Alexandre von Skorpion ================================================================================ Kapitel 7: Raphaels Geschichte ------------------------------ Raphaels Geschichte Wir machten es uns bequem. Amabel hatte eine Näharbeit hervorgenommen. Sie sah müde aus, doch hatte sie nicht vor schlafen zu gehen. Dann begann Raphael zu erzählen: "Als wir uns getrennt hatten, ging ich wirklich zu meiner Familie. Ich fand meine Eltern noch wach in der Küche. Sie hatten sich riesen Sorgen gemacht, als wir nicht mehr zurückkamen. Ehe ich richtig eingetreten war, hatten sie schon den Rest der Familie geweckt und nun wollten sie wissen, wieso ich nicht früher nach Hause gekommen war. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und erzählte, was passiert war. Erst in dem Moment wurde mir voll und ganz klar, welche Auswirkungen dieses Ereignis hatte. Ich hatte mühe, meine Tränen zurückzuhalten, aber ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Meine Mutter merkte aber, was los war und tröstete mich. Es sei ihr egal, was für ein Wesen ich jetzt sei, für sie sei ich auch weiterhin ihr Sohn. Auch der Rest der Familie akzeptierte mich vorbehaltlos. Sie liessen mich von ihrem Blut trinken, ich arbeitete dafür die Nacht durch um sie dafür zu entschädigen. Obwohl sie nichts sagten, merkte ich doch, dass ich ihnen unheimlich war. Ich begann zu zweifeln, ob meine Entscheidung richtig gewesen war. Auf der anderen Seite bekam ich auch mit, wie deine Eltern, Alex, darunter litten, dass sie nicht wussten wo du warst. Aber ich hielt es nicht mehr aus. Ich ertrug ihre ängstlichen Blicke nicht mehr länger und beschloss zu gehen. Ich war öfters vor Amabels Hof gewesen, hatte mich aber nicht getraut, mich zu zeigen. Doch jetzt wo ich endgültig gehen wollte, wollte ich sie noch einletztes mal sehen. Und zwar nicht nur einen Blick auf sie erhaschen, sondern mit ihr sprechen. Ich nahm allen Mut zusammen und klopfte leicht gegen den Fensterladen, nachdem ich sichergegangen war, dass sie allein im Raum war. Erst reagierte sie nicht, dann, als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, öffnete sie den Laden. Da fiel mir ein, dass ich keine Ahnung hatte, was ich ihr sagen wollte. Doch ich hatte keine Zeit mehr zu überlegen." Jetzt ergriff Amabel das Wort. "Das Raphael vor meinem Fenster sass, hatte ich am allerwenigsten erwartet. Einen Moment lang war ich sprachlos. Dann bat Raphael mich, doch schnell herauszukommen. Mit klopfendem Herzen ging ich nach draussen. Natürlich hatte ich gehört, dass Raphael und du verschwunden waren. Ich hatte öfters darüber nachgedacht, wo ihr wohl wart und wieso ihr uns verlassen hattet. Ich eilte nach draussen, in der Hoffnung mehr darüber zu erfahren. Raphael erwartete mich bereits. Wir setzten und auf die kleine Bank in unserem Garten. Dann nahm Raphael eine blaue Schleife hervor und reichte sie mir: "Die ist für dich, ein kleines Abschiedsgeschenk, denn ich habe beschlossen endgültig von hier wegzugehen." "Wieso kannst du nicht hier bleiben?" wollte ich wissen. "Das ist eine lange Geschichte, aber ich bin nur eine Gefahr wenn ich hier bleibe, ich halte die ängstlichen Blicke meiner Familie nicht mehr aus und noch mehr Angst habe ich, dass ich dir einmal was zu Leide tun könnte." "Aber was könntest du denn schon tun, die hast bisher noch nie einen Menschen verletzt" Ich