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Alexandre

von

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Einleitung und Prolog

Ich bin eben zum Schluss gekommen, dass ich vielleicht erst mal ein paar Worte zu diesem Fanfic

schreiben muss.
 

1. Alexandre de Cime ist eine der Hauptpersonen aus meinem Doujinshi Nachtschatten. Die Geschichte

beginnt eine Woche vor dem Doujinshi, das ist aber nicht so wichtig. Es werden einige Spoiler zu

Nachtschatten vorkommen, wenn ihr das nicht wollt, lest ihr das hier besser nicht.

Edit: Inzwischen habe ich in Nachtschatten mit der Handlung aufgeholt, wenn ihr den Doujinshi gelesen

habt, müsst ihr nicht mehr um Spoiler fürcheten. ;)
 

2. Ja ich gebs zu, ich habe mich von Anne Rices Vampirchroniker inspirieren lassen, trotzdem sind bei

mir Vampire etwas anders definiert und ich hoffe schwer, dass man den Einfluss in der Geschichte nicht

zu sehr merkt.
 

3. Ich gebe mir zwar Mühe hystorisch korrekt zu bleiben, aber es kann durchaus sein, dass sich Fehler

einschleichen. Also entschuldigung schon mal im voraus.
 

4. Das ist mein erster Versuch etwas längeres zu schreiben, mit anderen Worten, verzeiht mir, wenn ich

einen schlechten Aufbau, einen komischen Stil oder sonstige Sonderheiten habe.
 

In dem Sinne viel spass beim lesen, ich hoffe dass ich in der lage bin, regelmässig für fortsetzung zu

sorgen.
 


 

Prolog:
 

Ein warmer Sommerabend. Den Tag durch ist es heiss gewesen, aber dank des frischen Bergwindes hat

sich jetzt die Luft etwas abgekühlt. Ich sitze in meinem neu eingerichteten Büro. Alles ist einheitlich

und passt zusammen. Der schwarze Schreibtisch, das schwarze Regal mein Stuhl. Der

Computerbildschirm hat ein elegantes Design, vor ein paar Jahren gab es das noch nicht. An den

Wänden hängen Bilder. Hinter mir ein abstraktes Gemälde in einem schlichten Metallrahmen. An der

gegenüberliegenden Wand, so dass ich es von meinem Arbeitsplatz aus sehen kann, ein Bild von

Johanna. Es sticht aus dem Rest der Einrichtung hervor, nicht zuletzt wegen seines prunkvollen

Rahmens. Trotz des Alters, ist es bisher gut erhalten. Mit ihren Blinden Augen starrt sie durch mich

hindurch. Manchmal ist es mir, als würde ich sie singen hören. Natürlich ist es nur eine Einbildung, sie

ist schon vor langer Zeit gestorben. Geblieben ist mir nur ihr Bild.

Ich wende meinen Blick wieder auf die Dokumente vor mir. Zuoberst liegt ein Stundenplan. In einer

Woche startet das neue Schuljahr und somit auch mein aktuelles Projekt. Nun ja, eigentlich läuft es ja

schon lange, die ganzen Vorbereitungen sind getroffen, jetzt bleibt nur zu hoffen, das der Start gut

verläuft.

Ich werfe einen Blick aus dem Fenster des alten Pfarrhauses. In diesem Gebäude werden Peter Märki,

Raphael und ich in der nächsten Zeit wohnen. Gegenüber liegt das Wohnhaus, der zukünftigen

Internatsschülern. Ein prächtiger Bau im Stil des Klassizismus. Knapp dahinter steht das Schulhaus, ein

neues Gebäude. Der Architekt hatte die schwere Aufgabe, das Schulhaus wie auch die Turnhalle und

das Hallenbad der Umgebung des Schattenthals anzupassen. Meiner Meinung nach hat er das

vorzüglich gelöst.

Das Läuten des Telefons reisst mich aus meinen Gedanken., "De Cime" melde ich mich. "Salut Alex, hier

ist Raphael, wie geht's?" "Danke gut, alles läuft perfekt, und bei dir?" "Deswegen rufe ich an, ich habe

eine sehr wichtige Entdeckung gemacht, allerdings könnte die Auswertung der Schrift noch eine Weile

dauern und ich möchte das vor Ort machen, um sicher zu sein, dass nichts falsch läuft. Ich werde wohl

erst in einer Woche zurückkommen"

"Hey, du kannst doch als Lehrer nicht einfach zu spät kommen" er scheint den Spass nicht verstanden

zu haben. "Excusé- moi, ich versuche vor Schulbeginn wieder in der Schweiz zu sein." " Schon gut, ich

weiss wie wichtig dir deine Forschungen sind, keine Sorge, wir schaffen das auch ohne dich. Was genau

hast du denn ausgegraben?" "Das kann ich noch nicht genau sagen, es sind mindestens 4000 jährige

Inschriften, von welchem Volk wissen wir noch nicht. Ich erzähl' s dir, wenn wir mehr herausgefunden

haben." "Dann viel Glück beim entziffern, und röste nicht zu viel an der Sonne."

"Dann ist das so in Ordnung?" "Klar" "Danke, à bientôt" "Salut" Ich lege den Hörer auf.

Raphael wie er leibt und lebt. Noch immer mit irgendwelchen Forschungen beschäftigt. Er hat sich in all

den Jahren kaum verändert. Ich denke an unsere Kindheit zurück. Eine Ewigkeit, damals lachte ich ihn

noch auch, weil er Lesen lernen wollte.

Doch genau kann ich mich nicht mehr erinnern, eine menge Details fehlen. Wie viel ich wohl vergessen

habe?

Draussen dämmert es. Ich stehe auf, gehe zum Fenster und wieder zurück zu meinem Schreibtisch,, die

Erinnerungen sind nur noch Lückenhaft.

Der Entschluss ist schnell gefasst, ich werde meine Geschichte aufschreiben, der Gedanke noch mehr

zu vergessen macht mir Angst. Leider habe ich trotz meines langen Lebens, kein besseres Gedächnis

als ein normaler Mensch. Ich starte den Computer auf. Vielleicht kann Raphael wenn er zurückkommt

noch einiges ergänzen, wenn er es überhaupt lesen will.

Aber Diana, sie wird sich bestimmt dafür interessieren. Und wer weiss wen noch.

Die Vampirchroniken von Anne Rice finden jedenfalls anklang, wieso nicht meine Geschichte. Am Ende

werde ich noch Romanheld. Der Gedanke belustigt mich.

Eine elektronische Fanfare meldet, das der PC aufgestartet ist. Ich setze mich an den Schreibtisch und

lasse meinen Gedanken freien lauf. Seite um Seite füllen sich mit Buchstaben.

Sterblich

1. Teil: Sterblich
 

Wie beginne ich. Am besten ich stelle mich mal vor, damit ihr euch ein Bild von mir machen könnt. Ich habe lang schwarze Haare, die ich meistens zusammengebunden trage und leuchtend blaue Augen. Da ich die Sonne nicht vertrage, bin ich ziemlich bleich. Ich bin 1.80 gross und trage mit Vorliebe Anzüge, natürlich schwarze. Ich heisse Alexandre und momentan nenne ich mich Alexandre de Cime. Eigentlich habe ich keinen Nachnamen, das mag heute merkwürdig klingen, war vor ca. 1200 Jahren nichts besonderes. Ich wurde im Jahr 783 geboren. Mit 20 wurde ich zum Vampir und seither bin ich nicht mehr gealtert. Allerdings schätzen mich die Meisten älter. Ob es an meinen markanten Gesichtszügen liegt oder eher an meinem Auftreten weiss ich nicht, wahrscheinlich ist es Beides. Doch nun zu meinem Leben (und zu meinem Tod)
 

Ich erinnere mich an nicht mehr viele Dinge aus meiner Kindheit, es ich höchste Zeit, dass ich das, was ich noch weiss, festhalte. Meine Eltern waren einfache Bauern, wir Kinder, ich hatte noch eine ältere und eine jünger Schwester mussten helfen, wo wir konnten. Viel Zeit blieb neben dem arbeiten kaum, wir standen mit der Sonne auf und legten uns schlafen, sobald es dunkel wurde. Ich weiss noch, wie wir vor dem essen und dem schlafen gehen beteten. In unserem Haus lebte auch noch meine Grossmutter, die Mutter meiner Mutter und der Bruder meines Vaters. Grundsätzlich versorgten wir uns selbst. Die Ernte reichte aus um uns zu ernähren und dank unserer zwei Schafe und der Kuh war auch für Milch und Wolle gesorgt. Vor allem im Winter spannen und strickten die Frauen die Wolle, während die Männer Becher und Löffel schnitzten. Wenn wir mal was brauchten, das wir nicht selber herstellen konnten, gingen wir auf den Markt.

Das war immer besonders aufregend. Auch wenn die nächste Stadt weit weg und sehr klein war, ging ich immer gern mit. Ich mochte das Getümmel und mehr als einmal nutzte ich die Gelegenheit um mich von meinen Eltern zu entfernen und allein herumzustreunen. Da gab es schreiende Händler, Schausteller, feilschende Bauern und ab und zu ein Adliger, der versuchte so unbehelligt wie möglich durch die Menge zu kommen. Einmal hatte ich das Glück (oder das Pech) die Festnahme eines Diebes zu sehen. Der arme Kerl wurde in einen runden Drehkäfig gesteckt und die Leute ringsherum stiessen den Käfig an, beschimpften und bespuckten ihn. Anfangs fand ich es ganz lustig, schliesslich war er selbst Schuld und das stehlen eine Sünde war, wurde schliesslich regelmässig gepredigt. Aber als das Specktakel nicht aufhören wollte und der Dieb zu schreien anfing wurde es mir schon etwas Unwohl. Ich verzog mich und suchte meinen Vater. Natürlich erzählte ich ihm nichts davon, die Angst für mein verschwinden bestraft zu werden war zu gross. Aber auch wenn ich es nur ungern zugab, ich träumte die folgenden Nächten davon und wachte stets schweissgebadet auf. Ich schwor mir, nie zu stehlen und mich auch sonst an Gottes Gebote zu halten und schlief dann wieder ein.

Für mich hatte Gott nie eine grosse Bedeutung. Er war einfach da, seine Gebote sagten und, was man tun und vor allem was man nicht tun sollte, man betete zu ihm und Sonntags gab es in der Klosterkirche eine Messe. Doch das hielt uns, also auch die anderen Leute in der Umgebung nicht davon ab, "heidnische" Sagen und Mythen zu erzählen und auch sie zu gewichten. Mache der alten Bräuche waren beibehalten worden, auch wenn wir offiziell Christen waren. Raphaels Grossmuter galt sogar als Hexe, sie behauptete steif und Fest überall lebten Naturgeister. Auch wenn sie sonst niemand sehen konnte, glaubten wir ihr, oder liessen sie wenigstens glauben, was sie wollte.

Zurück zum Christentum: Ich mochte zwar die Geschichten aus der Bibel, die mir meine Grosmutter oft erzählte aber die Messen und das Kloster mochte ich nicht besonders. Die Mönche forderten immer ihren Zehnten von unserer sowieso schon spärlichen Ernte. Sie arbeiteten nicht (jedenfalls kam es mir als Kind so vor) sondern verbrachten den Tag mit beten. Einmal hatte mich ein schlecht gelaunter Mönch über Gott ausgefragt, nur um mich anschliessend zu tadeln, weil ich ihm nicht auf alles antworten konnte.

Ein anderes Erlebnis hatte ich, als ich mich heimlich aus der Messe geschlichen hatte, diese war noch langweiliger als sonst gewesen, weil sie nicht auf französisch, sondern in lateinisch gehalten wurde. Ich verstand kein Wort. Also stahl ich mich davon, das klappte natürlich nur, weil ich nicht bei meinen Eltern gesessen hatte. Jedenfalls nutzte ich die Gelegenheit um mich im Kloster etwas umzusehen. Es war wie ausgestorben, schliesslich waren alle bei der Messe. Ich hatte zwar etwas Angst, aber ich redete mir ein, dass mir nichts passieren konnte. Zum ersten mal, sah ich die kargen Zellen der Mönche, es kam kaum Licht hinein, kein Wunder, dass sie oft schlecht gelaunt waren.

Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Mir stockte das Herz und ich wagte kaum noch zu Atmen. Dann hörte ich es wieder und zu meiner Erleichterung erkannte ich das es ein schnarchen war. Die Neugierde siegte, vorsichtig spähte ich zur Tür der nächsten Zelle herein. Da lag tatsächlich ein Mönch und schnarchte.

Bisher hatte ich die Beweggründe der Mönche zwar nie Verstanden, aber nahm an, dass sie nur Gott dienen wollten, wie es mir gesagt worden war. Diese Entdeckung aber brachte mein Weltbild durcheinander. Heute, wo sogar die Bauern der Umgebung hier herkamen um zu beten, lag dieser Mönch einfach da und schlief. Natürlich war es ein Ausnahmefall, aber für mich waren die Mönche immer unantastbar gewesen, auch wenn ich sie nicht sonderlich mochte, waren sie höher gestellt und über sie zu Urteilen stand mir nicht zu. Aber diese Entdeckung änderte alles, ich redete zwar nicht darüber, aber von da an, betrachtete ich Mönche nur noch als faule Lügner.

Gott mochte grossartig sein, aber die Menschen waren es nicht, jedenfalls nicht die, die vorgaben ihm zu dienen. Gottes Gebote werden öfters gebrochen als eingehalten, deswegen ist mir Glaube und Religion bis heute suspekt geblieben. Auch wenn ich inzwischen Menschen angetroffen habe, die mit ihrem Glauben viel erreichten. Doch mehr dazu später.
 

Die wenigen Dinge, an die ich mich noch lebhaft erinnern kann, stehen meist im Zusammenhang mit der wenigen freien Zeit die ich hatte. Kam das mal vor, lief ich immer zum Nachbarshof.

Dort lebte Raphael. Er war ein Jahr jünger als ich, hatte hellbraune Haare und war von der Sonne meist braungebrannt. Für mich war er wie ein kleiner Bruder. Musste er arbeiten, half ich ihm, meistens, in der Hoffnung, schnell fertig zu sein und spielen gehen zu können. Mit ihm streifte ich durch die Gegend, wir kletterten auf Bäume und fingen Frösche.

Raphael war immer etwas ängstlich, und hatte oft Mühe mit mir mitzuhalten. Ich neckte ihn deswegen, aber wie es sich für einen grossen Bruder gehört half ich ihm, wenn er nicht mehr weiter kam. Trotzdem genoss ich es, schneller, stärker, und älter zu sein. Ich fühlte mich in der Rolle des "Lehrers" wohl. Den Tag, als Raphael zum ersten mal etwas besser konnte werde ich wohl nie vergessen.

Es war im Frühling, die Saat war gerade ausgesät worden und wir wurden wie viele andere Kinder damit beauftragt, das Vieh auf die Weide zu bringen. Ich liebte diese Aufgabe, weil wir nur zwischendurch nachsehen mussten, ob noch alles in Ordnung war. Die meiste Zeit vergnügten wir uns. Oft waren auch noch andere Kinder aus dem Dorf da.

An jenem Tag waren nicht nur Raphael und ich auf der Weide, sondern auch ein Mädchen und ein älterer Junge aus dem Nachbardorf. Er hatte sich eine Flöte geschnitzt und spielte darauf. Fasziniert sahen und hörten wir ihm zu. Nach einiger Zeit machte er eine Pause. Neugierig wie ich war, bat ich ihn, auch mal spielen zu dürfen. Leider brachte ich nicht viel mehr als einen gellenden Pfiff hervor. Er lachte und meinte, er würde mir sogar zeigen wie man diese Flöten schnitzt. Wenn ich eine eigene hätte, könnte ich auch lernen wie man darauf spielt. Ich war begeistert von der Idee so spielen zu können wie er. Ich war überzeugt, dass ich es schnell lernen würde, so schwer sah es nicht aus. Ausserdem würde ich schönere Muster auf meine Flöte schnitzen als die die er hatte. Auch Raphael bekundete Interesse. Er führte und zu einer Weide und suchte einen geeigneten Zweig. Er schnitt ihn und begann uns anzuleiten. Ich hatte mein eigenes Messer dabei, Raphael durfte seins benutzen.

Erst ging es darum, die Rinde vom Mark zu lösen. Das stellte sich zu meiner Enttäuschung als eine langwierige Sache heraus. Geduld war, und ist auch jetzt noch nicht, meine Stärke. Während ich mich also zu langweilen begann und mich ärgerte, dass nichts passierte, klopfte Raphael geduldig weiter. "So lange kann es nicht mehr gehen", dachte ich mir und klopfte noch etwas fester, in der Hoffnung die Zeit zu verkürzen. Doch das war der Grosse Fehler, meine Flöte, beziehungsweise, das Holzstück, dass sie hätte werden sollen, brach auseinander. Der Junge bemerkte es und meinte, dann müsse ich eben noch mal anfangen. Da ich sonst nichts besseres zu tun hatte und Raphael immer noch klopfte begann ich noch mal. Ich hatte gerade von neuem begonnen als ich Raphaels freudige Stimme hörte, er hatte es geschafft.

