Der Fluch von Darkness Falls von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Der Untergang --------------------- Ein Sommertag im Reiche des jenseitigen Königs ging zu Ende. Das Glühen am westlichen Horizont erstarb über den Baumspitzen der Wälder, besiegt durch die hereinbrechende Nacht, dem Inbegriff dessen, wovor sich Bauern und Herzöge, Soldaten und Gelehrte gleichermaßen fürchteten. Dunkle Schatten senkten sich herab, und ein undurchdringlicher Schleier der Ruhe legte sich über die grünen Heiden, bedeckte Felder und saftige Hügel, blühende Haine und dunstige Täler. In den Baumwipfeln erstarb das letzte Gezwitscher der Vögel, in den Tümpeln das Gequake der zahlreichen Frösche. Die Bürger der einzelnen Städte und Weiler hatten sich in die Stille ihrer Schlafzimmer zurückgezogen, einige schliefen schon, manche gingen gerade zu Bett, und die meisten hatten ihre Fensterläden so weit wie möglich geöffnet, in der Hoffnung, dass eine sanfte Brise aufkommen und die seit den Morgenstunden unterträgliche Hitze verdrängen möge. Den ganzen Tag über hatte die unerbittliche Sonne ihre peinigenden Strahlen auf das Land geschickt, und die Bauern und Pächter, die für ihre Lehensherren Felder und Wiesen bewirtschafteten, stöhnten über die lang anhaltende Dürre. Bereits seit eineinhalb Monaten war im Lande König Phils und seiner Gemahlin Modesty kein Tropfen Regen mehr gefallen, und die abergläubische Bevölkerung sah darin die Unruhe der Götter und gleichzeitig ein böses Omen für die Geburt des Thronfolgers, den Königin Modesty seit neun Monaten unterm Herzen trug. In jener Augustnacht jedoch mischten sich die ersten Zeichen eines kühleren Lufthauches in den flirrenden Dunst, ein leichter, aber deutlich spürbarer Wind kam auf, kräuselte die Oberfläche der ausgedörrten Wiesen, ließ Baumkronen sanft hin- und herschaukeln und drang in die Schlafzimmer der Menschen, um diesen ein wenig Linderung zu verschaffen. Im Laufe der Nacht wurde der Wind strärker, nahm klarere Formen an und wütete alsbald als ein Rauschen und Brausen durch die Landschaft. Diejenigen, welche, von Schlaflosigkeit gequält, mit weit geöffneten Augen in ihren Betten lagen, vermuteten ein Gewitter, und wieder fragten sich die Abergläubischen unter ihnen, ob dies ein Fingerzeig der Götter sei, insbesondere des Windgottes Rahuk, der für die Naturgewalten zuständig war. Nur soweit, wie die Macht König Phils und seiner Gemahlin reichte, gab es Menschen, die so dachten. Weit jenseits der gefürchteten schwarzen Felsen von Creigh Na'An jedoch begann heiliges Gebiet. Es war das Land Mour, in dem die Priesterinnen herrschten, und während es in ihrem Reich für gewöhnlich zum täglichen Ritus geworden war, die Götter für alles verantwortlich zu machen, glaubte die Bevölkerung von Mour in jener Nacht weder an Rahuks Launen noch an ein bevorstehendes Gewitter. In den vergangenen Stunden waren die traditionellen Feierlichkeiten anlässlich der Ernennung einer neuen Priesterin zu Ende gegangen. Sie war die Nichte Königin Modestys, eine junge Frau von zwanzig Jahren, deren Mutter und Vorgängerin, die Hohepriesterin Imagina, vor knapp sechs Monaten eines frühen und rätselhaften Todes gestorben war. Der rasche Tod einer der besten Priesterinnen seit Anbeginn des dritten Zeitalters hatte die Bürger des heiligen Landes unruhig und misstrauisch gestimmt, und viele hatten begonnen, wieder an jene uralte Geschichte zu glauben ,dass eines Tages eine Gewalt kommen würde, stärker und tausendmal mächtiger als selbst die Götter, eine Kraft, gegen die auch die Priesterinnen machtlos waren, in der Absicht, sowohl über die heiligen Haine von Mour als auch über das Land Sheikhere Heighn, dessen gegenwärtiger Herrscher König Phil war, hereinzubrechen und beide Reiche gleichermaßen an sich zu binden und aufzuzehren. Seit Anbeginn des ersten Zeitalters erzählten sich die Menschen des heiligen Landes und auch im benachbarten Königreich diese alte Geschichte. Niemand wusste, woher die Gerüchte über den Untergang beider Reiche eigentlich herrührten, aber die Angst des Volkes, weniger vor der Art und Weise, wie das Ende kommen, als viel