verstand ihn nicht und ich wollte nicht, dass er wegging. "Ich bin kein Mensch mehr, ich bin ein Monster" sagte er mit trauriger Stimme. "Noch habe ich mich unter Kontrolle, aber ich weiss nicht, wie lange ich das noch durchhalte." "Es ist mir egal, ob du ein Monster bist, für mich bist noch immer derselbe. Na ja, vielleicht ein bisschen mutiger als sonst" ich hielt die Schleife hoch, "danke". Raphael lächelte, als sie das erzählte. "Ich war total überfordert, ich wollte ihr sagen dass ich sie liebe, aber mir fehlte der Mut. Ich hatte Angst vor ihrer Antwort. Ich schmiedete Pläne wie ich es ihr sagen und dann verschwinden konnte, um ihre Reaktion nicht sehen zu müssen. Oder sollte ich es ihr gar nicht sagen. Und während mir diese wirren Gedanken durch den Kopf gingen, sass ich neben ihr, und sollte mir ihr sprechen. Ich wünschte mir, so zu sein wie du, du hättest das elegant gemeistert, aber das war nicht der Fall. Und dann auch noch diese Situation. "Bitte, gern geschehen" sagte ich, und war froh, dass es dunkel war, und sie nicht sah, dass ich rot geworden war. Dann schwiegen wir. Ich hing meinen Gedanken nach und ich nehme an, sie tat es auch. Schliesslich stand Amabel auf, sagte etwas, von sie müsse morgen früh auf drückte mir einen Kuss auf die Wange und ging zur Haustür. Dank meinen empfindlichen Augen sah ich, wie sie sie langsam öffnete und dabei in der Dunkelheit zu mir hinüber sah. "Bis morgen" hörte ich sie noch sagen, dann schloss sie die Tür. Wir trafen uns Nacht für Nacht, ich hatte zwar im Sinn gehabt, von zuhause auszuziehen, aber wegen Amabel blieb ich. Aber es konnte so nicht bleiben, die Situation war zu ungünstig und wir beschlossen wegzuziehen. Wir wollten zu zweit ein neues Leben beginnen. Ich bestach den Priester des Klosters damit er und traute. Als offizielles Ehepaar hatten wir dann auch den Mut, unseren Eltern unsere Entscheidung mitzuteilen. Du kannst dir Vorstellen, dass Amabels Eltern nicht gerade begeistert waren. Ich weiss nicht, was sie schlussendlich veranlasste, einzustimmen. Vielleicht hatten sie Angst vor mir. Meine Eltern waren jedenfalls nicht traurig, auch wenn sie es sich nicht anmerken liessen." Raphael machte eine Pause und sah zu Amabel hinüber, die inzwischen eingeschlafen war. Raphael legte zärtlich eine Decke über sie und deutete auf die Tür. Wir spazierten durch die dunklen Gassen. Die Stille wurde nur durch unsere Schritte durchbrochen. "Und was hast du dann gemacht?" Wollte ich wissen. "Wir beschossen fortzuziehen, an einen Ort, wo uns niemand kannte. Ich suchte nach einem geeigneten Haus. Dabei stiess ich auf einen anderen Vampir. Kaum hatte ich die Stadt betreten, stand er vor mir. Ich erkannte erst nicht, was er war und war ziemlich überrascht als er mir eröffnete, dies sei sein Gebiet, ich solle mir ein anderes suchen. Etwas stimmte nicht, das war mir jetzt klar. Weil ich nicht antwortete kam er näher und fragte ob ich ihn nicht verstanden hätte. Blitzartig wurde mir bewusst, dass er zur selben Art gehörte wie ich. "Entschuldigung" sagte ich, "Ich bin noch unerfahren und kenne eure Gesetze nicht." "Das sehe ich. Hat dich dein Erzeuger nicht aufgeklärt? Zu welchem Clan gehörst du?" Ich sagte ihm, dass ich nichts wusste und er meinte, ich solle mitkommen. Er rannte quer durch die Stadt, ich hatte richtig Mühe ihm zu folgen. Wir gelangten zu einem