Jetzt war mein Ehrgeiz erwacht. Diesmal bewahrte ich die Geduld, aber als ich meine Flöte endlich fertig hatte, spielte Raphael schon die ersten Melodien. Ich warf noch einen Sicherheitsblick auf unsere Zeigen, dann gesellte ich mich zu Raphael. Das Mädchen sass auch bei ihn. Sie hatte ihre blonden Haare wie ein Kranz um ihren Kopf geflochten und hörte ihm gedankenversunken zu. Ich setzte mich und blies in die Flöte, das Resultat war ein unsauberer Ton. Raphael brach ab. Ich hob den Kopf und sah direkt in die strahlend blauen Augen des Mädchens. Sie sagte zwar kein Wort, aber ihr Gesichtsausdruck sagte alles. Verlegen legte ich die Flöte weg, ich hatte nicht vorgehabt Raphael zu unterbrechen, eigentlich hatte ich einfach in sein Lied einsteigen wollen. Schlagartig wurde mir bewusst, wie dumm dieser Gedanke war, ich brachte ja kaum einen Ton heraus und selbst wenn, ich hätte nicht gewusst, wie ich die Melodie hätte spielen sollen. Dann fiel mein Blick auf Raphael, er hatte noch nicht wieder zu spielen begonnen stattdessen sah er mich an, als wolle er mir den Vorrang geben. Ich wollte ihn gerade Auffordern weiterzuspielen, als das Mädchen, Amabel war ihr Name, mir zuvorkam.

Auf ihre Bitte errötete er, schaute verlegen auf den Boden und begann zu spielen. Ich beobachtete wie seine Finger auf der Flöte herumtanzten. Sein Gesicht war ruhig und Konzentriert, die Augen hielt er geschlossen. Dann richtete ich meinen Blick auf Amabel. Möglich dass ich sie schon mal an einem Fest gesehen hatte, aber hier auf der Weide hatte ich sie noch nie gesehen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal ihren Namen, geschweige denn wo sie wohnte.

Es wurde Mittag, Raphael hatte zu spielen aufgehört. Ich fragte die Beiden nach ihren Namen und im weiteren Gespräch erfuhr ich, dass sie Cousine und Cousin waren. Sie kamen auf dem Nachbardorf. Schliesslich bat ich Michael, wie der Junge hiess, um einen Tipp was das Flötenspielen betraf. Ich startete einen weiteren Versuch. Nach einer Stunde konnte ich zwar auf der Flöte spielen, musste mir aber Eingestehen, dass Raphael mehr Talent hatte und viel schneller lernte. Irgendwie ärgerte mich die Tatsache, dass er mich geschlagen hatte, natürlich gab es viele andere Dinge in denen ich ihm überlegen war, aber er hatte mich zum ersten Mal in den Schatten gestellt.
 

Es blieb auch dabei. Wir wurden älter, und er blieb mein kleiner Bruder, auch wenn der Altersunterschied nicht mehr so eine grosse Rolle spielte.

Ich heiratete mit 18 ein Mädchen aus dem Dorf. Ein ziemlich durchschnittliches Mädchen, weder besonders hübsch noch besonders hässlich. Sie lebte bei uns auf dem Hof und half meiner Mutter im Haushalt und füllte damit die Lücke, die meine ältere Schwester hinterlies, als sie auszog und heiratete. Wir teilten zwar ein gemeinsames Bett, aber das war's auch schon. Es war eine reine Zweckehe und ich glaube, sie hat mich auch nie vermisst, als ich plötzlich verschwand.

Raphael blieb ledig, jedenfalls bis mit 19 mein Schicksal teilte. Ich wusste auch was, beziehungsweise wer der Grund war, Amabel. Ich glaube seit jener Begegnung auf der Weide war er total in sie verliebt, schaffte es aber nie es ihr zu sagen. In ihrer Gegenwart brachte er kaum ein Wort heraus. Oft zog ich ihn deswegen auf, ich hatte keine Probleme mit Mädchen zu sprechen, flirtete gern und an Festen war ich meisten ein begehrter Tanzpartner. Anderseits verstand ich die Liebe, die er empfand nicht, ich kannte dieses Gefühl nicht. Aber ich respektierte es, Amabel war für mich Tabu, und wenn wir zusammen waren gab ich mir Mühe, Raphael das sprechen zu überlassen.

Eine schicksalhafte Begegnung

Die Jahre vergingen, an vieles erinnere ich mich nur noch wage. Doch jener schicksalhafte Tag ist mir noch so lebhaft in Erinnerung, als wäre es gestern gewesen.

Es war ein heisser Sommertag, die Sonne brannte vom Himmel und die Luft war feucht. Am Abend würde es regnen, aber jetzt war es noch zu warm. Ich war mit Raphael auf den Markt gegangen, ausnahmsweise hatten wir eine Ziege zu verkaufen. Ich genoss die Abwechslung, das Gedränge in der Stadt, den Lärm, die Tatsache das viel los war. Die Hitze störte mich kaum, wenn ich auf dem Feld arbeitete war es schlimmer. Mein Ziel war es, die Ziege so schnell wie möglich loszuwerden und mich dann etwas auf dem Markt umzusehen. Es dauerte auch nicht lange und ich hatte einen kaufwilligen Bauer gefunden. Wir begannen zu mährten, als sich Raphael einschaltete. Ich weiss nicht woran es liegt, aber er hat die Gabe Menschen in seinen Bann zu ziehen. Nicht dass er besonders auffällig oder Laut ist, er hat einfach einen gewissen Charme. Ich war jedenfalls froh um seine Hilfe, sachlich legte er die Vorzüge der Geiss dar und erhandelte einen guten Preis. Mit viel Geld in der Tasche und einem freien Nachmittag vor uns, bummelten wir über den Markt. Ich überredete Raphael etwas Geld als Dank für seine Hilfe anzunehmen. Erst machten wir uns dran, einzukaufen was wir brauchten. Als das erledigt war, hatte Raphael sein Geld immer noch nicht ausgegeben. Schliesslich blieb er an einem Stand stehen. Der Händler hatte verschiedene Stoffe ausgelegt bot aber auch Kleider an. Zögernd griff Raphael nach einer blauen Schleife.

Ich grinste, es war genau dasselbe Blau wie das von Amabels Augen. Raphael zahlte dann fing er meinen Blick auf. "Willst es ihr wirklich geben?" fragte ich, ich wusste genau, dass er bisher noch nicht den Mut gehabt hatte, so etwas zu tun. Er errötete leicht und sagte dann "Ja, das werde ich" er warf einen Blick über die volle Gasse und meinte dann "gehen wir!"

Die Sonne stand noch immer am Himmel, aber sie neigte nicht schon gegen Westen. Ein angenehm kühler Wind wehte, als wir die Landstrasse betraten. Gemütlich schlenderten wir dem Weg entlang. Ich krame den Geldbeutel hervor. Lachend warf ich ihn in die Luft. "Raphael, du bist genial, du hättest ihm die Geiss bestimmt auch zum doppelten Preis verkaufen können." Lachte ich und warf den Beutel erneut hoch. Mit einem klingenden Geräusch landete er wieder in meiner Hand. Auch Raphael lachte " Alex, du weißt doch genau, dass ich den Preis nur durchsetzten konnte, weil er gerecht war. Ich habe nicht mehr und nicht weniger verlangt, als die Geiss Wert war." Wieder warf ich den Beutel hoch, ich folgte ihm mit meinem Blick und was ich sah war gar nicht erfreulich. "Ich glaube, wir sollten uns beeilen, siehst du diese schwarzen Wolken, ich fürchte, es wird bald ein Gewitter geben" "du hast recht, beeilen wir uns" Es dauerte nicht lange, da fielen die ersten Tropfen. Wie es Gewitter so in sich haben, goss es bald nur noch so vom Himmel. Die staubige Landstrasse hatte sich bereits in einen Bach verwandelt, der Wind blies heftig und es donnerte, dass es nur so krachte. Das nächst Dorf war noch einige Kilometer entfernt, doch dann sah ich die Rettung. Nicht weit von uns stand eine einsame Scheune. "Komm, hier rüber" schrie ich Raphael zu und versuchte den Sturm zu übertönen. Glücklicherweise hatte er mich gehört. Wir schoben die Tür auf, die zum Glück unverriegelt war, schlüpften herein und schlossen sie wieder. Erleichtert atmeten wir auf. In der Scheune war es dunkel aber zumindest trocken. Langsam gewöhnten sich unsere Augen an die Dunkelheit. Rechts von und stand ein Leiterwagen der Rest war mit Strohhäufen gefüllt. Ich setzte mich ins Stroh und forderte Raphael auf, das gleiche zu tun.

Es roch angenehm nach Stroh, nach trockenem Stroh.. Aber wir waren durch und durch durchnässt. Ich fröstelte. Ich zog mein nasses Hemd aus, und wrang es aus. Auch meine durchnässten Schuhe zog ich aus und stellte sie zum trocknen hin. Obwohl ich es nicht sehen konnte, wusste ich, das Raphael das gleiche tat. Ich lehnte mich zurück ins warme Stroh. Draussen stürmte es noch heftiger als zuvor. "Jetzt bleibt uns nur noch abwarten" hörte ich Raphael sagen. "Es ist so gemütlich hier, ich glaube, ich werde eine weile schlafen."

Wie recht er hatte. Ich hörte wie sein Atem ruhig wurde, um mich wurde alles noch dunklere und schwer. Ich schlief.

Ein Geräusch weckte mich. Einen Moment lang, wusste ich nicht wo ich war. Draussen regnete es noch immer, aber der Sturm hatte nachgelassen. Ich versuchte etwas zu sehen. Das Licht einer Laterne leuchtete auf. Für einen Moment war ich geblendet. Ich stiess ein Stossgebet aus, dass es nicht der Bauer sein möge, er hätte uns wahrscheinlich nicht gern hier gesehen. Neben mir rührte sich jetzt auch Raphael. Langsam gewöhnten sich meine Augen ans Licht. "Guten Abend" sagte eine weiche Frauenstimme. Ich blinzelte ins Licht. Die Laterne leuchtete uns an, die Gestalt dahinter war in der Dunkelheit der Scheune kaum sichtbar. Sie bewegte sich wieder. Jetzt fiel das Licht auf die Gestalt einer Frau und jetzt bemerkte ich, dass hinter ihr noch eine Stand. Sie hängte die Laterne an einen Haken und jetzt konnte ich die beiden deutlich sehen. Die vordere war gross und schlank. Lange gelockte Haare fielen ihr über die schulten und rahmten ihr wunderschönes Gesicht ein. Bewundernd betrachtete ich sie. Ihre Augen waren fast golden und waren von dichten schwarzen Wimpern gesäumt. Ihre haut war bleich, fast weiss und die schwarzen Haare unterstrichen den Kontrast noch. Sie trug einfache aber schöne Kleider. Ich wandte mich der hinteren Person zu. Sie war inzwischen einige schritte nach vorn gekommen und stand jetzt neben ihrer Begleiterin. Auch sie war schön, aber mit ihren Blonden geflochtenen Haaren und den hellblauen Augen hatte sie eine total andere Ausstrahlung.

Auch sie sahen uns an. Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich mein Hemd noch nicht wieder angezogen hatte. Wie wir wohl auf sie wirkten? Ich schielte zu Raphael hinüber, der gerade nach seinem Hemd tastete.

Dann sah ich wieder die schwarzhaarige an. Sie war wirklich schön. Normalerweise war ich nicht um Worte verlegen, doch in dem Moment wusste ich wirklich nicht was sagen. "Habt ihr was dagegen, wenn wir uns zu euch gesellen" fragte sie nun. Jetzt musste ich etwas sagen. "Ganz im Gegenteil, es ist uns ein Vergnügen, solch reizende Gesellschaft zu haben" Himmel ich klang wie ein Schausteller, die redeten immer so geschwollen. Sie setzten dich neben uns. Raphael rutschte etwas von der blonden weg, die sich neben ihn gesetzt hatte. Ich grinste innerlich, er war einfach zu schüchtern. "Was treibt euch dazu, ohne männliche Begleitung und erst noch bei diesem Wetter herumzureisen?" fragte ich um der Stille zu entkommen. "Glaub mir, wir kommen ganz gut allein zurecht" sagte sie und legte ihr Hand auf meine Schulter. Ein Schauer durchfuhr mich. Ihre Hand war kühl, als wäre sie lange im regen gewesen, aber sie war trocken. Das verwirrte mich. "Wart ihr schon vorher hier?" Wollte ich wissen doch sie legte mit ihren Finger auf die Lippen. Dann Küste sie mich, ich konnte mein Glück kaum glauben. Auf dem Augenwinkel nahm ich noch war, wie Raphael sich von der Blonden zu distanzieren versuchte, aber es war mir egal. Sie küsste mich wieder und ich erwiderte den Kuss. Auch ihre Lippen waren kühl, aber ich mochte mir in diesem Moment keine Gedanken darum machen. Sie küsste meinen Hals und dann spürte ich ein kurzes Stechen als sie mich Biss. Ein Bruchteil einer Sekunde lang wollte ich sie wegstossen, mich wehren aber dann verfiel ich in einen wunderschönen Traum. Ich war frei von jediglicher Angst und Unsicherheit. Ein Glücksgefühl durchdrang mich und ich wünschte, es würde immer so bleiben. Dann verschwand das Gefühl urplötzlich. Ich öffnete die Augen und schaute direkt in die Ihren. "Sag mir, wie du heisst!" flüstere sie. "Alexandre" antwortete ich nach kurzem zögern. Was war passiert, was hatte sie gemacht? Ihre Lippen waren rot, blutrot, richtig, sie hatte mich gebissen. Irgendwo in meinem Hinterkopf tauchten Bilder auf. Vampire, blutsaugende Ungeheuer. "Du gefällst mir, Alexandre" flüsterte sie mir ins Ohr "Ich möchte dich zu einem von uns machen" "Nein!" es war wie ein Reflex, ein Selbsterhaltungstrieb. Ihre Hand strich durch mein Haar. "Möchtest du den Sterben?" "Nein!, ganz bestimmt nicht" Sie lächelte "genau das wollte ich hören" Sie küsste meine Kehle, biss zu. Wieder dieses Gefühl. Fühlte der Tod sich so an? Ich mochte nicht daran denken, nur glücklich sein. Dann fühlte ich plötzlich einen stechenden schmerz. Sei hatte aufgehört zu trinken, mein Körper schmerzte. Ich fühlte mich schwach, gleich würde ich sterben. "Ich will nicht sterben" flüsterte ich. Der Schmerz wurde noch schlimmer. Ich nahm meinen ganzen Willen zusammen um nicht zu schreien. Etwas tropfte auf meine Lippen. Instinktiv leckte ich danach. Es war köstlich. "Hier, trink" ich hörte ihre Stimme wie durch Watte. Ihr Handgelenk legte sich an meine Lippen, ich trank das köstliche Blut. Die Schmerzen liessen nach, ich spürte, dass ich wieder kräftiger wurde. Ein Schauer durchlief meinen Körper. Mehr, noch mehr Blut. Dann zog sie ihre Hand zurück. Ich griff danach, bekam sie aber nicht mehr zu fassen. Mein Körper fühlte sich komisch an, mir wurde schwindlig. Die Schmerzen kamen wider. Ich hatte durst. Unglaublichen durst. Gib mir noch etwas Blut, flehte ich sie an. "Ruhig" flüsterte sie, "du hat genug bekommen" Was du jetzt durchmachst ist normal, dein Körper verändert sich, er stirbst." "Ich will aber nicht sterben" wie erbärmlich das klingen musste. "Du wirst nicht sterben, nur dein Körper" lachte sie. Es war kein bösartiges Lachen, es war fröhlich. "Komm" sie nahm mich in ihre Arme. Wie ein kleines Kind sass ich da und hoffte auf Geborgenheit. Die schmerzen waren unerträglich, ich krümmte mich. Sie liess mich nicht los.

Dann war es vorbei. Der Schmerz war wie verflogen. Ich fühlte mich stark und ausgeruht. Es ist wirklich schwer zu beschreiben. Ich hatte zwar immer noch Durst, doch der schien mir jetzt erträglich. Ich stand auf und sah mich um. Obwohl das Licht der Laterne nur schwach war, konnte ich alles was in der Scheune war deutlich erkennen.

Dann fiel mein Blick auf Raphael. Er lag da wie tot, an seinem Hals waren Bisswunden und er war totenbleich. Über ihn gebeugt war die Blonde Vampirfrau. Ich schrei auf, beugte mich zu ihm nieder. Er war noch nicht tot, aber kurz davor zu sterben. Er sah mich an "Alex" flüsterte er. Ich sah mich nach den Vampiren um. "Lasst ihn nicht sterben, rettet ihn" Sie rührten sich nicht. "Ich weiss dass ihr es könnt" schrie ich. Raphael hinter mir stöhnte. "Bitte" Ich sah die schwarzhaarige flehend an. Sie seufze. "Ich kann dir deine Bitte einfach nicht abschlagen." Sie ging zu ihm hin, Biss sich in ihr Handgelenk und hielt ihm die offene Wunde an den Mund. "Trink." Er umklammerte ihre Hand und trank gierig. Ob ich mich auch so verhalten hatte? Nach einer Weile riss sie sich los. Nun schienen auch bei ihm die schmerzen zu kommen. Ich wandte mich ab aber ich hielt es nicht aus, ich wandte mich wieder zu ihm und wollte ihm helfen. Was ich sah erschreckte mich. Er hatte sich verändert. Ich konnte nicht genau sagen was es war. Sein Gesicht war noch dasselbe, auch wenn es jetzt von Schmerzen verzerrt war. Aber irgendwie schien er mir nicht mehr Menschlich, er hatte etwas unnatürliches.

