"Wir sprechen später weiter" sagte Legolin leise. "Komm mit."

Die Anwesenden stellten sich in einem Kreis um den Altar und schwiegen; nach kurzer Zeit kam der Elb, der vorher bei Legolin gestanden hatte, mit einer brennenden Fackel zurück auf die Plattform.

"Tavaron war sein Bruder" flüsterte Legolin Tirmo zu und senkte den Kopf, als der Fackelträger gemessenen Schrittes an ihnen vorbeiging.

Dann trat Legolin vor die Versammelten; Der andere Elb stand jetzt neben dem Altar und als Tirmo sein Gesicht, vom Schein der Fackel rot erleuchtet, sah, musste er an Tavaron denken, der jetzt tot neben seinem Bruder lag.
 

"Ea . Alataire teva lith dÎn anmar.

Naur vása...thilio sinome an silme ar Ithil!"
 

Nachdem Legolin diese Worte gesprochen hatte und wieder an seinen Platz neben Tirmo zurückgekehrt war, senkte Tavarons Bruder seine Fackel.

Augenblicklich sprangen die Funken über und die trockenen Zweige gingen knisternd in Flammen auf.

Schnell wurde das Feuer größer und verdeckte den Blick auf den Toten.

Da es inzwischen dunkel geworden war, ging das einzige Licht von dem brennenden Scheiterhaufen aus, der jetzt Funken zu den blassen Sternen hinaufsprühte.

Lange standen sie so da und der rote Widerschein strahlte von den unbewegten Gesichtern der Elben, bis das Feuer -nach einer für Tirmo nicht einschätzbaren Zeit- irgendwann kleiner wurde.

Als von dem Scheiterhaufen schließlich nur noch etwas glühende Holzkohle und von dem Toten nur noch Asche übrig war, trat Legolin wieder nach vorne.
 

"Ni sûl eaviénte lith annuva.

Ea téva na- chaered di annûn!"
 

Der Prinz ging zu dem steinernen Sockel und nahm die Asche mit einer Hand auf.

Er wartete kurz ab, bis der Wind etwas stärker wurde und von Osten her wehte; dann hob er den Arm und öffnete langsam die Hand.

Der feine Staub wurde vom Wind erfasst, trieb in einem dünnen, hellgrauen Schleier

über den Rand der Plattform und verschwand in der Dunkelheit.

"Möge er Frieden finden an der westlichen Küste."

Nach und nach traten die Elben zurück und verließen den Platz, um in ihre Stadt hinunterzugehen. Schließlich waren nur noch Legolin und Tirmo da.

Der Elb stand noch immer neben dem Altar und blickte schweigend über den Wald; seine schmale Gestalt hob sich deutlich von dem grauen Himmel ab.

Als Tirmo neben ihn getreten war, drehte er sich zu ihm und blickte dann nach Osten.

"Die Nacht geht vorbei."

Tirmo folgte seinem Blick und sah, dass der Himmel über den schwarzen Berggipfeln heller wurde und die Sterne verblassten.

"Aber hier, im Schatten des Gebirges, dauert es lange, bis das Licht die Bäume erreicht."
 

Eine Weile standen sie schweigend da. Dann sprach Legolin wieder.

"Du hast eine Frage an mich, nicht wahr? Wie lautet sie?"

"... Wo seid ihr hingeritten?"

"Du meinst, vor vier Tagen?"

"Ja,... warum ist Tavaron tot?"

"Das sind zwei Fragen auf einmal, deren Antworten jedoch miteinander zusammenhängen... Du erinnerst dich sicher an den Troll und die Wölfe, von denen wir auf dem Weg hierher, wie soll ich sagen,... aufgehalten wurden?!"

Der Elb wartete Tirmos Antwort gar nicht erst ab, sondern sprach weiter.

"Das war kein Zufall. Sie wurden von jemandem geschickt. Ich denke, ihr würdet ihn als >Zauberer< bezeichnen... Er kam vom Süden hier herauf, es ist schon einige Jahre her... Zunächst beobachteten wir ihn einfach nur, um herauszufinden, ob er uns überhaupt feindlich gesinnt war, aber alles, was wir herausbekamen, war, dass er Verbindungen zu einigen Kriegerstämmen in Haradwaith hatte... bis eines Nachts, ohne jede Vorwarnung, Caras-dí-Dairan von riesigen Wölfen und Trollen angegriffen wurde. Es waren mindestens einhundert; wir schafften es nur knapp, den Angriff abzuwehren. Dieser >Zauberer< hat die Macht über derartige Kreaturen, aber die Kraft der Istari selbst, ob gut oder böse, ist seit der Altvorderenzeit immer geringer geworden, wie auch die Macht der Elben schwindet.

