Interdependenz Buch 3 von abgemeldet (Der Orden) ================================================================================ Kapitel 6: Cyprian ------------------ 5. Kapitel Cyprian An diesem Abend viel es Luca nicht sehr schwer in seinen kleinen, feuchten Raum zurückzuehren. Er war müde und er zugleich wirklich wütend auf sein Schicksal. An diesem Tag hatte er andere kennen gelernt, die ihn akzeptierten, die ihn in ihrer Nähe wollten und ihn vielleicht sogar brauchten, aber nichts auf der Welt konnte ihn von Ayco abhalten... Er bekam nicht mehr mit, dass Cyprian an seine Türe klopfte und kurz hineinschaute. Er fühlte weder Hunger noch Durst. Dennoch erwachte er am nächsten Morgen wieder vor Sonnenaufgang. Und wieder wusste er, dass er geträumt hatte. Böse, wie immer. Aber diesmal war es eher eine ungute Vorahnung. Er hatte in dieser Nacht wieder geweint. Aber nicht, weil er von Ayco getrennt war. Irgendwas in dieser Nacht war passiert. Er setzte sich auf. Im gleichen Moment begannen diese entsetzlich starken Kopfschmerzen. Ihm wurde schwindelig und schlecht. Er hatte einen furchtbaren Geschmack im Mund und seine Glieder schmerzten höllisch. Als er an sich herabsah, viel ihm auf, dass er nackt war und seine Haut gerötet. Er konnte sich an nichts erinnern, nicht mal an den Inhalt seines Traumes. Schlimmer war aber die Ahnung, dass es wichtig war, was in seinem Traum passierte, denn das war ihm sicher in der Wirklichkeit passiert. Luca kauerte sich auf seinem Lager zusammen und zog die Decke eng um die Schultern. Er schloss die Augen. Das Blut rauschte laut in seinen Ohren. Er hörte sein Herz schlagen, laut, schmerzhaft. Er wollte sich verkriechen, allein sein, sich in die schwarze Stille hinter seinen Augenlidern verkriechen und einfach nur schlafen... Schlafen... Luca fuhr hoch, als Cyprian an seine Türe klopfte. War alles nur ein Albtraum? Der Junge wusste im gleichen Moment, als er sich aufsetzte, dass er nicht geträumt hatte. Sein Körper fühlte sich furchtbar und zerschunden an, außerdem pochten Schmerzen hinter seiner Stirn, mit denen es ihm nicht gelang, sich zu konzentrieren. Aber es war anders gewesen als die Nacht zuvor... und es war nicht nur einer gewesen, sondern viele! "Luca?" Cyprians Stimme klang irgendwie seltsam, und sein Klopfen an der Türe schien aufgeregt zu sein, außerdem platzte Luca gerade der Schädel... Schnell griff er nach seinem langen, grauen Hemd, das am Fußende des Bettes lag und streifte es sich über. Er wusste nicht, ob sein Gesicht auch so zerschunden und zerschlagen war, aber würde es ja an der Reaktion Cyprians erkennen. Behutsam schwang er die Beine vom Bett und stand auf. Ihm wurde es so schwindelig, dass er sich festhalten musste, um nicht umzukippen. Seine Knie zitterten vor Schwäche. Und in seinem Körper explodierte unerträglicher, bohrender Schmerz. Dennoch gelang es ihm, die Türe zu öffnen. Cyprian erstarrte mitten in der Bewegung und verharrte reglos. Aber er schien auch erleichtert. Wenigstens fand Luca dieses Gefühl in den sonst so kalten Augen des Halbelfen. "Aufstehen?" fragte Luca. Seine Stimme zitterte deutlich. Aber scheinbar ging Cyprian davon aus, dass er Luca einfach nur aus tiefem Schlaf geweckt hatte. "Ja," nickte der Halbelf, der sich bereits wieder ganz unter Kontrolle hatte. "Du hast gestern und vorgestern nichts gegessen. Vielleicht solltest du heute mal Frühstücken, anstatt mit Mesh den Sonnenaufgang zu genießen. Du bist