Ich blickte auf mich herab, hatte ich mich auch verändert? Meine Haut war bleich, nicht so braun wie sonst, oder lag es nur am Licht. Aber es war nicht nur die Farbe, es kaum mir vor, als wäre mein Körper miteiner Hauchdünnen Schicht Wachs überzogen. Ich sah wieder zu Raphael hinüber. Das war es, auch sein Körper sah so aus. Eine schreckliche Ahnung überfiel mich, ein Blick auf die beiden Frauen überzeugte mich. Auf einmal schienen sie mir überhaupt nicht mehr Menschlich. Wie hatte ich das nicht sofort bemerken können.

Später wurde mir klar, dass sich schlicht und einfach meine Wahrnehmung verändert hatte. Menschen neigen dazu, Dinge die sie nicht richtig einordnen können, zu erklären oder nicht zu beachten. Zeige ich ihnen nicht mit allen möglichen Mitteln, dass ich ein Vampir bin, halten sie mich trotz meiner bleichen Haut, meinen leuchtend blauen Augen und meiner kalten Finger für einen normalen Menschen. Hat man aber einmal die Erfahrung gemacht, dass es tatsächlich Vampire gibt, achtet man auf solche Detail und erkennt sie auch.

Raphaels schmerzen hatte nachgelassen. Verwundert sah er sich um, dann begriff er. "Was habt ihr mit uns gemacht" wollte er wissen. "Wir haben euch die dunkle Gabe geschenkt" die schwarzhaarige schien die Anführerin oder zumindest die Rednerin zu sein. "Eigentlich wäre es mir verboten, neue Vampire zu schaffen solange ich noch eine ausbilde, aber ich konnte einfach nicht wiederstehen." Während sie sprach war sie auf mich zugekommen und stand jetzt vor mir. Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange. "Ich kann euch leider nicht unterrichten, ob ihr überlebt liegt an euch. Ich kann euch nur einige Tipps mit auf den Weg geben. Vampire schlafen Tagsüber, wichtig ist, dass ihr vor Sonnenaufgang ein sicheres Versteck findet, denn Sonnenlicht zerstört euch. Auch Feuer kann euch zerstören. Ihr braucht Blut um zu überleben, von wem ist egal, aber versucht möglichst keine spuren zu hinterlassen, es reicht, wenn ihr kurz über die Bisswunde leckt um sie verschwinden zu lassen. Ihr gehört zu keinem Clan, also nehmt euch vor anderen Vampiren in acht, für sie seid ihr Freiwild. Macht' s gut, wir sehen uns in ein paar Jahren" Ein Luftzug fuhr durch die Scheune und sie waren verschwunden.

Einen Moment lang standen wir wie angewurzelt da. Das war alles so plötzlich gekommen. Raphael hatte immer wieder versucht Fragen zu stellen, aber sie hatte sie nicht beachtet. Ich warf einen Blick durch das nun offene Scheunentor. Es war tiefste Nacht. Jetzt spürte ich den durst wieder. Ich griff nach dem Wasserbeutel, den wir dabei hatten, nahm einen grossen Schluck, und spuckte es gleich wieder aus. Es schmeckte scheusslich. Raphael hatte mir zugesehen und sagte nun: "So was hatte ich mir schon gedacht, wir werden wahrscheinlich nur noch Blut mögen." Seine Stimme klang traurig. "Dann suchen wir uns ein Opfer, ich sterbe vor Durst" Ich zog mein Hemd und meine Stiefel wieder an und wir zogen los.
 

Doch jetzt standen wir vor dem Problem, woher wir Blut bekommen sollten. Wir konnten ja schlecht den Erstbesten der uns über den Weg lief umbringen. Sollten wir das Blut eines Tieres nehmen, wenn ja, von welchem. Die wenigen Haustiere der Bauern waren kostbar und wir waren nicht zum Jagen ausgerüstet. Abgesehen davon, war die Jagd ein Privileg des Adels, und wir hatten keine Erfahrung darin. Ich beschleunigte meine Schritte, es ging ganz leicht. Ich rannte los und merkte, dass ich unglaublich schnell war. Ich hielt an um nach Raphael zu sehen, er stand neben mir. Ich war noch ganz begeistert von der neuen Fähigkeit, Raphael dagegen grübelte. "Vielleicht schaffen wir es ein Tier zu fangen, wenn wir so schnell sind." Meinte er. Wälder gab es genug, doch so einfach wie ich es mir vorgestellt hatte war es nicht. Aber nach einigen misslungenen Versuchen klappte es, wir hatten einen Hasen gefangen. Der durst war kaum mehr auszuhalten, ich drehte dem armen Vieh den Kopf um und biss ihn in seine Kehle. Erst jetzt merkte ich, dass sich meine Zähne verlängert hatten, was das ganze ziemlich vereinfachte. Das Blut schmeckte um längen besser als das Wasser, aber wirklich schmackhaft war es nicht. Trotzdem löschte es den durst ein wenig und ich musste meine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht gleich alles zu trinken, auch Raphael stand sein Teil zu. Er warf erst einen mitleidigen Blick auf den Hasen, dann trank auch er.
 

Inzwischen hatte es zu dämmern angefangen. Ich war immer durstig, konnte es aber aushalten. Ich erinnerte mich an ihren Rat einen sicheren dunklen Ort aufzusuchen. Aber weder ich noch Raphael wussten etwas. Schlussendlich beschlossen wir in die Scheune zurückzukehren. Schliesslich hatten die beiden Vampire auch dort übernachtet. Aber wie weiter. Dass wir nicht mehr wie zuvor weiterleben konnten war klar. Raphael wollte sich noch von seiner Familie verabschieden, ich dagegen zweifelte, ich wollte nicht dass sie sahen, was für ein Monster ich war. Doch es wurde immer heller, und es war höchst zeit, in unsere Zuflucht zurückzukehren. Ich merkte auch, dass ich langsam Müde wurde.

In der Scheune angekommen, vergruben wir und tief im Stoh und schliefen.

Getrennte Wege

2. Teil: Erste Vampirerfahrungen
 

1. Getrennte Wege
 

Wir wachten auf, als es dunkel wurde. Der Durst war wieder da, und diesmal stärker als am Tag

zuvor. Raphael hatte vor so schnell wie möglich nach Hause zu gehen und seine Familie zu

beruhigen, die sich wegen seiner Abwesenheit bestimmt schon Sorgen machten. Mein Plan sah

anders aus, ich würde nach Hause gehen, das Geld hinlegen und dann verschwinden. Ich konnte

nicht schreiben und wenn hätte es niemand lesen können also musste ihnen das Geld als Abschied

reichen.
 

Wir liefen nach Hause. Immer noch war ich erstaunt wie schnell wir waren. Mein Körper fühlte sich

so leicht und trotzdem kräftig an. Ich genoss die Geschwindigkeit. Die Landschaft flog an uns

vorbei und obwohl es Nacht war, konnte ich alles deutlich erkennen. Trotzdem konnte ich die

Frage, wie es nun weitergehen sollte, nicht verbannen, ich studierte die ganze Zeit daran herum.

Schliesslich hielt ich es nicht mehr aus. "Raphael, wieso willst du eigentlich unbedingt mit deiner

Familie sprechen?" "Ist doch klar, ich kann doch nicht einfach davonlaufen. Sie würden sich

bestimmt sorgen machen, ich möchte nicht später ein schlechtes Gewissen deswegen haben." "Ich

finde es reicht, wenn sie wissen, dass wir noch leben, obwohl, ob wir wirklich noch leben? Sie

werden bestimmt merken, dass du nicht mehr bist, wie früher. Willst du ihnen alles erzählen?" "Ich

weiss nicht, ich möchte sie nicht erschrecken" darauf waren wir wieder still, jeder hing seinen

Gedanken nach.
 

In der Ferne zeichnete sich die Silhouette des Klosters ab, von dort war es nicht mehr weit. Schnell

kamen wir dem Kloster näher. Als wir nur noch 100 Meter entfernt waren verspürten ich wieder

starken Durst. Ich hatte noch nichts getrunken, aber jetzt war er plötzlich stärker geworden. Ich

versuchte herauszufinden woran es lag und da wurde mir klar, dass ich Blut roch. Vor dem Kloster

gab es immer Bettler, Kranke und verwundete, die auf ein Wunder hofften. Ich versuchte nicht

hinzusehen, nicht zu riechen, aber mein Instinkt war stärker.

Ich fand mich wieder, wie ich vor einem armen Verletzten stand. Er trug seinen Arm in einer Binde,

er war notdürftig verbunden. Der verband war voll Blut. "Es ist ein Mensch, ich kann doch keinen

Menschen töten" dachte ich, anderseits war da dieser Geruch von Blut, und er würde eh sterben. Er

sah mich verdattert an, schien nicht zu begreifen was los war. Kein Wunde, ich war auch sehr

schnell vor ihm aufgetaucht. "Bist du ein Engel oder ein Teufel" fragte er. Ich hörte sein pochendes

Herz, sah das Blut auf seinem verband. Ich verlor die Beherrschung. Ich riss ihn hoch "ein Teufel"

flüsterte ich in sein Ohr, dann Biss ich zu, ich hörte noch wie sein Genick knackend brach, dann

war ich im Rausch. Das Blut war herrlich. Es schmeckte viel besser als das des Hasen am Tag

zuvor. Warm schoss es mir entgegen. Der Mann in meinen Armen war längst tot. Ich trank, bis ich

keinen Tropfen mehr heraussaugen konnte. Dann liess ich ab. Ich fühlte mich kräftiger als zuvor,

der Durst war verschwunden und ich war überglücklich.
 

Dann sah ich mich nach Raphael um. Scheinbar hatte auch ihn den Durst übermannt, allerdings

ging er mit seinem Opfer etwas sanfter um als ich. Ich bemerkte, wie mich einige der Leute

ängstlich ansahen. Andere hatten noch nichts bemerkt. Die Aktion war zwar ziemlich auffällig

gewesen, aber auch lautlos. Mein Opfer hatte keinen To von sich gegeben. Langsam kam mir der

Gedanke, noch mehr Blut zu trinken. Wieso auch nicht, die Leute hier hatten eh schon gesehen,

was ich war und etwas Durst hatte ich immer noch. Ich sah mich nach einem geeigneten Opfer um.

Nicht weit entfernt, sass eine alte verwirrte Frau. Sie schaute mich mit ihren blutunterlaufenen

Augen an, ihre Lippen bewegten sich, doch brachte sie kein Wort heraus. Ich näherte mich ihr. Sie

sah mich immer noch verwirrt an als ich mich zu ihr hinabbeugte. Ihre haut war trocken und faltig.

Jetzt hörte ich sie mit heiserer Stimme etwas flüstern, verstand aber nicht, was sie sagte. Raphaels

Vorbild folgend hob ich sie sanft auf und biss zu. Im Gegensatz zum anderen Opfer leistete sie

nicht die geringste Gegenwehr. Sanft glitt sie in den Tod.
 

Als ich ihre Leiche wieder auf den Boden legte, merkte ich, dass Raphael hinter mir stand. Er

packte mich am Arm und zog mich schnell weg. Als wir etwa hundert Meter entfernt waren hielt er

an und sah mich an. Ich konnte sein Gesichtsausdruck nicht deuten aber als er zu sprechen

begann, wurde mir alles klar. "Alex, du hast sie Umgebracht! Wieso?" "Ich hatte Durst, du hast doch

auch Blut getrunken." Meinte ich etwas verwirrt. "Aber du hättest sie nicht töten müssen. Du musst

nicht alles Blut trinken, dann überleben sie" Jetzt war ich doch ziemlich überrascht. Ich war gar

nicht erst auf den Gedanken gekommen. Die beiden Vampirdamen hatten uns auch fast

umgebracht, irgendwie war es für mich logisch gewesen, dass das Opfer starb.

Raphael hatte mich einmal mehr überrascht und es ärgerte mich schon, dass er mir überlegen war.

Wir hatten uns wieder in Bewegung gesetzt. Ich wusste nicht, wie ich ihm antworten sollte und

blieb deshalb still. "Weißt du" begann Raphael nach einer Weile "Ich habe mir überlegt, ob wir nicht

bei unseren Familien bleiben wollen. Wir trinken abwechslungsweise ein wenig von ihnen, ohne

dass jemand zu schaden kommt." Seine Stimme klang hoffnungsvoll. Ich hegte meine Zweifel.

"Sieh es ein, Raphael, selbst wenn sie einverstanden wären, es würde sie trotzdem schwächen, und

das wäre mir nicht recht. Die Arbeit auf dem Feld ist hart, dass können sie sich nicht leisten." Vor

und tauchten die ersten Höfe auf. "Ich liefere jetzt das Geld ab, dann verschwinde ich" sagte ich

entschlossen, nicht zuletzt um auch mich selbst zu Überzeugen. Raphael antwortete nicht.
 

"Kommst du mit?" Fragte ich ihn, auch wenn ich seine Antwort schon im vorhinein befürchtete.

"Nein" flüsterte er nach einer kurzen Pause. Ich verlangsamte meine Schritte und blieb schliesslich

stehen. Wie waren nur noch wenige Meter vom Dorf entfernt. Raphael war ebenfalls stehen

geblieben. Ich sah ihn mir noch mal an. Seine hellbraunen Haare waren zersaust, sein Hemd

schmutzig und zerknittert. Seine braunen Augen schimmerten in der Dunkelheit. Wir sahen uns an.

Ich wusste genau, dass er nicht mitkommen würde, genauso wie er wusste, dass ich nicht bleiben

würde. Wir ersparten uns die Diskussion. "Auf Wiedersehen" sagte ich und ging in Richtung

unseres Hofes davon. "Auf Wiedersehen" hörte ich seine Stimme. Ich drehte mich nicht um, ich

mochte es nicht ertragen. So schnell ich konnte lief ich nach Hause.
 

Schon von weitem sah ich das Licht, dass aus dem Fenster schien. Das warf meine Pläne etwas

durcheinander. Ich hatte vorgehabt, das Geld hinzulegen und dann so schnell und so weit wie

möglich zu verschwinden. Vielleicht hatte ich Angst, dass mein Beschluss ins wanken geraten

könnte. Und jetzt waren sie noch wach. Ob sie auf mich warteten? Ich musste abwarten, bis sie

müde wurden. Ich setzte mich ein einiger Entfernung ins Gras und wartete. Nach einiger Zeit

wurde ich ungeduldig, aber auch neugierig, wer noch auf war. Vorsichtig schlich ich mich ans

Fenster. Es war kein Laut zu hören. Vorsichtig spähte ich hinein.

Auf einem Stuhl sass meine Mutter und schlief. Auf ihrem Schoss lag ein Hemd, dass sie

wahrscheinlich geflickt hatte, jetzt lagen ihre Hände schlaff auf ihren Knien. Das Licht stammte von

einer Kerze, die auf den Tisch stand, sie flackerte ein wenig. Ich zögerte. Würde sie aufwachen,

wenn ich hineinging? Nach längerem abwägen legte ich den Geldbeutel auf den Fenstersims und

ging davon.
 

Erst langsam, dann immer schneller. Ich lief davon, so weit ich konnte. Irgendeinmal kannte ich die

Gegend nicht mehr. Ich verlangsamte meine Schritte. Wohin sollte ich gehen? Ich kannte nichts von

der Welt. Ich hatte erst Geschichten über ferne Länder, Heiden, Reichtum aber auch Krieg gehört.

Doch das half mir auch nicht weiter. Ich wusste nicht, was nun wirklich wahr war und konkrete

Angaben hatte ich sowieso nicht. Schliesslich beschloss ich, erst mal ein sicheres Versteck zu

suchen, und dann weiterzusehen.

Schliesslich fand ich ein abgebranntes Bauernhaus, es war zwar nur noch eine Ruine, aber in der

Küche war ein grosser Kamin und dahinter gab es eine dunkle Nische, die Schutz vor der Sonne

bot. Ich fand sogar noch ein paar alte Kartoffelsäcke, mit denen ich mein Lager etwas polstern

konnte. Dann machte ich mich daran, die Umgebung zu erkunden. Das nächste Dorf war einige

Kilometer entfernt. Dazwischen befand sich ein Buchenwald. Der Pfad der vom Haus auf die

Landstrasse führte, war überwuchert. Scheinbar war schon lange niemand mehr hierher

gekommen. Mir war das nur recht. Ich wusste zwar nicht, was passieren würde, wenn plötzlich

Menschen auftauchen würden, aber die Vorstellung, von ihnen an die Sonne gezerrt zu werden

gefiel mir gar nicht.
 