Es ist eine Kraft, die hinter allen Dingen steckt und die uns Elben am Leben erhält- ihr Sterblichen jedoch braucht sie nicht, ihr begreift sie nicht und nennt es >Magie< oder >Zauberei<.... und eben jene Kraft wird schwächer in Mittelerde; sie fließt schon seit langer Zeit aus dieser Welt heraus, doch in letzter Zeit zunehmend schneller, und immer öfter spüre ich diese Leere... und ich spüre, dass hier bald kein Platz für uns mehr sein wird."

Einen Moment lang schwieg der Elb und blickte in die verblassende Nacht hinaus über das Land, als könnte er, weit im Westen, das Große Meer sehen.

"Wie dem auch sei... da dieser >Zauberer< uns nun schon öfter angegriffen hatte, planten wir vor einigen Tagen, einen Gegenangriff zu versuchen."

"Aber ihr wart doch nur zu dritt...!"

"Unsere einzige Chance war es, ihn zu überraschen, sonst wären wir gar nicht an ihn herangekommen. So jedoch konnten wir bis zu seiner Behausung gelangen, die nur von einigen Wölfen bewacht wurde, mit denen wir schnell fertig wurden.

Er hat Tavaron getötet, aber schließlich haben Falmarin und ich es geschafft, ihn zu vertreiben; er ist nach Osten ins Schattengebirge geflohen und dorthin gehen wir nicht.

Eines jedoch hat mich mit Schrecken erfüllt:

Noch ein Stück weiter nördlich hatte er im Wald sicherlich fünftausend Kreaturen versammelt: Höhlentrolle und Wölfe aus Mordor und sogar Berglöwen aus den Ered Lithui- da diese Wesen aber nicht von Natur aus böse sind, gingen sie zurück ins Gebirge, als er seine Macht von ihnen zurückzog.

Ich bin mir sicher, dass ein Angriff geplant war: ich weiß nur nicht, auf wen.

Doch euch in Gondor rate ich in der nächsten Zeit zu größter Vorsicht, Tirmo.

Ich werde dich gehen lassen, doch du darfst niemandem von uns und unserer Stadt erzählen! Viele gibt es inzwischen, die uns fremd geworden sind und nichts mehr von uns wissen; und Unwissenheit ist gefährlich.

Wenn sie von uns erfahren würden, sähen sie uns am liebsten tot..."

"Ich werde kein Wort über euch verlieren, das schwöre ich."

"Gut. Ich weiß, dass du vertrauenswürdig bist. Du hast mein Wort: Sobald der erste Schnee fällt, wirst du auf dem Heimweg sein."
 

In den nächsten Tagen hatte Tirmo die Erlaubnis von Legolin, sich in der Stadt umzusehen.

Eines Nachmittags stand er neben Ethuil unten auf der Lichtung und er wollte eine Frage loswerden, die ihn schon seit längerem beschäftigte.

"Sag mal... gibt es bei euch eigentlich auch Frauen?"

Der Elb sah ihn einen Augenblick verständnislos an, dann lächelte er und deutete auf einige Elben, die auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung standen.

"Natürlich, was denkst du denn?! Dort, in dem grünen Gewand steht, zum Beispiel, Losselothen. Sie ist meine Tochter. Auf der Brücke dort oben, in dem weißen Kleid, das ist Mîluiwen, die Frau von Falmarin. Warum fragst du?"

"Oh,... es hat mich einfach nur... interessiert, nichts weiter."

Ethuil lachte. "Wenn du meinst. Ich muss jetzt weiter, Wasser holen."
 

Er lief leichtfüßig über das am Boden liegende Laub in den Wald.

Als er schon zwischen den Bäumen stand, drehte er sich noch einmal um; die Sonne ließ sein Haar golden aufleuchten.

"Tirmo?"

"Ja, was ist?"

"Schau... dort hinten kommen die ersten Schneewolken!"



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2005-04-02T18:56:04+00:00 02.04.2005 20:56
sorry...
animexx spinnt bei mir irgendwie gerade total... am besten du löscht dann die zuvielen...
Von: abgemeldet
2005-04-02T18:54:42+00:00 02.04.2005 20:54
*seufz* Ja, ich weiß... ich sollte mich was schähmen! Da hast du dich so mit weiterschreiben beeilt und dann brauch ich so endlos lang, bis ich dir mal ein Kommi schreib.... sorry!!!!!
Ich hab mich aber rießig über das Kapitel gefreut! War wieder sehr schön geschrieben... ist irgendwie alles so fließend gewesen... war also total angenehm zu lesen^^
Und dann erst das Elbisch!!! *seufz* Ich kann davon echt nicht genug kriegen... Du bist wirklich zu bewundern!
So, inhaltlich war es auf alle Fälle total ergreifend... manchmal musste ich echt die Luft anhalten, um nicht die Stille zu "stören"....ja, so eine Beerdigung ist wirklich was trauriges *heul*
Fands aber auch schön, dass Legolin mal ein paar Erklärungen gegeben hat^^.... will jetzt schnell weiterlesen

*knuddel*
Lady_of_Valinor


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