Meg von abgemeldet (Die Angst aus der Tiefe) ================================================================================ Kapitel 6: Monterrey -------------------- Terry entdeckte ihn, als er vom Parkplatz kommend die Rollbahn überquerte. "Guten Morgen, Professor", sagte sie ein ganz klein wenig zu laut. Lächelnd fügte sie hinzu. "Wie geht es ihrem Schädel?" Jonas schwang seine Reisetasche auf die andere Schulter. "Sprechen Sie bitte etwas leiser." Argwöhnisch beäugte er das Flugzeug. "Sie haben mir aber nicht gesagt, dass es so...so klein ist." "Ist es gar nicht. Jedenfalls nicht für eine Beechcraft." Sie blickte wieder auf ihre Checkliste. Auf dem Rumpf der zweimotorigen Maschine war neben den Buchstaben >T.O.I.< ein Logo mit einem Wal zu sehen. Jonas stellte seine Tasche ab und sah sich um. "Wo ist der Pilot?" Sie stemmte die Hände in die Hüften und grinste. "Sie?" "Hey, wir wollen doch nicht wieder mit dem alten Thema anfangen. Haben Sie ein Problem damit?" "Nein, ich hab' bloss gedacht..." Terry wandte sich wieder ihrer Liste zu. "Wenn Ihnen das hilft: Ich fliege schon seit sechs Jahren." Jonas nickte beklommen. Es half ihm nichts. Er fühlte nur, dass er langsam älter wurde. "Alles in Ordnung?" fragte sie, als er an seinem Gurt herumnestelte. Jonas sah ein wenig bleich aus. Er hatte kein einziges Wort gesagt, seit er in die Maschine geklettert war. "Vielleicht wollen Sie lieber hinten sitzen, da ist genug Platz, um sich auszustrecken. Die Spucktüten sind übrigens in der Seitentasche." Sie grinste. "Geniessen Sie' s nur." "Ich hätte mir nie vorgestellt, dass ein erfahrener Tiefseepilot wie Sie nervös werden kann." "Wahrscheinlich bin ich einfach daran gewöhnt, selbst am Steuer zu sitzen. Fliegen Sie einfach los, ich bleibe vorne sitzen", sagte er, während sein Blick unwillkürlich an den Skalen und Messinstrumenten über dem Steuerknüppel hängen blieb. Das Cockpit war ziemlich eng, und der Sitz des Kopiloten schien direkt an der Scheibe zu kleben. "Weiter zurück geht er nicht", bemerkte Terry, als Jonas nach einem Hebel suchte, um den Sitz zu verstellen. Jonas schluckte trocken. "Ich brauche ein Glas Wasser." Sie löste den Blick von seinen zitternden Händen. "Hinten in dem grünen Schränkchen." Jonas stand auf und quetschte sich hinter in die Kabine. "Im Kühlschrank ist auch Bier!", rief sie über die Schulter. Jonas öffnete seine Reisetasche, fand seinen Arzneibeutel und holte ein mit gelben Pillen gefülltes braunes Fläschchen heraus. Klaustrophobie. Sein Arzt hatte die Störung nach dem Unfall diagnostiziert; es war eine psychosomatische Reaktion auf die Belastung, der er ausgesetzt gewesen war. Ein Tiefseepilot mit Klaustrophobie war so nutzlos wie ein nicht schwindelfreier Turmspringer. Es funktionierte einfach nicht. Jonas spülte zwei der Pillen mit Wasser aus einem Pappbecher hinunter. Er starrte auf seine zitternde Hand und zerknüllte den Becher in der Faust. Einen Moment lang schloss er die Augen, atmete tief ein. Als er die Augen öffnete und den zerdrückten Becher in seiner hand betrachtete, zitterte er nicht mehr. "Alles in Ordnung?" fragte Terry durch die Tür des Cockpits. Jonas sah auf. "Natürlich. Mir geht's gut." Der Flug nach Monterrey dauerte zweieinhalb Stunden. Jonas fügte sich in sein Schicksal und begann sogar, die Reise zu geniessen. Als sie die Küste von Big Sur überflogen, entdeckte Terry ein Walpaar, das am Ufer entlang nach Süden schwamm. "Blauwale", sagte sie. "Kreuzfahrt nach Baja California." Jonas starrte mit bitterem Blick in die Tiefe. "Hören Sie, Jonas. Bei ihrem Vortrag wollte ich eigentlich nicht so ruppig auftreten. Es ist bloss so, dass Dad darauf bestanden hat, dass ich Sie suche, und - ehrlich gesagt - habe ich selbst nicht eingesehen, warum Sie für uns Ihre kostbare Zeit vergeuden sollten. Ich meine, wir brauchen keinen zusätzlichen Tauchbootpiloten." "Gut, denn daran hätte ich auch gar kein Interesse." "Wir brauchen ja gar keinen." Sie spürte, dass sie innerlich wieder zu kochen begann. "Vielleicht könnten Sie meinen Vater überreden, dass er mich und D.J. mit dem zweiten Tiefengleiter begleiten lässt." "Abgelehnt." Jonas sah aus seinem Fenster. "Und warum?" Er sah das Mädchen an. "Erstens habe ich Sie noch nie beim Führen eines Tauchboots beobachtet. Das ist schliesslich was ganz anderes, als am Steuerknüppel eines Flugzeugs zu sitzen. Da unten herrscht ein gewaltiger Druck..." das brachte das Fass zum Überlaufen. "Druck? Sie brauchen mehr Druck?" Terry riss den Steuerknüppel zurück und vollführte eine Reihe enger Loopings, um das kleine Flugzeug dann in einen furchterregenden Sturzflug abkippen zu lassen. In einer Höhe von 450 Meter richtete die Maschine ihre Nase schließlich wieder geradeaus, während Jonas auf das Instrumentenbrett kotzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)