Ich blieb etwa zwei Wochen dort, aber es war nicht gerade befriedigend. Um nicht zu viel aufsehen

zu erregen jagte ich immer wo anders. Ich lernte schnell wie es am besten ging. Raphaels Methode

war nicht gerade Ideal, schliesslich merkten die Menschen ja, wenn ich ihr Blut trank, und wie

sollte ich sie dazu bringen es zu vergessen? Ich tötete sie, es war die einfachste Möglichkeit. Ich

kam mir vor wie ein wildes Tier: Ich schlief, ich jagte und ich trank Blut, das war meine einzige

Beschäftigung. Schliesslich hielt ich es nicht mehr aus. Ich zog weiter.
 

Ich weiss nicht ob es Zufall war oder eher ein unbewusster Wille, jedenfalls fand ich mich nach

einigen Tagen wieder in der Nähe meines Heimatdorfes. Und wenn ich schon da war, beschloss ich

nach Raphael zu sehen.

Im Haus seiner Familie war er nicht. Ich überlegte wo er sich sonst aufhalten könnte. Ich suchte

alle seine Lieblingsplätze ab, fand ihn aber nicht. War er doch nicht im Dorf geblieben? Oder hatten

sie ihn vertrieben?
 

An so was hatte ich bisher noch gar nicht gedacht. Jedenfalls nicht im Bezug auf ihn. Ich war ja gar

nicht erst geblieben, weil ich Angst davor hatte, vertrieben zu werden. Aber wie sollte ich ihn dann

finden?
 

Etwas verärgert war ich schon, wenn er gegangen war, wieso war er nicht zu mir gekommen. Gut

er wusste nicht, wo ich war, aber er hätte mir hier eine Nachricht hinterlassen können. Es schien,

als hätten sich unsere Wege endgültig getrennt.

Besuch in der Stadt

2. Besuch in der Stadt
 

Da es inzwischen gegen Morgen zuging, machte ich mich auf, einen sicheren Unterschlupf zu finden. Eigentlich kannte ich die Umgebung hier, und ich hätte auch gleich ein paar sichere Orte aufzählen können, aber ich wollte nicht hier bleiben. Diesmal ging ich in die andere Richtung davon.

Nach einiges Kilometern kam ich in ein grösseres Dorf. Eigentlich war es ein Vorort der nächsten Stadt. Das machte sich unter anderem dadurch bemerkbar, dass es nicht nur Bauern, sondern auch den einen oder anderen Handwerker gab. Ich brauchte nicht lange zu suchen um einen Unterschlupf zu finden. Der Keller den ich mir ausgesucht hatte schien wenig benutzt und war dunkel. Erschöpft von der langen Nacht, legte ich mich Schlafen.
 

Ich wachte am nächsten Abend hungrig auf. Draussen angelangt suchte ich nach einem geeigneten Opfer. Die Strasse war Menschenleer. Ich sah mich im schwachen Mondlicht um. Schliesslich blieb mein Blick an der Landstrasse hängen. Wieso suchte ich mir meine Mahlzeit nicht in der Stadt? Dort gab es viele Leute, auch Bettler und Diebe. In der Stadt würde ein toter Bettler auch nicht auffallen, wahrscheinlich währe man sogar froh, dass es einer weniger war. Begeistert von meiner Idee machte ich mich auf den Weg.

Es dauerte nicht lange, bis ich die Stadt vor mir sah. Wie sie hiess wusste ich nicht, und ich könnte heute nicht mehr sagen welche es war. Doch das war auch nicht so wichtig.

Die Tore waren schon geschlossen, doch das stellte für mich kein Problem dar. Nicht nur meine Geschwindigkeit, sondern auch meine Sprungkraft war besser geworden. Mit einem gewaltigen Sprung kam ich etwa in die Mitte, ich bekam einen Absatz zu fassen und kletterte geschickt hoch. Auf den Strohdächern lief ich weiter. Ich durchsuchte die dunklen Gassen. Ich hörte ein leises klopfen. Vom Ende der Gasse kam ein verkrüppelter Bettler. Er stütze sich auf einen krummen Stock, daher das Geräusch. Seine Kleider waren zerlumpt und schmutzig. Ausserdem hätte ihm ein Bad gut getan, ich roch seinen Gestank mehrere Meter weit. Aber er kam mir gerade gelegen.

Mit einem eleganten Sprung landete ich vor ihm. Noch bevor er einen Laut von sich geben konnte hielt ich ihm den Mund zu. Verstört sah er mich an. Ich konnte sein Herzschlag hören. Ich biss zu und gratulierte mir zu meiner guten Idee.

Doch als ich den toten Körper zu Boden gleiten liess hatte ich plötzlich ein ungutes Gefühl. Nervös sah ich mich um, doch ich konnte nichts entdecken. Sowieso, wer sollte mir etwas anhaben können? Ich war ein Vampir, ich war schneller und auch etwas stärker als ein Mensch. Ich warf noch einen letzten Blick auf die Leiche des Bettlers, dann wandte ich mich zum gehen. Ein Luftzug liess mich erneut zögern. Ich wollte mich umdrehen als ich eine kalte Hand an meiner Kehle spürte. Es dauerte einen Moment, bis ich merkte was los war.

Vor mir stand ein Vampir. Sein Gesicht war fast weiss. Seine Augen leuchteten im Mondlicht und seine schneeweissen Zähne blitzten kurz auf. Er hielt mich noch immer an der Kehle fest. Meine Füsse baumelten einige Zentimeter über dem Boden. Ich war ihm hilflos ausgeliefert. Krampfhaft suchte ich nach einer Möglichkeit, meine Situation zu verbessern, doch ich fand keine.

"Was machst zu hier in meiner Stadt" zischte er mich an. Selbst wenn mir eine Antwort eingefallen wäre, wäre ich nicht in der Lage gewesen zu sprechen. Stumm starrte ich ihn an. "Wer hat dir erlaubt hierher zu kommen, zu welchem Clan gehörst du?" Clan? Ich wusste von keinem Clan. "Hast du noch was wichtiges zu sagen?" Fragte er. Ich röchelte, als Vampir ist Atmen zwar nicht notwendig, aber es gibt trotzdem viele die aus Gewohnheit weiterhin Luft in ihren Lungen zirkulieren lassen. Im Glauben, ich wollte etwas sagen liess er mich los. "Sprich!"

"Ich verstehe nicht, was du von mir wissen willst." Stammelte ich und machte einen Schritt zurück. Wütend griff er wieder nach mir, doch diesmal war ich darauf vorbereitet. Ich wich aus. Meine einzige Chance bestand darauf abzuhauen, auch wenn das gegen meinen Stolz verstiess. Doch dieser Vampir war eindeutig in der Lage mich umzubringen, und Überleben war meine erst Priorität. Ich rannte, ich merkte wie er nach mir griff mich aber nicht erwischte. Dann tauchte vor mir plötzlich eine Mauer auf. Ich war überzeugt gewesen die Gasse würde weitergehen. Jedenfalls fehlte mir die Zeit zu zögern. Ich sprang. Doch ich schaffte es nicht, mich an der Mauer festzuhalten, ich griff durch sie hindurch. Dann spürte ich einen heftigen Schmerz in meinem Kopf und stürzte zu Boden. Der Vampir lachte. Er stand mit gespreizten Beinen über mir und sah mit einem spöttischen Blick auf mich herab. Ich versuchte zu verstehen, was passiert war. Die Mauer war nicht mehr da, es musste eine Täuschung gewesen sein. War es sein Werk gewesen?

Als wolle er meinen verdacht bestätigen erschien neben ihm sein perfektes Abbild. Und noch eins. In Sekundenschnelle war ich von einer Gruppe lachender Vampire umgeben. Alle mit kurzem braunen Haar, bleicher Haut und dem gleichen inzwischen höhnischen Lachen.

Ich war ratlos, wusste nicht was ich tun sollte. Schlagartig wurde mir klar, dass ich nicht wusste, welcher der echte war, und somit hatte ich auch keine Ahnung, in welche Richtung ich fliehen sollte. Das Gelächter verstummte. "Also, du kleiner schmutziger Vampirlümmel" hörte ich die vielfache Stimme aus allen Mündern, "du hast noch eine letzte Chance mir zu sagen, was du hier suchst"

"Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte einen weiteren Fluchtversuch zu starten, jedenfalls nicht gerade jetzt. Vielleicht konnte dieser Vampir mir sogar noch einige Tipps geben. Vielleicht war es mir sogar möglich, auch Illusionen zu erzeugen, und er konnte mir verraten, wie man es macht. Ich beschloss ihm die Wahrheit zu sagen: Dass ich von nichts eine Ahnung hatte.

"Er lachte nur mitleidig. Also bist du jung, schwach und Clanlos. Du tust mir leid." Allerdings klang es gar nicht danach, als ob Mitleid überhaupt kennen würde. "War wenigstens dien Erzeuger stark? Ich denke nicht, kein alter Vampir setzt einfach so jemanden wie dich auf die Welt."

Inzwischen hatte ich heraufgefunden, welches der echte war, die anderen handelten mit einer minimen Verzögerung. Allerdings erkannte auch er, dass ich ihn durchschaut hatte, weil ich so dumm war, nur noch den Echten anzusehen. Die Illusionen verschwanden dafür kniete er jetzt auf mir. Mit der einen Hand presste er meine Hände auf den Boden, mit der anderen hielt er meine Kehle fest umschlossen. Ich war noch hilfloser als zuvor.

"Aber wenigstens fliesst Vampirblut in deinen Adern. Macht es mich nicht stärker, schmeckt es mir wenigstens" flüsterte er jetzt, sein Kopf nur wenige Zentimeter non dem meinen entfernt. Sein Griff um meine Kehle lockerte sich ein wenig. Er öffnete seinen Mund und zeigte seine Spitzen Eckzähne. Er nahm seine Hand endgültig weg um zuzubeissen. Das war meine letzte Chance. Mit aller Kraft zog ich meinen Körper zusammen, traf ihn mit dem Ellbogen am Kinn und riss mich los.

Ich rannte, wohin war mir in dem Moment egal. Immerhin hatte ich noch genug verstand um das Städtchen zu verlassen. Es war sein Revier, da konnte ich bestimmt nicht bleiben.

Ich verlangsamte meine Schritte erst, als es zu dämmern begann. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Ich war nicht auf einer Strasse gelaufen und befand mich jetzt am Ufer eines Sees, den ich nicht kannte. Nicht weit weg am Ufer war ein kleines Fischerdorf, doch ich bezweifelte, dass ich dort einen sicheren Unterschlupf finden würde. Doch die Zeit drängte. Kurzentschlossen suchte ich mir eine besonders dunkle Stelle im nahen Wald und grub mich in die Erde ein. Ich war noch nicht ganz fertig, als die Sonne sich über den Horizont hob. Eine süsse Müdigkeit befiel mich und ich schlief ein.
 

Als ich am nächsten Abend erwachte, brauchte ich einen Moment, bis ich begriff wo ich mich befand. Scheinbar hatte die Erde in die ich mich eingegraben hatte genügend vor dem Sonnenlicht geschützt. Allerdings war ich jetzt voller Erde. Ich beschloss ein Bad im See zu nehmen. Ich zog mich aus und sprang ins Wasser. Ich schwamm ein paar Meter, und liess mir die Ereignisse der vorherigen Nacht noch mal durch den Kopf gehen. Wenn ich jetzt noch mal in Ruhe daran dachte, erinnerte ich mich auch an die Warnungen die meine Erzeugerin uns noch mitgegeben hatte.

"Ihr gehört zu keinem Clan, also nehmt euch vor anderen Vampiren in acht, für sie seid ihr Freiwild. Macht' s gut, wir sehen uns in ein paar Jahren"

Ich wusste zwar nicht genau, was sie mit Clan gemeint hatte, aber es schien in der Vampirwelt einigermassen wichtig zu sein. Am logischsten schien mir schlussendlich die Erklärung, dass sich die Clans gegenseitig unterstützten und sich so gegen andere Vampire schützten. Wenn das der Fall war, war es für mich bestimmt günstiger, einem Clan beizutreten.

Aber abgesehen davon, dass ich keine Ahnung hatte, an wen ich mich wenden sollte und ob sie mich überhaupt akzeptieren würden, hatte ich auch keine Lust, mich in so was einzugliedern. Ich hatte mich schon einen Monat herumgeschlagen, ohne zu sterben, und ich hatte nicht vor zu verrecken.

Ausserdem gefiel mir der Gedanke nicht, mich mit so unsympathischen Kreaturen wie der Vampir der letzten Nacht abgeben zu müssen. Ich war kein Einzelgänger, im Gegenteil, ich mag es, wenn Leute um mich herum sind, aber ich mag es auch heute nicht besonders, mich herumkommandieren zu lassen. Ich war mein eigener Herr, und das sollte auch so bleiben.

Ohne es zu merken, war ich bereits in der Mitte des Sees angelangt, sosehr war ich in Gedanken versunken gewesen.

Doch etwas anderes Beschäftigte mich genau so. Wie hatte dieser Vampir die Illusionen erschaffen. Und was noch wichtiger war, konnte ich das auch? So schnell ich konnte schwamm ich ans Ufer zurück. Dort setzte ich mich ins weiche Gras und konzentrierte mich. Für den Anfang versuchte ich etwas einfaches. Ich stellte mit vor, dass da vor mir im Gras ein Stein wäre. Doch so sehr ich mich auch anstrengte, es passierte nichts. Ich versuchte andere Gegenstände aus, ohne Erfolg. Schliesslich gab ich erschöpft und durstig auf.

Ich war enttäuscht und auch wütend, dass es mir nicht gelang, aber ich war einfach zu erschöpft um weiter zu machen.

Ich schleppte mich ins Fischerdörfchen. Es war ruhig. Die Bewohner hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen und schliefen. Etwas unschlüssig ging ich durch die Strasse. Ich wollte unnötige Unruhen vermeiden und ich befürchtete, dass man mich bemerken könnte, wenn ich einfach in ein Haus eindrang. Doch ich war Durstig und mochte mir nicht allzu lange den Kopf zerbrechen. Kurzerhand entschloss ich mich für eine kleine Hütte etwas abseits des Dorfes.

Ich ging um das Haus herum und fand ein Fenster auf der Rückseite. Ich blickte in eine kleine Küche. Da standen ein grob gezimmerter Tisch, zwei Holzstühle und eine grosse Truhe. Über dem offenen Herd hing ein Kessel und an der Wand war eine reihe scharfe Messer, die wahrscheinlich zum ausnehmen der Fische gedacht waren.

Ich kletterte hinein und durchquerte den Raum. Hinter der nächsten Tür lag ein altes Fischerehepaar und schlief. Vorsichtig näherte ich mich ihnen. Mein Mund war trocken und ich biss erst denn Mann. Das Blut war köstlich. Als ich alles getrunken hatte, was mir möglich war wollte ich mich der Frau zuwenden, aber dann zögerte ich. Ich hatte eigentlich keinen Durst mehr.

Erschrocken stellte ich fest, dass ich gerade einer alten Frau das Leben hatte nehmen wollen, ohne dass es einen guten Grund gab. Ich drehte mich um und verlies schnellstmöglich das Haus und lief aus dem Dorf.

Obwohl ich inzwischen schon fast 2 Monate ein Vampir war, gab es immer noch viel das ich nicht wusste. Ich hatte noch viel zu lernen, das war mir in den letzten 2 Nächten klar geworden.

Als es dämmerte grub ich mich wieder in den Boden ein. Das war zwar nicht die angenehmste Art zu schlafen aber sie war wenigstens sicher.
 

Ich weiss nicht genau, wie lange ich umherzog und Erfahrungen sammelte. Ich mied die Städte, weil ich keine Lust auf weitere Zusammenstösse hatte. Mit der Zeit lernte ich, dass ich in der Lage war, meine Opfer am Leben zu lassen, jedenfalls gelang es mir manchmal sie Vergessen zu lassen, was gerade passiert war.

In solchen Momentan musste ich an Raphael denken. Ob er das auch wusste. Wahrscheinlich hatte er es schon nach wenigen Tagen herausgefunden.

Es gab auch Momente, in denen ich erstaunt feststellte, dass ich Fortschritte gemacht hatte. Ich erinnerte mich, an meine ersten Unbeholfenen Versuche, Blut zu trinken und musste innerlich Lächeln.

Ich versuchte es noch einige Male, Illusionen zu erschaffen, ohne Erfolg. Ich fand mich damit ab, dass das nicht zu meinen Fähigkeiten gehörte, auch wenn ich es gerne gekonnt hätte.
 

Mit der Erfahrung, begann ich auch mein Leben als Vampir zu geniessen. Ich fand Freude daran, meine Opfer an der Nase herumzuführen. Ich hatte inzwischen auch genug Erfahrung gesammelt um in meine Fähigkeiten zu vertrauen. Ich ging durch die Strasse wie ein Mensch. Manchmal mischte ich mich auch in die Menge und belustigte mich darüber, dass niemand merkte, dass er gerade an einem Monster vorbei ging.
 

Doch der Gedanke an Raphael liess mich nicht los und schlussendlich beschloss ich ihn zu suchen.

Wiedersehen

Wiedersehen
 

Wenn ich in der letzten Zeit etwas gelernt hatte, dann war es auch, dass ich Dinge konnte, die ich mir nie hätte träumen lassen. Deshalb beschloss ich, mich auf meine Instinkte zu verlassen und Raphael zu suchen.