schon ganz blass und dünn." Luca lächelte müde. "Ich bin nie anders gewesen als dürr..." sagte er leise. Cyprian trat an Luca vorbei. Er nahm die langen Hosen vom Bett auf und einen Kamm und ein Lederband was Luca immer für sein langes Haar benutzte. "Und baden kannst du auch mal wieder." Er sah Luca lange an. "Du bist ein bildschöner Junge. Dürr? Nein, feingliedrig wie ein Elf, mädchenhaft schön und unschuldig." Unschuldig? Dachte Luca. Er war alles, nur nicht mehr unschuldig...! An sich aber war Luca dankbar sich den Schmutz abwaschen zu können, und vielleicht auch ein Teil der Scham, die er zur Zeit fühlte, auch wenn er nicht wusste, wovor. "Komm mit, Luca." Luca erschrak, als er den sogenannten Baderaum sah. Es war ein einfacher, gemauerter Raum, mit einem etwas größeren, in den Boden eingelassenen Becken, und verschiedenen Waschbecken, an den Wänden. Im Zentrum gab es ein Loch im Boden, aus dem man Wasser hoch holen konnte. Melroy stand da, über diese Loch, ein Tuch um die Hüften Geschlungen. Er zog einen großen, schwarz geteerten, schweren Holzeimer hoch und stellte ihn keuchend neben sich ab. Melroy schwitzte unter dem Gewicht, als er den Eimer an den Beckenrand schleppte und das Wasser hinein goss. Luca konnte sich hier nicht ausziehen! Seine Haut war rot, sein ganzer Körper leicht angeschwollen... Dann drehte sich Cyprian um und ging. Luca atmete auf. Nun war er mit Melroy allein. Dem dicklichen Jungen schenkte er irgendwie mehr Vertrauen als jedem anderen. "Kann... kann ich dir helfen?" fragte Luca leise, obwohl er kaum Kraft genug hatte, um noch zu stehen. Melroy drehte sich zu ihm um, keuchend, schwitzend... Er sah Luca eine Weile an, prüfend. "Nein. Lass nur, du bist zu schmal und zu schwach. Der Eimer wiegt ja mehr als du." Luca lächelte dankbar. "Zieh dich aus und geh dich waschen, Luca." Melroy lächelte freundlich. Wortlos zog Luca sein Hemd über den Kopf und nahm den Kamm, um sich das lange, schwarze Haar auszukämmen. Hinter ihm öffnete sich die schmale, niedrige Türe und Damon kam mit Elim zusammen herein, gefolgt von Phillipe, Valerian und dem Elfen, Lucien. Luca zuckte zusammen und versuchte, seinen Körper hinter dem Mantel aus schwarzen Haaren zu verbergen, aber leider einen Moment zu spät. Elim huschte heran und schob Lucas Haar nach hinten. Der Junge wich aus, aber nicht schnell genug für Elim, der mit Leichtigkeit nach Lucas Hand griff und ihn festhielt. "Was ist denn mit dir passiert, Luca?!" "Nichts!" antwortete Luca trotzig. Lucien griff nach Elims Fingern und löste seine Hand von Lucas Handgelenk. "Lass ihn los, Elim." Luca sah Lucien einen Moment lang ernst, aber auch dankbar an. "Sie haben ihn misshandelt...!" Luca drehte sich zu Damon um. "Ich... kann mich an nichts erinnern. Das... das war einfach nur..." Damon ließ sich vor Luca in die Hocke sinken und nahm die Hände des Jungen in seine. "Luca, die, wer immer sie seien mögen, sind zu mächtig, als dass wir uns hier gegen sie wehren könnten. Aber dass sie das einem so kleinen Jungen wie dir antun, dass kann ich nicht begreifen." "Ich..." Luca spürte, wie seine Wangen schamrot wurden. Zugleich wurde das Rauschen in seinen Ohren stärker und lauter. Er sank auf die Knie und nahm sein Hemd vom Boden auf. Schützend drückte er es an sich, als könne er sich vor den Blicken aller verbergen. "Bitte, redet nicht darüber..." flüsterte er. "Sagt niemandem etwas davon." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)