grossen Haus und er wies mich an, einzutreten. "Du hast Glück, dass ich heute einen guten Tag habe. Ich werde dich den anderen vorstellen. Machst du einen guten Eindruck, nehmen wir ich auf." Ich nickte und folgte ihm. Wir kamen in einen grossen Raum, überall standen Kerzen. Auf reich verzierten Sesseln sassen zwei weitere Vampire und schauten neugierig zu mir hinüber. Ich kann dir nicht mehr genau sagen, was ich in dieser Nacht alles durchmachte, das meiste bekam ich vor lauter Nervosität gar nicht it. Unter anderem wollten sie wissen, welche Fähigkeiten ich hätte. Im Dunklen sehen, meine Geschwindigkeit und Kraft liessen sie nicht gelten, dass könnten alle Vampire. Da ich nichts weiteres wusste, lachten sie mich aus und liessen mich einige Sachen testen. Sie kamen zum Schluss, dass ich Gedanken lesen könne, allerdings noch keine Übung darin hätte. Sie schlossen daraus, dass meine Erzeugerin eine Johanni gewesen sei und dass ich mich an diesen Oberhaupt wenden solle. Sie liessen mich schwören, niemandem von meiner Existenz zu erzählen und keine Spuren zu hinterlassen. Mir kam das nur natürlich vor also legte ich den Schwur ab. Sie gaben mir einen Brief und die Erklärung, wo ich das Johannioberhaupt finden würde und schickten mich fort." Bisher hatte ich zugehört, aber jetzt hielt ich es nicht mehr aus. "Was hat es mit diesen Clans auf sich?" Wollte ich wissen. "Das wusste ich nach jener Nacht auch noch nicht so recht. Ich zog also in der nächsten Nacht los, das Johannioberhaupt zu suchen. Er lebte in einer grossen Stadt, sein Haus war leicht zu finden. Ich übergab dem Türwachen den Brief und er liess mich ein. Die Einrichtung war prächtig, sie konnte locker mit der eines Königs mithalten. Erst als mich ein Diener anstiess, merkte ich, dass ich staunend stehen geblieben war. Er führte mich die Treppe hoch und öffnete die Tür zu einem grossen Speiseraum. Der Diener war durch den Raum geeilt und hatte dem Vampir am hinteren Ende des Tisches den Brief übergeben. Jetzt sah er zu mir hinüber, er hatte kurze braune Haare und seine Haut war schneeweiss. Ich hatte bisher noch keinen so alten Vampir angetroffen. Obwohl er das äussere eines vierzig jährigen hatte, musste er über hundert Jahre alt sein. Er hatte den Brief geöffnet, warf einen Blick drauf und sah dann mich an. Ich kann dir nicht richtig beschreiben wie es war, jedenfalls zum fürchten. Ich bekam weiche Knie und wünschte, ich wäre nie hergekommen. "Weißt du, was in dem Brief steht?" Fragte er mich. Ich musste zugeben, dass ich keine Ahnung hatte, ich konnte nicht lesen und ich hatte sie nicht gefragt, was sie geschrieben hatten. Und da war wieder dieser Blick. Glaubte er, ich hätte ihn angelogen? Er lachte. Erstaunt sah ich zu ihm hinüber. "Junge, du bist wirklich noch unerfahren." Beschämt schaute ich zu Boden, auch die anderen lachten.. Doch dann erklärte er mir, dass er eben meine Gedanken gelesen hätte, jetzt war es mir noch peinlicher, sie hatte mir ja gesagt, dass das die spezielle Fähigkeit dieses Clans sein. Doch sei schienen es mir nicht übel zu nehmen. Sie wollten nur alles über meine Erzeugerin wissen, ich könne nichts dafür, dass sie sich nicht an die Gesetze gehalten habe. Als ich ihnen Beschrieb wie sie ausgesehen hatte tauschten sie wissende Blicke, sagten aber nichts. Nachdem wir über einige belanglose Dinge geplaudert hatten, nahm