Also schloss ich die Augen, konzentrierte mich auf Raphael und versuchte herauszufinden in welcher Richtung ich suchen musste. Natürlich gab es keine klare antwort darauf, aber mein Gefühl führte mich Richtung Süden.

Ich hatte nichts zu verlieren und lief los. Ich hielt zwischendurch nur kurz an um mich zu versichern, dass mich mein Gefühl immer noch in die Richtung führte.

Als ich in der dritten Nacht wieder mal anhielt, war es mir, als hätte ich kurz Raphaels Bild gesehen. Etwas verwirrt kontrolierte ich die Richtung . Plötzlich wusste ich genau, wo ich ihn zu suchen hatte.

Ich war zwar erstaunt, aber wie schon gesagt, ich war schon mehrmals über meine Fähigkeiten überrascht gewesen.
 

Eine Stunde später fand ich mich vor einem kleinen Städtchen wieder.

Seit jenem Vorfall hatte ich nie wieder eine Stadt betreten, aber diesmal war ich mir sicher Raphael da vorzufinden. Eine Stadtmauer war nicht vorhanden, also spazierte ich gemütlich hinein.

Es war kurz vor Mittermacht. Die Strassen waren wie leergefegt. Nur aus einer Kneipe schien noch etwas Licht.

Es war still. Vielleicht zu still. Unangenehme Erinnerungen kamen in mir hoch. Da berührte eine Hand meine Schulter. Mein Herz stockte. Mein einziger Gedanke war, bloss kein Vampir. Aber von der Hand ging keinerlei menschliche Wärme aus.

"Alex" riss mich eine vertraute stimme aus meiner Starre. "Was ist los mit dir, sag nicht, du has Angst vor deinem alten Freund" lachte Raphael. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Raphael, natürlich.

Ich schämte mich, ich hatte mir ein Wiedersehen mit ihm anders vorgestellt. Aber ich hatte keine Zeit mich zu ärgern. Raphael war mir um den Hals gefallen. Ich drückte ihn an mich. Ich war froh ihn wieder zu sehen, zu wissen, dass er überlebt hatte.

"Vorhin spürte ich plötzlich, dass sich ein Vampir der Stadt nähert. Du kannst dir vorstellen, wie ich mich gefreut haben, als ich merkte, dass du es bist" redete Raphael drauf los. Ich hatte mich immer noch nicht ganz gefasst. "Was ist los Alex? Du bist so still" wollte er wissen.

"Nichts" ich suchte nach Worten "ich bin nur erstaunt, dich wirklich gefunden zu haben. Weißt du, ich war zwar noch mal in unserem Heimatdorf, aber du warst nicht mehr da. Und du hattest nicht einmal eine Bortschaft hinterlassen, wo ich dich finden könnte. Ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen." Ich versuchte ärgerlich zu klingen, konnte aber meine Erleichterung ihn zu sehen nicht verbergen.

"Hast du mich gesucht, wann warst du im Dorf?" wollte er wissen. "Nicht lange, nachdem wir uns getrennt hatten." Kurze Zeit herrschte Stille.

"Warst du auch im Nachbardorf, bei Amabells Hof?" fragte er. "Nein, wieso sollte ich. Dag nicht, dass du die ganze Zeit dort herumgelungert bist, um zwischendurch einen Blick auf sie werfen zu können" Auf diese Idee war ich wirklich nicht gekommen. Raphael hatte sich als Mensch kaum in ihre Nähe gewagt, wieso sollte er sich als Vampir sagen.

"Nein das hab ich nicht" riss er mich aus meinen Gedanken. "Ich hab mit ihr gesprochen, ihr das Haarband gegeben, und wollte mich von ihr verabschieden. Aber weißt du was, es ist ihr total egal, was ich bin. Sie erwidert meine Gefühle. Nach einigen Wochen haben wir geheiratet und sind hierher gezogen. Wir haben eine kleine Weberei eröffnet und können ganz gut davon leben." Ich war sprachlos. So was hätte ich mir träumen lassen. Das konnte nicht sein.

Vor einer Tür hielt Raphael an. Er klopfte kurz an und warf dann einen Blick auf mich. Ich weiss nicht wie blöd ich geguckt hatte, aber es muss komisch ausgesehen haben. Raphael lachte laut auf. Er klopfte mit auf sie Schulter "du kannst es ruhig glauben"

Die Tür öffnete sich. Im Türrahmen stand eine wunderschöne junge Frau. Ihr blondes Haar viel offen über ihre Schultern und ihre Blauen Augen blitzten noch so frech wie vor ein paar Jahren. Und das Muttermal unter ihrem linken Auge, dass war zweifellos Amabel.

"Alex?!" sagte sie erstaunt. "Dann wandte sie sich an Raphael: "Du hattest recht, er ist wirklich, kommt rein"

Ich atmete tief durch, das musste ich erst mal verarbeiten, dann trat ich ein. Ich fand mich in einem engen Wohnraum wieder.

Ein kleiner Tisch stand in der Ecke der Rest des Raumes nahmen zwei Webstühle ein. Am anderen Ende des Raumes befand sich eine weitere Tür. Amabel führte und dorthin und liess uns in den Wohnraum eintreten. Am Boden befanden sich zwei einfach Betten, in einer Truhe bewahrten sie anscheinend ihre Kleider und anderen Besitztümer auf. Der Raum schien aber gleichzeitig auch als Küche zu dienen. In einer Ecke stand ein kleiner Herd. Der Gedanke, dass Amabel nur für sich kochen musste erinnerte mich daran, wie ungewöhnlich ihre Beziehung war.

"Ich würde dir ja gern was zu trinken anbieten" riss mich Amabels Stimme aus meinen Gedanken, "aber trinken kannst du ja nicht"

Wir setzten uns. Ich wurde aufgefordert zu erzählen, was ich erlebt hatte. Obwohl ich neugierig war, wie Raphael sich durchgeschlagen hatte, erzählte ich. Die Zeit verging wie im Flug. Als ich bei einer Begegnung mit dem Vampir anlangte, merkte ich, dass ein wissendes Lächeln Raphaels Lippen. Ich wollte ihn fragen, ob er mehr wusste, aber er winkte ab, später.

Der Morgen dämmerte viel zu früh. Amabel war Zeitweise eingeschlafen und beschämt wieder aufgewacht. Doch konnte ich es ihr nicht übel nehmen, sie hatte bestimmt den Tag durch hart gearbeitet und war erschöpft, auch wenn sie das nur ungern zugab.

Raphael führte mich in den Keller. In der Ecke war ein einfaches Lager, aber es war Sicher vor der Sonne. Ich merkte, dass ich etwas neidisch war. Es hatte nur einige wenige Male gegeben, dass ich mit einem Gefühl von Sicherheit schlafen konnte.

Raphael überlies mir das Lager und war nicht dazu zu bewegen, sich neben mir darauf niederzulegen. Ich war zu müde, um noch lange mit ihm darüber zu diskutieren. Ich schlief zufrieden ein.
 

Ich wachte am nächsten Abend auf. Raphael lag neben mir auf dem Boden und schlief noch. Er sah so friedlich aus, dass ich mich nicht wagte ihn zu wecken. Ich blieb liegen und liess meine Gedanken schweifen. Eigentlich hatte ich nur wenige male im selben Raum wie Raphael geschlafen. Das letzte Mal war ziemlich verhängnisvoll gewesen.

Vor mir tauchte das Bild dieser wunderschönen Vampirin auf. Die langen schwarzen Locken, die weisse makellose Haut, ihre vollen Lippen und nicht zuletzt ihre geheimnisvollen goldenen Augen. Würde ich sie jemals wieder sehn? Als sie sich verabschiedete, sagte sie was davon.

Dann bemerkte ich eine Bewegung neben mir. Raphael war aufgewacht. Ich merkte, wie er vorsichtig aufstand, als wolle er mich nicht wecken. Ich erhob mich auch. "Schon wach?" fragte er. "Die Sonne ist untergegangen, wieso nicht" rechtfertigte ich mich, obwohl er es freundlich gemeint hatte. Ich hasste mich dafür, dass ich immer wieder das Gefühl hatte, Raphael überlegen sein zu müssen.

Wir begaben uns wieder ins Wohnzimmer wo Amabel uns schon erwartete. Jetzt war ich neugierig darauf zu erfahren, wie es Raphael ergangen war.

Raphaels Geschichte

Raphaels Geschichte
 

Wir machten es uns bequem. Amabel hatte eine Näharbeit hervorgenommen. Sie sah müde aus, doch hatte sie nicht vor schlafen zu gehen.

Dann begann Raphael zu erzählen:

"Als wir uns getrennt hatten, ging ich wirklich zu meiner Familie. Ich fand meine Eltern noch wach in der Küche. Sie hatten sich riesen Sorgen gemacht, als wir nicht mehr zurückkamen. Ehe ich richtig eingetreten war, hatten sie schon den Rest der Familie geweckt und nun wollten sie wissen, wieso ich nicht früher nach Hause gekommen war. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und erzählte, was passiert war.

Erst in dem Moment wurde mir voll und ganz klar, welche Auswirkungen dieses Ereignis hatte. Ich hatte mühe, meine Tränen zurückzuhalten, aber ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Meine Mutter merkte aber, was los war und tröstete mich. Es sei ihr egal, was für ein Wesen ich jetzt sei, für sie sei ich auch weiterhin ihr Sohn.

Auch der Rest der Familie akzeptierte mich vorbehaltlos. Sie liessen mich von ihrem Blut trinken, ich arbeitete dafür die Nacht durch um sie dafür zu entschädigen.

Obwohl sie nichts sagten, merkte ich doch, dass ich ihnen unheimlich war. Ich begann zu zweifeln, ob meine Entscheidung richtig gewesen war. Auf der anderen Seite bekam ich auch mit, wie deine Eltern, Alex, darunter litten, dass sie nicht wussten wo du warst.

Aber ich hielt es nicht mehr aus. Ich ertrug ihre ängstlichen Blicke nicht mehr länger und beschloss zu gehen.

Ich war öfters vor Amabels Hof gewesen, hatte mich aber nicht getraut, mich zu zeigen. Doch jetzt wo ich endgültig gehen wollte, wollte ich sie noch einletztes mal sehen. Und zwar nicht nur einen Blick auf sie erhaschen, sondern mit ihr sprechen. Ich nahm allen Mut zusammen und klopfte leicht gegen den Fensterladen, nachdem ich sichergegangen war, dass sie allein im Raum war. Erst reagierte sie nicht, dann, als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, öffnete sie den Laden.

Da fiel mir ein, dass ich keine Ahnung hatte, was ich ihr sagen wollte. Doch ich hatte keine Zeit mehr zu überlegen."

Jetzt ergriff Amabel das Wort. "Das Raphael vor meinem Fenster sass, hatte ich am allerwenigsten erwartet. Einen Moment lang war ich sprachlos. Dann bat Raphael mich, doch schnell herauszukommen.

Mit klopfendem Herzen ging ich nach draussen. Natürlich hatte ich gehört, dass Raphael und du verschwunden waren. Ich hatte öfters darüber nachgedacht, wo ihr wohl wart und wieso ihr uns verlassen hattet. Ich eilte nach draussen, in der Hoffnung mehr darüber zu erfahren.

Raphael erwartete mich bereits. Wir setzten und auf die kleine Bank in unserem Garten. Dann nahm Raphael eine blaue Schleife hervor und reichte sie mir: "Die ist für dich, ein kleines Abschiedsgeschenk, denn ich habe beschlossen endgültig von hier wegzugehen."

"Wieso kannst du nicht hier bleiben?" wollte ich wissen. "Das ist eine lange Geschichte, aber ich bin nur eine Gefahr wenn ich hier bleibe, ich halte die ängstlichen Blicke meiner Familie nicht mehr aus und noch mehr Angst habe ich, dass ich dir einmal was zu Leide tun könnte." "Aber was könntest du denn schon tun, die hast bisher noch nie einen Menschen verletzt" Ich verstand ihn nicht und ich wollte nicht, dass er wegging.

"Ich bin kein Mensch mehr, ich bin ein Monster" sagte er mit trauriger Stimme. "Noch habe ich mich unter Kontrolle, aber ich weiss nicht, wie lange ich das noch durchhalte." "Es ist mir egal, ob du ein Monster bist, für mich bist noch immer derselbe. Na ja, vielleicht ein bisschen mutiger als sonst" ich hielt die Schleife hoch, "danke".

Raphael lächelte, als sie das erzählte. "Ich war total überfordert, ich wollte ihr sagen dass ich sie liebe, aber mir fehlte der Mut. Ich hatte Angst vor ihrer Antwort. Ich schmiedete Pläne wie ich es ihr sagen und dann verschwinden konnte, um ihre Reaktion nicht sehen zu müssen. Oder sollte ich es ihr gar nicht sagen. Und während mir diese wirren Gedanken durch den Kopf gingen, sass ich neben ihr, und sollte mir ihr sprechen. Ich wünschte mir, so zu sein wie du, du hättest das elegant gemeistert, aber das war nicht der Fall. Und dann auch noch diese Situation. "Bitte, gern geschehen" sagte ich, und war froh, dass es dunkel war, und sie nicht sah, dass ich rot geworden war.

Dann schwiegen wir. Ich hing meinen Gedanken nach und ich nehme an, sie tat es auch. Schliesslich stand Amabel auf, sagte etwas, von sie müsse morgen früh auf drückte mir einen Kuss auf die Wange und ging zur Haustür. Dank meinen empfindlichen Augen sah ich, wie sie sie langsam öffnete und dabei in der Dunkelheit zu mir hinüber sah. "Bis morgen" hörte ich sie noch sagen, dann schloss sie die Tür.

Wir trafen uns Nacht für Nacht, ich hatte zwar im Sinn gehabt, von zuhause auszuziehen, aber wegen Amabel blieb ich. Aber es konnte so nicht bleiben, die Situation war zu ungünstig und wir beschlossen wegzuziehen. Wir wollten zu zweit ein neues Leben beginnen.

Ich bestach den Priester des Klosters damit er und traute. Als offizielles Ehepaar hatten wir dann auch den Mut, unseren Eltern unsere Entscheidung mitzuteilen.

Du kannst dir Vorstellen, dass Amabels Eltern nicht gerade begeistert waren. Ich weiss nicht, was sie schlussendlich veranlasste, einzustimmen. Vielleicht hatten sie Angst vor mir. Meine Eltern waren jedenfalls nicht traurig, auch wenn sie es sich nicht anmerken liessen." Raphael machte eine Pause und sah zu Amabel hinüber, die inzwischen eingeschlafen war. Raphael legte zärtlich eine Decke über sie und deutete auf die Tür.
 

Wir spazierten durch die dunklen Gassen. Die Stille wurde nur durch unsere Schritte durchbrochen.

"Und was hast du dann gemacht?" Wollte ich wissen.

"Wir beschossen fortzuziehen, an einen Ort, wo uns niemand kannte. Ich suchte nach einem geeigneten Haus. Dabei stiess ich auf einen anderen Vampir. Kaum hatte ich die Stadt betreten, stand er vor mir. Ich erkannte erst nicht, was er war und war ziemlich überrascht als er mir eröffnete, dies sei sein Gebiet, ich solle mir ein anderes suchen.

Etwas stimmte nicht, das war mir jetzt klar. Weil ich nicht antwortete kam er näher und fragte ob ich ihn nicht verstanden hätte.

Blitzartig wurde mir bewusst, dass er zur selben Art gehörte wie ich. "Entschuldigung" sagte ich, "Ich bin noch unerfahren und kenne eure Gesetze nicht."

"Das sehe ich. Hat dich dein Erzeuger nicht aufgeklärt? Zu welchem Clan gehörst du?"

Ich sagte ihm, dass ich nichts wusste und er meinte, ich solle mitkommen. Er rannte quer durch die Stadt, ich hatte richtig Mühe ihm zu folgen. Wir gelangten zu einem grossen Haus und er wies mich an, einzutreten.

"Du hast Glück, dass ich heute einen guten Tag habe. Ich werde dich den anderen vorstellen. Machst du einen guten Eindruck, nehmen wir ich auf." Ich nickte und folgte ihm.

Wir kamen in einen grossen Raum, überall standen Kerzen. Auf reich verzierten Sesseln sassen zwei weitere Vampire und schauten neugierig zu mir hinüber.

Ich kann dir nicht mehr genau sagen, was ich in dieser Nacht alles durchmachte, das meiste bekam ich vor lauter Nervosität gar nicht it. Unter anderem wollten sie wissen, welche Fähigkeiten ich hätte. Im Dunklen sehen, meine Geschwindigkeit und Kraft liessen sie nicht gelten, dass könnten alle Vampire. Da ich nichts weiteres wusste, lachten sie mich aus und liessen mich einige Sachen testen.

Sie kamen zum Schluss, dass ich Gedanken lesen könne, allerdings noch keine Übung darin hätte. Sie schlossen daraus, dass meine Erzeugerin eine Johanni gewesen sei und dass ich mich an diesen Oberhaupt wenden solle.

Sie liessen mich schwören, niemandem von meiner Existenz zu erzählen und keine Spuren zu hinterlassen. Mir kam das nur natürlich vor also legte ich den Schwur ab.