mehr vor demjenigen, der es verursachen würde, klebte an ihm wie ein Fluch. Solange es gute und mächtige Hohepriesterinnen gab, die auch die Könige von Sheikhere Heighn mit ihren gottgegebenen Kräften schützten, schien die Furcht der Menschen etwas von ihrer zwingenden Gewalt verloren zu haben, aber sobald einer der heiligen Mütter Unglück zustieß, kehrten die Zweifel und die unbestimmte Unruhe zurück. Man erzählte von einem dunklen und grausamen Zauberer, der irgendwo am äußeren Rande beider Reiche sein Unwesen trieb und gedachte, die absolute Herrschaft an sich zu reißen, und gab ihm, obgleich seine tatsächliche Existenz von den Gelehrten und Theoretikern des Landes angezweifelt wurde, die Schuld an allem Unglück, das den beiden Reichen in den vergangenen Jahren wiederfahren war; der furchtbare, um sich greifende Säuglingstod, der Hunger und die Not der ärmeren Bevölkerung, die zu große Dürre im Sommer, die Überschwämmungen im Herbst, die harten und langen Winter, und nicht zuletzt das Elend in den Dörfern und Städten, in denen das gefürchtete Eyn-Fieber seine Opfer fand, all das war in den Augen der Menschen sein Verdienst. Auch in den letzten Monaten seit dem Tode der alten Priesterin, der Rada Imagina, wie sie im Volksmund genannt wurde, waren jene furchtbaren Geschichten über den Zauberer und seinen Wunsch nach Tod und Untergang wieder aufgekeimt, und dieses Mal, so schien es, hatte die Angst des Volkes ihre Grenzen verloren. In jener Augustnacht, in der der Sturm stärker wurde, glaubten die Menschen im Lande Mour, das Ende müsse bald kommen. Sie ahnten, sie wussten, dass die brausenden Winde kein Vorbote des Glücks, kein Verkünder eines bevorstehenden Gewitters, sondern die ersten Anzeichen des Unterganges waren, den der böse Zauberer, was auch immer sein Name war, heraufbeschwören würde. Er schien zu wissen, dass die junge Priesterin schwach und unerfahren war, ja, er verzehrte sich in seiner Grausamkeit danach, sie zu stürzen, um Mour an sich zu reißen und anschließend König Phil und dessen Gemahlin umzubringen. Und tatsächlich blieb das Gewitter, welches eine natürliche Erklärung für den Sturm geliefert und damit das Misstrauen und die Furcht der Bevölkerung abgemildert hätte, aus, während die trockenen Winde zunahmen und im Norden ein eigenartig helles, glitzerndes Licht aufstieg. Es gab keine Sterne, noch sah man einen Mond, und der Himmel spannte sich wie ein schwarzes, glatt gestrichenes Seidentuch über die Häuser des ängstlichen, schlaflosen Volkes. Die Stille war zu still und das Dunkel unerträglich. Selbst der schwache Lichtschein einer Kerze oder Öllampe hätte nicht ausgereicht, die Schwärze zu vertreiben. Und so zitterte bald das gesamte Volk vor jener unbekannten, allumfassenden Macht, die sich da im Norden zusammenbraute, manche beteten stumm zu den Göttern, andere setzten ihre Hoffnungen in die Geburt des Thronfolgers von Sheikhere Heighn und wussten dabei selbst nicht, wie es diesem gelingen sollte, sie von ihrer Furcht zu erlösen. Das drohende Unheil, von dem man drei Zeitalter lang gemunkelt hatte, nun würde es kommen, rücksichtslos und ohne Skrupel, und selbst wenn es zehn oder zwanzig Jahre dauern musste, bis beide Reiche ganz dem Untergang geweiht sein würden, so konnte doch nichts den dunklen Zauber aufhalten. Als der Morgen heraufdämmerte und das erste, rotgoldene Glühen den östlichen Himmel verfärbte, hatte sich der Sturm gelegt. Die Bürger von Mour und Sheikhere Heighn waren irgendwann im Laufe der Nacht friedlich eingeschlummert, und oben im Turmzimmer der jungen Königin Modesty, welches sich inmitten der königlichen Burg weit oben auf einer von Adlern umkreisten Anhöhe befand, lag die glückliche Gemahlin des Königs, mit müdem, jedoch strahlendem Gesicht, und schaukelte ein weißes Bündel in ihren zarten, blassen Armen, in dem friedlich schlafend ihr neugeborenes Kind lag. Irgendwann in den letzten Stunden der Nacht war sie mit einem Mädchen niedergekommen; Prinzessin Amory Ancilla Feodora Linda hatte das Licht der Welt erblickt. Und so nimmt unsere Geschichte ihren Lauf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)