ich meinen Mut zusammen und fragte sie, was es mit dem Clan genau auf sich habe. Die Legende geht ungefähr so. Vor vielen Jahren kam der Teufel aus der Hölle und machte einen Menschen zu seinem Untertanen. Er schenkte ihm ein ewiges Leben und Macht, dafür war er verdammt, Menschen zu töten. Doch der Mann war noch nicht zufrieden, also gab ihm der Teufel Reichtum. Doch der Mann war immer noch nicht glücklich, er fühlte sich Einsam, also gab ihm der Teufel eine Frau, die ihm Gesellschaft leisten sollte. So lebte er einige Jahre aber der Mann wurde wieder unglücklich, weil er keine Kinder zeugen konnte. Also schenkte der Teufel dem paar die Fruchtbarkeit und die Frau gebar ihm 13 Söhne. Jeder der Söhne erbte eine der Fähigkeiten. Der Mann hatte aber Angst, dass der Teufel auch seine Kinder beherrschen wollte und stellte sie unter Gottes Schutz, indem er sie nach den 12 Aposteln benannte. Als der 13 Sohn zur Welt kam, nannte er ihn Christus, doch da platzte dem Teufel endgültig der Kragen und er verbannte ihn in die Hölle. Zurück blieb seine Frau, die vor Kummer starb und seine Söhne. Doch die verschiedenen Brüder waren sich uneins und jeder hatte eine Eigene Philosophie über ihre Aufgabe. Nur in einem waren sie sich einig, niemand durfte spuren ihrer Existenz finden. Sie trennten sich, aber alle legten den schwur ab, nur heimlich zu Agieren und niemandem davon zu erzählen. Jeder dieser Söhne gründete einen Clan und wir sind die Erben von Johannes. Die Vampire die mich hingeschickt hatten waren von einem anderen Clan, sie hatten die Gelegenheit genutzt, sich anhand meiner Unwissenheit über die Johanni lustig zu machen. Deshalb war der Prinz, so nennen sie das Oberhaupt, auch so verärgert gewesen. Dennoch liessen sie Gnade walten. Sie teilten mir ihre kleinste Stadt zu, in der ich leben sollte. Ich sah mich also hier um, kaufte mir die Weberei und zog mit Amabel hierher." Inzwischen waren wir schon zweimal um die Stadt herumgegangen. "Du solltest dich übrigens auch mal bei ihnen melden, wenn du dem Clan sozusagen beitrittst, wird die auch kein anderer Vampir etwas anhaben, es sei denn, du verstösst gegen die Gebote, dann bist du Freiwild." Ich war damit gerade etwas überfordert, ohne zu wissen, was es mit den Clans genau auf sich hatte, hatte ich beschlossen, nicht beizutreten. Jetzt wo Raphael mir davon erzählt hatte schien es mir nur logisch, dass ich beitreten sollte. Aber irgendwas in mir stäubte sich dagegen. Ich antwortete nicht. Raphael sah mich fragend an. "Dazu gehört natürlich auch, dass du dem Oberhaupt und dem Rat gehorchst, und wen du einen Vampir erschaffen willst, musst du sie erst um Erlaubnis bitten. Das war auch der Fehler, den unsere Erzeugerin gemacht hat, deshalb hat sie und einfach verlassen. Könnte es sein, dass du ein Problem hast, dich einzuordnen?" Raphael hatte meinen wunden Punkt getroffen. "Du hast recht, ich mag mich nicht irgendwelchen Regeln oder Vampiren unterordnen, lieber habe ich meine Freiheit, auch wenn sie unsicher ist." "Das hatte ich schon befürchtet, aber ich kann dich ja auch nicht zwingen." Wir waren wieder vor der Haustür angelangt. Liese stiess Raphael die Tür auf und wir gingen in die Stube. Amabel schlief noch immer. Raphael löschte die Kerze aus und deutete in Richtung Keller. Leise gingen wir nach unten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)