Sie gaben mir einen Brief und die Erklärung, wo ich das Johannioberhaupt finden würde und schickten mich fort."
 

Bisher hatte ich zugehört, aber jetzt hielt ich es nicht mehr aus. "Was hat es mit diesen Clans auf sich?" Wollte ich wissen.

"Das wusste ich nach jener Nacht auch noch nicht so recht. Ich zog also in der nächsten Nacht los, das Johannioberhaupt zu suchen. Er lebte in einer grossen Stadt, sein Haus war leicht zu finden. Ich übergab dem Türwachen den Brief und er liess mich ein. Die Einrichtung war prächtig, sie konnte locker mit der eines Königs mithalten. Erst als mich ein Diener anstiess, merkte ich, dass ich staunend stehen geblieben war. Er führte mich die Treppe hoch und öffnete die Tür zu einem grossen Speiseraum. Der Diener war durch den Raum geeilt und hatte dem Vampir am hinteren Ende des Tisches den Brief übergeben.

Jetzt sah er zu mir hinüber, er hatte kurze braune Haare und seine Haut war schneeweiss. Ich hatte bisher noch keinen so alten Vampir angetroffen. Obwohl er das äussere eines vierzig jährigen hatte, musste er über hundert Jahre alt sein. Er hatte den Brief geöffnet, warf einen Blick drauf und sah dann mich an.

Ich kann dir nicht richtig beschreiben wie es war, jedenfalls zum fürchten. Ich bekam weiche Knie und wünschte, ich wäre nie hergekommen. "Weißt du, was in dem Brief steht?" Fragte er mich. Ich musste zugeben, dass ich keine Ahnung hatte, ich konnte nicht lesen und ich hatte sie nicht gefragt, was sie geschrieben hatten.

Und da war wieder dieser Blick. Glaubte er, ich hätte ihn angelogen? Er lachte.

Erstaunt sah ich zu ihm hinüber. "Junge, du bist wirklich noch unerfahren." Beschämt schaute ich zu Boden, auch die anderen lachten..

Doch dann erklärte er mir, dass er eben meine Gedanken gelesen hätte, jetzt war es mir noch peinlicher, sie hatte mir ja gesagt, dass das die spezielle Fähigkeit dieses Clans sein. Doch sei schienen es mir nicht übel zu nehmen. Sie wollten nur alles über meine Erzeugerin wissen, ich könne nichts dafür, dass sie sich nicht an die Gesetze gehalten habe. Als ich ihnen Beschrieb wie sie ausgesehen hatte tauschten sie wissende Blicke, sagten aber nichts.
 

Nachdem wir über einige belanglose Dinge geplaudert hatten, nahm ich meinen Mut zusammen und fragte sie, was es mit dem Clan genau auf sich habe.
 

Die Legende geht ungefähr so. Vor vielen Jahren kam der Teufel aus der Hölle und machte einen Menschen zu seinem Untertanen. Er schenkte ihm ein ewiges Leben und Macht, dafür war er verdammt, Menschen zu töten.

Doch der Mann war noch nicht zufrieden, also gab ihm der Teufel Reichtum.

Doch der Mann war immer noch nicht glücklich, er fühlte sich Einsam, also gab ihm der Teufel eine Frau, die ihm Gesellschaft leisten sollte. So lebte er einige Jahre aber der Mann wurde wieder unglücklich, weil er keine Kinder zeugen konnte.

Also schenkte der Teufel dem paar die Fruchtbarkeit und die Frau gebar ihm 13 Söhne. Jeder der Söhne erbte eine der Fähigkeiten. Der Mann hatte aber Angst, dass der Teufel auch seine Kinder beherrschen wollte und stellte sie unter Gottes Schutz, indem er sie nach den 12 Aposteln benannte. Als der 13 Sohn zur Welt kam, nannte er ihn Christus, doch da platzte dem Teufel endgültig der Kragen und er verbannte ihn in die Hölle. Zurück blieb seine Frau, die vor Kummer starb und seine Söhne.
 

Doch die verschiedenen Brüder waren sich uneins und jeder hatte eine Eigene Philosophie über ihre Aufgabe. Nur in einem waren sie sich einig, niemand durfte spuren ihrer Existenz finden. Sie trennten sich, aber alle legten den schwur ab, nur heimlich zu Agieren und niemandem davon zu erzählen.

Jeder dieser Söhne gründete einen Clan und wir sind die Erben von Johannes.
 

Die Vampire die mich hingeschickt hatten waren von einem anderen Clan, sie hatten die Gelegenheit genutzt, sich anhand meiner Unwissenheit über die Johanni lustig zu machen.

Deshalb war der Prinz, so nennen sie das Oberhaupt, auch so verärgert gewesen.

Dennoch liessen sie Gnade walten. Sie teilten mir ihre kleinste Stadt zu, in der ich leben sollte.

Ich sah mich also hier um, kaufte mir die Weberei und zog mit Amabel hierher."
 

Inzwischen waren wir schon zweimal um die Stadt herumgegangen.

"Du solltest dich übrigens auch mal bei ihnen melden, wenn du dem Clan sozusagen beitrittst, wird die auch kein anderer Vampir etwas anhaben, es sei denn, du verstösst gegen die Gebote, dann bist du Freiwild."

Ich war damit gerade etwas überfordert, ohne zu wissen, was es mit den Clans genau auf sich hatte, hatte ich beschlossen, nicht beizutreten. Jetzt wo Raphael mir davon erzählt hatte schien es mir nur logisch, dass ich beitreten sollte. Aber irgendwas in mir stäubte sich dagegen. Ich antwortete nicht.

Raphael sah mich fragend an. "Dazu gehört natürlich auch, dass du dem Oberhaupt und dem Rat gehorchst, und wen du einen Vampir erschaffen willst, musst du sie erst um Erlaubnis bitten. Das war auch der Fehler, den unsere Erzeugerin gemacht hat, deshalb hat sie und einfach verlassen.

Könnte es sein, dass du ein Problem hast, dich einzuordnen?"

Raphael hatte meinen wunden Punkt getroffen. "Du hast recht, ich mag mich nicht irgendwelchen Regeln oder Vampiren unterordnen, lieber habe ich meine Freiheit, auch wenn sie unsicher ist."

"Das hatte ich schon befürchtet, aber ich kann dich ja auch nicht zwingen."

Wir waren wieder vor der Haustür angelangt. Liese stiess Raphael die Tür auf und wir gingen in die Stube. Amabel schlief noch immer. Raphael löschte die Kerze aus und deutete in Richtung Keller. Leise gingen wir nach unten.

Problematische Beziehung

Problematische Beziehung
 

Auch dieses mal bestand Raphael darauf, dass ich auf dem Strohsack schlief. Wir legten uns hin. Doch eins liess mir keine Ruhe.

"Raphael?" fragte ich leise. Er drehte sich zu mir um.

"Wie stellst du dir euer zusammenleben eigentlich vor? Momentan scheint es ja gut zu laufen, aber hast du schon mal daran gedacht, dass du unsterblich bist? Ich meine, während sie alter wird, bleibst du ewig jung."

Raphael seufzte: "Ich weiss, ich habe mir schon oft den Kopf darüber zerbrochen. Aber die Zeit, di ich mit ihr glücklich sein kann, ist es mir Wert, einen Verlust hinzunehmen." Nach einer kurzen pause fügte er hinzu: "Und vielleicht finde ich ja eine Lösung."

"Es gibt eine einfache Lösung, das weist du" sagte ich, aber ich zweifelte dass er es auch so sah. Weil er nicht antwortete fuhr ich fort: " Du kannst sie einfach zum Vampir machen, dann könnt ihr für ewig zusammenbleiben."

"Diese Lösung habe ich auch schon in Erwägung gezogen, aber weder Amabel noch ich wollen das. Es ist schon genug schwer für mich, diese Last zu tragen, ihr will ich das auf keinen Fall antun."

"Vampirsein ist doch gar nicht so schlimm, mache Fähigkeiten machen doch auch Spass." Auch wenn ich wusste, dass Raphael nicht so dachte, ich verstand ihn nicht ganz und konnte es nicht lassen, ihn ein wenig zu provozieren.

"Entschuldigung wenn ich das nicht so sehe, ich glaube, du läufst einfach vor deiner Schuld davon. Du benutzt deinen Spass an deinen Fähigkeiten um nicht daran denken zu müssen, das deinetwegen Menschen sterben."

Jetzt war es an mir, gereizt zu sein. " Raphael, sag so was nicht, es ist mir durchaus klar, dass ich Menschen umbringe, aber irgendwie muss ich ja leben."

Er schwieg. Lange Zeit schwiegen wir. Wir dachten beide nach. Inzwischen ist mir klar, dass ich wütend war, weil Raphael eigentlich Recht hatte. Ihm ging es wohl genau so, aber ich war zu stur, um es zuzugeben.

Irgendwann ging die Sonne auf, ich wurde müde und schlief ein.
 

Als wir am nächsten Abend in die Stube gingen, erwartete uns Amabel schon.

"Was ist los?" Wollte sie wissen. Mir war gar nicht aufgefallen, dass wir beide schwiegen und vermieden uns anzusehen.

"Nichts" antworteten wir gleichzeitig. Amabel zuckte mit den Schultern, ging zum Feuer und stocherte etwas in der Glut. Ich wollte sie gerade fragen, ob sie nicht auch ein Vampir werden wolle, als ich Raphaels Blick bemerkte. Ich schloss den Mund wieder.

Die Situation war mir äusserst unangenehm. Ich brauchte nicht lange, um mich zu entscheiden.

"Ich ziehe weiter" sagte ich "danke für eure Gastfreundschaft" Ich drehte mich zur Tür:

"Wieso schon jetzt?" Hörte ich Amabel fragen. Ich zögerte einen Moment, aber ich konnte es ihr nicht erklären. Raphael hatte nichts unternommen, um mich zurückzuhalten. Er würde sich schon etwas einfallen lassen. Ich drehte mich noch mal um, nickte ihnen zu. "Auf Wiedersehen."
 

Ich fand mich auf der Landstrasse wieder. Wieso musste das passieren.

Seit unserem Wandel verstanden wir uns nicht mehr so gut. Die kleinen Unterschiede zwischen uns schienen sich verzehnfacht zu haben. Einerseits schämte ich mich, davongelaufen zu sein, anderseits sah ich keine bessere Alternative.

Ich hatte keine Lust, mich in die Beziehung zwischen Amabel und ihm zu mischen. Es war nicht mein Problem, wenn sie alt würde und auch nicht wenn er allein zurückblieb. Er kannte den einzigen Ausweg, und den wollte er nicht. Nein, es war wirklich nicht mein Problem.
 

Aber da war auch noch etwas anderes, das mich in die Flucht getrieben hatte. Raphael war stärker als ich. Ich hatte es gleich bemerkt. Nicht nur, dass er seine Kräfte eher bemerkt hatte und auch damit umgehen konnte. Wie hatte er es geschafft, sich unbemerkt an mich heranzuschleichen.

Mir fiel auf, dass ich nie auf die Idee gekommen wäre ihn anzugreifen. Natürlich, es gab keinen Grund dazu, er war mein Freund, aber hätte ich ihn nicht gekannt, ich hätte ihn nicht angegriffen. Ich hatte instinktiv gemerkt, dass er stärker war.

Und genau dieses Wissen ärgerte mich. Ich war es gewohnt, der Stärkere zu sein. Sicher, Raphael hatte mich schon einige male übertrumpft, doch so Stark wie dieses mal, war es noch nie gewesen.
 

Der Wunsch stärker zu werden trieb mich die folgenden Jahre an. Ich zog durchs Land, trainierte meine Fähigkeiten und forderte jeden Vampir der nicht gerade zu stark war heraus.

Wenn ich zurückdenke muss ich zugeben, dass ich ziemlich leichtsinnig war. Mit mehr Glück als Verstand überlebte ich gefährlichste Situationen. Schnell erkannte ich, dass das Blut anderer Vampire nahrhafter war, und dass ich dadurch auch etwas stärker wurde.

Doch meine Taten blieben nicht lange unbemerkt. Die Clans begannen mich zu suchen, zu jagen. Glücklicherweise erkannte ich die Gefahr früh genug und verliess Frankreich. Unbemerkt segelte ich im Frachtraum eines Handelsschiffes nach England.

Ich nahm mir vor, unauffälliger zu sein, keine Vampire herauszufordern, wenigstens nicht sofort. Ich liess mich in einer kleinen Stadt auf dem Friedhof nieder.

Ich hielt mich an meine Vorsätze, trainierte weiter meine Fähigkeiten und dachte viel nach.

Oft dachte ich an Raphael. Ob er mitbekommen hatte, dass ich gejagt wurde. Wusste er, dass ich noch lebte oder glaubte er mich tot. Und hatte er eine Lösung für sich und Amabel gefunden?

Und wie stark war er jetzt. War ich inzwischen stärker? Wahrscheinlich war das der Fall, ich war wirklich stärker geworden.

Aber jetzt konnte ich nicht zurückkehren. Frankreich war zu gefährlich geworden. Ich musste erst mal abwarten, bis sich die Geschichte verjährt hatte.
 

Ich zog umher, in den Norden hinauf und wieder in den Süden. Ich lernte meine Fähigkeiten des Gedankenlesens zu schätzten, denn sie ermöglichte es mir, andere Vampire zu entdecken, bevor sie mich fanden. Ich ging ihnen aus dem Weg.
 

Nach acht Jahren beschloss ich zurückzukehren. Der Gedanke an Raphael war ich nicht losgeworden, und schon gar nicht, was mit Amabel geschehen würde, sie musste inzwischen dreissig sein.

Ich ertappte mich öfters beim Gedanken, Raphael die Arbeit abzunehmen, und sie selbst zum Vampir zu machen. Und bei jedem mal gefiel mir die Idee besser.

Die beiden könnten für immer zusammensein, und falls Amabel Probleme mit ihrem Vampirdasein hatte, wäre nicht Raphael der Schuldige, sondern ich. Ausserdem hatte ich viel gelernt, ich war überzeugt, Raphael ebenbürtig zu sein, wenn nicht sogar stärker. Er würde mir also nichts anhaben können.
 

Begeistert von meinem Plan machte ich mich auf den Weg zurück.

Gescheiterte Pläne

Gescheiterte Pläne:
 

Wenn ich etwas gelernt hatte, war das in erster Linie nicht entdeckt zu werden. Ich wusste inzwischen,

wie ich meine Aura verbergen konnte, Raphael würde also nicht merken, dass in seiner Stadt war.

Seit meinem letzten Besuch hatte sich nicht viel verändert. Ich nahm den Weg über die Dächer und fand

schnell Amabels und Raphaels Haus.

Ich versteckte mich auf dem Dach gegenüber und richtete alle meine Sinne auf ihr Haus. Ich hörte sie

leise sprechen, worüber weiss ich nicht mehr, jedenfalls war es nichts wichtiges. Dann nach einiger Zeit

begab sich Amabel ins Bett und Raphael verliess das Haus. Ich duckte mich noch tiefer, wagte mich

nicht zu rühren. Raphael ging vorbei ohne mich zu bemerken.

Ich wartete noch einige Minuten, dann sprang ich vom Dach herunter und ging zur Tür. Sie war

unverschlossen, und ich trat ein. Geräuschlos durchquerte ich den Laden und fand Amabel schlafend

auf ihrem Bett. Einige Minuten verstrichen, ich liess mir meine Pläne noch mal durch den Kopf gehen.

Dann ging ich zu ihr hinüber, beugte mich über sie und wollte gerade zubeissen als sie die Augen

aufschlug.

Den Schlag den sie mir versetzte werde ich nie vergessen. So kräftig konnte kein Mensch sein und

schon gar nicht eine zierliche Frau wie Amabel. Erschrocken taumelte ich rückwärts. Was war

geschehen, war sie Ein Vampir, hatte Raphael sich doch dafür entschieden?

Nein, definitiv nicht, sie war unverändert bis auf die Tatsache, dass sie etwas älter geworden war und

diesem Schlag, den sie mir versetzt hatte. Ich hatte keine Zeit darüber nachzusinnen. Sie hatte mich

erkannt.

"Alexandre?, Du bist hier?" fragte sie erstaunt. "Raphael hat gemerkt, dass du kommst, er ist gerade

nicht da"

Während sie sprach war sie zum Herd hinüber gegangen und entzündete eine Talgkerze.

"Aber sag mal, was hattest du eben vor, als du dich über mich gebeugt hattest?"

"Ich wollte bloss wissen, ob du schläfst" versuchte ich mich herauszureden. Sie wusste dass ich log, ich

merkte es an ihrem Blick, doch blieb mir die Erklärung erspart, Raphael trat ein.

"Also doch, ich hatte schon das Gefühl, du seist in der Stadt" begrüsste er mich. Er musste die Situation

durchschaut haben, denn er machte keine Anstalten mich zu begrüssen.

Auch ich machte keine Anstalten ihn zu begrüssen. Ich stand nur da und starrte ihn an. Jetzt wo er vor

mir stand merkte ich deutlich, dass er sich verändert hatte. Doch was war anders? Es fiel mir schwer es

zu sagen. Einerseits wirkte er stärker als zuvor, anderseits war er irgendwie menschlicher. Seine Haut

war nicht mehr so Leichenblass, sie hatte Farbe bekommen. Aber nicht die rosaröte, die nach einem

reichlichen mal erscheint, es wirkte viel natürlicher. Ausserdem merkte ich, das er Atmete, ich hatte

damit schon lange aufgehört als ich merkte, dass ich es nicht nötig hatte. Und sein Herz, es schlug,

nicht wie bei Vampiren langsam und kalt, sonder warm, wie bei einem Menschen. Verblüfft fragte ich

mich, wie ich auf diese Schlussfolgerungen kam.

Als ich aufsah merkte ich, wie Raphaels Blick auf mir ruhte. Augenblicklich wurde mir klar, dass er alles

wusste. Ich war so erstaunt gewesen, dass ich meine Gedanken nicht unter Kontrolle hatte. Raphael

hatte alles gesehen, er wusste wieso ich hergekommen war, und was geschehen war.

Es war auch nicht schwer herauszufinden, dass er nicht erfreut war. Eigentlich hatte ich Raphael noch

nie wütend erlebt, bisher kannte ich nur den beherrschten, sensiblen Raphael, der Probleme

diplomatisch löste. Doch jetzt war er wütend. Er war furchteinflössend. Ja, ich fürchtete mich

tatsächlich. Normalerweise überspielte ich so was. Ich kämpfte und besiegte dadurch meine Angst, aber

das war eine andrer Situation. Ich wollte nicht mit Raphael kämpfen. Ausserdem wusste ich instinktiv,

dass er mir überlegen war.
 

Ich fand mich auf der Strasse wieder, ich lief, so schnell ich konnte. Erst als es zu dämmern begann,

wurde ich langsamer, begann wieder vernünftig zu denken.

Ich hatte eine Niederlage erlitten, ich war davongelaufen. Und das vor Raphael. Und sofort kamen die

alten Selbstzweifel wieder, nur waren sie stärker den je. Raphael war in einer Weise immer ein Massstab

gewesen, ich war stärker, schneller, besser als er. Die letzten Jahre hatten eigentlich nur darin

bestanden, Raphael ebenwürdig zu werden, ihn zu überholen.

Hatte ich mich einfach überschätzt? Hatte ich zu viel erwartet? Ich war davon ausgegangen, dass ich die

Differenz ausgemerzt hatte. Eigentlich hatte ich in meiner Selbstzufriedenheit gar nicht daran gedacht,

dass auch er etwas dazugelernt hatte.

Natürlich betrachtete ich das Ganze in dem Moment nicht so objektiv. Im Gegenteil, ich war

niedergeschlagen und wütend. Es war ein Glück, dass es dämmerte und mein Instinkt zum Schlafen

aufrief. So litten unter meiner Wut bloss zwei Bauern, die gerade auf dem Weg zu ihrem Feld waren,

und einige Bäume die meinen heftigen Tritten standhielten.

Es war ein glücklicher Zufall, dass ich einen passenden Unterschlupf fand und mich schlafen legte. Ich

bezweifle, dass ich sonst den Tag überlebt hätte.
 

Die darauffolgenden Wochen waren ein verzweifelter Kampf mit mir selbst. Ich überlegte mir, einfach in

die nächstbeste Stadt zu gehen und mich vom dort lebenden Vampir erwischen zu lassen. Ob ich

überlebte oder nicht, das sollte der Zufall entscheiden. Aber dennoch war mein Überlebenswille stärker.

Ich mied auch weiterhin zu starke Gegner und hinterliess keine auffälligen spuren.

Ich verbannte alle Gedanken an Raphael, an Schwäche und begann mich wieder auf meine Stärken zu

besinnen.

Und wieder kam mir der Gedanke, in eine Stadt zu gehen, den dort lebenden Vampir herauszufordern.

Aber diesmal war mein Ziel ein anderes. Ich würde siegen, bestimmt, und dann würde ich diesen Platz

einnehmen..
 

Ich streifte einige weitere Wochen umher und suchte nach einer passenden Stadt. So kam ich

schlussendlich nach Marseille. Mit verborgener Aura schlich ich durch die Gassen. Es dauerte nicht

lange, bis ich den vorherrschenden Vampir bemerkte. Er war gekleidet wie ein Adliger, seine Haare

waren kurz geschnitten und er trug ein Schwert. Eben flirtete er mit einem Mädchen. Sie warf lachend

den Kopf zurück und ihr langer brauner Zopf schwang mit der Bewegung mit. Sie war hübsch, ja sie

gefiel mir.

Ihm würde ich sie nicht überlassen. Er schien mir nicht besonders mächtig, also rechnete ich mir gute

Chancen aus. Unter anderen Umständen hätte ich ihn sicher aus dem Hinterhalt angefallen und ihn

schnell umgebracht. Aber diesmal war das Mädchen dabei, vor ihr wollte ich eine gute Figur machen.

Also trat ich aus dem Schatten hervor und ging zu den beiden hinüber.

An ihrem Verhalten merkte ich mehr als deutlich, dass ich störte, doch das spornte ich nur noch mehr

an. Frech ging ich auf die Beiden zu und gab mich zugleich als Vampir zu erkennen. "Sie spielen ein

gefährliches Spiel, Mademoiselle, wissen sie, dass dieser Mann sie töten will?"

Während sie nicht recht wusste, was sie damit anfangen wollte, war der Vampir schon losgestürmt. In

letzter Sekunde konnte ich ihm ausweichen. Doch er blieb nicht bei diesem einen Angriff, mit Mühe und

Not versuchte ich auszuweichen. Fieberhaft suchte ich nach einer Möglichkeit, den Kampf

auszugleichen. Mit einem Sprung auf das nächste Dach brachte ich mich aus seiner Reichweite. Da er

unten blieb, wähnte ich mich sicher.

Doch diese trügerische Sicherheit hielt nicht lange an. Etwas warmes bewegte sich meine bene herauf.

Verwirrt sah ich nach unten, konnte aber nichts entdecken. Die wärme stieg schnell hoch, es wurde

immer heisser. Ein Blick auf den Vampir bestätigte meine Befürchtung, dass er das verursachte.

Die Hitze wurde unerträglich, doch so schnell wollte ich nicht aufgeben. Ich sprang zu ihm runter, doch

er war zu schnell, ich landete neben ihm auf dem Boden. Mein Körper fühlte sich an, als würde ich

verbrennen. Ich kämpfte um bei Bewusstsein zu bleiben, wie durch Nebel sah ich ihn lachen.

Einen Moment war alles schwarz, ich biss die Zähne zusammen, riss meine Augen auf. Er stand über

mir, lachte noch immer. Ich wollte etwas machen, doch die schmerzen waren unerträglich. Auf meiner

Haut bildeten sich blasen, dann wurde alles schwarz. "Jetzt ist es aus" dachte ich, wie durch Watte hörte

ich das Mädchen schreien. Dann war da nichts mehr.
 

Der Geruch von Blut weckte mich. Ehe ich richtig wach war, rann es durch meine Kehle, erfrischend. Ich

schlug die Augen auf. In meinen Armen hielt ich einen älteren Mann fest umklammert. Sein Hals war

aufgerissen, als hätte ihn ein Tier gebissen.

Sein Gesicht war Schmerzverzerrt und ich merkte, dass sich meine Fingernägel tief in seine Haut

gruben. War ich das gewesen? Doch zum nachdenken, war keine Zeit, sein Blut roch köstlich und mich

quälte ein unglaublicher Durst.

Minuten später liess ich ihn zu Boden gleiten, stand auf. Mein Körper schmerzte noch immer, aber

immerhin gehorchte er mir wieder. Ich war müde und noch immer durstig.

Der schnell heller werdende Himmel mahnte mich, einen Unterschlupf zu suchen. Ich verkroch mich in

den nächstbesten Keller und fiel in tiefen Schlaf.
 

Durstig erwachte ich am nächsten Abend auf. Ich wollte mir gerade ein Opfer suchen als mir bewusst

wurde, dass ich die Stadt noch immer nicht verlassen hatte. Der Gedanke, noch mal auf den Vampir zu

treffen liess mich meinen starken Durst überwinden und ich machte mich davon.

Kaum war ich draussen liess ich mich von meinem Instinkt leiten und fand mich kurz darauf in einer

Stube wieder. Der Durst und die Schmerzen hatten nachgelassen, langsam begann mein Verstand

wieder zu arbeiten. Vor mir lagen die Blutleeren Leichen eines Ehepaares und deren Kind, ein kleines

Mädchen mit braunen Locken. Der Anblick war scheusslich, angeekelt verliess ich das Haus. War das

wirklich ich gewesen? Gut ich hatte öfters aus Durst instinktiv gehandelt, aber ein solcher Anblick war

mir bisher erspart geblieben.

Ich versuchte mich zu erinnern, wie ich überhaupt hergekommen war aber ich konnte mich beim besten

willen nicht an alles erinnern. Dieser Vampir hatte mich fast getötet, wie hatte ich es geschafft zu

überleben? Bruchstückhafte Bilder erschienen vor meinem inneren Auge. Allein meinem Instinkt hatte

ich es zu verdanken, dass ich noch lebte. Nie hätte ich gedacht, einen solch mächtigen Verbündeten zu

haben.

Doch zum Nachdenken blieb nicht viel Zeit, in erster Linie wollte ich weg, weg von Marseille. In der

ferne hörte ich das Meer rauschen. Mein Entschluss war schnell gefasst, ich würde nicht nur Marseille,

ich würde auch Frankreich verlassen.

Medea

Ich zog in Richtung Osten, erkundete Europa. Mein Zorn wich der Neugier, ich hätte nicht gedacht, dass

die Welt so gross sei, dass es so viel zu entdecken gab.

Irgendwo an der Donau traf ich das erste mal einen Werwolf. Treffen ist vielleicht übertrieben, ich sah

ihn auch der Ferne und hütete mich davor, von ihm bemerkt zu werden. Wie mir erst später klar wurde,

hatte mich das gerettet, ich wäre Chancenlos gewesen.
 

Ich landete schlussendlich in Konstantinopel. Ich bin nicht religiös, aber als ich in der Hagia Sophia

stand, empfand ich eine Ehrfurcht, die Glauben ziemlich nahe kam. Ich beschloss eine Weile in dieser

Stadt zu bleiben.

Und dann traf ich sie, ich schlenderte gerade durch eine dunkle Gasse, in der sich wohl nur Diebe und

Mörder aufhielten, als mir eine Frauengestalt auffiel. Ich sah etwas genauer hin und erkannte die

blonde Vampirin von damals. Sie stand anscheinend verloren in da, an eine Hauswand gelehnt, von der

der Verputz abblätterte. Sie musste auf Beutezug sein.

sie schien mich noch nicht bemerkt zu haben, also zog ich mich tiefer in den Schatten einer Seitengasse

zurück und beobachtete. Nach einer Weile tauchte ein angetrunkener Mann auf. Er schwankte leicht und

als er Die Vampirin sah, lachte er, holte eine Münze hervor und fuchtelte ihr damit vor der Nase herum.

Dazu lallte er etwas, dass ich nicht verstand.

Die Bewegung war blitzschnell, und schon lag er hilflos in ihren Armen, sie trank und liess ihn

anschliessend zu Boden fallen.

"Nicht meine Taktik, aber ein interessantes Schauspiel, nicht wahr" sagte eine leise Stimme direkt neben

meinem Ohr. Ich fuhr herum. da stand sie direkt vor mir. Ihre goldenen Augen blickten direkt in meine,

ich sah ihre makellose Haut, ihren perfekten Körper und ihre schwarzen Locken. "Du hast tatsächlich

überlebt" sagte sie und strich mir mit der Hand über die Wange. "Ich wusste, dass du etwas besonderes

bist." Ich war völlig perplex, konnte mich nicht rühren und wusste nicht was tun. Sie küsste mich und

langsam meldete sich mein Verstand zurück.

Die Blonde Vampirin kam auf uns zu, an ihren Lippen hing ein letzter Tropfen Blut.

"Sieh mal wen wir hier haben" begrüsste sie die Schwarzhaarige, "Alexandre wird uns heute Gesellschaft

leisten." Woher kannte sie eigentlich meinen Namen. Dann dämmerte es mir, sie las meine Gedanken,

was sonst, immerhin hatte ich die Fähigkeit von ihr. Ich war so verwirrt gewesen, dass es ihr bestimmt

leicht gefallen war. Sie lachte, als sie meinen Gedankengängen folgte. Trotzig verschloss ich meine

Gedanken.

"Nur wenn ihr mir eure Namen sagt" erwiderte ich, nur um nicht ganz nach ihrer Pfeife zu tanzen.

"Ich bin Medea und das ist Hiltrud" antwortete mir die Schwarzhaarige. "Gehen wir!"
 

Sie wohnten in einem kleinen Haus am Stadtrand. Es hatte einen Garten mit alten Bäumen, mir gefiel es

da sofort. Da es bald hell wurde, legten wir uns hin. Seit langem verbrachte ich mal wieder einen Tag

mit der Sicherheit, nicht von einem Menschen überrascht zu werden. und dazu noch in Medeas

Gesellschaft. Ich war glücklich.
 

Am nächsten Abend gingen wir gemeinsam auf die Jagd. Medea hatte im bald einen jungen hübschen

Mann um den Finger gewickelt. Sie tötete ihn nicht, trank nur wenig und er ging verliebt davon, ohne

sich zu erinnern, was genau geschehen war.

Das konnte ich auch, und das wollte ich auch zeigen. Ich wählte mein Opfer sorgfältig aus, ein junges

Mädchen mit langen Haaren und einem hellen Kleid. Ich sprach sie an, machte ihr ein paar Komplimente

die sie zum erröten brachten. Widerstandslos liess sie sich beissen. Doch als ich ihr diese Erinnerung

aus dem Gedächtnis löschen wollte, lief etwas schief. Sie schrie nicht, aber ihr Gesicht nahm einen

panischen Ausdruck an, die begann zu zittern. Einen Moment lang war ich völlig hilflos, ich hörte

Medea leise lachen. Dann beruhigte sich das Mädchen wieder warf mir noch einen Blick zu und eilte

davon.

Medea kam hervor. "Nicht schlecht fürs Erste" sagte sie mit einem herablassenden lächeln. Ich war

wütend, wieso musste ausgerechnet jetzt so etwas passieren, ausgerechnet wenn Medea zusah. Und

ohne sich darum zu kümmern fuhr sie fort: "Und das hast du dir ganz allein beigebracht?"

Ich konnte mich nicht mehr beherrschen: "Wer hätte es mir den beibringen sollen. Du bist ja gleich

abgehauen und hast uns allein zurückgelassen. Ohne uns darauf vorbereitet zu haben, was sein würde.

Raphael hat es fast das Herz gebrochen und ich konnte mich nur mit Müh und Not durchschlagen."

Sie lächelte nur kalt: "Und jetzt? Du lebst noch und Raphael geht es gut. Was willst du? Soll ich dir mein

Mittleid schenken?"

"Dein Mittleid kannst du dir sparen" schrie ich.

"Das mach ich auch, du bist es nicht wert", sagte sie kalt. Ich werde den Blick mit dem sie mich damals

ansah, nie vergessen.

Ich drehte mich und lief davon. Bloss weg von ihr. Sie hatte mich gerade gedemütigt, meinen Stolz

verletzt, und das ertrug ich überhaupt nicht.

Erst viel später wurde mir klar, dass das Missgeschick bei dem Mädchen vielleicht doch nicht ganz

zufällig war. Medea hatte mir dazwischengefunkt, wieso weiss ich nicht. all die Jahre, die ich sie jetzt

schon kenne, habe ich nie verstanden was in ihr vorgeht.
 

Diese Begegnung sollte nicht die Einzige bleiben und immer endeten sie ähnlich. und verbindet eine Art

Hassliebe, wir halten es kurze Zeit miteinander aus, erleben einige Leidenschaftliche Augenblicke und

dann zerstreiten wir und wieder.

Selbst heute, nach so vielen Jahren, hat sich das nicht geändert. Manchmal habe ich das Gefühl, Medea

spielt nur mit Männern, jedenfalls tat sie das. Jetzt ist sie in einer festen Beziehung, ich hoffe für ihren

Partner, dass sie ihn ernst nimmt.
 

Als ich mir einige Nächte später die Ereignisse noch mal durch den Kopf gehen liess, wurde ich auf

Medeas Satz "Raphael geht es gut" aufmerksam. hatte sie Kontakt zu ihm, oder hatte sie das einfach in

meinen Gedanken gelesen? das zweite war eher unwahrscheinlich, ich hatte Raphael schon lange nicht

mehr gesehen, und hatte keine Ahnung, wie es ihm ging. Und Amabel, lebte sie überhaupt noch?

Ob er noch wütend war?

und wieder einmal beschloss ich, Raphael zu besuchen. ich machte mich auf den Weg und es sollte

noch eine Weile Dauern, bis ich in Frankreich ankam.

Raphaels Geheimnis

Ich war auf dem Weg zu Raphael, als ich das erste Mal auf Armin traf. Ich erinnere mich noch genau. Es

war in einem kleinen Dorf an der Donau im Winter. Es schneite und war kalt. Ich begab mich in den

einzigen Gasthof der Umgebung. Die Gaststube war voll, im Kamin brannte ein Feuer. Ich zog die

Kapuze etwas tiefer ins Gesicht und setzte mich in eine dunkle Ecke. Keiner der Gäste schenkte mir

seine Aufmerksamkeit. Eigentlich war ich froh darüber, normalerweise wurden Fremden wie mir

wenigstens abschätzende Blicke zugeworfen. Ich versuchte die Gedanken einiger zu lesen und fing ein

Bild auf. Ein Blonder junger Mann. Noch bevor ich dessen den Ursprung herausfinden konnte, gab es

eine Bewegung in der Menge.

Mitten im Saal stellte sich eben dieser junge Mann auf einen Tisch. Ich wusste dass er es war, auch

wenn er mir den Rücken zudrehte. Seine Blonden Locken hatte er lose zusammengebunden, seine

Kleidung war schlicht, aber elegant geschnitten. In der Hand hielt eine Laute, scheinbar wollte er

vorspielen. Er zupfte ein paar Seiten an, als wollte er testen, ob die Seiten noch stimmten. Dann drehte

er sich verneigend um.

jetzt bemerkte ich seine bleiche Haut, ein selbstsicherer Lächeln auf den Lippen wandte er mir seinen

Kopf zu. Unsere Blicke trafen sich und die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ein Vampir!

Wieso war mir das nicht früher aufgefallen? Auch er schien überrascht. Ich hatte meine Aura aus

Gewohnheit unterdrückt, er schien es genauso zu machen. Dann begann er zu spielen und sang ein

trauriges Lied. Die Leute im Gasthaus hörten andächtig zu.

Ich hatte reichlich Zeit in genauer zu betrachten. Er spielte schnell, mir fielen zwei kleine Narben auf

seinem rechten Handrücken auf. Ansonsten war sein Äusseres makellos, seine Kleidung musste

Massgeschneidert sein und seine Bewegungen waren die eines Adligen. Auf mich wirkte er immer

arroganter, unterstützt wurde dieser Eindruck dadurch, dass er mich kein einziges mal mehr anblickte.
 

Er beendete sein Spiel, um die neusten Nachrichten zu erzählen. anscheinend kam er aus dem Norden.

Die Gäste bedrängten ihn mit fragen und er schien die Aufmerksamkeit zu geniessen. Schlussendlich

bahnte er sich einen Weg zu mir stellte sich vor mich und fragte in herablassendem Ton, vorher ich

käme. Jetzt wandten die Gäste ihre Aufmerksamkeit mir zu.

"Ich folge der Donau Flussaufwärts" antwortete ich, denn schweigen konnte ich schlecht.

"Dann haben sie bestimmt Neuigkeiten aus dem Osten, stimmen die üblen Gerüchte, die man hört?"

"Was für Gerüchte?" ich hatte mich kaum unter Menschen aufgehalten und kaum Ahnung vom aktuellen

Weltgeschehen. Doch die Frage war gefährlicher als ich geahnt hatte.

"Stimmt es, dass dort ein ganzes Dorf von Vampiren ausgelöscht worden ist?" Warf ein stämmiger Bauer

ein. "Davon habe ich auch gehört" antwortete ein anderer. "Sie haben ihn aus seinem Grab geholt, er

war Leichenblass aber wohlgenährt." Bei diesen Worten warf er mir einen Misstrauischen Blick zu. Ich

hatte meine Kapuze noch immer ins Gesicht gezogen, er konnte nur den unteren Teil meines bleichen

Gesichts sehen, meine Augen lagen im Schatten.

Der Vampir warf mir ein gefährliches grinsen zu, "wieso versteckt ihr eigentlich euer Gesicht, ihr werdet

doch nichts zu verbergen haben" dabei griff er nach meiner Kapuze, um sie zurückzuschlagen. Doch

ich war schneller, ich packte seine Hand mit einer Geschwindigkeit die mich nicht gerade

unverdächtiger machte. Ich bemerkte die Unruhe, die sich unter den Gästen ausbreitete, die Vordersten

wichen einige Schritte zurück. Ich liess die Hand los und enthüllte mein Gesicht selbst.

Doch die Leute blieben misstrauisch, ja ich merkte förmlich wie ihre Angst anwuchs, und sie war nicht

mal unbegründet. Nur der blonde Vampir stand noch neben mir und sah mich höhnisch an. "Nehmt

euch vor ihm in acht Barde" rief einer der Gäste. Doch der Vampir blieb stehen, dann wandte er sich der

ängstlichen Menge zu und eröffnete "Habt keine Angst, ich werde dafür sorgen, dass er euch nichts

antut."
 

Jetzt war meine Geduld zu Ende, wütend sprang ich auf. "Was sollen diese Beschuldigungen, ich hab

hier keinem was getan!" rief ich und wollte mich auf ihn stürzen. Geschickt wich er mir aus.

"Ihr solltet nicht eure Unschuld beteuern und gleichzeitig einen Menschen angreifen, das ist eine

schlechte Taktik" spottete er und wich einem weiteren Schlag aus.

"Du bist gerade der Richtige! Du machst den Leuten weis, ich sei ein Vampir, dabei bist du selbst einer!"

schrie ich wütend zurück. natürlich war das unüberlegt, niemand hatte mich offen als Vampir

beschuldigt und Armin hatte sich schön rausgehalten. in den Augen der Gäste hatte ich dadurch

wahrscheinlich gerade den Beweis erbracht, ein Vampir zu sein, jedenfalls flohen sie aus dem Gasthaus,

während ich Armin weiter angriff.

Allerdings war er mir überlegen, ich schaffte kaum einen Treffer, und wenn, steckte er ihn weg, als sei

nichts gewesen. So dauerte es auch nicht lange, bis ich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag

und mich nicht mehr befreien konnte. Ich verfluchte diesen blonden Vampir, aber es half nichts. Ein

paar Hiebe später war ich bewusstlos.
 

Ich erwachte, weil ich fror. Ich lag draussen im Schnee und es begann bereits zu dämmern. Mein

Hinterkopf schmerzte, wie ich es seit meiner Verwandlung nicht mehr erlebt hatte und es fiel mir

schwer, aufzustehen und mir einen sichern Unterschlupf zu suchen. Aber der Überlebenswille siegte

und ich kroch unter den nächsten Baum, wo ich mich im Schnee eingrub.
 

Als ich wieder erwachte, war es Nacht. Mein Kopf schmerzte immer noch und mir war kalt. Trotzdem

blieb ich liegen wie ich war und liess mir die Ereignisse der letzten Nacht durch den Kopf gehen.

Tatsache war, dass mich dieser Vampir nicht nur physisch, sonder auch Psychisch fertig gemacht hatte.

Und wieso lebte ich noch. ich hätte ihn umgebracht, wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte.

Ich rührte mich die ganze Nacht nicht, ärgerte mich über mich selbst unterbrochen von Fasen voller

Selbstmitleid.

In der nächsten Nacht, schaffte ich es endlich, mich aufzuraffen. Mein Ziel war klar, ich musste noch

stärker werden. Aber nicht nur körperlich, ich musste mich auch auf verbale Angriffe vorbereiten. Bisher

hatte ich mich nie gross um so was gekümmert, aber ich hatte ungeschickt auf die Anschuldigungen

reagiert. Das durfte mir nicht mehr passieren.
 

Am nächsten Abend schaffte ich es endlich mich aufzurappeln. Eigentlich hatte sich an meinen Plänen

nichts geändert, ich würde Raphael suchen. Im Gegensatz zu mit hatte er sich Lesen, Schreiben und

viele andere dinge beigebracht. Vielleicht konnte er mir etwas beibringen.

Aber viel mehr beschäftigte mich, wie er plötzlich stärker geworden war. Vielleicht würde er es mir

verraten und vielleicht konnte ich das Geheimnis auch für mich nutzen.

So reiste ich zurück nach Frankreich, zu Raphael.
 

Diesmal versuchte ich nicht, meine Ankunft vor Raphael zu verbergen. Ich ging offen auf das Städtchen

zu in der Hoffnung, dass er nicht mehr wütend auf mich war. So wie ich ihn kannte, hatte er mir

bestimmt schon vergeben, aber sicher war ich mir nicht. Immerhin hatte ich versucht, seine Frau zu

einer Vampirin zu machen. Er hatte Grund, wütend auf mich zu sein, selbst wenn es schon eine Weile

her war.

Langsam näherte ich mich dem Stadttor. Hatte er mich schon bemerkt? Bestimmt.

Aber wieso war er noch nicht aufgetaucht? Wollte er mich nicht sehen? Oder hielt ihn etwas davon ab?

Befand er sich überhaupt noch hier? Ich suchte nach seiner Aura, konnte sie aber nicht finden.

Aber das hatte keinen Zweck, er war durchaus in der Lage, sich vor mir zu verbergen, wenn er das

wünschte. Also suchte ich nach anderen Anzeichen. Eine Deutliche Erinnerung tauchte auf, Raphael,

sanft lächelnd, und ich wusste, von wem sie kam. Zweifellos befand sich Amabel und somit auch

Raphael noch hier.
 

Mit einem Sprung war ich auf der Mauer und blickte über die Dächer des Städtchens. Plötzlich packte

mich jemand am Arm. Ich erschrak und hörte Raphaels Lachen hinter mir. Ich grinste und drehte mich

nach ihm um.

"Ich hoffe, diesmal bist du nicht hinter Amabel her" begrüsste er mich "ich hab lange nichts von dir

gehört"

Wir umarmten uns und ich folgte ihm zu ihrem kleinen Laden.

"Wie geht es dir?" wollte er wissen. Ich war erleichtert, es war mir nicht mehr böse.
 

Auch Amabel begrüsste mich freundlich. Ich erzählte meine Erlebnisse und kam schliesslich auf Medea

zu sprechen. Als ich die Geschichte fertig erzählt hatte grinste Raphael. Ich sah ihn verwirrt an.

"Ja, so ist sie" sagte er. Ich hab sie auch getroffen. Sie ist unglaublich Stolz und Eigensinnig. Es braucht

viel Fingerspitzengefühl, um sie nicht zu verärgern"

"Hab ich Lust, mich bei ihr Einzuschleimen?" unterbrach ich ihn.

"Eben nicht, deshalb hat eure Begegnung auch so geendet" lächelte er. "Ich habe den Eindruck, dass sie

es nicht mag, wenn ihr jemand Ebenwürdig oder sogar überlegen ist. Du bist genau so"

Ich stammelte irgendeine Verteidigung, aber er hatte es getroffen. Ich konnte es wirklich nicht ertragen.

Und dann fiel mir Armin wieder ein. Ich verstummte.
 

Raphael bemerkte meine Stimmungsschwankungen. "Dieser Ehrgeiz ist nicht unbedingt schlecht"

versuchte er mich aufzumuntern "Du hast schon vieles überlebt, wo ich gleich kooperiert hätte"

Ich sah ihn an. "wie machst du das?"

Er schien mich nicht zu verstehen. "Wie machst du das, du vermeidest jeden Kampf und bist doch

stärker als ich" und bevor er auf falsche Gedanken kommen konnte, fügte ich hinzu "ich bin nicht

Eifersüchtig oder so, ich möchte es bloss verstehen. Du bist anders, als all die Vampire, die ich bereits

getroffen habe. Du wirkst irgendwie menschlich"

Jetzt war es raus, würde er mir Antworten? würde ich sein Geheimnis erfahren. Er tauschte einen Blick

mit Amabel.

"Und was hast du mit ihr gemacht? sie wirkt auch nicht mehr, wie ein normaler mansch? fragte ich

weiter, um die Stille zu überbücken.

"Ein Pakt" antwortete er mir leise. Ich habe dir doch erzählt, dass ich nach den alten Legenden geforscht

habe und schliesslich auf diese gestossen bin. Es ist ein Ritual, ein ziemlich kompliziertes. Es verbindet

einen Menschen und einen Vampir miteinander. Amabel hat einen Teil meiner Kräfte erhalten und ich

einen Teil meiner Menschlichkeit. Ich kann dadurch auch tagsüber aktiv ein, solange ich mich im

Schatten aufhalte, in kleinen Mengen menschliche Nahrung aufnehmen und mich von einem Minimum

an Blut am Leben erhalten."

Ich schwieg verblüfft und wartete darauf, dass er fortfuhr.

"Ich weiss nicht genau, wieso das Ritual in Vergessenheit geriet. Vielleicht haben die Vampire kein

Interesse an einem Pakt mit einem Menschen. Vielleicht fanden sie einfach nie die richtigen Partner.

Vielleicht war ihnen das Ritual zu kompliziert oder sie wollten es nicht durchführen, weil sie nicht

wussten, o es wirklich funktioniert und welche Nebenwirkungen es haben könnte." Er zuckte die

Schultern. "Ich bin jedenfalls Glücklich damit" endete er und lächelte Amabel zu.
 

Ich war beeindruckt. Ich hatte gewusst, mit welchem Interesse Raphael alte Mythen, Legenden und

geschichtliche Ereignisse aufnahm. Aber ich hatte nicht erwartet, dass er auf solche Schätze stossen

würde. An den Märchen, die uns seine Grossmutter in langen Winternächten erzählte schien doch mehr

wahr zu sein, als ich gedacht hatte.
 

"Glaubst du, ich könnte das auch? Einen Pakt schliessen? fragte ich zögernd.

"Aber sicher" meinte Raphael. "die Schwierigkeit wird es aber sein, den geeigneten Partner zu finden.

Der Haken an dem Ritual ist, dass dich die Partner gut verstehen müssen und dieselben Absichten

haben. Beide müssen sich voll bewusst sein, was sie machen. Das ist das Risiko.

Allerdings konnte mir niemand genau sagen, was passiert, wenn etwas schief geht."
 

Schon bei den Ersten Worten wurde mir klar, wie schwer es werden würde. Ich hatte mich kaum noch

mit Menschen beschäftigt, seit ich ein Vampir war. Sie waren meine Nahrungsquelle, mehr nicht.

"Raphael bemerkte mein Grübeln und meinte "wenn du den oder die richtige gefunden hast, kommt ihr

einfach zu mir, ich helfe dann mit dem Ritual.

Damit war das Thema abgeschlossen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von: abgemeldet
2006-08-26T11:32:54+00:00 26.08.2006 13:32
hey die erste o.O
ok ich freu ich freu mich das es weitergeht XD
zum kapitel an sich kann ich nciht viel sagen, weil es im grunde eni einleitug is für die darauffolgenden...und außer das ein neuer charakter kurz einen auftritt hat, passiert nihct viel.
sry
Von:  HorusDraconis
2006-05-31T12:52:03+00:00 31.05.2006 14:52
Hm... erinnert mich ein bisschen an World of Darkness... nuja Anne Rice halt... nette Story. Ich les mir mal den Doijnshi dazu durch.
Von: abgemeldet
2006-05-19T23:56:30+00:00 20.05.2006 01:56
ok also ich hab kein plan was ich schreiben soll, nur das ich (schon wieder) eine klasse story vor mi hab und ich sie ncih z ende lesen kann *heul*
naja im grunde ham mi nur n paar wörte gestört, wo ein buchstage fehlte oda ersetzt wurden oda sowas ^^
hoffe es geht schnell weiter hier (und das ernsthaft)
Von:  FrankFanta
2004-12-23T15:54:22+00:00 23.12.2004 16:54
Sry, erstmal, dass ich erst so spät schreibe, aber habe die Geschichte erst gerade entdeckt.
Da ich auch deinen Dôjinshi gespannt verfolge, wenn auch keine Kommentare schreibe, da ich zu dämlich bin, das hinzukriegen, passt mir die Geschichte "in den Kram" wie man so schön sagt.
Dein Schreibstil ist wirklich gut und auch die Story übersichtlich.
Großes Lob meinerseits,

Miara
Von:  Wasserhexe
2004-08-14T23:25:06+00:00 15.08.2004 01:25
Ok, ich hab zwar noch nicht angefangen, aber ich werd mir das ganz bestimmt mal durchlesen. Am besten gleich morgen, den schliesslich will ich mir ja ein gewissen Hintergrund wissen für den Doijnshi Nachtschatten aneignen *g*. Den verfolge ich nähmlich auch ganz gebannt und ich möchtet dir schon hier ein ganz grosses Kompliment für deine Arbeit machen. Das ist wirklich gut und genial. Ich selbst bin ein grosser Fan von Vampieren und den Romanen von Anne Rice. Also morgen les ichs und dann bekommst du auch einen Kommie zur FF
Von:  Woelfin
2004-08-07T18:48:34+00:00 07.08.2004 20:48
toll!!! =) *grins* schreib bitte schnell weiter!! =)
Von:  Woelfin
2004-08-07T18:33:12+00:00 07.08.2004 20:33
*lob* super geschrieben,... :D
*weiterles*
Von:  Woelfin
2004-08-07T18:27:28+00:00 07.08.2004 20:27
suuuuuupi!!
Von:  Woelfin
2004-08-07T18:19:44+00:00 07.08.2004 20:19
Jaaaa *cool find* :D
*weiterles*
Von:  Woelfin
2004-08-07T18:11:17+00:00 07.08.2004 20:11
Krass.. irgendwie hassu ja so wenige kommis... warum wohl?
ich find das cooooool! *klatsch*


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